Produktpirateriebericht 2006

Bericht an den Nationalrat über die Anwendung der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 und des Produktpirateriegesetzes 2004 im Jahr 2006

 


Inhaltsverzeichnis

0.    Einleitung. 1

0.1.     Auftrag zur Erstellung des Berichts 1

0.2.     Übersicht über den Produktpirateriebericht 2006. 1

1.    Bewertung der aktuellen Situation. 2

1.1.     Produktpiraterie – ein zunehmend größeres Problem.. 2

1.2.     Neue Bedrohungen. 2

1.3.     Der EU-Aktionsplan 2005 bis 2008. 3

2.    Österreichische Initiativen im Zollbereich. 5

2.1.     Entschließung des Rates der Europäischen Union. 5

2.2.     Internationales Produktpiraterie-Seminar in Villach. 7

3.    Daten und Fakten. 9

3.1.     Grenzbeschlagnahmeanträge. 9

3.2.     Produktpiraterie-Aufgriffe im Jahr 2006. 12

3.2.1.    Aufgriffe. 12

3.2.2.    Schutzrechte. 16

3.2.3.    Ursprungsländer 17

3.2.4.    Bestimmungsländer 19

3.2.5.    Zollverfahren. 21

3.2.6.    Verkehrsart 23

3.2.7.    Gewerblich / Privat 24

3.2.8.    Ergebnisse. 25

3.3.     Finanzvergehen gemäß § 7 PPG 2004. 27

4.    Glossar. 28

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1:.. Übersicht über die von den Grenzbeschlagnahmeanträgen betroffenen Schutzrechte  9

Tabelle 2:.. Übersicht über die Gemeinschaftsanträge. 10

Tabelle 3:.. Entwicklung der Grenzbeschlagnahmeanträge in Österreich seit dem Jahr 2000. 11

Tabelle 4:.. Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Produktgruppen. 14

Tabelle 5:.. Entwicklung der Produktpiraterie-Aufgriffe in Österreich seit dem Jahr 2002. 16

Tabelle 6:.. Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Schutzrechtsverletzungen. 17

Tabelle 7:.. Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Ursprungsländer (Top 10) nach Anzahl der Fälle. 17

Tabelle 8:.. Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Ursprungsländer (Top 10) nach Anzahl der gefälschten Artikel 18

Tabelle 9:.. Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Bestimmungsländer (Top 10) nach Anzahl der Fälle  19

Tabelle 10: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Bestimmungsländer (Top 10) nach Anzahl der gefälschten Artikel 20

Tabelle 11: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Zollverfahren nach Anzahl der Fälle. 21

Tabelle 12: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Zollverfahren nach Anzahl der gefälschten Artikel 22

Tabelle 13: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Verkehrsart nach Anzahl der Fälle. 23

Tabelle 14: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Verkehrsart nach Anzahl der gefälschten Artikel 24

Tabelle 15: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Gewerblich / Privat nach Anzahl der Fälle. 24

Tabelle 16: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Gewerblich / Privat nach Anzahl der gefälschten Artikel 25

Tabelle 17: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Ergebnisse. 26

Verzeichnis der Grafiken

Grafik 1:.... Entwicklung der Grenzbeschlagnahmeanträge in Österreich seit dem Jahr 2000. 11

Grafik 2:.... Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Warengruppen aufgeteilt nach der Anzahl der Fälle. 15

Grafik 3:.... Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Warengruppen aufgeteilt nach der Anzahl der gefälschten Artikel 15

Grafik 4:.... Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Ursprungsländer (Top 10) nach Anzahl der Fälle. 18

Grafik 5:.... Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Ursprungsländer (Top 10) nach Anzahl der gefälschten Artikel 19

Grafik 6:.... Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Bestimmungsländer (Top 10) nach Anzahl der Fälle  20

Grafik 7:.... Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Bestimmungsländer (Top 10) nach Anzahl der gefälschten Artikel 21

Grafik 8:.... Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Zollverfahren nach Anzahl der Fälle. 22

Grafik 9:.... Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Zollverfahren nach Anzahl der gefälschten Artikel 22

Grafik 10:.. Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Verkehrsart nach Anzahl der Fälle. 23

Grafik 11:.. Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Verkehrsart nach Anzahl der gefälschten Artikel 24

Grafik 12:.. Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Gewerblich / Privat nach Anzahl der Fälle. 25

Grafik 13:.. Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Gewerblich / Privat nach Anzahl der gefälschten Artikel 25

 


0.     Einleitung

0.1. Auftrag zur Erstellung des Berichts

Der Nationalrat hat in seiner Sitzung am 14. Juli 2006 die Entschließung Nr. E 207 angenommen, in der der Bundesminister für Finanzen ersucht wird, dem Parlament einen jährlichen Bericht über die Anwendung der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 und des Produktpirateriegesetzes 2004 vorzulegen.

Mit diesem Bericht wird diesem Ersuchen für das Jahr 2006 entsprochen.

0.2. Übersicht über den Produktpirateriebericht 2006

Der Bericht enthält in Abschnitt 1 eine Bewertung der aktuellen Situation auf der Basis der Erfahrungen, die bei dem Versuch, der stetig wachsenden Flut von Fälschungen im internationalen Handel Einhalt zu gebieten, gesammelt wurde. Dabei sind aber nicht nur die österreichischen Erfahrungen eingeflossen, sondern es wurde auch die Erkenntnisse der Europäischen Kommission und der Zollbehörden der anderen EU-Mitgliedstaaten berücksichtigt.

Die im Jahr 2006 im Bereich der Bekämpfung der Produktpiraterie durch das Bundesministerium für Finanzen im Zollbereich gesetzten Initiativen sind Gegenstand des Abschnittes 2.

In Abschnitt 3 werden die im Jahr 2006 in Österreich gesammelten Daten und Fakten bei der Anwendung der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 und des Produktpirateriegesetzes 2004 präsentiert und analysiert. Zu diesen Daten ist allgemein anzumerken, dass dem Bundesministerium für Finanzen nur Daten über Produktpiraterie-Fälle vorliegen, die von der Österreichischen Zollverwaltung im Zuge der Vollziehung der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 bzw. des Produktpirateriegesetzes 2004 gesammelt wurden. Sämtliche in der Folge angeführte Daten und Angaben beziehen sich daher ausschließlich auf derartige Fälle.

Der Abschnitt 4 enthält ein Glossar mit einer Erläuterung der wichtigsten Begriffe.

1.     Bewertung der aktuellen Situation

1.1. Produktpiraterie – ein zunehmend größeres Problem

Fälschungen werden von skrupellosen Geschäftemachern, die nahezu vollständig in der Untergrundwirtschaft agieren, zunehmend industriell produziert. Die Palette der gefälschten Artikel reicht von Bekleidung und Markenartikeln, Kinderspielwaren, Sportartikeln, Software, Handys, Musik und Filmen, Autoersatzteilen, kompletten Autos bis hin zu Lebensmitteln und Getränken, Medikamenten, Maschinen, ganzen Fabrikanlagen und sogar Flugzeugteilen. Dadurch ist die Produktpiraterie ein weltweit boomender „Wirtschaftszweig“ geworden, mit dem viele Milliarden erwirtschaftet werden und der auch ein wachsendes Interesse bei der organisierten Kriminalität weckt.

Tatsächlich führen der finanzielle Verlust, der den Unternehmen durch die Fälschungen entsteht, und der finanzielle Einsatz zur Bekämpfung der Produktpiraten zwangsläufig zu Einsparungen. Dadurch gehen nicht zuletzt auch in Österreich zahlreiche Arbeitsplätze verloren. Ganz zu schweigen von entgangenen Steuereinnahmen sowohl für die Regierungen der Herstellerländer als auch der Verbraucherländer.

