3407/J XXIII. GP
Eingelangt am 29.01.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend verweigerte und falsche Antworten im Innenausschuss
In der
Sitzung des Innenausschusses am 24.1.2008 hat der Innenminister Fragen teils
falsch, teils gar
nicht beantwortet. Insbesondere Fragen nach dem Einsatz von IMSI-
Catchern nach § 53 Abs. 3b
SPG wurden vorsätzlich falsch beantwortet, um die Änderung
des
Sicherheitspolizeigesetzes vor dem Ausschuss im Nachhinein zu rechtfertigen.
Da
sowohl die Verweigerung von Antworten als auch die bewusste Falschinformation
des
Ausschusses einen
Affront gegen den Nationalrat darstellt, stellen die unterfertigten
Abgeordneten folgende
ANFRAGE:
zur Unterstützung der US-Datenpolitik in der EU
1. Sie haben im Oktober 2007 eine Dienstreise in die USA unternommen. Wen haben Sie
neben
dem US-Justizminister Michael Chertoff anlässlich
dieser Reise wann
getroffen?
2. Wer waren Ihre Gesprächspartner von CIA und von FBI?
3. Wer hat an Ihrer Delegation teilgenommen?
4. Warum hat der de facto vom Dienst suspendierte Direktor des BVT an der Reise
teilgenommen?
5. Sind in diesem Zusammenhang Fragen des Datenaustausches behandelt worden?
6. Der online-Spiegel berichtet über die Folgen der Weigerung der BRD, den US-Behörden
Zugang zu deutschen
DNA-Datenbanken zu eröffnen: „Österreich signalisierte, da
nicht hintenanstehen zu wollen - und preschte im Oktober 2007 vor: Bei einem
Besuch in Washington vereinbarte Innenminister Günther Platter mit den
Amerikanern die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die die Modalitäten des
Datenaustausches organisieren soll. Quasi
auf Umwegen könnten die Amerikaner
so
dann auch an
deutsche Daten gelangen, denn der Abgleich der DNA-Datenbanken
zwischen Österreich und Deutschland wurde
bereits 2006 vollzogen."
(http://www. spiegel.
de/netzwelt/tech/0,1518,525152,00. html)
Haben Ihre US-Gesprächspartner versucht, Zugang zu DNA-Datenbanken zu
verhandeln?
7. Wussten Sie zu diesem Zeitpunkt, dass die BRD den US-Behörden den gewünschten
Zugang zu DNA-Datenbanken verweigert?
8. Gegenüber der „Presse" haben Sie erklärt: „Es gibt bereits einen DNA-Austausch mit
Deutschland.
Bisher konnten wir damit schon 4000 Treffer erzielen und viele
Verbrechen aufklären. Es macht
durchaus Sinn, eine solche Möglichkeit auch mit
den
USA zu
schaffen", erklärte der Minister nach dem Treffen mit Chertoff in der Nacht
auf Freitag. Findet die österreichische Polizei an einem Tatort beispielsweise ein
Haar, sollen diese DNA-Daten mit Datenbanken in den USA abgeglichen werden.
Umgekehrt sollen die Vereinigten Staaten Zugriff auf die österreichische DNA-
Datenbank haben."
(http://diepresse.com/home/sport/fussball/euro2008/339496/index.do)
Sind
Sie nach wie vor dafür, dass US-Behörden Zugang
zu österreichischen DNA-
Datenbanken erhalten?
9. Haben Sie zugestimmt, dass zur Klärung der Frage 6 eine US-österreichische
Arbeitsgruppe eingerichtet wird?
10. Wer gehört von österreichischer und wer von US-Seite dieser Gruppe an?
11. In wie vielen Fällen haben US-Behörden bereits Zugang zu österreichischen DNA-Daten
erhalten?
12. Der Zugang zu welcher sonstiger Art von Daten seitens der US-Behörden ist sonst noch
besprochen worden?
13. Sind Ihre Zusagen mit der EU bzw. mit der BRD abgesprochen?
14. Ist Ihnen bekannt, dass das Europäische Parlament in einer Entschließung jeden Zugang
von US-Behörden zu europäischen DNA-Datenbanken ablehnt?
15. Ist Ihnen bekannt, dass der Europäische Datenschutzbeauftragte jeden Zugang von US-
Behörden zu europäischen DNA-Datenbanken ablehnt?
