Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

des Abgeordneten Dr. Peter Pilz

zum Bericht des Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Vertuschung von Polizeiaffären und des Missbrauchs der politischen Macht insbesondere im Bundesministerium für Inneres, aber auch in den Bundesministerien für Justiz, für Finanzen und für europäische und internationale Angelegenheiten (129/GO)

 

Ergebnisse der Ausschussarbeit

 

A) Ergebnisse der Befragungen

zu den Beweisthemen 1.1. (Missbrauch der BAWAG-Ermittlungen durch die ÖVP im NRW-Wahlkampf 2006 im BMI), 1.2. (Aufklärung, ob diese Unterlagen vom KBM gezielt an Medien weiter gegeben wurden) und 1.3. (Aufklärung, ob in diesem Zusammenhang auch in anderen Bundesministerien - insbesondere im Bundesministerium für Finanzen und im Bundesministerium für Justiz - gezielt Material für den Wahlkampf gegen die SPÖ angefordert und an Medien weiter gegeben wurde)

 

Der Ausschuss hatte zuallererst die Frage zu beantworten, ob die BAWAG-Ermittlungen des Bundeskriminalamtes im Nationalratswahlkampf 2006 von der ÖVP gegen die SPÖ missbraucht worden sind. Dazu konnte der Ausschuss feststellen:

 

●      Es gab keinen Auftrag des Staatsanwalts zur Untersuchung möglicher illegaler Geldflüsse von der BAWAG an die SPÖ. Am 8.6.2006 verfügte StA Krakow, Informationen bezüglich derartiger Geldflüsse „in Evidenz zu halten“.

●      Es gab auch weder in der StA noch im BMI einen konkreten Tatverdacht.

●      Im Rahmen der Soko BAWAG wurden trotzdem Ermittlungen gegen die SPÖ angeordnet und geführt.

●      Über die Ermittlungsergebnisse wurde am 6.6., am 12.6., am 18.7., am 19.9., am 21.9., am 27.9. und am 28.9.2006 in der Linie über BKA-Direktor Haidinger und GD Buxbaum an Kabinettschef Ita berichtet.

●      Ita selbst konnte sich bei seiner Einvernahme vor der Soko-Marent nur an ein E-Mail erinnern: „Ich habe ein E-Mail, das der Leiter der SOKO BAWAG, Dr. Salomon, am 03.06.2006, an Mag Zwettler und Dr Haidinger absetzt. Dieses Mail habe ich schlussendlich vom GD BUXBAUM kommentarlos zur Information erhalten. Ich lege dieses Mail samt Anhang des Dr. Salomon vor und stelle es zur Verfügung. Ich war mit der Sachlage nicht vertraut und habe auch keine Kenntnis inwieweit die Ressortleitung einen derartigen Wunsch geäußert hat. Ergänzend möchte ich dazu anführen, dass gerade zu diesem Zeitpunkt das Ende der österreichischen EU-Präsidentschaft anstand (30.06.2006) und ich mit Gesprächen auf internationaler Ebene zur Erreichung der Ziele Österreichs intensivst befasst war. Dadurch war ich innerhalb der EU sehr viel unterwegs.

●      Für diese Ermittlungen ohne Auftrag der StA wurde durch das KBM der stv. Leiter des LKA OÖ, Walter Folger, bestimmt. Folger wurde in der Folge von BKA-Direktor Haidinger mit der operativen Leitung aller BAWAG-Ermittlungen betraut. Als sich Anfang August 2006 herausstellte, dass die Suche nach illegalen Geldflüssen ergebnislos geblieben war, wurde die Tätigkeit von Folger beendet.

●      Pilsl bestellte in diesem Zusammenhang Folger zweimal zu sich ins KBM und hielt mit ihm telefonisch Kontakt. Damit wurde die Linie umgangen.

●      Haidinger berichtete dem Ausschuss, dass er seine Anweisungen von Pilsl erhalten habe. Die Befragungen und Unterlagen haben das bestätigt.

●      BKA-Direktor Haidinger wies am 27.6.2006 seine Beamten an, in Richtung „Untreue“ zu ermitteln. In der Folge wurden BAWAG-Konten untersucht und Geschäftsunterlagen kopiert.

●      Unter der Leitung von Pilsl und Ita wurden drei Versuche unternommen, verwertbare Informationen gegen die SPÖ zu beschaffen: zwischen 3.6. und 6.8.2006 in Wien, zwischen 16. und 21.9.2006 in Frankreich und von 27. bis 28.9.2006 in Liechtenstein.

●      In allen drei Fällen waren die Ergebnisse negativ. Auch am Ende der gezielten Ermittlungen stand wie am Anfang kein Tatverdacht.

 

Es ist damit erweisen, dass das KBM während des NR-Wahlkampfes 2006 im Interesse der ÖVP polizeiliche Sonderermittlungen gegen die SPÖ durchführen ließ. Die Soko BAWAG ist damit durch Mitarbeiter des Kabinetts der Innenministerin im Interesse der ÖVP für ein politisches Ziel missbraucht worden.

 

●      Ergebnisse dieser Ermittlungen wurden unter Bruch des Amtsgeheimnisses an Medien weiter gegeben. (Beweisthema 1.2.)

●      Mehrmals wurden Einvernahmetermine von Zeugen in der Sache BAWAG vorab den Medien bekannt, dies betraf etwa die Einvernahmen von Weninger, Verzetnitsch, Elsner und Zwettler, und zwar im Zeitraum April und Mai 2006.

●      Hausdurchsuchungstermine und Berichte über die Ereignisse in deren Verlauf wurden im Juni 2006 an die Medien gespielt

●      Daten, die auf einem bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmten Laptop gefunden wurden, wurden veröffentlicht. Dabei handelte es sich um Informationen über Wahlkampfspenden an die SPÖ.

●      Im September 2006 wusste NEWS bereits vor Dr. Haidinger, dass Dr. Vranitzky einvernommen wurde, und veröffentlichte am 14.9. umfangreiche Auszüge aus den Einvernahmen Vranitzky und Flöttl

●      Schließlich wird im September auch noch die Anklageschrift vorab veröffentlicht (s.u.)

 

Beweisthema 1.3.: Aufklärung, ob auch in anderen Bundesministerien, insbesondere im Bundesministerium für Finanzen und im Bundesministerium für Justiz – gezielt Material für den Wahlkampf gegen die SPÖ angefordert und an Medien weiter gegeben wurde.

 

Der Untersuchungsausschuss befasste sich in diesem Zusammenhang im Wesentlichen mit drei Themenbereichen:

 

a.      Der „Fragenkatalog“ des Finanzministers Grasser zur BAWAG - ÖGB

 

Hier konnte der Untersuchungsausschuss folgende Abläufe feststellen:

 

●      Anfang 2006 beauftragt der Rechnungshof-Unterausschuss (RH-UA) das BMF, einen Erhebungsbericht in der Frage vorzulegen, ob seitens des BMF, der OeNB sowie der FMA der Aufsichtspflicht hinsichtlich der BAWAG auftragsgemäß nachgekommen worden ist

●      27.03.2006: Prüfungsauftrag des BMF an den Vorstand der FMA, gem. §16 Abs 4 FMABG eine Prüfung durchzuführen

●      12.5.2006: Beamte des BMF beginnen, eine Fragensammlung zu erstellen

●      30.5.2006, 08:00 E-Mail KRAMER (Kabinett im BMF) an CHRISTL, BOIGENFÜRST, KLINGER, PRIBIL Übermittlung Fragenkatalog-Erstentwurf

●      30.5.2006, ca. 17:00: Besprechung im BMF: KRAMER, LEJSEK, WALLNER, MAERSCHALK (KBM), CHRISTL (OeNB), TRAUMÜLLER, PRIBIL, SCHÜTZ (FMA)

●      30.5.2006, 18:32 E-Mail KRAMER an CHRISTL, KLINGER, PRIBIL, WALLNER, TRAUMÜLLER : Übermittlung Fragenkatalog

●      Es werden darin Ermittlungsziele vorgegeben und in Klammern wird die Arbeitsaufteilung festgehalten:

        „1. Keine Verfehlungen der Behörden (FMA)

           2. Netzwerk der SPÖ verantwortlich für den Schaden ind er BAWAG und im ÖGB à keine Wirtschaftskompetenz (OeNB)

           3. ÖVP/BZÖ Regierung rettet die BAWAG und 1,3 Mio. Menschen vor der Pleite“

●      31.5.2006, 09:25 E-Mail KLINGER an KRAMER
Übermittlung der ersten Ausarbeitung der Beantwortung durch die FMA
Endfassung morgen Mittag. Zusammen mit ein paar positiven Fragen-Antworten.

●      31.5.2006 bis 1.6.2006: E-Mail Korrespondenz zwischen KRAMER und KLINGER zur weiteren Abstimmung der Beantwortung

●      30.5.-1.6.06: Übermittlung der OeNB-Beantwortung

●      6.6.2006: GRASSER bekommt (erstmals) den Fragebogen in Form einer Informationsmappe vorgelegt

●      7.6.2006, 10:47 E-Mail KRAMER an TRAUMÜLLER, PRIBIL, KLINGER, CHRISTL
Das Kabinett übermittelt an die OeNB und die FMA eine „korrigierte Endfassung“, in welcher mehrere selbstkritische Passagen gestrichen worden sind. Die Änderungen erfolgten durch Mitarbeiter im BMF.

