246/J XXIII. GP

Eingelangt am 15.01.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Ärzte und Pharmafirmen - Korruptionsverdacht?"

Mit der AB 2269/XXII.GP vom 07.01.2005 wurden diesbezügliche Fragen der Parlamentarischen Anfrage „Korruptionsverdacht gegen Ärzte und Pharmafirmen in Deutschland - oder auch in Österreich?" beantwortet. Dabei wurde in der Antwort mehrfach auch auflaufende Ermittlungen der Sicherheitsbehörden verwiesen und Fragen auch aus diesem Grund nicht beantwortet. Mitgeteilt wurde aber dabei, dass es seit 2000 immer wieder Amts- bzw. Rechtshilfeersuchen im Zusammenhang mit Korruption und Untreue gibt.

„Aktuell gibt es Erhebungen gegen Personen, die im Gesundheitswesen beruflich tätig sind. Es wird um Verständnis ersucht, dass ich zu laufenden Ermittlungen, seien es solche in Deutschland, Österreich oder sonst wo, keine Auskünfte geben kann. "

Nach jüngsten Medienberichten ermitteln deutsche Staatsanwaltschaften aber noch immer gegen diese Pharmakonzerne und Ärzte. So ermittelt die Münchner Justiz in mehr als 3000 Fällen (darunter auch gegen Ärzte von 850 Kliniken) wegen Vorteilsnahme. Betroffen sind die Firmen Fujisawa, Bristol-Myers Squibb, Servier und Amgen. Diese haben möglicherweise Ärzte geschmiert. Seitdem wurden aber auch neue Verdachtsfälle in der Öffentlichkeit bekannt.

So war Ratiopharm (Umsatz 2005: 1,61 Milliarden Euro) bereits im Herbst 2005 in den Verdacht geraten, in großem Umfang Ärzte „zur missbräuchlichen Verschreibung von Arzneimitteln" gebracht zu haben. Firmeneigner Adolf Merckle hatte daraufhin Vorstandschef Claudio Albrecht durch seinen Sohn Philipp Daniel Merckle ersetzt.

„Die Ulmer Hersteller von nachgeahmten Arzneien (Generika) wird verdächtigt, Ärzte zum Betrug angestiftet zu haben. Die Mitarbeiter stünden im Verdacht, Mediziner durch Geld- und Sachleistungen zur Verschreibung von Ratiopharm-Produkten angehalten zu haben, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Wolfgang Zieher der Süddeutschen Zeitung. Dies wäre Anstiftung oder Beihilfe zur Untreue. Die Mitarbeiter könnten sich auch „zum Nachteil der Krankenkassen strafbar gemacht haben. Wie viele Ärzte beteiligt sein könnten und ob Arztpraxen durchsucht würden, wollte Zieher mit Hinweis auf laufende Ermittlungen nicht sagen. Die Polizei habe nach E-mails und Briefen gesucht, sagte der Oberstaatsanwalt. Dazu habe sie bundesweit Wohnungen der Außendienstler einbezogen, die 2001 bis 2005 für Ratiopharm. Gearbeitet hätten. Schon im

November hatte der Staatsanwalt Büros leitender Angestellter und acht Privatwohnungen durchsuchen lassen, um Hinweise zur früheren Vertriebsstruktur der Firma zu bekommen. "

(Süddeutsche Zeitung 19.12.2006)

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt wiederum wegen des Verdachts der Untreue bzw. des Betruges gegen Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter des Westerwälder

Medizinproduktherstellers „Lohmann & Rauscher International" in einem Abrechnungsskandal der besonderen Art.

Für Transparency International (TI) ist das öffentliche Gesundheitswesen (neben der Baubranche) ein besonders anfälliges Gebiet für Korruption. TI geht von einem Schaden von 30 bis 100 Milliarden Euro jährlich aus. In Europa hat sich daher auch das „Europäische Netzwerk gegen Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (EHFCN)" entwickelt.

Aus aktuellen Gründen werden ähnliche Fragen wie im Jahr 2004 wieder gestellt.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres nachstehende

Anfrage:

1.    Gab es seit 2000 aus anderen Ländern Amts- bzw. Rechtshilfeersuchen betreffend Korruptionsverdacht (z.B. Verdacht auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechungen) gegenüber MitarbeiterInnen von GlaxoSmithKline oder in diesem Zusammenhang gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. Krankenanstalten an Ihr Bundesministerium?

Gab es Anzeigen, behördliche Ermittlungen bzw. Gerichtsverfahren?

