4849/J XXIII. GP

Eingelangt am 15.07.2008
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Berücksichtigung der Öl- und Treibstoffpreisentwicklung bei Verkehrsprognosen und Infrastrukturentscheidungen des Bundes sowie Veröffentlichung der Verkehrsprognose 2025+

 

 

Die Grünen haben bereits 2007 darauf hingewiesen, dass die offizielle Verkehrsprognose 2025+, die auf dem Analysejahr 2002 fußt und bereits Anfang 2006 erstmals fertiggestellt war, entgegen öffentlicher Ankündigungen des Verkehrsministers nach wie vor nicht der Öffentlichkeit vorliegt.

 

Dies hat den „Nebeneffekt“, dass eine Reihe finanziell wie klimapolitisch weitreichender Entscheidungen für zusätzliche Verkehrs-Infrastruktur in der Zwischenzeit unabhängig von einer solchen breiter akkordierten, seriösen Grundlage auf Basis von Angaben der Projektbetreiber getroffen und diese Projekte zB ins Bundesstraßengesetz oder in die Rahmenpläne für die Schienen-Infrastruktur aufgenommen wurden.

 

Es fällt schwer, an Zufall zu glauben. Nicht zuletzt, wo doch Ihre ausgezeichneten Kontakte zur Baubranche schon aus Wiener Zeiten bekannt sind und sich auch wie ein „roter“ Faden zB bei Großzügigkeiten bei Abgängen einschlägigen Personals aus Staatsunternehmen wie den ÖBB in den beiden Jahren der ansonsten gescheiterten SPÖ-ÖVP-Regierung abbildeten.

 

Wie leider sehr berechtigte Zusammenstellungen wie eine „Hitparade der unrentablen Autobahnen“, die teilweise in dieser Phase ins Realisierungsstadium gelangten, nachdrücklich belegen, ist dies jedenfalls nicht im Sinne des sparsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln und somit nicht im Interesse der AutofahrerInnen, BahnkundInnen und SteuerzahlerInnen: Denn diese werden entweder über Benutzungsgebühren oder Tarife oder Steuern eine großdimensionierte, unrentable und schon heute für viele kaum leistbare Infrastruktur erhalten müssen.

 

Nach Überzeugung der Grünen ist das Bemühen um Aktualität und Berücksichtigung relevanter Grundlagen bei der Fertigstellung finanz- wie verkehrspolitisch wichtiger Entscheidungsgrundlagen begrüßenswert. Zugleich ist ein „unendliches“ Dahinrechnen und Nichtveröffentlichen von Prognosen einer sachbezogenen Infrastrukturpolitik abträglich. Angesichts der Begründung des Vorgehens unter anderem mit einem von Ihnen präsentierten „neuen“ Infrastrukturprogramm oder mit neuen Infrastrukturmaßnahmen der Nachbarstaaten stellt sich die Frage, wann unter diesen Umständen jemals eine Verkehrsprognose vorliegen wird, denn irgendwo – notfalls eben wie beim „neuen“ Infrastrukturprogramm von März 2007 oder beim alljährlich neu vorgelegten ÖBB-Rahmenplan im eigenen Bereich - wird immer irgendetwas geändert, womit man Ihren Ausführungen zB in der Anfragebeantwortung 2688/AB XXIII.GP folgend dann stets eine neuerliche Überarbeitung, Aktualisierung o.ä. von Prognosen rechtfertigen könnte.

 

Es stellt sich auch die Frage, warum die seit vielen Jahren absehbare Endlichkeit der Ölreserven und die damit ebenso absehbaren massive, dauerhafte Steigerung der Treibstoffpreise samt ihren Folgen nicht schon längst eine entscheidende Rolle in den Infrastrukturentscheidungen des Bundes spielte und spielt: Diese Entwicklung war unabhängig vom genauen Eintreffensdatum und unabhängig von allen anderen von Ihnen zB in der Anfragebeantwortung 2688/AB XXIII.GP genannten Begründungen für die nochmalige Aktualisierung und Ergänzung der Verkehrsprognose 2025+ jedenfalls kurzfristig zu erwarten und betrifft daher in jedem Fall weite bis überwiegende Teile der Nutzungsdauer aller neugebauten oder geplanten Infrastrukturprojekte des Bundes. Dass dies ignoriert wurde, führte und führt zu massiven Fehlinvestitionen (siehe „Hitparade der unrentablen Autobahnen“), die keinerlei ökonomische, ökologische oder soziale Nachhaltigkeit beim Umgang mit den entsprechenden Geldmitteln erkennen lassen.

 

Die mehr als zweijährige Nichtfinalisierung der Verkehrsprognose 2025+ hat hier letztlich eine bequeme Option eröffnet, die absehbaren oder bereits beginnenden Veränderungen der Rahmenbedingungen, die für sinkende Nachfrage sorgen werden, bei konkreten Entscheidungen weiterhin zu ignorieren. Ergebnis ist eine Vielzahl von Straßenbauprojekten, die sich bei schon jetzt und künftig schon aus Leistbarkeitsgründen sicher noch stärker zurückgehender Nachfrage besonders im Personenverkehr kurzfristig als gigantische Fehlinvestitionen entpuppen dürften.

 

Sie hatten die Veröffentlichung der Verkehrsprognose 2025+ nunmehr für das Ende des ersten Halbjahrs 2008 angekündigt.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.      Werden Sie ab sofort im Gegensatz zu bisher die hohen und absehbaren weiter steigenden Öl- und damit Treibstoffpreise in Ihre Entscheidungen bzw. Genehmigungen von Infrastrukturprojekten einbeziehen?

 

2.      Werden Sie in diesem Sinne eine umgehende Redimensionierung der Straßenbaupläne, -projekte und -ausgaben des Bundes (ASFINAG-Netz, Zahlungen für verländerte Bundesstraßen B) vornehmen, um „stranded investments“ zu verhindern - wenn nein warum nicht?

 

3.      Welcher Ölpreis, welcher Treibstoffpreis und welcher Strompreis wird in der Verkehrsprognose 2025+ in ihrer aktuellen Fassung für welchen Prognosehorizont unterstellt?

 

4.      Was sind die konkreten Ergebnisse der nach ihren Ankündigungen im ersten Halbjahr 2008 fertiggestellten Verkehrsprognose 2025+?

 

5.      Wann werden Sie die Verkehrsprognose 2025+ endlich veröffentlichen?