2133/J XXIII. GP

Eingelangt am 16.11.2007
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung

 

betreffend EU-konforme Lösung des Universitätszugangs

 

Am 31. März 2003 hat die EU-Kommission Österreich wegen Diskriminierung von EU BürgerInnen beim Unizugang geklagt. Die Diskriminierung lag darin, dass diese außer Reifeprüfungszeugnisse auch die Zugangsvoraussetzung zur gewünschten Studienrichtung in ihrem Heimatland benötigen. Das Urteil des EuGH vom 7. Juli 2005 besagte, dass StudentInnen aus anderen EU-Ländern beim Unizugang gleich wie ÖsterreicherInnen behandelt werden müssen. Zugangsbeschränkungen für StudentInnen aus anderen EU-Ländern zu österreichischen Universitäten verstoßen daher gegen EU-Recht, insbesondere gegen die Verpflichtungen aus den Artikeln 12 EG, 149 EG und 150 EG. Zudem habe Österreich nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen um sicherzustellen, dass Studierende mit in anderen Mitgliedsstaaten erworbenen Sekundarabschlüssen unter den gleichen Voraussetzungen wie österreichische MaturantInnen Zugang zum Hochschul- und Universitätsstudium haben. Österreich hat – so das EuGH-Urteil – den Grundsatz der Gleichbehandlung, der offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit verbietet, verletzt. Eine unterschiedliche Behandlung sei nur dann gerechtfertigt, wenn sie auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägung beruhe und in einem angemessenen Verhältnis zu einem legitimen Zweck stünde, der mit nationalen Rechtsvorschriften verfolgt wird.

 

Aufgrund des befürchteten Ansturms deutscher StudentInnen an Österreichs Universitäten, hat die damalige Bundesregierung am 8. Juli 2005 beschlossen, dass an Österreichischen Universitäten für die acht vom deutschen numerus-clausus betroffenen Fächer Medizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin, Biologie, Psychologie, Pharmazie, Betriebwirtschaftslehre und Publizistik Zugangsbeschränkungen erlassen werden dürfen.  Wie erwartet war der Ansturm deutscher StudentInnen vor allem an den medizinischen Universitäten groß. Aus diesem Grund wurde im Februar 2006 die Quotenregelung für Medizinuniversitäten beschlossen: 75 Prozent der Anfänger-Studienplätze stehen ÖsterreicherInnen zu, 20 Prozent  EU-AusländerInnen und 5 Prozent für BürgerInnen aus sogenannten Drittstaaten. Trotz schlechterer Ergebnisse bei den Eignungstests rettet diese Quote vielen ÖsterreicherInnen den Studienplatz.

 

Am 24. Jänner 2007 kündigte die EU-Kommission ein neues Verfahren wegen der Quotenregelung an. Dieses soll nun für fünf Jahre ausgesetzt werden.

Die angekündigte Suspendierung des Vertragsverletzungsverfahrens soll nun dafür genutzt werden, um weitere Daten vorzulegen, die Österreichs Position  besser als bisher argumentieren lässt. Es sollte aber gleichzeitig nach EU weiten Lösungen gesucht werden, die einer proklamierten Wissensgesellschaft gerecht werden. Unter Wissensgesellschaft kann nur ein breiterer und nicht diskriminierender Zugang zu höherer Bildung verstanden werden. Faire Teilhabe an höherer Bildung verlangt aber auch ausreichende Budgetierung und mobilitätsfördernde Maßnahmen, die gerecht zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten aufgeteilt werden müssen.

 

Bundesminister Hahn stützt sich insbesondere auf das Argument, dass Österreich ein ÄrztInnenmangel drohe, sollte die Quotenregelung fallen, weil die Mehrheit der AbsolventInnen nach ihrer Ausbildung wieder in ihr Heimatland zurückgehen. Diese Argumentation wird von unterschiedlichen Studien unterschiedlich bewertet.

Eine neuerliche Verurteilung durch den EuGH ist daher auch nach fünf Jahren nicht auszuschließen. Aus diesem Grund muss die Regierung die angekündigte Suspendierung des EU-Verfahrens dafür nutzen, um eine umfassende universitätspolitische Strategie zu erarbeiten, die vor der EU-Kommission halten kann und eine europaweite, sozial gerechte Lösung der Frage des Universitätszugangs garantiert.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1.      Welche weiteren Studien werden Sie in Auftrag geben, um zu belegen, dass sich die Ausbildung ausländischer MedizinstudentInnen nachteilig auf das nationale Gesundheitssystem auswirkt?

 

2.      Welche weiteren Studien werden Sie in Auftrag geben, um zu belegen, dass ausländische StudentInnen nach Ende ihrer Ausbildung in ihr Heimatland zurückgehen?

 

3.      Ist es Ihrer Meinung nach empirisch belegbar, dass ausländische StudentInnen nach Ende ihrer Ausbildung in ihr Heimatland zurückkehren?