1.2. Neue Bedrohungen

Ein neuer, alarmierender Aspekt dieses Phänomens ist die zunehmende Gefährdung der Konsumenten. Vor zwanzig Jahren waren sieben von zehn Unternehmen, deren Produkte nachgeahmt wurden, im Bereich Luxusgüter angesiedelt. Mittlerweile sind die gefährlichen Fälschungen stark im Steigen begriffen. Lebensmittel, Arzneimittel und andere Waren, die eine ernste Bedrohung für die Gesundheit der Verbraucher darstellen, werden weiterhin in großen Mengen unerlaubt hergestellt. Die Arbeit der Zollbehörden wird dadurch weiter erschwert, dass die Wege, über die Fälschungen auf den Markt gelangen, wechseln, eine immer größere Palette von Waren nachgeahmt wird, die Nachahmungen eine so hohe Qualität aufweisen, dass sie ohne Fachwissen kaum zu erkennen sind, und dass die Fälschungen vermehrt über das Internet verkauft werden.

Immer öfter beobachten die Zollbehörden eine Umleitung von Waren mit dem Ziel, deren Ursprung zu verschleiern. In Ländern, die von den Zollbehörden im Allgemeinen als risikoarm eingestuft werden, werden die Fälschungen umgeladen und anschließend neu versendet. So hoffen die Betrüger, im Zielland unbeanstandet durch die Risikoanalyse und die Kontrollen des Zolls zu schlüpfen.

Es mehren sich aber auch die Fälle, in denen die Gemeinschaft selbst zur Verschleierung des Ursprungs von Waren genutzt wird. Produktfälschungen werden zum Beispiel aus Asien in die EU gebracht, dort in Freizonen oder Zolllagern umgeladen und zwischengelagert und dann weiter in Drittländer befördert. Gezielte Zollkontrollen durch bestens geschulte Spezialisten sind in diesen sensiblen Bereichen zur Verhinderung derartiger Vorgänge unerlässlich.

Auch der Verkauf von Fälschungen über das Internet bildet ein wachsendes Problem. Gerade im Postverkehr und bei den Schnelldiensten wird vom Zoll eine ständige steigende Zahl von Pirateriefällen festgestellt, die im Zusammenhang mit dem Verkauf über das Internet stehen. Die im Postverkehr und bei den Schnelldiensten übliche große Zahl von vergleichsweise kleinen Sendungen erschwert die Kontrolltätigkeiten der Zollbehörde enorm und stellen sie vor neue Herausforderungen.

1.3. Der EU-Aktionsplan 2005 bis 2008

Seit die Kommission zur Bekämpfung von Fälschungen und Produktpiraterie den EU-Aktionsplan für den Zoll erstellt hat, wurden, nicht zuletzt dank der dazu im Rahmen der österreichischen EU-Präsidentschaft gesetzten Initiativen (siehe Abschnitt 2.1.), eine Reihe von Maßnahmen getroffen. Die Kommission hat im November 2006 auf folgende, bereits konkret gesetzte Maßnahmen hingewiesen:

§    In den wichtigsten europäischen Häfen und Flughäfen werden gezielte, befristete operationelle Zollaktionen gegen Fälschungen durchgeführt. Eine kürzlich abgeschlossene Zollaktion führte bereits zur Sicherstellung von über 90 großen Seecontainern mit nachgeahmten Waren, und es wird mit weiteren Beschlagnahmungen gerechnet.

§    Eine Task-Force „Bekämpfung von Fälschungen“, bestehend aus führenden EU-Zollexperten, wurde eingesetzt, um die gezielten Kontrollen zur Erkennung von Fälschungen in ganz Europa zu verbessern und um in enger Zusammenarbeit mit den Rechtsinhabern, mit den betroffenen Industriezweigen und mit Sachverständigen aus Drittländern vorzugehen.

§    Mit einer gemeinsamen Arbeitsgruppe Unternehmen-Zoll wird ein Rahmen für den Informationsaustausch geschaffen, in dem die Weitergabe von Erkenntnissen der Rechtsinhaber an EU-Häfen und Flughäfen rationeller erfolgt und Informationen über die jüngsten Trends beim illegalen Handel ausgetauscht werden können.

§    Derzeit wird über Änderungen des gemeinschaftlichen Zollrechts entschieden, die einen Rahmen für ein integriertes gemeinschaftliches Risikomanagement schaffen und dazu beitragen, an den Gemeinschaftsgrenzen gezielt Waren mit hohem Risiko herauszufiltern und abzufangen.

§    Die operationelle Zusammenarbeit mit Drittländern, vor allem China und den USA, wird durch den Austausch von Informationen über die jüngsten Trends beim illegalen Handel und über gefährliche Warensendungen weiter gestärkt.

§    Die Kommission bemüht sich zusammen mit den Mitgliedstaaten und wichtigen Partnern, den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums durch den Zoll besser durchzusetzen und insbesondere dafür zu sorgen, dass auch Ausfuhr-, Transit- und Umladevorgänge in anderen Regionen kontrolliert werden.

2.     Österreichische Initiativen im Zollbereich

2.1. Entschließung des Rates der Europäischen Union

Am 11. Oktober 2005 hat die Kommission in der „Mitteilung an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über eine Antwort des Zolls auf jüngste Entwicklungen bei der Nachahmung von Waren und der Produktpiraterie“ (KOM(2005) 479 endg.) eine Bewertung der aktuellen Lage unter Berücksichtigung der jüngsten Erfahrungen der Zollbehörden durchgeführt. Dabei hat sie die enorme Bedrohung für die Wirtschaft sowie die massive Gefahr für die Gesundheit und die Sicherheit der EU-Bürger durch die ständig steigenden Produkt- und Markenfälschungen aufgezeigt.

Die Kommission kam zum Schluss, dass effiziente Zollkontrollen und eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Zoll und Wirtschaft eine wirkungsvolle Maßnahme gegen diese gefährliche Entwicklung darstellen und den Handel vor unfairem Wettbewerb schützen können. Auf die Tätigkeit der Zollbehörden in Österreich und den anderen Mitgliedstaaten ist nämlich die weitaus überwiegende Anzahl der Beschlagnahmungen von Fälschungen zurückzuführen, wobei die Zollbeschlagnahmungen in den letzten Jahren um mehr als 1.000 % angestiegen sind.

Die Kommission folgerte, dass es eines weiter reichenden, umfassenderen Ansatzes bedarf, um das Problem unter Kontrolle halten zu können. Eines Ansatzes, der auf praktischen und auch durchsetzbaren Maßnahmen in drei Schlüsselbereichen fußt:

§    Verbesserung und Intensivierung der Zollkontrollen zum Schutz vor Waren, die ein Gesundheits- oder Sicherheitsrisiko für die Konsumenten darstellen oder sehr wahrscheinlich mit organisierter Kriminalität in Verbindung stehen,

§    Stärkung der Partnerschaft zwischen Zollbehörden und Unternehmen sowie

§    Ausbau der internationalen Zusammenarbeit mit den Hauptexportstaaten von Produktfälschungen.

