609 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Regierungsvorlage

Bundesgesetz über die Finanzprokuratur (Finanzprokuraturgesetz – ProkG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmung

§ 1.         Allgemeine Bestimmung

2. Abschnitt

Aufgaben

§ 2.         Wirkungsbereich

§ 3.         Einschreitungsbefugnis für Mandanten

§ 4.         Auftragsverhältnis

§ 5.         Grundsätze bei der Auftragserfüllung

§ 6.         Vollmacht und Substitution

§ 7.         Haftung

§ 8.         Kosten- und Barauslagenersatz

§ 9.         Kollision

3. Abschnitt

Aufbau der Finanzprokuratur

§ 10.       Aufbau der Finanzprokuratur

4. Abschnitt

Besondere Bestimmungen für den Anwaltsdienst

§ 11.       Prokuraturanwalt

§ 12.       Leitender Prokuraturanwalt

§ 13.       Ausbildung

§ 14.       Prokuraturprüfung

§ 15.       Rechtsanwaltsprüfung

5. Abschnitt

Dienst- und besoldungsrechtliche Bestimmungen

§ 16.       Allgemeines

§ 17.       Dienst- und Fachaufsicht

§ 18.       Aus- und Weiterbildung

§ 19.       Konkurrenzklausel

§ 20.       Heim- und Telearbeit

6. Abschnitt

Schluss- und Übergangsbestimmungen

§ 21.       Verweisungen auf andere Rechtsvorschriften

§ 22.       Personenbezogene Bezeichnungen

§ 23.       Übergangsbestimmungen

§ 24.       Vollzugsklausel

§ 25.       In-Kraft-Treten

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmung

§ 1. Die Finanzprokuratur ist eine Einrichtung des Bundes mit Sitz in Wien und ist nach Maßgabe dieses Gesetzes zur rechtlichen Beratung und Rechtsvertretung im Interesse des Staates berufen.

2. Abschnitt

Aufgaben

Wirkungsbereich

§ 2. (1) Der Finanzprokuratur kommt insbesondere die Befugnis zu,

           1. Rechtsträger als Parteien oder sonst Beteiligte vor allen Gerichten und Verwaltungsbehörden zu vertreten,

           2. zwischen zwei oder mehreren Rechtsträgern eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen und bei Streitigkeiten zwischen Organen eines Rechtsträgers zu vermitteln,

           3. Schiedsgutachten zu erstatten,

           4. bei Gesetzes- und Verordnungsvorhaben zu beraten,

           5. Gesetzes- und Verordnungsentwürfe zu begutachten,

           6. in Rechtsangelegenheiten zu beraten, beispielsweise durch Erstattung von Rechtsgutachten, durch Mitwirkung beim Abschluss von Rechtsgeschäften und bei der Abfassung von Rechtsurkunden,

           7. generelle Rechtsinformationen anzubieten,

           8. in den gesetzlich vorgesehenen Fällen als Amtspartei einzuschreiten sowie

           9. in zivilrechtlichen Angelegenheiten an den Bund zu richtende Anspruchschreiben auch ohne Vorliegen eines konkreten Auftragsverhältnisses entgegenzunehmen und auf Gefahr des Aufforderers an die zuständige Stelle weiterzuleiten. Sonderregelungen bezüglich Aufforderungsverfahren in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(2) Der Finanzprokuratur kommen bei der Vertretung und Beratung jedenfalls die Rechte eines Rechtsanwaltes zu, sofern im vorliegenden Gesetz nichts Abweichendes geregelt ist.

(3) Alle öffentlichen Dienststellen einschließlich der Gerichte sind verpflichtet, die Finanzprokuratur in Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen und ihr auf Ersuchen die gewünschten Akten zur Einsicht und Abschriftnahme zu übermitteln oder die Einsichtnahme auf elektronischem Weg zu ermöglichen, insofern nicht besondere gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Die Finanzprokuratur ist berechtigt, für ihre Zwecke die Übermittlung von amtlichen Veröffentlichungen zu begehren und die Büchereien und Archive der öffentlichen Dienststellen zu benützen.

