2983/J XXIII. GP
Eingelangt am
21.12.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend
Lücken der
PKW-Winterausrüstungspflicht
Die große Koalition
hat zuletzt - unter anderem mittels einer merkwürdigen
Interpretation der
parlamentarisch üblichen 24-Stunden-Frist der
Zuleitung geplanter
Abänderungsanträge an die
anderen Fraktionen, die hier zu einer Information über
Medienberichte über den geplanten Antrag reduziert wurde -
im Schnellschuss eine
Winterreifenpflicht für PKW durchs
Parlament geboxt und damit ein langjähriges
Anliegen des Reifenhandels und des ÖVP-Verkehrssprechers erledigt.
Ähnlich wie es immer wieder in der Zeit der
schwarz-blau/orangen Regierungen im
Verkehrsbereich passierte, waren offenbar bis zur Ausschussbehandlung noch
nicht
einmal alle fachlichen Fragen abschließend geklärt. Sachliche Kritikpunkte wurden
pauschal zur Seite gewischt.
Neben dem ÖVP-Verkehrssprecher,
der sich als Staatssekretär noch im Februar
2006 bei seinem letzten Winterreifenpflicht-Vorstoß noch für eine
EU-weite
Einführung ausgesprochen hatte, trat insbesondere der
Verkehrsminister selbst
vehement für die neue Regelung in Vorlage. Nach dem von
sommerbereiften LKW
und einigen
Fehleinschätzungen im Umgang mit dieser
Situation verursachten
Schneechaos auf der A21 musste offensichtlich ein Schnellschuss gesetzt werden,
um die bis in die befreundeten, kofinanzierten Boulevardmedien hinein
aufkeimende
Kritik an möglichen Unterlassungen des Verkehrsministers
zu ersticken.
Allerdings
ging die Eile zulasten der sachlichen Qualität. Seit dem
Bekanntwerden
des Vorschlags für eine Winterreifenpflicht reißt die Kritik an den Details und Lücken
dieser Regelung jedoch nicht ab. Auch nach
nochmaliger Flickschusterei am
Vorschlag bei der Plenarbehandlung im Nationalrat in der Nacht von 5. auf
6.12.2007 hat sich daran nichts geändert.
Nachdem in
mehreren Zeitungskommentaren Spott über diesen lückenhaften
und -
siehe
A21 - LKW als Verursacher - sachlich nicht wirklich anlassgerechten
Schnellschuss
ausgegossen wurde, hat sich nun mit dem rechtlich äußerst
versierten Vizepräsidenten des ARBÖ auch eine Fachkapazität, noch dazu aus einer
Vorfeldorganisation der Partei des Verkehrsministers, der Kritik angeschlossen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1.
Der geschäftsführende Vizepräsident des
ARBÖ hat am 11. Dezember 2007
das
von der Regierung durchgeboxte und mit ihrer Mehrheit im Parlament
beschlossene Gesetz
zur Winterausrüstungspflicht für Pkw als „völlig
chaotisch und unausgegoren"
bezeichnet. Was sagen Sie zu dieser scharfen
Kritik eines Experten, der an der Spitze einer Vorfeldorganisation ihrer
eigenen Partei steht?
2.
Der geschäftsführende Vizepräsident
des ARBÖ kritisiert, dass Mopedautos -
bekanntlich eine nicht gerade
unterdurchschnittlich in der Unfallstatistik
vorkommende Fahrzeuggruppe - auch künftig weder
Winterreifen noch
Schneeketten
brauchen.
a) Trifft diese Kritik zu?
b)
Wenn ja, wie erklären Sie diesen Mangel der nicht zuletzt von
Ihnen
betriebenen
Schnellschuss-Gesetzesänderung?
c)
Welche Verbesserungsvorschläge dazu werden Sie wann im einzelnen
vorlegen?
3. Der geschäftsführende
Vizepräsident des ARBÖ kritisiert, dass
verabsäumt
wurde, eine Ausnahme
für Reservereifen zu statuieren.
a) Trifft diese Kritik zu?
b)
Wenn ja, wie erklären Sie diesen Mangel der nicht zuletzt von
Ihnen
betriebenen
Schnellschuss-Gesetzesänderung?
c)
Welche Verbesserungsvorschläge dazu werden Sie wann im einzelnen
vorlegen?