Die Kommission hat auch schon erste Schritte für eine bessere Durchsetzung der Maßnahmen zur Bekämpfung nachgeahmter Waren und der einschlägigen Rechtsvorschriften empfohlen und einen EU-Aktionsplans 2005 bis 2008 für ein entsprechendes Vorgehen der Zollbehörden erstellt. Die Schwerpunkte dieses Aktionsplans sind:

§    Einrichtung einer Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Zoll und Unternehmen zur Vornahme einer Überprüfung der bestehenden EU-Verordnungen und Ausarbeitung von Verbesserungsvorschlägen;

§    Einsetzung einer Zollsachverständigengruppe zur Erstellung eines Gemeinschaftsleitfadens zum Risikomanagement in Form eines e-Leitfadens;

§    Einrichtung einer EU-Taskforce aus Zollsachverständigen der Mitgliedstaaten zur Vornahme operationeller Tätigkeiten zwecks Verbesserung der Effektivität der Zollkontrollen;

§    Aktualisierung von Schulungsmaterialien zur Unterstützung der Zöllner für die Verbesserung zielgerichteter Handlungsweisen hinsichtlich Pirateriewaren;

§    Verbesserung der Partnerschaft zwischen Zoll und Unternehmen zur Erzielung eines proaktiveren Ansatzes bei der Stellung von Grenzbeschlagnahmeanträgen durch die Rechtsinhaber unter Einsatz von Seminaren und anderen Zoll/Unternehmensforen;

§    Durchführung spezifischer Aktionen durch die Mitgliedstaaten in Bezug auf risikoreiche, mit öffentlicher Gesundheit verbundene Sektoren (pharmazeutische Produkte, Kinderspielzeuge) und in Bereichen, wo steuerliche Verluste die öffentliche Hand schädigen;

§    Förderung von Publicity-Aktionen zur Bewusstseinssteigerung bei den Konsumenten, um die durch Nachahmung und Markenpiraterie für die Beschäftigung und die Gesellschaft erwachsenden Gefährdungen aufzuzeigen (zB globaler Anti-Piraterietag);

§    Maximale Ausschöpfung der Übereinkommen zur Zollzusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Produktpiraterie;

§    Verbesserung der Zusammenarbeit mit Vollzugsbehörden in Drittstaaten im Vorgehen gegen Nachahmer, Schließung von Partnerschaften und gegenseitige Unterstützung zum Austausch fachlicher Kenntnisse;

§    Internationaler Austausch der neuesten Risikoinformationen, Förderung des Gemeinschaftsleitfadens zum Risikomanagement und Verbesserung der Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Fälschungen durch die Mitgliedstaaten.

Das Bundesministerium für Finanzen hat sich als eine der ersten Aufgaben im Zollbereich während der österreichischen EU-Präsidentschaft vorgenommen, konkrete Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft und der Verbraucher vor der Bedrohung durch die Produktpiraterie zu setzen. Vom österreichischen Ratsvorsitz wurde daher eine „Entschließung des Rates über eine Antwort des Zolls auf jüngste Entwicklungen bei der Nachahmung von Waren und der Produktpiraterie“ eingebracht.

Die Kommission wird in dieser Resolution aufgefordert, unverzüglich konkrete Umsetzungsmaßnahmen für die durch den Zoll künftig zu ergreifenden zusätzlichen Maßnahmen vorzulegen. Dabei ist dem Ausbau des Informationsaustauschs sowohl zwischen den Zollbehörden als auch zwischen den Zollbehörden und den in die Bekämpfung von Fälschungen und Produktpiraterie einbezogenen Wirtschaftsbeteiligten besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Das zunehmende Problem nachgeahmter Waren, die die Gesundheit und die Sicherheit gefährden, muss bevorzugt durch tatsächliche Umsetzung des umfassenden EU-Aktionsplans gelöst werden.

Die Mitgliedstaaten werden schließlich aufgefordert, dieses umfassende Konzept durchzuführen und den EU-Aktionsplan entsprechend umzusetzen. Es müssen insbesondere die Zollkontrollen in diesem Bereich effizienter gestaltet und die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft verbessert werden.

Die Entschließung wurde am 13. März 2006 im Rat der Europäischen Union angenommen und ist am 18. März 2006 im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. C 67, Seite 1, veröffentlicht worden.

2.2. Internationales Produktpiraterie-Seminar in Villach

Das Bundesministerium für Finanzen hat in Zusammenarbeit mit dem Competence Center Gewerblicher Rechtsschutz des Zollamtes Villach in der Zeit vom 16. bis 18. Oktober 2006 ein Produktpiraterie-Praxisseminar in Villach veranstaltet. Diese Veranstaltung stand – ebenso wie das gesamte Engagement der Zollverwaltung bei der Bekämpfung der Produktpiraterie – unter dem Motto „Die Österreichische Zollverwaltung als Partner der Wirtschaft im Kampf gegen Produktpiraterie“. Eine solche Partnerschaft mit der Wirtschaft ist nämlich gerade in diesem Bereich von elementarer Bedeutung.

Ziel dieses Seminars war insbesondere die Weitergabe von aktuellen Informationen und Neuerungen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes sowie der Wissensaustausch zwischen der Zollverwaltung und den Rechtsinhabern, die in Österreich Grenzbeschlagnahmeanträge gestellt haben. Demgemäß lagen besondere Schwerpunkte der Veranstaltung auf der Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Zollbehörden und Rechtsinhabern sowie der Verbesserung der Fähigkeiten der Zollorgane zur Erkennung von Fälschungen.

An der von allen Teilnehmern als äußerst positiv und gelungen beurteilten Veranstaltung haben neben Vertretern aller Zollämter insgesamt 35 Repräsentanten verschiedener Rechtsinhaber aus dem In- und Ausland teilgenommen.

Das Seminar hat sich als äußerst erfolgreich erwiesen. So hat sich nach dem Seminar die Anzahl der Aufgriffe insbesondere in gefährlichen Bereichen (vor allem bei Arzneimitteln) infolge präziserer und besser gebündelter Kontrollen erhöht. Darüber hinaus hat das Seminar zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Zollbehörden und den verschiedenen Beteiligten beigetragen.

3.     Daten und Fakten

3.1. Grenzbeschlagnahmeanträge

Am 31. Dezember 2006 waren in Österreich insgesamt 344 Anträge auf Tätigwerden der Zollbehörde nach Artikel 5 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 (Grenzbeschlagnahmeanträge) in Kraft.

Im Detail handelt es sich dabei um

§    133 nationale Anträge im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 PPV 2004 und

§    211 Gemeinschaftsanträge gem. Artikel 5 Absatz 4 PPV 2004, die auch in Österreich gelten.

Im Detail betreffend diese Anträge folgende Schutzrechte:

Tabelle 1:    Übersicht über die von den Grenzbeschlagnahmeanträgen betroffenen Schutzrechte

Schutzrecht

Nationale
Anträge

Gemeinschafts­anträge

Marke, Gemeinschaftsmarke

123 [1])

193 [2])

Geschmacksmuster, Gemeinschaftsgeschmacksmuster

2

15

Urheberrecht und verwandte Schutzrechte

3

0

Patente (einschl. ergänzende Schutzzertifikate)

4

 

Sortenschutzrecht

0

1

Geschützte Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel oder für Weinbauerzeugnisse

0

1

Geschützte geografische Angaben für Spirituosen

1

1

Gesamt

133

211

Die Gemeinschaftsanträge wurden in folgenden Mitgliedstaaten gestellt:

Tabelle 2:    Übersicht über die Gemeinschaftsanträge

Mitgliedstaat

Gemeinschafts­anträge

  Belgien

4

   Dänemark

1

  Deutschland

49

  Estland

1

   Frankreich

8

  Irland

2

  Italien

29

  Niederlande

25

  Österreich

7

   Polen

1

   Schweden

7

  Spanien

10

   Tschechien

2

  Vereinigtes Königreich

65

Gesamt

211

Eine Liste jener Unternehmen, die einen Antrag auf Grenzbeschlagnahme nach Artikel 5 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 gestellt haben, ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen abfragbar:

§    www.bmf.gv.at => Zoll => Produktpiraterie => Grenzbeschlagnahme => Liste der Rechtsinhaber

Die Zahl der Grenzbeschlagnahmeanträge steigt kontinuierlich an und hat am 31. Dezember 2006 mit insgesamt 344 Anträgen einen Höhepunkt erreicht. Eine besonders starke Steigerung ergab sich nach dem Inkrafttreten der neuen EG-Produktpiraterie-Verordnung am 1. Juli 2004. Die durch diese Verordnung forcierte Möglichkeit der Stellung von Gemeinschaftsanträgen wurde von den Rechtsinhabern angenommen und hat zu einem sprunghaften Ansteigen der in Österreich gültigen Grenzbeschlagnahmeanträge geführt.