Einschreitungsbefugnis für Mandanten

§ 3. (1) Die Republik Österreich (Bund) ist vor allen ordentlichen Gerichten ausschließlich von der Finanzprokuratur zu vertreten, soweit nicht aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen anderen Organen das Einschreiten in ihrem eigenen Wirkungsbereich gestattet ist. Weiters obliegt der Finanzprokuratur die ausschließliche Vertretung der  Stiftungen und Fonds nach dem Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz, BGBl. Nr. 11/1975, soweit es sich um die Konstituierung oder die Einbringung des zugewidmeten Vermögens zum Zwecke der Konstituierung handelt. In allen Fällen der obligatorischen Vertretung können Zustellungen nur an die Finanzprokuratur rechtswirksam erfolgen.

(2) Die Republik Österreich (Bund) wird von der Finanzprokuratur in Rechtsangelegenheiten beraten, soweit eine Rechtsberatung nicht bereits durch andere Bundesorgane oder durch sonstige Rechtsberater erfolgt.

(3) In allen anderen Fällen wird die Finanzprokuratur für die in Abs. 1 genannten Rechtsträger auf deren Verlangen tätig.

(4) Nachstehende Mandanten können sich im Einvernehmen mit der Finanzprokuratur vor allen nationalen und internationalen Gerichten sowie Sondergerichten des privaten und des öffentlichen Rechts und Verwaltungsbehörden vertreten und in sämtlichen Rechtsangelegenheiten von dieser beraten lassen.

           1. Rechtsträger, an denen der Bund mehrheitlich direkt oder indirekt beteiligt ist;

           2. Rechtsträger, für deren Gebarungsabgang der Bund aufzukommen hat oder zu deren Finanzierung er überwiegend beiträgt;

           3. Rechtsträger, die von Bundesorganen oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen des Bundes oder von Rechtsträgern nach Z 1 bestellt sind;

           4. Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts;

           5. Stiftungen und Fonds des öffentlichen Rechts, soweit keine obligatorische Vertretung gemäß Abs. 1 zu erfolgen hat.

(5) Länder und Gemeinden können sich im Einvernehmen mit der Finanzprokuratur vor den ordentlichen Gerichten, den Sondergerichten des privaten und des öffentlichen Rechts sowie den Verwaltungsbehörden vertreten und in sämtlichen Rechtsangelegenheiten von dieser beraten lassen.

(6) Die Finanzprokuratur ist ferner berufen, zum Schutz öffentlicher Interessen auch dann einzuschreiten und alle in Betracht kommenden Anträge und Rechtsmittel zu ergreifen, wenn die Dringlichkeit des Falles ihr sofortiges Einschreiten erfordert oder sich keine Behörde für zuständig erachtet. Dies gilt insbesondere für die Sicherung und Einbringung von frommen (gemeinnützigen) Zuwendungen von Todes wegen.

Auftragsverhältnis

§ 4. (1) Die Finanzprokuratur hat für ihre Mandanten auf Grund eines Auftrages einzuschreiten.

(2) Bei Gefahr im Verzug hat die Finanzprokuratur vorerst auch ohne konkreten Auftrag tätig zu werden, sofern sie dies für notwendig erachtet, um von einem Mandanten nach § 3 Abs. 1 drohenden Schaden abzuwenden. Ein derartiges Einschreiten hat sie unverzüglich ihrem Mandanten bekannt zu geben.

(3) Erteilt ein Mandant, für den die Finanzprokuratur obligatorisch einzuschreiten hat, der Finanzprokuratur einen Auftrag, so ist diese verpflichtet, diesem Verlangen zu entsprechen, es sei denn, dass der Auftrag nach ihrer Ansicht zu den Bestimmungen, die von der Finanzprokuratur auf die Auftragserteilung und -erfüllung anzuwenden sind, in Widerspruch steht. In diesem Fall hat sie ihre Bedenken dem Auftraggeber unverzüglich mitzuteilen und falls keine Einigung zustande kommt, den jeweils zuständigen obersten Organen über den Fall zu berichten.

(4) Nach Auftragserteilung durch einen Mandanten ist diesem ehest möglich mitzuteilen, ob dem Auftrag entsprochen wird.

(5) Jeder Mandant hat die Finanzprokuratur über den Sachverhalt umfassend zu informieren und mit ihr den konkreten Umfang des Auftrages festzulegen. Wird die Herausgabe von Informationen, die das Auftragsverhältnis betreffen, von der Finanzprokuratur begehrt, so kann sich diese unter Verweis auf den Mandanten auf Vertraulichkeit berufen.

