4996/J XXIII. GP

Eingelangt am 24.09.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

DRINGLICHE ANFRAGE

gem. § 93 Abs. 2 GOG-NR

 

 

 

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Dolinschek

Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betreffend

die Missachtung des Willens des Nationalrates durch den Wirtschaftsminister, der   sich   beharrlich   weigert,   die   Entschließung   zur   Bestimmung   eines volkswirtschaftlich gerechtfertigten Höchstpreises für Treibstoffe umzusetzen.

 

 

 „Das Maß aller Dinge ist und bleibt der Mensch". (OTS257/27.08.2008) so die fast philosophisch anmutende, kürzlich von Bundesminister Bartenstein getätigte Aussage. Realpolitisch und in der Praxis scheint er jedoch dem Menschen als Maß aller Dinge" weniger Bedeutung beizumessen und ignoriert beharrlich die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Senkung der in den letzten Monaten enorm gestiegenen Treibstoffpreise umzusetzen.

So weigert sich der Wirtschaftsminister, von der ihm durch das Preisgesetz 1992 gegebenen Möglichkeit der Bestimmung eines volkswirtschaftlich gerechtfertigten Höchstpreises für Treibstoffe Gebrauch zu machen und verhindert damit die dringend notwendige Entlastung der Autofahrerinnen und Autofahrer und deren Haushaltsbudgets.

Nicht einmal eine in der Sitzung des Nationalrates vom 15. September dieses Jahres angenommene Entschließung, mit der der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit aufgefordert wird, seiner verfassungsgesetzlichen Verpflichtung nach § 5a Preisgesetz umgehend nachzukommen und Höchstpreise für Treibstoffe zu bestimmen", konnte diesen zum Tätigwerden bewegen.

Dies ist umso verwunderlicher als § 2 Preisgesetz unmissverständlich normiert, dass für Sachgüter, für die Lenkungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen (...) getroffen werden, (...) die Behörde für die Dauer dieser Maßnahmen volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise bestimmen kann. Für Erdöl regelt das Erdölbevorratungs- und Meldegesetz in diesem Zusammenhang die entsprechenden Lenkungsmaßnahmen, die Importeure von Erdöl und Erdölprodukten verpflichten, für den Krisenfall Pflichtnotstandsreserven zu halten. Vorratspflichtige haben ab 1. April jeden Jahres je 25 % des Importes an Erdöl und den einzelnen Erdölprodukten sowie Biokraftstoffen und Rohstoffen zur direkten Erzeugung von Biokraftstoffen im vorangegangenen Kalenderjahr als Pflichtnotstandsreserven im Inland zu halten.

Somit ist im konkreten Fall die Anwendung des Preisgesetzes und damit die Bestimmung volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preise entweder auf Antrag oder von Amts wegen durch die Behörde nicht nur möglich sondern aufgrund der aktuellen Preisentwicklung dringend geboten.

Ein volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preis ist laut § 6 Preisgesetz insbesondere dann anzunehmen, wenn dieser insbesondere der jeweiligen wirtschaftlichen Lage der Verbraucher bestmöglich entspricht. Gerade vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Treibstoffpreise allein im letzten Jahr um bis zu 30 % stiegen und überdies die gegenwärtig hohe Inflation die Bürgerinnen und Bürger stark belastet, kann mit Sicherheit nicht mehr von Preisen gesprochen werden, die der wirtschaftlichen Lage der Verbraucher bestmöglich entsprechen.


Wenn nun Wirtschaftsminister Bartenstein behauptet, dass er keine Voraussetzung für eine Preisregelung sieht und dies damit begründet, dass die Treibstoffpreise in Österreich nicht über den EU-Durchschnittspreisen lägen (APA601/23.09.2008), so ist dies wohl darauf zurückzuführen, dass man im Wirtschaftsministerium ganz offensichtlich   mit   falschen   und   geschönten   Zahlen   operiert,   da   der   von Wirtschaftsminister      Martin      Bartenstein      veröffentlichte      europäische Spritpreisvergleich   nicht   ganz   der   Wahrheit   entspreche   und   geschönt sei“(APA338/15.09.2008).

Denn laut einer Aussendung der    Autofahrerklubs ÖAMTC und ARBÖ ist der Nettopreis für Superbenzin - nicht wie vom Ministerium angegeben - um 2,4 Cent billiger als der EU-Durchschnitt, sondern um 1,9 Cent teurer. Der Nettopreis für Diesel ist nicht um 1,7 Cent billiger, sondern sogar um 2,3 Cent pro Liter teurer als der EU-Durchschnitt." (APA 338/15.09.2008)"

Beim Vergleich der Treibstoffpreise der einzelnen Eurozone-Länder kommt man zu dem  Ergebnis,  dass sich  Diesel  und  Benzin  in Österreich seit Oktober 2007 überproportional verteuert haben (Kurier 25.07.2008).

