Vorblatt

Problem:

Die Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten soll die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union erleichtern; sie ist von Österreich bis spätestens 15. Dezember 2007 umzusetzen. Art. 16 dieser Richtlinie regelt zum überwiegenden Teil die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Fall grenzüberschreitender Verschmelzungen.

Ziele:

-       Schaffung eines Rechtes auf Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Gesellschaften, die aus grenzüberschreitenden Verschmelzungen hervorgehen;

-       Umsetzung des Artikels 16 der Richtlinie 2005/56/EG.

Inhalt:

Zur Verwirklichung der oben genannten Ziele enthält der Entwurf vor allem Bestimmungen über:

-       Definition jener aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaften, auf die das Recht auf Mitbestimmung der Arbeitnehmer gemäß Artikel 16 der Richtlinie 2005/56/EG anzuwenden ist,

-       Definition der an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften, ihrer Tochtergesellschaften sowie der von einer grenzüberschreitenden Verschmelzung betroffenen Tochtergesellschaften und Betriebe,

-       Einsetzung eines besonderen Verhandlungsgremiums bzw. eines besonderen Entsendungsgremiums und Definition ihrer jeweiligen Aufgaben,

-       Mindestinhalte der zwischen besonderem Verhandlungsgremium und dem zuständigen Organ der beteiligten Gesellschaften abzuschließenden Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft,

-       Voraussetzungen, unter denen die Vorschriften über die Mitbestimmung kraft Gesetzes zur Anwendung kommen, falls Verhandlungen zwischen besonderem Verhandlungsgremium und dem zuständigen Organ der beteiligten Gesellschaften scheitern, sowie Definition des Rechtes auf Mitbestimmung kraft Gesetzes,

-       Anwendung der Vorschriften über die Mitbestimmung kraft Gesetzes ohne vorherige Verhandlungen,

-       Entsendung der österreichischen Mitglieder in das besondere Verhandlungsgremium und das besondere Entsendungsgremium,

-       Rechtsstellung der österreichischen Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums und des besonderen Entsendungsgremiums,

-       weitere Anwendung bestehender Systeme der Mitbestimmung im Fall nachfolgender innerstaatlicher Verschmelzungen,

-       Schaffung eines Gerichtsstandes am Sitz der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft für die sich aus den Bestimmungen des vorliegenden Entwurfes ergebenden Streitigkeiten.

Alternativen:

Betriebsverfassungsrecht wird in Österreich als Regelung der betrieblichen Interessenvertretung durch Gesetz verstanden. Die mögliche Alternative der Umsetzung der Richtlinie 2005/56/EG ‑ gesetzliche Ermächtigung der kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zur Umsetzung durch eine Änderung des § 2 Abs. 2 Arbeitsverfassungsgesetz ‑ scheidet daher aus.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Schaffung eines Mitbestimmungsrechtes der Arbeitnehmer in Gesellschaften, die aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehen, gewährleistet auf grenzüberschreitender Ebene ein Recht der Arbeitnehmer auf Beteiligung an unternehmerischen Maßnahmen und Entscheidungen.

Die Einbindung der Arbeitnehmer in unternehmerische Entscheidungsprozesse ermöglicht diesen die Einbringung eigener Standpunkte, Vorschläge und Anregungen und kann so einen wichtigen Beitrag zur Akzeptanz und Qualität unternehmerischer Maßnahmen leisten. Dies wird jedenfalls einer qualitativen Verbesserung der Beschäftigung förderlich sein.

Gesellschaften, die an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligt sind, werden auf Grund der unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Verpflichtung zur Einrichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums oder eines besonderen Entsendungsgremiums durch die für die Tätigkeit dieser Organe bereit zu stellenden finanziellen und materiellen Mittel (Geschäftsführungskosten und Sacherfordernisse) Kosten erwachsen. Eine allgemeine Aussage über die Höhe dieser Kosten lässt sich nicht treffen, da diese von der Struktur der beteiligten Gesellschaften (Anzahl der Betriebe und Unternehmen dieser Gesellschaften, Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer), der Dauer der Verhandlungen zum Abschluss einer Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer und ähnlichen einzelfallbezogenen Faktoren abhängig sind. Durch die im Gesetz normierte Beschränkung der Kostentragungspflicht auf die zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des jeweiligen Organs erforderlichen Kosten und das angemessene Ausmaß dieser Kosten sollte eine überschießende Kostenbelastung der Unternehmen aber vermieden werden können. Hinsichtlich der Sacherfordernisse ist außerdem anzunehmen, dass diese zum Teil schon durch die Sachbereitstellung für die nationalen Organe der Arbeitnehmerschaft abgedeckt sein werden.

Das den Arbeitnehmern eingeräumte Mitbestimmungsrecht auf grenzüberschreitender Ebene hat ‑ in Ergänzung der gesetzlichen Betriebsverfassung ‑ die Herbeiführung eines Interessenausgleichs zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zum Ziel. Dieser betriebliche Interessenausgleich war in der Vergangenheit einer der maßgeblichen Garanten für den sozialen Frieden und die Vermeidung von Arbeitskämpfen; er kann insoweit zur Vermeidung kostenmäßiger Belastungen der Unternehmen durch Arbeitskämpfe und damit zu einer positiven Bewertung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitragen.

