1382/J XXIII. GP

Eingelangt am 19.09.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Laura Rudas und GenossInnen

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betreffend „Generation Praktikum"

In einem Interview mit der Tageszeitung „der Standard" vom 23.8.2007, in welchem unter anderem vom Abbau bürokratischer Hürden für Jungunternehmer die Rede war, antwortet Bundesminister Bartenstein auf die Frage: Aber vielleicht kann man die Abläufe vereinfachen. Sie würden damit vor allem der „Generation Praktikum" helfen, „echte" Jobs

zu bekommen.

Bartenstein: Die „ Generation Praktikum " ist eine Entwicklung, die ich kritisch sehe. Dass junge Menschen im Regelfall nach einem tertiären Schulabschluss relativ lange brauchen und von Praktikumsplatz zu Praktikumsplatz weitergereicht werden, die dann zum Teil nicht oder schlecht bezahlt sind. Deswegen diskutieren wir jetzt in Europa und in Österreich über eine Neufassung des Arbeitsrechtes. Das wird ein sehr komplexer Prozess. Aber eine meiner Leitlinien ist, dass das unbefristete Vollzeit-Dienstverhältnis wieder mehr die Regel denn die Ausnahme sein soll. Auch als Appell an die Dienstgeber.

Somit definiert Bundesminister Bartenstein den Begriff „Generation Praktikum" in seiner Antwort, nimmt diese „Entwicklung" wahr und spricht auch eine „Neufassung des Arbeitsrechtes" an.

Eine Aussendung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit mit dem Titel: „Marek: Arbeitsrechtlicher Missbrauch des Modells Praktikum abzulehnen" vom 7.9.2007 stellte unter anderem fest: „... . Deshalb unterstütze sie auch die geplante EU-Qualitätscharta, bei der sich Unternehmen verpflichten können, keine regulären Stellen mit schlecht oder gar nicht bezahlten jungen Menschen unter dem Deckmantel des "Praktikums" zu besetzen und damit Sozialdumping zu betreiben. Diese Qualitätsstandards müssten allerdings praxistauglich sein, so Marek. Rechtlichen Handlungsbedarf in Österreich sieht die Staatssekretärin allerdings keinen. Österreich sei hier im EU-Vergleich gut aufgestellt, verfüge doch Österreich aus arbeitsrechtlicher Sicht über ausreichende Schutzmechanismen. Schließlich zeichnen sich Praktika oder sogenannte Volontariate in der österreichischen Rechtslage dadurch aus, ..."

und „....Eine ganze "Generation Praktikum" sieht Staatssekretärin Marek in Österreich nicht. Jene, die nach einem abgeschlossenen Studium, Fachhochschule oder sonstiger Berufsausbildung ein Praktikum absolvieren, würden nicht eine ganze Generation umfassen. Nach einer Studie des Hochschul-Informations-Systems in Deutschland absolviert nur jeder achte FH- und jeder siebte Universitätsabsolvent nach dem Studium ein Praktikum. ... ".

Eine Studie von abif/Sora im Auftrag des AMS Österreich „Berufseinstieg, Joberfahrungen und Beschäftigungschancen von UNI-Absolventlnnen in der Privatwirtschaft" beschäftigt

sich in einem Kapitel mit der „Praxiserfahrung während des Studiums"(Seite 36).

„Die Kehrseite dieser Forderung nach Praxiserfahrung zeigt sich auch im

internationalen Trend der zunehmenden Anzahl an Praktikastellen, die sich bei

genauerer Betrachtung als verdeckte Vollzeitstellen darstellen und ausgebildete

Jungakademikerlnnnen oft unentgeltlich für einen relativ langen Zeitraum mit der

vagen Hoffnung auf Übernahme nach Praktikumsende beschäftigen. In der

deutschsprachigen Literatur ist dieses Phänomen als „Generation Praktikum". ..bekannt, in Frankreich unter der Bezeichnung „Génération Précaire"."1

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit nachfolgende

Anfrage

1)       Wie definiert das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit den Begriff „Generation Praktikum"?

2)   Staatssekretärin Marek weist in oben genannter Aussendung darauf hin, dass „Österreich aus arbeitsrechtlicher Sicht über ausreichende Schutzmechanismen" bezüglich Praktika und Volontariate verfüge. Ist auch die bestehende Rechtslage für Praktikanten mit abgeschlossener Hochschulausbildung, die keine vorgeschriebene Ausbildung (Praktikum) mehr benötigen, aus Sicht des Bundesministeriums ausreichend?

1 Studie Berufseinstieg, Joberfahrungen und Beschäftigungschancen von UNI-

Absolventlnnen in der Privatwirtschaft von abif/Sora im auftrag des AMs Österreich, Seite 36/37

Internetsite: http://www.ams-forschungsnetzwerk.at/downloadpub/Endbericht_AMS_Berufseinstieg_SORA_abif.pdf


3) Falls ja, auf welche Themen, Bereiche zu oben genannter Diskussion einer „Neufassung

des Arbeitsrechtes" bezieht sich Bundesminister Bartenstein? Wird die Definition bzw.

genaue Abgrenzung des Begriffs „Praktikum" ein Teil davon sein?

4)Falls nein, welche genauen Schritte plant das Bundesministerium bezüglich einer

„Neufassung des Arbeitsrechtes"?

5) Existieren im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit genaue Zahlen darüber, wie

viele "... junge Menschen im Regelfall nach einem tertiären Schulabschluss relativ lange

brauchen und von Praktikumsplatz zu Praktikumsplatz weitergereicht werden, die dann zum

Teil nicht oder schlecht bezahlt sind."?

6)" Eine ganze "Generation Praktikum" sieht Staatssekretärin Marek in Österreich nicht. Jene,

die nach einem abgeschlossenen Studium, Fachhochschule oder sonstiger Berufsausbildung

ein Praktikum absolvieren, würden nicht eine ganze Generation umfassen.". Zudem wird auf

eine deutsche Studie verweisen. Von welchen Zahlen oder statistischen Erhebungen für

Österreich geht Staatssekretärin Marek aus?

7)  Existieren aus Sicht des Bundesministeriums verlässliche Zahlen darüber, wie viele  Absolventlnnenen eines Studiums, einer Fachhochschule oder einer sonstigen
Berufsausbildung ein oder mehrere Praktikum/a absolvieren?

8)      Falls nein, ist es geplant, eine derartige Erhebung in Auftrag zu geben bzw.   durchzuführen?

9)  Staatssekretärin Marek erwähnt in oben genannter Aussendung in Bezug auf die geplante  EU-Qualitätschart, dass „Diese Qualitätsstandards..." „.. .allerdings praxistauglich sein,..."   müssten. Was bedeutet "praxistauglich" in diesem Zusammenhang genau?

 

10)        Welche arbeitsrechtlichen Schritte plant das Bundesministerium, um dem in der AMS-Studie genannten Phänomen „Generation Praktikum" entgegen zutreten?

11)        Welche Anreize für DienstgeberInnen plant des Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, „...dass das unbefristete Vollzeit-Dienstverhältnis wieder mehr die Regel denn die Ausnahme..." wird?