Seit dem Jahr 2000 haben sich die Grenzbeschlagnahmeanträge in Österreich wie folgt entwickelt:

Tabelle 3:    Entwicklung der Grenzbeschlagnahmeanträge in Österreich seit dem Jahr 2000

Jahr

Nationale
Anträge

Gemeinschafts­anträge

Gesamt

2000

68

2

70

2001

63

4

67

2002

99

14

113

2003

128

21

149

2004

120

37

157

2005

117

124

241

2006

133

211

344

Grafik 1:   Entwicklung der Grenzbeschlagnahmeanträge in Österreich seit dem Jahr 2000

3.2. Produktpiraterie-Aufgriffe im Jahr 2006

3.2.1.  Aufgriffe

Die Österreichische Zollverwaltung ist im Jahr 2006 bei

§    679 Sendungen

nach der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 tätig geworden und hat und die Überlassung der Waren ausgesetzt oder die Waren zurückbehalten. Daraus resultierten (weil bei einer Sendung oft mehrere Rechtsinhaber betroffen sind)

§    2.227 Fälle, bei denen insgesamt

§    137.713 Stück gefälschte Artikel entdeckt wurden.

Diese Waren repräsentieren – würde es sich um Originalwaren handeln – einen Wert von

§    10.362.073 Euro.

Das Tätigwerden der Zollbehörden erfolgte dabei in 2.142 Fällen (ds. mehr als 96 %) über vorher gestellten Antrag durch den Rechtsinhaber. Lediglich in 85 Fällen (ds. weniger als 4 %) erfolgte das Tätigwerden von Amts wegen, wenn vom Rechtsinhaber (noch) kein entsprechender Antrag gestellt worden ist.

Wie auch schon in den vergangenen Jahren wurden die meisten Fälschungen im Bereich Bekleidung und Bekleidungszubehör festgestellt. Ein nach wie vor „boomender“ Sektor sind Teile und Zubehör von Mobiltelefonen (insgesamt wurden 43.512 Stück Fälschungen festgestellt). Mittlerweile werden aber nicht mehr nur Handyteile, sondern bereits ganze Telefone gefälscht.

Den größten Anlass zur Sorgen bereiten aber die gefälschten Medikamente, weil in diesem Bereich einerseits die größte Steigerung bei den Aufgriffszahlen zu verzeichnen ist und dies andererseits eine der gefährlichsten Formen der Fälschungen darstellt. Dies wird bei einem zuletzt von der Pharmaindustrie aufgedeckten Fall eines gefälschten Medikaments zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich, der wohl zu den spektakulärsten Fällen zählt. Die Fälschung bestand aus einer Mischung von fein gemahlenem Ziegelstaub und gelber Farbe wie sie für Bodenmarkierungen auf Straßen verwendet wird, um der Pille das charakteristische Aussehen des Originalprodukts zu verleihen. Um dem Ganzen eine hübsch glänzende Oberfläche zu geben vollendete man das „Medikament“ mit einem Überzug aus Möbelpolitur.

In Österreich wurden derartige „Medikamente“ zum Glück nicht festgestellt. Allerdings stellen die Medikamente die Produktgruppe mit der stärksten Steigerung der Aufgriffszahlen dar:

§    im Jahr 2006 wurden bei 127 Fällen insgesamt 12.271 Fälschungen gefunden,[3])

§    im Jahr 2005 wurde lediglich ein Fall mit 55 Stück gefälschten Medikamenten verzeichnet und

§    im Jahr 2004 wurden keine gefälschten Medikamente aufgegriffen.

Viagra ist in Österreich ebenso wie in der gesamten Europäischen Union das am meisten gefälschte Medikament. Die überwiegende Anzahl der Medikamentenfälschungen stammt aus Indien.

Diese gefälschten Medikamente werden nahezu ausschließlich über das Internet vertrieben und in Klein- und Kleinstsendungen (oft mit nicht mehr als 4 Tabletten) versandt. Gerade in diesem Bereich tragen die Möglichkeiten des Internets, Waren einfach, weltweit und oftmals auch anonym zu verkaufen, ganz wesentlich zu diesem Phänomen bei und erschweren gleichzeitig die Kontrolltätigkeiten der Zollbehörde.

Die nachstehende Aufstellung enthält eine nach Waren bzw. Warengruppen gegliederte Übersicht über die Fälle, in denen die Zollbehörden auf Grund der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 tätig geworden sind. Die Einteilung in die Produktgruppen entspricht den entsprechenden Vorgaben der Europäischen Kommission und der Einteilung, nach der auch die Kommission die EU-weiten Produktpiraterie-Aufgriffsstatistiken veröffentlicht. Zum Wert der Waren wird angemerkt, dass es sich dabei um den im Einvernehmen mit den Rechtsinhabern geschätzten Wert der entsprechenden Originalwaren handelt. Daten über den Zollwert dieser Waren werden statistisch nicht erfasst.[4])

Tabelle 4:    Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Produktgruppen

Produktgruppen

Anzahl Fälle

Anzahl
gefälschte Artikel

Wert der
Originalwaren

1

Lebensmittel, Alkoholika und Getränke

0

0

0 €

2

Parfümeriewaren und Kosmetika

1

1

50 €

3

Bekleidung und Bekleidungs­zubehör:

 

 

 

3a

§  Sportbekleidung

226

8.755

861.235 €

3b

§  andere Bekleidung

429

21.098

1.142.600 €

3c

§  Bekleidungszubehör (Taschen, Gürtel, Schuhe, Brillen/Sonnen­brillen, ...)

560

35.247

739.235 €

4

Elektrische Apparate und Ausrüstungsgegenstände (Haushaltswaren, Werkzeuge, ...)

6

279

41.610 €

5

Computer (Rechner, Bildschirme, Drucker, Mikroprozessoren, ...)

386

45.715

1.509.570 €

6

CD (Audio, Spiele, Software, ...), DVD, Audio- und Videokassetten

21

224

17.720 €

7

Uhren und Schmuck

452

7.903

5.460.755 €

8

Spielzeug und Spiele (einschließlich Spielkonsolen)

4

21

618 €

9

Verschiedenes (Automobil­ersatzteile, Paletten, ...)

15

6.199

235.710 €

10

Zigaretten

0

0

0 €

11

Medikamente

127

12.271

352.970 €

Gesamt

2.227

137.713

10.362.073 €

Grafik 2:   Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Warengruppen aufgeteilt nach der Anzahl der Fälle

Grafik 3:   Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Warengruppen aufgeteilt nach der Anzahl der gefälschten Artikel

Seit dem Jahr 2002 haben sich die Produktpiraterie-Aufgriffe in Österreich wie folgt entwickelt:

Tabelle 5:    Entwicklung der Produktpiraterie-Aufgriffe in Österreich seit dem Jahr 2002

Jahr

Anzahl Fälle

Anzahl
gefälschte Artikel

Wert der
Originalwaren

2002

490

354.979

10.470.971 €

2003

557

2.037.519

6.588.610 €

2004

2.365

3.799.421

11.068.248 €

2005

2.351

179.683

33.401.028 €

2006

2.227

137.713

10.362.073 €

Wie aus der vorstehenden Tabelle deutlich wird, stieg die Zahl der Produktpiraterie-Aufgriffe bis zum Jahr 2004 kontinuierlich an. Im Jahr 2005 war – und zwar sowohl in Österreich als auch in der gesamten EU – erstmals eine Trendumkehr bei der Anzahl der entdeckten gefälschten Artikel zu bemerken, obwohl die Anzahl der festgestellten Pirateriefälle im Wesentlichen gleich blieb. Dieser Trend hat sich im Jahr 2006 fortgesetzt.