Finanzielle Auswirkungen:

Siehe dazu die Ausführungen im Allgemeinen Teil der Erläuterungen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Entwurf sieht ausschließlich Maßnahmen vor, zu denen der Bund auf Grund zwingender Vorschriften des Gemeinschaftsrechts verpflichtet ist.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Die Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten ist am 25. November 2005 im Amtsblatt L 310 erschienen, am 15. Dezember 2005 in Kraft getreten und bis spätestens 15. Dezember 2007 umzusetzen.

Der überwiegende Teil des Artikels 16 dieser Richtlinie regelt die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Fall grenzüberschreitender Verschmelzungen. Die übrigen Bestimmungen der Richtlinie regeln die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen grenzüberschreitender Verschmelzungen; diese Bestimmungen sollen im Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2007 erlassen werden. Ein entsprechender Ministerialentwurf des Bundesministeriums für Justiz ist zeitnah mit diesem Entwurf zur allgemeinen Begutachtung versendet worden.

Die Richtlinie 2005/56/EG wurde mit dem Ziel erlassen, die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten zu erleichtern. Im Rahmen des Arbeitsverfassungsgesetzes besteht jedoch auf grenzüberschreitender Ebene kein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer.

Ziel des vorliegenden Entwurfes ist es daher, ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer auch für den Fall grenzüberschreitender Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften zu schaffen.

Das diesbezügliche Verfahren läuft in der Weise ab, dass zunächst auf Grund einer schriftlichen Aufforderung der zuständigen Leitungs- oder Verwaltungsorgane der an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften an die Arbeitnehmervertreter oder die Arbeitnehmer in diesen Gesellschaften sowie in den von der Verschmelzung betroffenen Tochtergesellschaften und betroffenen Betrieben ein besonderes Verhandlungsgremium zu errichten ist.

Aufgabe des besonderen Verhandlungsgremiums ist es, mit dem zuständigen Organ der beteiligten Gesellschaften eine schriftliche Vereinbarung über Mitbestimmung abzuschließen, wobei in dieser Vereinbarung jedenfalls die Zahl der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsrates, die die Arbeitnehmer wählen oder bestellen können oder deren Bestellung sie empfehlen oder ablehnen können sowie das Verfahren, nach dem die Arbeitnehmer dabei vorzugehen haben, festzulegen ist.

Wenn das zuständige Organ der beteiligten Gesellschaften und das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fassen oder innerhalb von sechs Monaten nach Aufnahme der Verhandlungen keine Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer zustande kommt, richtet sich die Mitbestimmung der Arbeitnehmer nach den subsidiären Vorschriften des 3. Hauptstückes des VI. Teiles des ArbVG.

Das bedeutet, dass das besondere Verhandlungsgremium über die Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der verschmolzenen Gesellschaft auf die Arbeitnehmervertreter aus verschiedenen Mitgliedstaaten entsprechend den jeweiligen Anteilen der in den einzelnen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer der verschmolzenen Gesellschaft, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe sowie über die Entsendung der österreichischen Mitglieder in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der verschmolzenen Gesellschaft zu entscheiden hat.

Das besondere Verhandlungsgremium kann aber auch ‑ mit mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten ‑ beschließen, keine Verhandlungen zu eröffnen oder die bereits eröffneten Verhandlungen abzubrechen. In diesem Fall ist auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft § 110 anzuwenden.

Die zuständigen Leitungs- und Verwaltungsorgane der beteiligten Gesellschaften können aber auch beschließen, keine Verhandlungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer zu führen. Auch in diesem Fall kommen die subsidiären Vorschriften über die Mitbestimmung kraft Gesetzes zur Anwendung, wobei deren Geltung allerdings nicht vom Erreichen eines Schwellenwertes in Bezug auf die Zahl der von Mitbestimmung erfassten Arbeitnehmer abhängig ist. Die zuständigen Leitungs- und Verwaltungsorgane haben die Arbeitnehmervertreter von einem solchen Beschluss unverzüglich zu informieren und diese auf die Notwendigkeit der Einsetzung eines besonderen Entsendungsgremiums hinzuweisen. Dieses ist nach den für das besondere Verhandlungsgremium geltenden Vorschriften zu errichten und hat auch dieselben Aufgaben zu erfüllen, insbesondere also über die Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der verschmolzenen Gesellschaft auf die Arbeitnehmervertreter aus verschiedenen Mitgliedstaaten sowie über die Entsendung der österreichischen Mitglieder in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der verschmolzenen Gesellschaft zu entscheiden.

Der Entwurf sieht weiters auch vor, dass das besondere Entsendungsgremium im Fall von Änderungen in der Struktur der verschmolzenen Gesellschaft oder Änderungen ihrer Arbeitnehmerzahl, die eine andere Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der Gesellschaft bedingen würden, einen neuerlichen Verteilungs- bzw. Entsendungsbeschluss zu fassen hat.

