521/J XXIII. GP

Eingelangt am 14.03.2007
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundeskanzler

 

betreffend Bezugsfortzahlung trotz Ausübung einer Erwerbstätigkeit bei Karl-Heinz Grasser

 

Der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser erhält weiterhin eine Bezugsfortzahlung gemäß dem Bundesbezügegesetz. Grasser ist mittlerweile als Unternehmer in Form einer Beteiligung an einer Kommunikationsagentur tätig. Eine Bezugsfortzahlung ist nur zulässig, wenn keine Geldleistungen aus einer Erwerbstätigkeit bezogen werden. Da Unternehmer aus ihren Tätigkeiten in der Regel Geldleistungen beziehen erscheint der Anspruch auf Bezügefortzahlung äußerst fragwürdig.

 

Verschiedenen Medienberichten ist zu entnehmen, dass der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser gemäß § 6 des Bundesbezügegesetzes eine Bezügefortzahlung beantragt hat. Grasser bestätigt den Bezug in einem Kurier-Interview vom 11. März 2007.

 

Frage: „Als Privatmann kassieren Sie noch immer 15.810 Euro Gehaltsfortzahlung. Mussten Sie das eigentlich beantragen?“ Grasser: „Ja, das hab’ ich beantragt.“

 

Frage: „Finden Sie das nicht ein bisschen peinlich?“ Grasser: „Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich hab’ mein Gehalt in der Politik mehr als halbiert. Ich bekomme keine Ministerpension, ich bekomme gar nichts. Ich nehme nur ein Recht in Anspruch, das im Gesetz genau so vorgesehen ist. Was also sollte daran peinlich sein?

 

Bemerkenswert ist, dass hier ein Bezug in der Höhe eines Ministergehalts genannt wird. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen beträgt der Fortzahlungsbetrag aber 75 % des Ministerbezugs, also monatlich 11.857 Euro.

 

Dieser Bezug steht ehemaligen Regierungsmitgliedern aber nur zur, wenn keine anderen Einkünfte erzielt werden. Die Höhe der Einkünfte für eine sonstige Erwerbstätigkeit ist dabei irrelevant.

 

Wie aus dem Kurier-Interview hervorgeht, ist Grasser offenbar der Meinung, dass ihm der Anspruch auf Bezügefortzahlung auf jeden Fall zusteht. Grasser meint: „Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass ich nach drei Monaten die restlichen drei Monate spende, ob das jetzt für Kinder in Not oder für Tiere in Not ist.“

 

§ 6. Abs. (2) des Bundesbezügegesetzes lautet:

 

„Der Anspruch auf Bezugsfortzahlung besteht nur solange, als nicht ein Anspruch auf Geldleistungen
  1. für die Ausübung einer neuerlichen Funktion nach diesem
     Bundesgesetz, nach vergleichbaren bundes- oder
     landesrechtlichen Vorschriften oder für eine Funktion im Rahmen
     der Europäischen Gemeinschaften,
  2. für eine sonstige Erwerbstätigkeit oder

  3. aus einer Pension
besteht.“

 

Im Kurier-Interview vom 11. März 2007 wurde auch die Frage gestellt:

 

„Was würden Sie derzeit als Berufsbezeichnung angeben?“ Grasser: „Unternehmer. Ich habe ja einen Drittel Anteile (Anm.: wörtlich zitiert) der Kommunikationsagentur Valora Solutions übernommen. Das ist mein erster Schritt in die Selbstständigkeit.“

 

Das Interview wurde offenbar in Grassers bereits eingerichtetem Büro in dessen Unternehmen gegeben. Nur die Wände seien noch kahl. „Derzeit kaufe ich gerade Bilder ein,“ so Grasser.

 

In einem Bericht mit der Tageszeitung Österreich vom 10. Februar 2007 wird Grassers Aufgabe in der Agentur wie folgt beschrieben: „Der langjährige Spitzenpolitiker wird aber auch sein exzellentes Kontaktnetz und sein Know-how für die komplexen Kommunikationsaufgaben zur Verfügung stellen, die diese Agentur übernehmen will.“

 

Die Medienberichte lassen darauf schließen, dass Karl-Heinz Grasser keinen Anspruch auf Gehaltsfortzahlungen gemäß dem Bezügegesetz mehr hat.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Bezieht Karl-Heinz Grasser nach wie vor Bezügefortzahlungen gemäß dem Bundesbezügegesetz?

2.      Wenn nein, wann wurden die Zahlungen eingestellt?

3.      Hat Karl-Heinz Grasser seine unternehmerische Tätigkeit gemeldet? Wenn ja, wann?

4.      Hätte Grasser diese Tätigkeit gemäß den gesetzlichen Bestimmungen melden müssen? Wenn nein, warum nicht?

5.      Besteht trotz der Drittelbeteiligung an einer Kommunikationsagentur, dem Bezug seines Büros in dieser Agentur und den offensichtlich durch Grasser für sie ausgeübten Tätigkeiten ein Anspruch auf Bezügefortzahlung? Wenn ja, warum?

6.      Wurden bzw. werden ungerechtfertigt ausgezahlte Bezügefortzahlungen zurückgefordert? Wenn ja, ab wann?

7.      Ist das Bundeskanzleramt aufgrund der Medienberichte von sich aus tätig geworden, um den Anspruch auf Bezügefortzahlung zu überprüfen? Wenn nein, warum nicht?

8.      Wird das Bundeskanzleramt hinkünftig den Anspruch auf Bezügefortzahlung von sich aus überprüfen, wenn Medienberichte oder andere Informationen darauf hinweisen, dass die Voraussetzungen für die Bezügefortzahlung nicht mehr bestehen?