(6) Die Auftragsannahme verpflichtet die Finanzprokuratur, im Einvernehmen mit dem Mandanten alle nach dem Gesetz zulässigen und im Interesse des Mandanten gelegenen rechtlichen Maßnahmen zu ergreifen, soweit sich die betreffende Vorgangsweise nicht bereits im Vorhinein als aussichtslos oder wirtschaftlich unvertretbar darstellt.

(7) Vor rechtswirksamer Verfügung über einen Anspruch oder eine Verbindlichkeit des Mandanten hat die Finanzprokuratur jedenfalls das Einvernehmen mit diesem herzustellen, es sei denn, dass ihr Vorhaben für den Vertretenen zweifellos vorteilhaft wäre oder es sich um Sachen von untergeordneter Bedeutung handelt. In Verlassenschaftsabhandlungen ist die Finanzprokuratur ermächtigt, Passivposten bis zur Höhe von 20 000 Euro auch ohne vorherige Zustimmung des Mandanten anzuerkennen, wenn sie nach sorgfältiger Prüfung zur Auffassung gelangt, dass die Forderung zu Recht besteht.

(8) Ohne nachweisliche Zustimmung der Finanzprokuratur ist es dem Mandanten nicht gestattet, ihre schriftlichen Erledigungen in laufenden Verfahren an Dritte weiterzugeben.

Grundsätze bei der Auftragserfüllung

§ 5. Die Finanzprokuratur ist in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zur Wahrung der Interessen des Staates in rechtlichen Belangen berufen. Sie ist dabei zur umfassenden Interessenwahrung verpflichtet und hat mit der erforderlichen Sorgfalt und Umsicht vorzugehen.

Vollmacht und Substitution

§ 6. (1) Im Außenverhältnis ist die Einschreitungsbefugnis der Finanzprokuratur unbeschränkt.

(2) Die Berufung der Finanzprokuratur auf ihre Bevollmächtigung ersetzt in allen Verfahren vor Gerichten oder Verwaltungsbehörden deren urkundlichen Nachweis.

(3) Jeder mit einer Amtslegitimation versehene Bedienstete der Finanzprokuratur ist zum Einschreiten für diese ermächtigt, und zwar auch dann, wenn nach den jeweiligen Verfahrensvorschriften die Vertretung durch einen Rechtsanwalt geboten ist.

(4) Sofern ein Mandant nicht ausdrücklich einer Substitution widerspricht, kann die Finanzprokuratur mit ihrer Vertretung auch einen Rechtsanwalt und in den Fällen, in denen sich Parteien sonst nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (insb. § 27 Zivilprozessordnung [ZPO], RGBl. Nr. 113/1895; § 10 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 [AVG], BGBl. Nr. 51), auch einen Bediensteten einer anderen öffentlichen Dienststelle betrauen. Die Betrauung durch die Finanzprokuratur ist durch Vorlage einer Legitimation nachzuweisen.

(5) Soweit keine Anwaltspflicht besteht, sind die Finanz- und Zollämter ermächtigt, zur Sicherung und Einbringung von Steuern, Gebühren, Zöllen und sonstigen öffentlichen Abgaben in Vertretung der Finanzprokuratur bei den Gerichten einzuschreiten. Ungeachtet dessen kann die Finanzprokuratur die Vertretung jederzeit für sich in Anspruch nehmen.

Haftung

§ 7. (1) Der Bund haftet für das der Finanzprokuratur zurechenbare Verhalten.

(2) Der Bedienstete, der den Schaden verursacht hat, haftet Dritten nicht unmittelbar. Der Bund kann ihn unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (DHG), BGBl. Nr. 80/1965, wie ein Versicherer in Anspruch nehmen.

Kosten- und Barauslagenersatz

§ 8. (1) Der Finanzprokuratur gebührt der Zuspruch der Kosten gleich einem Rechtsanwalt, und zwar auch dann, wenn sie sich durch einen Bediensteten einer anderen Dienststelle vertreten lässt oder diese für sie nach § 6 Abs. 4 oder 5 einschreitet.

(2) Die von der Finanzprokuratur vertretenen Rechtsträger sind verpflichtet, ihr die gesamten durch die Vertretung entstandenen Barauslagen zu ersetzen, sofern diese Auslagen nicht ohne erheblichen Aufwand von der Gegenpartei hereingebracht werden können. Dessen ungeachtet kann die Finanzprokuratur einen angemessenen Vorschuss auf die Barauslagen begehren.

