Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz für eine österreichische Entwicklungsbank geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Ausfuhrförderungsgesetz, BGBl. Nr. 215/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2007, wird wie folgt geändert:

1. In § 5 Abs. 2 Z 1 wird die Wortfolge „Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten" durch die Wortfolge „Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten“ ersetzt.

2. (Verfassungsbestimmung) § 9 samt Überschrift lautet:

„Österreichische Entwicklungsbank

§ 9. (1) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, mit einer Tochtergesellschaft des Bevollmächtigten des Bundes gemäß § 5 Abs. 1 einen Vertrag über den Aufbau und die Leistungen einer Entwicklungsbank abzuschließen.

(2) Aufgaben der Entwicklungsbank sind insbesondere die längerfristige Finanzierung nachhaltiger Investitionen in Entwicklungsländern und die Abwicklung von Maßnahmen des Bundes zur Unterstützung der Vorbereitung und Durchführung von privatwirtschaftlichen Projekten in Entwicklungsländern. Die österreichische Entwicklungsbank ist den Zielen und Prinzipien der österreichischen Entwicklungspolitik gemäß Entwicklungszusammenarbeitsgesetz verpflichtet.

(3) (Verfassungsbestimmung) Die von der Entwicklungsbank finanzierten Projekte gelten jedenfalls als Projekte im Ausland, deren Realisierung im Sinne von § 1 Abs. 1 2. Halbsatz von österreichischem Interesse ist.

(4) (Verfassungsbestimmung) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, im Rahmen des Vertrages gemäß Abs. 1 hinsichtlich der zu Gunsten der Entwicklungsbank zu übernehmenden Haftungen von den Richtlinien gemäß § 4 Abs. 1 abweichende Festlegungen im Interesse der Ziele des Abs. 2 zu treffen.

(5) Die Vorlage der Ansuchen um Haftungsübernahme erfolgt durch die Entwicklungsbank, die Bearbeitung von Haftungsfällen durch das Bundesministerium für Finanzen.

(6) Zur entwicklungspolitischen Beratung der Entwicklungsbank sowie zur entwicklungspolitischen Begutachtung der Ansuchen um Haftungsübernahme der Entwicklungsbank wird ein Gremium Wirtschaft und Entwicklung errichtet. § 5 Abs. 4 bis 6 gelten sinngemäß. Mitglieder des Gremiums sind:

           1. ein Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen als Vorsitzender

           2. ein Vertreter des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten

           3. ein Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit

           4. ein Vertreter der Austrian Development Agency

           5. ein Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich

           6. ein Vertreter der Entwicklungsbank ohne Stimmrecht

Das Gremium hat die Möglichkeit, Experten ohne Stimmrecht beizuziehen. Die Geschäftsordnung des Gremiums wird vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten erlassen.

(7) Die Verrechnungen zwischen dem Bund und der Entwicklungsbank betreffend Haftungsentgelte und Haftungszahlungen erfolgen im Wege des Bevollmächtigten über das Konto gemäß § 7.“


 

Vorblatt

Problem:

Der Konnex von Wirtschaft und Entwicklung ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit (EZA).

In fast allen europäischen Ländern bestehen daher so genannte Entwicklungsbanken, deren Aufgabe es unter anderem ist, die entwicklungspolitischen Ziele der jeweiligen Länder durch Maßnahmen zur Unterstützung des Privatsektors in Entwicklungsländern zu fördern und damit nachhaltig zu deren wirtschaftlichen Entwicklung, Wachstum, Beschäftigung und damit zur Armutsbekämpfung beizutragen.

Zusätzlich sollen durch Entwicklungsbanken oft auch für Unternehmen aus OECD-Ländern Wege eröffnet werden, um in Entwicklungsländern entwicklungspolitisch sinnvolle Projekte im Privatsektor umzusetzen.

Eine derartige Einrichtung besteht in Österreich nicht. Es soll nun diese Lücke zwischen der traditionellen EZA und dem kommerziellen, außenwirtschaftlich orientierten Geschäft geschlossen werden.

Lösung:

Aufbau einer österreichischen Entwicklungsbank, die das bestehende bewährte System der österreichischen Ausfuhrförderung für primär entwicklungspolitische Zwecke nutzt. Die österreichische Entwicklungsbank soll daher als Tochtergesellschaft der Oesterreichischen Kontrollbank Aktiengesellschaft (OeKB) eingerichtet werden, welche derzeit bereits als österreichische Exportkreditagentur fungiert. Als solche ist sie im Rahmen der OECD, mit internationalen Finanzinstitutionen und der Berner Union international vernetzt, hat langjährige umfassende  Erfahrung im Außenhandel sowie umfangreiche Expertise aus der Prüfung von EZA-, Umwelt- und Sozialkriterien.

