3663/J XXIII. GP
Eingelangt am 03.03.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Hermann Krist
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Einstellung eines Strafverfahrens nach dem Verbotsgesetz
durch die Staatsanwaltschaft Linz
Die Tageszeitung „Kurier" berichtet in ihrer Ausgabe vom 12. Jänner 2008 unter dem Titel „Hitlergruß in NS-Gedenkstätte bleibt hierzulande ungesühnt" Folgendes:
Drei Mitglieder des Linzer Fußballfanclubs „Commando Urfahr“ haben im Oktober 2007 auf der Club-Homepage ein Foto veröffentlicht, das sie auf dem früheren NSDAP-Reichsparteitagsgelände in Nürnberg mit zum Hitlergruß erhobenen Armen zeigt. Das Foto ist während der Fußball-WM im Sommer 2006 entstanden. Die drei Männer stellten es mehr als ein Jahr später mit der HJ-Parole „ Blut und Ehre „ ins Internet.
Die Veröffentlichung des Fotos auf der Club-Homepage sorgte für beträchtliches Aufsehen. Der Verfassungsschutz forschte die Abgebildeten rasch aus und zeigte sie bei der Staatsanwaltschaft Linz wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz an.
Doch die Staatsanwaltschaft Linz stellte das Strafverfahren überraschend ein. Dietmar Gutmayer, Sprecher der Staatsanwaltschaft, nannte gegenüber dem „Kurier" dafür zwei Gründe: Zum einen sei das Foto in Deutschland aufgenommen worden, es fehle also der Österreich-Bezug. Zum anderen fehle der Vorsatz zur NS-Wiederbetätigung, weil das Foto gemeinsam mit anderen (strafrechtlich irrelevanten) Fotos nach mehr als einem Jahr veröffentlicht worden sei.
Gegen die Einstellung des Strafverfahrens protestierte das OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus.
Wenn dieser Bericht der Tageszeitung „Kurier" zutreffend ist, drängt sich der Eindruck auf, dass die Staatsanwaltschaft Linz mit neonazistischen Umtrieben äußerst leichtfertig umgeht. Denn beide vom „Kurier" zitierten Gründe der Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Strafverfahrens sind offenkundig falsch: Die drei Fußballfans haben das Foto, das sie mit dem Hitlergruß zeigt, in Österreich auf eine österreichische Homepage gestellt und so (auch) den österreichischen Internet-Benutzern zugänglich gemacht. Und dass der Vorsatz zur NS-Wiederbetätigung fehlen soll (das Foto sei gleichsam mit anderen ins Internet „gerutscht"), ist
schon wegen der Kombination des Fotos mit der HJ-Parole „ Blut und Ehre " absurd. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem so genannten ANR-Erkenntnis aus dem Jahr 1986 Folgendes festgestellt: "Die kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus ist ein grundlegendes Merkmal der wiedererstandenen Republik. Ausnahmslos jede Staatstätigkeit hat sich daran zu orientieren. "
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang nachstehende
Anfrage:
1. Ist der zitierte Bericht der Tageszeitung „Kurier" (Ausgabe vom 12. Jänner 2008) nach dem Wissensstand der Justizbehörden zutreffend?
2. Wenn ja, warum hat die Staatsanwaltschaft Linz das Strafverfahren gegen die drei Männer mit offenkundig falscher Begründung eingestellt?
3. Entspricht Ihrer Beurteilung nach die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft Linz der Vorgabe der Verfassungsrechtsordnung, wonach sich „ausnahmslos jede Staatstätigkeit" an der „kompromisslosen Ablehnung des Nationalsozialismus" zu orientieren hat?