692/J XXIII. GP
Eingelangt am 24.04.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Dringliche Anfrage
der
Abgeordneten Pilz, Kogler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister
für Finanzen
betreffend Zensur der Akten für den Untersuchungsausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen
Am 4. April 2007 hat das BM für Finanzen auf Verlangen dem Untersuchungsausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen (Eurofighter-Untersuchungsausschuss) eine Kopie eines ausgewählten Teils des Steueraktes des EADS/Eurofighter-Lobbyisten Erhard Steininger übermittelt. Darin ist ein wesentlicher Teil der Informationen geschwärzt. Ein Großteil der Kontenblätter wurde dem Ausschuss überhaupt vorenthalten.
Der Bundesminister für Finanzen beansprucht für sich das Recht, alle Unterlagen, die er dem Untersuchungsausschuss übermittelt, davor zensurieren zu lassen. Dabei beruft er sich auf eine Stellungnahme der Finanzprokuratur vom 20. März 2007. Hier heißt es:
„Von der Finanzverwaltung sind sohin jene Akten bzw. Aktenteile von der Aktenvorlage auszunehmen, die mit dem Beschaffungsvorgang der Eurofighter-Kampfjets nichts zu tun haben können. Sollte die Trennung der einzelnen Aktenteile faktisch nicht möglich sein, so wäre das Amtsgeheimnis durch Schwärzungen auf dem entsprechenden Aktenteil zu wahren."
Dem gegenüber gibt es eine klare Rechtsmeinung des Untersuchungsausschusses, die dem BM für Finanzen am 19. März 2007 sowie am 11. April 2007 mitgeteilt wurde:
„Art. 53 Abs. 3 B-VG regelt unmissverständlich, dass alle öffentlichen Ämter auf Verlangen ihre Akten dem Untersuchungsausschuss vorzulegen haben. Die Frage, ob ein Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand gegeben ist, kann abschließend ausschließlich vom Untersuchungsausschuss selbst beurteilt werden, zumal ausschließlich diesem alle mit dem Beschaffungsvorgang Eurofighter zusammenhängenden Akten sowie die Aussagen der Auskunftspersonen in den öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen bekannt sind. Aufgrund der Vertraulichkeit der Akten und der Aussagen der Auskunftspersonen in den nichtöffentlichen Teilen der Sitzungen können dem BMF nicht alle Informationen und Schlussfolgerungen übermittelt werden, die einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand eindeutig belegen. Daher ist die Frage, ob ein Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand besteht, vom Untersuchungsausschuss und nicht vom BMF zu prüfen."
Sie wird durch die Stellungnahme des Verfahrensanwalts im Untersuchungsausschuss, Generalprokurator i.R. Dr. Gottfried Strasser ebenso gestützt wie durch die Expertise des Verfassungsexperten Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer.
Im Kern geht es um eine Frage: Soll jene Behörde, die eigene Akten zur Verfügung stellt und die der Kontrolle durch den Ausschuss unterliegt, oder der Untersuchungsausschuss bestimmen, welche Unterlagen diesem zur Verfügung zu stellen sind. Kann das kontrollierte Ministerium letztlich über den Umfang, in dem es vom Nationalrat kontrolliert wird, selbst entscheiden?
Neben dieser grundsätzlichen gibt es auch eine konkrete Erwägung: Letztlich können nur die mit der Sachmaterie vertrauten Mitglieder des Ausschusses entscheiden, ob insbesondere Zahlungen, die durch Steuerakte dokumentiert sind, in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen.
Nun hat eine Überprüfung des geschwärzten Steuerakts ergeben, dass in zumindest vier Fällen nachweislich in unzweifelbarem Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehende Inhalte im Steuerakt „Steininger" geschwärzt wurden:
1. Auf dem Blatt mit der Bezeichnung „Erfolgsrechnung Brutto 2002", S. 1, ist bei den Ausgaben die Zeile „Honorar Communications" über rund 6,4 Mio Euro nicht ausgeschwärzt. Die korrespondierende Zeile bei den Einnahmen „801 Spesenersatz" ist aber geschwärzt. Im Akt findet sich an späterer Stelle ein Detailblatt dieses Kontos, allerdings nur für Jänner bis September 2002. Die insgesamt vom Finanzamt dem Untersuchungsgegenstand zugeordneten, und daher nicht geschwärzten Einnahmen decken nicht die dem Untersuchungsgegenstand zugewiesenen und nachgewiesenen Ausgaben. Daher muss man davon ausgehen, dass weitere Einnahmen - die geschwärzt bzw. nicht übermittelt wurden, von Seiten EADS vorliegen.