Wenn die verschmolzene Gesellschaft in weiterer Folge mit einer Gesellschaft mit Sitz in Österreich verschmolzen wird, so gilt für die aus dieser Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft hinsichtlich der Mitbestimmung der Arbeitnehmer § 110 ArbVG, es sei denn, dass dessen Anwendung zu einer Minderung der Mitbestimmungsrechte im Sinne der Bestimmungen des VI. Teiles führen würde, also vor allem zu einer Verringerung des Anteiles der Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der Gesellschaft. In diesem Fall gelten die bisher für die verschmolzene Gesellschaft maßgeblichen Mitbestimmungsregelungen für die aus der nachfolgenden innerstaatlichen Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft für einen Zeitraum von drei Jahren ab dem Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung weiter.

Durch die Änderung des Post-Betriebsverfassungsgesetzes (Artikel II des Entwurfes) werden die Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Fall grenzüberschreitender Verschmelzungen von Gesellschaften , die dem Post-Betriebsverfassungsgesetz unterliegen, für anwendbar erklärt, wobei klar gestellt wird, dass die den Organen nach dem Arbeitsverfassungsgesetz zukommenden Aufgaben von den nach dem Post-Betriebsverfassungsgesetz errichteten Organen wahrzunehmen sind.

Durch eine Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes (Artikel III des Entwurfes) soll ein Gerichtsstand am Sitz der verschmolzenen Gesellschaft für Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das besondere Verhandlungsgremium oder das besondere Entsendungsgremium sowie auf die Mitbestimmung im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der verschmolzenen Gesellschaft beziehen, geschaffen werden.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Vollziehung des Arbeitsverfassungsgesetzes liegt im Wesentlichen bei den Gerichten, sodass allenfalls Belastungen durch entsprechende Prozessführungen eintreten könnten; diesbezüglich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein Gerichtsstand im Inland nur hinsichtlich jener in den Geltungsbereich des vorliegenden Entwurfes fallenden verschmolzenen Gesellschaften geschaffen wird, die ihren Sitz in Österreich haben. Zu berücksichtigen ist auch, dass die gesetzliche Regelung einen sehr großzügigen Rahmen vorgibt, die konkrete Ausgestaltung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer jedoch in erster Linie der Vereinbarung der Parteien überlässt. Es ist zu erwarten, dass Konflikte ‑ wie auch sonst im Rahmen der gesetzlichen Betriebsverfassung ‑ zum Großteil auf dem Verhandlungsweg und nur selten vor den Gerichten ausgetragen werden.

Abgesehen davon, ist derzeit noch nicht abschätzbar, in welchem Umfang von der Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften überhaupt Gebrauch gemacht werden wird.

Kosten für den Bund könnten auch insoweit entstehen, als dieser als Inhaber von an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaft bzw. einer verschmolzenen Gesellschaft tätig und somit im Sinne des vorliegenden Entwurfes unmittelbar aus dem Gesetz verpflichtet wird; insoweit ist er aber jedem anderen Leiter einer solchen Gesellschaft gleichgestellt.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass Österreich nach dem Gemeinschaftsrecht zur Umsetzung der Richtlinie verpflichtet ist.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung gründet sich auf Artikel 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Arbeitsrecht“).


Besonderer Teil

Zu Artikel I (Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 40 Abs. 4e):

Die Aufnahme des besonderen Verhandlungsgremiums und des besonderen Entsendungsgremiums in die Liste der Organe der Arbeitnehmerschaft dient der Klarstellung.

Klargestellt wird auch, dass diese Organe nur in Unternehmen und Konzernen zu errichten sind, die die im VIII. Teil aufgestellten Voraussetzungen (vergleiche § 258) erfüllen.

Aus der Definition als Organe der Arbeitnehmerschaft ergibt sich weiters die Parteifähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (vergleiche Artikel III).

Zu Z 2, 3 und 4 (§ 113 Abs. 2 Z 12, Abs. 4 Z 11 und Abs. 5 Z 11):

Diese Regelung ergänzt die Kompetenzverteilung zwischen Betriebsrat, Betriebsausschuss, Zentralbetriebsrat und Konzernvertretung hinsichtlich der Entsendung österreichischer Arbeitnehmervertreter in das besondere Verhandlungsgremium (§ 261 iVm §§ 217, 218) oder in das besondere Entsendungsgremium (§ 262 iVm §§ 217, 218) und in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft.

Zu Z 5 und 6 (§§ 134 Abs. 1 Z 3, 230 Abs. 2 Z 2):

Diese Regelungen dienen der Richtigstellung redaktioneller Versehen.

Zu Z 7 (§§ 258 bis 263):

Zu § 258:

Abs. 1 der vorgeschlagenen Bestimmung legt den Geltungsbereich der Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften entsprechend Art. 16 Abs.  2 der Richtlinie 2005/56/EG fest.

Der Geltungsbereich erfasst daher Unternehmen, die unter den II. Teil des ArbVG fallen, aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften hervorgehen oder hervorgehen sollen und ihren Sitz im Inland haben oder haben werden, wenn

-       in mindestens einer der beteiligten Gesellschaften mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt sind und in dieser Gesellschaft eine Form der Mitbestimmung besteht, oder

-       das österreichische Recht für die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft nicht mindestens den gleichen Umfang an Mitbestimmungsrechten vorsieht, wie er in den beteiligten Gesellschaften bestanden hat, oder

-       das österreichische Recht für die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft für Arbeitnehmer in ausländischen Betrieben der Gesellschaft, nicht den gleichen Anspruch auf Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorsieht, wie er den Arbeitnehmern in Österreich gewährt wird.

