3264/J XXIII. GP

Eingelangt am 16.01.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

DRINGLICHE ANFRAGE

gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR

 

der Abgeordneten Ing. Westenthaler

Kollegin und Kollegen

 

betreffend Dauerstreit und Rekordbelastungen – Gusenbauers Regierung der sozialen Kälte

 

Nach einem Jahr SPÖ-Bundeskanzler Gusenbauer ist es an der Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen. Eine Bilanz, die negativer nicht ausfallen könnte. Der SPÖ ist das „einmalige Kunststück“ gelungen, bereits mit Unterfertigung des Regierungsprogramms zu Beginn des letzten Jahres sämtliche Wahlversprechen zu brechen, nur um den Gusenbauerschen Sandkistentraum, Bundeskanzler zu werden, jedenfalls umsetzen zu können. Wie der Rückblick auf das abgelaufene Jahr bestätigt blieb letzteres bis dato der einzige sozialdemokratische Erfolg in dieser Bundesregierung. Bei der Bevölkerung wird die Regierung des „Kanzlers des gebrochenen Wortes“ jedenfalls wegen der chronischen inhaltlichen Untätigkeit, dem nahezu pathologischen Streitzwang und Regierungschaos, aber auch durch eine Vielzahl an Belastungen, Schröpfaktionen und als „sozialer Kältekanzler“ schmerzhaft in Erinnerung bleiben.

 

Aufgrund der fast unerschöpflichen Fülle an Kritikpunkten, die diese von SPÖ-Kanzler Gusenbauer geführte Bundesregierung bietet, sehen sich die unterfertigten Abgeordneten gezwungen, sich auf die wesentlichsten, nämlich die Rekordbelastungen und die soziale Kältewelle der Streithanselregierung, zu konzentrieren.


1. Rekordbelastung statt Sofortentlastung

Die SPÖ wird den Mittelstand und die unteren Einkommen SOFORT entlasten“, kündigte Gusenbauer im Rahmen einer SPÖ-Präsidiumsklausur vom 21.08.2006 für den Fall einer Regierungsbeteiligung an.

Nunmehr dauert die Regentschaft des Bundeskanzlers Gusenbauer schon mehr als ein Jahr, und wurde offensichtlich, dass der Begriff „SOFORT“ - wie die Geschichte den Österreicherinnen und Österreichern eindrucksvoll vor Augen führte - in SPÖ-Kreisen wohl als ein sehr relativer zu sehen ist.

 

Von Entlastungen war und ist nämlich bis dato weder etwas zu spüren noch zeichnen sich am Horizont diesbezügliche Aktivitäten des Bundeskanzlers ab. Bundeskanzler Gusenbauer hat unlängst eine Steuerentlastung als Gebot der Stunde bezeichnet, anscheinend führt der SPÖ-Vorsitzende hier eine neue Zeitrechnung ein, denn da die Bundesregierung eine Steuerentlastung frühestens für 2010 angekündigt hat, dauert eine Gusenbauersche Stunde anscheinend ganze zwei Jahre.

 

Aktiver ist er unbestritten dort, wo es darum geht, soziale Kälte zu versprühen, die Belastungen der Österreicherinnen und Österreicher zu erhöhen und damit indirekt die derzeitige Teuerungsrate von zuletzt 3,1% (November 2007) bewusst in Kauf zu nehmen.

 

Allein die Erhöhung der Mineralölsteuer hat einen Anteil von rund 7 % an dieser Teuerung. „Brot wurde um fast 7 Prozent teurer, Weizenmehl um fast 9 Prozent, Teigwaren um 13 Prozent – und Butter gar um mehr als 26 Prozent!“ übt der SPÖ Direktor der Arbeiterkammer Werner Muhm am 15.11.2007 Kritik an diesen Steigerungen. In einer Aussendung des SPÖ-Pressedienstes vom 14.12.2007 verweist der Pensionistenverbands-Präsident Karl Blecha auf den Preisindex für Pensionistenhaushalte, der mit eine Steigerung von 3,5 Prozent sogar einen neuen Höchstwert erreichte und fragt sich, wie man angesichts dieser Zahlen in Zusammenhang mit den erfolgten Pensionsanpassungen um durchschnittlich 2,1 Prozent von einem „Geschenk“ für die Pensionisten sprechen könne. Fakt ist, dass es sich angesichts der aktuellen Inflationsrate von über drei Prozent hier um eine reale Kürzung der Pensionen handelt.

