15/JPR XXIII. GP

Eingelangt am 05.07.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde
an die Präsidentin des Nationalrats

betreffend den Allgemeinen Entschädigungsfonds und den Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus

Im Jänner 2001 wurde das Washingtoner Abkommen unterzeichnet, im Dezember 2005 wurde die erforderliche Rechtssicherheit beschlossen. Nach mehr als sechs Jahren Entschädigungsfonds und eineinhalb Jahre nach Eintreten des Rechtsfriedens wurden erst 5.562 Vorauszahlungen der rund 20.000 Anträge laut Statistik vom 18. Juni 2007 geleistet. Zahlreiche Holocaustüberlebende konnten diese Auszahlung nicht mehr erleben - und sollte die Bearbeitung der Anträge und Auszahlungen mit ähnlicher Geschwindigkeit vor sich gehen, ist zu befürchten, dass nur mehr wenige hundert die Zahlung und nicht nur die Vorauszahlung erleben werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

1.              § 12 Z 3 EF-G sieht die Zulassung von Beobachtern zu einzelnen Verfahrensab-schnitten des Forderungsverfahrens vor, die in § 19 der Verfahrens- und Geschäfts-ordnung   des  Antragskomitees   näher  geregelt   ist.   Zu   diesem   Zweck  wurden VertreterInnen von Opferorganisationen als Beobachter nominiert. Die erste Beob-achterkonferenz hat am 12. 11. 2002 stattgefunden. Weitere Beobachterkonferenzen wurden vom Antragskomitee in Aussicht gestellt, haben bis dato jedoch noch nicht stattgefunden. Ist es geplant, wie von Opferorganisationen gefordert, eine weitere Beobachterkonferenz abzuhalten? Wenn ja, wann und wenn nein, warum nicht?

2.              Zur Beschleunigung der Antragsbearbeitung und der Auszahlung von Entschädi-gungsleistungen hat der Allgemeine Entschädigungsfonds die Zahl seiner Mitarbeite-rInnen erheblich aufgestockt. Wie viele MitarbeiterInnen waren und sind in den Jah-ren 2006 und 2007 beim Allgemeinen Entschädigungsfonds beschäftigt, in welchen Beschäftigungsverhältnissen und Tätigkeitsbereichen?

3.              Wie hoch waren und sind die tatsächlichen bzw. die zu erwartenden Personalkosten und Sachkosten des Allgemeinen Entschädigungsfonds in den Jahren 2006 und 2007?

4.              Wie hoch waren die Reisekosten des Generalsekretariats des Nationalfonds/Ent-schädigungsfonds in den Jahren 2005, 2006 und 2007?


5.              Was waren die Gründe der jeweiligen Reisen? Bitte um Angabe des Reisesziels mit Begründung.

6.              Wie hoch sind die tatsächlichen bzw. die zu erwartenden Veranlagungszinsen des Fondsvermögens für das Jahr 2006 und für das Jahr 2007?

7.              § 2 Abs 3 EF-G sieht vor, dass Erträge des Fondsvermögens und sonstige Einnah-men ausschließlich im Sinne des Fondszweckes zu verwenden sind. Dies schließt die notwendigen Personal-, Sach- und Verwaltungskosten des Fonds, einschließlich der Kosten des Antragskomitees, ein, soweit diese nicht aus dem Budget des Nationalfonds bestritten werden können." Im Hinblick auf die knappen Fondsmittel haben AntragstellerInnen und Opferorganisationen wiederholt darum ersucht, die Kosten des Fonds weiterhin aus dem Budget des Nationalfonds zu bestreiten und die Veranlagungszinsen  ausschließlich für  Entschädigungsleistungen  zu verwenden. Welche Schritte haben Sie gesetzt und werden Sie setzen, um diesem Ersuchen nachzukommen?

8.              In welcher Weise wurden die AntragstellerInnen von den Geschäftsordnungen in Kenntnis gesetzt?

9.              Hat das Antragskomitee über die Verfahrens- und Geschäftsordnung hinaus allge-meine Richtlinien zur Entscheidung der einzelnen Anträge sowie allgemeine Kriterien zur Beurteilung und Bewertung der geltend gemachten und vom Antragskomitee festgestellten Vermögensschäden erlassen (kurz: Beurteilungskriterien)? Wenn ja: wann und in welcher Form? Wenn nein: Aufgrund welcher Kriterien werden vom Antragskomitee Feststellungen getroffen und Entscheidungen gefällt?