16. Welche Vereinbarungen über Datenaustausch sind unter Ihrer Ministerschaft mit dem FBI
getroffen worden?
17. Welche Vereinbarungen über Datenaustausch sind unter Ihrer Ministerschaft mit der CIA
getroffen worden?
18. Unterstützt der Bundeskanzler die Praxis des Innenministeriums, in der EU die Rolle eines
trojanischen Pferdes beim Zugang zu europäischen Daten zu spielen?
19. Hat der Innenminister bereits zur Zeit des österreichischen Ratsvorsitzes versucht,
Interessen der USA im Zusammenhang mit CIA-Aktivitäten zu unterstützen?
Zu Beauskunftungen nach § 53 Abs. 3a Ziffern 1 bis 3 SPG
20. Wie viele Beauskunftungen wurden seit 1.1.2008 nach § 53 Abs. 3a Ziffer 1 SPG durch das
BMI vorgenommen?
21. Wie viele Beauskunftungen wurden seit 1.1.2008 nach § 53 Abs. 3a Ziffer 2 SPG durch das
BMI vorgenommen?
22. Wie viele Beauskunftungen wurden seit 1.1.2008 nach § 53 Abs. 3a Ziffer 3 SPG durch das
BMI vorgenommen?
23. Wie viele dieser Beauskunftungen wurden jeweils an Wochenenden (zwischen Freitag
Mittag und Montag Früh) vorgenommen?
Zu IMSI-Catchern
24. Wie viele Beauskunftungen wurden seit 1.1.2008 nach § 53 Abs. 3b SPG durch das BMI
vorgenommen?
25. Wie viele dieser Beauskunftungen wurden am Wochenende (zwischen Freitag Mittag und
Montag Früh) vorgenommen?
26. Wie oft wurde hier als Begründung „Suizid" oder „Suizidgefahr" angegeben?
27. Über welche Typen von IMSI-Catchern der Firma Rohde & Schwarz verfügt das BMI?
28. Wie hoch waren die Kosten der Anschaffung der beiden IMSI-Catcher GA 900?
29. Wie hoch waren die Kosten der Anschaffung des IMSI-Catchers GA 2G?
30. Wie viele Lawinenopfer sind bis heute durch den Einsatz von IMSI-Catchern geortet
worden?
31. Warum sind die IMSI-Catcher, mit denen Lawinenopfer geortet werden sollen,
ausnahmslos in Wien stationiert?
32. Wie beurteilen Sie im bisherigen Verlauf des Winters die Lawinengefahr in Wien?
33. Sie haben dem Innenausschuss erklärt, dass die Handy-Peilung mit Hilfe der Provider nur
auf 200 bis 300 Meter
genau vorgenommen werden kann und daher auch im
städtischen Bereich zur genaueren
Peilung IMSI-Catcher nötig sind. Da im
städtischen Bereich mit der üblichen Peilung durch stille SMS der
Standort auf zwei
bis drei Meter genau bestimmt werden kann
und die vergleichbare Zahl für ländliche
Gebiete zwanzig bis dreißig Meter beträgt und damit
die Peilung durch IMSI-Catcher
völlig überflüssig ist, haben Sie den Ausschuss bewusst
und vorsätzlich durch eine
Falschinformation irregeführt.
Warum haben Sie den Innenausschuss falsch
informiert?
34. Ihre Überwachungspolitik beruht zum Teil auf Falschinformationen und zum Teil auf der
Ausschaltung der
Kontrolle der Gerichte und des Parlaments. Warum haben Sie
darauf bestanden, dass trotz einer Frist der EU-Kommission bis März 2009
Österreich als einziges Land ohne
Begutachtung und ohne Befassung des
Innenausschusses die Überwachung
der IP-Adressen ohne richterlichen Befehl als
Gesetz beschließt?
35. Die Datenschutzkommission hat in ihrer Entscheidung K121.279/0017-DSK/2007
festgestellt,
dass die polizeiliche Überwachung von IP-Adressen durch das SPG in
seiner Fassung vor der letzten Novelle rechtlich nicht gedeckt war. Haben Sie
die
überfallsartige
Beschlussfassung zum SPG am 6.Dezember 2007 zum Zweck der
Legalisierung dieser illegalen Praktiken veranlasst?