4661/J XXIII. GP

Eingelangt am 01.07.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Zwerschitz, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Lärmschutzwände

 

 

Im Zuge der Verkehrsausschuss-Sitzung am 30.4. nahm BM Faymann anläßlich eines oppositionellen Antrags in der dazu - vor dem üblichen Vertagungsantrag der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP - abgeführten Debatte einmal mehr zum Thema Lärmschutz am Bundesstraßen und den entsprechenden Kosten und Einsparpotenzialen Stellung.

 

Dabei erklärte der Bundesminister unter anderem, dass es genug Lärmschutzwände gäbe, wo keine Häuser dahinter stehen, sondern (noch) nicht vollzogene Flächenwidmungen und zB der Wert des Baulandes geschützt würden. Er versuchte damit und mit der Schilderung einzelner Beispiele die Reduktion der Mittel für Lärmschutz und die neue, zurückhaltendere Dienstanweisung für Lärmschutz an Bundesstraßen zu rechtfertigen.

 

Dem jüngsten ASFINAG-Geschäftsbericht (2007) ist dazu zu entnehmen:

"Durch die Vorgaben der neuen Dienstanweisung von Dezember 2006 für Lärmschutz des BMVIT und die Optimierung der Maßnahmen konnten die für 2007 geplanten Investitionen für den Anrainerschutz im bestehenden Streckennetz auf EUR 30,5 Mio. reduziert werden. Durch den Einsatz dieser Investitionen wurden über eine Länge von rund 44 km Lärmschutzwände mit einer Fläche von rund 189.000 m2 errichtet. (...) Seit dem Jahr 1997 wurden am gesamten Bestandsnetz rund EUR 310 Mio. in Lärmschutzmaßnahmen investiert, wodurch diesbezügliche Anlagen mit einer Gesamtlänge von ca. 470 km oder einer Fläche von rund 1,8 Mio. m2 errichtet werden konnten."

 

Zugleich hat der Rechnungshof jüngst in seinem Bericht 2008/5 "Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit im Straßenbau in Österreich" deutliche Kritik an unwirtschaftlichen Straßenbauten im allgemeinen und in diesem Zusammenhang auch an einigen Lärmschutz-Gepflogenheiten von ASFINAG und BMVIT geübt. Dabei ging es keineswegs ausschließlich oder auch nur vorrangig um Einspar-Aufforderungen. Vielmehr wurde erfreulicherweise endlich einmal klar ausgesprochen, dass Projekte, die nur mit unmäßigen Lärmschutzausgaben menschen- und umweltverträglich gemacht werden können, unwirtschaftlich sind und daher auch grundsätzlich zu überdenken wären. Darüber hinaus wurde vom Rechnungshof im einzelnen u.a. kritisiert, dass bei BMVIT und ASFINAG kein ausreichender Überblick bestehe, ob bzw. inwieweit mit den getätigten Lärmschutzausgaben die für den Bereich Lärmschutz vorgegebenen Ziele erreicht wurden, und dass kein entsprechendes Monitoring erfolge. Dokumentiert ist infolge dieses Rechnungshofberichts weiters, dass im Bereich Lärmschutz für die verpflichtende Umsetzung von EU-Vorgaben im Bereich der Bundesstraßen die ASFINAG mit Vorleistungen in Vorlage treten musste, wohingegen es seitens des eigentlich zuständigen BMVIT bei Terminen und Kostentragungsentscheidungen sowie generell bei der Umsetzung der EU-Lärmschutzvorgaben zu krassen Mängeln und Verspätungen gekommen sei. Dieser Befund bestätigt Erkenntnisse aus einer Anfragenserie der Grünen (Abg. Dr. Moser) vom Herbst 2007, wonach die - gravierenden - Termin- und Inhaltsprobleme bei der Umsetzung der Umgebungslärm-Richtlinie in Österreich weit überproportional vom BMVIT ausgehen.

 

2006 wurde mit Wirkung ab 2007 die Dienstanweisung des BMVIT für Lärmschutz an Bundesstraßen in Richtung weniger strenger Regelungen und weniger aufwändiger Maßnahmen modifiziert. Seitens des Ministers wurden diese Veränderungen wiederholt - insbesondere mit Einsparabsichten - bekräftigt und gerechtfertigt, weiters betonte der Minister wiederholt persönliche Detailkenntnis über die Problematik, zB in der erwähnten Sitzung des Verkehrsausschusses des Nationalrats am 30.4.2008. Daher gehen die AnfragestellerInnen davon aus, dass die vom Rechnungshof kritisierten und dem Minister ja spätestens seit Übermittlung des Rohberichts bekannten Mängel inzwischen überwunden und mittlerweile ein Überblick über den Stand der Dinge beim Lärmschutz an Bundesstraßen besteht.  