         „Anbei die korrigierte Endversion des Fragen und Antworten Paketes. Bitte NUR dieses verwenden.“

●      8.6.2006: Befragung GRASSER, PRIBIL, TRAUMÜLLER und CHRISTL im RH-UA BAWAG

         KRAMER ist als GRASSERs Vertrauensperson anwesend.

         ÖVP stellt Fragen, die denen im Fragebogen auffallend ähnlich sind

●      26.2.2007: Werner KOGLER (Grüne) legt im Banken-USA den Fragebogen (Erstentwurf) vor. Es handelt sich um den Erstentwurf der Fragen, der am 30.5.2006 um 8:00 vom BMF verschickt wurde.

●      5.3.2007: SPÖ bringt eine Sachverhaltsdarstellung gegen unbekannte Täter wegen §§12 iVm 302 StGB bei der Staatsanwaltschaft Wien ein. Themenkreise sind einerseits der Fragenkatalog, andererseits die Abfrage der Großkreditevidenz.

●      13.3.2007: Erhebungsauftrag der StA Wien (KLACKL) an das BIA (z.H. KREUTNER), GRASSER als Verdächtigen wg. §302 StGB sowie TRAUMÜLLER und CHRISTL als Zeugen zu vernehmen

●      17.4.2007: Zusammentreffen KREUTNER (bia) und GRASSER bei einer Veranstaltung in der Stadthalle Graz; GRASSER verweigert eine Einvernahme durch das bia und informiert KREUTNER, dass er mit dem StA Klackl direkt vereinbaren wird, eine Stellungnahme zu übermitteln;

●      8.10.2007: Nach Einvernahme der Zeugen Traumüller, Kramer und Klinger berichtet StA KLACKL an das BMJ seine Absicht, das Verfahren gg GRASSER sowie unbekannte Täter einzustellen. Die Zwischenversionen der „Fragenkataloge“ wurden durch den StA nicht beigeschafft, noch wurde versucht abzuklären, wer welche Änderungen aus welchen Motiven angebracht hat.

●      11.3.2008: Das BMJ genehmigt den Vorhabensbericht

●      Mai 2008: StA Klackl wird in das Bundesministerium für Justiz befördert

 

Damit hat der Ausschuss erwiesen, dass im Interesse und im Auftrag von BM Grasser der „Fragenkatalog“ in politischer Missbrauchsabsicht im Interesse der ÖVP verwendet worden ist.

 

b.     Die Weitergabe eines OeNB Prüfberichtes zum ÖGB an NEWS

 

●      Aufgrund der Haftungsübernahme der Republik für BAWAG / ÖGB wurde bei der OeNB ein Prüfbericht über die Vermögenslage des ÖGB in Auftrag gegeben.

●      Am 25.10.2006 wurde dieser Bericht fertiggestellt. Die Endfassung wurde dabei codiert, das heißt durch geringfügige, inhaltlich unbedeutende Textänderungen, wurden drei unterschiedliche Versionen des Berichtes hergestellt. Eine Version verblieb bei der OeNB, eine weitere Version erhielt HUNDSTORFER als ÖGB-Präsident, und die letzte Version erhielt in einfacher Ausführung BM GRASSER direkt vom OeNB-Präsidenten Liebscher übergeben.

●      Kurz darauf wurden Informationen aus dem Bericht in mehreren Medien (NEWS, Standard, Presse usw.) publiziert, die Herkunft war nicht feststellbar.

●      11.12.2006: NEWS publiziert im Artikel „Viel Rauch um Viel“ ein Faksimile des Prüfberichtes.

●      Noch am selben Tag prüft die OeNB das Faksimile und stellt fest: Das Faksimile stammt eindeutig von der (ausschließlich) an BM GRASSER übergebenen Version.

●      14.3.2007: Der Standard berichtet über diesen Umstand.

●      26.4.2007: Sachverhaltsdarstellung der SPÖ an die StA Wien betreffend Veröffentlichung des Prüfberichtes wegen Bruch des Amtsgeheimnisses

●      24.5.2007: StA KLACKL erteilt Ermittlungsaufträge an das BIA

●      21.6.2007 Die OeNB erstellt für das BIA eine neuerliche, ausführliche Analyse, ein sogenanntes „Codierungsgutachten“

●      20.11.2007: GRASSER wird vor dem Untersuchungsrichter einvernommen und gibt an, dass er den Prüfbericht im BMF an 10 Personen weitergegeben habe. Er wird nicht befragt an wen, noch wird versucht dies in nachfolgenden Ermittlungen aufzuklären.

●      23.11.2007: StA Klackl schlägt in seinem Vorhabensbericht vor, das Verfahren wegen Geheimnisverrats einzustellen.

●      11.3.2008: Das BMJ genehmigt diesen Vorhabensbericht.

●      Mai 2008: StA Klackl wird in das Bundesministerium für Justiz befördert.

 

Damit hat der Ausschuss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen, dass von BM Grasser bzw. seinen Mitarbeitern der OeNB-Prüfbericht in politischer Missbrauchsabsicht im Interesse der ÖVP an Medien weitergegeben worden ist.

 

 

c.      Veröffentlichung der BAWAG Anklage in NEWS

 

●      19.9.2006: StA Krakow stellt die Anklageschrift im BAWAG Verfahren fertig und übergibt diese der OStA Wien, wo sie von mehreren Beamten bearbeitet und eingesehen wird

●      20.9.2006: NEWS Artikel: „Anklage fertig“ erscheint. Redaktionsschluss war der 18.9.2006, damals war die Fertigstellung beinahe abgeschlossen. Die in NEWS behauptete Seitenzahl ist unrichtig.

●      27.9.2006: Der von der OStA korrigierte Anklagenentwurf wird dem BMJ vorgelegt, zuständig ist SC PÜRSTL, dieser gibt die Anklage an einen Referenten weiter

●      2.10.2006: Der Referent übergibt die bearbeitete Anklageschrift an JIROVSKY, den Stellvertreter von PÜRSTL

●      Am selben Tag fordert PÖCHINGER, der Pressesprecher im Kabinett der Justizministerin, zweimal – einmal kurz, einmal für zwei Stunden – die Anklageschrift von JIROVSKY an.

●      4.10.2006: In NEWS werden Teile der Anklageschrift abgedruckt. Ein Vergleich zeigt, dass Quelle offenbar die bereits im BMJ bearbeitete Fassung mit Korrekturen ist.

●      23.10.2006: Die Anklageschrift wird den Beschuldigten zugestellt.

●      Zur Abklärung der strafrechtlichen Verantwortung der Weitergabe der Anklageschrift aus dem BMJ ist derzeit noch ein gerichtliches Strafverfahren anhängig.

 

Die Untersuchungen des Ausschusses haben den Verdacht, dass es im Kabinett der BM für Justiz zur missbräuchlichen Weitergabe des Anklageentwurfs gekommen ist, verstärkt.

 

 

 

Beilage 1: Chronologie Beweisthema 1.1.

 

Am 3. Juni 2006 stößt die Soko BAWAG zum ersten Mal auf Geldflüsse von der BAWAG an die SPÖ. Eine Reihe von mails dokumentiert, wie aus Hinweisen eine gezielte Aktion zur Beschaffung von Material für das Kabinett der Innenministerin und gegen die SPÖ wurde.

 

3.6.   Soko-Leiter SALOMON an BKA/ZWETTLER: „Hr. Mag KRAKOW hat gestern bezüglich allfälliger Geldflüsse von der BAWAG an die SPÖ angefragt. Auf den angeschlossenen Bericht wird verwiesen.“

         Im Bericht steht: „BERICHTERSTATTUNG: Direkt wären solche Geldflüsse weder bekannt noch aufgefallen. Aufgrund der bis dato vorhandenen Erkenntnisse kann dies also nicht bestätigt werden.“ Salomon verweist aber auf einen Tagesordnungspunkt eines BAWAG-Vorstandsprotokolls bezgl. „Antrag auf Kreditvergabe an die SPÖ Oberösterreich über einen Betrag von ATS 5 Mio“… In diesem Zusammenhang konnte von den Ermittlungsbeamten auch festgestellt werden, dass der ÖGB als Eigentümer des Bankinstituts offene Schulden in Höhe von mehr als 1 Mrd. Euro hat.

 

Die Millionen an die oberösterreichische SPÖ sind die erste Spur. Am 6. Juni wird Kabinettschef ITA zum ersten Mal informiert.

 

6.6.   9.57. HAIDINGER an BUXBAUM: Info über mail von SALOMON an ZWETTLER. BUXBAUM verfügt die Weiterleitung an ITA.

 

         10.30. Systemadministrator an ITA. Anfrage von KRAKOW wegen Geldflüsse BAWAG an SPÖ

 

Am 8. Juni stößt die Soko auf weitere Hinweise, die die SPÖ betreffen. Am 12. Juni ist ITA voll informiert.

 

8.6.   AV FOLGER/BKA: „Ich habe im Rahmen der Ermittlungen in der BAWAG- Zentrale gemeinsam mit anderen Kollegen (Kollarits ua) die Protokolle der Vorstandssitzungen samt vorhandenen Beilagen hauptsächlich die Jahre 1998 und 1999 genau gesichtet. Gesucht wurde nach Schlüsselbegriffen wie REFCO oder Namen von ca. 40 „Karibik“-Firmen. Weiters nach anderen augenscheinlichen Unregelmäßigkeiten oder Eigenheiten die für die Ermittlungen relevant sein könnten.