Unter dem in den Z 2 und 3 verwendeten Begriff „das österreichische Recht“ ist nicht nur § 110 zu verstehen, sondern auch die in einigen Ausgliederungsgesetzen enthaltenen Sonderbestimmungen für privatisierte Unternehmen, sowie die nach den Bestimmungen des VI. Teiles abgeschlossenen Vereinbarungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Europäischen Gesellschaften und die Vorschriften dieses Teiles über die Mitbestimmung kraft Gesetzes.

Da im österreichischen Betriebsverfassungsrecht das Territorialitätsprinzip gilt und dementsprechend § 110 Arbeitnehmern in ausländischen Betrieben eines österreichischen Unternehmens oder Konzerns keinen Anspruch auf Mitbestimmung einräumt, ist für alle Verschmelzungen österreichischer Kapitalgesellschaften mit ausländischen Gesellschaften, wobei die verschmolzene Gesellschaft ihren Sitz in Österreich hat, der dritte Fall des § 258 erfüllt.

Dennoch können auch die beiden ersten Fälle der vorgeschlagenen Bestimmung praktische Relevanz haben, und zwar in dem Fall, dass eine Europäische Gesellschaft (SE) mit Sitz in Österreich mit einer ausländischen Kapitalgesellschaft durch deren Aufnahme verschmolzen wird.

Hingegen kommen nach Auffassung der Europäischen Kommission im Fall, dass eine SE mit Sitz in Österreich mit einer ausländischen Kapitalgesellschaft in der Form verschmolzen wird, dass alle beteiligten Gesellschaften als eigene Rechtspersönlichkeit erlöschen und eine neue SE entsteht (Verschmelzung durch Neugründung) die Bestimmungen des VI. Teiles über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft zur Anwendung.

Abs. 2 der vorgeschlagenen Bestimmung enthält in Umsetzung von Art. 16 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2005/56/EG die Definition des Umfangs der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer, wobei diesbezüglich auf den Anteil der Arbeitnehmervertreter im Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan oder seiner Ausschüsse oder des Leitungsgremiums, das für die Ergebniseinheiten der Gesellschaft zuständig ist, abgestellt wird.

Zur Definition der Mitbestimmungsrechte ist festzuhalten, dass diese alle in der Richtlinie 2005/56/EG angeführte ‑ auch dem österreichischen Recht fremde ‑ Formen der Mitbestimmung anzuführen hat. Dies deshalb, da für den Vergleich des Umfanges der Mitbestimmungsrechte eben auch Formen der Mitbestimmung heranzuziehen sind, die in beteiligten Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten bestehen.

In Abs. 3 wird klargestellt, dass in allen nicht von Abs. 1 erfassten Fällen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung weiterhin § 110 bzw. die für die Europäische Gesellschaft geltende Regelung über die Mitbestimmung anzuwenden ist, wenn eine Europäische Gesellschaft bei der Verschmelzung aufnehmende Gesellschaft ist.

Der Geltungsbereich der Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Fall grenzüberschreitender Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften wird ‑ aus Kompetenzgründen ‑ weiters auf Unternehmen eingeschränkt, die unter den II. Teil des ArbVG fallen. Für die Unternehmen der Post werden die Bestimmungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen in einer eigenen Bestimmung im Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung (vergleiche die Erläuterungen zu Art. II) für anwendbar erklärt. Für die übrigen, vom II. Teil des ArbVG ausgenommenen Unternehmen kann eine Regelung unterbleiben, da diese die sonstigen Voraussetzungen für eine grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften ohnehin nicht erfüllen.

Zu § 259:

Die vorgeschlagene Bestimmung enthält die Definition der Begriffe „beteiligte Gesellschaft“, „Tochtergesellschaft einer beteiligten Gesellschaft“, „betroffene Tochtergesellschaft“ und „betroffener Betrieb“.

Die Definition dieser Begriffe hat weitreichende Konsequenzen. So sind für die Zusammensetzung des besonderen Verhandlungsgremiums (§ 261 Abs. 1 iVm § 216) und des besonderen Entsendungsgremiums (§ 262 Abs. 3 iVm § 233) die beteiligten Gesellschaften sowie die betroffenen Tochtergesellschaften und die betroffenen Betriebe gleichermaßen heranzuziehen. Hingegen ist für die Voraussetzungen, unter denen die Bestimmungen über die Mitbestimmung kraft Gesetzes zur Anwendung kommen (§ 261 Abs. 1 iVm § 244), auf die bisher bestehende Mitbestimmung lediglich in den beteiligten Gesellschaften abzustellen.

Zu § 260:

Die vorgeschlagene Bestimmung zählt die Belegschaftsorgane auf, die im Rahmen des VIII. Teiles des ArbVG zu bilden sind (vergleiche im Übrigen die Erläuterungen zu Z 1; § 40 Abs. 4e).