10.       Stimmt es, dass es einen Beschluss des Antragskomitees gibt, die Beurteilungskrite-rien nicht zu veröffentlichen, und wenn ja, warum nicht?

11.       Stimmt es, dass weder den Informationsschreiben noch den Entscheidungen, die die AntragstellerInnen vom Allgemeinen Entschädigungsfonds erhalten, die Beurteilungs- kriterien angeschlossen sind, und wenn ja, warum nicht?

12.       Stimmt es, dass die AntragstellerInnen auch auf ausdrückliche Nachfrage die Beurtei-lungskriterien nicht in schriftlicher Form ausgehändigt erhalten, und wenn ja, warum nicht?

13.       Stimmt es, dass die Beurteilungskriterien auch aus den einzelnen Entscheidungen nicht klar hervorgehen, und wenn ja, warum nicht?

14.       Stimmt es, dass aus den einzelnen Entscheidungen nicht klar hervorgeht, aufgrund welcher Beweise Feststellungen getroffen wurden, und wenn ja, warum nicht?

15.       Stimmt es, dass für die Bewertung von berufs- und ausbildungsbezogenen Verlusten drei Stufen vergeben werden?

 

16.      Was sind die Kriterien für die jeweiligen drei Stufen?

17.      Wie hoch ist die Pauschalsumme für die jeweilige Kategorie?

18.      Wie viele Anträge im Billigkeitsverfahren für berufs- und ausbildungsbezogene Schä-den wurden in die erste, in die zweite und in die dritte Kategorie gestuft?


19.       Welche Schäden werden vom Antragskomitee als sonstige Schäden", wie sie im An-tragsformular anzugeben waren, akzeptiert? Bitte eine Aufzählung mit der jeweiligen Begründung.

20.  In welchem Verhältnis stehen die im Antragsformular anzugebenden Summen betreffend den Verdienstentgang zu den nun vergebenen Summen? Bitte um eine statistische Auswertung.

21.  Mit der Einrichtung des Allgemeinen Entschädigungsfonds wurde eine umfassende Lösung offener Entschädigungsfragen angestrebt. § 11 Abs 1 EF-G sieht vor, dass AntragstellerInnen, die eine Leistung des Allgemeinen Entschädigungsfonds erhalten, zuvor für sich und ihre Erben auf alle Ansprüche gegen Österreich und/oder öster-reichische Unternehmen, die sich aus oder im Zusammenhang mit der Zeit des Natio-nalsozialismus oder dem Zweiten Weltkrieg ergeben, zu verzichten" haben. Falls die Fragen 11 bis 14 mit Ja zu beantworten sind: Wie können die AntragstellerInnen für sich selbst entscheiden, ob die im Zusammenhang mit dem EF-G oft erwähnten Lücken der bisherigen Restitutions- und Entschädigungsleistungen durch die vom Antragskomitee zuerkannte Leistung geschlossen werden, wenn sie weder die Beur-teilungskriterien noch die Beweisgrundlage der vom Antragskomitee getroffenen Feststellungen und gefällten Entscheidungen kennen? Wie können Sie dann von dem ihnen in § 17 EF-G und in § 18 der Verfahrens- und  Geschäftsordnung zuge-standenen Recht auf einen so genannten Rechtsbehelf und eine neuerliche Entschei-dung Gebrauch machen, wenn sie dafür tatsächliche oder rechtliche Irrtümer geltend machen oder neue Beweise vorlegen müssen?

22.  Für den Fall, dass die Fragen 11 bis 14 oder einzelne dieser Fragen mit Ja zu beant-worten sind: Ist es geplant, hier eine Änderung vorzunehmen, und wenn ja, in wel-cher Form?

23.       Werden die Beurteilungskriterien in Zukunft auf der Website des Allgemeinen Ent-schädigungsfonds veröffentlicht? Wenn ja, wann, und wenn nein, warum nicht?