Aus gutem Grund forderte daher der ÖAMTC zuletzt am 13.08.2008 Aufklärung über die  Behübschung  des  Preisvergleichs  durch  das Wirtschaftsministeriums.   Eine Reaktion des Wirtschaftsministeriums ist jedoch laut ÖAMTC bis heute ausgeblieben  (APA338/15.09.2008).

Schon allein aufgrund dieser Tatsachen, dass sich nämlich die Treibstoffpreise in Österreich im internationalen Vergleich überdurchschnittlich entwickelt haben, ist der Minister zum raschen Handeln verpflichtet.

Anstatt jedoch seiner verfassungsgesetzlichen und politischen Verpflichtung gegenüber dem Gesetzgeber gerecht zu werden, die Entschließung raschest umzusetzen und damit die ihm zukommenden gesetzlichen Möglichkeiten im Sinne einer Entlastung der Autofahrer auszuschöpfen fordert Bartenstein ultimativ niedrigere Treibstoff-Preise."(Kleine Zeitung/04.09.2008) Angesichts der Schärfe" der zitierten Forderung des Wirtschaftsministers wird der Angsteinflößungseffekt gegenüber den großen Mineralölfirmen wohl ein enden wollender sein, wie auch die Preispolitik derselben den Autofahrern täglich vor Augen führt, die Preissteigerung unmittelbar und Preissenkungen entweder gar nicht, mit Verzögerung oder in zu geringem Ausmaß weitergeben. Dies legt den begründeten Verdacht nahe, dass auch der Tatbestand des § 5a Abs. 2 Preisgesetz erfüllt ist, demzufolge im Falle von Preiserhöhungen, die auf eine ungerechtfertigte Preispolitik (der Mineralölfirmen) zurückzuführen sind, der Wirtschaftsminister (...) einen Höchstpreis zu bestimmen hat.

Untermauert wird dieser Verdacht durch den ARBÖ, wenn dieser am 23.09.2008 vermeldet, dass trotz im Schnitt gleich bleibender Preise für Diesel und Eurosuper laut homepage des Wirtschaftsministeriums die vom Fachverband der Mineralölindustrie gemeldeten Preise von 22.09.2008 auf 23.09.2008 um 1,1 Cent bei Diesel und um 1,3 Cent bei Eurosuper gestiegen sind, was laut ARBÖ dafür spricht, dass gerade die größeren Mineralölfirmen, die die Preise dem Fachverband melden, ihre Preise verteuert haben" (OTS270/23.09.2008).

Die Leidtragenden sind und bleiben aufgrund der nicht nachvollziehbaren Untätigkeit des Wirtschaftsministers somit die Autofahrerinnen und Autofahrer.
Rasanter Inflationsanstieg." Preisanstieg ohne Ende." ,,Dramatischer Anstieg der Privatinsolvenzen." Das sind jene Meldungen, die die täglich stärker  belasteten


Österreicherinnen und Österreicher in diesen Tagen in den Zeitungen lesen müssen, und   die   nur  allzu   gut   die   derzeitige   Entwicklung   mit   den   entsprechenden alarmierenden Auswirkungen veranschaulichen.

Als Hauptpreistreiber treten die Benzin- und Dieselpreise auf, die im Jahresvergleich um durchschnittlich nicht weniger als 24 % zulegten, wie jeder Österreicher beim Besuch der Tankstelle schmerzlich erfahren muss.

Der Preis für einen Liter Diesel steigerte sich gar um 30 %, jener für Heizöl um 27 %. Laut Expertenmeinung ist der Zenit der Preisentwicklung noch nicht erreicht, und wird ein Ölpreis von 400 Dollar nicht ausgeschlossen. Die Situation ist ernster als die breite Öffentlichkeit glaubt," bringt Cerveny von ÖGUT die Problematik auf den Punkt.

Eine Entspannung zeigt sich noch nicht," so die triste  Prognose von  Josef Baumgartner des Wirtschaftsforschungsinstituts.

Damit nicht genug, schätzt die E-Control, dass der österreichische Gas-Importpreis per Jahresende auf rund 370 Euro je 1.000 Kubikmeter steigen wird, derzeit liegt er bereits bei 335 Euro. Da das Gaspreisniveau im Inland aber noch ungefähr auf dem Stand von Anfang 2007 liege, würde dies einer Steigerung von 66 Prozent entsprechen. Ab Oktober dürfte es zu Anhebungen bei den Endkundenpreisen kommen. Wenn die Versorger die gesamte Preissteigerung von 66 Prozent an ihre Kunden weitergeben, erhöht sich deren Gasrechnung um etwas mehr als 30 Prozent." (Energy Exchange Austria /17.07.2008)

Auch bei Strom könnte es im Zuge der Ölpreisentwicklung zu einer saftigen Erhöhung zwischen 5 und 8 Prozent kommen.

Trotz dieser exorbitanten Belastungen für die Österreicherinnen und Österreicher beschränkten sich die in diesem Zusammenhang seitens der Bundesregierung beschlossenen Gegensteuerungsmaßnahmen auf reine Alibiaktionen oder „Augenauswischereien" wie der SPÖ-AK Präsident Tumpel die vor dem Sommer beschlossenen Erhöhungen des Pendlerpauschales und des Kilometergeldes treffend bezeichnete.