2. Auf dem Blatt mit der Bezeichnung „Erfolgsrechnung Brutto 2002", S. 1. ist die Zeile unter der Zeile „591 Honorar P & P Consulting" geschwärzt. Das Konto dieser geschwärzten Zeile ist mit „592" erkennbar. Im Akt findet sich an anderer Stelle das Detailblatt des Kontos „592", diesmal aber ungeschwärzt. Es trägt den Titel „Honorar Creativ Promotion" und enthält eine Buchungszeile. Diese Zahlung an die Firma des Ehepaars Wolf ist eindeutig vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Die Klärung, ob diese Zahlung ursächlich mit dem Beschaffungsvorgang zusammenhängt oder nicht, ist eine der Aufgaben des Ausschusses.
3. Die Einnahmen des Jahres 2002 sind fast zur Gänze, möglicherweise auch zur Gänze unmittelbar und mittelbar auf EADS zurück zu führen. Die Einnahmen der Jahre 2003 und 2004 sind zur Gänze auf EADS und im Zusammenhang damit entstandene Umsatzsteuerguthaben zurück zu führen. Daher wäre anzunehmen, dass auch die überwiegende Mehrzahl der Ausgaben auf diese Geschäftsbeziehung zurück zu führen ist. Trotzdem sind fast alle Ausgaben für Werbeaufwand, Reisespesen etc ausgeschwärzt.
4. Dem Steuerakt sind zwar etliche Eingangs- und Ausgangsrechnungen beigefügt, aber wesentliche, für die Arbeit des Untersuchungsausschusses bedeutsame Rechnungen fehlen. So fehlt etwa die Eingangsrechnung für Hortobagy Consulting & Management KFT im Zusammenhang mit der Steininger-Zahlung an Airpower ebenso wie die Ausgangsrechnungen mit
den Nummern 3, 4, 5 und 7 aus 2003 und sämtliche Rechnungen aus 2004 an EADS.
Zumindest in diesen Fällen hat das BM für Finanzen die gesetzlichen Bestimmungen aus der Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse ebenso verletzt wie die Kontrollrechte des Nationalrats, wie sie sich aus der Bundesverfassung ergeben.
Im Zusammenhang mit der Übermittlung der Steuerakte hat der Untersuchungsausschuss dem BM für Finanzen einen entgegenkommenden Vorschlag unterbreitet: Der Obmann des Ausschusses sollte gemeinsam mit dem Verfahrensanwalt in die Akten Einsicht nehmen und dann dem BM für Finanzen beschreiben, welche Teile der Akten dem Ausschuss auf Grund eines fehlenden Zusammenhangs mit dem Untersuchungsgegenstand nicht zu übermitteln sind. Das BM für Finanzen hat darauf am 17. April 2007 per email geantwortet:
„Nach Rücksprache mit dem Herrn Präsidenten der Finanzprokuratur und dem Büro des Herrn Vizekanzlers muss ich Ihnen mitteilen, dass die von Ihnen vorgeschlagene Vorgangsweise (Vorsichtung der ungeschwärzten Steuerakten durch Sie und den Verfahrensanwalt im BMF) leider auch keine Lösung darstellt."
Da der Nationalrat nicht dulden kann, dass ein Mitglied der Bundesregierung die Kontrollbefugnisse des Nationalrats in unzulässiger Weise beschneidet, richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Können Sie ausschließen, dass durch die Schwärzungen, die vor Übermittlung von Steuerakten an den Untersuchungsausschuss durch Beamte des BM für Finanzen durchgeführt wurden, Aktenteile betroffen sind, deren Übermittlung durch den Untersuchungsauftrag gedeckt ist?
2. Auf dem Blatt mit der Bezeichnung „Erfolgsrechnung Brutto 2002", S. 1, ist im Steuerakt „Steininger" bei den Ausgaben die Zeile „Honorar Communications" über rund 6,4 Mio Euro nicht geschwärzt. Die korrespondierende Zeile bei den Einnahmen „801 Spesenersatz" ist aber geschwärzt. Warum ist diese Zeile geschwärzt worden?
3. Im Akt findet sich an späterer Stelle ein Detailblatt dieses Kontos, allerdings nur für Jänner bis September 2002. Die insgesamt vom Finanzamt dem Untersuchungsgegenstand zugeordneten und daher nicht geschwärzten Einnahmen decken nicht die dem Untersuchungsgegenstand zugewiesenen und nachgewiesenen Ausgaben. Daher muss davon ausgegangen werden, dass weitere Einnahmen - die geschwärzt bzw. nicht übermittelt wurden, von Seiten EADS vorliegen. Warum wurden dem Untersuchungsausschuss diese Unterlagen vorenthalten?
4. Auf dem Blatt mit der Bezeichnung „Erfolgsrechnung Brutto 2002", S. 1, ist die Zeile unter der Zeile „591 Honorar P & P Consulting" geschwärzt. Das Konto dieser geschwärzten Zeile ist mit „592" erkennbar. Im Akt findet sich an anderer Stelle das Detailblatt des Kontos „592", diesmal aber ungeschwärzt. Es trägt den Titel „Honorar Creativ Promotion" und enthält eine Buchungszeile. Diese Zahlung an die Firma des Ehepaars Wolf ist eindeutig vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Warum ist diese Zahlung geschwärzt worden?
