657 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (590 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz - SMG und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG geändert werden (SMG-Novelle 2008)

 

Probleme und Ziele des Entwurfs:

Ausgangspunkt für die vorgeschlagenen Änderungen des Suchtmittelgesetzes (SMG) ist die Tatsache, dass das SMG in verschiedenen Bereichen mit geltendem EU- bzw. nationalem Recht nicht mehr im Einklang steht. Darüber hinaus ist die Gewinnung des medizinisch zum Einsatz kommenden Wirkstoffes Delta-9-Tetrahydrocannabinol im Wege des Anbaus von dem Suchtmittelrecht unterliegenden Cannabispflanzen derzeit nicht erlaubt. Im Bereich der Substitutionsbehandlung besteht ein Spannungsverhältnis zwischen den Datenschutzerfordernissen und den Erfordernissen einer koordinierten Gesamtbetreuung im Rahmen eines berufsgruppenübergreifenden Betreuungsnetzwerks. Es besteht Änderungsbedarf im Bereich des Substitutionsmonitorings sowie im Bereich der Überwachung der Gebarung und des Verkehrs mit Suchtmitteln. Die zentrale Evidenz personenbezogener Suchtmitteldaten entspricht nicht den heutigen Anforderungen an eine effiziente Datenverwaltung.

Inhalt:

Die vorgeschlagenen Änderungen beinhalten die Anpassung des Suchtmittelgesetzes an geltendes EU- sowie nationales Recht; die Ermöglichung des Cannabisanbaus zur Wirkstoffgewinnung für die Arzneimittelherstellung, wobei diese Tätigkeit ausschließlich im Rahmen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH und unter Aufsicht und Kontrolle der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend zulässig sein soll; die Verankerung eines bundesweiten Substitutionsmonitorings und die Regelung des Informationsaustausches innerhalb einer koordinierten Gesamtbetreuung des Substitutionspatienten im Rahmen eines berufsgruppenübergreifenden Betreuungsnetzwerks; die Schaffung der Rechtsgrundlagen für die Nutzung der Möglichkeiten des E‑Governments im Rahmen der zentralen Suchtmittel-Datenevidenz; die Übertragung der Überwachung der zum Besitz und Verkehr mit Suchtmitteln berechtigten Betriebe und Einrichtungen an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen.

Alternativen:

Soweit die Anpassung des Suchtmittelgesetzes an die Entwicklungen des Gemeinschaftsrechtes betroffen ist, keine; betreffend die übrigen Änderungsvorschläge Beibehaltung der bisherigen (als unbefriedigend zu wertenden) Rechtslage.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

- Finanzielle Auswirkungen:

Im Zusammenhang mit der Schaffung der Voraussetzungen für die Nutzung der Möglichkeiten des E‑Governments im Rahmen der zentralen Suchtmittel-Datenevidenz ist im Bereich des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend für die Entwicklung und Implementierung des erforderlichen elektronischen Dokumentationssystems ein Aufwand in Höhe von rund 250.000 Euro zu veranschlagen.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

-- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen

In § 8a wird eine Meldepflicht für Ärzte und Ärztinnen normiert. Diese verursacht jedoch keine wesentlichen Auswirkungen auf die Verwaltungslasten von Unternehmen.

- Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

EU-Konformität ist gegeben.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Die Zustimmung der Bundesländer zur Kundmachung ist gemäß Art. 102 Abs. 4 B-VG erforderlich.

 

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 01. Juli 2008 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Dr. Kurt Grünewald, Dr. Sabine Oberhauser, Barbara Riener, Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Petra Bayr, Mag. Gertrude Aubauer sowie die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Gertrude Aubauer, Dr. Sabine Oberhauser, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„ Zu Z 1 (Art. I Z 19, § 8a Abs. 1):

Mit der Änderung im § 8a Abs. 1 soll verdeutlicht werden, dass die ärztliche Meldepflicht hinsichtlich des Behandlungsendes bei dem betreffenden Arzt nur dann zum Tragen kommen kann, wenn dieser – beispielsweise weil er den Patienten zur Weiterbehandlung an einen anderen Arzt weiterverwiesen oder der Patient ihn von der Beendigung der weiteren Inanspruchnahme seiner Behandlung in Kenntnis gesetzt hat – Kenntnis davon erlangt hat, dass die Behandlung (bei ihm) nicht mehr fortgesetzt wird.