Alternativen:

Im Vorfeld wurden der Aufbau einer eigenständigen, im Eigentum der Republik stehenden Entwicklungsbank und die Möglichkeit der Betrauung Dritter geprüft. Die Betrauung einer Tochtergesellschaft der OeKB erscheint gegenüber diesen Alternativen als zweckmäßigste und kostengünstigste Lösung.

Auswirkung auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Unter den Aspekten der Globalisierung werden auch die Märkte der Entwicklungsländer zunehmend wichtiger. Die Schaffung einer Entwicklungsbank kann dazu beitragen, auch österreichischen Unternehmen den Zugang in bisher verwehrte, schwierige Märkte zu eröffnen. Dies wird auch positive Effekte auf die Attraktivität Österreichs als Wirtschaftsstandort mit sich bringen und sich positiv auf den österreichischen Arbeitsmarkt auswirken.

Finanzielle Auswirkungen:

Mittelfristig wird die finanzielle Selbsttragungsfähigkeit der Entwicklungsbank angestrebt. Der Kostenersatz für die von der Entwicklungsbank im öffentlichen Interesse in Kauf genommenen Anlaufverluste und die Ausgaben für durch die Entwicklungsbank umgesetzten Maßnahmen des Bundes in Form von technischer Kooperation erfolgen nach Maßgabe der dafür im Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Mittel.


 

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Einhaltung der EU-Vorgaben für mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betrauten Unternehmen ist vorgesehen.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Die Abs. 3 und 4 des § 9 sind Verfassungsbestimmungen, weil darin auf § 1 und § 4 AusfFG verwiesen wird, die im Verfassungsrang stehen.


 

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die Umsetzung der im öffentlichen Interesse stehenden Ziele und die besonderen Aufgabenstellungen einer österreichischen Entwicklungsbank rechtfertigen eine gesetzliche Verankerung.

An Stelle der Schaffung eines völlig eigenständigen Gesetzes erhält das Ausfuhrförderungsgesetz einen neuen § 9. Dieser ermächtigt den Bundesminister für Finanzen, einen Vertrag über den Aufbau und die Leistungen einer Entwicklungsbank mit einer Tochter des Bevollmächtigten des Bundes gemäß § 5 Abs. 1 AusfFG abzuschließen. Mit Nutzung des bestehenden Systems des AusfFG durch für die Zielerreichung modifizierte Haftungen des Bundes zu Gunsten der Entwicklungsbank wird neben den im Vordergrund stehenden entwicklungspolitischen Aspekten auch außenwirtschaftlichen Erfordernissen Rechnung getragen.

EU-Recht:

Die geplante Regelung steht im Einklang mit dem EU-Recht, insbesondere auch den EU-beihilferechtlichen Regelungen.

Die Entwicklungsbank erfüllt Aufgaben im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse. Der Vertrag mit der Republik Österreich wird daher nach den einschlägigen europäischen Rechtsnormen gestaltet.

Die Mitgliedstaaten der EU haben sich mit Beschluss des Europäischen Rats von Brüssel vom 16./17. Juni 2005 eine maßgebliche Erhöhung der EZA-Leistungen zum Ziel gesetzt. Die Entwicklungsbank soll einen Beitrag hiezu leisten.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Regelung des Gesetzesentwurfes ergibt sich aus Artikel 10 Abs. 1 Z 4 B-VG (Bundesfinanzen).

Besonderer Teil

Zu § 5 Abs. 2:

Redaktionelle Richtigstellung.

Zu § 9:

Diese Bestimmung soll den rechtlichen Rahmen für die österreichische Entwicklungsbank sicherstellen.

Zu Abs. 1 :

Zur Erfüllung der in Abs. 2 geregelten Aufgaben muss die Entwicklungsbank verschiedene mit dem Geschäftsvolumen an Umfang und Komplexität zunehmende Aktivitätsfelder entwickeln. Dabei muss die Entwicklungsbank die entwicklungspolitischen und außenwirtschaftlichen Interessen Österreichs berücksichtigen. Die dazu erforderlichen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegenden Leistungen werden Gegenstand des abzuschließenden Vertrages sein.

Neben den im Vordergrund stehenden Finanzierungsleistungen handelt es sich beispielsweise um Initiativen der Projektentwicklung und Projektprüfung, sowie die Beratung von potentiellen Projektpartnern und maßgeblichen Stellen der Entwicklungsländer. Gewicht ist auch auf eine effektive Implementierung und fortlaufende Überwachung der Projekte zu legen, ebenso auf eine intensive Kooperation mit anderen multilateralen oder nationalen Entwicklungsbanken, der Austrian Development Agency und die Einbeziehung des internationalen Netzwerkes der Wirtschaftskammer Österreich. Der entwicklungspolitische Nutzen wird durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit zu kommunizieren sein.