 

In diesem Jahr ist weiter keine Entspannung der Teuerungen zu erwarten. Im Gegenteil! Wirtschaftsforscher von IHS und WIFO gehen davon aus, dass die Teuerungswelle auch 2008 bei über drei Prozent liegen wird. Brot könnte um zehn Prozent, Gas um sieben Prozent, Fleisch um fünf sowie Mieten um drei Prozent teurer werden, womit die Lohnerhöhungen für 2008 im besten Fall nur aufgefressen werden, so die pessimistischen Prognosen der Experten. (APA 402, 20.12.2007)

 

Dazu kommt, dass durch das Nicht-Einhalten des Wahlversprechens hinsichtlich einer sofortigen Steuerentlastung und einer damit verbundenen Abfederung der „kalten“ Steuerprogression diese weiterhin voll zuschlägt, und damit die Österreicherinnen und Österreicher in diesem Jahr sogar Reallohneinbußen in Kauf nehmen müssen. Laut Berechnungen der Arbeiterkammer verursacht die kalte Progression allein in diesem Jahr eine zusätzliche jährliche Mehrbelastung in Höhe von 1,1 Mrd. Euro für Österreichs Arbeiter, Angestellte und Pensionisten. „Schon wer nur 11.000 Euro pro Jahr versteuern muss, bezahlt für 2007 136,5 Euro mehr Lohnsteuer als im Jahr der letzten Steuerreform 2005.“ (APA 137 09.01.2008, Quelle WIFO)

 

Angesichts dieser horrenden Preissteigerungen und von dieser Bundesregierung zu verantwortenden Rekordbelastungen stoßen viele Österreicherinnen und Österreicher bei Deckung der Lebenshaltungskosten an ihre finanziellen Grenzen.

 

„Gerade die steigenden Lebenshaltungskosten, vor allem die Teuerungen von Grundnahrungsmitteln und Heizkosten schlagen sich stark auf die schmalen Budgets von Menschen, die in Armut leben, nieder und vergrößert damit den von Armut betroffenen Personenkreis,“ so die Armutskonferenz in einer Aussendung vom 25.11.2007. Diese alarmierende Entwicklung bestätigt Sozialminister Buchinger in der parlamentarischen Anfragebeantwortung 1210/AB vom 30.08.2007, wenn er darauf hinweist, dass „bereits 250.000 Menschen in Haushalten mit niedrigen Pro-Kopf-Einkommen trotz Erwerbsarbeit von Armutsgefährdung betroffen sind.“

 

Das Einjahresjubiläum des Bundeskanzlers Gusenbauer nimmt der ÖVP-Landeshauptmann von Niederösterreich Erwin Pröll zum Anlass offener Kritik: Es ist eine Tatsache, dass in diesem Jahr alles teurer geworden ist, überdurchschnittlich teurer. Solch eine Teuerungswelle hat es noch nie gegeben, verleiht Pröll seinem Unmut Ausdruck. Dabei verschweigt er allerdings, dass die Länder und Gemeinden mit beträchtlichen Gebührenerhöhungen maßgeblich zu dieser Teuerungswelle beigetragen haben: So hat beispielsweise das SPÖ-geführte Wien seine Gebühren und Abgaben 2007 um 20 % erhöht.

 

Den Grundstein für diese inflationsbeschleunigende und damit die Österreicherinnen und Österreicher massiv belastende Entwicklung legte diese Bundesregierung gleich mit ihren ersten Beschlüssen im Rahmen der Budgeterstellung, als sie – unter Überbordwerfen jeglicher Wahlversprechen – der staunenden Bevölkerung mitteilte, dass nun spürbare Belastungen und Erhöhungen anstelle der versprochenen Entlastungen Platz greifen werden.

 

Eine abschließende Aufzählung aller unter SPÖ-Verantwortung im abgelaufenen Jahr beschlossenen Belastungen und Erhöhungen würde den Rahmen sprengen, daher sei nachfolgend das von Gusenbauer zu verantwortende Rekordbelastungspaket nur in Grundzügen dargestellt und erhebt längst keinen Anspruch auf Vollständigkeit:

 

Verteuerung der Autobahnvignette
Durch eine entsprechende Verordnung des Verkehrsministers müssen die Autofahrer für die Vignette ab diesem Jahr 73,80 Euro bezahlen, was einer Steigerung um 1,6 Prozent gleichkommt. 

 

Erhöhung sämtlicher Gebühren

Wie im Regierungsprogramm festgeschrieben, werden sämtliche Gebühren einer jährlichen Valorisierung unterzogen und damit erhöht.