         Dabei ist mir aufgefallen, dass bei allen Kreditanträgen und Vergaben die in Millionenhöhe (Schilling) getätigt wurden – Zustimmung Vorstand – es immer Sicherheiten gab. Lediglich bei der Kreditvergabe an die Bundesgeschäftsstelle der SPÖ, Löwelstrasse, Wien schienen nie Sicherheiten auf und war in dem Antragsformular unter der Rubrik Sicherheiten lediglich „blanko“ angeführt. Soweit mit noch in Erinnerung waren es 1998 und 1999 mehrere Kreditfälle (Aufstockungen) mit letztlich einem Gesamtvolumen von glaublich 60-70 Millionen Schilling.

 

12.6. HAIDINGER leitet mail vom 9.6. (FOLGER an SALOMON) an BUXBAUM weiter. Mail: „Hatte gestern kurzen telefonischen Kontakt mit Mag. KRAKOW bezüglich Fragenprogramm Aufsichtsräte – habe dabei kurz meinen Wissensstand bezüglich Anfrage der StA wegen SPÖ-Geldflüsse mitgeteilt. Siehe AV. Ich möchte nichts hervorheben aber auch auf Anfrage nichts verschweigen.“

         10.27. BUXBAUM sendet mail an ITA weiter.

 

14.6. FOLGER legt einen AV an: „Betreffend eventueller Unregelmäßigkeiten bei der Handhabung von Krediten seitens der BAWAG an die SPÖ wurden am 13.6.2006 von Beamten des BKA-Soko-Flip die folgenden Vorstandsprotokolle gesichtet: …

         Es wurden zwar mehrere Kreditvergaben an die SPÖ mit dem Vermerk „blanko“ unter der Rubrik Sicherheiten vorgefunden, aber es waren auch bei anderen Kreditnehmern der Vermerk „blanko“ vorhanden….

         Es konnten daher keine Hinweise auf eine „Sonderstellung“ der SPÖ gefunden werden.

         Eine nähere Erhebung bei den Kreditvergaben (Prüfung von Kreditverträgen, Kontoauszüge betr. Rückführung) entbehrt derzeit jeglicher Verdachtslage.“

 

27.6. 11.34. FOLGER an HAIDINGER cc: SALOMON: „anbei AV Geldfluss SPÖ

 

         13.56. Hinweise auf nicht besicherte BAWAG-Kredite an SPÖ liegen vor. HAIDINGER an FOLGER und SALOMON: „Bitte prüfen Sie folgende Sache: Unter welchen Voraussetzungen (zumindest kaufmännische Sorgfaltspflicht) kann eine Bank Kredite in Millionenhöhe vergeben (über Vorstandsbeschluss) ohne dafür Sicherheiten verlangen zu müssen. Sollten aus einer solchen Gestion Kredite notleidend geworden seien, für welche es keine (ausreichenden) Sicherheiten gegeben hat, tritt – so meine ich – ein Verlust für die Bank ein. Ein solcher Verlust würde aber dann nicht eintreten, wenn es dafür entsprechende Sicherheiten gegeben hätte, die verwertet werden könnten. Dahinter kann allenfalls ein strafbarer Tatbestand (i.e. Untreue nach StGB) für die Genehmigende stehen.

 

         HAIDINGER erklärt am 23.4.2008 vor dem UA, dass es dazu im Kabinett eine Besprechung mit PILSL gegeben habe. PILSL habe von ihm verlangt, die SPÖ-Geldflüsse zu untersuchen und darüber zu berichten. Weiters habe PILSL angeregt, wegen des Verdachts der Untreue zu untersuchen.

 

Am 17. Juli lädt HAIDINGER zu einer Besprechung.

 

17.7. AV FOLGER betr. Anfrage StA Mag. KRAKOW - SPÖ-Geldflüsse: „Bei der Besprechung am 17.7.2006 gegen 13.00 im Büro des BKA-Direktors Dr. HAIDINGER (weiters anwesend: Soko-Leiter Dr. SALOMON, Obstlt. GABER) ordnete Dr. HAIDINGER in der Sache „Geldflüsse SPÖ“ die Einsichtnahme in die Kreditunterlagen der BAWAG an (betreffend gewährte Kredite an die Bundes-SPÖ, Löwelstraße) und die Überprüfung, ob und von wem diese Kredite getilgt wurden.

         Die diesbezüglichen Erhebungen wurden vom Meldungsleger (in Abwesenheit von Obstlt. GABER) und Koll GAPPMEIER geführt.

 

Hätte es sich um die laufenden Ermittlungen gehandelt, hätte ein Auftrag von Staatsanwalt KRAKOW an Soko-Leiter SALOMON ergehen müssen. HAIDINGER bestätigt vor dem Untersuchungsausschuss, dass er nie Aufträge vom Staatsanwalt erhielt. Auf die Frage, wer ihm den Auftrag, die Geldflüsse an die SPÖ genau zu untersuchen, antwortet er: „Andreas PILSL, aus dem Kabinett der Bundesministerin“.

 

In der Folge geschieht etwas Eigenartiges: BUXBAUM leitet erstmals die Information nicht an den Kabinettschef weiter. Da findet sich der Beamte FOLGER aus dem BKA. Er informiert den Kabinettschef.

 

18.7. 12.11. BUXBAUM an ITA. „Bitte um Kenntnis. Die unten angeführte Beilage „Anbei Geldfluss SPÖ“ war nicht angeschlossen. Ich fordere sie auch nicht an.

 

         13.42. FOLGER an ITA: „anbei AV Geldfluss an SPÖ.

 

Das ist der Beginn der Geschichte. Das Kabinett der Innenministerin hatte begonnen, Munition zu sammeln. In der Folge wurde sie eingesetzt.

 

6.8.   Anfang August ist klar: Die Sonderermittlungen im Dienste der ÖVP haben nichts gebracht. FOLGER berichtet an SALOMON: „Zusammenfassend möchte ich jedoch trotz der eingeschränkt zur Verfügung gestandenen Instrumente festhalten, dass sich meiner Meinung nach keine Hinweise auf eine ´unübliche´ Kredithandhabung ergeben haben.“ Am nächsten Tag wird HAIDINGER informiert.

 

Ab hier ist lange nichts dokumentiert. Die dazugehörigen Akten und e-mails sind bis heute nicht aus dem BMI übermittelt worden. Erst Mitte September setzt wieder ein von HAIDINGER dokumentierter e-mail-Verkehr ein. Zwei Wochen vor der Nationalratswahl wird jetzt nicht mehr im Amtsweg über den Generaldirektor, der der SPÖ zugerechnet wird, berichtet. Haidinger wendet sich direkt an den Kabinettchef und berichtet über jeden Schritt.

 

ELSNER befindet sich zu dieser Zeit in einem französischen Krankenhaus. Am 15. September wird vom BKA mit dem französischen Verbindungsbeamten Kontakt aufgenommen.

 

16.9. AV SALOMON: „Ressortleitung“ genehmigt Dienstreise von zwei Beamten der Soko nach Nizza.

 

19.9. HAIDINGER an ITA: Weiterleitung des ersten und zweiten Berichts aus Nizza. Überprüfung von Kontenverbindungen. Hinweise auf Stiftungen.

 

21.9. HAIDINGER an ITA: dritter Bericht aus Nizza.

 

27.9. GABER an SALOMON (13.57): „Revierinspektor Hermann Probst wurde beauftragt am 28.9.06 eine Dienstreise nach Liechtenstein anzutreten und dort umfangreiche Unterlagen (über 40 Ordner) der Soko Flip abzuholen… Lt. Mitteilung des Teamleiters vor Ort, AI GLASER, können die Sichtungsarbeiten und Einvernahmen bis Freitag (29.9.) abgeschlossen werden.“ Info weiter SALOMON an HAIDINGER 14.15.

 

27.9. HAIDINGER an ITA: „betreff Ermittlungsführung in Sachen BAWAG in Liechtenstein: Wir werden also die Mission voraussichtlich Ende der Woche abschließen können. Ein erster Bericht über Inhalte (aus der Durchsuchung der Unterlagen, aus den Einvernahmen der Justiz dort) wird wahrscheinlich morgen vorliegen.“

 

Die letzte Einvernahme verzögert sich. Auch darüber wird der – offensichtlich bereits ungeduldige – Kabinettschef informiert. Aber eines ist sicher gestellt: Es wird noch vor der Wahl am 1. Oktober einen Bericht aus Liechtenstein geben.

 

27.9. SALOMON an HAIDINGER (15.50): „Derzeit ist in Vaduz oin Mitgliedern der Soko die letzte geplante Einvernahme im Gange und noch nicht abgeschlossen. Es ist danach beabsichtigt, einen Kurzbericht anher zu übermitteln.“

 

27.9. HAIDINGER an ITA(15.52): Weiterleitung des mails ZgK.

 

28.9. REISER an SALOMON (10.55): Kurzbericht: „Zu den angeblichen Parteienfinanzierungen: Aus den gesichteten Unterlagen bzw. aus den durchgeführten Einvernahmen konnten keine Hinweise auf eine etwaige Parteienfinanzierung über liechtensteinische Stiftungen gewonnen werden. Wobei anzuführen ist, dass sämtliche Informationen betreffend einer etwaigen Parteienfinanzierung den hier anwesenden Mitgliedern der Soko vorenthalten wurden. Insbesondere handelt es sich hierbei um die Ergebnisse aus den Einvernahmen bzw. Gesprächen des Hrn. StA Mag KRAKOW mit Dr. FLÖTTL, übergebenen Unterlagen des Dr. FLÖTTL,sowie um die Ergebnisse der Einvernahme des Dr. VRANITZKY. Anscheinend wurden die Erhebungen betreffend dieser etwaigen Parteienfinanzierung der BIA übertragen, wobei auf mehrmalige Nachfrage von StA Mag. KRAKOW kein Grund hierfür genannt wurde.“

 

28.9. GABER an HAIDINGER (11.13): „Anbei übermittle ich Ihnen den vorläufigen Ergebnisbericht des Sichtungsteams in Liechtenstein.“

 

28.9. HAIDINGER an ITA (11.48): Haidinger übermittelt den Bericht. „Zur gefälligen Kenntnis!“

 

Die Eile hat nichts genützt. Zwar hält ITA drei Tage vor der Wahl noch einen Bericht der Soko zur Parteienfinanzierung BAWAG-SPÖ in Hand, aber StA KRAKOW hat dafür gesorgt, dass das BKA über keine sensiblen Informationen mehr verfügt. Wenige Tage vor den Wahl ist der Bericht politisch wertlos.


