Vorblatt

Problem:

‑       Die im Regierungsprogramm vorgesehene Reform des Arbeitszeitrechts wurde im Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz noch nicht verwirklicht, obwohl einzelne Maßnahmen auch für diesen Bereich von Bedeutung sind.

‑       Einzelne Bestimmungen haben zu Problemen in der Praxis geführt.

‑       Stationäre Pflege in Pflegeheimen und vergleichbaren Einrichtungen fällt derzeit nicht unter das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, obwohl vergleichbare Verhältnisse vorliegen.

Ziele:

‑       Umsetzung von im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen im Arbeitszeitrecht, soweit sie auch für den Bereich des KA-AZG von Bedeutung sind.

‑       Für die Praxis notwendige Klarstellungen in einzelnen Bestimmungen.

‑       Gleichstellung von stationärer Pflege in Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen mit denjenigen Einrichtungen, die dem KA-AZG derzeit unterliegen und die eine vergleichbare Arbeits- und Organisationsstruktur aufweisen (z.B. Genesungsheime und Pflegeanstalten für chronisch Kranke).

Inhalt:

‑       Maßnahmen gegen Verletzungen des Arbeitszeitrechts.

‑       Ausdrückliche Klarstellung im KA-AZG, dass wie bisher einzelne Bestimmungen des Abschnittes 6a AZG auch in Krankenanstalten gelten.

‑       Einbeziehung von Organisationseinheiten zur stationären Pflege in Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen in das KA-AZG.

Alternativen:

Beibehaltung des gegenwärtigen, zum Teil wenig befriedigenden Zustands.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Keine. Die bessere Durchsetzbarkeit des Arbeitszeitschutzes könnte nur dann zu Mehrkosten führen, wenn die Arbeitszeitvorschriften bisher nicht eingehalten wurden. Die Einbeziehung von Organisationseinheiten zur stationären Pflege in Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen, wie z.B. Seniorenheimen, in das KA-AZG hat keine Auswirkungen auf die Kosten, da für den privaten Bereich derzeit engere Arbeitzeitgrenzen zur Anwendung gelangen und Betriebe von Gebietskörperschaften mit den weiten Arbeitszeitgrenzen des KA-AZG mit bestehendem Personal das Auslangen finden werden.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Eine effizientere Durchsetzung des Arbeitszeitschutzes hat einen positiven Effekt auf Krankenanstalten, die das KA-AZG schon bisher eingehalten haben.

– – Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen.

– Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Aus konsumentenpolitischer Hinsicht kann für Patienten/Patientinnen eine effizientere Durchsetzung der ohnehin weiten Arbeitszeitgrenzen dazu führen, dass Behandlungsfehler reduziert werden. In sozialer Hinsicht hat eine effizientere Durchsetzung von Arbeitsschutzvorschriften positive Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Beschäftigten.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Regelungen entsprechen dem EU-Recht, insbesondere der Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine Besonderheiten.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Auf Basis des WIFO-Weißbuches „Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation und Qualifikation“ vom Oktober 2006 haben die Sozialpartner im Dezember 2006 einvernehmlich Vorschläge zu „Wachstum und Vollbeschäftigung“ vorgelegt, in denen auch solche zur Reform des Arbeitszeitrechts enthalten waren. Auf Grundlage dieser Sozialpartnereinigung wurde ein entsprechender Abschnitt „Arbeitszeitflexibilisierung“ in das Regierungsübereinkommen aufgenommen. Im Arbeitszeitgesetz und im Landarbeitsgesetz wurde das Sozialpartnerabkommen bzw. das Regierungsübereinkommen mit der Novelle BGBl. I Nr. 61/2007 umgesetzt.

Mit dem Entwurf werden Bestimmungen der AZG-Novelle auch für den Bereich der Arbeitszeit in Krankenanstalten übernommen. Da das KA-AZG bereits derzeit wesentlich weitere und flexiblere Arbeitszeitvorschriften als das AZG enthält, steht die Verbesserung der Durchsetzbarkeit der Arbeitszeitvorschriften im Vordergrund.

Folgende Bestimmungen werden aus dem AZG übernommen:

‑       Streichung des Begriffes des Bevollmächtigten in § 12 KA-AZG analog § 28 AZG;

‑       verstärkte Sanktionsmöglichkeiten bei Verletzung der Aufzeichnungspflichten in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht analog zu § 28 Abs. 8 AZG;

‑       Erleichterungen bei der zivilrechtlichen Geltendmachung von Ansprüchen analog zu § 26 Abs. 8 AZG.

Die Bestimmungen betreffend Arbeitskräfteüberlassung werden analog zu § 9 ASchG gestaltet, um klarzustellen, dass auch Beschäftiger/innen verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Weiters wurde eine Klarstellung hinsichtlich der Geltung der vertragsrechtlichen Bestimmungen der §§ 19c, 19d und 19g AZG getroffen.

Organisationseinheiten zur stationären Pflege in Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen, wie Seniorenheimen und sonstigen Seniorenbetreuungseinrichtungen, werden in das KA-AZG einbezogen. Es soll damit einerseits eine Gleichstellung von stationärer Pflege in privaten bzw. von Gebietskörperschaften direkt geführten Pflege- und Seniorenheimen, andererseits eine Gleichstellung mit denjenigen Einrichtungen, die dem KA-AZG bereits jetzt schon unterliegen und die eine ähnliche Arbeits- und Organisationsstruktur aufweisen (z.B. Genesungsheime und Pflegeanstalten für chronisch Kranke), erreicht werden.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 („Arbeitsrecht“) und Art. 21 Abs. 2 B‑VG.

Besonderer Teil

Zu § 1 Abs. 1 Z 11:

Mit dieser Bestimmung sollen Organisationseinheiten zur stationären Pflege in Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen, wie Pflegestationen in Seniorenheimen und sonstigen Seniorenbetreuungseinrichtungen, in das KA-AZG einbezogen und somit den übrigen in § 1 Abs. 1 angeführten Einrichtungen hinsichtlich der arbeitszeitrechtlichen Einordnung gleichgestellt werden. Pflegeheime sind Einrichtungen, in denen Menschen mit Betreuungs- und Pflegebedarf ständig stationär gepflegt werden. Pflegestationen in ähnlichen Einrichtungen, z.B. Wohnheimen, bieten stationäre Pflege für den Fall an, dass die in diesen Einrichtungen untergebrachten Menschen dauernd oder vorübergehend ständiger Pflege bedürfen. Von Z 11 wird nur die Beschäftigung bei stationärer Pflege erfasst, nicht jedoch die Beschäftigung in Wohnbereichen oder sonstigen Bereichen von Pflegeheimen und Seniorenheimen.

Zu § 5:

Ausdrückliche Klarstellung, dass die vertragsrechtlichen Bestimmungen der §§ 19c, 19d und 19g AZG auch für die dem KA-AZG unterliegenden Dienstnehmer/innen gelten (Abs. 4), die nicht in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen (Abs. 5). Nachdem die Geltung dieser Bestimmungen nur im AZG und nicht auch im KA-AZG normiert war, ergaben sich aus Unkenntnis der Rechtsunterworfenen über diesen Umstand Praxisprobleme, die nun beseitigt werden sollen.

Zu § 11 Abs. 4:

Diese Regelung entspricht § 26 Abs. 8 AZG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 61/2007, wonach das Nichtführen von Arbeitszeitaufzeichnungen neben den verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen (vergleiche dazu § 12 Abs. 1a) auch zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen soll. So stehen Dienstnehmer/innen, die ein noch ausstehendes Entgelt für geleistete Überstunden einklagen wollen, oft vor dem Problem, dass in den Kollektivverträgen sehr kurze Verfallsfristen für das Geltendmachen solcher Ansprüche normiert sind. Unter der Voraussetzung, dass durch das Fehlen der Aufzeichnungen die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unzumutbar wird, sollen diese Verfallsfristen daher gehemmt werden. Unzumutbarkeit liegt auch dann vor, wenn Dienstgeber/innen Dienstnehmer/innen die Aufzeichnungen willkürlich vorenthalten.

