1548/J XXIII. GP

Eingelangt am 28.09.2007
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Brenner-Basistunnel

 

 

Die Verlagerung der Gütertransporte von der Straße auf die Schiene muss vorangetrieben werden. Dazu sind die effizientesten und wirksamsten Maßnahmen auf steuerlicher und verkehrspolitischer Ebene dringend nötig. Ebenso muss die nötige Infrastruktur ausgebaut werden, jedoch im europäischen Kontext und unter Bedacht auf hohe Wirksamkeit und vertretbare Kosten, die von den Verursachern getragen werden müssen.

 

Nun liegen zum Bau des Brenner-Basistunnels seriöse Untersuchungen in Form der Studie des renommierten Schweizer Beratungsunternehmens „progtrans“ im Auftrag der Projektbetreiber vor. Diese prognostizieren auf Grundlage der gegebenen, unstrittigen Fakten eine Verlagerung des Transits von der Straße auf die Schiene im Bereich des Brennerkorridors nur unter völlig geänderten verkehrspolitischen Rahmenbedingungen (sektorales Fahrverbot und weitere Verbote, Mauterhöhung auf das Niveau der Schweiz, strenge Kontrollen).

 

Ohne diese Voraussetzungen werden die Investitionen - allein für Österreich wohl in der Höhe von über 5 Milliarden Euro (unter Berücksichtigung der Finanzierungskosten und der Kostensteigerungen, wie sie sich selbst in der als seriös planend bekannten Schweiz beim Bau des Gotthard-Tunnls ergaben) - völlig in den Sand gesetzt.

 

Nach einer neuerlichen Unterzeichung eines Memorandum of understanding zwischen Österreich, Italien und Deutschland Anfang Juli sind nach wie vor zahlreiche verkehrspolitische und finanzielle Fragen ungeklärt.

 

Auf welch wackligen Beinen bisherige politische Versicherungen zur Höhe der Baukosten und zur Haltbarkeit dieser Angaben stehen, belegt nicht zuletzt der jüngste „Fortschritts“bericht des „Korridor-Koordinators“ der EU, Karel van Miert: Die (sozusagen „offizielle“) Kostenschätzung wurde im Vergleich zum vor einem Jahr vorgelegten Bericht, der von 4,5 bis 5 Mrd Gesamtkosten sprach, um nicht weniger als 20 bis 33 Prozent auf 6 Mrd nach oben revidiert. Dabei sind nach wie vor weder die Finanzierungskosten noch die Inflation während des langen Realisierungszeitraums noch die nötigen Ausbauten der Zulaufstrecken beinhaltet. Ebenso wurde der Realisierungszeitraum – lautete im 2006er-Fortschrittbericht das Fertigstellungsdatum noch 2015, so wurde es nun auf 2022 korrigiert, ebenso wurde das Datum für den geplanten Baubeginn nach hinten verschoben.

 

Derartige „Korrekturen“ seitens der glühendsten politischen Befürworter innerhalb eines Zeitraums von nur einem Jahr dokumentieren den weitgehend Luftschloss- und Luftbuchungscharakter vieler Aussagen im Zusammenhang mit dem Brenner-Basistunnel.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.        Wann wird das Finanzierungskonzept für den BBT präsentiert?

 

2.        Trifft es zu, dass PPP im Zusammenhang mit dem BBT-Gesamtprojekt nun nicht mehr realistisch ist, wie seitens der EU kürzlich festgehalten?

 

3.        Wie hoch werden die tatsächlichen Kosten - gerechnet inkl. Finanzierungskosten, 18% Risiko (vgl. Rechnungshofempfehlungen bei Großbaumaßnahmen im Tunnelbereich) und Inflation - für das österreichische Budget sein?

 

4.        Auf welche Weise ist dafür budgetär Vorsorge getroffen?

 

5.        Sind bzw. wären BBT-Schulden der Republik Österreich maastricht-relevant, wenn ja in welcher Weise, wenn nein warum nicht?