Ergebnisse der Befragungen

 

zu den Beweisthemen 1.7. Aufklärung, ob der Bundesminister für Inneres EKIS-Daten von Angehörigen von Arigona Zogaj ohne ausreichende rechtliche Grundlage der Öffentlichkeit bekannt gemacht hat; 1.8. Aufklärung, ob Angehörige des KBM und Beamte des BMI an dieser Bekanntmachung beteiligt waren;

 

Der Ausschuss hatte zuallererst festzustellen, welche Personen im BMI in fraglichen Zeitraum ohne ausreichende sachliche Begründung und ohne Bezug zu einem laufenden Verfahren auf EKIS-Daten zugriffen. Dazu konnte der Ausschuss feststellen:

 

●      Ab dem 1. Oktober 2007 wurde vom Bundesminister für Inneres, seinem Kabinett und seinen leitenden Beamten mehrere Male versucht, durch gezielte Abfrage und Weitergabe von EKIS-Daten die Sympathie von Bevölkerung und Medien gegenüber der Familie Zogaj zu erschüttern.

●      Am 1. Oktober 2007, dem ersten Tag systematischer EKIS-Abfragen über Mitglieder der Familie Zogaj, wurde unabhängig voneinander sowohl von der PI Frankenburg/OÖ als auch vom BMI auf die Daten zugegriffen.

●      Ziel war offensichtlich, politisch verwertbare Informationen aus dem KPA (Kriminalpolizeilicher Aktenindex) zu erhalten.

●      Die EKIS-Abfragen erfolgten ohne den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Voraussetzungen. Wie die Ermittlungen des BIA ergeben haben, konnten die abfragenden Beamten keinen Vorakt und damit kein bezugnehmendes Verfahren angeben.

●      Die Abfragen wurden offensichtlich vom stv. Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit, Franz Lang, gesteuert. Langs Rechtfertigung, er habe die Beamten nur zur Abschiebung von Mitgliedern der Familie Zogaj vom 27. September 2007 befragt, steht im Widerspruch zu den Akten und den Aussagen der abfragenden Beamten.

●      Die Beamten wurden angehalten, das Kabinett des Innenministers über die Ergebnisse der Abfragen zu informieren.

●      Die Informationen wurden sofort nach Erhalt an Medien weitergegeben, die darüber am 2. Oktober berichteten.

●      Am 2. Oktober 2007 verriet der Bundesminister für Inneres selbst in der ZiB2 weitere Daten der Familie Zogaj, die ihm nur aus EKIS bekannt geworden sein konnten.

●      Am 3. Oktober 2007 versuchte die Pressesprecherin des Bundesministers, im Foyer beim Ministerrat anwesenden JournalistInnen weitere Informationen weiterzugeben, die ihr ausschließlich aus EKIS bekannt geworden sein konnten.

●      Am 6. Oktober wurde auf Weisung des Ministers ein weiterer Versuch unternommen. Unter der Führung des Leiters der Sektion III wurde für den nächsten Tag, einem Sonntag, eine Pressekonferenz vorbereitet, in deren Verlauf weitere EKIS-Daten und persönliche Daten von Mitgliedern der Familie Zogaj verraten wurden.


Beilage 3: Chronologie des Falls „Zogaj“

 

 

2007

 

26.9.       Ab 18.00 gilt der Festnahmeauftrag der BH Vöcklabruck. Die Festnahmen sollen sofort durchgeführt werden. Die Familie soll ins polizeiliche Anhaltezentrum Linz gebracht werden. Die Abschiebung der sieben Familienmitglieder ist für den nächsten Tag 7.00 vom Flughafen Schwechat vorgesehen. Arigona ZOGAJ taucht unter. Mutter aufgrund eines Nervenzusammenbruchs ins KH.

 

27.9.       Abschiebung von Vater Devat ZOGAJ und Geschwister Alban(17), Alfred(16), Albin(8) und Albona(7).

 

Auf Grund der rechtskräftigen Abschiebungsbescheide gibt es Anfang Oktober 2007 kein offenes fremdenrechtliches Verfahren von Mitgliedern der Familie Zogaj. Es ist auch kein gerichtliches Verfahren anhängig. Damit gibt es von der Aktenlage her keinen Anknüpfungspunkt für EKIS-Abfragen. Trotzdem interessiert sich das BMI plötzlich und exakt zur gleichen Zeit in Frankenburg, Linz und Wien für Anzeigen gegen Mitglieder der Familie Zogaj.

 

Andreas BRENNER/BMI/II/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) wird dazu im Untersuchungsausschuss befragt:

 

         Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Können Sie das genauer schildern? Was wollte er [Brenners Vorgesetzter, AL KÖRNER] da? Hat er gesagt, wozu er das wollte?

         Andreas Brenner: Ob es Anzeigen gegen Familienangehörige der Familie Zogaj gibt, strafrechtlicher Art.

         Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Bei EKIS-Abfragen ist es ja üblich, speziell nach der sogenannten Spitzelaffäre, dass man einträgt, zu welchen Verfahren und aus welchem Grund man eine Abfrage macht. Haben Sie Ihren Vorgesetzten gefragt, wozu er diese Information braucht?

         Andreas Brenner: Nein.

         Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Warum nicht?

         Andreas Brenner: Weil er mein Vorgesetzter ist.

 

Am selben Tag wird Nurija ZOGAJ polizeilich einvernommen. Dabei musste sie unter Druck ihr Einverständnis zur sofortigen Abschiebung für den Fall des Wiederauftauchens ihrer Tochter Arigona geben:

 

         FRAGE: Werden Sie im Rahmen Ihrer beabsichtigten Abschiebung den Anweisungen der Polizeibeamten Folge leisten bzw. beabsichtigen Sie Ihre Abschiebung durch aktiven oder passiven Widerstand oder sonstige von Ihnen gesetzte Maßnahmen zu erschweren bzw. zu vereiteln?

 

         ANTWORT: Ich werde sämtliche Anweisungen der Polizeibeamten im Rahmen der Abschiebung von mir und meiner Tochter Arigona befolgen und werde keinen Widerstand leisten um die Außerlandesbringung zu erschweren oder zu vereiteln. Am liebsten wäre es mir ohnehin gewesen, wenn meine Tochter Arigona und ich gemeinsam mit meinem Mann und unseren weiteren Kindern bereits heute in den Kosovo zurückkehren hätten können. Mein ausdrücklicher Wunsch ist es, so rasch als möglich gemeinsam mit meiner Tochter Arigona unserer Familie in den Kosovo folgen zu können.

 

 

DER VERRAT DER EKIS-DATEN

 

DER 1. VERSUCH

 

Der 1. Versuch, Mitglieder der Familie Zogaj mit Informationen aus EKIS-Abfragen zu diffamieren, wird am 1. Oktober 2007 gestartet. Er richtet sich gegen den Vater und zwei Brüder von Arigona Zogaj. Die Fäden laufen beim stv. Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Genmjr Franz LANG, zusammen. Die politische Umsetzung läuft über Innenminister Günther Platter und Landeshauptmann Josef Pühringer.

 

1.10.       Am 1. Oktober wird das kriminalpolizeiliche „Belastungsmaterial“ gegen die Familie Zogaj beschafft und sofort mit der medialen Umsetzung begonnen. Es kommt zu gleichzeitigen EKIS-Abfragen in Frankenburg/OÖ und BMI.

 

         Frankenburg/OÖ

 

         PI (Polizeiinspektion) Frankenburg/ fragt ab. BPolKdo (Bezirkspolizeikommando) Vöcklabruck/Hans Jürgen HOFINGER berichtet dazu am 15.1.2008 dem BIA: „Es handelt sich bei dieser Angelegenheit um einen Sonderfall, wobei ständig durch den SID Dr. Alois LISSL;dessen Stv Mag FELDBACHER…, sowie GMjr Franz LANG Auskünfte verschiedenster Art verlangt wurden.“

         Das Ergebnis wird an GenMjr Franz LANG/BMI weitergeleitet:

 

         ●    X Zogaj: eine Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Drohung und 4 weitere Anzeigen

         ●    Y Zogaj: 2 Anzeigen, keine Verurteilung

         ●    Z Zogaj: 2 Verwaltungsübertretungen.

 

         Zwei der Anzeigen durch die PI Vöcklabruck, die zu keiner Verurteilung führen und nur im KPA gespeichert sind, betreffen § 270 StGB (tätlicher Angriff auf einen Beamten). Zu XXX Zogaj hält die PI Frankenburg fest: „Die Anzeigen wegen § 270 und 83 StGB dürften noch nicht verhandelt sein.“ Bei YYY Zogaj heißt es: „§ 270 StGB… (Tathandlung in Verbindung mit XXX Zogaj) keine Eintragung im Strafregister (dürfte noch nicht verhandelt sein)“. Damit steht fest: Die Anzeigen, aus denen in der Folge ausschließlich Innenminister Platter zitiert, stammen aus dem KPA, dem kriminalpolizeilichen Aktenindex, in dem alle Anzeigen gespeichert werden. Er ist streng geschützt.

