IV-1 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

Dienstag, 12. Dezember 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIII. Gesetzgebungsperiode               Dienstag, 12. Dezember 2006

 

 

 

Tagesordnung

 

 

RAT 15381/1/06

           

Europäischer Rat am 14./15. Dezember 2006 – Entwurf von Schlussfolgerungen

(2286/EU XXIII.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Hauptausschuss des Nationalrats in Angelegenheiten der Europäischen Union trat  zusammen, um den Entwurf der Schlussfolgerungen des kommenden Europäischen Rates am 14. und 15. Dezember 2006 zu diskutieren. Im Mittelpunkt der Debatte standen die Themen Erweiterung, insbesondere die Verhandlungen mit der Türkei, sowie aktuelle Fragen der Migrationspolitik und der Energiepolitik. Angeschnitten wurde von den Abgeordneten auch die Zukunft des EU-Verfassungsentwurfs.

 

 

 

SPÖ und ÖVP brachten zusammen einen Antrag auf Ausschussfeststellung ein, der auch vom BZÖ unterstützt wurde und somit den Ausschuss mehrheitlich passierte. Darin befürworten die Abgeordneten das Aussetzen des Verhandlungsprozesses mit der Türkei, um dadurch sowohl der Türkei als auch der EU Gelegenheit zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen und zur Einlösung von Zusagen zu geben. Grundsätzlich sprechen sich die Abgeordneten für ein Innehalten beim Erweiterungsprozess aus, um auch die von der EU selbst zu schaffenden Voraussetzungen wie Konsolidierung und Aufnahmefähigkeit für allfällige zusätzliche Erweiterungsschritte mit Nachdruck betreiben zu können. Explizit wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien weitergeführt werden sollen und man auch in Zukunft den Ländern des Westbalkans die europäische Perspektive offen halten müsse.

 

Als wesentliche Frage wird die Migrationspolitik angesehen, wobei SPÖ und ÖVP für entschlossene Schritte zur Verhinderung der illegalen Migration, zum Aufbau einer gemeinsamen Asylpolitik, für eine weitere Stärkung von Frontex (Europäische Agentur für operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der EU) eintreten und eine Verbesserung der Kommunikation und Entscheidungsabläufe im Bereich Sicherheit und Justiz einfordern.

 

Zum Thema Energie halten die Abgeordneten eine Schwerpunktsetzung auf europäischer Forschung und Entwicklung im Bereich erneuerbarer Energien und Energieeffizienz, die Nutzung und den Ausbau vorhandener Reserven erneuerbarer Energien, die Sicherung der Energieversorgung, insbesondere durch den Abschluss strategischer Partnerschaftsabkommen, die Evaluierung und Verbesserung des Energiebinnenmarktes und die baldige Einberufung einer Euratom-Revisionskonferenz für notwendig.

 

 

Der Antrag der Grünen auf Stellungnahme, in dem sie umgehend eine gesonderte Revisionskonferenz mit dem Ziel eines Auslaufens des Euratom-Vertrages und die Integration der erhaltenswerten Teile des Vertrages in die neue Europäische Verfassung fordern, wurde mehrheitlich ebenso abgelehnt wie deren Antrag betreffend die Position Österreichs für eine aktive Klimaschutz- und Energiewendepolitik der EU beim kommenden EU-Rat. Ebenfalls in der Minderheit blieben die Anträge auf Stellungnahme der FPÖ und des BZÖ, in denen diese jeweils für den Abbruch der Verhandlungen über einen Vollbeitritt der Türkei eintreten.

 

 

 

Zum Thema Erweiterung betonte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, dass sich die konsequente österreichische Linie voll ausgezahlt habe. Er sprach sich jedoch gegen einen Abbruch der Verhandlungen mit der Türkei aus. Wie Außenministerin Ursula Plassnik trat er für eine maßgeschneiderte Partnerschaft mit der Türkei ein. Mit Hilfe der europäischen Perspektive konnte und kann in der Türkei viel erreicht werden, ein völliger Abbruch wäre daher falsch, sagte er.

 

Die Erweiterungsdiskussion finde heute in einem anderen Kontext statt als noch vor einem Jahr. Den Beschluss der EU-AußenministerInnen wertete er als ein Zeichen dafür, dass es bei den Erweiterungsschritten keine Automatik mehr gebe und nicht nur die Aufnahmefähigkeit der Beitrittskandidaten gefragt sei, sondern auch die  Aufnahmefähigkeit der EU. Auch Bundesministerin Ursula Plassnik warnte davor, das Kind mit dem Bad auszuschütten. Man sollte eine rationale Debatte führen, die einerseits Geduld, andererseits aber auch Standfestigkeit erfordere, so Plassnik. Die Teilaussetzung der Verhandlungen ist ihrer Auffassung nach nicht als Bremsversuch zu verstehen, sondern allenfalls als ein Zwischenschritt auf einem langen Weg. Die nun vorgenommene Atempause sei ein "Elchtest" für die von Österreich maßgeblich mitgestaltete Politik, die konkret zeige, was ergebnisoffene Verhandlungen bedeuten.

 

Plassnik wies darauf hin, dass es sich bei den betreffenden acht Kapiteln um zentrale Themen des Binnenmarkts handle und damit praktisch ein Verhandlungsstopp eingetreten sei. Die AußenministerInnen seien auch übereingekommen, dass kein Verhandlungskapitel provisorisch abgeschlossen werden könne. Man werde aber selbstverständlich den Review-Prozess über das Ankara-Protokoll weiterführen, UNO-Generalsekretär Kofi Annan bei seinen Bemühungen um die Lösung des Zypern-Konflikts unterstützen und auf Zypern einwirken, auch seine Verpflichtungen zu erfüllen.