 

Allein die Stempel- und Rechtsgebühren sowie Bundesverwaltungsabgaben belaufen sich im Jahr 2006 laut BVA 2006 auf 825 Millionen Euro. Allein eine angenommene Steigerung um jährlich zwei Prozent ergibt eine Belastung im Ausmaß von 16,5 Millionen Euro. Die gesamten sonstigen Abgaben (ohne Steuern) liegen bei jährlich rund 4,3 Milliarden Euro. Das ergibt bei einer jährlichen Teuerungsrate von rund 2 Prozent eine Erhöhung um 86 Millionen Euro.

 

Studiengebühren werden nicht abgeschafft, sondern erhöht

Mit der geplanten jährlichen Erhöhung aller Gebühren hat die SPÖ auch einer jährlichen Anhebung der Studiengebühren zugestimmt.

 

Unterstellt man eine jährliche Teuerung von rund 2 %, so ergibt sich für die Studierenden an Universitäten eine Zusatzbelastung von rund 14,5 Euro jährlich mit steigender Tendenz bis zum Ende der Legislaturperiode. Neben den Studierenden an Universitäten kann diese Mehrbelastung auch Studierende an Fachhochschulen, pädagogischen Akademien etc. treffen. Die jährlich zu entrichtende Studiengebühr von derzeit 726,72 Euro steigt somit auf 741,25 Euro. Bis zum Jahr 2010 erhöhen sich somit die Studiengebühren bei jährlicher Valorisierung auf jährlich rund 785 Euro oder 820 Euro inkl. ÖH-Beitrag!

 

Erhöhung der Mineralölsteuer

Bereits die ursprünglich geplante Erhöhung der Mineralölsteuer um einen (auf Benzin) und drei Cent (auf Diesel) hätte eine massive Mehrbelastung bedeutet. Die letztendlich beschlossene tatsächliche Erhöhung um drei (auf Benzin) und fünf Cent (auf Diesel) ist aber ein wirklicher Anschlag auf die Autofahrer und Pendler.

 

Die Regierung belastet damit die Autofahrerinnen und Autofahrer jährlich mit 540 Millionen Euro zusätzlich. Bis 2010 nimmt der Staat durch die Mineralölsteuer und die darauf entfallende Mehrwertsteuer unvorstellbare 19,2 Milliarden Euro ein. 61 Prozent vom Literpreis auf Super und 54 Prozent vom Literpreis auf Diesel kassiert der Finanzminister bereits! Einem Pendler, der täglich von Oberwart nach Wien fährt, kostet diese Steuererhöhung jährlich rund 240 Euro. Der österreichische Durchschnittspendler wird mit rund 75 Euro zusätzlich zur Kasse gebeten.

 

Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge

Mit Jänner dieses Jahres wurden die Krankenversicherungsbeiträge um 0,15 % erhöht. Allein dadurch werden die Österreicherinnen und Österreicher mit jährlich 150 Millionen Euro belastet. Zusätzlich wurden die Rezeptgebühren wie auch die Kosten für Heilbehelfe und Kuraufenthalte erhöht.

 

Erhöhung der Energiekosten

Die Preissteigerungen bei den Heizkosten belasten einen durchschnittlichen Haushalt allein vom November bis März mit 500 Euro zusätzlich. Laut Armutskonferenz können es sich allein 250.000 Haushalte in Österreich nicht mehr leisten, rund um die Uhr zu heizen. Das ist in einem der reichsten Länder der Welt inakzeptabel und im wahrsten Sinne des Wortes echtes Armutszeugnis für diese Bundesregierung.

 

Erhöhung der ORF-Gebühren

Mit den Stimmen von SPÖ und Grünen und einem Unabhängigen wurden vom ORF-Stiftungsrat am 13.12.2007 die ORF-Gebühren mit Wirksamkeit Juni dieses Jahres trotz des zweifelhaften Programmangebots um satte 9,4 % angehoben. Pro Haushalt sind damit monatlich 1,3 Euro mehr zu berappen. Die Steirerinnen und Steirer tragen künftig mit monatlich 23,71 Euro die österreichweit höchsten Rundfunkgebühren.

