Vorblatt

Problem:

Bildungsstandards liefern einheitliche, objektiv vergleichbare Informationen zu den Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler auf bestimmten Schulstufen und stellen eine bedeutende Grundlage für Maßnahmen der Steuerung und Qualitätssicherung dar. Viele europäische Länder haben Bildungsstandards bereits in ihren Schulsystemen verankert, im österreichischen Schulrecht ist dies bislang noch nicht erfolgt.

Ziel:

Rechtliche Verankerung von Bildungsstandards im österreichischen Bildungssystem entsprechend Punkt 7 des Regierungsprogramms für die XXIII. Gesetzgebungsperiode (Qualitätssicherung: rasche Implementierung der Bildungsstandards auch auf gesetzlicher Basis.

Inhalt:

Definition von Bildungsstandards als Grundlage für die Unterrichtsarbeit sowie Schaffung einer Verordnungsermächtigung für deren Erlassung durch den zuständigen Bundesminister oder die zuständige Bundesministerin.

Alternativen:

Setzen von Maßnahmen der Evaluation im Rahmen der Schulaufsicht ohne gesetzliche Verankerung und damit verbundene Rechtsunsicherheit.

Im Sinne erhöhter Transparenz und Objektivität gibt es keine Alternativen zur Verankerung der Bildungsstandards.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Finanzielle Auswirkungen:

Ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz verursacht finanzielle Auswirkungen für den Bundeshaushalt, die in den Erläuterungen, Allgemeiner Teil detailliert dargestellt sind.

Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Höhere Qualität an Schulen wirkt sich langfristig gesehen auch positiv auf den Beschäftigungsstandort Österreich aus, da jede einzelne Schülerin bzw. jeder einzelne Schüler davon profitiert und die Möglichkeit besteht, die Zahl der Schulabsolventinnen und -absolventen, die eine postsekundäre Bildungseinrichtung besuchen, zu steigern.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen.

Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Bedeutung der Einführung von Bildungsstandards für Österreich:

Bildungsstandards stellen ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung im Bildungsbereich dar. Viele europäische Länder haben diese daher bereits in ihre Bildungssysteme als fixen Bestandteil integriert. Internationale Tests (zB PIRLS, PISA) liefern wesentliche Ergebnisse über den Kompetenzstand der Schülerinnen und Schüler in bestimmten Schulstufen und Gegenständen. Derzeit orientiert sich Österreichs Bildungspolitik vorwiegend an den Ergebnissen solcher internationaler Tests, die jedoch nur einen Ausschnitt des österreichischen Bildungssystems beleuchten. Durch die Einführung von Bildungsstandards wird nun eine Maßnahme getroffen, um regelmäßig umfassende und objektiv festgestellte Ergebnisse über die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu erhalten, die für die Zwecke der Steuerung und der Planung im Bildungsbereich unerlässlich sind. Diese Initiative steht im Kontext zum Qualifikationsrahmen, der derzeit auf nationaler Ebene erarbeitet wird. Der auf Basis des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) zu entwickelnde Nationale Qualifikationsrahmen (NQR) soll Qualifikationen auf der Grundlage von Lernergebnissen in ein nationales System einordnen. Auch hier findet sich ein kompetenzorientierter Ansatz. Die Bildungsstandards im Bereich der schulischen Bildung haben auch das Ziel, die Lehrpläne auf eine lernergebnisorientierte Form zu bringen, damit die Bildungsziele für Lernende und Lehrende gleichermaßen transparent werden und - in Verbindung mit dem NQR - die Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen erleichtert wird.