(3) Die Finanzprokuratur hat von ihren vom Bund verschiedenen Mandanten für ihre Tätigkeit zusätzlich zum Barauslagenersatz ein angemessenes Entgelt gemäß §§ 49 und 49a Bundeshaushaltsgesetz (BHG), BGBl. Nr. 213/1986, zu fordern.

Kollision

§ 9. (1) Wird die Finanzprokuratur in derselben Sache von zwei Mandanten beauftragt, deren Interessen einander widerstreiten, so hat sie,

           1. wenn sie den einen von ihnen obligatorisch, den anderen nur im Einvernehmen zu vertreten oder zu beraten hätte, nur für den erstgenannten Mandanten einzuschreiten;

           2. im Fall der Beratung und Vertretung im Einvernehmen und auf Verlangen, wenn nur einer der beiden Mandanten dem in § 3 Abs. 1 umschriebenen Personenkreis angehört, nur für diesen tätig zu werden;

           3. im Fall der Beratung und Vertretung im Einvernehmen, wenn beide Mandanten dem in § 3 Abs. 4 und Abs. 5 umschriebenen Personenkreis angehören, nur einen zu beraten und zu vertreten.

(2) Unbeschadet dessen kann die Finanzprokuratur auf Verlangen zweier oder mehrerer Mandanten an einer einvernehmlichen Lösung mitwirken oder ein Schiedsgutachten erstatten.

3. Abschnitt

Aufbau der Finanzprokuratur

§ 10. (1) Die Finanzprokuratur wird von ihrem Präsidenten geleitet, der zumindest jene Voraussetzungen zu erfüllen hat, die für die Bestellung zum Prokuraturanwalt erforderlich sind.

(2) Im Fall seiner Verhinderung obliegt die Vertretung dem an Lebensjahren ältesten Leitenden Prokuraturanwalt.

(3) Die Organisation der Finanzprokuratur hat jedenfalls ein Präsidium, die notwendige Anzahl von nach sachlichen Kriterien gegliederten Geschäftsfeldern, denen jeweils ein Leitender Prokuraturanwalt vorsteht, eine für das Rechnungswesen verantwortliche Organisationseinheit sowie einen entsprechenden Sekretariats- und Hilfsdienst vorzusehen, wobei die nähere innere Organisation in einer Geschäftsverteilung durch den Präsidenten festzulegen ist.

(4) Die Prokuraturanwälte sind vom Präsidenten den Geschäftsfeldern und dem Präsidium zuzuteilen.

(5) Die Zuteilung der Prokuraturanwälte zu den einzelnen Geschäftsfeldern ist vom Leiter der Finanzprokuratur so vorzunehmen, dass eine möglichst gleichmäßige Auslastung aller Prokuraturanwälte erreicht werden kann.

(6) Ein dem Präsidium zugeteilter Prokuraturanwalt trägt die Funktionsbezeichnung Präsidialanwalt. Neben den Aufgaben eines Prokuraturanwaltes hat er zudem den Präsidenten bei allgemeinen, die Dienststelle betreffenden Angelegenheiten umfassend zu unterstützen.

(7) Die einlangenden Geschäftsfälle sind auf die einzelnen Geschäftsfelder entsprechend der vom Präsidenten zu erlassenden Geschäftsverteilung aufzuteilen.

4. Abschnitt

Besondere Bestimmungen für den Anwaltsdienst

Prokuraturanwalt

§ 11. (1) Die im Anwaltsdienst der Finanzprokuratur tätigen Bediensteten haben unbeschadet der allgemeinen Anstellungserfordernisse, binnen fünf Jahren vom Zeitpunkt des Eintritts in den Anwaltsdienst der Finanzprokuratur die erfolgreiche Ablegung der Rechtsanwalts- und der Prokuraturprüfung nachzuweisen, anderenfalls das Dienstverhältnis endet.

