1228/J XXIII. GP
Eingelangt am 06.07.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an den Bundeskanzler
betreffend „Sicherheit im Sport (z.B. Fußballmeisterschaftsspielen) - insbesondere bei der
EURO 2008"
Die schweren
Ausschreitungen beim Fußballfreundschaftsspiel zwischen SK Rapid und
Dinamo
Zagreb zeigten wieder einmal deutliche Sicherheitsdefizite bei
Sportveranstaltungen auf, sowie
mit welcher Brutalität die Hooligans
gegen die Sicherheitskräfte vorgingen. 30 Polizisten wurden
dabei verletzt. Gegen Ende dieses Freundschaftspieles kam es zu einem
organisierten, massiven
Angriff kroatischer Fans auf die im Bereich
des Haupteingangs aufgestellten Einsatzkräfte, so die
Exekutive. Die Hooligans rissen Pflastersteine und schwere
Blumentröge aus der Verankerung
und warfen sie in Richtung der Beamten; eine Mülltonne wurde in Brand
gesteckt. Zu den
kroatischen Fans gesellten sich schließlich auch welche von SK Rapid.
Fünf kroatische und vier
österreichische Staatsbürger wurden festgenommen und in
Untersuchungshaft wegen schweren
Landfriedensbruchs genommen. Dies war und ist kein Einzelfall. Ausschreitungen
dieser Art
haben seit 2000 enorm zugenommen. Der Fragesteller
hat daher in den letzten Jahren regelmäßig
versucht, auf die Probleme aufmerksam zu machen und entsprechende Informationen
einzuholen
- meist erfolglos.
Mit der AB
3232/XXII.GP vom 06.09.2005 wurden die Fragen zur Sicherheit bei
Sportveranstaltungen durch Ihren Vorgänger wie folgt beantwortet (Fragen 1
bis 26):
„ Wie ich bereits in der Beantwortung zur parlamentarischen Anfrage
Nr. 1902/J ausgeführt
habe, ist für die Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit auf
Sportplätzen, soweit sie nicht
in der Autonomie der Verbände liegt, das Bundesministerium für
Inneres zuständig. Ich verweise daher auf die Beantwortung der
parlamentarischen Anfrage Nr.
3364/J des Bundesministers für Inneres. "
Während
der Fußballmeisterschaftssaison 2006/2007 in Österreich kam es - wie
auch in anderen
Ländern - wieder
zu zahlreichen Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten sowie zu
rassistischen
Beschimpfungen. So genannte
„Fußballfans" sind nach allgemeiner Einschätzung gewaltbereiter
geworden, auch immer mehr Polizeibeamte wurden in den letzten Jahren attackiert
und verletzt.
Eine Entwicklung die nicht nur in
der österreichischen Fußballbundesliga festzustellen war,
sondern massiv auch in den unteren Ligen. Ähnlich die Situation in anderen
Ländern (z.B.
Schweiz), im internationalen Fußball, auch bei diversen EM und
WM-Qualifikationsspielen,
wobei Auseinandersetzungen zwischen
verfeindeten Hooligan-Gruppen mit besonderer Brutalität
geführt wurden.
Einige Beispiele
aus Österreich: Beim Meisterschaftsspiel Sturm Graz gegen Rapid im Herbst
2006 gingen die „Fans" bewaffnet
mit Steinen, Eisenrohren, Holzlatten und sogar Verkehrstafeln
aufeinander los. Beim 129. Grazer Derby im März 2007 flogen Rauchbomben
ebenso wie Fäuste
und Schlagstöcke. Auch im 280. Wiener Derby sorgten Hooligans
für einen weiteren Skandal,
Rapidfans demolierten Bänke und warfen diese auf Polizisten. Austria
Rowdies wiederum
schossen bengalische Feuer auf den Rapidtorhüter, der getroffen wurde.
Bereits vor dem Spiel
kam es zu wüsten Schlägereien mit Verletzten, darunter mehrere
Polizisten.
Diese Probleme gibt
es nicht nur in der Fußballbundesliga. Handgreiflichkeiten,
Prügelszenen,
aber auch brutale Attacken haben auch im Fußballunterhaus während
der Spielzeit und nach
dem Spiel zugenommen. Die Beteiligten: Fußballer, Funktionäre und
Zuschauer. Die Medien
berichteten in diesem Zusammenhang immer
wieder von schwer verletzten Personen. Mit einem
Satz: Wilder Westen in den Fußballunterhäusern!