 

         Um 20.30 hält der Dienstbericht der PI Frankenburg fest: „SD Lißl erkundigt sich abermals um den neuesten Stand im Fall Zogaj.“

 

         Um 21.20 vermerkt der Dienstbericht der PI Frankenburg: „GI Franz Lang, BMI, bedankt sich für das Zitat´ äußerst kompetente Krisenmanagement im Fall Zogaj´ der ho. PI.“

 

         BMI

 

         Andreas BRENNER/BMI/II/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) stellt 11 Anfragen ( 3 EKA, 5 AIS, 3 FIS). Die Weisung erfolgt durch AL Berndt KÖRNER (auf Weisung von Manfred REINTHALER/KBM).

 

         Am 17.3.2008 beschreibt KÖRNER in einem Bericht an BMI/Abt.IV/6 seine Weisung: „Am 27.9.2007 wurde Zogaj Xhevat/Alban in den Kosovo abgeschoben. Nach der Abschiebung wurde u.a. in der Öffentlichkeit der Verdacht geäußert, dass er eine Straftat begangen habe. Um dies zu klären, wurde eine Anfrage gestellt.“ Zu diesem Zeitpunkt gab es nachweislich weder Medienberichte noch laufende fremdenpolizeiliche oder strafgerichtliche Verfahren gegen Mitglieder der Familie Zogaj.

 

         ÖVP

 

         LH PÜHRINGER gibt Ö3 ein Interview mit bis zu diesem Zeitpunkt unbekannten EKIS-Informationen. Damit steht er im dringenden Verdacht, nach § 310 StGB das Amtsgeheimnis gebrochen zu haben.

 

         BM Platter setzt die Abschiebung gegen untergetauchte Arigona ZOGAJ u. ihre Mutter aus.

 

2.10.       Die ersten Medienberichte über kriminalpolizeiliche Vorwürfe gegen die Familie Zogaj werden veröffentlicht.

 

         Ö3 Frühjournal am 2.10.2007, 7.00 von Johannes Reiter (inkl. Interview LH Pühringer)

         „Den Medien ist die Information zugespielt worden, dass einer der Söhne der Flüchtlingsfamilie Zogaj wegen versuchter gefährlicher Drohung rechtskräftig verurteilt worden sei. LH Pühringer lässt anklingen, dass dieser Umstand für eine mögliche Rückkehr der Familie nach Österreich nicht gerade hilfreich sei.

         PÜHRINGER: Das ist sicher ein schwieriges Problem, denn es handelt sich, soweit mir bekannt ist, nicht um eine Vorstrafe, sondern um eine rechtsgültige strafgerichtliche Verurteilung und um einige Tatbestände, die noch offen sind.“

 

         OÖN: „Jetzt wird kolportiert, dass die beiden älteren, in den Kosovo ausgewiesenen Söhne der Familie Zogaj etwas auf dem Kerbholz haben sollen.“

 

         HEUTE: „Erste Hinweise auf Verurteilung liegen vor. ´Diese Delikte sind ein erster Grund für die Abschiebung der Burschen´.  (So ein Mitarbeiter der BH).“

 

         Das BMI will den Druck verstärken. BRENNER erhält die 2. Weisung: „Da der Verdacht der Straffälligkeit auf die ganze Familie ausgedehnt wurde und um ein umfassendes Bild für eine fremdenpolizeiliche Verantwortung wahrnehmen zu können, sowie der Informationspflichten gegenüber den Vorgesetzten zu erfüllen, wurde diese Anfrage gestellt.“ Ab jetzt geht es auch gegen die Frauen und die strafunmündigen Kinder aus der Familie Zogaj.

 

         BRENNER führt 26 weitere EKIS-Abfragen durch und berichtet.

 

         Um 22.00 in der ZIB2 führt Armin Wolf ein Interview mit BM Platter.

         Platter Günther (ÖVP): Aber es war klar, schon im Jahre 2003, wurde bereits ein humanitärer Aufenthaltstitel verlangt. Dort wurde das in der ersten Instanz bei der Bezirkshauptmannschaft und im Innenministerium abgelehnt. Es war klar, dass man keinen Aufenthalt, keinen humanitären Aufenthalt bekommt und aber auch kein Asyl bekommt. Und eines möchte ich auch sagen: Es sind auch Familienmitglieder straffällig geworden und deshalb ist es schon notwendig, dass man hier einen Weg geht, dass man nicht alles tolerieren kann.

         Wolf Armin (ORF): Aber können wir das jetzt einmal konkret machen, weil das den ganzen Tag heute durch die Medien geistert. Was heißt, Familienmitglieder sind straffällig geworden? Soweit bekannt, gibt es gegen einen der älteren Buben offenbar ein Urteil wegen versuchter gefährlicher Drohung. Das klingt ein bisschen nach Disco-Rauferei oder so etwas.

         Platter Günther (ÖVP): Nein, es gibt hier eine Verurteilung und es gibt aber auch Anzeigen. Es -

         Wolf Armin (ORF): Weswegen?

         Platter Günther (ÖVP): Es - Paragraph 270 der Strafgesetzordnung, des Strafgesetzbuches, also die gefährliche Drohung (sic!), aber -

 

         Der Innenminister hat hier als erster öffentlich verraten, dass zwei Mitglieder der Familie ZOGAJ wegen § 270 StGB durch die PI Vöcklabruck angezeigt wurden. Damit steht er im dringenden Verdacht, nach § 310 StGB das Amtsgeheimnis gebrochen zu haben.

 

3.10.       Vor dem Ministerrat versucht Pressesprecherin Iris MÜLLER-GUTENBRUNN im Gespräch mit JournalistInnen (John, Moser, Duffek, Pink): „...es liegen mehrere strafrechtliche Verurteilungen von Familienangehörigen vor“ ein weiteres Mal, mit Daten, die nur aus EKIS-Abfragen bekannt sein konnten, dem Ansehen von Arigona Zogaj und dem ihrer Familie zu schaden.

 

         Der Sachverhalt wird per mail von Eva Maria Bachinger/Österreich am 20.12.2007 beim BIA zur Anzeige gebracht.

 

 


DER 2. VERSUCH

 

Nachdem der erste Versuch nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hat, startet der Innenminister am 6. Oktober den zweiten Versuch. Die Aufgabe wird diesmal der Sektion III und ihrem Sektionsleiter Mathias VOGL übertragen.

 

5.10.       Platters Kabinett nimmt die Aktion „Zogaj“ in die eigenen Hände. Hubert ESER wird angewiesen, weitere EKIS-Abfragen durchzuführen. Eser sucht im KPA nach Dzevat, Nurie, Alban, Alfred, Arigona, Albini und Albana Zogaj. Im „Bezug“ steht jedes Mal: „KBM“ – Kabinett des Bundesministers.

 

6.10.       „VÖCKLABRUCK.            Ich erhielt am 06.10.2007 gegen 16 Uhr einen Anruf auf mein Handy von einer Person, dessen Namen ich nicht nennen wollte. Zum damaligen Zeitpunkt war ich natürlich informiert über die Abschiebung der Familie Zogaj, zumal dies in den Medien ja entsprechend verbreitet wurde. Diese Person fragte mich, ob ich bereit wäre in diese Sache Abgängigkeit Arigona ZOGAJ die Vermittlung zu übernehmen. Wenn ich dies machen würde, dann würde ich einen Anruf aus Wien erhalten. Ich stimmte spontan zu um die Sache zu entschärfen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich die Familie ZOGAJ nicht gekannt.

         Nachdem ich zugestimmt hatte, erhielt ich einen Anruf aus Wien. Von wo weiß ich nicht genau. Ich habe dann am Abend zu Leuten in Frankenburg Kontakt aufgenommen, die ich kenne. Es wusste aber niemand, wo Arigona aufhältig ist. Wir sind dann längere Zeit beisammen gesessen, wobei wir uns darüber unterhalten haben, wo Arigona aufhältig sein könnte.

         Ich war immer darauf bedacht, den Leuten aus Frankenburg zu zeigen, dass sie mir Vertrauen können. Ich war praktisch in einer Vermittlerrolle, wobei ich überhaupt nicht wusste, wo ich Arigona suchen wollte.

         Am Sonntag, den 07.10.2007 erhielt ich um 20:30 einen Anruf von einer männlichen Stimme, ob ich bereit wäre, Arigona zu mir zu holen, wobei ich sie zu mir nach Hause bringen nehmen wollte. Ich stimmte dem ganzen zu und gegen 20:50 kam ein Mann zu mir nach Ungenach und stieg in mein Auto. Ich fuhr dann mit ihm Richtung Autobahn, wobei ich den Eindruck hatte, dass der Mann auch nicht wusste, wo Arigona aufhältig ist. Der Mann telefonierte fünf mal mit meinem Handy bis wir schließlich zu einem Parkplatz südlich von Wien kamen. Wir kamen gegen 00:15 Uhr dort an. Wie schon gesagt, kamen alle Anrufe auf mein Handy und der Mann telefonierte auch mit meinem Handy. Die HandyNr lautet 0676/87765434. Den Parkplatz würde ich wahrscheinlich gar nicht mehr finden. Wir sind beide ausgestiegen und unmittelbar darauf fuhr ein Auto vor und Arigona aus und schon in mein Auto ein. Dies hat glaube ich eine halbe Minute gedauert. Wir hatten alle Angst, dass nichts passierte. Ich wollte nur wieder schnell weg. Anschließend fuhren wir direkt nach Ungenach zu mir nach Hause. Dort trafen wir um ca. 03.15 Uhr an und um 07.50 Uhr habe ich unseren Herrn Landeshauptmann angerufen. Der unbekannte Mann der mit mir in Wien war, stieg bei mir zuhause aus und in sein Auto und fuhr weg. Alles weitere wurde schließlich durch die Medien usw. bekannt.