Das Vorhaben der Einführung der Bildungsstandards wurde im Regierungsprogramm als eine wesentliche Maßnahme zur Qualitätsentwicklung im Bildungsbereich verankert (Punkt 7 Qualitätssicherung an Schulen). Demnach sollen die Bildungsstandards auf gesetzlicher Basis möglichst rasch implementiert werden.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Einführung von Bildungsstandards ist, wie zahlreiche internationale Beispiele zeigen, ein umfassender Prozess, der nicht nur mehrere Ebenen der Schulverwaltung umfasst, sondern auch einen längerfristigen Zeitraum benötigt. In erster Linie ist dabei die Zentralstelle BMUKK gefordert, die Koordination und Planung, jedoch aber in Zusammenarbeit mit den Behörden auf Landesebene und auch den Expertinnen und Experten auf Schulebene, sicherzustellen. Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang das kürzlich gegründete Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des Österreichischen Schulwesens (BIFIE) zu nennen, dessen Kernaufgabe (ua.) gem. § 2 Abs. 2 Z 2 des BIFIE-Gesetzes 2008 das Bildungsmonitoring (darunter fällt die Entwicklung und Überprüfung von Bildungsstandards sowie die Analyse, Aufbereitung, Rückmeldung und Nutzung der Ergebnisse) ist. Hinsichtlich des Zeitlaufs wurden wichtige Vorbereitungsarbeiten bereits in vergangenen Jahren in Angriff genommen und durchgeführt bzw. sind in den aktuellen Budgets bedeckt worden. Jedoch werden sich diese Aktivitäten in den Folgejahren fortsetzen müssen, damit im Jahr 2012, wie geplant, die erste flächendeckende Standard-Überprüfung stattfinden kann.

Folgende Bereiche waren bzw. werden in der Zukunft von finanziellen Mehraufwendungen betroffen sein:

Expertinnen und Experten Bundes- und Landeslehrerinnen und -lehrer: Durch Einrechnungen in die bzw. Herabsetzung der Lehrverpflichtung wurden Bundes- und Landeslehrerinnen und -lehrer für folgende Bereiche eingesetzt: Landeskoordination (insgesamt 9 Personen; Umsetzung der von der Projektleitung im BMUKK definierten Ziele auf Landesebene), Testabwicklung, Fachexpertinnen und -experten für die Bereiche Deutsch, Mathematik und Englisch, fachdidaktische Koordination und Erstellung regionaler Weiterbildungsmaßnahmen (Testabwicklung und Fachexpertinnen und -experten: insgesamt 22 Personen). Im Schuljahr 2007/08 wurden dafür 310 Werteinheiten (WE) aufgewendet, die umgerechnet 310 x 2.800 = 868.000,- € an Ausgaben verursachen (1 WE = 2.800,- € inkl. DGB; es sind mehrheitlich Bundeslehrerinnen und -lehrer im Einsatz). Eine Bedeckung im Bundesfinanzgesetz 2008 ist vorhanden. Ab 2008/09 wird sich dieser Bedarf auf rd. 270 WE reduzieren. Die Schuljahre wurden in der unten stehenden Tabelle zu 1/3 bzw. zu 2/3 den entsprechenden Budgetjahren zugerechnet. Die Ausgaben dafür hat allein das BMUKK zu tragen.

Wissenschaftliche Unterstützung: Durch das BMUKK wurden im Jahr 2008 mittels Werkverträgen Dienstleistungen von wissenschaftlichen Expertinnen und Experten beauftragt, die in Summe rd. 1,0 Mio. € ausmachen. Darüber hinaus sind im Jahr 2008 fünf Testdurchgänge (Deutsch, Mathematik 4. Schulstufe und Deutsch, Mathematik, Englisch 8. Schulstufe) vorgesehen – für Testvorbereitung, Abwicklung und Auswertung bzw. Rückmeldung fallen 0,86 Mio. € an. Diese Ausgaben sind im Budget 2008 bedeckt und sind Teil des Bildungspfads. Diese genannten Ausgaben fallen alleine beim BMUKK an.

BIFIE: Das BIFIE hat im Rahmen seiner Basiszuwendung im Hinblick auf die gesetzlich definierten Aufgaben auch Vorsorge für die Tätigkeiten im Bereich der Bildungsstandards zu treffen. Die genaue Zuordnung zu diesem Aufgabenbereich wird im ersten vorzulegenden Dreijahresplan des BIFIE dargestellt sein; zur exakten Quantifizierung wird derzeit am BIFIE an der Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung gearbeitet. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Leistungen des BIFIE vor allem im Bereich der Bereitstellung personeller Ressourcen liegen werden. Nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten werden aber auch Teile der Basiszuwendung laut § 16 des BIFIE-Gesetzes 2008 dafür heranzuziehen sein. Für die Basisabgeltung des BIFIE hat alleine das BMUKK aufzukommen.

