4664/J XXIII. GP

Eingelangt am 01.07.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Hepatitis C/Plasmaspenden/Regressansprüche der Sozialversicherungsträger gegen den Hoechst-Aventis-Konzern

 

In den siebziger und achtziger Jahren infizierten sich in den Labors der Fa. Seroplas österreichweit ca. 600 Menschen mit Hepatitis C. Grund waren mangelnde Hygienebedingungen und laxe Sicherheitsvorkehrungen.

Die Dunkelziffer ist jedoch weitaus höher. Immer noch melden sich ehemalige Plasmaspender, da die Krankheit meist erst in einem späten Stadium erkannt wird, und sie erst jetzt einen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und ihrer damaligen Plasmaspende herstellen können.

 

Ein  Prozess von 259 Infizierten gegen die Firma Seroplas endete im Jahr 2001 mit einem Vergleich. Obwohl der Prozess gewonnen hätte werden können, wollten die Kläger einen außergerichtlichen Vergleich. Sie hatten Angst, das Ende des Prozesses nicht mehr zu erleben. Drei Kläger starben noch während der Vergleichsverhandlungen, 30 weitere seither. Leider fiel die Vergleichssumme gering aus. Auch vier Sozialversicherungsträger, die nicht im Prozess involviert waren, schlossen sich dem Vergleich an: Die WGKK, die Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten und der gewerblichen Wirtschaft sowie die allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA). Für diese sind weitere Klagen also aussichtslos.

 

Laut einem Gutachten der Universität Salzburg, das von Rechtsanwalt Hans Otto Schmidt, dem damaligen Anwalt der Opfer, in Auftrag gegeben wurde, bestehen für die zehn anderen Versicherungsanstalten nach wie vor gute Chancen, sich vom Plasmakonzern die Behandlungskosten zurückzuholen. Schätzungen gehen von 72 Millionen Euro aus, die den Kassen und Versicherungen durch die Hepatitispatienten entstanden sind und die nun zurückgefordert werden könnten.

Der Hauptverband hat das Rechtsgutachten finanziell unterstützt, ebenso wie die Pensionsversicherungsanstalt und die Selbsthilfegruppe Hepatitis Liga Österreich im Wege einer Förderung durch die Konsumentenschutzsektion.

 

Das Rechtsgutachten liegt nun schon seit einiger Zeit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger vor, der jedoch von weiteren Regressforderungen Abstand genommen hat.

 

In einem an den Opferanwalt Dr. Hans Otto Schmidt gerichteten Schreiben vom 18.7.2007 vertritt der Hauptverband der Sozialversicherungsträger die Auffassung, dass in den Fällen der Hepatitis C- Plasmaspendeopfer

1.      die Verschuldensfrage nur sehr schwierig feststellbar sei, insbesondere deswegen, da der jeweils behandelnde Arzt im Einzelfall nichts dokumentieren könne,

2.      die Regressforderungen bezüglich der Behandlungskosten der Hepatitis C – Opfer, die den Sozialversicherungen, insbesondere den Gebietskrankenkassen erwachsen sind, gegen den Hoechst Aventis Konzern aussichtslos seien und

3.      die unter 2. angeführten Behandlungskosten durch die Sozialversicherungsträger nicht feststellbar seien und somit eine Schadenersatz- Regressforderung gegenüber dem Hoechst Aventis Konzern nicht möglich sei.

  

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE

 

 

1)        Ist Ihnen bekannt, dass sich der Opferanwalt Dr. Hans Otto Schmidt und seine Mitarbeiter Dr. Helene Schmidt-Levar und Mag. Gerhard Schöller im Vergleich vom 05.04.2004 auch gegenüber dem Hoechst-Aventis Konzern endgültig verpflichten mussten, in Zukunft keine gerichtliche Vertretung für Hepatitis C-Opfer, die durch Plasmaspenden bei der Seroplas GmbH mit Hepatitis C infiziert worden waren, mehr durchzuführen, obwohl dies dem Grundsatz der freien Anwaltswahl widerspricht?

2)        Ist Ihnen bekannt, dass die Hepatitis C-Opfer das Vergleichsanbot der Wiener Städtischen Versicherung vom 05.12.2000 mit den darin angeführten Entschädigungsbeträgen schriftlich angenommen haben, die Wiener Städtische Versicherung in Folge jedoch mit der Begründung, dass der Haftungsfonds durch das Anwachsen der Zahl der Hepatitis C-Opfer erschöpft sei, auf einer 20 %igen Kürzung der angebotenen Vergleichsbeträge bestand?