 

Anhebung der ÖBB-Fahrpreise

Quasi als vorgezogenes „Weihnachtsgeschenk“ erhöhte die sozialistisch dominierte ÖBB im Dezember 2007 die Fahrkartenpreise um durchschnittlich 2,5 Prozent. Damit setzt der Bundeskanzler zumindest sein Wahlversprechen „Neue Fairness braucht das Land! insofern um, als damit neben den bereits durch die Erhöhung der Mineralölsteuer sowie die steigenden Treibstoff- und Vignettenpreise belasteten autofahrenden Pendler auch die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesenen Pendler entsprechend tiefer in die Taschen greifen „dürfen“.

 

Dazu kommt, dass jeder österreichische Staatsbürger vom Säugling bis zum Greis ohnehin die ÖBB mit durchschnittlich 450 Euro pro Jahr subventioniert, ohne auch nur einen Fuß in eine Zuggarnitur gesetzt zu haben. Denn der Bundeszuschuss an die ÖBB beträgt allein im Jahr 2008 3,69 Milliarden Euro.

 

Angesichts dieser Rekordbelastungen und durch die von der SPÖ mitverursachten Teuerungen verwundert es nicht, dass trotz der derzeitigen Situation hoher Wachstumsraten und damit verbundener steigender Steuereinnahmen die Kaufkraft der Österreicher und damit die Binnennachfrage stagniert.

 

Diese Tatsache gefährdet den aufstrebenden und leistungsorientierten Mittelstand, der durch die immer weiter aufgehende Einkommens- und Steuerbelastungsschere massiv belastet wird. Dazu kommt, dass gerade die mittleren Einkommensbezieher durch die gegenwärtig vorherrschende inflationäre und bloß exportwachstumsorientierte Wirtschaftssituation eine schleichende Schlechterstellung in Form von realen Einkommenseinbußen erfahren.

 

Diesen österreichischen Leistungsträgern als Rückgrat der österreichischen Wirtschaft und Gesellschaft und als Garant sozialer und gesellschaftspolitischer Stabilität steht ein Teil des konjunkturellen Aufschwungs zu.

 

Ein sofortiges Steuersenkungsprogramm ist daher das Gebot der Stunde, im Sinne einer Kaufkraftstärkung für eine starke Binnenkonjunktur, die geeignet ist, ein langfristiges und stabiles Wirtschaftswachstum abzusichern. Denn es besteht die Gefahr, dass es bei Nachlassen der guten Konjunktur unmöglich wird, wirksame Maßnahmen zu setzen. Dies muss mittlerweile auch der SPÖ Finanzstaatssekretär Matznetter eingesehen haben, wenn er indirekt die verschobene Steuerentlastung bzw. versprochene Entlastungen bereits in Frage stellt: Sollte die Wirtschaft stärker einbrechen, könnte die Entlastung auch geringer ausfallen. (Kleine Zeitung, 15.01.2008)

 

2. Soziale Kälte statt sozialer Sicherheit

Im Gegensatz zur versprochenen sozialen Wärme, „aufbauend auf dem bisher Erreichten“ (siehe Regierungsprogramm) hat Gusenbauer im Bereich der Kinderbetreuung, der Pflege und der Gesundheit durch Drüberfahren, Rücksichtslosigkeit und Unbarmherzigkeit eine noch nie da gewesene soziale Kälte gegenüber den Betroffenen unter Beweis gestellt:

 

Rückforderungen sowie Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes

Anstatt die Familien zu entlasten scheute diese Bundesregierung nicht davor zurück, einen Betrag von über einer Million Euro von den Kinderbetreuungsgeldbeziehern rückzufordern, wie dies einer Anfragebeantwortung durch die Gesundheitsministerin vom 18.12.2007 zu entnehmen ist. Darüber hinaus führt die jüngst beschlossene Novelle zum Kinderbetreuungsgeldgesetz zu einer Kürzung der Leistung gegenüber der bisherigen Rechtslage. So hat eine Familie beim bisherigen 30monatigen Bezug 13.080 Euro erhalten. Bei 624 Euro für 20 Monate sind das nur mehr 12.480 Euro, was einem Verlust von nicht weniger als 600 Euro entspricht. Noch drastischer stellen sich die Einbußen beim Modell 800 Euro für 15 Monate dar, wo gar ein Verlust von 1.080 Euro in Kauf genommen werden muss. Wenn beide Partner das Kindergeld beziehen steigern sich hier die Kürzungen für die Familien von mindestens 720 bis zu 1.296 Euro.

 

Absenkung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld

Anstatt die Zuverdienstgrenze für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes abzuschaffen wurde diese nunmehr real sogar um 590 Euro pro Jahr gesenkt. Zusätzlich hat diese Bundesregierung einen Raubzug gegen die Familien gestartet, indem sie in einer Bestrafungslotterie das Kinderbetreuungsgeld und den Zuschuss zurückfordert.