(2) Nach erfolgreicher Ablegung der Rechtsanwalts- und der Prokuraturprüfung sowie nach Ablauf einer daran anschließenden Praxiszeit von drei Jahren in der Finanzprokuratur ist der Bedienstete im Anwaltsdienst zum Prokuraturanwalt zu bestellen. Die Bestellung zum Prokuraturanwalt unterliegt nicht dem Ausschreibungsgesetz 1989 (AusG), BGBl. Nr. 85. In besonders begründeten Fällen kann die erforderliche Praxiszeit vom Präsidenten um die Hälfte verkürzt oder bis auf das Zweifache verlängert werden.

(3) Mit der Bestellung ist der Prokuraturanwalt einem Geschäftsfeld oder dem Präsidium zuzuteilen und hat die ihm obliegenden Aufgaben innerhalb des Geschäftsfeldes selbständig und eigenverantwortlich wahrzunehmen. Daneben kann der Prokuraturanwalt mit der geschäftsfeldübergreifenden umfassenden Betreuung von Mandanten betraut werden (Kundenbetreuer).

Leitender Prokuraturanwalt

§ 12. (1) Jedem Geschäftsfeld steht ein Leitender Prokuraturanwalt vor. Ihm obliegt die unmittelbare Dienst- und Fachaufsicht über die im jeweiligen Geschäftsfeld tätigen Bediensteten, insbesondere

           1. die Koordination der Aufgabenerfüllung im Geschäftsfeld,

           2. die Erstellung und regelmäßige Anpassung von Grundsätzen für die Verteilung der Geschäftsfälle im Zusammenwirken mit den im Geschäftsfeld tätigen Prokuraturanwälten,

           3. die Führung der jährlichen Mitarbeitergespräche und Teamarbeitsgespräche im Sinne des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333,

           4. die Festlegung konkreter Leistungsziele unter Einbeziehung der Bediensteten des Geschäftsfeldes und die anschließende Verhandlung der Zielvereinbarung mit dem Präsidenten der Finanzprokuratur,

           5. die Erstellung eines jährlichen Konzepts über die Weiterbildung der Bediensteten des Geschäftsfeldes,

           6. die Umsetzung des vom Präsidenten erstellten Fortbildungsprogramms;

           7. die Ausbildung der Bediensteten, die noch nicht die Grundausbildung beendet haben, im Zusammenwirken mit den Prokuraturanwälten des Geschäftsfeldes.

(2) Der Leitende Prokuraturanwalt kann vom Präsidenten durch Bescheid oder bei privatrechtlich begründeten Dienstverhältnissen durch schriftliche Erklärung von seiner Funktion abberufen werden, wenn er die Aufgaben nach Abs. 1 nachhaltig mangelhaft wahrnimmt oder schwerwiegend verletzt. Mit der Abberufung von dieser Funktion ist der Verlust von damit verbundenen Zulagen und Nebengebühren verbunden; unbeschadet dessen bleibt er Prokuraturanwalt.

(3) Die Funktion des Leitenden Prokuraturanwaltes ist auszuschreiben. Die Bestimmungen des AusG sind anzuwenden. Der Leitende Prokuraturanwalt hat jedenfalls die Voraussetzungen für die Bestellung zum Prokuraturanwalt zu erfüllen.

Ausbildung

§ 13. (1) Die Grundausbildung soll die für den anwaltlichen Dienst bei der Finanzprokuratur erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten, insbesondere auf den Gebieten der Rechtsvertretung und Rechtsberatung, vermitteln, erweitern und vertiefen.

(2) Der Auszubildende ist tunlichst in verschiedenen Geschäftsfeldern zu verwenden.

(3) Gegenstände der Grundausbildung sind

           1. Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht (Unternehmens- und Wertpapierrecht, Immaterialgüterrecht, gewerblicher Rechtsschutz, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsrecht), einschließlich des zivilgerichtlichen Verfahrensrechts sowie Grundzüge des Internationalen Privatrechts und des Europarechts;

           2. Verfassungsrecht, Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, Grundzüge des Verwaltungsrechts und des Verwaltungsverfahrensrechts;

           3. Grundzüge des Abgabenrechts;

           4. Rechte und Pflichten der Bundesbediensteten;

           5. für den anwaltlichen Dienst bei der Finanzprokuratur in besonderem Maße bedeutsame Rechtsvorschriften.

(4) Die Grundausbildung kann in Form der Schulung am Arbeitsplatz, der praktischen Verwendung, des Selbststudiums und des Besuches von Seminaren und Lehrgängen (einschließlich elektronischer Medien) erfolgen.