Zu Z 2 (Art. I Z 40, § 24 Z 1):

Die Bestimmung wurde gegenüber der Fassung der Regierungsvorlage dahin berichtigt, dass neben den wegen Verstößen gegen dieses Bundesgesetz anhängigen Verfahren und den gesundheitsbehördlichen Begutachtungen wegen Suchtgiftmissbrauchs auch die für Zwecke der Auskunfterteilung an die Staatsanwaltschaften und Gerichte benötigten Verurteilungen und Straferkenntnisse sowie die über beschlagnahmte oder eingezogene Vorräte an Suchtmitteln oder Drogenausgangsstoffen getroffenen Entscheidungen und Verfügungen evident zu halten sind.

Z 3 bis 5 (Art I, Z 40, § 25 Abs. 9, § 26 Abs. 1 Z 5 und Abs. 2 Z 4):

Die Bestimmungen knüpfen am § 25 Abs. 1 Z 5 des geltenden Suchtmittelgesetzes an, welcher ein Auskunftsrecht aus dem Suchtmittelregister für den Landeshauptmann und das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vorsieht, soweit für diese die Daten im Einzelfall zur Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften erforderlich sind.

Die Regierungsvorlage sah zunächst den Entfall dieses Auskunftsrechts vor, weil im Rahmen der Vollziehung gewerberechtlicher Vorschriften in der Praxis keine Datenabfragen erfolgten und somit davon auszugehen war, dass es sich um totes Recht handelt; damit sollten, den Intentionen des Datenschutzes entsprechend, die Auskunftsrechte betreffend personenbezogene Daten auf das unbedingt notwendige Maß eingeschränkt werden.

Anlässlich der Behandlung der gegenständlichen Vorlage im 55. Ministerrat am 28.5.2008 kamen der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend überein, ‚dass die Frage der Zulässigkeit der Übermittlung von Daten des Suchtmittelregisters an die Gewerbebehörden zum Zweck der Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften dahingehend geprüft wird, dass die Aufnahme einer Bestimmung, nach der den Gewerbebehörden weiterhin eine diesbezügliche Auskunft erteilt werden kann, im Wege eines Abänderungsantrages im zuständigen Ausschuss zu klären ist’ (55. Ministerrat 28.5.2008, Protokollanmerkung).

Hintergrund ist der Umstand, dass gemäß § 13 Abs. 1 zweiter Satz der GewO 1994 natürliche Personen von der Ausübung des Gastgewerbes ausgeschlossen sind, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen einer Übertretung der §§ 28 bis 31a des Suchtmittelgesetzes vorliegt. Eine solche ungetilgte gerichtliche Verurteilung bildet auch dann einen Gewerbeausschlussgrund, wenn keine strengere Strafe als eine höchstens dreimonatige Freiheitsstrafe verhängt worden ist, jedoch unterliegen solche Strafen gem. § 6 Abs. 2 Z 1 des Tilgungsgesetzes 1972 der Auskunftsbeschränkung und sind daher von der Auskunft aus dem Strafregister ausgenommen.

Da zur Sicherstellung der Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften weiterhin Bedarf nach dem entsprechenden Auskunftsrecht aus dem Suchtmittelregister gesehen wird, räumt der vorliegende Abänderungsantrag ein solches Auskunftsrecht mit der Maßgabe, dass anstelle des Landeshauptmannes jeweils die Bezirksverwaltungsbehörde als Gewerbebehörde auskunftsberechtigte Behörde sein soll, wieder ein. Die Prüfung, ob der Ausübung des Gastgewerbes ein Ausschlussgrund entgegensteht, hat nämlich auf Grund der Gewerbeanmeldung durch die Bezirksverwaltungsbehörde als Gewerbebehörde zu erfolgen. Dem Landeshauptmann kommt in erster Instanz keine Zuständigkeit zu. Als Rechtsmittelinstanz ist ein Auskunftsrecht des Landeshauptmannes nicht erforderlich, da jeweils zu prüfen ist, ob der Gewerbeausschlussgrund im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung gegeben war.

Es ist aber vorgesehen, dass das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend für diesen Auskunftszweck, der analog den Auskunftsrechten der Militär- und Zivildienstbehörden nicht zur Vollziehung des Suchtmittelgesetzes dient, keinen Online-Zugriff auf das Register im Rahmen des Behörden-Portalverbundes einräumen darf. Anfragen sollen zwar online erfolgen können, doch hat das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend jedes einlangende Ansuchen zu prüfen, ob die zur Abfrage berechtigenden Gründe im Sinne des § 26 Abs. 1 Z 5 im Einzelfall vorliegen, andernfalls keine Auskunft erteilt werden darf.“

 

Ein von den Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Abänderungsantrag fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Gertrude Aubauer, Dr. Sabine Oberhauser, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Dietmar Keck gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2008 07 01

                                   Dietmar Keck                                                 Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau