Stenographisches Protokoll
6. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXIII. Gesetzgebungsperiode
Donnerstag, 14. Dezember 2006
6. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXIII. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 14. Dezember 2006
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 14. Dezember 2006:
10.01 – 17.09 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Bericht über den Antrag 24/A(E) der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Gabriela Moser, Lutz Weinzinger, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kollaudierung des tschechischen AKW Temelίn
2. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (95 Hv 127/06a) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler
3. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (091 Hv 7/05y) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler
4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert wird (1/A)
5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Produktpirateriegesetz 2004 (i.d.F. BGBl. I Nr. 56/2004) geändert wird (37/A)
6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert wird (45/A)
7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine monatliche Unterstützung für Frauen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, als Anerkennung für die Erziehung ihrer Kinder geschaffen wird (31/A)
8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert wird (IG-L-Novelle 2006) (7/A)
9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs-
gesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (9/A)
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Inhalt
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 13
Geschäftsbehandlung
Unterbrechung der Sitzung .................................................................................... 19, 94
Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den Antrag 55/A(E) betreffend gesetzliche Verankerung des österreichischen Programms für die ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 29. Jänner 2007 zu setzen ....................... 35
Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 35
Redner:
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ..... 95
Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ..... 98
Fritz Grillitsch .......................................................................................................... ..... 98
Barbara Zwerschitz ................................................................................................ ..... 99
Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ........................................................................... ... 101
Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 101
Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 105
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 35
Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung:
Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 102
Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 103
Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ... 103
Mag. Wilhelm Molterer ........................................................................................... ... 104
Dr. Josef Cap ..................................................................................................... 104, 105
Aktuelle
Stunde (2.)
Thema: „Mehr Jobs, mehr Wachstum, mehr Innovation – Österreichs Wirtschaft auf Erfolgskurs“ ............................................................................................................................... 13
Redner/Rednerinnen:
Mag. Wilhelm Molterer ........................................................................................... ..... 13
Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ............................................................... ..... 15
Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ..... 19
Dr. Reinhold Mitterlehner ...................................................................................... ..... 20
Michaela Sburny ..................................................................................................... ..... 22
Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 23
Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 25
Renate Csörgits ...................................................................................................... ..... 27
Werner Amon, MBA ............................................................................................... ..... 28
Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 30
Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 31
Veit Schalle .............................................................................................................. ..... 33
Ausschüsse
Zuweisungen ....................................................................... 34, 71, 78, 88, 109, 118, 130
Verhandlungen
1. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 24/A(E) der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Gabriela Moser, Lutz Weinzinger, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kollaudierung des tschechischen AKW Temelίn (13 d.B.) .......................... 36
Redner/Rednerinnen:
Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 36
August Wöginger .................................................................................................... ..... 37
Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 38
Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 40
Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 41
Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll .................................................................. ..... 42
Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ..... 44
Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ..... 45
Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 46
Barbara Rosenkranz ............................................................................................... ..... 47
Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 49
Walter Schopf .......................................................................................................... ..... 50
Werner Neubauer .................................................................................................... ..... 51
Petra Bayr ................................................................................................................ ..... 52
Karl Dobnigg ........................................................................................................... ..... 53
Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ..... 54
Elmar Mayer ............................................................................................................ ..... 55
Josef Muchitsch ...................................................................................................... ..... 56