Hauptarbeitsbereiche ab 2009: In Fortführung der bislang im Bildungspfad abgedeckten Aktivitäten der Zentralstelle werden die Jahre ab 2009 durch folgende Arbeitsbereiche gekennzeichnet sein:

-       Weitere Entwicklungsarbeiten, va. Standards für Naturwissenschaften, 8. Schulstufe

-       Implementation, Begleitung, Fortbildung (BIFIE Wien)

-       Erstellung und Erprobung von Selbstevaluationsinstrumenten für alle involvierten Fachbereiche der VS und HS/AHS (in Abstimmung mit BIFIE Wien)

-       Baseline-Testung 8. und 4. Schulstufe in den Jahren 2009 bzw. 2010 bzw. erste Standards-Testung 8. Schulstufe 2012 sowie laufendes Itembanking (BIFIE Salzburg). Eine Baseline-Testung beinhaltet folgende Tätigkeitsbereiche: Druck von 20.000 bzw. 25.000 Testheften je Baseline-Testung, Feldarbeit (Screening, regionale Testadministration, Codieren, Scannen, Verarbeiten), Externe Expertinnen und Experten, Skalierung, Statistik, Druckkosten für rd. 2.000 Broschüren und die Berichtserstellung. Von der Baseline-Testung 2009 sind 450 Schulen mit rd. 20.000 Schülerinnen und Schüler umfasst. Die Baseline-Testung 2010 soll umfassender ausfallen. Betroffen sind hier 500 Schulen und rd. 25.000 Schülerinnen und Schülern. Die Aufwendungen für die eigentlichen Flächenerhebungen ab dem Jahr 2012 werden wesentlich von den zu Grunde liegenden Parametern (Frequenz, Zahl der Schulen etc.) abhängen, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht endgültig feststehen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass zumindest 30% der VS, HS und AHS zu testen sind, um die quantitativen und qualitativen Anforderungen erfüllen zu können. Unter diesen Voraussetzungen würden für die Testung an den beiden Schulstufen (4. und 8.) jeweils rd. 2,5 Mio. € anfallen, wobei die Ausgaben für die 8. Schulstufe erstmals im Jahr 2012 wirksam werden und in der unten stehenden Tabelle (Zeile „Hauptarbeitsbereiche“) enthalten sind. Ab dem Jahr 2013 wären dann für die Standard-Überprüfungen auf der 4. und 8. Schulstufe jährlich etwa je 2,5 Mio. € anzusetzen.

 

Die genannten Hauptarbeitsbereiche decken sich mit den schon definierten Aufgaben des BIFIE, sind aber in der obigen Beschreibung detailreicher ausgeführt. Aus diesen und den oben genannten Gründen lässt sich derzeit eine Beteiligung des BIFIE an den finanziellen Auswirkungen nicht darstellen, weshalb in der unten stehenden Tabelle die aus der Sicht des BMUKK geschätzten Gesamtausgaben für diese Bereiche dargestellt sind. In dieser Hinsicht stellt die nun folgende Tabelle eine Maximalvariante dar.

Ausgabenentwicklung für Bildungsstandards:

 

 

2008

2009

2010

2011

2012

ExpertInnen Bundes-, LandeslehrerInnen

830.667

756.000

756.000

756.000

756.000

Bildungspfad 2008

1.860.000

0

0

0

0

Hauptarbeitsbereiche

 

3.500.000

4.150.000

3.700.000

5.100.000

Summe

2.690.667

4.256.000

4.906.000

4.456.000

5.856.000

(alle Angaben in €)

Die für das Kalenderjahr 2008 dargestellten Ausgaben finden im Bundesfinanzgesetz 2008 Bedeckung; die für die übrigen Finanzjahre angeführten Beträge werden Gegenstand der Verhandlungen zu den Bundesfinanzgesetzen 2009 und den folgenden sein.

Für die übrigen Gebietskörperschaften entstehen aus diesem Vorhaben keine finanziellen Auswirkungen.

Kompetenzrechtliche Grundlage:

Ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz gründet sich kompetenzrechtlich auf Art. 14 Abs. 1 B‑VG.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz unterliegt nicht den besonderen Beschlusserfordernissen des Art. 14 Abs. 10 B-VG.

Der Gesetzesentwurf unterliegt der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999.

Besonderer Teil

Zu Z 1( § 17 Abs. 1a – Verankerung von Bildungsstandards):

Bildungsstandards stehen in engem Zusammenhang mit dem Lehrplan und der darauf basierenden Unterrichtsarbeit der Lehrerinnen und Lehrer. Eine möglichst exakte Definition von Bildungsstandards, deren Aufgaben und Funktionen sowie Bedeutung für die Entwicklung des österreichischen Schulwesens ist daher unbedingt notwendig. Vor allem aber aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsschutzes ist es unabkömmlich, die rechtlichen Grenzen zwischen Bildungsstandards einerseits und Lehrplan sowie Leistungsbeurteilung andererseits abzustecken.