 

a)     Welche wissenschaftlichen Methoden können derartige Aussagen mit ausreichender Treffsicherheit belegen?

b)     Berücksichtigen die betreffenden Studien, dass die Ausbildungszeit für praktische ÄrztInnen und FachärztInnen  zumindest neun bis zwölf Jahre beträgt?

 

4.   Welche Maßnahmen sehen Sie vor, sollte die Stichhaltigkeit Ihrer Argumentation vor der EU-Kommission nicht halten?

a)     An welchen alternativen Argumentationen wird bereits gearbeitet?

b)     Welche alternativen Daten und Fakten werden Sie vorlegen?

c)      Welche alternativen Studien werden in Auftrag gegeben?

d)     Welche Personen sind an der Erarbeitung alternativer Argumentationen beteiligt (bitte Namen und Funktion nennen)?

e)     Wann werden Sie alternative Argumentationen einschließlich dazugehöriger Daten und Fakten vorlegen?

 

5.   Arbeiten Sie bereits an einer umfassenden universitätspolitischen Strategie, die eine europaweite, sozial gerechte Lösung der Frage des Universitätszugangs garantiert?

a)     Welche konkreten Schritte setzen Sie für diese Strategie?

b)     Planen Sie die Einrichtung von Arbeitsgruppen?

c)      Planen Sie wissenschaftliche Studien in Auftrag zu geben?

d)     Welche ExpertInnen des Europarechtes werden Sie für die Erstellung einer derartigen Strategie mit einbeziehen (bitte Namen nennen)?

e)     Wann werden Sie erste Ergebnisse Ihrer Arbeit vorlegen?

 

6. Ist eine Lösung der Frage des Hochschulzugangs, die möglichst vielen jungen Menschen eine chancengerechte Teilhabe an höherer Bildung ermöglicht in Ihrem Sinne?

Wenn Ja: Welche Maßnahmen werden Sie für eine derartige Lösung der Frage des Hochschulzugangs setzen?

Wenn nein: Was spricht gegen eine Lösung der Frage des Hochschulzugangs, die möglichst vielen jungen Menschen eine chancengerechte Teilhabe an höherer Bildung ermöglicht?

 

7. Entspricht es Ihrer Meinung, dass eine EU-weite, faire Lastenverteilung via zwischenstaatlicher Transferzahlungen herbeigeführt werden muss, um die Mehrbelastungen, die Österreich aufgrund des hohen Ansturms deutscher Studierender derzeit trägt, auszugleichen?

Wenn ja: Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um diesem Ziel näher zu kommen, welche Länder könnten hier als potentielle Partner fungieren und führen Sie bereits bilaterale Verhandlungen mit deren RegierungsvertreterInnen?

Wenn nein: Was spricht gegen eine derartige EU-weite Lastenverteilung?

 

8. Welche Maßnahmen werden Sie für die innerstaatliche Lösung des Universitätszugangs treffen?

 

a)     Planen Sie die Einführung von Studieneingangsphasen für fließendere Übergänge zwischen Schule und Universität sowie für eine höhere Treffsicherheit der Studienwahl?

      Wenn ja: Wie soll diese genau funktionieren?

Wenn nein: Was spricht gegen die Einführung von Studieneingangsphasen und welche alternativen Maßnahmen werden Sie treffen, um den Übergang zwischen Schule und Studium fließender zu gestalten sowie die Treffsicherheit der Studienwahl zu erhöhen?

b)     Planen Sie die Einführung einer Studienplatzbewirtschaftung?

Wenn ja: Geht diese mit einer Erhöhung der Studienplätze und deren Finanzierung einher?

Wenn nein: Mit welchen alternativen Methoden werden Sie die Kapazitäten der Universitäten ermitteln?

c)      Werden Sie eine deutliche Erhöhung des Universitätsbudgets veranlassen, um mehr Studierenden eine universitäre Ausbildung auf hohem Niveau zu gewährleisten?

d)     Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die im OECD-Schnitt niedrige AkademikerInnenquote und unterdurchschnittliche Übertrittsquoten in den tertiären Bildungssektor Österreichs zu erhöhen?

e)     Entspricht es Ihrer Meinung, dass die Probleme des Universitätszugangs wesentlich entschärft wären, hätten Österreichs Universitäten einen ähnlichen finanziellen Rahmen wie die Fachhochschulen?

Wenn ja: Wann werden Sie das Universitätsbudget dem der Fachhochschulen angleichen?

Wenn nein: Was spricht gegen einen Zusammenhang zwischen ausreichender finanzieller Ausstattung und der Möglichkeit einer erstklassigen Ausbildung für mehr Studierende?

 

9.      Planen Sie Gespräche mit wichtigen Interessensgruppen (ÖH, Rektorenkonferenz, UniversitätslehrerInnenverband, etc.) sowie mit der Opposition, um die Frage des Hochschulzugangs konsensual zu lösen und alternative Modelle zu entwickeln?

Wenn ja: Mit wem und wann werden diese Gespräche stattfinden?

Wenn nein: Was spricht aus Ihrer Sicht gegen die Miteinbeziehung wichtiger Interessensgruppen und der Opposition?