Der Vertrag wird die Deckung von Anlaufkosten des Geschäfts der Entwicklungsbank vorsehen, weil eine Profitabilität von Entwicklungsbanken in der Anlaufphase nicht gegeben sein kann. Mittelfristig wird die Selbsttragungsfähigkeit der Bank angestrebt. Die vertraglichen Regelungen haben die Kriterien des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtsache C-280/00 Altmark Trans und die der Entscheidung Nr. 2005/842/EG der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Abs. 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden, zu erfüllen.

Die Wahl einer Tochtergesellschaft des Bevollmächtigten des Bundes, der Oesterreichischen Kontrollbank Aktiengesellschaft, erfolgte auf Grund deren außenwirtschaftlicher Erfahrungen, der Einbettung in das System der österreichischen Ausfuhrförderung und der dadurch zu nutzenden Synergiepotentiale, sowie ihrer Expertise aus der Prüfung von EZA-, Umwelt- und Sozialkriterien.

Soweit im Gesetz nichts anderes geregelt ist, finden auf die Entwicklungsbank die allgemeinen Normen des Bankwesen- und Gesellschaftsrechtes Anwendung.

Zu Abs. 2:

Die Finanzierung der Investitionen soll keine Subventionierung beinhalten, sondern eine marktwirtschaftliche Finanzierung von grundsätzlich Ertrag versprechenden Projekten, insbesondere im Privatsektor, darstellen. Durch das öffentliche Mandat kann die Entwicklungsbank aber höhere Risken als Geschäftsbanken tragen, zusätzliche im entwicklungspolitischen Sinn unterstützende Maßnahmen ergreifen und dadurch komplementär zu den rein kommerziellen Finanzierungen wirken. Ergänzend soll die Entwicklungsbank auch in enger Abstimmung mit der Austrian Development Agency wirtschaftsnahe Projekte in Form von technischer Kooperation für den Bund abwickeln.

Die Geschäftstätigkeit wird mit den im EZA-G normierten Zielen und Prinzipien der österreichischen Entwicklungspolitik, konkretisiert durch das Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik, abgestimmt.

Zu Abs. 3:

Diese Bestimmung stellt klar, dass die Projekte der Entwicklungsbank jedenfalls von österreichischem Interesse im Sinne von § 1 sind, womit der Entwicklungsbank auch Haftungen des Bundes nach diesem Gesetz zugänglich sind.

Eine Bindung an österreichische Ausfuhren oder Dienstleistungen oder an eine sonstige Verbesserung der Leistungsbilanz besteht nicht. Dessen ungeachtet sollen auch die Kontakte und das Know-how österreichischer Firmen bei der Identifikation und Durchführung der Projekte genutzt werden.

Zu Abs. 4:

Die für die klassische Ausfuhrförderung geltenden Haftungsrichtlinien der Ausfuhrförderungsverordnung 1981 sind für die Haftungen zu Gunsten der Entwicklungsbank, insbesondere im Bereich langfristiger Beteiligungen, nur eingeschränkt praktikabel. In dem zwischen dem Bund und der Entwicklungsbank abzuschließenden Vertrag sollen auf die besonderen Erfordernisse einer Entwicklungsbank abgestimmte Garantiemöglichkeiten geschaffen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch mittelfristig nicht mehr als zwei Prozent des gesamten Haftungsrahmens für Zwecke der Entwicklungsbank Verwendung finden werden.

Zu Abs. 5:

Zur Gewährleistung einer schlanken und effizienten Ablaufstruktur soll die Aufbereitung der Geschäftsfälle und deren Vorlage an das Bundesministerium für Finanzen nicht durch die im AusfFG-System vorgesehene Bevollmächtigte, sondern durch die Entwicklungsbank selbst erfolgen. Abwicklungsagenden müssen daher verstärkt durch das Bundesministerium für Finanzen wahrgenommen werden.

Zu Abs. 6:

Zur spezifisch entwicklungspolitischen Beratung der Entwicklungsbank sowie zur Begutachtung der Ansuchen hinsichtlich entwicklungspolitischer Aspekte wird ein eigenständiges Gremium Wirtschaft und Entwicklung errichtet. Nur bei positiver Begutachtung durch das Gremium kann ein Ansuchen dem Beirat gemäß § 5 Abs. 2 vorgelegt werden. Es können externe Experten beigezogen und auch externe Gutachten eingeholt werden.

Zu Abs. 7:

Zur vereinfachten Verrechnung der Garantieentgelte und Haftungsleistungen soll das bestehende Konto gemäß § 7 herangezogen werden. Es erfolgt dabei ein Ausweis der auf die Entwicklungsbank entfallenden Zahlungsströme.