2.    Haben die zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem Bundesministerium (z.B. BIA) Kontakt aufgenommen, ob es hinsichtlich des in der Anfrage 2278/J XXII.GP zit. Südhessischen Medizinproduktherstellers derartige Vorwürfe, Verbindungen bzw. Spuren in Österreich gibt bzw. gegeben hat?

Wenn ja, was wurde damit bezweckt?

2.1 Wurden aufgrund der Veröffentlichungen über die laufenden Korruptionsermittlungen in Deutschland (z.B. Darmstadt, München) oder aufgrund von Anzeigen durch Ihr Bundesministerium konkrete Erhebungen / Ermittlungen vorgenommen, ob derartige Praktiken in Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen, Medizinische Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?

2.2.Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden dabei gewonnen und welche Maßnahmen konkret gesetzt?

2.3.Wenn nein, weshalb nicht?

2.4.Gab es entsprechende Erhebungen oder Ermittlungen (z.B. wegen Verdachts auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechung oder in diesem Zusammenhang Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter dieses südhessischen Medizinproduktherstellers oder in diesem Zusammenhang gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. in Krankenanstalten durch das BMI?

2.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?

2.6.Gab es in der Frage des im Einleitungstext angesprochenen Korruptionsskandals aus Deutschland ein Rechts- bzw. Amtshilfeersuchen an Ihr Ministerium?

2.7.Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete der Inhalt dieses Rechts- bzw. Amtshilfeersuchens? Wurde diesem auch entsprochen?

3.   Haben die zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem Bundesministerium Kontakt aufgenommen, ob es hinsichtlich des japanischen Pharmaunternehmens Fujisawa derartige Vorwürfe, Verbindungen bzw. Spuren nach Österreich gibt bzw. gegeben hat? Wenn ja, was wurde damit bezweckt?

3.1. Wurden aufgrund dieses aufgezeigten Ärzte-Bestechungsskandals oder aufgrund von Anzeigen durch Ihr Bundesministerium konkrete Erhebungen / Ermittlungen vorgenommen, ob derartige Praktiken in Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen, Medizinische Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. konkret vorgekommen sind?

3.2.Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden gewonnen und welche Maßnahmen konkret gesetzt?

3.3.Wenn nein, weshalb nicht?

3.4.Gab es jemals entsprechende Erhebungen und Ermittlungen (z.B. Verdacht auf Untreue,

Geschenkannahme, Bestechung oder in diesem Zusammenhang wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von Fujisawa oder gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. Krankenanstalten durch das BMI?

3.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?

3.6.Gab es in der Frage dieses angesprochenen Bestechungsskandals aus Deutschland oder anderen Ländern an Ihr Bundesministerium ein Rechts- bzw. Amtshilfeersuchen?

3.7.Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete jeweils der Inhalt dieses Rechts- bzw. Amtshilfeersuchens?

4.   Haben die zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem Bundesministerium Kontakt aufgenommen, ob es hinsichtlich der Pharmafirma Bristol-Myers Squibb(BMS) derartige Vorwürfe, Verbindungen bzw. Spuren in Österreich gibt bzw. gegeben hat? Wenn ja, was wurde damit bezweckt?

4.1 .Wurden aufgrund dieses Ärzte-Bestechungsskandal in Deutschland (München) durch Ihr Bundesministerium konkrete Erhebungen / Ermittlungen vorgenommen, ob derartige Praktiken in Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen, Medizinische Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?

4.2.Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden gewonnen und welche Maßnahmen konkret gesetzt?

4.3.Wenn nein, weshalb nicht?

4.4.Gab es jemals entsprechende Erhebungen und Ermittlungen (z.B. wegen Verdachts auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechung und in diesem Zusammenhang auf Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von Bristol-Myers Smith oder in diesem Zusammenhang gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. Krankenanstalten durch das BM für Justiz bzw. durch das BMI?

4.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?

4.6.Gab es in der Frage dieses angesprochenen Bestechungsskandals aus Deutschland oder anderen Ländern ein Recht- bzw. Amtshilfeersuchen?

4.7.Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete der Inhalt dieses Recht- bzw. Amtshilfeersuchens?

5.    Haben die zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem Bundesministerium Kontakt aufgenommen, ob es hinsichtlich der Pharmafirma Ratiopharm derartige Vorwürfe, Verbindungen bzw. Spuren in Österreich gibt bzw. gegeben hat?

Wenn ja, was wurde damit bezweckt?

5.1. Wurden aufgrund dieses Ärzte-Bestechungsskandal in Deutschland (München) durch Ihr Bundesministerium konkrete Erhebungen / Ermittlungen vorgenommen, ob derartige Praktiken in Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen, Medizinische Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?