 

Plassnik unterstrich weiter, dass nun die Zeit reif sei, eine differenzierte Erweiterungspolitik und Erweiterungsstrategie in Angriff zu nehmen. Mit der Öffnung und dem Abschluss des zweiten Verhandlungskapitels mit Kroatien habe man diese Verhandlungen endgültig entkoppelt. Für die Balkan-Länder wolle man die europäische Perspektive mit Hilfe eigener Programme besonders unterstützen. Das sei "Millimeterarbeit", bemerkte sie, und es werde noch langer Zeit und breiter Unterstützung benötigen, damit das Langzeitziel der Vollmitgliedschaft dieser Länder in der EU erreicht werden kann. Plassnik begrüßte in diesem Zusammenhang die Möglichkeit für diese Länder, in die Partnerschaft für den Frieden im Rahmen der NATO einzutreten, da dies eine demokratische Kontrolle der Streitkräfte möglich mache. Hinsichtlich Rumänien und Bulgarien laufe ein Monitoring der EU, das sich insbesondere auf die Justizreform und die Probleme der Korruption und des organisierten Verbrechens konzentriere. Darüber hinaus gebe es begleitende Maßnahmen im Agrarbereich.

 

Abgeordneter Caspar Einem (S) erachtete es für sinnvoll, im Erweiterungsprozess innezuhalten. Der Erweiterung stünde schon ein rechtliches Hindernis entgegen, zumal der derzeit gültige Vertrag von Nizza institutionelle Änderungen im Fall von mehr als 27 Mitgliedern vorsieht. Da der Entwurf für einen neuen Verfassungsvertrag eine unsichere Zukunft habe, seien diese Bedingungen zur Zeit nicht gegeben. Einem plädierte jedoch für eine behutsame Politik gegenüber der Türkei, da es außerordentlich wünschenswert sei, dass sich die Türkei zu einem europäischen Land entwickelt und sich nicht anderen Ländern zuwendet. Sein Klubkollege Andreas Schieder hielt es für falsch, die Frage des EU-Beitritts mit Ja oder Nein zu beantworten. Vielmehr müsse man dies als einen lang dauernden Prozess begreifen, der sich etwa auf die Entwicklung der Menschen- und Minderheitenrechte positiv auswirkt.

 

Der Zweite Präsident des Nationalrats Michael Spindelegger (V) wollte die Erweiterungspolitik als ein umfassendes Thema behandelt wissen, das auch die Immigration und die Asylpolitik einbezieht. Er unterstützte die Linie der Bundesregierung und meinte, die harte österreichische Linie trage nun Früchte. Sie werde nun auch von anderen Ländern wie Deutschland und den Niederlanden mitgetragen. Es sei notwendig, dass die EU eine konsequente Haltung einnimmt. Hätte Österreich in der Vergangenheit nicht so beharrlich seinen Standpunkt vertreten, wäre die Sache anders gelaufen. Die Menschen sollten sehen, dass eingehalten wird, was von den PolitikerInnen versprochen wurde. Deshalb sei es aus seiner Sicht richtig, dass acht wesentliche Kapitel mit der Türkei nicht weiter verhandelt werden und sich die EU auch nicht mit kleinen Zusagen zufrieden gibt. Wert legte Spindelegger darauf, den von Bundesministerin Plassnik beschriebenen differenzierten Weg der Erweiterung fortzusetzen und die Verhandlungen mit Kroatien weiterzuführen. Er unterstrich auch die positiven Auswirkungen der Heranführungsstrategie auf die anderen Länder des Balkans.

 

Für Abgeordneten Wolfgang Großruck (V) hat die europäische Perspektive für die Balkanländer dort zu wesentlichen Fortschritten in den Bereichen Demokratie und Menschenrechte geführt. Langfristiges Ziel müsse die Vollmitgliedschaft aller Länder des Balkans werden, bekräftigte Großruck, auch im Hinblick darauf, dass die EU als Friedensprojekt geeignet sei, die ethnischen Wunden dieser Region zu heilen. Grundsätzlich meinte er, dass die Entwicklung der EU in mehreren Schritten, kurz-, mittel- und langfristig, fortschreiten müsse, und das bedeute auch mehr Subsidiarität, mehr Föderalismus und mehr Bürgerrechte.

 

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) äußerte sich im Gegensatz dazu kritisch zur Politik der Bundesregierung. Die Grünen verträten zwar auch die Auffassung, dass die EU aufnahmefähig sein müsse, die Form, wie die Aufnahmefähigkeit von der Bundesregierung vertreten werde, nämlich zu bremsen, fände jedoch nicht ihre Unterstützung. Das Aussetzen der Verhandlungen über die acht Kapitel bedeute im Gegensatz zu den Aussagen Plassniks jedoch keinen Verhandlungsstopp und das Ziel sei weiterhin ein Beitritt der Türkei. Lunacek zeigte sich zufrieden darüber, dass die AußenministerInnen dezidiert festgestellt haben, auch Zypern müsse zu seinen Zusagen stehen.

 

Für einen sofortigen Abbruch der Verhandlungen sprach sich Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) aus. Die EU müsse innehalten und ihre eigene verfassungsrechtliche und politische Fähigkeit stärken, meinte er. Er plädierte dafür, sich auf eine besondere Lösung mit der Türkei zu konzentrieren. Bösch äußerte sich in diesem Zusammenhang besorgt darüber, dass die Notwendigkeit der Aufnahmefähigkeit der EU in einigen Mitgliedstaaten offensichtlich nicht als Voraussetzung für eine Erweiterung angesehen wird. Den Antrag von SPÖ und ÖVP auf Ausschussfeststellung hielt er für unpräzise und regte an, eine Debatte über die möglichen Grenzen der EU zu initiieren. Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) forderte eine klare Sprache zur Türkei ein, das völkerrechtswidrig einen Teil Zyperns besetzt halte. Viele Grundsätze in diesem Staat, wie die Leugnung des Genozids an den Armeniern und der Schutz vor dem Islamismus durch das Militär, stünden nicht im Einklang mit Werten der EU. Die Verhandlungen mit dem Ziel eines Vollbeitritts der Türkei seien daher seiner Ansicht nach verfehlt.