(5) Auf die Grundausbildung sind der Besuch von Übungskursen zur Ausbildung von Richteramtsanwärtern gemäß § 14 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG), BGBl. Nr. 305/1961, sowie der Besuch von Ausbildungsveranstaltungen für Rechtsanwaltsanwärter gemäß der nach § 37 Z 3 RAO erlassenen Ausbildungsrichtlinie anzurechnen.

Prokuraturprüfung

§ 14. (1) Die Prüfung für den Finanzprokuraturdienst besteht aus einem schriftlichen und mündlichen Teil.

(2) Die schriftliche Prüfung ist als Klausurarbeit abzuhalten und darf nicht länger als acht Stunden dauern. Mit der schriftlichen Prüfung hat der auszubildende Bedienstete nachzuweisen, dass er in der Lage ist, eine eingehende rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes aus dem Gebiet der unter § 13 Abs. 3 Z 1 oder Z 2 angeführten Gegenstände der Grundausbildung vorzunehmen.

(3) Die mündliche Prüfung ist vor einem Prüfungssenat abzulegen und umfasst die Gegenstände der Grundausbildung.

(4) Über die erfolgreiche Absolvierung der schriftlichen und mündlichen Prüfung entscheidet der Prüfungssenat mit Stimmenmehrheit. Stellt der Prüfungssenat darüber hinaus fest, dass der Prüfungserfolg in bestimmten Gegenständen als ausgezeichnet zu bewerten ist, so sind der Angabe des Prüfungserfolges die Worte „mit Auszeichnung aus …“ anzufügen. Über die bestandene Prüfung ist ein Zeugnis auszustellen.

(5) Eine nicht bestandene Gesamtprüfung kann zweimal wiederholt werden.

(6) Der Prüfungssenat besteht aus einem Vorsitzenden und vier weiteren Mitgliedern.

(7) Vorsitzender des Prüfungssenates ist der Präsident oder ein Leitender Prokuraturanwalt; er hat zumindest einen Gegenstand der mündlichen Prüfung zu prüfen. Der Präsident bestimmt die Mitglieder des Prüfungssenates, dabei sind jedenfalls ein Richter oder ein Bediensteter des Bundesministeriums für Justiz und ein weiterer Bediensteter der Finanzprokuratur vorzusehen.

Rechtsanwaltsprüfung

§ 15. Die Rechtsanwaltsprüfung ist entsprechend den Bestimmungen des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes (RAPG), BGBl. Nr. 556/1985, abzulegen.

5. Abschnitt

Dienst- und besoldungsrechtliche Bestimmungen

Allgemeines

§ 16. Für die Finanzprokuratur gelten die dienstrechtlichen und besoldungsrechtlichen Bestimmungen für die Bediensteten des Bundes (insbesondere BDG 1979, Gehaltsgesetz 1956 [GehG], BGBl. Nr. 54, Vertragsbedienstetengesetz 1948 [VBG], BGBl. Nr. 86) insoweit, als dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

Dienst- und Fachaufsicht

§ 17. (1) Die Finanzprokuratur ist Dienstbehörde erster Instanz und Personalstelle im Sinne des VBG.

(2) Dem Präsidenten kommt die Dienst- und Fachaufsicht über alle Bediensteten zu. Unbeschadet der den Leitenden Prokuraturanwälten gemäß § 12 Abs. 1 zukommenden Rechte und Pflichten kann der Präsident Leiter von Organisationseinheiten außerhalb der einzelnen Geschäftsfelder mit der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht betrauen.

(3) Die Dienst- und Fachaufsicht in Personal- und Disziplinarangelegenheiten über die Finanzprokuratur obliegt dem Bundesminister für Finanzen.

Aus- und Weiterbildung

§ 18. (1) Unter Beachtung der besonderen Anstellungserfordernisse sind alle Bediensteten der Finanzprokuratur verpflichtet, die nach §§ 26 ff BDG 1979, § 67 VBG sowie nach diesem Bundesgesetz vorgesehene Grundausbildung zu absolvieren und die Dienstprüfungen erfolgreich abzulegen.

(2) Neben der Verpflichtung zum erfolgreichen Abschluss der Grundausbildung haben sich alle Bediensteten der Finanzprokuratur gemäß einem vom Präsidenten zu erstellenden Fortbildungsprogramm weiterzubilden. Bei dessen Erstellung ist auf die allgemeinen dienstlichen Erfordernisse und die Anforderungen des Arbeitsplatzes Rücksicht zu nehmen. Die Weiterbildung ist nachzuweisen.