Zu § 261:

Abs. 1 dieser Bestimmung sieht in Umsetzung von Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2005/56/EG vor, dass auf grenzüberschreitende Verschmelzungen grundsätzlich die Bestimmungen des VI. Teiles des ArbVG über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft, soweit sich diese auf das Recht auf Mitbestimmung beziehen, anzuwenden sind. In jenen Fällen, in denen die Bestimmungen des VI. Teiles über die Mitbestimmung nach der Art der Gründung der Europäischen Gesellschaft unterscheiden, ist die für den Fall der Gründung durch Verschmelzung geltende Rechtsvorschrift anzuwenden.

Im Einzelnen bedeutet dies, dass zunächst auf Grund einer schriftlichen Aufforderung der zuständigen Leitungs- oder Verwaltungsorgane der an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften an die Arbeitnehmervertreter oder die Arbeitnehmer in diesen Gesellschaften sowie in den von der Verschmelzung betroffenen Tochtergesellschaften und betroffenen Betrieben ein besonderes Verhandlungsgremium zu errichten ist. In das besondere Verhandlungsgremium ist für jeden Anteil an in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmern, der 10% der Gesamtzahl der in allen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften, betroffenen Tochtergesellschaften und betroffenen Betriebe oder einen Bruchteil davon beträgt, ein Mitglied aus diesem Mitgliedstaat in das besondere Verhandlungsgremium zu entsenden. Die Entsendung zusätzlicher Mitglieder ist vorgesehen, soweit dies notwendig ist, um zu gewährleisten, dass jede beteiligte Gesellschaft, die als Folge der Verschmelzung als eigene Rechtspersönlichkeit erlöschen wird, im besonderen Verhandlungsgremium durch mindestens ein Mitglied vertreten ist (siehe im Einzelnen § 216).

Ebenso finden die Bestimmungen des VI. Teiles des ArbVG über die Entsendung der österreichischen Mitglieder (§§ 217, 218), die Konstituierung (§ 219), die Sitzungen (§ 220), die Beschlussfassung (§ 221), die Tätigkeitsdauer (§ 222), den Beginn und das Erlöschen der Mitgliedschaft (§ 223), die Kostentragung (§ 224), Strukturänderungen (§ 228) und Verfahrensmissbrauch (§ 229; siehe in diesem Zusammenhang aber § 263) Anwendung.

Im Zusammenhang mit der Entsendung der österreichischen Mitglieder in das besondere Verhandlungsgremium ist darauf hinzuweisen, dass Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2005/56/EG diesbezüglich auf Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/86/EG zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer verweist. Diese Bestimmung sieht vor, dass unbeschadet der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten betreffend Schwellen für die Errichtung eines Vertretungsorgans die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die Arbeitnehmer der Unternehmen oder Betriebe, in denen unabhängig vom Willen der Arbeitnehmer keine Arbeitnehmervertreter vorhanden sind, selbst Mitglieder für das besondere Verhandlungsgremium wählen oder bestellen dürfen. Die in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung ergangenen §§ 217, 218 ArbVG sehen für Arbeitnehmer in Betrieben ohne Betriebsrat keine Möglichkeit der Teilnahme an der Entsendung in das besondere Verhandlungsgremium vor. Diese Umsetzung ist im Hinblick darauf richtlinienkonform, dass nach dem Arbeitsverfassungsgesetz kein Fall denkbar ist, in dem unabhängig vom Willen der Arbeitnehmer kein Organ der Arbeitnehmerschaft besteht, da es den Arbeitnehmern die Wahl eines Betriebsrates jederzeit freisteht (vgl. Gahleitner in Kalss/Hügel, Europäische Aktiengesellschaft, SE-Kommentar 2004, S 750). Dementsprechend wird auch bei Umsetzung der Richtlinie 2005/56/EG für Arbeitnehmer in Betrieben ohne Betriebsrat keine Möglichkeit der Teilnahme an der Entsendung in das besondere Verhandlungsgremium vorgesehen.

Aufgabe des besonderen Verhandlungsgremiums ist es, mit dem zuständigen Organ der beteiligten Gesellschaften eine schriftliche Vereinbarung über ein Verfahren der Mitbestimmung abzuschließen, wobei in dieser Vereinbarung jedenfalls die Zahl der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsrates, die die Arbeitnehmer wählen oder bestellen können oder deren Bestellung sie empfehlen oder ablehnen können sowie das Verfahren, nach dem die Arbeitnehmer dabei vorzugehen haben, festzulegen ist (siehe §§ 225, 230 Abs. 2).

Wenn das zuständige Organ der beteiligten Gesellschaften und das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fassen oder innerhalb von sechs Monaten nach Aufnahme der Verhandlungen keine Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer zustande kommt, richtet sich die Mitbestimmung der Arbeitnehmer nach den subsidiären Vorschriften des 3. Hauptstückes des VI. Teiles des ArbVG (vgl. § 244 Abs. 1).

Abs. 2 der vorgeschlagenen Bestimmung normiert, dass im Fall, dass innerhalb von sechs Monaten nach Aufnahme der Verhandlungen keine Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer zustande kommt, die Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft (siehe § 246) sowie die Entsendung der österreichischen Mitglieder in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat (siehe § 247) vom besonderen Verhandlungsgremium an Stelle des SE-Betriebsrates vorzunehmen ist.

