4904/J XXIII. GP

Eingelangt am 17.07.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Medienkooperationen, insbesondere Sponsoring des Leserbriefabdrucks in Tageszeitungen durch den Verkehrsminister mittels "Entgeltlichen Einschaltungen"

 

 

 

 

 

 

 

Sogenannte „Medienkooperationen“, insbesondere mit Massenblättern, waren nicht nur Teil Ihrer diesbezüglich durchaus opulenten Amtsführung in der Stadt Wien. Sie sind auch seit Ihrem Wechsel in die Bundesregierung zwischen Ihrem Ressort sowie den in Ihrem Verantwortungsbereich befindlichen öffentlichen Unternehmen (ÖBB, ASFINAG) einerseits und vielen Medien, speziell den Ihnen in der einen oder anderen Weise verbundene Massenblättern, an der Tagesordnung.

 

Die beträchtlichen damit verbundenen Ausgaben stellen zwar sichtlich ministerfreundliche Berichterstattung in Medien sicher, die für die „Volksseele“ wichtig und damit für Ihre Rückdeckung in der aktuellen Funktion und bei eventuellen weiteren Karriereschritten in Partei und Staat dienlich sind. Materiell vorteilhafte Kooperationen mögen daher aus Ihrer Sicht ihre Logik haben. Ob die Verwendung beträchtlicher Gelder der SteuerzahlerInnen (BMVIT), der Bahnkunden (ÖBB) oder der AutofahrerInnen (ASFINAG) für diesen Zweck gerechtfertigt und mit aktienrechtlichen bzw. haushaltsrechtlichen Vorgaben in Einklang steht, ist allerdings fraglich. Umso mehr ist dies fraglich angesichts der Milliardenverbindlichkeiten bei ÖBB wie ASFINAG sowie der offenkundigen Schwierigkeiten zB der ÖBB, angesichts von Riesen-Spekulationsverlusten, explodierten Beratungs- und Managementkosten und milliardenteuren Großvorhaben irgendwie bilanzierungsfähig zu bleiben.

 

Selbst innerhalb Ihres MitarbeiterInnenstabes gab es bereits nach kurzer Zeit personelle Veränderung im Zusammenhang mit dem Thema Medienkooperation – ein Glück, dass es für MitarbeiterInnen, die für diese Vorgaben an der „Front“ der von Ihnen zur Zahlung der „freiwilligen“ Medienkooperationen „verpflichteten“ Staatsunternehmen den Kopf hinhalten „durften“, im Fall von Problemen keinen Mangel an Posten in Unternehmen im Umfeld der Wiener Stadtverwaltung gibt.

 

Obwohl auf die überbordenden „Medienkooperationen“ und deren vielfach fragwürdige inhaltliche Sinnhaftigkeit u.a. auch bereits in Parl.Anfragen hingewiesen wurde (darunter höchst fragwürdige Vorgänge, wie von „Herrn Faymann“ bestellte, aber von zB der ASFINAG zu bezahlende Leistungen, vgl. 2132/J XXIII.GP), setzen sich diese Vorkommnisse unvermindert weiter fort. Ein Gegengewicht zur - aufgrund bescheidener verkehrspolitischer Aktivitäten und Fortschritte - überwiegend kritischen Präsenz in redaktionellen Teilen und Kommentaren von Qualitätsmedien durch per Bezahlung erzielte Medienpräsenz mit Positiv-Spin andernorts scheint offenbar nach wie vor geboten.

 

Ein Beispiel für viele: Am Freitag, den 9. Mai 2008, war in einem auflagenstarken heimischen Kleinformat auf einer Doppelseite (Seiten 34 und 35) viel Interessantes über die Österreichischen Bundesbahnen und über den Verkehrsminister zu lesen.

Unter dem fett gedruckten Titel „ÖBB: Frauen sind am Zug“ wurde das Vordringen von Frauen in früher klassische Männerberufe bei den ÖBB ausgiebig erläutert. Hervorgehoben wurde auch, dass die ÖBB als Arbeitgeber sehr beliebt seien. Ein großer Erfolg wäre auch der Töchtertag gewesen, bei dem Mädchen zwischen 11 und 16 Jahren in die bahntypischen Berufe hineinschnuppern durften.

In einem blauen Kästchen auf der Doppelseite wurde Leserfragen zu Tarifangelegenheiten, über die Senior Vorteilscard und über 29-Euro-Tickets behandelt.

In einem gelben Kästchen gab es „Das aktuelle Interview“ mit Verkehrsminister Werner Faymann (samt Porträtfoto), in dem die gute Zusammenarbeit zwischen dem niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll und dem Verkehrsminister bei der Neuplanung des Semmeringbasistunnels gelobt wurde, anschließend wurde die Rolle von Mädchen in Männerberufen bei den ÖBB erörtert, zum Abschluss gab es auch noch eine persönliche Frage über die Fähigkeiten von Mädchen, weil der Herr Bundesminister ja selber zwei Töchter hat (eine schwierige und heikle Frage).

