3617/J XXIII. GP

Eingelangt am 27.02.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend offengebliebene Fragen zu den Vorgängen rund um die letzte Bescheiderstellung im Zusammenhang mit dem Lainzer Tunnel der Westbahn

 

 

Auch nach Ihrer Anfragebeantwortung 892/AB (XXIII.GP) vom 24.7.2007 (GZ. BMVIT-10.000/0024-I/PR3/2007) bleiben einige Vorgänge und Vermischungen von dienstlichen  und privaten Angelegenheiten bei der Genehmigung des Lainzer Tunnels aufklärungsbedürftig.

 

Nach der blitzartigen Erlassung eines neuen Bescheids nach der Aufhebung eines eisenbahnrechtlichen Genehmigungsbescheids für den Lainzer Tunnel war nicht nur das Presse-Echo vernichtend, sondern auch der Widerspruch imHandeln des BMVIT erstaunlich: Während in den Pressereaktionen vom 1.6.2007 (Freitag) von einer Sprecherin des Verkehrsministers noch mitgeteilt worden war, dass die Situation nun analysiert werden müsse, wurde unmittelbar nach dem Wochenende – also offensichtlich ohne ernsthafte weitere Analyse - ein neuerlicher Bescheid erlassen. Die ÖBB bauen nun plötzlich „freiwillig“ besser und teurer.

 

Für Sie ist scheinbar trotz dieser äußerst unorthodoxen Vorgänge alles immer noch in bester Ordnung. In der erwähnten Anfragebeantwortung werden die vernichtenden Pressestimmen von Ihrem Ressort mit einem vorgeblich positiven Presseecho zur neuerlichen Bescheiderteilung weggewischt. Die mangelhafte Bescheiderstellung (laut Presse ein „Pfusch-Bescheid“) wird als Routineproblem bei Großprojekten abgetan. Die vermehrten Pannen bei der Bescheiderstellung trotz vermehrter Personalressourcen werden plötzlich mit zahlreichen zusätzlichen Agenden begründet, obwohl im Verkehrsausschuss des Parlaments bei der letzten Eisenbahngesetz-Novelle noch ganz anders argumentiert wurde.

 

Besonders interessant ist die „weichgespülte“ Haltung des Verkehrsministeriums bei Fragen über die Abgrenzung dienstlicher und privater Angelegenheiten im Zusammenhang mit diesen Vorgängen, die in einem Nebensatz mit einem verkürzenden Argument ganz einfach vom Tisch gewischt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Halten Sie es für erforderlich, dass im Sinne des geltenden Rechts auf europäi-scher und innerstaatlicher Ebene jeder Eindruck vermieden werden sollte, dass die ÖBB-Infrastruktur Bau AG im Vergleich zu anderen Unternehmen in irgend einer Form bevorzugt behandelt wird oder erachten Sie das für nicht so wichtig?

 

2.      Trifft es zu, dass ein Sohn eines federführend involvierten BMVIT-Mitarbeiters erst vor einigen Jahren, etwa zum Zeitpunkt der ersten Aufhebung des eisenbahnrechtliche Genehmigungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof, bei der ÖBB-Infrastruktur Bau AG eingestellt wurde? Sehen Sie sich in der Lage, diese Frage anders als in der Beantwortung vom 24.7.2007 diesmal mit Ja oder Nein zu beantworten, wenn nein warum nicht?

 

3.      Trifft es zu, dass ein zweiter Sohn des gleichen federführend involvierten BMVIT-Mitarbeiters erst vor kurzem, etwa zum Zeitpunkt der nunmehrigen Aufhebung des eisenbahnrechtlichen Genehmigungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof, ebenfalls einen gut dotierten Posten bei der ÖBB-Infrastruktur Bau AG angetreten hat? Sehen Sie sich in der Lage, diese Frage anders als in der Beantwortung vom 24.7.2007 diesmal mit Ja oder Nein zu beantworten, wenn nein warum nicht?

 

4.      In der Beantwortung vom 24.7.2007 wurde zur Einstellung der beiden Söhne des federführend involvierten BMVIT-Mitarbeiters bei der Antrag stellenden ÖBB-Infrastruktur Bau AG angegeben, dass in die ÖBB-Infrastruktur Bau AG seit 1.1.2005 bis zur Beantwortung 265 Neueintritte erfolgt wären.

          Wie viele der angeführten 265 Neueintritte sind übernommene MitarbeiterInnen der ehemaligen Hochleistungsstrecken-AG, die mit der ÖBB-Infrastruktur Bau AG verschmolzen wurde, und wie viele der angeführten 265 Neueintritte sind seit 1.1.2005 zusätzlich zu diesen übernommenen MitarbeiterInnen neu aufgenommen worden?

