3813/J XXIII. GP

Eingelangt am 10.03.2008
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend MAV-Deal der ÖBB

 

 

Das Wirtschaftsmagazin „FORMAT“ berichtete in seiner Ausgabe Nr. 08/2008 über einen Dienstleistungsvertrag der Rail Cargo Austria AG (RCA) mit der ungarischen Kommanditgesellschaft Geuronet KG im Zusammenhang mit dem Erwerb der staatlichen ungarischen Güterverkehrsbahn MAV Cargo. Dem Bericht zufolge soll die Geuronet KG neben monatlichen Zahlungen in der Höhe von EUR 10.000,- ein Erfolgshonorar in Höhe von 1,75% des Kaufpreises für die MAV erhalten. Das wären bei einem Kaufpreis von 406 Millionen Euro insgesamt 7,1 Mio. Euro als Erfolgsprämie. Mittlerweile fand dieses „Geschäftsverhältnis“ auch in anderen Medien gebührenden Niederschlag.

 

Das Magazin berichtet weiters, dass sich sowohl RCA-Vorstand Ferdinand Schmidt als auch der vormalige RCA-Vorstand Erich Söllinger weigerten, diesen Beratervertrag zu unterschreiben. Poschalko habe diesen gemeinsam mit einem RCA-Prokuristen unterschrieben. Laut ungarischen Medienberichten wurden bereits Ermittlungen der zuständigen Polizei aufgrund der „FORMAT“-Berichte eingeleitet.

 

Von Interesse ist weiters die Tatsache, dass man in Ungarn ein Lobbying-Unternehmen Geuronet KG nicht kennt. Auch von Seiten der ungarischen MAV verlautete, dass man das Unternehmen nicht kenne und in keinerlei Geschäftsbeziehung stehe.

 

Der ungarischen Tageszeitung „Népszabadság“ (22.02.2008) zufolge wurde die Geuronet KG im Februar 2001 gegründet und verfügt seitdem über Stammkapital von 30.000 Forint, das sind umgerechnet rund 120 Euro. Eingetragene Gesellschafter sind Frau Viktória Horváthné Pók und Frau Viktória Gulya, die auch Geschäftsführerin ist. Frau Gulya unterrichtet zurzeit Russisch an der Universität in Göttingen. Der eingetragene Firmensitz der Geuronet befindet sich in der Budapester Fillér Straße 88, die auch die Wohnadresse von András Gulya, dem Sohn von Viktória Gulya, ist. Im Gegensatz zu den beiden Gesellschafterinnen der Geuronet KG ist András Gulya kein politisch Unbekannter, laut ungarischen Medienberichten kam er Ende der Neunzigerjahre im Zuge der Personalwechsel nach der Regierungsübernahme der rechtskonservativen FIDESZ um Viktor Orbán zu einem hohen Posten bei einer staatsnahen Bank, den er jedoch nach kürzester Zeit unter chaotischen Umständen räumen musste; nach wie vor rühmt er sich jedoch gerne seiner ausgezeichneten Kontakte nach Österreich.

 

Ungarischen Medienberichten zufolge scheint Geuronet KG über keine allzu ausgebaute Büroinfrastruktur zu verfügen, war es doch offenbar schwierig, die Firma zwecks einer Stellungnahme zu den von FORMAT erhobenen Vorwürfen zu erreichen.

 

Der RCA-Vorstand Gustav Poschalko wies in dem oben erwähnten FORMAT-Bericht zwielichtige Geschäftspraktiken entschieden zurück und sprach von Unterstellungen.

 

Diesbezügliche Zweifel an der „Zweckwidmung“ und konkreten Verwendung der beträchtlichen, Geuronet KG vertraglich zugesicherten Gelder sollten restlos aufgeklärt werden.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.          Besteht ein Vertragsverhältnis zwischen der Rail Cargo Austria (RCA) und der ungarischen Geuronet KG?

 

2.          Wenn ja, welche Leistungen werden bzw. wurden eingekauft?

 

3.          Welche Personen waren seitens der Firma Geuronet KG für die RCA tätig?

 

4.          Wer hat den Vertrag seitens der RCA abgeschlossen?

 

5.          Gab es für diesen Vertrag einen Beschluss im zuständigen Vorstand und/oder Aufsichtsrat, wenn ja, wann, wenn nein warum nicht?

 

6.          Ist es zutreffend, dass RCA-Aufsichtsratspräsident Pöchhacker über den Abschluss des Vertrags informiert war?

 

7.          Beinhaltet der Vertrag auch einen international üblichen „Code of Conduct“, der ethische Grundsätze im Lobbying-Geschäft gewährleistet?

 

8.          Aus welchen Gründen wurde die Firma Geuronet KG als Beratungsunternehmen der RCA ausgewählt?

 

9.          Gab es für diesen Beratervertrag eine öffentliche Ausschreibung?

 

10.     Wurde das Erfolgshonorar bereits ausgezahlt? Wenn nein, an welche Bedingungen ist die Auszahlung noch gebunden?

 

11.     Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der Diskussion rund um diesen Beratervertrag auf die noch ausstehende Prüfung des MAV-Cargo Deals durch die ungarische Kartellbehörde?