         Ich möchte noch angeben, dass ich von allen Kontaktpersonen keinen Namen weiß und die auch noch nie gesehen habe. Auch haben die Leute, die bei mir angerufen haben, keinen Namen genannt. Als Arigona zum Parkplatz gebracht wurde, habe ich überhaupt niemanden gesehen, da die Leute im Auto geblieben sind.“ (Einvernahme Pfarrer Josef FRIEDL (BPolKdo Vöcklabruck, 17.3.2008)

 

         FRIEDL ist von der ÖVP benützt worden. Das war nach Angaben Beteiligter, die vom Untersuchungsausschuss nicht mehr einvernommen werden konnten, so:

 

         ÖVP-Generalsekretär Hannes MISSETHON ruft den Vöcklabrucker BH Peter SALINGER an. Er sucht für die ÖVP nach einem „Vermittler“ zu Arigona Zogaj, der sie zum Auftauchen bringen könnte.

 

         15.00. Treffen der ÖVP-Vöcklabruck. Nachdem niemand gefunden wird („Es ist eine Schande, dass es da niemand bei uns gibt“), kommt es zum Vorschlag „Pfarrer Friedl“.

 

         16.00. SALINGER ruft FRIEDL an. Friedl sagt für einen Vermittlungsversuch zu. Salinger teilt Friedl mit, dass er einen Anruf aus einem Ministerium in Wien erhalten wird.

 

         16.30. Gerald FLEISCHMANN aus dem Büro Missethon ruft im Namen Missethons an und will für den VP-Generalsekretär am Laufenden gehalten werden.

 

         FRIEDL nimmt Kontakt mit Familie und Freunden Zogaj auf. Um 22.00 holt ihn ein unbekannter Mann ab. Um 00.15 steigt Arigona Zogaj auf einem Parkplatz südlich von Wien in Friedls Auto. Um 03.15 sind sie in der Pfarre in Ungenach.    

 

         WIEN. SL VOGL erhält zu Hause einen Anruf von KC Switak mit der Weisung des Ministers, noch am gleichen Abend für den nächsten Tag eine Pressekonferenz zum Fall „Zogaj“ vorzubereiten. Vogl erklärt vor dem Untersuchungsausschuss:

 

         Dr. Mathias Vogl: … Es hat in der Folge eine Koordinierungssitzung gegeben, die den ganzen Abend bis spät in die Nacht hinein gedauert hat. In dieser Koordinierungssitzung wurde die weitere Vorgangsweise besprochen.

         Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Können Sie sagen, wo diese Sitzung stattgefunden hat und wer daran teilgenommen hat?

         Dr. Mathias Vogl: Diese Sitzung hat in Wien stattgefunden. Teilgenommen haben Bereichsstellvertreter Dr. Sandrisser, Bereichsstellvertreter Mag. Hutter, Oberstleutnant Pichler, Kabinettchef Switak und die damalige Pressesprecherin Iris Müller-Guttenbrunn.

         Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Wo genau hat diese Sitzung stattgefunden?

         Dr. Mathias Vogl: Die Sitzung hat in Wien stattgefunden […] Nein, es war nicht im Ministerium.

 

7.10.       VÖCKLABRUCK. Das BPolKdo Vöcklabruck erstattet gegen Zogajs Fluchthelfer Anzeige gegen unbekannte Täter wegen § 115/1 FPG.

 

         WIEN. An der Pressekonferenz im BMI nehmen teil: Andreas PICHLER (Verbindungsbeamter des BMI im Kosovo), SC Mathias VOGL, Bereichsleiter Karl HUTTER (BMI), Rudolf GOLLIA (Pressesprecher des BMI). HUTTER verrät unbekannte Details aus den Asylverfahren. PICHLER schildert persönliche Details aus der Familie und versucht zu zeigen, wie die Zogajs ihre Großmutter im Stich lassen: „Das Haus der Mutter ist, die 75 Jahre ca. alt ist, leider, das hat mich etwas betroffen, an xxx[1] erkrankt ist – chronische xxx und yyy hat, und auf Grund einer fehlenden Betreuung von der ganzen Familie ist dort direkt bei der Mutter niemand es machen Verwandte und Nachbarn auf Grund der fehlenden Betreuung auch mehrmals zu Sturz kommt und so weiter…“

 

9.10.       WIEN. Der ORF-Report zeigt Faksimile des Berichts der PI Frankenburg über die Zogaj-EKIS-Abfragen vom 1.10.2007. Die Dokumente sind somit aus dem Bereich des BMI an den ORF weiter gegeben worden.

 

10.10.    Körner gibt noch einmal die Weisung, EKIS-Abfragen über den Vater der Familie durchzuführen. In seinem Bericht an das BIA stellt er zum abfragenden Beamten und dessen Aufgabe fest: „Adir Brenner als Sachbearbeiter für den Bereich des ehemaligen Jugoslawiens, und somit auch für diese Familie, musste sich laufend über diese Familie informieren und die Informationen gefiltert nach oben weitergeben.“

 

 

Beilage 4: Beurteilung der Strafbarkeit von BMI Platter u.a.

 

Zu beurteilen ist die Frage, inwiefern die Information der Öffentlichkeit über geheime Daten aus dem EKIS (Strafregister, KPA) eine gerichtlich strafbare Handlung darstellt.

 

In raFge kommen vor allem drei Bestimmungen:

 

 

1.     § 310 StGB – Verletzung des Amtsgeheimnisses

 

§310 StGB lautet in seinen Abs 1 und 2:

 

         § 310. (1) Ein Beamter oder ehemaliger Beamter, der ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrautes oder zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart oder verwertet, dessen Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

         (2) Ebenso ist zu bestrafen, wer als Mitglied eines Ausschusses gemäß Art. 53 B-VG bzw. eines nach Art. 52a B-VG eingesetzten ständigen Unterausschusses oder als zur Anwesenheit bei deren Verhandlungen Berechtigter ein ihm in vertraulicher Sitzung zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart oder verwertet, dessen Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen.

         (3) ...

         (4) ...

 

Prüfung der Tatbestandsmerkmale:

 

a.      Beamter

         Der Beamtengriff nach § 74 StGB ist weit zu verstehen. Darunter fallen alle Personen, die für den Bund, ein Land oder eine Gemeinde mit Hoheitsgewalt tätig werden. Der Innenminister oder etwa ein Landeshauptmann zählen jedenfalls dazu. Ob Kabinettsmitglieder auch unter den Beamtengriff fallen könnte evt. strittig sein.

 

b.     Geheimnis

         Geheimnisse sind Umstände, die nicht allgemein bekannt und nicht allgemein zugänglich sind, so zB nach der Rechtssprechung insb. auch Fahndungsakten und Strafregisterauskünfte (Bertl, WK StGB § 310 Rz 4 und 5)

 

c.      ausschließlich durch amtliche Tätigkeit bekannt

         Dieses Merkmal gilt für Geheimnisse, von denen ein Beamter durch Erfüllung seiner amtlichen Aufgaben erfährt (anvertraute Geheimnisse), oder die er durch Ausnützung seiner amtlichen Stellung, ohne dienstliche Notwendigkeit, rechtmäßig oder rechtswidrig in Erfahrung bringt. (Bertel, aaO Rz 5)

         Dies wird jedenfalls für jene Informationen gelten, welche ausschließlich aus polizeiinternen Berichten und Datenbanken stammen. Sofern bereits – unabhängig von dieser Herkunft – Medienberichte vorlagen, könnte dagegen dieses Merkmal u.U. ausgeschlossen sein.

         Da der § 270 StGB außer von BM Platter von niemandem erwähnt wurde, scheint der Tatbestand hier gegeben. (sofern nicht bloß ein Versprecher vorlag)

 

d.     Offenbarung oder Verwertung: Da ein wirtschaftlicher Nutzen hier nicht erkennbar ist, liegt die Variante „offenbaren“ vor, diese jedoch eindeutig.

 

e.      Eignung der Interessenverletzung:

 

         Es kommt nicht darauf an, dass tatsächlich eine Interessenverletzung durch die Offenbarung eintritt, oder auch nur dass eine konkrete Gefährdung vorliegen muss. Statt dessen ist darauf abzustellen, ob die Offenbarung derartiger Geheimnisse typischerweise geeignet ist, die geschützten Interessen zu verletzen (Bertel, aaO Rz 10). Dies ist bei der Veröffentlichung von Auskünften aus dem EKIS und insb. dem KPA, sowie von Verfahrensdetails und Gesundheitsdaten offenkundig der Fall, soweit diese Interessen „geschützt“ sind (dazu gleich). Eine Gefährdung läge nach Bertel dann nicht vor, wenn etwa der Empfänger der Information ohnehin zu einer Auskunft berechtigt wäre, nur eben vielleicht auf anderem Fall. Das ist hier jedoch soweit ersichtlich nicht der Fall.