 

Abgeordneter Herbert Scheibner (B) meinte, viele Kritiker der Verhandlungen mit der Türkei hätten vorausgesehen, wie schwierig der Prozess ist und wie oft man über nicht eingehaltene Zusagen verhandeln werde müssen. Dadurch kämen andere wichtige Themen vollends ins Hintertreffen, bedauerte er. Man müsse den Mut haben, offen zu sagen, dass manche Länder die europäischen Werte nicht erfüllen. Hinter der Debatte über die Öffnung der Häfen und Flughäfen stehe die Haltung der Türkei, ein Vollmitglied der EU nicht anerkennen zu wollen. Scheibner erachtete daher Verhandlungen mit dem Ziel einer besonderen Partnerschaft als wesentlich zielgerichteter. Die Erweiterung der Union um Rumänien und Bulgarien sah Scheibner vor allem aus der Sicht Österreichs positiv, dennoch äußerte er Sorgen über die Situation in Teilbereichen der Politik dieser beiden Staaten. Den Antrag von SPÖ und ÖVP bezeichnete Scheibner zwar als einen Kompromiss, das Signal der Aussetzung der Verhandlungen finde aber die Zustimmung des BZÖ, weshalb er den Antrag unterstützen werde. Trotzdem habe seine Fraktion einen eigenen Antrag vorgelegt, der auf einen Abbruch der Verhandlungen mit der Türkei abzielt.

 

 

 

Obwohl der Verfassungsvertrag nicht auf der Tagesordnung des kommenden Gipfels stehen wird, wird es über den Stand der Diskussionen informelle Konsultationen geben, informierte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Nachdem nun auch Finnland ratifiziert hat, werden bald zwei Drittel der EU-Staaten dem Verfassungsentwurf zugestimmt haben. Das Thema wurde daher auch vom Zweiten Präsidenten des Nationalrates Michael Spindelegger (V) und anderen Abgeordneten angesprochen. Einmal mehr sprachen sich Abgeordneter Bösch und Abgeordnete Rosenkranz (beide F) für eine Volksabstimmung in Österreich aus. Nur dadurch könne man Transparenz und mehr Bürgernähe erreichen, sagte Bösch. Rosenkranz erteilte einem europäischen Bundesstaat eine klare Absage und trat für ein Europa der Nationen ein.

 

Dazu bemerkte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, wer das Konzept der nationalen Eigenständigkeit befürworte, müsse für den Verfassungsvertrag eintreten. Die Nationalstaaten hätten zur Lösung vieler Probleme nicht die nötige Kapazität, weshalb man mehr Europa und mehr Kooperation brauche. Er, Schüssel, sei bereits vor den Referenden in Frankreich und den Niederlanden für eine europaweite Volksabstimmung eingetreten. Man müsse aber auch klar sehen, dass man dafür im Vorfeld in den einzelnen Ländern verfassungsrechtliche Grundlagen schaffen müsse. Das werde uns aber bei diesem Verfassungsvertrag nicht mehr helfen.

 

 

 

Einen wesentlichen Raum nahmen in der Debatte des Hauptausschusses auch die Themen Migrationspolitik und Sicherheitspolitik ein. Wie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel erläuterte, arbeite man an der Umsetzung des Haager Programms und damit an einem umfassenden Paket zur Migrationspolitik, das auf Solidarität und gegenseitigem Vertrauen aufbaue. Man wolle vor allem die Kooperation mit den Herkunftsländern verbessern, um den dortigen Migrationsdruck zu nehmen. Schüssel nannte in diesem Zusammenhang Kooperationsplattformen und Unterstützungsteams, die in die Länder entsandt werden. Dabei gehe es nicht um PolizistInnen, wie er versicherte, sondern um Personen, die geeignet sind zu helfen, die Lebensbedingungen der Menschen in den Herkunftsländern zu verbessern. Als prekär bezeichnete er die Situation an der Südgrenze der EU, weshalb hier ein Handeln erforderlich sei. Vor allem brauche man in diesem Raum einen zweiten Kreis von Partnerschaftsländern, um die Probleme bewältigen zu können.

 

Abgeordnete Elisabeth Hlavac (S) befürwortete einen umfassenden Ansatz hinsichtlich der Bekämpfung der illegalen Migration, wobei sie das Einstimmigkeitsprinzip als ein gewisses Hindernis betrachtete. Sie hielt kurzfristige Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen für kontraproduktiv, da damit die Integration nicht gefördert würde. Außerdem würden viele nach Auslaufen der Genehmigung illegal in den EU-Ländern bleiben, befürchtete sie. Abgeordnete Marianne Hagenhofer (S) regte darüber hinaus an, die bisherige Entwicklungshilfe zu evaluieren.

 

Ähnlich äußerte sich Abgeordnete Maria Theresia Fekter (V) zu einer gemeinsamen Vorgangsweise im Bereich der Migrationsproblematik. Es sei eine Fülle von Maßnahmen anzustreben, sagte sie, vor allem sei konsequent gegen Schlepperei und Menschenhandel vorzugehen. Sie begrüßte eigene EU-Programme für Migrationspolitik und damit Maßnahmen, die darauf hinauslaufen, die Bedingungen in den Herkunftsländern zu verbessern. Wichtig schien es ihr, europäische Standards für legale Migration zu schaffen, wobei man genau die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt beobachten müsse. Zweiter Präsident Michael Spindelegger nannte die Menschenrechtsagentur mit Sitz in Wien einen positiven Fortschritt und Meilenstein für die Unterstützung der Menschenrechte.

 

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) unterstützte grundsätzlich die Ziele der EU in der Migrationspolitik, betonte aber gleichzeitig die Notwendigkeit der Kohärenz zwischen europäischer Wirtschaftspolitik und europäischer Außenpolitik. Dies sei derzeit nicht der Fall. So führe beispielsweise die Subventionierung der Agrarprodukte dazu, dass in den afrikanischen Ländern die Produzenten ihre Produkte nicht absetzen können.

