896/J XXIII. GP
Eingelangt am 05.06.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Nationalräte Heinzl, Schasching und GenossInnen
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
bezüglich Rettung der Mariazellerbahn
Die
Mariazellerbahn ist ein Kulturgut ersten Ranges in Österreich. Der Erhalt
der schönsten Spur ins
Alpenland ist uns deshalb ein Anliegen.
Es gibt in Österreich
wohl kaum eine Nebenbahn, die von den Menschen derart geliebt und die
gleichzeitig in derart schlechtem Zustand ist.
Bekenntnisse zur Rettung der
Mariazellerbahn gibt es genug. Es gibt mindestens ebensoviele Konzepte
zum Erhalt dieser Bahn, für
welche die Chance besteht, von der UNESCO als Weltkulturerbe
anerkannt zu werden.
Vom
damaligen Verkehrsminister Übleis wurde Mitte der neunziger Jahre die
Anschaffung neuer und
moderner Triebwagen für diese Schmalspurbahn ermöglicht. Weitere
wesentliche Investitionen in den
Fuhrpark und in die Infrastruktur der Mariazellerbahn sind seither aber nicht
erfolgt. Die Lokomotiven
und Waggons stammen zum Teil noch aus
der Gründungszeit der Bahn vor fast hundert Jahren.
Seit einem Jahrzehnt ist den Verantwortlichen bei
den ÖBB und dem Land NÖ mittlerweile bekannt,
dass Investitionen in die Mariazellerbahn
im Umfang von etwa 30 - 40 Mio. Euro notwendig sind, um
deren langfristigen Bestand als Schmalspurbahn zu sichern. Aufgrund der
Zuständigkeiten wären
größere Teile dieser Investitionen auch vom Land NÖ zu
finanzieren.
Per 31.12.2004 betrug der
Buchwert des rollenden Materials der Mariazellerbahn allerdings nur mehr
3.070,- Euro.
In den letzten
Jahren war diese Schmalspurbahn Spielball des Konflikts zwischen Bund und Land
NÖ
um die weitere Finanzierung. Der derzeitige Vertrag zwischen Bund und Land
NÖ über die Sicherung
des Bestandes läuft mit 31.12.2008 aus. Die Zukunft der Mariazellerbahn
nach diesem Datum ist heute
so ungewiss wie zum Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses am 19. Dezember 2003.
Die vor allem vom Land NÖ vorangetriebenen
Planungen zur Umspurung der Talstrecke der
Mariazellerbahn (d.h. Teilumbau auf Normalspur zwischen St. Pölten
Hauptbahnhof und Kirchberg an
der Pielach, inklusive Elektrifizierung,) haben einen Finanzierungsbedarf von
95 Mio. Euro ergeben,
also etwa das doppelte bis dreifache der Investition in den Weiterbestand als
Schmalspurbahn.
Außerdem setzen diese Lösungen teilweise die Fertigstellung der
Güterzugumfahrung St. Pölten
voraus, die durch die Infrastrukturminister der Kabinette Schüssel I und II verzögert
worden ist.
Selbst diese Planungen sind durch den
Baufortschritt im Zuge des Bahnhofsumbaues St. Pölten
mittlerweile obsolet, weil die
Schienenanschlüsse im Bahnhof mittlerweile für die Bestandsvariante,
also die Schmalspur, gebaut werden.
Es kann also angenommen
werden, dass es sich beim Wunsch von Landeshauptmann Pröll, die
Umspurungsvariante zu planen, um eine
Verzögerungstaktik gehandelt hat.
Es ist weiters bemerkenswert,
dass es Landesverkehrsreferent Pröll mittlerweile auch abgelehnt hat, die
Beantragung zur Anerkennung der
Mariazellerbahn als Weltkulturerbe bei der UNESCO zu
veranlassen.
Wie auf der Homepage der
NÖVOG (Niederösterreichische Verkehrsorganisationsgesellschaft
m.b.H.)
zu lesen ist, ist aufgrund der
Trassierungsplanungen für die Normalspur nun auch eine beschleunigte
Trassierung einer Schmalspurvariante machbar,
die eine Zielgeschwindigkeit von 80 km/h ermöglichen
soll.
Weiters ist dem Regionalbahnkonzept der ÖBB zu
entnehmen, dass die Österreichischen Bundes-
bahnen die Mariazellerbahn gemeinsam mit 6 weiteren Schmalspurbahnen in eine
Nachfolgegesellschaft gesamthaft abtreten
wollen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil der
Verantwortungswirrwarr durch die
Aufsplitterung der ÖBB in gesellschaftrechtlich getrennte Bereiche
gerade diesen Bahnen schadet.