In Umsetzung von Art. 16 Abs. 3 lit. e der Richtlinie 2005/56/EG bestimmt Abs. 4 der vorgeschlagenen Regelung, dass der für die Anwendung der subsidiären Vorschriften des 3. Hauptstückes des VI. Teiles des ArbVG über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer kraft Gesetzes im Fall der Verschmelzung vorgesehene Schwellenwert von 25% auf ein Drittel der Gesamtzahl der Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften erhöht wird. Somit kommen die Vorschriften über die Mitbestimmung dann zur Anwendung, wenn in mindestens einer der beteiligten Gesellschaften Mitbestimmung besteht und sich auf mindestens ein Drittel der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften erstreckt. Wenn in mindestens einer der beteiligten Gesellschaften Mitbestimmung besteht, sich aber auf weniger als ein Drittel der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften erstreckt, kommen die Vorschriften über die Mitbestimmung hingegen nur dann zur Anwendung, wenn das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fasst.

Das besondere Verhandlungsgremium hat im Fall, dass in den beteiligten Gesellschaften verschiedene Systeme der Mitbestimmung bestehen, weiters zu beschließen, welches von ihnen in der verschmolzenen Gesellschaft zur Anwendung kommen soll. Fasst das besondere Verhandlungsgremium keinen solchen Beschluss, so findet jene Form der Mitbestimmung Anwendung, die sich auf die höchste Zahl der in den beteiligten Gesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer erstreckt (siehe § 244 Abs. 3 und 5).

Schließlich hat das besondere Verhandlungsgremium über die Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der verschmolzenen Gesellschaft auf die Arbeitnehmervertreter aus verschiedenen Mitgliedstaaten entsprechend den jeweiligen Anteilen der in den einzelnen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer der verschmolzenen Gesellschaft, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe sowie über die Entsendung der österreichischen Mitglieder in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der verschmolzenen Gesellschaft zu entscheiden (siehe §§ 246, 247).

In Umsetzung von Art. 16 Abs. 4 lit. b der Richtlinie 2005/56/EG der Richtlinie sieht Abs. 3 der vorgeschlagenen Bestimmung vor, dass das besondere Verhandlungsgremium ‑ mit mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten – beschließen kann, keine Verhandlungen zu eröffnen oder die bereits eröffneten Verhandlungen abzubrechen (siehe auch § 227 Abs. 1). In diesem Fall ist auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft § 110 bzw. die für die Europäische Gesellschaft geltende Regelung über die Mitbestimmung anzuwenden, wenn eine Europäische Gesellschaft bei der Verschmelzung aufnehmende Gesellschaft ist.

Zu § 262:

Abs. 1 der vorgeschlagenen Bestimmung sieht in Umsetzung von Art. 16 Abs. 4 lit. a der Richtlinie 2005/56/EG vor, dass die zuständigen Leitungs- und Verwaltungsorgane der beteiligten Gesellschaften beschließen können, keine Verhandlungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer zu führen. Auch in diesem Fall kommen die subsidiären Vorschriften des 3. Hauptstückes des VI. Teiles des ArbVG über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer kraft Gesetzes zur Anwendung, wobei deren Geltung allerdings nicht vom Erreichen eines Schwellenwertes abhängig ist.

Abs. 2 sieht vor, dass die zuständigen Leitungs- und Verwaltungsorgane die Arbeitnehmervertreter von einem solchen Beschluss unverzüglich zu informieren und sie auf die Notwendigkeit der Einsetzung eines besonderen Entsendungsgremiums hinzuweisen haben.

Dieses ist gemäß Abs. 3 nach den für das besondere Verhandlungsgremium geltenden Vorschriften zu errichten und hat auch dieselben Aufgaben zu erfüllen, insbesondere also über die Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der verschmolzenen Gesellschaft auf die Arbeitnehmervertreter aus verschiedenen Mitgliedstaaten sowie über die Entsendung der österreichischen Mitglieder in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der verschmolzenen Gesellschaft zu entscheiden (Abs. 4).

Abs. 4 sieht weiters vor, dass im Fall, dass ein anderer Mitgliedstaat keine Regelung über die Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft auf die Arbeitnehmervertreter aus verschiedenen Mitgliedstaaten getroffen hat, das besondere Entsendungsgremium über die Entsendung dieser Arbeitnehmervertreter bestimmt.

Abs. 5 bestimmt, dass das besondere Entsendungsgremium im Fall von Änderungen in der Struktur der verschmolzenen Gesellschaft oder Änderungen ihrer Arbeitnehmerzahl, die eine andere Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der Gesellschaft bedingen würden, einen neuerlichen Verteilungs- bzw. Entsendungsbeschluss zu fassen hat. Das zuständige Leitungs- oder Verwaltungsorgan der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft hat die Arbeitnehmervertreter in der Gesellschaft sowie in den betroffenen Tochtergesellschaften und Betrieben über solche Änderungen unverzüglich zu informieren.

Abs. 6 schließlich erklärt die für das besondere Verhandlungsgremium bzw. seine Mitglieder geltenden Bestimmungen über die Konstituierung, die Sitzungen, die Beschlussfassung, die Kostentragung, die Verschwiegenheitspflicht die Weisungsungebundenheit, das Beschränkungs- und Benachteiligungsverbot, die Freizeitgewährung sowie den Kündigungs- und Entlassungsschutz auch für das besondere Entsendungsgremium bzw. seine Mitglieder für anwendbar.