Für dieses Phänomen gibt es eine Reihe von Gründen:

§    Sendungen mit Pirateriewaren enthalten immer kleinere Mengen an Fälschungen und werden dafür immer zahlreicher, was gleichzeitig den Druck auf die Zollbehörden und deren Ressourcen erhöht, weil eine ständig steigende Anzahl kleiner Sendungen zu kontrollieren ist;

§    komplexe Transitrouten und eine immer besser werdende Qualität der Fälschungen erschweren die Erkennbarkeit von Fälschungen;

§    der sprunghafte Anstieg der Nutzung des Internet (vor allem für den Verkauf von Arzneimitteln) stellen geänderte Anforderungen an die Zollkontrollen.

3.2.2.  Schutzrechte

Die im Jahr 2006 verzeichneten Produktpiraterie-Aufgriffe betrafen folgende Rechte am geistigen Eigentum:

Tabelle 6:    Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Schutzrechtsverletzungen

Schutzrecht

Anzahl Fälle

Anzahl Waren

Marke, Gemeinschaftsmarke

2.213

137.056

Geschmacksmuster, Gemeinschaftsgeschmacksmuster

0

0

Urheberrecht und verwandte Schutzrechte

14

657

Patente (einschl. ergänzende Schutzzertifikate)

0

0

Sortenschutzrecht

0

0

Geschützte Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel oder für Weinbauerzeugnisse

0

0

Geschützte geografische Angaben für Spirituosen

0

0

Gesamt

2.227

137.713

 

3.2.3.  Ursprungsländer

Bei den Ursprungsländern liegt China sowohl was die Anzahl der Fälle (23,35 %) als auch was die die Anzahl der gefälschten Produkte (35,73 %) betrifft, mit Abstand an erster Stelle. Insgesamt stammen mehr als 75 % der in Österreich aufgegriffenen gefälschten Waren aus dem südostasiatischen Raum.

Tabelle 7:    Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Ursprungsländer (Top 10) nach Anzahl der Fälle

Ursprungsland

Anzahl Fälle

% der
gesamten Fälle

China

520

23,35 %

Hongkong

163

7,32 %

Türkei

145

6,51 %

Thailand

138

6,20 %

Indien

55

2,47 %

Philippinen

16

0,72 %

Ukraine

12

0,54 %

Vietnam

11

0,49 %

USA

9

0,40 %

Israel

8

0,36 %

Grafik 4:   Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Ursprungsländer (Top 10) nach Anzahl der Fälle

Tabelle 8:    Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Ursprungsländer (Top 10) nach Anzahl der gefälschten Artikel

Ursprungsland

Anzahl gefälschte Artikel

% der
Gesamtmenge

China

49.206

35,73 %

Hongkong

47.346

34,38 %

Türkei

11.465

8,33 %

Vietnam

5.100

3,70 %

Indien

3.402

2,47 %

Thailand

2.552

1,85 %

Ägypten

486

0,35 %

Vereinigte Arabische Emirate (VAE)

302

0,22 %

Philippinen

133

0,10 %

Lybien

95

0,07 %

Grafik 5:   Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Ursprungsländer (Top 10) nach Anzahl der gefälschten Artikel

3.2.4.  Bestimmungsländer

Bei den Bestimmungsländern liegt Österreich naturgemäß sowohl was die Anzahl der Fälle (94,48 %) als auch was die die Anzahl der gefälschten Produkte (66,43 %) betrifft, mit Abstand an erster Stelle.

Tabelle 9:    Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Bestimmungsländer (Top 10) nach Anzahl der Fälle

Bestimmungsland

Anzahl Fälle

% der
gesamten Fälle

Österreich

2.104

94,48 %

Slowakei

49

2,20 %

Kosovo

33

1,48 %

Suriname

14

0,63 %

Tschechien

9

0,40 %

Ungarn

7

0,31 %

Serbien

3

0,13 %

Vietnam

2

0,09 %

Litauen

1

0,04 %

Nigeria

1

0,04 %

Grafik 6:   Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Bestimmungsländer (Top 10) nach Anzahl der Fälle

Tabelle 10:  Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Bestimmungsländer (Top 10) nach Anzahl der gefälschten Artikel

Bestimmungsland

Anzahl gefälschte Artikel

% der
Gesamtmenge

Österreich

91.479

66,43 %

Kosovo

19.663

14,28 %

Tschechien

12.768

9,27 %

Slowakei

6.496

4,72 %

Hongkong

780

0,57 %

Ungarn

412

0,30 %

Suriname

153

0,11 %

Serbien

145

0,11 %

Litauen

80

0,06 %

Slowenien

60

0,04 %

Grafik 7:   Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Bestimmungsländer (Top 10) nach Anzahl der gefälschten Artikel

 

3.2.5.  Zollverfahren

Die meisten Fälschungen wurden im Zuge der Verzollung (Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr) entdeckt (94,70 % der Fälle bzw. 72,71 % der gefälschten Produkte). Ein wichtiger Kontrollbereich liegt aber auch im Bereich des Versandverfahrens, bei dem vor allem Transitsendungen mit Fälschungen entdeckt werden.

Tabelle 11:  Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Zollverfahren nach Anzahl der Fälle

Zollverfahren

Anzahl Fälle

% der
gesamten Fälle

Versandverfahren

112

5,03 %

Lagerverfahren

2

0,09 %

Verzollung

2.109

94,70 %

Ausfuhr

4

0,18 %

Strafverfahren

0

0,00 %

Innergemeinschaftlich

0

0,00 %

Gesamt

2.227

100,00 %

Grafik 8:   Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Zollverfahren nach Anzahl der Fälle

Tabelle 12:  Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Zollverfahren nach Anzahl der gefälschten Artikel

Zollverfahren

Anzahl gefälschte Artikel

% der
Gesamtmenge

Versandverfahren

31.120

22,60 %

Lagerverfahren

5.672

4,12 %

Verzollung

100.136

72,71 %

Ausfuhr

785

0,57 %

Strafverfahren

0

0,00 %

Innergemeinschaftlich

0

0,00 %

Gesamt

137.713

100,00 %

Grafik 9:   Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Zollverfahren nach Anzahl der gefälschten Artikel

3.2.6.  Verkehrsart

Bei der Verkehrsart liegt die Post bei der Anzahl der Fälle mit 85,27 % mit Abstand an erster Stelle. Die Anzahl der im Postverkehr aufgegriffenen gefälschten Produkte liegt wegen der in diesem Verkehr üblichen Kleinsendungen jedoch nur bei 18,04 %. Die meisten gefälschten Produkte wurden im Flugverkehr (54,10 %) aufgegriffen, was einerseits auf die geografische Lage Österreichs (keine Häfen) und andererseits auf den Umstand zurückzuführen ist, dass Österreich nur mehr gegenüber der Schweiz eine EU-Außengrenze hat.

Die große Anzahl der Fälle im Postverkehr ist auf den sprunghaften Anstieg der Nutzung des Internet für den Verkauf von Fälschungen (vor allem für gefälschte Arzneimittel) und den daraus resultierenden Versand in Kleinstsendungen zurückzuführen.