 

Eine wunderschöne Doppelseite, über die man sich im Sinne der darin neben der persönlichen Minister-PR auch untergekommenen Inhalte freuen könnte, würde nicht ganz klein drunterstehen „Entgeltliche Einschaltung“, verziert mit einem Triebwagen der Österreichischen Bundesbahnen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.             Für welche Publikationen (inkl. audiovisuelle Medien) wurden 2008 bis zur Beantwortung dieser Anfrage von Ihrem Ressort bzw. nachgelagerten Dienststellen Inserate geschaltet (bitte die Beträge detailliert mit USt ausweisen)?

 

2.             Wie hoch war die Gesamtsumme aller medialen Einschaltungen im Jahr 2008 bis zur Beantwortung dieser Anfrage?

 

3.             Für welche Publikationen (inkl. audiovisuelle Medien) wurden 2008 bis zur Beantwortung dieser Anfrage Druckkostenbeiträge bzw. Zahlungen für Medienkooperation geleistet (bitte die Beträge detailliert mit USt ausweisen)?

 

4.             Welche Summe wurde 2007 sowie 2008 bis zur Beantwortung dieser Anfrage (bitte um getrennte Beantwortung) zusätzlich zu Ausgaben des BMVIT selbst a) von den ÖBB und ihren Teilfirmen, b) von der ASFINAG, c) von anderen Unternehmen in ihrem Einflussbereich für Inserate, Medienkooperationen u.dgl. aufgewendet, in denen Sie in Wort und/oder Bild vorkommen?

 

5.             Was kostete die konkrete Doppelseite „Entgeltliche Einschaltung“ in der Freitagausgabe der Kronen Zeitung vom 9.5.2008? Dabei wird ersucht, nicht allgemein auf bestehende Anzeigentarife oder Ähnliches zu verweisen, sondern die konkrete Summe zu benennen, die für die angeführte Doppelseite aufgewendet werden musste.

 

6.             Welche zusätzlichen Kosten über diese Summe hinaus sind bei der Erstellung der Doppelseite „Entgeltliche Einschaltung“ in der Freitagausgabe der Kronen Zeitung am 9. Mai 2008 angefallen (Fotos, Textverarbeitung, Recherche, Textverfassung usw.)?

 

7.             Durch wen wurden die Kosten für die Doppelseite „Entgeltliche Einschaltung“ in der Freitagausgabe der Kronen Zeitung am 9. Mai 2008 getragen? Durch wen wurden die zusätzlichen damit verbundenen Kosten getragen?

 

8.             In der „Entgeltlichen Einschaltung“ wurden auch LeserInnenfragen abgedruckt und beantwortet. Handelte es sich dabei um erfundene oder tatsächlich eingegangene LeserInnenfragen?

 

9.             Falls es sich um tatsächlich eingegangene LeserInnenfragen handelt: Wurde die Zustimmung der Betroffenen eingeholt, gleich in eine Werbeseite des Verkehrsministeriums bzw. der ÖBB übernommen zu werden?

 

10.         Falls es sich um tatsächlich eingegangene LeserInnenfragen handelt: Wurde der Tarif für das blaue Kästchen aus dem Anzeigentarif für die Doppelseite herausgerechnet oder erfolgte der Abdruck von LeserInnenfragen – also: Leserbriefen – mit finanzieller Unterstützung einer „Entgeltlichen Einschaltung“?

 

11.         Stammen die Fragen und Antworten für „Das aktuelle Interview mit Verkehrsminister Werner Faymann“ von MitarbeiterInnen aus Ihrem Ministerium bzw. Büro, von MitarbeiterInnen der Kronen Zeitung oder haben Sie Dritte damit beauftragt?

 

12.         Halten Sie es für eine optisch und moralisch unbedenkliche Vorgangsweise, wenn der Verkehrsminister als oberster Aufseher der ÖBB und das von ihm zu beaufsichtigende Unternehmen ÖBB in einer „Entgeltlichen Einschaltung“ Hand in Hand im Gleichschritt auftreten und einander in gegenseitigem Lob übertreffen?

 

13.         Halten Sie die hier gewählte Vorgangsweise für die bestmögliche Verwendung öffentlicher Gelder bzw. von Geldern der ÖBB-KundInnen oder gibt es für die Verwendung öffentlicher Gelder aus Ihrer Sicht auch noch sinnvollere Möglichkeiten, zB bei der Förderung zusätzlicher Zugs- und Busangebote für PendlerInnen?

 

14.         Werden Sie die Verwendung öffentlicher Mittel für Gut-Wetter-PR in Zukunft angesichts der nun nach der Anlaufzeit von eineinhalb Jahren doch sicher geballt zu erwartenden verkehrspolitischen Meilensteine, die „wie von selbst“ zu positiver Berichterstattung in den Medien führen müssten, einschränken - wenn nein, warum nicht?