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Wie hoch ist a) die Lauflänge, b) die Fläche der Lärmschutzwände an Bundesstraßen, die unbebaute Flächen schützen? Wir ersuchen um Angabe der Absolutwerte sowie der Prozentanteile an Gesamtlänge bzw. -fläche.

 

2.      Wie verteilen sich diese Werte auf die Bundesländer?

 

3.      Auf wessen Betreiben hin (Bürgermeister, Landesbehörde ...) wurden diese Lärmschutzwände errichtet?

 

4.      Wurden diese Lärmschutzwände co- finanziert oder ausschließlich durch ASFINAG finanziert?


 

5.      Welcher Anteil der Kosten für Lärmschutz an Bundesstraßen ist in den Jahren seit Inkrafttreten der Dienstanweisung 1999 in Projekte für den Schutz unbebauter Flächen investiert worden? Wir ersuchen nach Möglichkeit um getrennte Ausweisung der seinerzeitigen Bundesstraßen B und den bis heute in Bundeszuständigkeit stehenden Bundesstraßen A+S.

 

6.      Wie verteilen sich diese Kosten auf die Bundesländer?

 

7.      In welchem Ausmaß handelt es sich bei den in Frage 1 angesprochenen Flächen um a) Grünlandflächen, die aus ökologischen Gründen mit Lärmschutz zu versehen sind (zB UVP-Auflagen etc), b) Waldflächen, die aus ökologischen Gründen mit Lärmschutz zu versehen sind (zB UVP-Auflagen etc), c) sonstige als Grünland gewidmete Flächen, d) sonstige als Wald gewidmete Flächen, e) als Bauland-Betriebsgebiet gewidmete, aber (noch) als Grünland genutzte Flächen, f) als Bauland-Sondergebiet gewidmete, aber (noch) als Grünland genutzte Flächen, g) als Wohnbauflächen gewidmete, aber (noch) als Grünland genutzte Flächen, h) als Betriebsgebiet gewidmete und genutzte Flächen, i) als Sondergebiet gewidmete und genutzte Flächen, j) sonstige nicht für Wohnzwecke genutzte Flächen, zB Flächen anderer Verkehrsträger?

 

8.      Welcher Anteil der in Frage 1 und 3 angesprochenen Projekte und Kosten war ursächlich durch UVP-Auflagen bedingt?

 

9.      Entspricht der Schutz unbebauter Flächen - insbesondere dann, wenn dieser Schutz nicht ökologischen Zwecken dient - der alten sowie der aktuellen Dienstanweisung?

 

10.    Wurde bzw. wird das explizite Ziel der 1999er-Dienstanweisung - vollständige lärmtechnische Sanierung des Bestandsnetzes incl der mittlerweile verländerten Bundesstraßen B (!) mit Kosten von 5 Mrd ATS/363 Mio € - im Ausmaß und in den Kosten erreicht?

 

11.    Wenn ja, wann bzw. bis wann?

 

12.    Wenn nein, warum nicht?

 

13.    Wenn dies trotz der einschlägigen Rechnungshofkritik noch immer nicht bekannt sein sollte - warum nicht?

 

14.    Wird mit der erwähnten 1999 fixierten Summe wenigstens die vollständige lärmtechnische Sanierung des hochrangigen Bestandsnetzes (A+S) erreicht werden?

 

15.    Wenn ja, wann bzw. bis wann?

 

16.    Wenn nein, warum nicht?

 

17.    Wenn dies trotz der einschlägigen Rechnungshofkritik noch immer nicht bekannt sein sollte - warum nicht?

 

18.    Welche "Ergebnisse" der Pilotanlage Gleisdorf ("Multifunktionale Lärmschutzanlage" an der A2 mit Solarenergienutzung und daraus gespeister Verkehrsbeeinflussungsanlage) - mit dem Abwarten solcher "Ergebnisse" wurde am 30.4. im Verkehrsausschuss des Nationalrats der Antrag eines SPÖ-Abgeordneten auf Vertagung eines einschlägigen Oppositionsantrags begründet - sind konkret wann im Zuge welcher Evaluierung o.ä. zu erwarten?

 

19.    Ist nicht vielmehr durch mehrjährigen Betrieb die Sinnhaftigkeit der Gleisdorfer Lösung längst unter Beweis gestellt, sodass die Umsetzung weiterer Beispiele erfolgen sollte, die ja durch die Möglichkeit, private Investoren an den Kosten zu beteiligen, auch im Sinne der Einspar-Ansagen des Ministers sein könnten?