2982/J XXIII. GP

Eingelangt am 21.12.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Licht ins Dunkel bei Licht-am-Tag-Abschaffungsstudie

Im Zusammenhang mit der Wieder-Abschaffung von Licht am Tag" bezogen Sie sich prominent auf die Epigus-Studie bzw. deren Zwischenbericht/“Positionspapier".

Zur Methodik dieser Untersuchung liegt mittlerweile fundierte fachliche Kritik aus Deutschland vor.

In zwei Anfragebeantwortungen im Deutschen Bundestag wurde dazu seitens des Parlamentarischen Staatssekretärs Ulrich Kasparick aus dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung folgendes festgehalten (vgl. Bundestags- Drucksachen 16/6839 und 16/6904):

Frage:

Sind der Bundesregierung die aktuellen Bestrebungen der österreichischen Regierung zur Abschaffung der Pflicht zum Fahren mit Abblendlicht (Tagfahrlicht) zum 15. November 2007 im Ergebnis der Studie Untersuchung von blicktechnischen Interaktionen im realen Straßenverkehr in Ortsgebieten und Freiland" vom 7. September 2007 im Auftrag des Österreichischen Verkehrsministeriums bekannt, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Erkenntnissen für ihre künftigen Aktivitäten im Hinblick auf die Einführung des Tagfahrlichtes?"

Antwort (22.10.2007):

Die Tatsache, dass aktuell Bestrebungen der österreichischen Regierung zur Abschaffung der Pflicht zum Fahren mit Licht am Tage bestehen, ist bekannt. Ob dies zum 15. November 2007 bereits geschieht, ist hier nicht bekannt. Die österreichischen Überlegungen zur Abschaffung basieren offensichtlich auf dem Positionspapier der im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie durchgeführten Untersuchung von blicktechnischen Interaktionen im realen Straßenverkehr in Ortsgebieten und Freiland" des Institutes für ganzheitliche Unfall- und Sicherheitsforschung EPIGUS vom 7. September 2007. Eine erste Stellungnahme der Bundesanstalt für Straßenwesen zu dem vorliegenden Positionspapier sieht verschiedene forschungsmethodische Aspekte kritisch. Diese beziehen sich sowohl auf theoretische Annahmen des Positionspapiers als auch auf die Kontrolle der Versuchsbedingungen. Vor diesem Hintergrund geben die vorliegenden Unterlagen aus Österreich keinen Anlass zu Konsequenzen. Die Bundesregierung wird sich an der auf europäischer Ebene stattfindenden Diskussion weiter aktiv beteiligen."

Frage:

Welche konkreten Kritikpunkte an verschiedenen forschungsmethodischen Aspekten" - namentlich theoretischen Annahmen und im Hinblick auf die Kontrolle der Versuchsbedingungen" - der neuen österreichischen Studie über die Auswirkungen des


Tagfahrlichtes hat die Bundesregierung, und welche Vorteile älterer Studien, die von ihr zur Argumentation herangezogen werden, gegenüber der genannten österreichischen Untersuchung sieht die Bundesregierung (vgl. Antwort der Bundesregierung vom 22. Oktober 2007 auf die Frage 45 auf Bundestagsdrucksache 16/6839)?"

Antwort (31.10.2007)

Als konkrete Kritikpunkte an der österreichischen Studie zum Fahren mit Licht am Tage

(Epigus-Studie) sind zu nennen:

Die Erfassung des Blickverhaltens allein ist nicht hinreichend zur fundierten

Einschätzung von Aufmerksamkeitsprozessen, weil Aufmerksamkeit durch Informationsverarbeitungsprozesse im Gehirn gesteuert wird. Solche Prozesse werden in der Studie jedoch nicht thematisiert.

Es ist nicht als Ablenkung anzusehen, wenn ein Fahrer ein entgegenkommendes

Fahrzeug häufiger/länger anblickt, da ein entgegenkommendes Fahrzeug eine durchaus wichtige Information für den Fahrer ist. Das Fahren mit Licht am Tage beabsichtigt eine höhere Beachtung anderer Pkw, d. h. frühzeitigeres Erkennen einer möglichen Gefährdung soll erreicht werden.

