39/JPR XXIII. GP
Eingelangt am 28.05.2008
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möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ing. Westenthaler
Kollegin und Kollegen
an die Präsidentin des Nationalrates
betreffend „Misstraut die Präsidentin des Nationalrates den Juristen der Parlamentsdirektion durch „Zukauf" von juristischem Wissen durch die Präsidentin des Nationalrates?
,,Jurist unterstützt Nationalratspräsidentin in heiklen Verfassungsfragen" konnten die Österreicherinnen und Österreicher in diesen Tagen in der Tageszeitung „Die Presse" lesen. Gemeint ist damit der emeritierte Verfassungsjurist Theo Öhlinger, der künftig die Nationalratspräsidentin beraten wird, was ja grundsätzlich und losgelöst vom konkreten Fall durchaus positiv zu bewerten ist.
Im Konkreten ist jedoch die Äußerung der Präsidentin, wonach sie sich riesig freue, dass sich der Herr Professor bereit erklärt hat, ihr beratend zur Seite zu stehen, geeignet, bei den unterfertigten Abgeordneten im Allgemeinen aber bei der Vielzahl an hervorragenden Juristen der Parlamentsdirektion im Speziellen wohl ein gerüttelt Maß an Erstaunen hervorzurufen.
Nicht zuletzt aufgrund der Aussage der Nationalratspräsidentin, wonach sie die genannte Bestellung damit begründet, nun in Person von Prof. Öhlinger über eine vergleichbare Beratung wie der Herr Bundespräsident zu verfügen, richten die unterfertigten Abgeordneten, im Interesse einer umfassenden Aufklärung in dieser Angelegenheit an die Präsidentin des Nationalrates nachstehende
Anfrage
1. Wurde die Funktion eines juristischen Beraters der Nationalratspräsidentin öffentlich ausgeschrieben?
2. Gab es neben Herrn Prof. Öhlinger noch weitere Bewerber für diese Tätigkeit?
3. Welcher ist der exakte Aufgabenbereich, den Herr Prof. Öhlinger abdecken wird?
4. Wie ist aus Ihrer Sicht das mit der Tätigkeit von Herrn Prof. Öhlinger offenbar verfolgte Ziel einer Pannenverhinderung im Gesetzeswerdungsprozess (siehe Gewerbeordnungsnovelle) vereinbar mit der Aussage von Herrn Prof. Öhlinger, wonach er „nicht bei jedem einzelnen Gesetz, aber natürlich bei zentralen Gesetzen eingebunden sein wird"?
5. Wie werden Sie sicherstellen, dass trotz der von Herrn Prof. Öhlinger vorgenommenen Differenzierung zwischen zentralen und einzelnen Gesetzen, derartige Pannen in Hinblick auf die geplante selektive Prüfung nicht doch noch stattfinden können?
6. Auf welcher verfassungsrechtlichen Grundlage wird Herr Prof. Öhlinger künftig in den Gesetzgebungsprozess einwirken, um allfällige Pannen zu verhindern?
7. Wie viele Juristinnen und Juristen sind derzeit in der Parlamentsdirektion insbesondere beschäftigt?
8. Wie viele Juristinnen und Juristen haben Sie seit Ihrem Amtsantritt in heiklen Verfassungsfragen unterstützt?
9. Was bewog Sie nunmehr dazu, zusätzlich zu den Experten des Hauses nunmehr externe Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen?
10. In welchen konkreten Fällen entsprachen die zu Beratungstätigkeiten herangezogenen Juristinnen und Juristen den von Ihnen gewünschten Anforderungen nicht?
11. Sehen Sie die Bestellung des Herrn Prof. Öhlinger zum juristischen Berater nicht als Desavouierung der erst mit 1. Februar 2008 zur Leiterin des Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftlichen Dienstes des Parlaments bestellten Juristin Frau Dr. Ingrid Siess-Scherz?
12. Welche Kosten werden dem Hohen Haus durch das Engagement von Herrn Prof. Öhlinger künftig erwachsen?