Vorblatt

Problem:

Bezieher niedriger Einkommen leiden stärker unter inflationsbedingten Mehrausgaben für Mittel des täglichen Bedarfs.

Ziel:

Zur Absicherung der Konsumnachfrage und damit zur Konjunkturstabilisierung sollen die Nettoeinkommen für Bezieher niedriger Einkommen, die stärker unter inflationsbedingten Mehrausgaben für Mittel des täglichen Bedarfs leiden, angehoben werden.

Inhalt /Problemlösung:

Zur Absicherung der Konsumnachfrage und damit zur Konjunkturstabilisierung sollen die Arbeitslosenversicherungsbeiträge für Bezieher niedriger Einkommen gesenkt und dadurch deren Nettoeinkommen angehoben werden.

Alternativen:

Beibehaltung des bisherigen Rechtszustandes.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Auf die Finanziellen Erläuterungen wird verwiesen.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Absicherung der Konsumnachfrage und damit die Konjunkturstabilisierung auf Grund der Anhebung der Nettoeinkommen durch die Absenkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für Bezieher niedriger Einkommen wird sich positiv auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich auswirken.

– – Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es ist vor allem in der Anlaufphase sowie bei unregelmäßigen (schwankenden) Einkommen mit einer unvermeidlichen Erhöhung der Verwaltungslasten zu rechnen.

– Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Die Umsetzung des Regierungsbeschlusses wird die soziale Lage von Beziehern niedriger Einkommen verbessern.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Unter den Beziehern geringer Einkommen sind überdurchschnittlich viele Frauen. Frauen werden daher überproportional von der Erhöhung des Nettoeinkommens bei geringem Einkommen profitieren.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen stehen nicht im Widerspruch zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung des Ministerratsbeschlusses 47/38-8 vom 26. März 2008:

„Senkung der Lohnnebenkosten:

Im Detail:

–      arbeitnehmerseitige Beitragsbefreiung bei Arbeitslosenversicherung im Niedriglohnbereich

–      bis 1 100 € kein ALV-Beitrag

–      1 100 – 1 200 € 1 % ALV-Beitrag

–      1 200 – 1 350 € 2 % ALV-Beitrag

–      ab 1 350 € normaler ALV-Satz

–      Inkrafttreten: 1. Juli 2008

–      1 Mio. Beschäftigungsverhältnisse sollen erfasst werden

–      300 Mio. € Volumen; dieses wird auf die Steuerreform angerechnet

–      eine jährliche Anpassung der Obergrenzen (zB um durchschnittliche Lohnerhöhung) soll erfolgen

–      der Einnahmeausfall ist über das Budget abzudecken

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird beauftragt, dem Ministerrat rechtzeitig eine entsprechende Gesetzesnovelle vorzulegen.“

Zur Absicherung der Konsumnachfrage und damit zur Konjunkturstabilisierung ist die Beitragsgestaltung zu den Systemen der sozialen Sicherung gerade für Bezieher niedriger Einkommen, die stärker unter inflationsbedingten Mehrausgaben für Mittel des täglichen Bedarfs leiden, von erheblicher Bedeutung. Nachfrage- und Konjunkturschwankungen wirken sich insbesondere auf den Bereich der Arbeitslosenversicherung aus. Es ist daher sinnvoll, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung für Pflichtversicherte in der Arbeitslosenversicherung (Dienstnehmer, Lehrlinge ua.), soweit diese ein geringes Einkommen beziehen, zu senken, um zu einer Stabilisierung beizutragen. Durch diese einnahmenseitige Maßnahme können Mehrausgaben für zusätzliche Arbeitslose bzw. auf Grund längerer Arbeitslosigkeit (und entsprechende Mindereinnahmen) vermieden werden.

Bereits bisher wurden aus arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Gründen Abweichungen von der generellen Beitragsgestaltung, zum Beispiel betreffend ältere Personen, vorgesehen.

Die Entlastung kommt ungefähr einer Million Beschäftigten und damit rund einem Drittel der in der Arbeitslosenversicherung Pflichtversicherten zu Gute. Auf Grund dieser Größenordnung kann von einer wirksamen Belebung der Konsumnachfrage und damit Stützung der Konjunktur ausgegangen werden. Dem entsprechend entfällt der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung für Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen über der Geringfügigkeitsgrenze (2008: 349,01 €) bis 1 100 €. Über 1 100 bis 1 200 € beträgt der vom Arbeitnehmer zu tragende Anteil am Arbeitslosenversicherungsbeitrag ein Prozent, über 1 200 bis 1 350 € zwei Prozent und über 1 350 € wieder drei Prozent. Die verminderten Beitragssätze gelten auch für Sonderzahlungen in entsprechender Höhe. Für Arbeitgeber bleibt der Beitragssatz jeweils unverändert bei drei Prozent. Damit beträgt der Arbeitslosenversicherungsbeitrag bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze 10,5 € statt bisher 21 €. Der Nettolohn steigt bis 1 100 € um 3,7 %, bis 1 200 € um bis zu 2,4 % und bis 1 350 € um bis zu 1,2 %.