Die Lehrpläne sehen für die einzelnen Schulstufen von Schularten (Formen, Fachrichtungen) mehr oder weniger konkret ausformulierte Bildungsziele (Bildungs- und Lehraufgaben, Bildungsbereiche, ua.) und zu vermittelnde Lehrstoffinhalte vor. Der Lehrplan ist der Unterrichtsarbeit zu Grunde zu legen. Die Anforderungen des Lehrplanes bilden – auf dem Stand des gegenwärtigen Unterrichts – die Grundlage (den Maßstab) für die Beurteilung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler (siehe auch § 18 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes sowie insbesondere § 2 Abs. 1 der Leistungsbeurteilungsverordnung).

Die Aufgabe der österreichischen Schule und damit auch das Ziel des Unterrichts ist nicht auf die Vermittlung von Wissen, Kenntnissen und Fertigkeiten beschränkt. Vielmehr sollen die Schülerinnen und Schüler in den verschiedenen Schularten (Formen, Fachrichtungen) unterschiedliche Kompetenzen erlangen.

Es bedarf einer gewissen Standardisierung, um Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler erlangt haben, messbar zu machen, um sie so innerhalb österreichweit einheitlicher Anforderungen vergleichen zu können. Durch Verordnung festzulegende Bildungsstandards sollen daher in Übereinstimmung mit dem Lehrplan der jeweiligen Schulart die in bestimmten Schulstufen (dzt. 4. und 8. Stufe der Volks- und Hauptschule sowie der allgemein bildenden höheren Schule) zu erlangende bzw. erwartete Lernergebnisse konkret formulieren. Auf der Basis dieser Bildungsstandards soll es möglich sein, das Ausmaß der Erreichung von Grundkompetenzen durch Testverfahren zu messen.

Bildungsstandards und die auf ihrer Grundlage durchgeführten „Kompetenzmessungen“ decken somit nicht den gesamten Lehrstoff einzelner Unterrichtsgegenstände ab und stellen auch nicht auf den Stand des Unterrichts ab. Sie können daher und dürfen auch nicht als Grundlage für die Beurteilung der Leistungen von Schülern und Schülerinnen herangezogen werden. Sie dienen ausschließlich der Weiterentwicklung des Schulwesens, indem vor allem Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter sowie die Schulaufsicht eine Rückmeldung über den Erfolg des Unterrichtes als Grundlage für weitere Maßnahmen der Qualitätsentwicklung erhalten. Aus diesem Grund richten sich Bildungsstandards primär an die Lehrerin und den Lehrer, um kompetenzorientierten Unterricht sowie kompetenzorientierte Förderung sicher zu stellen. Die Sicherung der erreichten Leistung ist im Sinne einer Festigung des Erlernten zu verstehen, nicht aber im Sinne einer Garantie oder gar einer Dienstpflicht seitens der Lehrerin oder des Lehrers, das festgelegte Standardniveau bei jeder Schülerin oder jedem Schüler zu erreichen. Das Wort „bestmöglich“ soll eben dies zum Ausdruck bringen. Nachfolgende Ausführungen aus pädagogischer Sicht sollen zum besseren Verständnis von Bildungsstandards und deren Stellenwert im Schulwesen beitragen:

Kompetenzen, Leistungen, Bildungsstandards

Kompetenzen sind psychische Dispositionen des Menschen als Ergebnis erfolgreicher Lernprozesse. Sie bestehen aus zusammenhängenden Komponenten von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten und beinhalten Aspekte von Erfahrung, Motivation und Einstellungen. Sie befähigen Menschen, bestimmte Leistungen zu erbringen, dh. Aufgaben oder Probleme in konkreten Anforderungssituationen zu bewältigen.

Das Vorhandensein bzw. die Ausprägung einer bestimmten Kompetenz kann daher mit Hilfe geeigneter Problemstellungen (Aufgaben) festgestellt werden, bei denen von Schülerinnen und Schülern konkrete und beobachtbare Leistungen verlangt werden, zB in Form von Leistungstests.