4. Der geschäftsführende
Vizepräsident des ARBÖ kritisiert, dass für Probe- und
Überstellungsfahrzeuge
im PKW-Bereich die Winterreifenpflicht ohne
Ausnahme gilt, während für LKW über 3,5
Tonnen in derselben
Gesetzesnovellierung sehr wohl eine Ausnahme statuiert wurde -
wohlgemerkt nachdem
das November-Schneechaos auf der A21
erwiesenermaßen von LKW
und nicht von PKW ausgelöst wurde. Der
geschäftsführende Vizepräsident
des ARBÖ bewertet diese ungleiche (und
unsachliche) Ausnahmenlösung als verfassungswidrig.
a) Trifft diese Kritik zu?
b)
Wenn ja, wie erklären Sie diesen Mangel der nicht zuletzt von
Ihnen
betriebenen
Schnellschuss-Gesetzesänderung?
c)
Welche Verbesserungsvorschläge dazu werden Sie wann im einzelnen
vorlegen?
5. Halten Sie abgesehen von diesen grundlegenden
rechtlichen Bedenken eine
Ausnahme einer nicht zu vernachlässigenden
Gruppe von LKW von einer
Winterausrüstungspflicht
vor dem Hintergrund der Geschehnisse auf der A21
Mitte November aus Verkehrssicherheitsperspektive für sinnvoll?
Sollten nicht
vielmehr in so
wichtigen und sensiblen Feldern wie der Verkehrssicherheit
sachliche, sicherheitsgeleitete Überlegungen
unmissverständlich Vorrang vor
wirtschaftlichen
Interessen von einzelnen Lobbies, zB Fahrzeughändlern,
haben?
6. Der geschäftsführende Vizepräsident des ARBÖ kritisiert, dass ältere
Wohnwagen, die noch nicht in den Fahrzeugklassen N1 oder M1 eingestuft
sind, nicht von der Winterreifenpflicht erfasst sind.
a) Trifft diese Kritik zu?
b)
Wenn ja, wie erklären Sie diesen Mangel der nicht zuletzt von
Ihnen
betriebenen
Schnellschuss-Gesetzesänderung?
c)
Welche Verbesserungsvorschläge dazu werden Sie wann im einzelnen
vorlegen?
7. Der geschäftsführende
Vizepräsident des ARBÖ kritisiert, dass
abgeleitete
Fahrzeuge wie
Ausstellungsfahrzeuge oder Büro-LKW,
nicht von der
Winterreifenpflicht erfasst sind.
a) Trifft diese Kritik zu?
b)
Wenn ja, wie erklären Sie diesen Mangel der nicht zuletzt von
Ihnen
betriebenen
Schnellschuss-Gesetzesänderung?
c)
Welche Verbesserungsvorschläge dazu werden Sie wann im einzelnen
vorlegen?
8.
Auf welcher konkreten Rechtsgrundlage sollte die von Ihnen nach dem
A21-
Schneechaos öffentlich angekündigte „Unterstützung von Sammelklagen"
(offenbar durch die Republik oder den Verkehrsminister) erfolgen?
9.
Bereits im
Verkehrsausschuss des Nationalrates wurde die Regelung selbst
von VertreterInnen der Regierungsfraktionen deutlich kritisiert. Halten Sie es
für zielführend, Gesetzesänderungen in wichtigen, sicherheitsrelevanten
Materien wie dieser zeitlich und inhaltlich nach der Stimmungslage in
Boulevardmedien auszurichten und dafür sogar die
Abstimmung innerhalb der
eigenen
Gesinnungsgemeinschaft bzw. Koalitionspartnerschaft zu
vernachlässigen?
10.
Ist Ihnen
bekannt, dass die SPÖ in den letzten Jahren wiederholt
mit dem
Slogan „Speed kills" bzw. „Speed kills quality" scharfe Kritik
an qualitativ
ungenügenden Gesetzesvorschlägen und -beschlossen der Schüssel-
Regierungen bzw. der damaligen Regierungsparteien
übte, gerade auch im
Verkehrsbereich wegen
des wiederholten dementsprechenden Vorgehens
von ÖVP-Staatssekretär Kukacka
und seinen FPÖ- bzw- BZÖ-KollegInnen?