3618/J XXIII. GP

Eingelangt am 27.02.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend ÖBB Immobilien 7: Eigenmächtige Versilberungs-Versuche der ÖBB Immobilien GmbH bei der ehemaligen Bahntrasse Wolfsthal-Bratislava

 

 

In letzter Zeit gibt es wieder verstärkt Diskussionen über die Wiederherstellung der Schienenverbindung zwischen dem derzeitigen Ende der Strecke der Schnellbahnlinie S7 in Wolfsthal (NÖ) und Bratislava-Petrzalka. Es handelt sich dabei um eine Lücke von etwa 3 km Länge.

 

Angesichts der dynamischen Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung im Wiener Raum sowie im Großraum Bratislava nimmt der Verkehr zwischen den beiden Ballungszentren, aber auch die Verkehrsnachfrage innerhalb der Region zügig zu. Durch die Öffnung der Grenze und die nunmehr weggefallen Grenzstaus und Wartezeiten wird auch für immer mehr BürgerInnen von Bratislava das erweiterte, in Österreich gelegene Umland der slowakischen Metropole als Wohnstandort attraktiv: Während in der unmittelbaren slowakischen Umgebung von Bratislava kaum Gründe oder Objekte in attraktiver Lage zu leistbaren Preisen verfügbar sind, ist in den lange Zeit durch Abwanderung und Lage an der weitgehend „toten Grenze“ geprägten Gemeinden diesseits der Grenze leistbarer Baugrund in größerem Ausmaß  verfügbar und wird auch stark nachgefragt. Eine rasche Verbesserung auch der lokalen und kleinregionalen Angebote im Öffentlichen Verkehr ist deshalb dringend erforderlich. Um längerfristig im Raum Wien-Bratislava keinen Verkehrskollaps zu provozieren, wird die Attraktivierung aller drei Schienenverbindungen – über Marchegg, Kittsee und eben über Wolfsthal – unausweichlich sein.

 

Derzeit verfolgen die ÖBB vor allem den Ausbau der Strecke Wien – Flughafen – Spange Götzendorf – Bruck/Leitha – Kittsee – Bratislava mit großem Nachdruck. Bei der überfälligen Attraktivierung der Strecke über Marchegg (Elektrifizierung, zweites Gleis) geht hingegen auch bald zwanzig Jahre nach der Grenzöffnung nahezu nichts weiter.

 

Im Raum Wolfsthal wird trotz klarer Unmutsäußerungen aus der Wirtschaft (IV, ...) und aus der Bevölkerung (vgl. u.a. die Protestkundgebung anlässlich der Eröffnung der Autobahn A6 im November 2007) in offensichtlichem Zusammenhang mit den in der Öffentlichkeit umstrittenen Plänen für die Spange Götzendorf gar von einzelnen Akteuren in den ÖBB aktiv versucht, eine etwaige Reaktivierung zu sabotieren.

 

Konkret wurde die Strecke von Wolfsthal bis Berg der ehemaligen Pressburgerbahn bei der seinerzeitigen Abtragung der Gleise seitens der ÖBB eine Bestandssicherung der Grundstücke verfügt. Schon vor einigen Jahren wurde ein erstes Mal von einer Seilschaft aus einzelnen Wolfsthaler Nutznießern und hohen ÖBB-Kreisen trotz der Bestandssicherungs-Vorgabe versucht, die Gründe in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zu verkaufen, um durch vollendete Tatsachen eine eventuelle Reaktivierung zu verhindern. Seinerzeit wurde durch den zuständigen ÖBB-Generaldirektor-Stv. den involvierten Managern im ÖBB-Baudienst die fristlose Entlassung angedroht, die Aktivitäten wurden gestoppt. Die zuständige Bau- und Betriebsplanung im ÖBB-Konzern hält sich seither an die Trassenerhaltungsvorgabe. Allerdings versuchte kürzlich die ÖBB Immobilien GmbH in Absprache mit Vertretern der Gemeinde Wolfsthal neuerlich, die Trasse zu verkaufen – ohne die Bau- und Betriebsplanung der ÖBB davon auch nur zu informieren. Als die offenbar ebenfalls nicht eingebundene oberste ÖBB-Ebene von aufmerksamen Aktivisten von diesen Machinationen informiert wurde, musste diese erneut ein Verkaufsverbot erlassen.  Es bedurfte offenbar dieses Schrittes und einer Verfügung der ÖBB-Holdingspitze, dass alle diesbezüglichen Verhandlungen künftig wenn überhaupt, dann erst nach einer Genehmigung des Aufsichtsrats der ÖBB-Holding geführt werden dürften.

 

Abgesehen davon, dass diese Zustände ein bezeichnendes Licht auf das „Jeder-gegen-Jeden“ wirft, das mancherorts in höheren ÖBB-Kreisen im Zuge der Filettierung der ÖBB eingekehrt ist, ist auffällig, dass einmal mehr die ÖBB Immobilien GmbH, die erst kürzlich samt ihrer Leitung aus mehreren Gründen unter schweren Beschuss des Rechnungshofs gekommen ist, im Mittelpunkt des fragwürdigen Geschehens steht.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Sind Ihnen die geschilderten Vorgänge der jüngsten Zeit im Zusammenhang mit dem versuchten „Hau-Ruck-Versilbern“ der Trasse der ehemaligen Pressburgerbahn zwischen Wolfsthal und Berg durch die ÖBB Immobilien GmbH unter Umgehung der zuständigen Bau- und Betriebsplanung der ÖBB bekannt, wenn ja, seit wann?

 

2.      Was haben Ihnen Ihre VertreterInnen und Staatskommissäre in den ÖBB-Aufsichtsräten in dieser Angelegenheit wann im einzelnen berichtet?

 

3.      Wer wären die konkreten Nutznießer der von der ÖBB Immobilien GmbH beabsichtigten Grundstücksdeals im Raum Wolfsthal gewesen?

 

4.      Wie stehen Sie zur Tatsache, dass die Spitze der ÖBB Immobilien GmbH auch in diesem Fall Eigeninteresse vor Gesamt-ÖBB-Interesse stellte und unter Umgehung von Konzernvorgaben und -regelungen Aktivitäten setzte, die – wären sie erfolgreich gewesen - verkehrspolitisch höchst nachteilige Konsequenzen – nämlich das Verhindern einer mindestens mittelfristig höchst sinnvollen Streckenreaktivierung - gehabt hätten?

 

5.      Was werden Sie im einzelnen unternehmen, um verkehrspolitisch kontraproduktive Aktivitäten von ÖBB-Teilunternehmen nachhaltig zu unterbinden?

 

6.      Welche verkehrspolitischen Ziele verfolgen Sie für die Schienenstrecke Wien-Wolfsthal-Bratislava mit welchem konkreten Zeithorizont?