5.2.Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden gewonnen und welche Maßnahmen konkret gesetzt?

5.3.Wenn nein, weshalb nicht?

5.4.Gab es jemals entsprechende Erhebungen und Ermittlungen (z.B. wegen Verdachts auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechung und in diesem Zusammenhang auf Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von Ratiopharm oder in diesem Zusammenhang gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. Krankenanstalten durch das BM für Justiz bzw. durch das BMI?

5.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?

5.6.Gab es in der Frage dieses angesprochenen Bestechungsskandals aus Deutschland oder anderen Ländern ein Recht- bzw. Amtshilfeersuchen?

5.7.Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete der Inhalt dieses Recht- bzw. Amtshilfeersuchens?

6.    Haben die zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem Bundesministerium Kontakt aufgenommen, ob es hinsichtlich des Medizinproduktherstellers Lohmann & Rauscher International derartige Vorwürfe, Verbindungen bzw. Spuren in Österreich gibt bzw. gegeben hat?

Wenn ja, was wurde damit bezweckt?

6.1. Wurden aufgrund dieses Ärzte-Bestechungsskandal in Deutschland (Koblenz) durch Ihr Bundesministerium konkrete Erhebungen / Ermittlungen vorgenommen, ob derartige Praktiken in Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen, Medizinische Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?

6.2.Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden gewonnen und welche Maßnahmen konkret gesetzt?

6.3.Wenn nein, weshalb nicht?

6.4.Gab es jemals entsprechende Erhebungen und Ermittlungen (z.B. wegen Verdachts auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechung und in diesem Zusammenhang auf Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von Lohmann & Rauscher International oder in diesem Zusammenhang gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. Krankenanstalten durch das BM für Justiz bzw. durch das BMI?

6.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?

6.6.Gab es in der Frage dieses angesprochenen Bestechungsskandals aus Deutschland oder anderen Ländern ein Recht- bzw. Amtshilfeersuchen?

6.7.  Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete der Inhalt dieses Recht- bzw. Amtshilfeersuchens?

7.              Gab es im Zeitraum 2000 - 2006 - unabhängig von den in dieser Anfrage genannten Unternehmen - durch die Polizei Erhebungen oder Ermittlungen wegen Verdachts auf Bestechung, Geschenkannahme, Steuerhinterziehung etc., gegen Verantwortliche von Pharma- oder Medizinproduktunternehmen bzw. gegen Verantwortliche im Gesundheitswesen oder in Krankenanstalten in Österreich (Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre)?

8.  Wie viele Ermittlungen wegen Betrug, Untreue und Korruption wurden in den Jahren 2000 - 2006 geführt? Wie viele betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen, Medizinproduktehersteller oder Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. in Krankenanstalten (Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre)?

9.              Welche und wie viele strafrechtliche Ermittlungen wurden in diesen Jahren abgeschlossen?

Wie viele betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen, Medizinproduktehersteller oder Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen (Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre)?

10. Zu welchen Ergebnissen führten jeweils diese Ermittlungen? Wie viele führten zu gerichtlichen Strafanzeigen (Ersuche um Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre und Staatsanwaltschaften)?

11.     Wie viele laufende diesbezügliche Ermittlungen der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaften sind Ihnen bekannt?

12.     Wie viele Anzeigen nach § 55 AMG (verbotene Geschenkannahme) wurden im Zeitraum 2000 - 2006 erstattet (Ersuche um Aufschlüsselung auf Jahre)? Welche Informationen sind Ihnen über Erledigung der Anzeigen bzw. den Ausgang der Verfahren bekannt geworden? Wenn nein, welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, damit Ihnen diese Zahlen in Zukunft bekanntgegeben werden?

13.     Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2000 -2006 nach § 153 StGB (Untreue) erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften)?

14.     Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2000 -2006 nach § 153 b StGB (Geschenkannahme durch Machthaber) erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften)?

15.     Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2000 -2006 nach §§ 304 - 308 StGB (Verletzung der Amtspflicht und verwandte strafbare Handlungen) erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften)?

16.     Wie viele Millionen Euro gehen in Österreich jährlich durch Korruption und Betrug im verloren? Welche Beträge im Gesundheitswesen? Woran liegt diese Entwicklung?

17.     Welche konkreten Maßnahmen wird das Innenressort in Zukunft zur Bekämpfung von Korruption und Betrug im Gesundheitswesen ergreifen?

18. In welcher Form arbeitet das Innenressort mit dem Europäischen Netzwerk gegen Betrug und Korruption" im Gesundheitswesen zusammen?