5. Die Einnahmen des Jahres 2002 sind fast zur Gänze, möglicherweise auch zur Gänze unmittelbar und mittelbar auf EADS zurück zu führen. Die Einnahmen der Jahre 2003 und 2004 sind zur Gänze auf EADS und im Zusammenhang damit entstandene Umsatzsteuerguthaben zurück zu führen. Daher wäre anzunehmen, dass auch die überwiegende Mehrzahl der Ausgaben auf diese Geschäftsbeziehung zurück zu führen ist. Trotzdem sind fast alle Ausgaben für Werbeaufwand, Reisespesen etc. ausgeschwärzt. Warum werden dem Untersuchungsausschuss diese Informationen vorenthalten?
6. Dem Steuerakt sind zwar etliche Eingangs- und Ausgangsrechnungen beigefügt, aber wesentliche, für die Arbeit des Untersuchungsausschusses bedeutsame Rechnungen fehlen. So fehlt etwa die Eingangsrechnung für Hortobagy Consulting & Management KFT im Zusammenhang mit der Steininger-Zahlung an Airpower ebenso wie die Ausgangsrechnungen mit den Nummern 3, 4, 5 und 7 aus 2003 und sämtliche Rechnungen aus 2004 an EADS. Warum werden dem Ausschuss diese Rechnungen vorenthalten?
7. Die in den Fragen 1 bis 4 beschriebenen Schwärzungen haben auch auf Basis der Rechtsmeinung des BM für Finanzen keine gesetzliche Grundlage. Welcher Beamte hat diese Schwärzungen durchgeführt?
8. Wer trägt für diese ungesetzlichen Schwärzungen die politische Verantwortung?
9. Wenn sich das BM für Finanzen anmaßt, die Grenzen des Untersuchungsgegenstands gegenüber dem Nationalrat selbst festzusetzen, ist neben der - fehlenden - gesetzlichen Grundlage detaillierte Sachkenntnis im Beschaffungsvorgang „Eurofighter" dafür Voraussetzung. Wie haben Sie sicher gestellt, dass die Beamten, die in Ihrem Auftrag Akten schwärzen, mit allen damit notwendigen sachlichen Details vertraut sind?
10. Verfügen die Beamten über Listen aller Personen und Firmen, die jemals mit dem Beschaffungsvorgang in Zusammenhang gestanden sind?
11. Wie können Beamte des Bundesministeriums für Finanzen beurteilen, ob sich in den Akten Zahlungen an Beamte des Bundesministeriums für Landesverteidigung finden?
12. Wie können Beamte des Bundesministeriums für Finanzen beurteilen, ob sich in den Akten Zahlungen an Personen aus dem Bereich der seinerzeitigen Regierungsparteien FPÖ/BZÖ und ÖVP befinden?
13. Sollten die damit befassten Beamten des Bundesministeriums für Finanzen nicht über die in den vorangegangenen Fragen erwähnten Kenntnisse verfügen: Nach welchen sachlichen Kriterien nehmen sie die Schwärzungen vor?
14. Warum hindern Sie den Untersuchungsausschuss, über Steuerakten mögliche weitere Hinweise auf verbotene Geschenkannahme bzw. illegale Parteienfinanzierung zu verfolgen?
15. Wer hat Mag. Gerhard Wallner im Namen des Büros des Vizekanzlers am 16. bzw. 17. April 2007 darüber informiert, dass der Vorschlag des Untersuchungsausschusses zur Einsicht in den ungeschwärzten Akt abgelehnt wird?
16. Haben Sie selbst diese Entscheidung getroffen?
17. Werden Sie auch die weiteren angeforderten Steuerakte
a) der Firmen, an denen GenMjr Wolf bzw. dessen Ehefrau beteiligt ist
b) der Rumpold-Firmen, welche noch nicht übermittelt worden sind
c) des Steininger-Kompagnons Plattner
d) der EADS/Eurofighter-Lobbyistin Keglevich
e) des EADS/Eurofighter-Lobbyisten Bergner
f) des Eurofighter-Werbers Ott
nach dem Vorbild des Steininger-Akts zensurieren lassen?
18. Was hat die Partei, deren Obmann Sie seit Kurzem sind, von den Untersuchungen im Auftrag des Nationalrats zu befürchten?
19. Wenn nach Ansicht der führenden Rechtsexperten der Bundesminister für Landesverteidigung entsprechend den Verhaltensregeln des Kaufvertrags einen Rücktritt vom Kaufvertrag vorschlägt, werden Sie dann auf alle Behinderungen des Ministers verzichten?
20. Sind Sie bereit, an Stelle der Interessen von EADS die Interessen der Republik Österreich zu vertreten?
In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs. 2 GOG verlangt