Finanzielle Auswirkungen:

Der jährliche Einnahmenentfall in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik in der Höhe von jährlich rund 300 Mio. € ist jedenfalls vom Bund aus dem allgemeinen Haushalt zu tragen.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf den Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 11 (Arbeitsrecht und Sozialversicherungswesen).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Besonderer Teil

Entsprechend dem Ministerratsbeschluss soll es in der Arbeitslosenversicherung eine nachhaltige Beitragsbefreiung bzw. in einem Übergangsbereich eine stufenweise Beitragsabsenkung für Bezieher niedriger Einkommen geben. Die dafür maßgeblichen Grenzbeträge sollen daher jährlich entsprechend der Einkommensentwicklung mit der Aufwertungszahl des ASVG angepasst werden.

Durch die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages für Bezieher niedriger Einkommen erhöhen sich die Nettolöhne. Auf die Berechnung des Arbeitslosengeldes hat diese jedoch keinen Einfluss. Die Berechnung der Nettoersatzrate für das Arbeitslosengeld erfolgt gemäß § 21 Abs. 3 AlVG auf Grund einer typisierenden Durchschnittsbetrachtung ausgehend vom Bruttoeinkommen, das um die für einen alleinstehenden Angestellten maßgeblichen sozialen Abgaben und die maßgebliche Einkommensteuer unter Berücksichtigung der ohne Antrag gebührenden Freibeträge zu vermindern ist. Individuelle steuerliche oder sozialversicherungsrechtliche Komponenten (zB auch Abweichungen zwischen Arbeitern und Angestellten) bleiben demnach außer Betracht. Gemäß § 21 Abs. 4 und 5 gebührt all jenen Arbeitslosen, bei denen der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes den Ausgleichzulagenrichtsatz für Alleinstehende gemäß § 293 Abs. 1 lit. a lit. bb ASVG (AZR) nicht übersteigt, ein Ergänzungsbetrag, wodurch das Arbeitslosengeld von 55 % auf bis zu 60 % (und mit Familienzuschlägen auf bis zu 80 %) des sich nach der Berechnung ergebenden Nettobetrages angehoben wird. Der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes für die durch die Beitragssenkung begünstigten Pflichtversicherten mit geringem Einkommen liegt in jedem Fall unter dem AZR (2008: 747 € monatlich). Im Falle der Arbeitslosigkeit erhalten diese Personen daher bereits bisher ein höheres Arbeitslosengeld. Der Ministerratsbeschluss vom 26. März 2008 sieht ausschließlich eine einnahmenseitige Maßnahme und keine Mehrausgaben in der Arbeitslosenversicherung vor. Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes der durch die Beitragssenkung begünstigten Personen ist daher nicht vorgesehen.

Die Beitragssenkung soll ausschließlich den jeweiligen Anteil der Pflichtversicherten in der Arbeitslosenversicherung betreffen, nicht jedoch jenen der Arbeitgeber. Abweichungen von der paritätischen Tragung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages gibt es bereits bisher beim Bonus gemäß § 5a AMPFG, bei welchem nur der Arbeitgeberanteil entfällt.

Die für eine wirtschaftlich vertretbare Vollziehung der Neuregelung erforderliche Bildung von Stufen mit unterschiedlichen Beitragssätzen führt zwar in den jeweiligen Grenzbereichen zu diskontinuierlichen Nettoeinkommen. Dieses Phänomen tritt jedoch bereits bisher in zahlreichen Fällen ein (zB bei Überschreitung der für das Eintreten der Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung, Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung maßgeblichen Geringfügigkeitsgrenze nach dem ASVG oder bei der Negativsteuer in Höhe von 110 €, die bereits bei einem Einkommen von einem Euro über dem Grenzbetrag entfallen kann) und wurde bisher stets als zulässig angesehen.

Die gewählte Abstufung um jeweils 1 % berücksichtigt, dass die Unterschiede in der Regel geringer sind als das zusätzliche Nettoeinkommen im Falle von Lohnerhöhungen. Stärkere Abstufungen würden zu einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand führen.

Zur Vereinfachung der Administration wird die Nachverrechnung aus einem Beschäftigungsverhältnis so geregelt, dass in diesen Fällen der Differenzbetrag mit der nächsten Beitragsüberweisung abzuführen ist.

Da mit der vorgeschlagenen Änderung nur neue Bestimmungen in das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz eingefügt werden (bestehende Normen werden textlich nicht verändert), entfällt eine Textgegenüberstellung, da diese keine zusätzlichen Informationen enthalten könnte.