(3) Für den Fall der Auflösung des Dienstverhältnisses sind die Kosten der Aus- und Weiterbildung entsprechend § 20 Abs. 4 BDG 1979 oder § 30 Abs. 5 VBG rückzuerstatten. Von der Rückersatzverpflichtung kann in begründeten Fällen durch den Präsidenten abgesehen werden.

Konkurrenzklausel

§ 19. Einem aus dem Prokuraturdienst ausgeschiedenen Prokuraturanwalt ist es nicht gestattet, innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nach seinem Ausscheiden einen Mandanten der Finanzprokuratur, für den er Kundenbetreuer war, selbständig rechtlich zu beraten oder zu vertreten.

Heim- und Telearbeit

§ 20. (1) Für die Finanzprokuratur gelten die Dienstzeitbestimmungen der §§ 47a bis 51 BDG 1979. In der Geschäftsverteilung sind hiezu nähere Regelungen im Sinne des § 48 Abs. 3 BDG 1979 zu erlassen.

(2) Soweit nicht dienstliche oder sonstige öffentliche Interessen entgegenstehen, kann der Präsident Bediensteten der Finanzprokuratur gestatten, bestimmte Aufgaben außerhalb ihrer Dienststelle zu besorgen, wenn

           1. sich der Bedienstete hinsichtlich Arbeitserfolg, Einsatzbereitschaft und der Fähigkeit zu selbständigem Arbeiten bewährt hat,

           2. die Erreichung des vom Bediensteten zu erwartenden Arbeitserfolges durch ergebnisorientierte Kontrollen festgestellt werden kann und

           3. für den Dienstgeber durch diese Art der Dienstverrichtung kein erheblicher Mehraufwand entsteht.

(3) Die Bediensteten haben die für die Wahrung der Amtsverschwiegenheit und anderer Geheimhaltungspflichten erforderlichen Vorkehrungen zu treffen und ihre telefonische Erreichbarkeit an diesen Tagen sicherzustellen.

(4) Macht der Präsident von dieser Möglichkeit Gebrauch, so hat er mit Dienstanweisung die Voraussetzungen für die Besorgung von Aufgaben außerhalb der Dienststelle zu regeln. Insbesondere sind zur Erreichung der Ziele und zur Erhaltung des ordentlichen Dienstbetriebes

           1. die erforderlichen Anwesenheitspflichten an der Dienststelle und

           2. der Ablauf dieser Art der Dienstverrichtung festzulegen.

(5) Der Bedienstete hat keinen Rechtsanspruch auf den Ersatz von Kosten, die ihm durch die Ausübung von Tele- oder Heimarbeit entstehen.

6. Abschnitt

Schluss- und Übergangsbestimmungen

Verweisungen auf andere Rechtsvorschriften

§ 21. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Personenbezogene Bezeichnungen

§ 22. Die in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Ausdrücke umfassen Frauen und Männer gleichermaßen.

Übergangsbestimmungen

§ 23. (1) Sämtliche im Anwaltsdienst der Finanzprokuratur stehenden Bediensteten, die mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes sowohl die gesetzlich oder vertraglich vorgesehene Prokuratur- als auch die Rechtsanwaltsprüfung erfolgreich absolviert haben, haben ab diesem Zeitpunkt die Stellung und Funktion eines Prokuraturanwaltes. Aus der Gesamtheit der Prokuraturanwälte sind die erforderliche Anzahl von Leitenden Prokuraturanwälten und ein dem Präsidium zuzuteilender Prokuraturanwalt zu bestellen. Dem bestellten Präsidenten kommt weiterhin diese Funktion zu.

(2) Soweit die Besetzung von Funktionen den Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes unterliegt, ist die Ausschreibung so zeitgerecht vorzunehmen, dass eine Besetzung jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes erfolgen kann.

Vollzugsklausel

§ 24. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Finanzen betraut.

In-Kraft-Treten

§ 25. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme des § 23 am 1. Jänner 2009 in Kraft.

(2) Mit diesem Zeitpunkt tritt das Prokuraturgesetz, StGBl. Nr. 172/1945, außer Kraft.