Eingelangt am 15.07.2008
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr Gabriela Moser,
Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie
betreffend Regionalbahnen
Von 24.5. bis 7.6.2008 vollzogen
die ÖBB, genauer die ÖBB Infrastruktur Bau AG, eine
„Interessentensuche“ für eine Reihe von Bahnstrecken. Dabei
ging es konkret:
* um einen Abschnitt der Eisenbahnstrecke
Breitstetten-Orth an der Donau von km 0,00 bis km 5,857,
* um den Teilabschnitt Klein St. Paul-Wietersdorf von km 17,800 bis km
20,500 der Eisenbahnstrecke Launsdorf-Hüttenberg,
* um die Kilometer 0,400 bis km 22,428 der Strecke
Siebenbrunn-Leopoldsdorf-Engelhartstetten
* sowie auf der Bahnstrecke Leobersdorf-Traisen um den Teilabschnitt
Weissenbach-Neuhaus-Hainfeld von km 19,610 bis km 43,450.
Laut Wortlaut der
öffentliche Interessentensuche unterliegt diese nicht den Bestimmungen des
Bundesvergabegesetz, weil "überwiegender Inhalt der
Interessentensuche die Veräußerung von Liegenschaften samt
Zubehör" sei.
Laut Medienberichten (u.a. APA,
Wirtschaftsblatt 25.5.2008) hielt ein ÖBB-Sprecher zur
gegenständlichen Interessentensuche fest, dass „man sondiert, ob
unwirtschaftliche Teilabschnitte von anderen betrieben werden können.
(...) Von einer Einstellung sei damit nicht die Rede.“ Auch wurde
festgestellt „Eine solche Interessentensuche gäbe es immer
wieder.“ Die Strecken würden typischerweise „zu aufgelassenen
Fabriken“ führen.
Zum Zustand der
gegenständlichen Strecken war anlässlich dieser Medienberichte zB
folgendes zu lesen:
„Völlig hinüber
und unbenutzbar...
... sind die Gleisanlagen der
genannten Strecken. Schon jahrelang fuhr hier kein Zug mehr, wegen des
schlechten Erhaltungszustandes. Die (typisch österreichische ?) Groteske:
Der ÖBB - Güterverkehr (RCA) wollte zwar vor allem die umfangreichen
Rübentransporte von den Verladeplätzen auf der Strecke nach
Engelhartstetten immer wieder mit der Bahn durchführen, doch war dies
unmöglich, weil die ÖBB Infrastruktur dem Auftrag der
Streckenerhaltung schlicht nicht nachkam ! mit dem Verkauf will man sich die
Sanierung (bei einem Weiterbetrieb) oder die Abtragung (bei einer Einstellung)
ersparen !
Konzernintern kann offensichtlich
die ÖBB - Infrastruktur so mit derartigen, fragwürdigen Mitteln
entscheiden, wo zB ÖBB - RCA Leistungen erbringen darf und wo nicht
...“
Für einzelne der Strecken
wurde bereits 2001 im Rahmen eines umfassenderen Pakets eine Interessentensuche
durchgeführt, ohne dass daraufhin Konsequenzen für diese Strecken
erfolgt wären.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
- In welchem Zusammenhang steht
der Zeitpunkt und die - zB ausländische Interessenten realiter
ausschließende - enorme Kurzfristigkeit der Interessentensuche mit
dem Inkrafttreten geänderter Bestimmungen im Eisenbahnrecht per
1.6.2008?
- Wie lautet
das Ergebnis der Interessentensuche für die Strecke Breitstetten -
Orth an der Donau?
- Wie lautet das Ergebnis der
Interessentensuche für die Strecke Siebenbrunn-Leopoldsdorf -
Engelhartstetten?
- Wie lautet das Ergebnis der
Interessentensuche für die Strecke Weissenbach-Neuhaus - Hainfeld?
- Wie lautet das Ergebnis der
Interessentensuche für die Strecke Klein St. Paul-Wietersdorf?