Bildungsstandards beziehen sich auf die Lehrpläne der jeweiligen Schulart und Schulstufe. Sie legen in einem Pflichtgegenstand oder in mehreren im fachlichen Zusammenhang stehenden Pflichtgegenständen konkrete, von Schülern erwartete Leistungen fest - als Lernergebnisse, die bis zu einer bestimmten Schulstufe im Unterricht zu erwerben und zu sichern sind.

Mit der Festlegung von Bildungsstandards wird eine systematische Auswahl grundlegender und im Unterricht nachhaltig zu erwerbender Kompetenzen getroffen. Diese grundlegenden Kompetenzen sind für die weitere schulische und berufliche Bildung – auch im Sinne des Lifelong Learning – von zentraler Bedeutung. Sie beziehen sich auf ein aus dem jeweiligen Lehrplan abgeleitetes fachspezifisches bzw. fachübergreifendes Kompetenzmodell, decken jedoch nicht die gesamte inhaltliche Breite des jeweiligen Unterrichtsgegenstandes bzw. der in fachlichem Zusammenhang stehenden Unterrichtsgegenstände ab.

Bildungsstandards beschreiben die erwünschten Lernergebnisse (Leistungen) so konkret und detailliert, dass sie in methodisch-didaktische Aufgaben umgesetzt und mit Hilfe von Testaufgaben überprüft werden können. Standardüberprüfungen enthalten zur Messung der Ausprägung der erworbenen Kompetenzen konstruierte Aufgaben. Als geeignete Messverfahren bieten sich je nach Gegenstand und ausgewählter Kompetenz Tests, Befragungen oder Verhaltensbeobachtungen an.

Ziele und Funktion der Bildungsstandards

Bildungsstandards sollen zu einer stärkeren und nachhaltigeren Ergebnisorientierung in der Planung und Durchführung von Unterricht führen, konkrete Vergleichsmaßstäbe für die erreichten Leistungen der Schülerinnen und Schüler in der Diagnostik und in der individuellen Förderung bieten und die Qualitätsentwicklung in der Schule und im Bildungswesen insgesamt unterstützen. Bildungsstandards liefern einen Vergleichsmaßstab, an dem aufgezeigt werden kann, in welchem Ausmaß es einer Schule gelingt, die Schülerinnen und Schüler  mit den grundlegenden Kompetenzen auszustatten.

Lehrerinnen und Lehrer sind verpflichtet, den systematischen Aufbau der mit den Bildungsstandards definierten grundlegenden Kompetenzen bei der Planung und Gestaltung ihrer Unterrichtsarbeit zu berücksichtigen (Orientierungsfunktion) und den Leistungsfortschritt der Schülerinnen und Schüler in diesen Bereichen besonders zu beobachten und zu fördern und die erreichten Leistungen nachhaltig zu sichern (formative Evaluation und individuelle Förderung). Das Ergebnis insbesondere der Beobachtung der Leistungen in den Grundkompetenzen ist nach Maßgabe der bestehenden schulrechtlichen Bestimmungen Schülerinnen und Schülern sowie deren Erziehungsberechtigten so rückzumelden, dass damit die Motivation und die Richtung des Lernens positiv beeinflusst wird.

Damit soll eine Kultur kontinuierlicher Selbstevaluationsmaßnahmen und gemeinsamer Qualitätsentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern sowie an Schulstandorten insgesamt gefördert werden. Darauf abgestimmte begleitende Maßnahmen in der Lehrerbildung, die Bereitstellung von zusätzlichen Materialien und die verbindliche Umsetzung entsprechender Schulentwicklungskonzepte sollen diesen pädagogischen Prozess nachhaltig unterstützen.

Auf Anordnung der Schulbehörden werden periodisch Standardüberprüfungen an den Schulen durchgeführt. Ihre Funktion ist es, die insgesamt erreichten Leistungen der Schülerinnen und Schüler im Bereich der grundlegenden Kompetenzen bestimmter Pflichtgegenstände objektiv festzustellen und diese mit den angestrebten Zielen zu vergleichen.