 

Pflegemurks und Pflegechaos

Als ein besonderes Beispiel von vielen für fehlende Lösungskompetenz und Streitereien innerhalb der Koalition bietet sich das Pflegechaos an, welches jüngst der SPÖ-Landeshauptmann der Steiermark Franz Voves zum Anlass nahm, offen Kritik an der Regierung zu üben: „Die Politik hat hier versagt“, so die unmissverständliche und berechtigte Botschaft des Genannten an die Bundesregierung und seine Parteifreunde (Österreich, 09.01.2008). Anstatt den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen Sicherheit und Unterstützung zu geben, kürzt die Bundesregierung das Pflegegeld real.

 

Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass die Bundesregierung nicht imstande ist, ein leistbares, sozial gerechtes und vor allem auch legales Modell für die Pflege zu Hause zu schaffen. Ein Husch-Pfusch-Gesetz zur Regelung der 24-Stunden-Betreuung hat wie kaum ein anderes Gesetz zuvor so viel Verwirrung und Verunsicherung bei den Betroffenen hervorgerufen, dass sich auch die Regierungspartei ÖVP bereits nach der Zustimmung im Nationalrat wieder davon verabschiedete.

 

Die Sicherstellung der Qualität der Betreuungskräfte ist bisher nicht gewährleistet. Dazu kommt, dass der Rechnungshof in seiner Stellungnahme vom 10.04.2007 zu den diesbezüglichen Regelungen anmerkte, dass jedenfalls weiterhin von einer beträchtlichen Finanzierungslücke für die Betroffenen auszugehen ist. Das einzige was dieser Bundesregierung hiezu einfällt, ist eine „Schwamm drüber“ Lösung, die das bestehende Chaos nur prolongiert.

 

Wie dieses nur auszugsweise dargestellte Belastungs- und soziale Abkühlungspaket beweist, ist Einigkeit innerhalb der Koalition insbesondere und ausschließlich dort zu sehen, wo es darum geht, die Menschen zu belasten. In allen anderen Bereichen haben sich im letzten Jahr die Zwistigkeiten und Streitereien zwischen den Regierungsparteien „wie ein Grauschleier“ über die Regierungsarbeit gelegt, so selbst der Bundeskanzler am 26.12.2007.

 

Angesichts dieser tristen und negativen Bilanz der Tätigkeit dieser Bundesregierung können wir uns zumindest in einem Punkt den Erwartungen des Bundeskanzlers anschließen, wenn dieser gegenüber der Kleinen Zeitung vom 18.12. 2007 fast resignierend einmahnt: „Ich erwarte mir, dass Vernunft einkehrt.“ „Das Bild, das die Koalition derzeit in der Öffentlichkeit abgibt, ist schlicht katastrophal. (...) Die Gräben scheinen unüberbrückbar und eine Trendwende ist nicht in Sicht“, so kürzlich auch der Meinungsforscher Peter Hajek.

 

Abschließend ist somit festzuhalten, dass diese Bundesregierung unter der Führung von Belastungskanzler Gusenbauer sich auf den Erfolgen der Jahre 2000 bis 2006 ausruht und bis heute – mit Ausnahme der oben dargestellten Belastungen - keine Initiativen im Sinne der Fortsetzung des im Jahr 2000 eingeschlagenen Erfolgskurses gesetzt hat. Im Einjahresrückblick kann diese Bundesregierung in erster Linie auf gebrochene Wahlversprechen, Rekordbelastungen, Streitereien, Ideenlosigkeit sowie Untätigkeit verweisen. „Wenn ich jene Themen aufzähle, wo zu wenig weitergegangen ist, sprengt das unseren Zeitrahmen“, so analysiert der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll die Regierungsarbeit in einem Interview mit „Österreich“ vom 17.12.2007 und ergänzt: „Beide Partner (Anm. SPÖ und ÖVP) haben das Recht verwirkt, sich selbst konstruktiv zu nennen.“

 

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundeskanzler gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR nachstehende

 

 

Dringliche Anfrage:

 

 

1.            Auch die bevorstehende „Schwamm-Drüber-Aktion“ wird nach Expertenmeinung in keiner Weise geeignet sein, die Pflege in privaten Haushalten verfassungskonform, legal, finanziell zumutbar und für die Betroffenen akzeptabel und nachvollziehbar zu ermöglichen; wann sorgen Sie endlich dafür, dass den Betroffenen, für die eine Pflege in den eigenen vier Wänden eine enorm wichtige Frage darstellt, eine dauerhafte, finanziell und organisatorisch zumutbare, legale und alle notwendigen Leistungen umfassende Lösung angeboten wird?

