22/JPR XXIII. GP

Eingelangt am 19.09.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen

an die Präsidentin des Nationalrates

betreffend Weigerung der Bundesregierung, dem Parlament die österreichischen Kandidaten

für den Europäischen Rechnungshof bekanntzugeben.

Im Rahmen der Sitzung des EU-Hauptausschusses am 13. Juli 2007 wurde im Zuge der No- minierung von Dr. Hubert Weber als österreichisches Mitglied im Europäischen Rechnungs- hof die Frage diskutiert, ob der Übermittlung der Namen anderer Kandidaten datenschutz- rechtliche Bedenken entgegenstehen. Zumal gemäß Art. 23c B-VG die österreichische Mit- wirkung an der Ernennung von Mitgliedern des Europäischen Rechnungshofes zwar der Bun- desregierung obliegt, diese aber gemäß Abs. 2 leg. cit. das Einvernehmen mit dem Hauptauss- chuß des Nationalrates herzustellen hat.

Im Schreiben der Frau Staatssekretärin für Regionalpolitik und Verwaltungsreform vom 30. Juli 2007, GZ: BKA-810.194/0001-V/3/2007, an die Frau Präsidentin des Nationalrats be- gründet diese Ihre Weigerung, dem Hauptausschuß des Nationalrats die Daten der Mitbewer- ber bekanntzugeben, mit §1 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000, wonach jedermann, „ins- besondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens", Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten habe. Laut § 1 Abs. 2 DSG 2000 sind aber Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung „zur Wahrung über- wiegender berechtigter Interessen eines anderen" zulässig.

Abgesehen davon, daß es sich bei den Bewerbern um die Mitgliedschaft im Europäischen Parlament um Personen von öffentlichem Interesse handelt, die sich durch ihre Bewerbung freiwillig diesem öffentlichen Interesse aussetzen, sind die Mitglieder des Hauptausschusses demokratisch legitimierte und gewählte Vertreter des österreichischen Volkes, also des Sou- veräns. Durch die Weigerung der Frau Staatssekretärin für Regionalpolitik und Verwaltungs- reform, dem Nationalrat die Namen der Mitbewerber bekanntzugeben, wird das gesetzlich vorgesehene „Einvernehmen mit dem Hauptausschuß" zur Farce.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Präsidentin des Nationalrats nachste- hende

Anfrage

1.   Die Mitgliedschaft im Europäischen Rechnungshof ist eine öffentliche Funktion. Teilen Sie die Ansicht der Frau Staatssekretärin für Regionalpolitik und Verwaltungsreform, daß es nicht im „berechtigten Interesse" der Mitglieder des Hauptausschusses des Nationalra- tes als demokratisch gewählter Repräsentanten des österreichischen Volkes gelegen ist, zu erfahren, wer Österreich in einer wichtigen Institution der Europäischen Union vertreten darf?

a)   Wenn ja, wie rechtfertigen Sie diese Meinung angesichts der in einem demokratischen Rechtsstaat gebotenen Transparenz politischer Entscheidungen?

b)   Wenn nein, was gedenken Sie zu tun?


2.   Sind Sie der Meinung, daß die österreichische Bevölkerung, die durch ihre Steuergelder die Institutionen der Europäischen Union mitfinanziert, kein Recht hat, zu erfahren, wer Interesse bekundet hat, sie in einer dieser Institutionen - im gegenständlichen Fall im Eu- ropäischen Rechnungshof- zu vertreten?

a)   Wenn ja, wie argumentieren Sie diese Haltung im Lichte der in einem demokratischen Rechtsstaat gebotenen Transparenz politischer Entscheidungen?

b)  Wenn nein, was gedenken Sie zu tun?

3.    Wie soll Ihrer Meinung nach das gesetzlich vorgeschriebene Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrats hergestellt werden, wenn diesem so wichtige Informatio- nen vorenthalten werden?