Zu § 263:

Diese Bestimmung sieht in Umsetzung von Art. 16 Abs. 7 der Richtlinie 2005/56/EG vor, dass im Fall, dass die aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft in weiterer Folge mit einer Gesellschaft mit Sitz in Österreich verschmolzen wird, für die aus dieser Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft hinsichtlich der Mitbestimmung der Arbeitnehmer § 110 gilt, es sei denn, dass dessen Anwendung zu einer Minderung der Mitbestimmungsrechte im Sinne der Bestimmungen des VI. Teiles führen würde, also vor allem zu einer Verringerung des Anteiles der Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der Gesellschaft. In diesem Fall gelten die bisher für die verschmolzene Gesellschaft maßgeblichen Mitbestimmungsregelungen für die aus der nachfolgenden innerstaatlichen Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft für einen Zeitraum von drei Jahren ab dem Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung weiter.

Wenn allerdings die aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft in weiterer Folge mit einer Europäischen Gesellschaft mit Sitz in Österreich verschmolzen wird, wobei die Europäische Gesellschaft aufnehmende Gesellschaft ist, so ist die für die Europäische Gesellschaft geltende Regelung über die Mitbestimmung anzuwenden.

Zu Z 10 (§ 265 Abs. 19):

Die Richtlinie 2005/56/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten zur innerstaatlichen Umsetzung bis spätestens 15. Dezember 2007. Die Bestimmungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Fall grenzüberschreitender Verschmelzung von Kapitalgesellschaften sollen am letzten Tag der Umsetzungsfrist – gleichzeitig mit der Umsetzung des gesellschaftsrechtlichen Teiles der Richtlinie ‑ in Kraft treten; dies ist deshalb notwendig, weil für die Schaffung eines Mitbestimmungsrechtes der Arbeitnehmer auf grenzüberschreitender Ebene nicht nur das Recht des Mitgliedstaates, in dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz hat, maßgebend ist. Vielmehr muss auch in den Mitgliedstaaten, in denen sich an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligte Gesellschaften sowie von dieser betroffene Tochtergesellschaften und Betriebe befinden, die Umsetzung bereits erfolgt sein, da sich etwa die Entsendung von Arbeitnehmervertretern nach dem Recht des Mitgliedstaates richtet, in dem der Sitz des entsendenden Unternehmens bzw. Betriebes liegt.

Zu Artikel II (Änderung des Post-Betriebsverfassungsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 76 Abs. 4):

Mit dieser Regelung werden die Bestimmungen des ArbVG über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Fall grenzüberschreitender Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften auch für Unternehmen, die dem P-BVG unterliegen, für anwendbar erklärt, wobei klar gestellt wird, dass die den Organen nach dem ArbVG zukommenden Aufgaben von den nach dem P-BVG errichteten Organen wahrzunehmen sind. Dies ist deshalb notwendig, da der Geltungsbereich des VIII. Teiles des ArbVG - aus Kompetenzgründen - auf Unternehmen beschränkt ist, die unter den II. Teil des ArbVG fallen. Die Bestimmungen des II. Teiles des ArbVG gelten jedoch nicht für die Unternehmen der Post, sodass für diese eine eigene Regelung erforderlich ist.

Zu Z 2 (§ 81 Abs. 10):

Siehe die Erläuterungen zu Art. I Z 10.

Zu Artikel III (Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes)

Die Änderungen des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes entsprechen den Vorgaben von Art. 16 Abs. 3 lit. f der Richtlinie 2005/56/EG in Verbindung mit Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2001/86/EG zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Verfahren vorzusehen, mit denen die Erfüllung der sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen durchgesetzt werden kann.

Die Parteifähigkeit des besonderen Verhandlungsgremiums und des besonderen Entsendungsgremiums ergibt sich aus dem § 53 ASGG im Zusammenhang mit den §§ 40 Abs. 4e und 260 ArbVG. Während § 53 ASGG bestimmt, dass die Organe der Arbeitnehmerschaft parteifähig sind, erklären die genannten Bestimmungen des ArbVG diese Organe zu Organen der Arbeitnehmerschaft.

Zu Z 1 (§ 5e):

Die Regelungen über die örtliche Zuständigkeit sowie über die inländische Gerichtsbarkeit für Rechtsstreitigkeiten betreffend den VIII. Teil des ArbVG knüpfen – außer in den in § 260 in Verbindung mit § 209 ArbVG ausdrücklich angeführten Fällen ‑ an den Sitz der aus der grenzüberschreitenden Gesellschaft hervorgehenden Gesellschaft an.

Zu Z 2 (§ 50 Abs. 2):

Die Bestimmung beinhaltet eine Erweiterung des Kataloges der Arbeitsrechtssachen um die Streitigkeiten aus der Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften (VIII. Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes).

Zu Z 3 (§ 98 Abs. 15):

Siehe die Erläuterungen zu Art. I Z 10.