 

Skeptisch hinsichtlich einer gemeinsamen Migrationspolitik äußerte sich Abgeordnete Barbara Rosenkranz (F), da sich die Politik in den einzelnen EU-Staaten stark unterscheide und Legalisierungsmaßnahmen eine Sogwirkung für Flüchtlinge erzeugen. Sie fragte auch, ob es nicht gefährlich sei, die Möglichkeit des Handelns aus den Händen der Nationalstaaten zu geben. Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) plädierte dafür, die äußere Sicherheit im Kontext mit der inneren Sicherheit zu sehen. Die sichtbaren gravierenden Schwierigkeiten an der Südgrenze der EU machten deutlich, dass die Union derzeit nicht in der Lage sei, die Sicherung der Außengrenzen zu bewältigen. Man müsse daher hier Schwerpunkte setzen, sagte Bösch. Die Hauptenergie sollte die Union auf die Sicherung des europäischen Raumes legen, sie müsse gleichzeitig darauf achten, nicht in internationale Krisen involviert zu werden.

 

Dem entgegnete Abgeordneter Herbert Scheibner (B), die EU brauche auch eine globale Sicherheitspolitik, zumal der Terror seinen Ursprung in Ländern außerhalb der EU habe. Auch ihm erscheint eine einheitliche Asyl- und Fremdenpolitik notwendig, denn es sei nicht zu akzeptieren, wenn EU-Länder wie Spanien Legalisierungsmaßnahmen setzen, die dann wie eine Einladung wirken. Es müsse auch über einen Lastenausgleich unter den EU-Staaten diskutiert werden, betonte Scheibner und sprach sich für eine europäische Entwicklungspolitik aus, um den Menschen in den Herkunftsländern zu helfen, ihre Lage zu verbessern.

 

Von Abgeordneter Elisabeth Hlavac (S) auf Schengen angesprochen, informierte der Bundeskanzler, die Verschiebung beruhe weitgehend auf technischen Problemen.

 

Außenministerin Ursula Plassnik ging auch auf die Frage von Abgeordnetem Scheibner zum Nahen Osten ein und betonte, dass die EU bemüht sei, der Nachfrage nach einer helfenden Hand nachzukommen. Sie wies auf die Grenzüberwachungsmission der EU und auf das Polizeitraining für die palästinensische Exekutive hin, das sie als einen wichtigen Beitrag und ein Zeichen für die europäische Außenpolitik bezeichnete.

 

 

 

Die Dritte Präsidentin des Nationalrates Eva Glawischnig-Piesczek (G) konzentrierte sich in ihrer Wortmeldung auf die Energiepolitik und die beiden Anträge der Grünen. Die Auswirkungen des Klimawandels werden in einer aktuellen Studie mit jenen während der Weltkriege und der Wirtschaftskrise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verglichen. Die grüne Vision bestehe daher darin, die Energiepolitik der EU auf erneuerbare Energieträger umzustellen, so Glawischnig-Piesczek. Es wäre daher notwendig, konkrete Ziele und Etappen zu setzen, weshalb die Grünen heute die beiden Anträge vorgelegt hätten. Sie könnten ein starkes Zeichen des Parlaments sein, sagte sie. Der Antrag der SPÖ und ÖVP hingegen bleibe weit hinter den Standards zurück, zumal man den Energieverbrauch deutlich reduzieren müsse. Energieeffizienz und erneuerbare Energien seien die Zukunft, unterstrich Glawischnig-Piesczek. Als brennende Probleme nannte die Präsidentin die dramatische Ölpreissteigerung, die Abhängigkeit von wenigen Energielieferanten und die Renaissance der Atomenergie.

 

Auch Abgeordneter Caspar Einem (S) ortete die Probleme darin, dass Europa bei Öl und Gas auf den Import weniger Länder angewiesen ist und dass man auch im Bereich der Elektrizität die Konzentration auf fünf bis sechs große Stromerzeuger in Kauf genommen habe. Das Ganze gehe in Richtung eines Oligopols, warnte er, weshalb es seiner Meinung nach an der Zeit sei, eine Evaluierung der Binnenmarktpolitik vorzunehmen. Dem schloss sich sein Klubkollege Andreas Schieder an, der die Liberalisierung auf dem Energiemarkt skeptisch betrachtete. Als Ziel einer künftigen Energiepolitik nannte er die Steigerung der Effizienz, die Förderung erneuerbarer Energien und die Absicherung regionaler Dienstleister.

 

Abgeordneter Johann Höfinger (V) meinte, man müsse sich Gedanken machen, wie man Klimaschutz und Versorgung von nachwachsenden Rohstoffen umsetzen könne. Er begrüßte das siebente Forschungsrahmenprogramm der EU, wo Mittel in die Sicherheit der Atomenergie investiert werden.

 

Die Forderung der Grünen nach einer Revisionskonferenz zum Euratom-Vertrag wurde von Abgeordnetem Peter Fichtenbauer seitens der FPÖ unterstützt. Er trat vor allem für die Forschung im Bereich der Fusionstechnologie ein und warnte davor, dass Atomtechnologien in falsche Hände kommen könnten. Seine Kritik an den Grünen, sie würden für eine Erhöhung der Steuer auf fossile Energieträger eintreten, wurde von Abgeordneter Ulrike Lunacek (G) zurückgewiesen. Die Grünen forderten zwar eine höhere Steuer auf fossile Energieträger, nicht aber eine Erhöhung der Benzinpreise, versicherte sie.