Tabelle 13:  Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Verkehrsart nach Anzahl der Fälle

Verkehrsart

Anzahl Fälle

% der
gesamten Fälle

Flugzeug

308

13,83 %

Post

1.899

85,27 %

Bahn

4

0,18 %

Straße

16

0,72 %

Schiff

0

0,00 %

Gesamt

2.227

100,00 %

Grafik 10: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Verkehrsart nach Anzahl der Fälle

Tabelle 14:  Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Verkehrsart nach Anzahl der gefälschten Artikel

Verkehrsart

Anzahl gefälschte Artikel

% der
Gesamtmenge

Flugzeug

74.500

54,10 %

Post

24.843

18,04 %

Bahn

23.945

17,39 %

Straße

14.425

10,47 %

Schiff

0

0,00 %

Gesamt

137.713

100,00 %

Grafik 11: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Verkehrsart nach Anzahl der gefälschten Artikel

3.2.7.  Gewerblich / Privat

Bei der Frage, ob die Produktpiraterie-Aufgriffe gewerbliche oder private Sendungen betrafen, ergibt sich ein unterschiedliches Bild, je nach dem, ob man von der Anzahl der Fälle oder der Anzahl der gefälschten Artikel ausgeht. Mehr als 75 % der Fälle betrafen private Sendungen, dabei wurden allerdings weniger als 6 % der gefälschten Artikel aufgegriffen.

Tabelle 15:  Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Gewerblich / Privat nach Anzahl der Fälle

Gewerblich / Privat

Anzahl Fälle

% der
gesamten Fälle

Gewerblich

533

23,93 %

Privat

1.694

76,07 %

Gesamt

2.227

100,00 %

Grafik 12: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Gewerblich / Privat nach Anzahl der Fälle

Tabelle 16:  Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Gewerblich / Privat nach Anzahl der gefälschten Artikel

Gewerblich / Privat

Anzahl gefälschte Artikel

% der
Gesamtmenge

Gewerblich

129.642

94,14 %

Privat

8.071

5,86 %

Gesamt

137.713

100,00 %

Grafik 13: Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Gewerblich / Privat nach Anzahl der gefälschten Artikel

 

3.2.8.  Ergebnisse

Die vorstehend erläuterten Produktpiraterie-Aufgriffe führten zu folgenden Ergebnissen bzw. Erledigungen:

Tabelle 17:  Produktpiraterie-Aufgriffe 2006 – Ergebnisse

Ergebnisse

Anzahl Fälle

Anzahl gefälschte Artikel

Vernichtung im vereinfachten Verfahren nach § 11 PPG 2004

1.992

107.428

Zivilrechtliche oder strafrechtliche Gerichtsverfahren

24

12.384

Überlassung mangels Verfolgungshandlung

211

17.901

Gesamt

2.227

137.713

Zu diesen Ergebnissen ist folgendes anzumerken:

§    Vereinfachtes Verfahren nach § 11 PPG 2004:
Von den im vereinfachten Verfahren zur Vernichtung bestimmten Waren konnten im Jahr 2006 keine Waren karitativen Zwecken zugeführt oder auf andere Weise verwertet werden. Der Grund dafür ist, dass die Rechtsinhaber – obwohl in jedem einzelnen Fall ausdrücklich befragt – die dafür erforderliche Zustimmung nicht erteilt haben. Es mussten daher alle Waren – bis auf Einzelexemplare, die zu Anschauungs- und Musterzwecken für die Zollverwaltung zurückbehalten wurden – vernichtet werden.

§    Zivilrechtliche oder strafrechtliche Gerichtsverfahren:
aus den 24 Fällen, die von den Rechtsinhabern zivilrechtlich oder strafrechtlich verfolgt wurden, resultierten folgende Gerichtsverfahren:

Þ    zivilrechtliche Verfahren:     7 Anträge, alle Markenrecht;

Þ    strafrechtliche Verfahren:  12 Anträge nach Markenrecht,
                                             1 Antrag nach Urheberrecht und nach Markenrecht.

§    Überlassung mangels Verfolgungshandlung durch den Rechtsinhaber:
In jenen Fällen, in denen

Þ    vom Anmelder, vom Verbringer oder vom Eigentümer der Waren ein Widerspruch gegen die sofortige Vernichtung im vereinfachten Verfahren nach § 11 PPG 2004 eingelegt wurde und

Þ    von den Rechtsinhabern weder zivilrechtliche noch strafrechtliche Verfahren eingeleitet wurden,

mussten die Waren – obwohl es sich um Fälschungen handelte – überlassen werden.

3.3. Finanzvergehen gemäß § 7 PPG 2004

Im Jahr 2006 gab es keine Finanzvergehen nach § 7 PPG 2004.

4.     Glossar

EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 (PPV 2004)

Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen, ABl. L 196 vom 2.8.2003, S. 7.

Durchführungsverordnung zur EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 (PPV-DV 2004)

Verordnung (EG) Nr. 1891/2004 der Kommission vom 21. Oktober 2004 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen, ABl. Nr. L 328 vom 30.10.2004 S. 16.

Produktpirateriegesetz 2004 (PPG 2004)

Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen über das Vorgehen der Zollbehörden im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden – BGBl I Nr. 56/2004.

Zollkodex (ZK)

Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom 19.10.1992, S. 1.

Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen („Pirateriewaren“, „Fälschungen“, „Nachahmungen“)

Als Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, gelten "nachgeahmte Waren", "unerlaubt hergestellte Waren" sowie Waren, die ein Patent, ein ergänzendes Schutzzertifikat, ein Sortenschutzrecht, eine Ursprungsbezeichnung oder eine geografische Angabe verletzen.

Nachgeahmte Waren

§        Waren einschließlich ihrer Verpackungen,

§        alle gegebenenfalls auch gesondert zur Abfertigung gestellten Kennzeichnungsmittel (wie Embleme, Anhänger, Aufkleber, Prospekte, Bedienungs- oder Gebrauchsanweisungen, Garantiedokumente) sowie

§        alle gegebenenfalls auch gesondert zur Abfertigung gestellten Verpackungen,

auf denen ohne Genehmigung Marken oder Zeichen angebracht sind, die mit Marken oder Zeichen identisch sind, die für derartige Waren rechtsgültig eingetragen sind oder die in ihren wesentlichen Merkmalen nicht von solchen Marken oder Zeichen zu unterscheiden sind und damit nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft oder denjenigen Österreichs die Rechte des Inhabers der betreffenden Marken verletzen.

Unerlaubt hergestellte Waren

Waren, die Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen sind oder solche enthalten und die ohne Zustimmung des Inhabers des Urheberrechtes, eines verwandten Schutzrechtes oder eines Geschmacksmusterrechtes angefertigt wurden, wenn die Herstellung dieser Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen die betroffenen Rechte nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft oder denjenigen Österreichs verletzt.

Waren, die ein Patent, ein ergänzendes Schutzzertifikat, ein Sortenschutzrecht, eine Ursprungsbezeichnung oder eine geografische Angabe verletzen

Waren, die

§        ein Patent nach den österreichischen Rechtsvorschriften,

§        ein ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel,

§        ein ergänzendes Schutzzertifikat für Pflanzenschutzmittel,

§        ein Sortenschutzrecht nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft oder denjenigen Österreichs,

§        eine geschützte Ursprungsbezeichnung oder eine geografische Angabe für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft oder denjenigen Österreichs oder

§        eine geschützte geografische Angabe für Spirituosen nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft

verletzen.