 

f.      geschützte Interessen

         Bertel aaO, auf den sich auch das BMI in seiner Stellungnahme bezieht, definiert die geschützten Interessen über Art 20 Abs 3 B-VG, da er meint, dass die strafrechtlich Sanktionierung des Amtsgeheimnisses nicht weiter reichen dürfe, als dieses selbst. Er unterscheidet daher zwischen dem Amtsgeheimnis, welches nur dann vorliege, wenn die Geheimhaltung im Interesse einer Partei (nach Abwägung!) „geboten“ ist, und dem Datengeheimnis, welches nach § 1 DSG alle personenbezogenen Daten erfasse. Diese Meinung dürfte jedoch nicht mit der ständigen Rechtssprechung des OGH im Einklang stehen, wie Bertel selbst eingesteht (Rz 19), da der OGH Daten- und Amtsgeheimnis nicht unterscheidet. Statt dessen betrachtet die Rechtssprechung jede Offenbarung personenbezogener, nicht allgemein zugänglicher Informationen als Bruch des Amtsgeheimnisses. Eine Interessenabwägung, wie vom BMI gefordert, hat daher hier nach der Rechtsprechung nicht stattzufinden.

 

         Doch selbst wenn man eine solche zulassen würde, könnte diese im gegenständlichen Fall der Abwägung der Geheimhaltungsinteressen gegenüber dem „Ansehen“ des Innenministers nie zu Lasten der Familie Zogaj ausgehen.

 

         Im Sinne der Rechtsprechung ist daher das Interesse an der Geheimhaltung nicht zugänglicher personenbezogener Daten „absolut“ geschützt.

 

         Eine Ausnahme davon wäre nur zu machen, soweit die Datenverwendung oder -veröffentlichung ausdrücklich gesetzlich vorgesehen wäre, so z.B. wenn sie in einem Gerichtsverfahren erfolgen sollte.

 

Damit ist jedoch § 310 StGB erfüllt, wenn sich bestätigt, dass der (Ex-)Innenminister oder andere Beamte personenbezogene Daten über die Familie Zogaj, die ihnen nur aus ihrer amtlichen Tätigkeit (d.h. insbesondere aus dem EKIS, dem KPA oder aus internen Berichten) bekannt waren, in den Medien offenbart haben, welche nicht bereits zuvor medial im selben Detailgrad bekannt waren.

 

 

2.     § 302 StGB - Amtsmissbrauch

 

         § 302. (1) Ein Beamter, der mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde oder einer anderen Person des öffentlichen Rechtes als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

         (2) Wer die Tat bei der Führung eines Amtsgeschäfts mit einer fremden Macht oder einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung begeht, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer durch die Tat einen 50 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt.

 

 

Obwohl in der Lehre die Meinung vertreten wird, dass ein Verrat von Amtsgeheimnissen kein Hoheitsakt sei und daher keinen Amtsmissbrauch begründen könne (z.B. Bertel, WK, § 302 Rz 80f), vertritt der OGH in vielen Fällen eines Geheimnisverrates die Anwendbarkeit von § 302. So verweist z.B. der OGH darauf, dass eine EKIS-Abfrage zum kriminalpolizeilichen Aufgabenbereich gehöre und damit Hoheitsverwaltung sei. Häufig wird auch bereits in der bloßen, dienstlich nicht notwendigen Abfrage von geheimen Daten (noch ohne Veröffentlichung) ein Amtsmissbrauch erblickt.

 

Gerade in Fällen, in denen Daten aus geschützten Registern veröffentlicht bzw. weitergegeben werden, besteht daher eine Tendenz der Rechtsprechung, statt Geheimnisverrat nach § 302 – Amtsmissbrauch zu verurteilen.

 

Insofern steht daher auch eine Strafbarkeit nach § 302 dringend im Raum, wobei allerdings zusätzlich „Wissentlichkeit“ der handelnden Personen um die Unzulässigkeit ihres Vorgehens gefordert ist, wovon freilich bei führenden Politikern im Bereich Inneres ausgegangen werden kann.

 

 


3.     § 51 DSG – Datenverwendung in Gewinn- oder Schädigungsabsicht

 

         § 51. (1) Wer in der Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder einem anderen einen Nachteil zuzufügen, personenbezogene Daten, die ihm ausschließlich auf Grund seiner berufsmäßigen Beschäftigung anvertraut oder zugänglich geworden sind oder die er sich widerrechtlich verschafft hat, selbst benützt, einem anderen zugänglich macht oder veröffentlicht, obwohl der Betroffene an diesen Daten ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse hat, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.

         (2) Der Täter ist nur mit Ermächtigung des Verletzten zu verfolgen.

 

 

Grundsätzlich wird § 51 DSG im Regelfall wohl durch die Anwendbarkeit des § 310 StGB (oder allenfalls § 302 StGB) konsumiert werden, d.h. gegenüber den für Beamte geltenden Spezialdelikten zurücktreten. (Bertel, WK § 310 StGB, RZ 50; so auch OGH z.B. in 15Os4/94, 15Os20/96, 12Os182/97)

 

Sofern dies nicht der Fall ist (etwa wenn ein Kabinettsmitglied nicht als Beamter gelten sollte), wäre § 51 DSG zu prüfen, dessen Voraussetzungen etwas anders ausgestaltet sind:

 

a.      Bereicherungs- bzw. Schädigungsabsicht

         Absicht bedeutet im Gegensatz zum normalen Vorsatz, dass es dem Täter gerade darauf ankommen muss, sich selbst zu bereichern oder einen anderen zu schädigen (wobei die Schädigung nicht nur vermögensrechtlich sein kann, sondern jedes Recht betreffen kann, wie z.B. das Aufenthaltsrecht, usw.)

 

b.     personenbezogene Daten

         Der Datenbegriff nach § 1 DSG ist weiter als der Geheimnisbegriff nach § 310 StGB. Daten sind nur dann nicht geschützt, wenn sie entweder allgemein zugänglich sind oder nicht auf den Betroffenen rückführbar sind. Eine Veröffentlichung beseitigt den Schutz der Daten dann nicht, wenn sie rechtswidrig erfolgt ist.

 

c.      „ausschließlich auf Grund seiner berufsmäßigen Beschäftigung anvertraut oder zugänglich geworden sind oder die er sich widerrechtlich verschafft hat“

         Zu dem privilegierten Zugang zu den Daten, welcher ähnlich wie oben 1. zu beurteilen ist, kommt hier noch eine mögliche widerrechtliche Beschaffung hinzu, welche u.U. gegeben sein könnte, wenn zB etwa ein Kabinettsmitglied eigenmächtig EKIS-Daten anfordert, welche ihm vom zuständigen Beamten nicht auszuhändigen wären.

 

d.     „selbst benützt, einem anderen zugänglich macht oder veröffentlicht“

         Im vorliegenden Fall kommen die Varianten 2 und 3 in Frage

 

e.      schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse

         Im Gegensatz zu § 310 StGB muss hier die Verletzung der Geheimhaltungspflicht konkret geeignet sein, ein solches Interesse zu verletzen. Ob ein schutzwürdiges Interesse vorliegt ist in einer Abwägung nach Art 8 MRK und der Gesamtrechtsordnung, unter Berücksichtigung der §§ 7 bis 9 DSG zu beurteilen. (Dohr-Pollirer-Weiss, § 51 DSG, Anm. 6) Anders als bei der Interpretation des § 310 StGB durch den OGH kommt hier also jedenfalls eine Güterabwägung ins Spiel, welche allerdings zu Gunsten der Familie Zogaj ausgehen müsste.

 

f.      Ermächtigung des Verletzten

         Eine Strafverfolgung nach § 51 DSG kommt nur in Betracht, wenn der Geschädigte dazu sein Einverständnis erteilt, ist dann aber vom StA durchzuführen.

 

Derzeit sind keine konkreten Umstände bekannt, welche nach § 51 DSG und nicht gleichzeitig auch nach § 310/ 302 StGB strafbar erscheinen. § 302 / 310 StGB gehen daher vor.

4.            Stellungnahme des BMI - § 9 MedienG

 

In einer Stellungnahme des BMI (Sektion III, Mag. Walter Grosinger) an das BIA vom 16.1.2008 versucht sich das Innenministerium zu rechtfertigen. Die dort genannten Argumente können jedoch nicht überzeugen.

 

a.     Ein Schutz nach § 1 DSG habe nicht bestanden, da die Informationen bereits öffentlich waren, z.B. habe auch der Rechtsanwalt der Familie über die Straftaten berichtet.

 

         Dieses Argument ist insofern nicht zutreffend, als konkrete Details (Krankheiten der Großmutter, welche Vorwürfe, welche Anzeigen, Schlepperzahlung usw.) nicht öffentlich bekannt waren.

 

         Rechtsanwalt Blum hat nur gesagt, dass im Asylverfahren Straffälligkeiten keine Rolle gespielt hätten, ob solche vorlagen oder nicht, hat er offen gelassen.

 

b.     § 9 Mediengesetz sehe ein Recht auf Gegendarstellung vor, welches auch einer Behörde zustehe, unabhängig von einem gerichtlichen Verfahren. Die unvollständigen Informationen in den Medien mussten korrigiert werden.

 

         Dieser sehr „kreativen“ Rechtssicht hat bereits in einer APA vom 23.7.08 die Medienrechtsexpertin Maria Windhager widersprochen (APA420).

         ("Ein wie immer geartetes Recht auf Gegendarstellung rechtfertigt nicht den Eingriff in Persönlichkeitsrechte und dazu gehört das Recht auf Datenschutz.")