 

Zur Forderung nach einer Revisionskonferenz bemerkte Bundeskanzler Schüssel, auch dazu bedürfe es einer Änderung des Verfassungsvertrages. Man könne kein EU-Land zu einer Antiatom-Politik zwingen, niemand könne aber auch Österreich zwingen, von seiner atomfreien Politik abzugehen. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) bemerkte dazu, Österreich sollte aber Verbündete suchen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Ausschussfeststellung der SPÖ und ÖVP wurde auch vom BZÖ unterstützt und damit mehrheitlich angenommen:

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

der Abgeordneten Dr. Einem, Dr. Spindelegger

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend den Europäischen Rat am 14. und 15. Dezember 2006

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses am 12. Dezember 2006

 

 

 

Der Europäische Rat wird sich im Rahmen seiner Tagung am 14. und 15. Dezember 2006 mit ausgewählten Schwerpunktthemen befassen:

-           Erweiterung

-           Freiheit, Sicherheit und Recht

-           Innovation, Energie und Klimawandel sowie mit

-           Außenbeziehungen.

 

Diese Beschränkung auf wenige Schwerpunktthemen ist zu begrüßen, weil sie eine vertiefte Befassung mit diesen, auch für die Bevölkerung der EU, wesentlichen Themen erhoffen lässt.

 

Die EU steht in mehreren der behandelten Themen an Wegkreuzungen, die wesentliche Weichenstellungen verlangen.

 

Im Bereich der EU-Erweiterung geht es darum, Einigkeit im Kreis der Staats- und Regierungschefs zu suchen, dass die Europäische Union nur dann erweiterungsfähig ist, wenn es ihr wieder gelingt, gemeinsam eine Politik zu verwirklichen, die ihre Bürgerinnen und Bürger als im Alltagsleben für sie nützlich empfinden. Im Kontext der Themen, die bei diesem Europäischen Rat behandelt werden sind das vor allem die Themen der verbesserten Abstimmung zur Verhinderung illegaler Zuwanderung, die verbesserte Abstimmung für eine gemeinsame Asylpolitik und die Stärkung von Frontex als Instrument zur verbesserten Grenzkontrolle sowie Schritte zu einer verbesserten Entscheidungsfähigkeit in diesen Bereichen auf europäischer Ebene. Ebenso bedeutsam erscheinen allerdings auch konsequente Maßnahmen zur nachhaltigen Sicherung der Energieversorgung.

 

Zur Schaffung der Voraussetzungen einer solchen für die Menschen in der EU nützlichen Politik ist es notwendig, auch das Prinzip der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten aktiv zu leben.

 

Im Lichte des Vertrages von Nizza und der derzeit schwierigen Situation der inneren Abstimmung unter den EU-Mitgliedstaaten ist eine Periode des Innehaltens bei zusätzlichen Erweiterungsschritten nicht nur notwendig, sondern auch im Sinne der oben skizzierten Bedingungen geboten.

 

Allerdings ist es ebenso notwendig und im Interesse der EU gelegen, positive Signale an jene Staaten auszusenden, die bereits im Beitrittsverhandlungsprozess stehen oder auf einen solchen nach allen bisherigen Erklärungen der EU hoffen dürfen. Soll die Dynamik der Reformen in diesen Staaten nicht zum Erliegen gebracht werden, ist es nötig, die bisher gegebenen Zusagen strikt einzuhalten. Im Falle der Türkei ist eine Aussetzung der Verhandlungen im Sinne des Berichts der Kommission zwar gerechtfertigt, die EU wird jedoch auch ihre Verwendungszusage zur besseren Integration des türkischen Nordteils von Zypern gemäß Ratsbeschluss vom 26. April 2004 einzulösen haben.

 

Im Bereich der europäischen Energiepolitik sind mehrere Herausforderungen zu bewältigen, die zugleich dazu genutzt werden können, der EU im Feld der erneuerbaren Energien, der Energie-Effizienz und gleichzeitig der Erreichung der Kyotoziele eine besondere Stellung zu verschaffen. In den nächsten Jahren ist die EU zweifellos noch auf Importe von Kohlenwasserstoffen aus den wenigen Lieferregionen dieser Welt angewiesen. Dies insbesondere für Lieferungen von Gas aus Norwegen und Russland. Eine konstruktive Partnerschaft der EU mit diesen vorläufig unverzichtbaren Lieferländern ist daher anzustreben. Gleichzeitig gilt es die nächsten Jahre mit aller Kraft dafür zu nützen, durch Forschung und Entwicklung und durch den Ausbau noch bestehender Reserven an nachhaltiger Energieproduktion die EU zunehmend von Kohlenwasserstoffen unabhängig zu machen und dabei auch ein know how zu entwickeln, das exportfähig ist.

 

Europa braucht eine gemeinsame strategische Energiepolitik und eine stärkere Koordination der Energiefragen, wie dies bereits bei der Frühjahrstagung des Europäischen Rates festgehalten worden ist und Österreich ist bereit, dabei seine Rolle zu spielen.

 

Es ist deshalb nötig, eine langfristige, integrierte Energiepolitik zu entwickeln mit Schwerpunkt auf

•           Energieaußenpolitik

•           Evaluierung und Verbesserung des Energie-Binnenmarktes

•           Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit.

 

Im Lichte der oben skizzierten Entwicklungen und Erfordernisse stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

Ausschussfeststellung

 

Der Hauptausschuss geht davon aus, dass der Bundeskanzler, im Zuge der Beratungen des Europäischen Rates zum Thema Erweiterung unter Bezugnahme auf die Rechtslage des Vertrages von Nizza und unbeschadet der europäischen Perspektive für den Westbalkan sowie der mit Kroatien weiter zu führenden Beitrittsverhandlungen für ein Innehalten im Erweiterungsprozess eintritt, um auch die von der EU selbst zu schaffenden Voraussetzungen (Konsolidierung, Aufnahmefähigkeit) für allfällige zusätzliche Erweiterungsschritte mit Nachdruck betreiben zu können;

 

Im Zusammenhang mit den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei geht der Hauptausschuss davon aus, dass der Bundeskanzler im Sinne des Berichts der Europäischen Kommission und der Einigung im Rat Allgemeine Angelegenheiten für ein Aussetzen des Verhandlungsprozesses eintritt, um dadurch sowohl der Türkei als auch der EU Gelegenheit zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen und zur Einlösung von Zusagen zu geben.