Auf den Gerichtsseiten
österreichischer Medien fanden sich daher in den letzten Jahren
regelmäßig Berichte über die gerichtliche Aufarbeitung und
Verurteilungen gewalttätiger
Auseinandersetzungen rund um den
Fußball. Beispielhaft einige Zitate aus den Medien (2006):
„Böser Kopfstoß"; „Rapid Fans verurteilt";
„Bier und Gewalt auf Fußballplatz": „5 Rapid-Fans
vor dem Richter"; „Fußballrowdies verurteilt";
„Stadion putzen sinnvoll"; „Prügelei zwischen
Kickern - Dritte Halbzeit bei
Gerichten" etc. Umfassende Daten zum Thema „Gewalt im Sport"
liegen leider im Innenministerium noch immer nicht vor, auch nicht - im
Gegensatz zu anderen
Ländern - im Zusammenhang mit Fußballmeisterschaftsspielen.
Dies gilt auch für Anzahl und
Analyse der behördlichen und
gerichtlichen Erledigung von Strafanzeigen, sowie über sonstige
Sanktionsformen.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende
Anfrage:
1. Wie erfolgt konkret die Zusammenarbeit des Bundesministeriums für Inneres mit dem
Bundeskanzleramt
als Sportministerium in Sicherheitsfragen bei nationalen und
internationalen
Sportveranstaltungen bzw. Meisterschaften?
2.
Gibt es eine Zusammenarbeit des ÖFB bzw. der
Bundesliga mit dem Bundeskanzleramt als
Sportministerium in Sicherheitsfragen im Rahmen der nationalen
Fußballmeisterschaften oder
internationalen
Begegnungen?
3.
Gab bzw. gibt
es Empfehlungen seitens des Bundeskanzleramtes als Sportministerium in
Sicherheitsangelegenheiten für das
Innenressort, vor, während oder nach Sportveranstaltungen
(z.B. Fußballmeisterschaft,
Eishockeymeisterschaft)?
4.
Welche zusätzlichen
Maßnahmen werden seitens des Bundeskanzleramtes als
Sportministerium gegenüber den Sportverbänden
vorgeschlagen, um in Zukunft
Ausschreitungen vor, während und
nach Freundschafts- oder Meisterschaftsspielen (z.B.
Fußball oder Eishockey) zu
verhindern bzw. diese so gering wie möglich zu halten?
5.
Welche Sicherheitsmaßnahmen müssen aus Sicht des
Bundeskanzleramtes als
Sportministerium von den an den nationalen Fußballmeisterschaften
teilnehmenden Vereinen
und der Bundesliga zum Schutz von Fans, der Polizei, unbeteiligten Dritten und
des
teilnehmenden Vereines sofort ergriffen werden, um das bestehende
Gewaltpotential bei Fans
einzudämmen?
6.
Halten Sie die Sicherheitsauflagen der jeweils zuständigen
Polizei bzw. Sicherheitsbehörden
für
die einzelnen österreichischen Fußballstadien für ausreichend?
7.
Sollen aus Sicht des Bundeskanzleramtes alle
Fußballbundesligavereine (T-Mobile- und
RedZac-Liga)
über so genannte „Fan-Betreuer" verfügen, die sich
aktiv bei den Fangruppen
engagieren,
um Gewalttätigkeiten und rassistische Ausschreitungen etc. zu verhindern?
Wenn ja, in welcher Form kann eine Unterstützung erfolgen?
8. Halten Sie es für sinnvoll in Stadien gewaltbereite Fans mit Absperrungen vom übrigen
Besucherbereich zu trennen?
Wenn ja, ist aus Sicht des BKA damit - im Gegensatz zu England - das sportpolitische
Konzept von „offenen Stadien" gestorben?
9.
Werden Sie als Sportminister gegenüber dem ÖFB, der
Fußballbundesliga und anderen
Sportfachverbänden für ein österreichweites Sportstätten-
bzw. Stadionverbot für
Randalierer und
gewalttätige und rassistische Sportfans eintreten, das - bei sonstigen
Sanktionen gegenüber den
Verbandsverantwortlichen - auch durchgesetzt werden muss?
10.
Welche Maßnahmen schlagen Sie zur Identitätskontrolle von
Fans vor und in
Fußballstadien
und sonstige Sportstätten vor?
Sehen
Sie dabei datenschutzrechtliche Problemstellungen?
Wenn
ja, welche?
11. Werden Sie gegenüber der Fußballbundesliga und
anderen Verbänden dafür eintreten, dass
durch die an den Meisterschaften
teilnehmenden Vereinen in die Fanbetreuung - und damit
auch in die Sicherheit - zielgerichtet investiert werden muss?