Textgegenüberstellung

Artikel I

Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes

 

Geltende Fassung

Vorgeschlagene Fassung

 

§ 40. (4d) …

„(4e) In den Unternehmen im Sinne des VIII. Teiles ist nach Maßgabe des VIII. Teiles ein besonderes Verhandlungsgremium oder ein besonderes Entsendungsgremium einzusetzen.“

 

 

§ 113. (2) In Betrieben, in denen ein Betriebsausschuss errichtet ist, werden vom Betriebsausschuss folgende Befugnisse ausgeübt:

         11. ….

       „12. Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§ 261 iVm §§ 217, 218), oder in das besondere Entsendungsgremium (§ 262 iVm §§ 217, 218) und in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft (§ 260 bzw. § 261 iVm § 247).“

 

 

(4) In Unternehmen, in denen ein Zentralbetriebsrat zu errichten ist, werden folgende Befugnisse von diesem ausgeübt:

         10. ….

       „11. Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§ 261 iVm §§ 217, 218), oder in das besondere Entsendungsgremium (§ 262 iVm §§ 217, 218) und in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft (§ 260 bzw. § 261 iVm § 247).“

 

 

(5) In Konzernen, in denen eine Konzernvertretung errichtet ist, werden folgende Befugnisse von dieser ausgeübt:

         10. …

       „11. Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§ 261 iVm §§ 217, 218), oder in das besondere Entsendungsgremium (§ 262 iVm §§ 217, 218) und in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft (§ 260 bzw. § 261 iVm § 247).“

 

 

§ 134. (1) …

           4. Kraftfahrlinienunternehmungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Kraftfahrliniengesetz 1952, BGBl. Nr. 84,

§ 134. (1) …

           3. Kraftfahrlinienunternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Kraftfahrliniengesetz (KfLG), BGBl. I Nr. 203/1999,

 

 

§ 230. (2) …

           2. das Verfahren, nach denen die Arbeitnehmer diese Mitglieder wählen oder bestellen oder deren Bestellung empfehlen oder ablehnen können sowie…

§ 230. (2) …

           2. das Verfahren, nach dem die Arbeitnehmer diese Mitglieder wählen oder bestellen oder deren Bestellung empfehlen oder ablehnen können sowie…

 

 

§ 259. (18) …

§ 265. (19) § 40 Abs. 4e, § 113 Abs. 2 Z 12, Abs. 4 Z 11, Abs. 5 Z 11, § 134 Abs. 1 Z 3, 230 Abs. 2 Z 2 sowie die Bestimmungen des VIII. Teiles in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/XXX treten mit 15. Dezember 2007 in Kraft.

 

Artikel II

Änderung des Bundesgesetzes über die Post-Betriebsverfassung

 

§ 76.

(4) Die Bestimmungen des V., VI. und VII. Teiles des ArbVG gelten für Unternehmen, die diesem Bundesgesetz unterliegen, mit der Maßgabe, dass die den Organen nach dem ArbVG zukommenden Aufgaben von den nach diesem Bundesgesetz errichteten Organen wahrzunehmen sind.

„(4) Die Bestimmungen des V., VI., VII., und VIII Teiles des ArbVG gelten für Unternehmen, die diesem Bundesgesetz unterliegen, mit der Maßgabe, dass die den Organen nach dem ArbVG zukommenden Aufgaben von den nach diesem Bundesgesetz errichteten Organen wahrzunehmen sind.“

§ 81. (9) …

„(10) § 76 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/XXX tritt mit 15. Dezember 2007 in Kraft.“

Artikel III

Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes

 

§ 5d.

§ 5e. (1) Für Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das besondere Verhandlungsgremium oder das besondere Entsendungsgremium sowie auf die Mitbestimmung gemäß den Bestimmungen des VIII. Teiles des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974, oder auf gleichartige österreichische Rechtsvorschriften beziehen, ist nur das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz hat oder haben soll. Für Rechtsstreitigkeiten, die sich auf § 260 in Verbindung mit § 209 ArbVG beziehen, ist nur das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die beteiligte Gesellschaft ihren Sitz hat oder hatte.

(2) Die inländische Gerichtsbarkeit für die im Abs. 1 genannten Rechtsstreitigkeiten ist nur dann gegeben, wenn

           1. die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz im Inland hat oder haben soll oder

           2. es sich um Angelegenheiten handelt, für die die Bestimmungen des VIII. Teiles des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974, gemäß § 260 in Verbindung mit § 209 ArbVG auch dann gelten, wenn der Sitz der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft nicht im Inland liegt oder liegen wird.“

§ 50.

(2) Ferner sind Arbeitsrechtssachen Streitigkeiten über Rechte oder Rechtsverhältnisse, die sich aus dem II., V., VI. oder VII. Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974 (betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten), oder aus gleichartigen bundesrechtlichen Bestimmungen ergeben.

„(2) Ferner sind Arbeitsrechtssachen Streitigkeiten über Rechte oder Rechtsverhältnisse, die sich aus dem II., V., VI., VII. oder VIII. Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974 (betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten), oder aus gleichartigen bundesrechtlichen Bestimmungen ergeben.“

§ 98. (14) …

„(15) § 5e und § 50 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/XXX treten mit dem 15. Dezember 2007 in Kraft.“