- Halten Sie es für
zielführend, wenn seitens der ÖBB – wie im Fall der
durchgehenden Bahnstrecke Leobersdorf-Traisen, aus der nun offensichtlich
der zentrale, seit einigen Jahren nicht mehr befahrene Teil
herausgeschnitten werden soll – das offensichtlich beabsichtigte
Abstoßen bzw. endgültige Zusperren regional und/oder
touristisch durchaus relevanter Bahnstrecken mit verharmlosenden
Darstellungen wie „führt ja nur zu einer stillgelegten
Fabrik“ gegenüber der Öffentlichkeit beschönigt wird?
- In welchem rechtlichen Status
gemäß Eisenbahnrecht befanden sich diese vier (Teil-)Strecken
zum Zeitpunkt des Beginns der Interessentensuche, und seit wann genau war
dieser Status jeweils gegeben?
- Wie können Sie
begründen, warum sich diese vier (Teil-)Strecken nicht in einem
hinsichtlich ihrer Erhaltung gesetzeskonformen Zustand gemäß
Eisenbahngesetz befinden?
- Wie soll mit diesem Problem im
Fall einer erfolgreichen Interessentensuche umgegangen werden –
sollen nicht erfüllte Pflichten der ÖBB womöglich ganz oder
teilweise potenziellen Interessenten überwälzt werden? Wie
realistisch ist es, unter diesen Umständen Interessenten zu finden?
Wie sinnvoll und wie ernstgemeint kann unter diesen Umständen eine
Interessentensuche sein?
- Ist es zutreffend, dass aus dem
ÖBB-Konzern selbst Interesse an Gütertransporten auf einer oder
mehrerer dieser Strecken bestand, diese aber wegen Nichteinhaltung
gesetzlicher Erhaltungsverpflichtungen seitens anderer
ÖBB-Teilunternehmen nicht möglich waren? Wenn ja, was haben Sie
bzw. Ihr Haus als zuständige Behörde diesbezüglich
unternommen?
- Ist es zutreffend, dass im
oberen Triestingtal Interesse an einer Weiterführung des
Schienenverkehrs über Weißenbach-Neuhaus hinaus besteht –
wie passt dies mit den Verkaufs- bzw. korrekt wohl Einstellungsabsichten
der ÖBB zusammen? Wie stehen Sie als verantwortlicher Minister dazu?
- Wie werden die Angaben der
ÖBB zur „wirtschaftlichen Zumutbarkeit“ im Sinne des
Eisenbahngesetzes im einzelnen auf ihre Stichhaltigkeit
überprüft?
- Was wird mit den vier
erwähnten Strecken nunmehr geschehen?
- Liegen insbesondere
Stilllegungsanträge nach dem Eisenbahngesetz vor?
- Welche Stilllegungsanträge
nach §29 a) in der Rechtslage ab 1.6.2008, b) in der bis dahin
geltenden Rechtslage sind zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung insgesamt
in Österreich anhängig, und wann erfolgten diese Anträge
jeweils im einzelnen?
- Was ist die konkrete
vergaberechtliche Grundlage für die vollzogene Form des Vorgehens?
Ist diese insbesondere mit den vergaberechtlichen Geschehnissen im
Zusammenhang mit dem Wiener Hauptbahnhof in Deckung zu bringen, wo vergaberechtliche
Einschätzungen der ÖBB sich als irrig herausstellten?
- Seitens der ÖBB wurde
angemerkt, dass es eine solche Interessentensuche immer wieder gebe
– welche vergleichbaren Interessentensuchen hat es im Zusammenhang
mit Eisenbahnstrecken seit dem Jahr 2000 im einzelnen gegeben, und was
waren die Ergebnisse?
- Wann und wo haben Sie sich seit
Ihrem Amtsantritt als zuständiges Regierungsmitglied bei Strecken,
die von den ÖBB aktiv vernachlässigt beziehungsweise
heruntergewirtschaftet werden, jemals a) aktiv gegen diese Taktik
engagiert, b) jemals aktiv für den Übergang auf andere
Eigentümer bzw. Betreiber mit dem Ziel der Fortsetzung bzw.
Wiederbelebung eines kundengerechten Betriebs eingesetzt. Falls Sie
derartige Aktivitäten gesetzt haben – bitte um konkrete Angaben
-, was waren die jeweiligen Ergebnisse Ihres Bemühens?