 

Der Hauptausschuss geht weiters davon aus, dass der sich der Bundeskanzler im Zuge der Beratungen des Europäischen Rates im Sinne des Entwurfs der Schlussfolgerungen für entschlossene Schritte in der Politik zur Verhinderung der illegalen Migration, zum Aufbau einer gemeinsamen Asylpolitik und für eine weitere Stärkung von Frontex einsetzt.

 

In diesem Zusammenhang geht der Hauptausschuss auch davon aus, dass sich der Bundeskanzler für eine Verbesserung der Kommunikations- bzw. Entscheidungsabläufe einsetzt, zumal es sich im Bereich Sicherheit und Justiz um eines jener Felder handelt, in dem die Bürgerinnen und Bürger der EU mehr und wirkungsvollere europäische Aktivität erwarten, ja geradezu verlangen.

 

Im Bereich der europäischen Energiepolitik geht der Hauptausschuss davon aus, dass sich der Bundeskanzler und alle mit diesen Fragen befassten Mitglieder der Bundesregierung auf europäischer Ebene im Sinne des österreichischen Anti-Atom-Konsenses nachhaltig gegen alle Versuche zum Ausbau der Atomenergie aussprechen und sich

 

•           für eine Schwerpunktsetzung europäischer Forschung und Entwicklung im Bereich erneuerbarer Energien und Energie-Effizienz,

•           für die Nutzung und den Ausbau vorhandener Reserven erneuerbarer Energien,

•           für die Sicherung der Energieversorgung insbesondere durch den Abschluss strategischer Partnerschaftsabkommen,

•           eine Evaluierung und Verbesserung des Energie-Binnenmarktes

•           und für die baldige Einberufung einer EURATOM-Revisionskonferenz

 

einsetzen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Stellungnahme der Grünen wurde von FPÖ und BZÖ unterstützt, von SPÖ und ÖVP jedoch abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG

 

 

Der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Freundinnen und Freunde

 

betreffend der Position Österreichs zur Diskussion um den Ausbau der Atomenergie in Europa beim  EU-Rat am 14. und 15. Dezember 2006 in Brüssel

 

 

 

Im Januar 2007 wird die EU-Kommission ein umfassendes „Energiepaket“ beschließen und veröffentlichen, das auch eine langfristige Strategie für eine gemeinsame EU-Energiepolitik umfassen wird. In Folge  wird die Kommission ein Grünbuch über Klimapolitik in der EU nach 2012 vorlegen. Beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im März 2007 sollen schließlich auf Basis des Energiepakets der EU-Kommission weitreichende Beschlüsse über die Zukunft der EU-Energie- und Klimaschutz gefasst werden.

 

Im Rahmen der aktuellen Debatte um eine neue EU-Energiepolitik fordert die EU-Atomlobby den Ausbau der Atomkraft in Europa. Unter dem Deckmantel des Klimaschutzes soll die Atomkraft als „CO2-arme Energiequelle“ weiterhin gefördert und ausgebaut werden.

 

Allen Bemühungen der Atomlobby, die Atomenergie unter dem Deckmantel des Klimaschutzes als so genannte „CO2-arme“ Energiequelle weiterhin zu subventionieren müssen von Österreich strikt zurückgewiesen werden.

 

Atomenergie ist keine nachhaltige Form der Energiegewinnung. Der Euratomvertrag muss 50 Jahre nach seinem In-Kraft-Treten im Jahr 2007 radikal reformiert , das EU-Atomforschungsprogramm für den Atomausstieg und die Energiewende umgewidmet und sämtliche Subventionen und Förderungen der Atomenergie beendet werden.

 

Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen daher bereits beim kommenden EU-Gipfel

in Brüssel am 14. und 15. Dezember eine klare Linie vorgeben.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

Der Bundeskanzler wird aufgefordert, sich beim Europäischen Rat in Brüssel am 14. und 15. Dezember 2006 in Brüssel dafür einzusetzen, dass in Bezug auf den Euratom-Vertrag die sofortige Vorbereitung und umgehende Eröffnung einer gesonderten Revisionskonferenz mit dem Ziel eines Auslaufens des Euratomvertrages erfolgt. Dabei sollen die rechtliche Vorraussetzung geschaffen werden, den Euratom-Vertrag tunlichst mit dem Jahr 2007 in seiner derzeitigen, die Atomindustrie fördernden Form zu beenden und die erhaltenswerten Teile des Vertrages wie z.B. Strahlenschutz in die neue Europäische Verfassung zu integrieren. Dabei sind die dem Schutzzweck dienenden Artikel des derzeitigen EURATOM-Vertrages auszubauen und aufzuwerten, die dem Förderzweck dienenden zu streichen. Das derzeit herrschende Demokratiedefizit des EURATOM-Vertrages soll behoben werden, das Europäische Parlament künftig mitentscheiden können.

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen oder auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Stellungnahme der Grünen wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG

 

 

Der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Freundinnen und Freunde

 

betreffend der Position Österreichs für eine aktive Klimaschutz- und Energiewendepolitik der EU beim  EU-Rat am 14. und 15. Dezember 2006 in Brüssel

 

 

 

Die europäische Energie- und Klimaschutzpolitik steht vor einer entscheidenden Weichenstellung. Der sich beschleunigende Klimawandel, die konstant hohen Ölpreise, die steigende Exportabhängigkeit bei Öl und Erdgas und der steigende Energieverbrauch sind Anzeichen einer sich anbahnenden Energiekrise. Die Auswirkungen des Klimawandels wird in einer aktuellen Studie mit jenen während der Weltkriege und der Wirtschaftskrise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verglichen.

 

Die seit einem Jahr geführte Diskussion über eine neue EU-Energiepolitik tritt nun in eine entscheidende Phase.

