252/J XXIII. GP

Eingelangt am 16.01.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Maga. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur

betreffend die Kommission für Provenienzforschung im Bundesdenkmalamt und die Provenienzforschung an den ehemaligen Bundesmuseen

Im Jahr 1998 verabschiedete der österreichische Nationalrat das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (kurz Kunstrückgabegesetz, BGBl. 181/1998), mit dem die Republik nicht zuletzt auf massive Vorwürfe aus dem Ausland betreffend die Aufarbeitung von NS-Unrecht reagierte. Obwohl es zweifellos einen großen Fortschritt im Umgang Österreichs mit seiner Vergangenheit darstellte, zeigten sich in der Administration und der Vollziehung des Gesetzes doch zahlreiche juristische Tücken und legislative Mängel, die zu beheben sich die bis vor kurzem zuständige Ministerin nicht durchringen konnte.

Die unterfertigten Abgeordneten sind der Ansicht, dass nun ein geeigneter Zeitpunkt wäre, die verschiedenen Unzulänglichkeiten des Kunstrückgabegesetzes und seiner Vollzugspraxis zu beseitigen, und stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.                          Die Kommission für Provenienzforschung koordiniert und führt die Provenienzforschung an den ehemaligen Bundesmuseen durch. Ihre Rolle, ihre Struktur, ihre Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie vor allem ihre juristische Stellung wurden aber niemals definiert. Eine typisch österreichische Lösung, ist man versucht zu behaupten. Wie ist die gegenwärtige juristische und budgetäre Stellung der Kommission für Provenienzforschung?

2.                          Halten Sie die derzeitige Situation im Sinne effizienter Provenienzforschung für zufriedenstellend?

3.                          Die Kommission für Provenienzforschung verfügt über kein eigenes Budget. Werden Sie dafür Sorge tragen, dass die Kommission den Status einer juristischen Person erhält, die unter anderem MitarbeiterInnen anstellen, Werkverträge abschließen oder auch Verträge mit Dritten über die allfällige Erbringung zusätzlicher Leistungen vereinbaren kann?

4.                          Im Archiv des Bundesdenkmalamtes arbeiten wissenschaftliche Mitarbeiterinnen der Kommission für Provenienzforschung, die Anfragen


bearbeiten, teils selbst Forschungen durchführen und das Archiv (Ausfuhren und Restitutionen) aufarbeiten und betreuen. Es gibt sogar geregelten Parteienverkehr. Dennoch werden diese Mitarbeiterinnen zum Teil seit Jahren auf der Basis von auf drei Monate befristeten Werkverträgen beschäftigt, welche nach Ablauf dieses Zeitraums um weitere drei Monate verlängert wurden. Mittlerweile werden die Werkverträge zwar befristet auf sechs Monate abgeschlossen, was aber nichts an der Problematik selbst ändert. Können Sie es mit der Integrität des Amtes vereinbaren, dass sich der Bund als Dienst- bzw. Auftraggeber auch nur in die Nähe illegaler Werkverträge begibt, dort wo arbeitsrechtlich eine unselbstständige Beschäftigung gegeben ist?

5.                           Werden Sie dafür Sorge tragen, dass die wissenschaftlichen MitarbeiterInnen der Kommission für Provenienzforschung zum ehestmöglichen Zeitpunkt bei einer Dienststelle des Bundes, optimalerweise bei der als juristische Person neu zu schaffende Kommission selbst, angestellt werden?

6.                           Wie werden Sie für die Umsetzung der Neudefinition der Kommission für Provenienzforschung Sorge tragen?

7.                           Immer wieder (vgl. etwa Eva Blimlinger im Falter" 1/2007) wird betont, dass es sinnvoll wäre, würde der Kunstrückgabebeirat seine Sitzungsfrequenz erhöhen. Es dauert zumeist mehrere Monate, manchmal gar Jahre, bis Provenienzdossiers aus den ehemaligen Bundesmuseen es auf die Tagesordnung einer Beiratssitzung schaffen. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Kunstrückgabebeirat wenigstens sechsmal im Jahr anstatt bisher zweimal jährlich tagt?

8.                           Betroffene und KritikerInnen des Kunstrückgabegesetzes bemängeln seit Jahren die mangelnde Parteistellung der Angehörigen ehemaliger NS-Opfer. Werden Sie dieser Kritik den Wind aus den Segeln nehmen, indem Sie dafür Sorge tragen, dass im Kunstrückgabebeirat künftig nicht nur die Anwälte der Republik, sondern auch die Antragsteller oder deren Rechtsvertreter vertreten sind?

9.                           Halten Sie sich immer an die Empfehlungen des Kunstrückgabebeirates?

10.                   Im Moment kann von einer Transparenz der Beiratsentscheidungen keine Rede sein; zumeist erscheint eine APA-Meldung, in der kurz mitgeteilt wird, welche Kunstwerke zurückzugeben sind und welche nicht. Werden Sie dafür Sorge tragen, dass künftig nicht nur die Ergebnisse der Beiratssitzungen, sondern auch die Überlegungen und Begründungen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, öffentlich gemacht werden?

11.                   Falls ja, in welcher Form könnte dies geschehen?

12.                   Welche Schritte setzt Ihr Ministerium nach einer Empfehlung des Kunstrückgabebeirats, ein Kunstwerk zu restituieren?

13.                   Inwieweit wird das Ministerium bei der Ausforschung allfälliger Nachkommen oder Erben aktiv?


14.                  Wie lange dauert durchschnittlich die Erstellung eines Rechtsnachfolgegutachtens?

15.                  Wie lang ist der durchschnittliche Zeitraum zwischen einer positiven Beiratsempfehlung und der tatsächlichen Rückgabe des Kunstwerkes an die Eigentümer?

16.                  Die Sammlung Leopold wurde zwar durch die Republik Österreich erworben, ist als Privatstiftung aber nicht dem Kunstrückgabegesetz unterworfen. Werden Sie legislative Initiativen setzen, um auch das Leopold Museum zur Rückgabe ehemals enteigneter Kunstwerke zu verpflichten?

17.                  Könnte diese Verpflichtung etwa durch eine Novellierung des Kunstrückgabegesetzes, durch eine Änderung der Stiftungssatzung oder auch durch das Ausüben moralischen Drucks durchgesetzt werden?

18.                  Wie viele Kunstwerke aus ehemals jüdischem Besitz hat das Leopold Museum seit 1998 an die ursprünglichen Eigentümer bzw. deren Rechtsnachfolger restituiert?