 

6.        Das IBE (Benützungsentgelt auf der Schiene/Schienenmaut) für den BBT muss die Investitionskosten berücksichtigen. Es droht deshalb sehr hoch zu werden, was die Auslastungschancen senkt. Zusätzlich könnten die bis dahin realisierten Tunnelprojekte der Schweiz für den alpenquerenden Verkehr billiger verfügbar sein. Wie hoch wird das IBE zu kalkulieren sein?

 

7.        Wenn es dafür noch keine Berechnungen gibt, warum nicht?

 

8.        In welcher Relation sollte Ihrer Meinung nach das IBE zwischen Bestands- und Tunnelstrecke stehen, damit es einen „unwiderstehlichen“ Verlagerungsanreiz für den Güterverkehr Richtung Tunnel gibt?

 

9.        Der Ausbau des Unterinntal bis Kufstein erfordert nach unseren Schätzungen noch 2 Mrd Euro an Investitionen; EU-rechtlich wäre seit längerem eine Anhebung der Straßenmaut um 25% zur Querfinanzierung möglich. Wann werden Sie diese Querfinanzierungs-Regelung konkret umsetzen?

 

10.    Warum gehen Sie das Wagnis der Nichtauslastung des BBT bzw. Null-Verlagerung ein, da Sie vor Baubeginn nicht für die erforderlichen Rahmenbedingungen sorgten?

a) Reform der Wegekostenrichtlinie,

b) sektorale Fahrverbote,

c) Ausbaumaßnahmen auf den Zulaufstrecken in Deutschland und Italien (inkl. Umschlagknoten Verona) und

d) strenge Kontrollen

 

11.    Warum gehen Sie dieses Wagnis insbesondere ein, obwohl der EU-Koordinator in seinem jüngsten Fortschrittsbericht unmissverständlich festhält, dass der Tunnel ohne die nördlichen und südlichen Zulaufstrecken (Zitat) „nicht realisiert“ werden kann?

 

12.    Welche Vorstöße unternehmen Sie auf EU-Ebene im Zuge der Reform der Eurovignette/WegekostenRL, damit auf raschestem Wege der Vorschlag für eine Änderung der Eurovignette/WegekostenRL mit konkretem Anlastungsbetrag auf Basis der EU-Studie über externe Kosten entwickelt und an den Ministerrat weitergeleitet wird (ein Vorschlag existiert eigentlich bereits seit 1998!)?

 

13.    Wird dazu im Sinne der großen verkehrs- und umweltpolitischen Bedeutung dieses Dossiers für Österreich eine task-force-Gruppe in Ihrem Ressort und in der österreichischen Repräsentanz in Brüssel eingerichtet? Wenn nein, warum nicht?

 

14.    Der Expertenvorschlag über Anlastung externe Kosten (vgl. 1998) muss nach Vorlage der entsprechenden Studie von Kommission und Rat beschlossen werden. Dies kann frühestens unter slowenischer EU-Ratspräsidentschaft erfolgen. Haben Sie bereits Schritte unternommen, um den Expertenvorschlag auf die Tagesordnung der Ministerräte unter der slowenischen Präsidentschaft zu reklamieren, wenn ja, welche? Wenn nein, wann wird dies erfolgen und welche Schritte haben sie im einzelnen geplant?

 

15.    Die Finanzierungs-Zusagen der EU sind mit 1 Milliarde Euro gedeckelt und betragen daher nur ca. 8 Prozent der insgesamt 12 Milliarden Baukosten (gerechnet inkl. Finanzierungskosten, Risikozuschlag und Inflation). Nach derzeitigem Stand gilt diese Finanzierungszusage auch, wenn ein Tunnel für unbemannten Güterverkehr errichtet wird, der in Summe um vieles billiger käme. Warum beschränken Sie sich nicht - u.a. im Sinne eines seriöser darstellbaren Finanzierungskonzepts - auf den Bau eines mit unbemannten Zügen betriebenen Gütertunnels?

 

16.    Wird es eine UVP zum Probestollen geben?

 

17.    Wie lange wird eine UVP zum Probestollen dauern?

 

18.    Wann rechnen Sie mit dem Beginn der Bauarbeiten für den Probestollen zum BBT?