Rechtsvorschriften betreffend die Rechte am geistigen Eigentum

Der Begriff "Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen" betrifft folgende Schutzrechte:

§        das Musterschutzgesetz, BGBl. Nr. 497/1990, hinsichtlich der Musterrechte,

§        das Markenschutzgesetz, BGBl. Nr. 260/1970, hinsichtlich eingetragener Marken und geschützter geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92,

§        das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, BGBl. Nr. 448/1984, hinsichtlich von Kennzeichen eines Unternehmens,

§        das Urheberrechtsgesetz, BGBl. Nr. 111/1936, hinsichtlich der Urheberrechte und der verwandten Schutzrechte,

§        das Patentgesetz 1970, BGBl. Nr. 259/1970, hinsichtlich eingetragener Patente,

§        das Schutzzertifikatsgesetz, BGBl. I Nr. 11/1997, hinsichtlich von Schutzzertifikaten, die in Österreich geltende Patente ergänzen,

§        das Sortenschutzgesetz 2001, BGBl I Nr. 109/2001, hinsichtlich der Sortenschutzrechte,

§        die Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 hinsichtlich von geschützten geografischen Angaben für Spirituosen sowie

§        die Verordnung (EG) Nr. 1493/99 hinsichtlich von geschützten geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Weinbauerzeugnisse.

Rechtsinhaber

Der Inhaber

§        eines der vorstehend angeführten „Rechte am geistigen Eigentum“, also der Inhaber einer Marke, eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte, eines Geschmacksmusterrechts, eines Patents, eines ergänzenden Schutzzertifikats, eines Sortenschutzrechts, einer geschützten Ursprungsbezeichnung, eines geschützten geografischen Angabe sowie

§        jede andere zur Nutzung der genannten Rechte geistigen Eigentums befugte Person oder deren Vertreter, wobei als Vertreter sowohl natürliche als auch juristische Personen fungieren können. Zu den als Vertreter befugten juristischen Personen gelten insbesondere:

Þ    Verwertungsgesellschaften, deren einziger Zweck oder Hauptzweck darin besteht, Ur-heberrechte oder verwandte Schutzrechte wahrzunehmen oder zu verwalten,

Þ    Gruppierungen, die einen Antrag auf Eintragung einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder einer geschützten geografischen Angabe gestellt haben,

Þ    Gruppierungen, die den Schutz und die Förderung einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder einer geschützten geografischen Angabe zum Ziel haben, sowie

Þ    Pflanzenzüchter.

Grenzbeschlagnahmeverfahren

Das Grenzbeschlagnahmeverfahren umfasst sämtliche Maßnahmen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Produktpiraterie-Aufgriff stehen. Die Grenzbeschlagnahme gibt der Zollstelle die rechtliche Möglichkeit, eine Ware anzuhalten, um dem jeweiligen Rechtsinhaber Gelegenheit zu der Prüfung zu geben, ob es sich tatsächlich um schutzrechtsverletzende Produkte handelt. Die Grenzbeschlagnahme ist also zunächst eine vorläufige Maßnahme, innerhalb der die Schutzrechtsansprüche geprüft werden und die dann zu strafrechtlichen (Geldstrafen, Freiheitsstrafen) oder zivilrechtlichen (Schadensersatzansprüche, Unterlassungsverpflichtungen) Maßnahmen führen kann.

Grenzbeschlagnahmeantrag

Jeder Rechtsinhaber ist berechtigt, bei der zuständigen Zentralstelle einen schriftlichen Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörden für den Fall zu stellen, dass Waren eingeführt oder ausgeführt oder durchgeführt werden sollen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie ein Recht am geistigen Eigentum verletzen. Dieser Antrag kann als „nationaler Antrag“ (mit Geltungsbereich nur in Österreich) und/oder

§        bei einer Gemeinschaftsmarke,

§        bei einem gemeinschaftlichen Geschmacksmusterrecht,

§        bei einem gemeinschaftlichen Sortenschutzrecht oder

§        bei einem gemeinschaftlichen Schutzrecht an einer Ursprungsbezeichnung oder einer geografischen Angabe

als „Gemeinschaftsantrag“ (mit Geltungsbereich in mehreren oder allen EU-Mitgliedstaaten) gestellt werden.

Erklärung des Rechtsinhabers

Den Grenzbeschlagnahmeanträgen ist eine schriftliche Erklärung des Rechtsinhabers beizufügen, mit der er die etwaige Haftung gegenüber betroffenen Dritten für den Fall übernimmt, dass ein eingeleitetes Verfahren aufgrund einer Handlung oder Unterlassung des Rechtsinhabers eingestellt oder dass festgestellt wird, dass die betreffenden Waren kein Recht geistigen Eigentums verletzen. Diese Erklärung muss ferner die Zusage enthalten, alle Kosten zu tragen, die daraus entstehen, dass die Waren unter zollamtlicher Überwachung bleiben.

Zuständige Zollbehörde (Zentralstelle)

Zollamt Villach (ab 1. März 2007: Zollamt Klagenfurt Villach)
Competence Center Gewerblicher Rechtsschutz
Ackerweg 19
A-9500 Villach

Telefon:        +43 / (0)4242 / 3028 – 39 oder
                   +43 / (0)4242 / 3028 – 41 oder
                   +43 / (0)4242 / 3028 – 52

Telefax:        +43 / (0)4242 / 3028 – 71 oder
                   +43 / (0)4242 / 3028 – 73.

E-Mail:           ipr@bmf.gv.at

Zollstellen

Ein Zollamt sowie die ihm zugeordneten Zollstellen, bei denen die im Zollrecht vorgesehenen Förmlichkeiten erfüllt werden können.

Zollamtliche Überwachung

Allgemeine Maßnahmen der Zollbehörden, um die Einhaltung des Zollrechts und gegebenenfalls der sonstigen für Waren unter zollamtlicher Überwachung geltenden Vorschriften zu gewährleisten.

Alle Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, unterliegen der zollamtlichen Überwachung bis zu dem Zeitpunkt, in dem Nichtgemeinschaftswaren (durch Verzollung) zu Gemeinschaftswaren werden, in eine Freizone oder ein Freilager verbracht werden, wiederausgeführt, vernichtet oder zerstört werden.

Zollamtliche Prüfung

Besondere Amtshandlungen zur Gewährleistung der Einhaltung des Zollrechts und gegebenenfalls der sonstigen für Waren unter zollamtlicher Überwachung geltenden Vorschriften wie insbesondere Beschau der Waren, Überprüfung des Vorhandenseins und der Echtheit von Unterlagen, Kontrolle der Beförderungsmittel, Kontrolle des Gepäcks und sonstiger Waren, die von oder an Personen mitgeführt werden.

Tätigwerden über Antrag

Von einem Tätigwerden über Antrag spricht man, wenn ein Grenzbeschlagnahmeantrag (nationaler Antrag oder Gemeinschaftsantrag) von der zuständigen Zentralstelle angenommen wurde und an die Zollstellen weitergeleitet worden ist. Voraussetzung für das Tätigwerden ist in diesem Fall die Feststellung einer Zollstelle, dass Waren mit solchen Waren übereinstimmen, die in einem Grenzbeschlagnahmeantrag als rechtsverletzend beschrieben werden. Das Tätigwerden besteht darin, die Überlassung der Waren auszusetzen oder die betreffenden Waren zurückzuhalten.

Tätigwerden von Amts wegen

Von einem Tätigwerden von Amts wegen spricht man, wenn (noch) kein Grenzbeschlagnahmeantrag gestellt worden ist. Voraussetzung für das Tätigwerden der Zollbehörden ist in diesem Fall ein hinreichend begründeter Verdacht, dass es sich bei den Waren um solche handelt, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen. Bei verderblichen Waren kommt ein amtswegiges Einschreiten nicht in Betracht. Das Tätigwerden besteht auch beim amtswegigen Einschreiten darin, die Überlassung der Waren auszusetzen oder die betreffenden Waren zurückzuhalten.

Überlassung

Maßnahme, durch die eine Ware von den Zollbehörden für Zwecke des Zollverfahrens, in das die betreffende Ware übergeführt werden soll, überlassen wird.