 

         Im Übrigen begründet §9 MedienG kein eigenständiges „Recht auf Gegendarstellung“, sondern bietet als Ausfluss des Grundrechts auf Meinungsfreiheit nur für spezielle Konstellationen die Möglichkeit ein periodisches Medium zur Veröffentlichung der Gegendarstellung zu zwingen. Dieser Anspruch besteht nur zwischen dem Betroffenen und dem Medienunternehmer und steht unter strengen Voraussetzungen: es muss eine Tatsachenmitteilung vorliegen, sie muss in einem periodischen Medium veröffentlicht worden sein, und die Gegendarstellung muss dem Schema These – Antithese folgen. All dies wäre hier nicht erfüllt, da nicht einzelnen Berichten in einzelnen Medien konkret erwidert wurde, sondern allgemein und unspezifisch Details verbreitet wurden. (Bertel, WK, §9 MedienG Rz 2 und 20ff)

 

         Die allgemeine Meinungsfreiheit als Grundlage des „Gegendarstellungsrechts“ wird eben durch die Regeln über die Amtsverschwiegenheit betreffend Behörden näher ausgeformt, so dass letztere nicht unter Berufung auf erstere durchbrochen werden darf.

 

         Schließlich wäre nur der Rechtsträger der betroffenen „Behörde“, also der Bund, vertreten durch die Finanzprokuratur zur Ausübung dieses „Rechtes“ berufen.  (Bertel, WK, § 9 MedienG, Rz 19)

 

c.      §310 StGB gelte nur, wenn das Parteieninteresse „überwiege“

 

         Hier beruft sich das BMI auf die oben 1. bereits zitierte Ansicht Bertels, welche allerdings – wie von diesem selbst eingestanden wird – vom OGH nicht geteilt wird. Eine Interessensabwägung hat hier nicht stattzufinden.

 

         Darüber hinaus ginge eine solche wie ausgeführt jedenfalls zu Gunsten der Familie Zogaj aus. Das BMI macht als „überwiegendes öffentliches Interesse“ hier nur das Recht auf Gegendarstellung nach § 9 MedienG geltend, was offenkundig nicht zutreffen kann (s.o.)

 

Zusammengefasst kann das BMI daher keine rechtlich überzeugende Begründung für die Veröffentlichung der Informationen liefern.

 

 


B) sonstige Ergebnisse

 

●      Im Kabinett gab es persönliche Zuständigkeiten für jede Teilorganisation der ÖVP. Für andere Parteien war niemand zuständig[2];

●      Aufklärungsbedürftige Speicherung höchst sensibler Daten von Mitarbeitern und unbeteiligter Dritter in Personal- und „sonstigen“ Akten des Innenministeriums[3];

●      Zwei Kabinettsmitarbeiter (Ita, Rauch) wurden nicht vom BMI angestellt, sondern aus Gründen, die nichts mit ihrer Tätigkeit im BMI zu tun hatten, von Institutionen (NÖ-Landesversicherung, „Forschungsinstitut“ der Industriellenvereinigung) angestellt und an das BMI „verliehen“. Es besteht der Verdacht, dass dies zu Lasten des Steuerzahlers erfolgte;

●      In den Ausschussakten fanden sich neuerlich, wie schon beim UA „Kampfflugzeuge“, Hinweise auf fragwürdige Geldflüsse an Firmen des ehemaligen BZÖ-Politikers Gernot Rumpold und seiner Gattin;

●      Die Marent-Kommission hat schlampig und oberflächlich ermittelt und vorsätzlich belastendes Material gegen BM Platter und seine Kabinettsmitglieder im Bericht unterschlagen. Marents Empfehlung, nur gegen die „Aufdecker“ der Missstände – Haidinger, Schneider, Doris Ita – Strafverfahren einzuleiten, stellt einen weiteren Machtmissbrauch im Rahmen des BMI dar.

●      Insbesondere die Überprüfung der Ermittlungen der Soko Marent hat ergeben, dass hier sämtliche Kriterien seriöser kriminalpolizeilicher Ermittlungen missachtet wurden. So wurde der einzige Beschuldigte zum Fragenkreis 4 („Sind die BAWAG-Ermittlungen beschleunigt worden?“) nicht einmal dazu befragt. Akten wurden nicht vorgehalten, Widersprüche wurden weder aufgeklärt noch vorgehalten. Der Abschlussbereicht der Soko Marent erfüllte damit weitgehend den Zweck eines „Persilscheins“.

●      Staatsanwalt Gildemeister hat selbst auf weitere Ermittlungen verzichtet und auf Basis der mangelhaften polizeilichen Ermittlungen beschlossen, nur die „Aufdecker“ Haidinger, Schneider und Doris Ita zur Anklage zu bringen. Damit ist es auch während der Arbeit des Ausschusses zu einem weiteren Fall von Machtmissbrauch im Bereich von BMI und BMJ gekommen.

●      Gegen ÖVP-nahe Politiker und Beamte wurde von der Staatsanwaltschaft Wien sehr entgegenkommend ermittelt. Nach einer einzigen Aussage des Beschuldigten kam es meist zur Einstellung des Verfahrens. Mag. Grasser musste statt der Aussage in manchen Fällen auch nur schriftliche Stellungnahmen abgeben. Der Staatsanwalt verzichtet auf Befragungen und weitere Ermittlungen und gab sich mit der schriftlichen Stellungnahme von Mag. Grasser zufrieden.

●      Zwei dieser Staatsanwälte haben vor kurzem Karrieresprünge gemacht (Gildemeister in die OStA, Klackl, der auch schon die Homepage-Affäre von Grasser betreut hat, ins BMJ).

 

 


C) Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Ausschusstätigkeit

 

●      Postenbesetzungen im Bereich des Innenministeriums, bis hinunter zu einfachen Gendarmerieposten, erfolgten strikt nach Parteinähe zur ÖVP. Dieser Bereich sollte Thema der weiteren Arbeit des Untersuchungsausschusses sein;

●      Der Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wurde ab 2002 erst nach Abstimmung mit der FPÖ veröffentlicht[4];

●      Auch bezüglich hochrangiger Posten im ORF wurde beim damaligen Innenminister interveniert;

●      Der Rüstungslobbyist Mensdorff-Pouilly lud enge Mitarbeiter des Innenministers zu Jagden in Österreich und Schottland ein. Diese Geschenke wurden mit Wissen des Ministers angenommen;

●      Die Aktivitäten von Politikern anderer Parteien wurden von Polizisten vor Ort bespitzelt. Die Beamten wurden als „Quellen“ geführt. Der Innenminister ließ sich darüber persönlich berichten.

 

 

D) abschließende Bemerkungen

 

Die Arbeit des Untersuchungsausschusses wurde durch mehrere Umstände erschwert:

 

●      Das BMI weigerte sich, insbesondere zum Beweisthema 2) „Besetzungen“ – zur Frage, „ob im Bereich des BMI, aber auch in anderen Bundesministerien wie dem BMLV bei der Vergabe von Posten ab dem Jahr 2000 der ÖVP nahe stehende Personen systematisch bevorzugt wurden“ – die angeforderten Akten und Dokumente zu übermitteln.

●      Das BMI weigerte sich darüber hinaus, die dienstlichen e-mails der Mitarbeiter des KBM zu übermitteln. Beide Weigerungen hatte keine gesetzliche Grundlage und stellen einen weiteren Fall von Machtmissbrauch dar.

●      Da es kein Organstreitverfahren, mit dem eine Entscheidung durchgesetzt werden kann, gibt, bleibt die gesetzwidrige Weigerung des BMI folgenlos.

●      Im Gegensatz dazu kam es bei der Aktenübermittlung durch das BMJ zu keiner Verkürzung der Rechte des Nationalrats.

●      Nach wie vor können sich Auskunftspersonen den Befragungen entziehen, weil dem Untersuchungsausschuss kein eigenes Zwangsmittel zur Vorführung zur Verfügung steht.

 

Trotzdem konnte der Untersuchungsausschuss im Rahmen der von ihm behandelten Beweisthemen die Fragen des Nationalrats mit der notwendigen Sicherheit beantworten. Der systematische Machtmissbrauch der ÖVP ist für den Bereich des BMI im Rahmen der behandelten Beweisthemen klar und eindeutig nachgewiesen worden.



[1] Die Krankheiten der Großmutter wurden in der Pressekonferenz genannt.

[2] Papier von Kabinettschef Ulmer für BM Strasser und KBM vom 16.1.2003:

 

Zuständigkeiten Teilorganisationen und Dienstnehmervertretungen

 

Wirtschaftsbund: Gattringer

ÖAAB: Gallop, Pilsl

Bauernbund: Wallner

JVP: Ulmer

ÖSB: Kößl

ÖFB: Wallner

Bundespartei: Ulmer“

[3] Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Sind in Personalakten des Innenministeriums Daten über die sexuelle Orientierung von Mitarbeitern vorhanden?

Bundesminister Günther Platter: Nach meiner Information: ja. Es gibt Informationen, und das war auch der Grund dafür, dass hier eine vorsichtige Vorgangsweise erwählt wurde. Zum Zweiten auch deshalb, weil es sich um eine taxative Aufzählung handelt und man nicht Gefahr laufen sollte, dass besonders schutzwürdige Daten in diesen Akten lesbar sind.

(Protokoll 22.4.2008)

[4] Mail von KBM an BM Strasser vom 17.9.2002:

„Lieber Ernst,

* der Verfassungsschutzbericht ist nach erfolgter Abstimmung mit der FPÖ soeben ins Intranet (bmi-intern) gestellt worden

* ins Internet (für alle ersichtlich) in den nächsten Stunden“