Es ist nur die Blickzuwendung (Dauer und Häufigkeit) auf die entgegenkommenden

Fahrzeuge gemessen worden, nicht jedoch, wie sich das Blickverhalten in Bezug auf andere Reize im Verkehrsraum (z. B. Fußgänger, Motorradfahrer) verändert. Insofern wird durch die Daten nicht belegt, dass die Aufmerksamkeit von anderen wichtigen Reizen abgezogen wird.

Um Unterschiede im Blickverhalten eindeutig auf Fahren mit Licht am Tage

zurückzuführen, müssen andere Erklärungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Dafür müsste das Verhalten mit Fahren mit Licht am Tage und ohne Fahren mit Licht am Tage unter vergleichbaren Versuchsbedingungen gemessen werden. Wenn dies nicht gegeben ist, könnten die Unterschiede im Blickverhalten auch aus anderen Faktoren resultieren (z. B. Streckenunterschiede, unterschiedliches Geschwindigkeitsverhalten, Komplexität der Verkehrssituation, Alter, Sehvermögen, Erfahrung der Versuchspersonen). In der vorliegenden Studie werden keine Aussagen dazu gemacht, ob und wie eine Vergleichbarkeit der Versuchsbedingungen bei den Versuchsfahrten sichergestellt wurde.

Um Aussagen zur Sicherheitsrelevanz der Ergebnisse zu belegen, müsste ein

wissenschaftlich anerkannter Referenzwert dargelegt werden, ab dem von einem sicherheitskritischen Blickverhalten auszugehen ist. Diese Einordnung der Ergebnisse findet jedoch nicht statt.

Aussagen zum Unfallgeschehen lassen sich aus der Epigus-Studie nicht treffen, da keine unfallbezogenen Daten erhoben wurden. Eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen hat dagegen die möglichen Auswirkungen von Fahren mit Licht am Tag auf das Unfallgeschehen untersucht. Grundlage war eine umfassende Analyse der internationalen Literatur/Studien zu diesem Thema. Technische und rechtliche Möglichkeiten wurden analysiert und die Auswirkungen von Tagfahrlicht auf das Unfallgeschehen in Deutschland abgeschätzt. Fahren mit Licht am Tage kann danach zu einer nachhaltigen Verbesserung der Verkehrssicherheit beitragen. Mögliche Nachteile für schwächere Verkehrsteilnehmer konnten durch die Literaturanalyse nicht bestätigt werden."

In der nächtlichen Plenardebatte zu Licht am Tag im Nationalrat am 5.12.2007 gingen Sie in ihrem Redebeitrag leider nicht auf diese Kritik ein.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 


ANFRAGE:

 

 

1.            Was sagen Sie zur deutlichen Methodenkritik der ExpertInnen der deutschen Bundesanstalt für Straßenwesen am Positionspapier der im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie durchgeführten Untersuchung von blicktechnischen Interaktionen im realen Straßenverkehr in Ortsgebieten und Freiland" des Institutes für ganzheitliche Unfall- und Sicherheitsforschung   EPIGUS   vom   7.   September   2007,   auf   dessen Grundlage Sie die Wiederabschaffung von Licht am Tag einleiteten?

2.            Was   können   Sie   im   einzelnen   zur   Entkräftung   der   fünf   konkreten methodischen Kritikpunkte der ExpertInnen der deutschen Bundesanstalt für Straßenwesen anführen, wie sie der Parl.  Staatssekretär im deutschen Bundesministerium   für   Verkehr,   Bau   und   Stadtentwicklung   in   seiner Anfragebeantwortung vom 31.10.2007 im Deutschen Bundestag referierte?

3.            Wann werden Sie die vollständigen Endberichte der beiden zur Evaluierung von   Licht   am   Tag"   beauftragten   Untersuchungen   der   Öffentlichkeit zugänglich machen?