Aussetzung der Überlassung, Zurückhaltung von Waren

Es handelt sich bei beiden Maßnahmen um objektive Verfahren im Rahmen der Zollabfertigung, die nicht mit der Beschlagnahme nach strafprozessrechtlichen Bestimmungen zu verwechseln sind. Die Zollstellen ergreifen lediglich vorübergehende Maßnahmen, um dem Rechtsinhaber Gelegenheit zu geben, die erforderlichen zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Schritte beim zuständigen Gericht zu setzen.

Die Überlassung der Waren ist auszusetzen, wenn die Waren zur Überführung in ein Zollverfahren angemeldet wurden; in allen anderen Fällen sind die Waren zurückzubehalten.

Vereinfachtes Verfahren nach § 11 PPG 2004 („Widerspruchsverfahren“)

Nach der Beschlagnahme bzw. nach der Aussetzung der Überlassung wird sowohl dem Anmelder, dem Verbringer (Besitzer gemäß Artikel 38 Zollkodex) oder dem Eigentümer der Waren als auch dem Rechtsinhaber die Möglichkeit eingeräumt, auf die ansonsten durch ein Gericht in einem Straf- oder Zivilrechtsverfahren zu treffende Entscheidung, ob die Waren tatsächlich ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, zu verzichten. Dieser Verzicht erfolgt dadurch, dass sowohl der Anmelder, der Verbringer oder der Eigentümer der Waren als auch der Rechtsinhaber einer sofortigen Vernichtung unter zollamtlicher Überwachung gemäß Artikel 11 Abs. 1 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 zustimmen.

Für den Anmelder, den Verbringer oder den Eigentümer der Waren bestehen folgende Möglichkeiten, seine Zustimmung zur sofortigen Vernichtung zu erklären:

§        die Zustimmung kann ausdrücklich in schriftlicher Form gegenüber der Zollbehörde oder gegenüber dem Rechtsinhaber, der sie dann an die Zollbehörde weiterleitet, abgegeben werden;

§        die Zustimmung gilt auch dann als erteilt, wenn der Vernichtung nicht innerhalb von zehn Arbeitstagen oder im Fall leicht verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen ab der Zustellung der Mitteilung schriftlich widersprochen wird.

Der Rechtsinhaber muss seine Zustimmung zur sofortigen Vernichtung der Zentralstelle immer schriftlich bekannt geben. Diese Zustimmung muss die Mitteilung enthalten, dass die Waren, die Gegenstand des Verfahrens sind, ein Recht geistigen Eigentums verletzen.

Für die weitere Vorgangsweise ergeben sich dann folgende Möglichkeiten:

1.     Lehnt der Rechtsinhaber die sofortige Vernichtung ab, richtet sich das weitere Verfahren nach der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 und zwar unabhängig davon, ob der Anmelder, der Verbringer oder der Eigentümer der sofortigen Vernichtung zustimmt oder nicht. Dies bedeutet, dass die Ware zu überlassen ist, wenn der Rechtsinhaber nicht innerhalb von zehn (bzw. 20) Arbeitstagen (oder im Fall leicht verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen) nachweist, dass er das zuständige Gericht befasst hat.

2.     Widerspricht der Anmelder oder der Verbringer oder der Eigentümer der Waren innerhalb der zehntägigen Frist der Vernichtung, kann der Rechtsinhaber – durch außergerichtliche Verhandlungen mit dem Anmelder, dem Verbringer oder dem Eigentümer der Waren – weiter eine sofortige Vernichtung unter zollamtlicher Überwachung anstreben. Dazu muss er der Zentralstelle innerhalb von zehn (bzw. 20) Arbeitstagen (oder im Fall leicht verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen) neben seiner Zustimmung zur sofortigen Vernichtung auch die ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Anmelders, des Verbringers oder des Eigentümers der Waren zur sofortigen Vernichtung übermitteln. Gelingt eine diesbezügliche Einigung mit dem Anmelder, dem Verbringer oder dem Eigentümer der Waren nicht oder wird eine solche vom Rechtsinhaber nicht angestrebt, bleibt ihm zur Wahrung seiner Rechte nur die Möglichkeit der Einleitung eines Straf- oder Zivilrechtsverfahren innerhalb der oa. Fristen, in dem (auch) festgestellt werden soll, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist. Wird die Zentralstelle darüber nicht fristgerecht unterrichtet, sind die Waren von der Zollbehörde zu überlassen.

3.     Sofern alle Beteiligten der sofortigen Vernichtung zustimmen, werden die Waren, nach der Entnahme von Proben oder Mustern für ein allfälliges Gerichtsverfahren, auf Kosten und auf Verantwortung des Rechtsinhabers vernichtet oder zerstört oder auf andere Weise ohne Kosten für die Staatskasse aus dem Marktkreislauf genommen.

So lange eine Aussetzung der Überlassung oder eine Zurückhaltung von Waren durch eine Zollstelle aufrecht ist, besteht für den Rechtsinhaber auch die Möglichkeit, die betreffenden Waren zu besichtigen.

Anmelder

Person, die in eigenem Namen eine Zollanmeldung abgibt oder in deren Namen eine solche abgegeben wird.

Besitzer gemäß Artikel 38 Zollkodex („Verbringer“)

Person, die Waren aus einem Drittstaat in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbringt.

Eigentümer der Waren

Person, der nach österreichischem Zivilrecht das unmittelbare Herrschaftsrecht über eine Sache/Ware gegenüber jedermann zusteht.

Zollrechtliche Bestimmung

Die zollrechtliche Bestimmung einer Ware ist die

§        Überführung in ein Zollverfahren;

§        Verbringung in eine Freizone oder ein Freilager;

§        Wiederausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft;

§        Vernichtung oder Zerstörung;

§        Aufgabe zugunsten der Staatskasse.

Zollverfahren

Zollverfahren sind

§        die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr;

§        das Versandverfahren;

§        das Zolllagerverfahren;

§        die aktive Veredelung;

§        das Umwandlungsverfahren;

§        die vorübergehende Verwendung;

§        die passive Veredelung;

§        das Ausfuhrverfahren.

Freizonen, Freilager

Teile des Zollgebiets der Gemeinschaft oder in diesem Zollgebiet gelegene Räumlichkeiten, in die Nichtgemeinschaftswaren oder auch Gemeinschaftswaren zu bestimmten Zwecken verbracht werden können.



[1])   Neben dem Markenrecht wurden
5 nationale Anträge auch auf das Geschmacksmusterrecht,
3 nationale Anträge auch auf das das Geschmacksmusterrecht und das Urheberrecht und
1 nationaler Antrag auch auf das Urheberrecht gestützt.

[2])   Neben dem Markenrecht wurden
14 Gemeinschaftsanträge auch auf das Geschmacksmusterrecht gestützt.

[3]) Berücksichtigt man zusätzlich auch noch einen Schmuggelfall mit 17.940 Stück vermutlich gefälschten Medikamenten, der in die Produktpiraterie-Statistik nicht aufzunehmen ist, weil er nach anderen Rechtsvorschriften verfolgt wurde, wurden vom österreichischen Zoll im Jahr 2006 mehr als 30.000 Stück gefälschte Medikamente entdeckt.

[4]) In dieser Aufstellung sind – ebenso wie in der von der Europäischen Kommission veröffentlichten Produktpiraterie-Statistik – keine Waren erfasst, bei denen zwar ein Fälschungsverdacht besteht, die aber nach anderen Rechtsvorschriften (zB wegen Schmuggels) verfolgt wurden. So wurden beispielsweise im Jahr 2006 in Österreich mehr als 92 Millionen geschmuggelte Zigaretten sichergestellt und finanzstrafrechtlich verfolgt. Der Anteil der gefälschten Zigaretten wird dabei auf ca. 40 % geschätzt.