 

Im Januar 2007 wird die EU-Kommission ein umfassendes „Energiepaket“ beschließen und veröffentlichen, das auch eine langfristige Strategie für eine gemeinsame EU-Energiepolitik umfassen wird. In Folge  wird die Kommission ein Grünbuch über Klimapolitik in der EU nach 2012 vorlegen. Beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im März 2007 sollen schließlich auf Basis des Energiepakets der EU-Kommission weitreichende Beschlüsse über die Zukunft der EU-Energie- und Klimaschutz gefasst werden.

 

Die erfolgreichen europäischen Systeme zur Förderung erneuerbarer Energien über fixe Einspeisetarife müssen aufrechterhalten und ausgebaut werden. Die Umstellung auf ein Zertifikats-System, wie dies unlängst von EU-Kommissar Verheugen vorgeschlagen wurde, ist abzulehnen. Stattdessen sollen sowohl im Bereich Reduktion der Treibhausgase als auch für den Ausbau der erneuerbaren Energieträger und die Steigerung der Energieeffizienz vom rat klare Zielvorgaben fixiert werden.

 

Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen beim kommenden EU-Gipfel

in Brüssel am 14. und 15. Dezember eine klare Linie vorgeben.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

Der Bundeskanzler wird aufgefordert, sich beim Europäischen Rat in Brüssel am 14. und 15. Dezember 2006 für eine EU-Offensive in den Bereichen Klimaschutz und Energiewende einzusetzen und dafür einzutreten, dass von den EU-Staats- und Regierungschefs folgende Ziele in die Kapitel Energie und Klimawandel in die Schlussfolgerungen des Rates aufgenommen werden:

 

 

Energie

 

  1. Eine konsequente Energiewende mit den Eckpunkten Ausbau erneuerbarer Energien und Steigerung der Energieeffizienz  ist der Schlüssel für erfolgreichen Klimaschutz, wirtschaftlichen Aufschwung und die Reduktion der teuren Importabhängigkeit bei Öl und Gas.
  2. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch soll bis 2020 EU-weit auf 25% und bis 2040 auf 50% gesteigert werden. Dafür soll die EU-Kommission sektorenspezifische Ziele erarbeiten.
  3. Der Energieverbrauch der EU soll bis 2020 um 25% gesenkt werden.

 

 

Klimawandel

 

  1. Der EU-Rat bekräftigt das Ziel, die Treibhausgasemissionen der EU bis 2020 um 30% unter das Niveau von 1990 zu senken.
  2. Bis 2030 sollen die Emissionen gegenüber 1990 um 40% und bis 2050 um 80% gesenkt werden.
  3. Die Einbeziehung des Flugverkehrs in den EU-Emissionshandel und eine europaweite ökologisch-soziale Steuerreform (Senkung der Steuern auf den Faktor Arbeit, Anhebung der Steuern auf fossile Energieträger) sind neben einer konsequenten Energiewende zwei wesentliche Säulen im Kampf gegen den Klimaschutz.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen oder auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Stellungnahme der FPÖ wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

Antrag auf Stellungnahme

(gemäß Art. 23e B-VG)

 

 

der Abgeordneten Dr. Bösch, Strache und Rosenkranz

 

Aufgrund der negativen Berichte der EU-Kommission über den Reformfortschritt der Türkei und das Nichtanerkennen des EU-Mitgliedstaates Zypern durch diese, soll die Europäische Union entsprechende Konsequenzen ziehen.

 

 

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Artikel 23e B-VG

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

„Die zuständigen Mitglieder der Österreichischen Bundesregierung werden aufgefordert, sich bei allen entsprechenden Räten, insbesondere beim Europäischen Rat am 14. und 15. Dezember 2006, für einen sofortigen Abbruch der Verhandlungen über einen Vollbeitritt der Republik Türkei zur Europäischen Union einzusetzen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen oder auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Stellungnahme des BZÖ wurde nur von der FPÖ unterstützt, von den anderen Fraktionen jedoch abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 1 B-VG

i. Vm § 31 d GOG-NR

 

 

des Abgeordneten Herbert Scheibner

 

betreffend sofortigen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei

 

 

 

Türkei nicht reif für eine EU-Mitgliedschaft

Wie bereits der mit 6. Oktober 2004 vorgelegte Bericht der Europäischen Kommission deutlich machte, kann die Türkei die Erfüllung der dafür erforderlichen Kriterien nicht erreichen. Umso unverständlicher war daher die Empfehlung der Europäischen Kommission, Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzunehmen.

Dennoch wurde auf Basis des Fortschrittsberichts, der Beurteilung sowie der Empfehlung der Kommission von den Staats- und Regierungschefs beim Europäischen Rat unter niederländischem Vorsitz anlässlich des Dezembergipfels 2004 beschlossen, mit der Türkei am 3. Oktober 2005 Beitrittsverhandlungen zu beginnen.

 

Dies obwohl die Türkei von der Verwirklichung einer institutionellen Stabilität im Sinne einer demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung, der erforderlichen ökonomischen Stabilität sowie von der Erreichung der sozial- und gesellschaftspolitischen Maßstäbe, die an ein potentielles Mitglied der Europäischen Union anzulegen sind, noch weit entfernt ist. Insbesondere im Bereich der Menschenrechte bestätigte selbst der Bericht der Kommission noch Defizite.

Der am 8. November 2006 vorgelegte Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission fällt nicht wesentlich besser aus. Weiterhin finden Folter außerhalb von Gefängnissen sowie Menschenrechtsverletzungen insbesondere im Südosten des Landes statt. Es gibt Berichte über Fälle von Misshandlungen durch Gefängnispersonal. Meinungsfreiheit nach europäischen Standards ist mit dem bestehenden Gesetzesrahmen nicht garantiert. Auf nach wie vor mangelnde Unabhängigkeit der Justiz wird hingewiesen. Nicht-moslemische Religionsgemeinschaften haben noch immer keine Rechtspersönlichkeit und sind weiter mit Einschränkungen bei den Eigentumsrechten konfrontiert.