Zu § 11a:

Diese Bestimmung entspricht § 9 Abs. 1 und 2 ASchG, der eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschäftiger/innen im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung auch dann normiert, wenn die Überlassung durch eine Gebietskörperschaft erfolgt. Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes hat im Vorfeld zur Frage der kompetenzrechtlichen Grundlage für eine derartige Regelung im KA-AZG darauf hingewiesen, dass gemäß Art. 21 Abs. 2 B‑VG die Gesetzgebung und Vollziehung in Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes von Bediensteten der Länder und Gemeinden, die in Betrieben tätig sind, dem Bund auch dann obliegt, wenn die Bediensteten auf Grund einer Arbeitskräfteüberlassung in einem Betrieb eines anderen Rechtsträgers tätig sind. Auch eine Regelung, wonach der/die Beschäftiger/in als Dienstgeber/in im Sinne der Arbeitnehmerschutzvorschriften gilt ‑ und somit gegenüber den staatlichen Behörden für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften verantwortlich ist ‑, ist kompetenzrechtlich eine Angelegenheit des Arbeitnehmerschutzes, für die gemäß Art. 21 Abs. 2 B‑VG die Bundesgesetzgebung zuständig ist. Das Verhältnis zwischen Überlasser/in und Beschäftiger/in, für dessen Regelung im Fall der Überlassung durch Länder oder Gemeinden die Landesgesetzgebung zuständig ist, bleibt von einer derartigen arbeitnehmerschutzrechtlichen Regelung unberührt.

Zu § 12:

Im Abs. 1 wurde analog der AZG-Novelle BGBl. I Nr. 61/2007 die Verantwortlichkeit von „Bevollmächtigten“ gestrichen (vgl. § 28 AZG). Die bisherige Strafbarkeit der Bevollmächtigten wird beseitigt, da diese neben den Dienstgeber/innen strafbar waren und dies auf Grund der heute bestehenden Möglichkeiten der Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG als nicht mehr zeitgemäß erscheint. Verantwortliche Beauftragte treten hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung an die Stelle der Dienstgeber/innen, für ihre Bestellung sieht § 23 ArbIG besondere Voraussetzungen vor. Zu Bevollmächtigten wurden jedoch oft Arbeitnehmer/innen ohne tatsächliche Einflussmöglichkeit auf die Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften bestellt.

Abs. 1a übernimmt die Regelung des § 28 Abs. 8 AZG, mit der festgelegt wird, dass auch Verstöße gegen die Aufzeichnungspflichten hinsichtlich jedes/r einzelnen Dienstnehmer/in gesondert zu bestrafen sind, wenn durch das Fehlen der Aufzeichnungen die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unmöglich oder unzumutbar wird. Die Unzumutbarkeit wird in aller Regel mit der Größe des Betriebes ansteigen. Dazu führen die Erläuternden Bemerkungen zur AZG-Novelle BGBl. I Nr.61/2007, folgendes aus: „Hintergrund dieser Bestimmung ist die Judikatur des VwGH, der mehrfach festgestellt hat (z.B. VwGH vom 17. März 1988, Zl. 88/08/0087), dass ein Verstoß gegen § 26 Abs. 1 AZG ‑ Nichtführung der Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung ‑ lediglich als ein Delikt zu qualifizieren ist, selbst dann, wenn die geforderten Aufzeichnungen für mehrere Arbeitnehmer/innen nicht vorliegen. Nach Ansicht des VwGH stellt die Verletzung dieser Bestimmung keinen rechtswidrigen Angriff auf das höchstpersönliche Rechtsgut der Gesundheit der einzelnen Arbeitnehmer/innen dar, sondern erschwert nur die Kontrolle der Einhaltung der dem gesundheitlichen Schutz der Arbeitnehmer/innen dienenden Vorschriften des AZG. Dies hatte jedoch zur ‑ vom VwGH vermutlich nicht beabsichtigten ‑ Konsequenz, dass jene Arbeitgeber/innen, die überhaupt keine Aufzeichnungen führten, gegenüber jenen Arbeitgeber/innen, die Aufzeichnungen führten und dabei auch Verstöße dokumentierten, deutlich bevorzugt wurden. Dem soll nunmehr entsprechend dem Auftrag des Regierungsübereinkommens entgegengewirkt werden“ (vgl. 141 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP, 8).

Der Begriff „gesondert“ soll verdeutlichen, dass eine Verletzung der Aufzeichnungspflicht hinsichtlich jeden/r einzelnen Dienstnehmers/in zu bestrafen ist, nicht jedoch, dass Strafverfahren für jede/n Einzelne/n tatsächlich gesondert zu führen sind.

Zu § 15 Abs. 2h:

Mit dem zweiten Satz wird klargestellt, dass nur solche Verfallsfristen gehemmt werden, die ab dem Tag des Inkrafttretens zu laufen beginnen würden.