Wenn ja, was wurde in der Vergangenheit in die Fanbetreuung investiert?
12.
Werden Sie in
diesem Zusammenhang u.a. auch dafür eintreten, dass in Zukunft auch
Sozialarbeiter in der Fanbetreuung eingesetzt werden können
(Vorschlag StS Lopatka)?
13.
Welche sozialpädagogischen Schwerpunkte sollten aus Sicht
des Bundeskanzleramtes als
Sportministerium generell bei der „Fanarbeit" in Österreich
noch gesetzt werden?
Wer wäre dafür ressortmäßig zuständig?
14. Hat sich nach
Einschätzung des Bundeskanzleramtes als Sportministerium die Problematik
gewaltbereiter Fußballfans in den letzten fünf
Jahren in Österreich verschärft oder
entschärft?
Welche Daten stehen dafür dem BKA zur Verfügung?
15. Hat sich nach
Einschätzung des Bundeskanzleramtes als Sportministerium die Problematik
von Rassismus im Sport in den letzten fünf Jahren in Österreich
verschärft oder entschärft?
Welche Daten stehen dafür dem BKA zur Verfügung?
16. Sind aus Sicht des
Bundeskanzleramtes als Sportministerium zur Bekämpfung von Gewalt
und Rowdytum sowie Rassismus im Sport zusätzliche
administrative und legislative
Maßnahmen notwendig?
Wenn ja, welche?
17.
Bei welchen Sportarten
bzw. Sportveranstaltungen in Österreich sieht das
Bundeskanzleramt als Sportministerium
Gewalt- und Sicherheitsprobleme oder das Problem
möglicher rassistischer Ausschreitungen (Darstellung der Sportarten bzw.
Sportveranstaltungen)?
18.
Welche Bundesligavereine mussten sich in der letzten Saison vor
dem ÖFB-Strafsenat
wegen Störung
des Spielbetriebes, Ausschreitungen etc. durch Fans verantworten?
Welche Sanktionen wurden jeweils verhängt?
Wie wurden und werden diese Geldstrafen verwendet?
19.
Werden Sie in Österreich die Einrichtung einer zentralen
Ombudsstelle, die in Zukunft
zwischen Sportfans,
Polizei, Vereinen (z.B. Bundesliga und ÖFB) vermitteln soll,
unterstützen?
20.
Inwieweit werden sich aus Sicht des Bundeskanzleramtes als
Sportministerium in
Sicherheitsfragen die EURO 2008 und die Meisterschaftsspiele
der österreichischen
Fußballbundesliga
unterscheiden?
21. Inwieweit wurden im Bereich der Sportinfrastruktur für die EURO 2008 die
Sicherheitsfragen mitberücksichtigt (Stadien, Hallen etc.)?
22.
Welche Sicherheitsmaßnahmen und -auflagen sind aus Sicht
des Bundeskanzleramtes als
Sportministerium für eine erfolgreiche Durchführung der EURO 2008 in
Österreich noch
notwendig?
23.
Sind aus Sicht des Bundeskanzleramtes als Sportministerium noch legislative
Maßnahmen
der einzelnen
Landesgesetzgeber zur
einwandfreien Abwicklung von Public Viewing
Veranstaltungen bei der EURO 2008 notwendig (z.B. Veranstaltungsgesetze,
Landespolizeigesetze)?
Wenn ja, welche Maßnahmen werden seitens des BKA für die Länder empfohlen?
24. Aufgrund welcher
Rechtsgrundlage kann eine Videoüberwachung des öffentlichen Raums
vor den EURO Fußballstadien erfolgen?
Welche Voraussetzungen müssen erbracht werden
Wer ist für die Beantragung und Genehmigung verantwortlich?
25. In welcher Form und
aufgrund welcher Rechtsgrundlage wird (vor, während und nachher)
im Rahmen der EURO 2008 der Datenaustausch und die
Zusammenarbeit mit den
Sicherheitsbehörden
und der Exekutive von an der EURO 2008 teilnehmenden EU-Staaten
sowie Anrainerstaaten erfolgen?
26. In welcher Form und
aufgrund welcher Rechtsgrundlage wird (vor, während und nachher)
im Rahmen der EURO 2008 der Datenaustausch
und die Zusammenarbeit mit den
Sicherheitsbehörden und der Exekutive von an der EURO 2008 teilnehmenden Drittstaaten
erfolgen?
Welche gesetzlichen Grundlagen müssen für einen datenschutzkonformen Datenaustausch
auf nationaler Ebene noch geschaffen werden?