 

2.            Der Finanzminister verzeichnete schon 2007 beachtliche 3 Mrd. ungeplante Mehreinnahmen; die kalte Progression lässt die Steuerbelastung gerade für den leistungswilligen Mittelstand ständig weiter steigen; wird es binnen eines Jahres eine über die Abgeltung der „Kalten Progression“ spürbar hinausgehende Lohn- und Einkommensteuerentlastung geben und wenn nein, warum nicht?

 

 

 

3.            Die Familien wurden durch die Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes (bei Inanspruchnahme des kürzeren Bezuges) und die reale Senkung der Zuverdienstgrenze weiter belastet; werden Sie sich für eine Entlastung der Familien insbesondere durch die Abschaffung der Zuverdienstgrenze sowie die volle steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten einsetzen und wenn nein, warum nicht?

 

4.            Enorme Teuerungen in der öffentlichen Verwaltung und Preisanstiege bei den Grundnahrungsmitteln, Mieten und Energie führen derzeit zu einer unzumutbaren Belastung der Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen; werden Sie dafür sorgen, dass den Österreicherinnen und Österreichern für die enormen Belastungen ein Teuerungsausgleich gewährt wird und wenn nein, warum nicht? 

 

5.            Sowohl der PKW- als auch der Bahnverkehr wurden durch MÖSt-Erhöhung, Vignetten-Erhöhung und Bahnpreiserhöhung deutlich verteuert, was insbesondere Pendler deutlich belastet; werden Sie die Autofahrer und insbesondere Pendler durch die Gewährung der vollen steuerlichen Absetzbarkeit der Fahrt vom und zum Arbeitsplatz sowie durch Maßnahmen, die einen Treibstoffpreis von maximal einem Euro pro Liter sicherstellen, entlasten und wenn nein, warum nicht?

 

6.            250.000 Haushalte können sich das Heizen nicht oder nicht ausreichend leisten; werden Sie einen Heizkostenzuschuss des Bundes in der Höhe von zusätzlichen 150 Euro (zusätzlich zu den Leistungen der Länder) zur Unterstützung der betroffenen Haushalte umsetzen und wenn nein, warum nicht?

 

7.            Die Krankenversicherungsbeiträge wurden angehoben, ohne dass damit die dauerhafte Finanzierung der Krankenversorgung hätte gesichert werden können; Rezeptgebühren, Medikamente und Selbstbehalte werden teurer; eine echte Reform des Gesundheitswesens steht nach wie vor aus; werden Sie eine Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente von 20 auf 10 Prozent und eine wirksame Nutzung der Einsparungspotentiale im Gesundheits- und Sozialversicherungswesen, wie eine weitere Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten sicherstellen und wenn nein, warum nicht?

 

 

8.            Niedrige Einkommen steigen derzeit bei deutlich steigenden Lebenserhaltungskosten kaum, die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern geht immer weiter auf, leistungsbereite Menschen werden durch zu hohe Steuern übermäßig belastet; werden Sie sich endlich wirksam dafür einsetzen, dass der Mindestlohn auf 1.300 Euro angehoben wird und die Einkommensschere zwischen Frauen- und Männereinkommen sich schließt sowie sicherstellen, dass Überstunden künftig nicht mehr besteuert werden und wenn nein, warum nicht?

 

9.            Bei niedrigen Zinsen und einer anhaltend hohen Inflation stehen gerade Sparer mit geringen veranlagten Beträgen vor der Situation, dass die Kapitalertragssteuer das Sparen endgültig zum Verlustgeschäft macht; werden Sie eine KESt-Befreiung von Ersparnissen bis zu einem Wert von 15.000 Euro pro Person umsetzen und wenn nein, warum nicht?

 

10.        Die Pensionserhöhung von durchschnittlich 2,3 % ist angesichts einer Teuerungsrate von über 3,5 % (Pensionistenindex) und steigenden Lebenserhaltungskosten völlig unzureichend; werden Sie eine weitere Erhöhung der Pensionen für das Jahr 2008 auf 3 % bis zur halben Höchstbeitragsgrundlage von 1.965 Euro einsetzen und wenn nein, warum nicht?

 

 

 

 

Wien, am 16.01.2008