24.  § 10 EF-G sieht vor, dass für Verluste und Schäden, die durch österreichische Ge-richte oder Verwaltungsbehörden endgültig entschieden oder einvernehmlich geregelt wurden, keine Leistung zu erbringen ist, es sei denn, wenn das Antragskomitee einstimmig zu der Auffassung gelangt, dass eine solche Entscheidung oder einver-nehmliche Regelung eine extreme Ungerechtigkeit dargestellt hat". Stimmt es, dass so genannte frühere Maßnahmen vom Antragskomitee nur dann auf eine allfällige extreme Ungerechtigkeit" geprüft werden, wenn eine solche von den AntragstellerIn-nen ausdrücklich geltend gemacht wurde, und wenn ja, warum?

25.  Antragsberechtigt sind laut § 6 Abs 2 auch Erben von antragsberechtigten Personen in  sinngemäßer Anwendung  der  Bestimmungen  des Allgemeinen  Bürgerlichen Gesetzbuches. Die allgemeine rechtliche Gleichstellung unehelicher und ehelicher Kinder ist erst mit dem Erbrechtsänderungsgesetz 1989 (BGBL. 656/1989) erfolgt. Aufgrund der üblichen Praxis rein ritueller Ehen und der bekannten Eheverbote der NS-Rassengesetzgebung  spielt diese Gleichstellung  in jüdischen  Familien  eine wichtige Rolle. Ist es gewährleistet, dass es bei der sinngemäßen Anwendung der Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches durch das Antragskomi-tee zu keiner Benachteiligung unehelicher Kinder aufgrund der bis 1989 geltenden diskriminierenden Rechtslage kommt, und wenn nein, warum nicht?

26.  Auf der Homepage des Entschädigungsfonds findet sich eine statistische Aufstellung der Anträge an die Schiedsinstanz für Naturalrestitution von Februar 2007. Was ist unter materielle Anträge" zu verstehen?


27.  Was ist unter Formalanträge" zu verstehen?

28.  Wie können Formalanträge in Bearbeitung sein, wenn bereits darüber entschieden wurde, dass es sich um einen Formalantrag handelt, also laut Erklärung in der Auf-stellung die Voraussetzung des öffentlichen Eigentums nicht vorliegt?

29.  Wie viele Anträge beziehen sich auf Eigentum jüdischer Gemeinschaftsorganisa-tionen?

30.  Wie viele wurden davon bearbeitet?

31.       Wie viele wurden davon entschieden?

32.       Wie viele wurden davon zurückgewiesen?

33.  Wie viele wurden davon abgelehnt?

34.  Für wie viele Anträge wurden eine Empfehlung auf Rückgabe ausgesprochen?

35.       Wie viel wurde tatsächlich zurückgegeben?

36.       Da mehrere Einzelanträge fast immer eine Liegenschaft betreffen: Wie viele Liegen-schaften werden derzeit auf Grund der Anträge überprüft?

37.       Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer einer Liegenschaft, bis die Bearbeitung abgeschlossen ist?

38.       Auf welche Aktenbestände und Unterlagen wird bei der Recherche zurückgegriffen?

Ad Nationalfonds:

Seit der Verabschiedung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus im Jahre 1995 sind rund 32.000 Anträge auf die sogenannte Gestezahlung beim Nationalfonds eingelangt.

39.       Liegen abseits der im Nationalfonds erstellten Publikation 10 Jahre Nationalfonds. Zahlen. Daten. Fakten." Veröffentlichten Statistiken zu den Auszahlungen nach Geburtsjahrgängen der Antragstellenden und nach Ländern weitere Statistiken zur Vollzugspraxis des Nationalfondsgesetzes vor?

40.       Lassen sich die rund 30.000 genehmigten Anträge und die rund 2.600 Ablehnungen nach den in § 2 (1) Nationalfondsgesetz genannten Opfergruppen aufschlüsseln?

41.  Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer vom Einlangen der Anträge auf Gestezahlung bis zur Entscheidung hierüber und die Benachrichtigung der Antragstellenden?

42.       Wie viele laufende Gestezahlungsverfahren, getrennt nach Neuanträgen und Zweit-bzw. Drittauszahlungen, sind derzeit beim Nationalfonds in Bearbeitung?

43. Inwiefern ist an eine externe wissenschaftliche Analyse des Bestandes des Nationalfonds gedacht? Bis wann sollte diese vergeben werden?