3695/J XXIII. GP

Eingelangt am 04.03.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

 

betreffend Denkmalschutz im Augarten

 

 

Auf dem von der Burghauptmannschaft verwalteten Parkareal des Augartens in Wien-Leopoldstadt soll ein umstrittenes Bauvorhaben realisiert werden. Es handelt sich dabei um eine Konzerthalle fur die Wiener Sängerknaben an der Ecke Castellezgasse/Obere Augartenstraße. Bisher wurde das Areal vom Wiener Filmarchiv genutzt und war im Rahmen von Veranstaltungen des Filmarchivs öffentlich zugänglich. Am 21. November 2006 fasste der Wiener Gemeinderat folgenden einstimmigen Beschluss: „Der Wiener Gemeinderat ersucht daher die Gebietsbetreuung Karmeliterviertel und Brigittenau, gemeinsam mit der MA 21 A Stadtteilplanung und Flachennutzung alle bisherigen erstellten Leitbilder, Bürgerbeteiligungen, Ergebnisse von Arbeitskreisen und dergleichen für das Parkschutzgebiet Augarten in ein gemeinsames Leitbild ‚Augarten‘ zusammenzustellen bzw. auszuarbeiten. Dieses Leitbild soll als Grundlage für weitere Umsetzungsprozesse (Bürgerbeteiligung) dienen. Davor muss jedoch eine Valorisierung unter Einbeziehung von AnrainerInnen, Interessensgruppen, den am Areal ansässigen Institutionen inklusive Grundeigentümer und deren Verwaltungen usw. erfolgen. Als ergänzende Grundlage ist die Erarbeitung eines Verkehrskonzeptes durchzufuhren.“ Seit Sommer 2007 wird an diesem Leitbild für die zukünftige Entwicklung des stark genutzten Naherholungsraumes Augarten gearbeitet. Als am 10. Dezember 2007 bekannt wurde, dass sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit für die Unterzeichnung des Vertrages mit den Wiener Sängerknaben entschieden hatte, wurde die Entscheidung aus „wirtschaftlichen Grunden“ gerechtfertigt, obwohl der Leitbildprozess noch nicht abgeschlossen war und ein zweites kulturpolitisch interessantes, ausfinanziertes Projekt des Wiener Filmarchivs vorlag.

 

Diese Düpierung engagierter BürgerInnen, denen basisdemokratische Prozesse vorgegaukelt werden, während hinter den Kulissen autokratische Entscheidungen getroffen werden, läuft parallel zu einem Rückzug der Kulturpolitik zugunsten ökonomischer Interessen und wirft ein trübes Licht auf die Kulturpolitik im Land.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Der gesamte Augarten inklusive der historischen Außenmauer steht heute unter Denkmalschutz. Erstreckt sich der Denkmalschutz auch auf das Gesindehaus an der Ecke Castellezgasse/Obere Augartenstraße?

2.      Warum wurde das Gebäude vor kurzem saniert, wenn man doch wusste, dass es den Konzertkristall-Planen der Wiener Sängerknaben zum Opfer fallen wurde?

3.      Haben Sie mit den zuständigen BeamtInnen des Bundesdenkmalamtes über die Denkmalschutzthematik gesprochen?

4.      Wann genau und aus welchen Gründen wurde das ehemalige Gesindehaus am Augartenspitz saniert?

5.      Wie hoch waren die Kosten der Sanierung des Gesindehauses?

6.      Laut „Der Standard“ lagen auch Ihre kulturpolitischen Prioritäten „eher beim Filmprojekt“. Was haben Sie unternommen, um dieser Priorität Nachdruck zu verleihen?

7.      Was konkret haben Sie unternommen, um Wirtschaftsminister Bartenstein von Ihren kulturpolitischen Prioritäten zu überzeugen?

8.      Was konkret haben Sie unternommen, um den Wiener Bürgermeister von Ihren kulturpolitischen Prioritäten zu überzeugen?

9.      Haben Sie mit VertreterInnen der Augarten-BürgerInneninitiativen über deren kulturpolitische Präferenzen gesprochen?

10.    Haben Sie mit Ihrem Ministerialrat Eugen Jesser oder der Familie Pühringer über deren kulturpolitische Präferenzen gesprochen?

11.    Haben Sie mit Filmarchiv-Direktor Kieninger, Viennale-Chef Hurch oder der Familie Reder über deren kulturpolitische Präferenzen gesprochen?

12.    Wie sieht der weitere Zeitplan hinsichtlich der Errichtung des Konzertkristalls der Wiener Sängerknaben aus?

13.    Wann soll der Konzertkristall eröffnet werden?

14.    Vorausgesetzt, es gibt keine terminlichen Kollisionen, würden Sie im Rahmen der feierlichen Eröffnung des Sängerknaben-Konzertkristalls eine Ansprache halten?

15.    Warum wurden in der Frage der Bebauung des Augartenspitzes wirtschaftspolitische über kulturpolitische Interessen gestellt?

16.    Genießt die Wirtschaftspolitik im Rahmen Ihres Kulturverständnisses allgemein Vorrang vor der Kulturpolitik?

17.    Darf Kulturpolitik auch von anderen als ökonomischen Erwägungen getragen sein? Wenn ja: Was unternehmen Sie konkret, um kulturpolitische gegenüber wirtschaftspolitischen Interessen durchzusetzen?

18.    Was werden Sie unternehmen, um dem Filmarchiv einen attraktiven Alternativstandort – unabhängig davon, ob hierfür wieder private Investoren gefunden werden können – zur Verfügung zu stellen?