 

Keine Bereitschaft des Einlenkens der Türkei in der Zypernfrage

Darüber hinaus belastet der ungelöste Zypernkonflikt weiterhin die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei.

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Dezember 2004 wurde die Türkei zur Unterzeichnung des so genannten Ankara-Protokolls über die Erweiterung der Zollunion um die im Mai 2004 beigetretenen zehn neuen EU-Mitglieder aufgefordert. Dieser Aufforderung kam die Türkei dann auch Ende Juli 2005 nach, ließ aber diesem Akt der Unterzeichnung eine Provokation in der Form folgen, dass in einer separaten Erklärung seitens der türkischen Regierung unmissverständlich festgehalten wurde, dass sie mit der Unterzeichnung des Protokolls nicht die Republik Zypern anerkannt habe.

Auch wenn eine völkerrechtlich verbindliche Anerkennung Zyperns durch die Türkei nicht explizit verlangt wurde, so löste diese Vorgangsweise auf EU-Ebene und bei den Mitgliedstaaten Befremden aus, was die Ausformulierung einer entsprechenden Gegenerklärung seitens der Europäischen Union zur Folge hatte. In dieser Gegenerklärung wurde die Türkei aufgefordert, noch während der Beitrittsverhandlungen Zypern anzuerkennen sowie die Öffnung von Häfen und Flughäfen für griechisch-zypriotische Schiffe und Flugzeuge sicherzustellen, was von der türkischen Regierung prompt als „einseitig“ zurückgewiesen wurde.

Die Kommission bringt in ihrem jüngsten Bericht die Problematik auf den Punkt, wenn dort festgestellt wird, dass es keinen Fortschritt in irgendeinem Aspekt der Normalisierung der bilateralen Beziehungen mit der Republik Zypern gab.

„Die Türkei hat das im Juli 2005 unterzeichnete Zusatzprotokoll, mit dem das EU-Türkei-Zollabkommen auf die im Mai 2004 beigetretenen zehn neuen Mitgliedstaaten ausgedehnt wird und das den Start der Beitrittsverhandlungen ermöglich hat, nicht voll umgesetzt. Die Türkei verweigert Schiffen unter zypriotischer Flagge oder solchen, die aus Zypern kommen, weiterhin den Zugang zu ihren Häfen. Die Türkei blockiert weiterhin per Veto die Mitgliedschaft Zyperns in internationalen Organisationen wie der OECD oder die Teilnahme an dem Wassenaar Abkommen zu Waffenexporten," so der Kommissionsbericht wörtlich.

 

Kommission empfiehlt, Verhandlungen zu Kapiteln nicht einzuleiten

Die mangelnde Bereitschaft der Türkei zum Einlenken in dieser Frage und damit zur vollständigen Umsetzung des Zollabkommens führte dazu, dass die Kommission mit 29.11.2006 als Folge des Scheiterns der diplomatischen Bemühungen empfahl, dass keine Verhandlungen über Kapitel eingeleitet werden, die für die Beschränkungen der Türkei gegenüber der Republik Zypern relevant sind, bis die Kommission bestätigt, dass die Türkei ihre Verpflichtungen erfüllt hat.

Darüber hinaus sprach sich die Kommission dafür aus, dass kein Kapitel vorläufig geschlossen wird, bis sie erklärt, dass die Türkei ihren Verpflichtungen aus dem Zusatzprotokoll uneingeschränkt nachgekommen ist. Die jüngste Entwicklung, wonach die Türkei bereit sei, ein kleines Zugeständnis in Form der Öffnung eines Hafens bzw. eines Flughafens für Zypern zu machen, sich aber weigert, dies auch schriftlich zu dokumentieren, unterstreicht einmal mehr das Fehlen einer seriösen Kooperationsbereitschaft der Türkei.

 

Zeitlich befristetes Einfrieren von Verhandlungen zuwenig

Aus Sicht des BZÖ geht daher die Empfehlung der Kommission bzw. das mittlerweile von den Außenministern beschlossene teilweise Einfrieren der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei durch die Nichteröffnung von acht Verhandlungskapiteln zuwenig weit. Die Zeit der Empfehlungen und Androhungen seitens der Europäischen Union muss nun endlich vorbei sein, daher sind die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei umgehend abzubrechen.

Ein Land, das ein Mitglied der Europäischen Union nicht anerkennen will, hat als Vollmitglied in dieser Staatengemeinschaft keinen Platz.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen bestätigt sich einmal mehr die Richtigkeit jenes in der Sitzung des Hauptausschusses des Nationalrates am 15.12.2004 eingebrachten Antrages, mit dem die ablehnende Haltung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und damit zu einem Beitritt der Türkei zur EU klar zum Ausdruck gebracht wurde. Als Alternative zu einem Vollbeitritt wurde weiters verlangt, dass die Europäische Union in Verhandlungen mit der Türkei mit der Zielrichtung einer primärrechtlich verankerten verstärkten Zusammenarbeit in Form einer Partnerschaft für Europa eintreten sollte. Dieser Antrag wurde jedoch von allen anderen im Hauptausschuss vertretenen Parteien abgelehnt.

 

 

Aus den dargelegten Gründen stellt der unterfertigte Abgeordnete daher nachstehenden

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 1 B-VG

i. Vm § 31 d GOG-NR

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

„Der Bundeskanzler wird ersucht, sich beim Europäischen Rat am 14. und 15. Dezember 2006 in Brüssel für eine sofortige Beendigung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auszusprechen, entsprechende Schlussfolgerungen abzulehnen, die lediglich auf das vorläufige Einfrieren einzelner Verhandlungskapitel abzielen, und stattdessen für Verhandlungen mit der Zielrichtung einer primärrechtlich verankerten verstärkten Zusammenarbeit in Form einer Partnerschaft für Europa einzutreten.“

 

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist nicht durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen bzw. nicht auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.