Mit dieser geringfügigen Erhöhung des Pendlerpauschales wird nur ein verschwindender Teil jener durch den Anstieg der Spritpreise entstandenen Belastungen abgegolten, und es begünstigt zudem in erster Linie nur jene Bevölkerungsgruppe, die auch tatsächlich bereits lohnsteuerpflichtig sind.

Anstatt gegenzusteuern erfolgte genau das Gegenteil und wurde von SPÖ und ÖVP mit 1. Juli 2007 die Mineralölsteuer um 3 Cent für Benzin bzw. 5 Cent für Diesel zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer empfindlich erhöht. Dadurch werden die Autofahrer mit jährlich rund 530 Mio. Euro zusätzlich belastet.

Die negativen Auswirkungen der in den letzten eineinhalb Jahren gar nicht bzw. nicht im Interesse der Menschen regierenden Bundesregierung belegen mittlerweile die Zahlen.

Neben einem zu erwartenden Anstieg der Insolvenzen im Bereich der Unternehmen steigen die Privatpleiten rasant: Im 1. Halbjahr 2008 waren es ca. 4.290 Verfahren, also fast 17 % mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, so die triste Erkenntnis des Kreditschutzverbandes 1870 am 4. Juli dieses Jahres in einer Pressemitteilung.

„Um die Ursachen für diesen Anstieg zu erkennen muss man nicht lange suchen: Exorbitante Treibstoffpreise schlagen zu Buche. Allein die Erwartung weiterer Preisanstiege dämpft Investition und Konsum," so die Erklärung des KSV für diese alarmierende Entwicklung.


Die derzeit explodierenden Preise für Diesel und Benzin und die dargestellte Untätigkeit des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit stellen somit einerseits eine außergewöhnliche Belastung für die Österreicherinnen und Österreicher dar und zeitigen andererseits zweifelsohne entsprechende negative volkswirtschaftliche Auswirkungen, die sich unter anderem in steigenden Inflationsraten, in einer Schwächung der Binnenkonjunktur sowie sinkender Kaufkraft bemerkbar machen.

Aus den genannten Gründen richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gem. § 93 Abs. 2 GOG-NR nachstehende

DRINGLICHE ANFRAGE

1)    Haben Sie die Entschließung vom 15.09.2008, in der Sie von der Mehrheit der Abgeordneten zum Nationalrat aufgefordert werden, Ihrer verfassungsgesetzlichen Verpflichtung nach § 5a Preisgesetz umgehend nachzukommen und Höchstpreise für Treibstoffe zu bestimmen", umgesetzt?

2)      Welche konkreten Schritte haben Sie bisher aufgrund der Entschließung gesetzt?

3)      Wann gedenken Sie die genannte Entschließung umzusetzen?

4)      Wie sehen Sie Ihre Weigerung der Umsetzung der genannten Entschließung vor dem Hintergrund dieser dramatischen Entwicklung der Insolvenzzahlen?

 

5)             Welche   Bedeutung   messen   Sie   dem   im   Artikel   52   B-VG   normierten Resolutionsrecht bei, wonach der Nationalrat befugt ist, seinen Wünsche über die Ausübung der Vollziehung in Entschließungen Ausdruck zu geben?

6)             Welche   Maßnahmen   halten   Sie  für  erforderlich,   wenn   Sie   schon   keinen Höchstpreis gemäß Preisgesetz festsetzen, um die Autofahrerinnen und Autofahrer in einem Ausmaß zu entlasten, das die gestiegenen Treibstoffpreise wenigstens annähernd ausgleicht?

7)             Wie   beurteilen   Sie   die   Aussagen   des   KSV,   wonach   die   exorbitanten Treibstoffpreise   als   Ursache   für   die   im   letzten   Jahr   rasant   angestiegenen Privatkonkurse zu Buche schlagen?

8)             Halten Sie die derzeitige Höhe der Treibstoffpreise den Autofahrerinnen und Autofahrer gegenüber für gerechtfertigt und angemessen?


9)             Erachten Sie es in Zeiten einer sich abschwächenden Konjunktur nicht als geradezu  fahrlässig  und  rezessionsbegünstigend,  die  durch  die Teuerung  mit enormen Kostensteigerungen konfrontierte heimische Wirtschaft nicht rasch durch konjunkturbelebende Maßnahmen zu entlasten?

10)     Welche Gründe waren dafür maßgeblich, die Mineralölsteuer in einer Zeit massiv steigender Treibstoffpreise zulasten der Bevölkerung zu erhöhen?

11)   Werden Sie sich für eine Rücknahme dieser Erhöhung der Mineralölsteuer im Sinne der Entlastung der Autofahrerinnen und Autofahrer einsetzen?

In formeller Hinsicht verlangen  die  unterfertigten Abgeordneten,  diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR dringlich zu behandeln.