Wie auch immer die Lösung
für die Rettung der Mariazellerbahn aussehen wird, es ist in jedem Fall
Eile geboten, eine Gesamtlösung für die Mariazellerbahn zu finden.
In diesem
Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister
für
Verkehr, Innovation und Technologie
folgende
Anfrage
1. Wie beurteilen Sie den Zustand
a) der Infrastruktur und
b) des rollenden Materials
der Mariazellerbahn auf Basis der Ihnen und den ÖBB zugänglichen Informationen?
2.
Wie lange
ist die technische Restlebensdauer bis zum Versage einer dieser beiden
Komponenten
aus heutiger Sicht, ohne dass
wesentliche Investitionen getätigt werden?
3.
Wie sieht
aus heutiger Sicht unter Berücksichtigung der bisher erfolgten unglaublich
vielfältigen
Studien- und Planungsarbeiten eine
technisch optimale Lösung für den Fortbestand der
Mariazellerbahn aus?
4.
Wie kann
aus heutiger Sicht eine wirtschaftliche Lösung für den Fortbestand
der Mariazellerbahn
aus?
5.
Stimmt
es, dass die Österreichischen Bundesbahnen die Mariazellerbahn an eine
Nachfolgegesellschaft abtreten
möchten?
6. Soll diese Gesellschaft für Infrastruktur, Wagenmaterial und Betrieb der Bahn verantwortlich sein?
7.
Wird
diese Nachfolgegesellschaft wiederum mehrheitlich im Bundesbesitz oder im
Besitz des
Landes NÖ stehen?
8. Wird in diesem Fall der fahrplanmäßige Personenverkehr aufrecht erhalten bleiben?
9.
Sehen Sie
bei Errichtung einer beschleunigten Schmalspurtrasse in der Talstrecke die
Möglichkeit,
über die Mariazellerbahn wieder
Güterverkehr abzuwickeln?
10.
Würden
Sie die Beantragung der Aufnahme der Mariazellerbahn in die Liste der
Weltkulturerbestätten
befürworten?
11.
Sehen Sie
eine Möglichkeit, die Beantragung der Aufnahme der Mariazellerbahn in die
Liste der
Weltkulturerbestätten der UNESCO
zu finanzieren und zu unterstützen?
12.
Ist ihnen der Grund bekannt,
weshalb der Landesverkehrsreferent von NÖ, Landeshauptmann
Pröll, die Finanzierung und
Unterstützung der Beantragung der Aufnahme der Mariazellerbahn in
die Liste der Weltkulturerbestätten der UNESCO abgelehnt hat?
13.
Seitens der zuständigen
Verkehrsabteilung des Landes Niederösterreichs bzw. verschiedenen
Stellen der ÖBB wird immer wieder
behauptet, dass zwischen mit Land und den ÖBB Gespräche
über die Zukunft der Mariazellerbahn laufen. Wenn ja, wie ist der
derzeitige Verhandlungsstand
bzw. welches sind die Grundlagen für weitere Gespräche?
14.
Entspricht
der Altbestand der Waggons und Triebfahrzeug der Mariazellerbahn noch den
derzeit
gültigen Sicherheitsbestimmungen
für Eisenbahnfahrzeuge bzw. im Regelverkehr eingesetzter
ÖBB-Betriebsmittel?
15.
Bestehen aus Ihrer Sicht der
derzeit gesetzlichen Bestimmungen die Möglichkeit, die
Mariazellerbahn in das Modernisierungs- und
Ausbauprogramm für die Schiene aufzunehmen?
Wenn nein, warum nicht?
16.
Besteht
im Zusammenhang eines etwaiges Modernisierungs- und Ausbauprogramm der
Mariazellerbahn auch die
Möglichkeit, Mittel aus den EU-Förderungstöpfen für
Verkehrsentwicklung bzw. Regionalentwicklung zu lukrieren.
17.
Die Gemeinden entlang der
Mariazellerbahn sprechen sich im Rahmen von unterschiedlichen
Tourismusinitiativen - beispielsweise
"Mariazeller Land" - für den Erhalt und die Modernisierung
der Mariazellerbahn aus. Gibt ist hier Kontakt zwischen den ÖBB und
den Mariazeller-Land-
Gemeinden bzw.
den zuständigen Stellen für Tourismus des Wirtschaftsministeriums und
den
Mariazeller-Land-Gemeinden?
18.
Sehen Sie die Möglichkeit, auch über die Tourismusförderung
Mittel für die Bestandsicherung der
Mariazellerbahn zu lukrieren.