          Sehen Sie sich in der Lage, diese Frage anders als in der Beantwortung vom 24.7.2007 diesmal klar zu beantworten, wenn nein warum nicht?

 

5.      Trifft es zu, dass einer der beiden Söhne des federführend involvierten BMVIT-Mitarbeiters bei Bauverhandlungen für den Lainzer Tunnel sogar als einer der Vertreter der ÖBB-Infrastruktur Bau AG aufgetreten ist, somit Vater und Sohn einerseits auf Seiten des Antragstellers und einer auf Seiten der Genehmigungsbehörde?

          Sehen Sie sich in der Lage, diese Frage eindeutig mit Ja oder Nein zu beantworten, wenn nein warum nicht?

 

6.      Falls ja: Halten Sie dieses Vorkommnis für unproblematisch, wenn ja, warum?


7.      Trifft es zu, dass der unmittelbare Vorgesetzte des federführend involvierten BMVIT-Mitarbeiters, nämlich der vormalige Leiter der Eisenbahnbehörde, zeitnah zu dem überraschenden eisenbahnrechtlichen Blitz-Genehmigungsbescheid einen Superjob bei der ÖBB-Infrastruktur Bau AG, nämlich den Posten des Koordinators des Wiener Zentralbahnhofes,  bekommen hat?

          Sehen Sie sich in der Lage, diese Frage diesmal mit Ja oder Nein zu beantworten, wenn nein warum nicht?

 

8.      Wie beurteilen Sie die Optik, dass es im Rahmen der Genehmigung des  Lainzer Tunnels zeitnahe zu heiklen Genehmigungsbescheiden offenbar reihenweise gute Jobs bei der Antrag stellenden ÖBB-Infrastruktur Bau AG für Familienmitglieder des federführend involvierten BMVIT-Mitarbeiters und für dessen Vorgesetzten gibt?

 

9.      So weit Sie davon nicht schon vorher Kenntnis hatte, hätte die Dienstaufsicht des BMVIT spätestens nach der oben angeführten parlamentarischen Anfrage aktiv werden und prüfen müssen, ob alle Vorgänge rund um die eisenbahn-rechtlichen Genehmigungsbescheide für den Lainzer Tunnel korrekt abgelaufen sind und den zuständigen Beamten keine ungerechtfertigten Vorteile zugeflossen sind.

          a) Wurde eine derartige Prüfung durchgeführt?

          b) Wenn ja, was hat diese Prüfung ergeben?

          c) Wenn nein, weshalb wurde keine Prüfung durchgeführt?

 

10.    Wie weit wussten die zuständigen Vorgesetzten des federführend involvierten BMVIT-Mitarbeiters über die Job-Avancements der Söhne Bescheid?

          a) Wie viel wusste der unmittelbare Vorgesetzte, nämlich der Leiter der Eisenbahnbehörde?

          b) Was hat der unmittelbare Vorgesetzte, nämlich der Leiter der Eisenbahnbehörde, unternommen, sobald ihm der Sachverhalt bekannt wurde?

          c) Wie viel wusste der nächste Vorgesetzte, nämlich der zuständige Sektionschef für diesen Aufgabenbereich?

          d) Was hat der nächste Vorgesetzte, nämlich der zuständige Sektionschef, unternommen, sobald ihm der Sachverhalt bekannt wurde?

          e) Was wurde Ihnen in dieser Angelegenheit bisher vom zuständigen Sektionschef für diesen Aufgabenbereich berichtet?

 

11.    Können Sie verlässlich ausschließen, dass durch die oben angeführten Vorgänge (gute Jobs für die Söhne des federführend involvierten BMVIT-Mitarbeiters, ein sehr guter Job für den Vorgesetzten des federführend involvierten BMVIT-Mitarbeiters) eine Beeinflussung von Behördenorganen erfolgt ist oder Rechte und Interessen Dritter im eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahren für den Lainzer Tunnel (zB Bürgerinitiativen, Anrainer) geschädigt wurden?

 

12.    Werden derartige familiäre Vernetzungen und Job-Rotationen rund um wichtige Bescheide auch bei anderen eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahren zu erwarten sein oder handelt es sich hier um einen Einzelfall?

          a) Was werden Sie tun, damit dies ein Einzelfall bleibt?

          b) Was werden Sie weiter in diesem „Einzelfall“ unternehmen?


13.    Können Sie Informationen bestätigen, wonach sich zeitnah nach der parlamentarische Anfrage 1033/J die Staatsanwaltschaft für diese Vorgänge in Ihrem Ressort interessiert und mit Vorgesetzten der erwähnten involvierten Personen Kontakt aufgenommen hat? Halten Sie Vorgänge im BMVIT, die die Staatsanwaltschaft interessieren, für geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine korrekte Leitung des Ressorts zu stärken?