Die zusammengefassten Ergebnisse von Standardüberprüfungen in den Klassen und Schulen sollen nicht nur der Schulverwaltung (Schulaufsicht) zur Verfügung stehen. Sie müssen den betroffenen Lehrerinnen und Lehrern und der Schulleitung so angemessen und informativ rückgemeldet werden, dass sie für die langfristige systematische Qualitätsentwicklung in den Schulen nutzbringend verwendet werden können, sie dienen jedoch nicht der Bewertung der Unterrichtstätigkeit der oder des Lehrenden

Unter Beachtung des Rechts auf Geheimhaltung personenbezogener Daten (§ 1 Abs. 1 DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999) kann Schülerinnen und Schülern sowie deren Erziehungsberechtigten der Zugriff auf ihre individuellen Testergebnisse und entsprechende Vergleichsmaßstäbe zu deren Bewertung ermöglicht werden.

Das vorrangige Ziel der Bildungsstandards ist es, dem österreichischen Bildungssystem eine Rückmeldung über die Lernkompetenzen der Schülerinnen und Schüler an den Schnittstellen (4. und 8. Schulstufe) zu liefern. Für Bildungslaufbahnentscheidungen ist die Leistungsbeurteilung ein zuverlässigeres Mittel, da diese die Leistung und Entwicklung der Schülerin oder des Schülers über das ganze Schuljahr darstellt. Auf der 8. Schulstufe werden Bildungslaufbahnentscheidungen im Rahmen der prozesshaft angelegten Berufsorientierung und Bildungsberatung bereits gegen Ende des ersten Semesters zu treffen sein, während die externen Kompetenzüberprüfungen erst im zweiten Semester durchgeführt werden.

Die Schülerinnen und Schüler sollen in jeder Phase ihrer Schulzeit über den Stand ihrer Leistungen in Bezug auf die angestrebten Lernergebnisse informiert werden und daher auf die konkreten Testergebnisse für eine Bildungslaufbahnentscheidung nicht angewiesen sein.  Um diese Orientierungsaufgabe über mehrere Schuljahre erfüllen zu können, werden den Lehrkräften entsprechende Hilfsmittel zur Verfügung gestellt.

Die Ergebnisse von Standardüberprüfungen werden zum Zwecke eines kontinuierlichen nationalen Bildungsmonitorings vom Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesen (BIFIE) zusammengefasst, analysiert und den Verantwortlichen für das Schulsystem berichtet. Sie stellen wichtige Evidenz als Basis für Steuerungsentscheidungen im Bildungswesen bereit. Die Ergebnisse dienen jedenfalls keiner Erstellung von vergleichenden Schulbewertungen bzw. Schulrankings.

Die Leistungsbeurteilung der Schülerinnen und Schüler bleibt von Standardüberprüfungen unberührt, das heißt, die Ergebnisse von Standardüberprüfungen sind nicht in die Leistungsbeurteilung einzubeziehen.

Verordnung über Bildungsstandards

§ 17 Abs. 1a enthält eine Verordnungsermächtigung an den zuständigen Bundesminister oder die zuständige Bundesministerin. Eine derartige Verordnung befindet sich derzeit in Vorbereitung und bezieht sich, wie auch die hier ausgeführten Erläuterungen, vor allem auf die 4. und 8. Schulstufe und auf die Schularten Volksschule, Hauptschule sowie allgemein bildende höhere Schule. Über die 4. und 8. Schulstufe hinausgehende Bildungsstandards im Bereich des berufsbildenden Schulwesens sind in Entwicklung.

Zu Z 2 (§ 42 Abs. 6 – Entfall der „Sperrfrist“ bei Externistenreifeprüfungen):

Diese Bestimmung sieht den Entfall der sog. „Sperrfrist“ bei Externistenreifeprüfungen vor. Zu solchen Prüfungen (mit Zulassungs- und Hauptprüfung) kann nach der derzeit geltenden Rechtslage frühestens sechs Monate nach Ablegen der letzten Zulassungsprüfung angetreten werden. Diese „Sperrfrist“ wurde bislang im Zusammenhang mit der abschließenden Prüfung als eine Gesamtprüfung verstanden und sollte eine ausreichende (Mindest)Vorbereitung auf die Hauptprüfung nach Absolvieren der letzten Zulassungsprüfung sicher stellen. Heute wird diese Sperre vielfach als Hürde in der Bildungslaufbahn verstanden, deren Abschluss mit der Reifeprüfung jedem Bildungslauf-Teilnehmer frühestmöglich gewährleistet sein soll.

Zu Z 3 (§ 82 Abs. 5n – In-Kraft Treten):

Das In-Kraft-Treten des im Entwurf vorliegenden Gesetzes ist mit 1. September 2008 vorgesehen.