Peter Stauber .......................................................................................................... ..... 56
Annahme der dem
schriftlichen Ausschussbericht 13 d.B. beigedruckten Entschließung
betreffend Kollaudierung des tschechischen AKW Temelίn (E 6) .................................................. 57
Gemeinsame Beratung über
2. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (95 Hv 127/06a) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler (9 d.B.) .......................................................................................... 57
3. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (091 Hv 7/05y) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler (10 d.B.) .......................................................................................... 57
Redner:
Mag. Ewald Stadler ...................................................................................................... 58
Annahme der beiden Ausschussanträge ....................................................................... 59
4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert wird (1/A) ............................................................... 60
Redner/Rednerinnen:
Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ..... 60
Josef Broukal .......................................................................................................... ..... 61
Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................ ..... 63
Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ..... 65
Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ..... 66
Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ..... 67
Dr. Sabine Oberhauser .......................................................................................... ..... 68
Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ..... 69
Zuweisung des Antrages 1/A an den Wissenschaftsausschuss .................................. 71
5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Produktpirateriegesetz 2004 (i.d.F. BGBl. I Nr. 56/2004) geändert wird (37/A) ............................................................................................................................... 71
Redner/Rednerinnen:
Mag. Johann Maier ....................................................................................................... 71
Anita Fleckl ................................................................................................................... 72
Johann Rädler .............................................................................................................. 73
Bettina Hradecsni ......................................................................................................... 74
Harald Vilimsky ............................................................................................................ 76
Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 77
Wolfgang Zanger .................................................................................................... ..... 78
Zuweisung des Antrages 37/A an den Finanzausschuss .............................................. 78
6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert wird (45/A) ...................................................... 78
Redner/Rednerinnen:
Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 78
Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 79
Karl Freund .............................................................................................................. ..... 80
Michaela Sburny ..................................................................................................... ..... 81
Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 82
Rudolf Parnigoni ..................................................................................................... ..... 84
Wolfgang Großruck ................................................................................................ ..... 85
Dieter Brosz ............................................................................................................. ..... 86
Walter Murauer ....................................................................................................... ..... 88
Zuweisung des Antrages 45/A an den Ausschuss für innere Angelegenheiten ............ 88
7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine monatliche Unterstützung für Frauen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, als Anerkennung für die Erziehung ihrer Kinder geschaffen wird (31/A) 89
Redner/Rednerinnen:
Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 89
Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ..... 90
Edeltraud Lentsch .................................................................................................. ..... 92
Sabine Mandak ........................................................................................................ ..... 93
Barbara Rosenkranz ............................................................................................... ... 105
Silvia Fuhrmann ...................................................................................................... ... 107
Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 108
Zuweisung des Antrages 31/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ................. 109
8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert wird (IG-L-Novelle 2006) (7/A) .............................................................................................................................. 109
Redner/Rednerinnen:
Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 109
Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 111
Franz Hörl ................................................................................................................ ... 111
Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ... 113
Veit Schalle .............................................................................................................. ... 114
Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 115
Harald Vilimsky ....................................................................................................... ... 116
Kurt Eder ................................................................................................................. ... 118
Zuweisung des Antrages 7/A an den Umweltausschuss ............................................ 118
9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (9/A) ............................................................................................................................. 118
Redner/Rednerinnen:
Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 119
Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 120
Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 122
Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 123
Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 125
Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 126
Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche
Berichtigung) .............................................. 129
Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 129
Zuweisung des Antrages 9/A an den Geschäftsordnungsausschuss ......................... 130
Eingebracht wurden
Bürgerinitiative ............................................................................................................ 34
Bürgerinitiative betreffend „Mehr Sicherheit im Schulbus – Recht auf einen Platz für jedes Kind im Schulverkehr“ (Ordnungsnummer 3)
Regierungsvorlagen ................................................................................................... 34
11: Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird
12: Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007 – SRÄG 2007
Berichte ......................................................................................................................... 35
III-9: 6. Bericht zum Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung und Frauenförderung im Bundesdienst (Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2006); Bundesregierung
III-10: Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für den Zeitraum 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006; BM f. Wirtschaft und Arbeit
III-11: Bericht über die öffentlichen Finanzen 2005; BM f. Finanzen
Anträge
der Abgeordneten
Heidrun Silhavy, Ridi Steibl, Kolleginnen und
Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz
geändert werden (62/A)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Novellierung des Bauträgervertragsgesetzes (63/A)(E)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf
Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 –
BStMG) geändert wird (64/A)
Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz und das Kinderbetreuungsgeldgesetz
geändert wird (65/A)
Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Zuschussleistungen zu
Fernsprechentgelten (Fernsprechentgeltzuschussgesetz – FeZG)
geändert wird (66/A)
Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung
der Medikamentenkosten (67/A)(E)
Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (68/A)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Behandlung des IKT-Masterplans (69/A)(E)
Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Beschlussfassung über ein modernes Modell der Elternkarenz (70/A)(E)
Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend
verwaltungsrechtliches Umwelthaftungsgesetz (71/A)(E)
Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Schaffung eines Präventions- und Gesundheitsförderungsgesetzes (72/A)(E)
Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Beteiligung von Forscherinnen im Österreichischen Innovationssystem (73/A)(E)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Evaluierung der ÖBB-Strukturreform und effiziente Neuordnung im
Bereich ÖBB-Infrastruktur (74/A)(E)
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und
Kollegen betreffend Schutz der KonsumentInnen vor illegalen oder
unerwünschten gentechnisch veränderten Lebensmitteln (75/A)(E)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend
jährlichen Bericht zur Lage der KonsumentInnen in Österreich (76/A)(E)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz geändert wird (77/A)
Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Sicherheitskonferenzen zur Fußball EM 2008 (78/A)(E)
Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend
steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für soziale Zwecke (79/A)(E)
Jakob Auer, Dr. Christoph Matznetter, Werner Neubauer, Mag. Bruno
Rossmann, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert wird (7. BFG-Novelle 2006) (80/A)
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über
Sonderrechnungslegungsvorschriften für Unternehmen, die zu einer
getrennten Buchführung verpflichtet sind (Sonderrechnungslegungsgesetz –
SRLG) (81/A)
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Börsegesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (82/A)
Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Schaffung einer speziellen Rückrufkommission (83/A)(E)
Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen betreffend
VerbraucherInneninformationsgesetz (84/A)(E)
Anfragen
der Abgeordneten
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
Rechnungshofbericht zum Thema „Tierkennzeichnung und
Tierdatenbanken“ (124/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend Zivildienerzuweisungen Oktober 2006
(125/J)
Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Noriker-Export nach Indien (126/J)
Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Noriker-Export nach Indien
(127/J)
Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Noriker-Export nach Indien (128/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Etappenplan Verkehr (129/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend Etappenplan Bundesbauten (130/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Unbenutzbare Liftanlage am Bahnhof Loosdorf (131/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Pakete
aus dem Automaten (132/J)
Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend Förderungen nach dem
Bundes-Jugendförderungsgesetz (133/J)
Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend
Kenndaten des österreichischen Schulwesens (134/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Liftanlage am Bahnhof Pöchlarn (135/J)
Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend illegales Schächten von Tieren (136/J)
Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend illegales
Schächten von Tieren (137/J)
Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend
österreichisch-slowenische Historiker- und Juristenkommission (138/J)
Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Rechnungshofkritik an der
Vergabepraxis bei Mitteln der Forschungsförderung (139/J)
Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Rechnungshofkritik an
der Vergabepraxis bei Mitteln der Forschungsförderung (140/J)
Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend
Rechnungshofkritik an der Vergabepraxis bei Mitteln der
Forschungsförderung (141/J)
Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Rechnungshofkritik an der Vergabepraxis bei Mitteln der
Forschungsförderung (142/J)
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreffend Rechnungshofbericht zum Thema
„Tierkennzeichnung und Tierdatenbanken“ (143/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend
Fördermöglichkeiten in Tirol etwa mit Kofinanzierungen der EU und in
Ziel-II-Gebieten sowie Förderung der Osttiroler Wirtschaft (144/J)
Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die illegale Einreise von kriminellen Personen (145/J)
Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend Asylgewährung für
türkische Staatsbürger (146/J)
Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend den Einfluss krimineller
Organisationen in Asylunterkünften (147/J)
Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin
für Inneres betreffend die Grundversorgung von nicht abschiebbaren
Personen (148/J)
Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend die Unterscheidung von Asyl und
Zuwanderung (149/J)
Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend Förderungen des
Innenministeriums im Asyl- und Fremdenwesen (150/J)
Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend neue AHS
in der Donaustadt (151/J)
Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Pflegewissenschaft (152/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Tierische
Lebensmittel und lebende Tiere – Arzneimittelrückstände
in Österreich“ (153/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Rückführung von abgelehnten Asylwerbern bzw. Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung“ (154/J)
Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend die korrekte Verbuchung von Anleiheaufstockungen bei
der Ermittlung des öffentlichen Defizits gemäß ESVG 95
(„Maastricht-Saldo“) und die Berechnung der Zinsaufwendungen
(155/J)
Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend die Verlustabzüge von
Körperschaftsteuerpflichtigen und Prognosen der Körperschaftsteuer
(156/J)
Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Anleiheaufstockungen sowie die
korrekte Verbuchung bei der Ermittlung des öffentlichen Defizits
gemäß ESVG 95 („Maastricht-Saldo“) (157/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit betreffend Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
(EPAs) zwischen EU und AKP-Staaten (158/J)
Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Förderung für Ausstieg aus der Käfighaltung von
Legehennen im Programm ländliche Entwicklung (159/J)
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreffend aktueller Stand des Programms Ländliche
Entwicklung 2007 bis 2013 (160/J)
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
Unfruchtbarkeit und Gesundheitsgefährdung durch Pestizide (161/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
kundenfeindliches und insbesondere behindertenfeindliches Vorgehen der
ÖBB-Spitze in Gegenwart des Verkehrsministers bei der
ICE-Präsentation in Salzburg (162/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
undurchsichtige Aktivitäten seines Staatssekretärs Mag. Mainoni
bei der Schädigung der österreichischen SteuerzahlerInnen durch den
sinnlosen Import eines chinesischen Röntgenscanners (163/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
ÖBB-Struktur und ÖBB-Holding-Extrawürste (164/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
ÖBB-Management (165/J)
Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Personalaufwand zur
Bearbeitung und Einhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer (166/J)
Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Medienberichte zu seinem BMF-Pressesprecher
als Manager der persönlichen Agenden seiner Gattin (167/J)
Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend unangemeldete und damit
illegale Demonstration der Grünen vor dem Bundeskanzleramt am 5. Dezember
2006 aus Anlass des Ministerrates (168/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im
öffentlichen Dienst (169/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend
FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst
(170/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend
FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst
(171/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend FerialpraktikantInnen und
FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (172/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin
für Gesundheit und Frauen betreffend FerialpraktikantInnen und
FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (173/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend FerialpraktikantInnen und
FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (174/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Justiz betreffend FerialpraktikantInnen und
FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (175/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Landesverteidigung betreffend FerialpraktikantInnen und
FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (176/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen
Dienst (177/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen
im öffentlichen Dienst (178/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst
(179/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend rechtliche Situation
von FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen in österreichischen
Betrieben und im öffentlichen Dienst (180/J)
Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Ausbau der B 317 im Bereich Judenburg bis Dürnstein in
Steiermark zur S 36 (181/J)
Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend Schwerarbeitsregelung (182/J)
Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
„ÖBB Nahverkehr im Westen Wiens“ (183/J)
Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Finanzierung Projekt Koralmtunnel (184/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Justiz betreffend „Gewalt gegen Kinder –
Kindermisshandlungen in Österreich“ (185/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend „Gewalt gegen Kinder –
Kindermisshandlungen in Österreich“ (186/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend „Angemessene“ Honorare bei der
Vermittlung von Profifußballern (187/J)
Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend schwere Versäumnisse der
Polizeibehörden infolge der linken Gewaltdemonstration am 9.11.2006
in der Gumpendorferstraße 149 (188/J)
Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Zustände
an der Medizinischen Universität Wien (189/J)
Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Auszahlung von
Arbeitslosengeld (190/J)
Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Verbringung gefährlicher Abfälle in
Nicht-OECD-Staaten (191/J)
DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend
„Übertragungsplan hinsichtlich der Vermögensübertragung
von der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft der Universität
Innsbruck an die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft der
Medizinischen Universität Innsbruck“ (192/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend
Tätigkeitsnachweis der Exekutive am Suchtgiftsektor (193/J)
Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend Ausländerkriminalität in
Wels – Veröffentlichung von internen Daten? (194/J)
*****
Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die
Präsidentin des Nationalrates betreffend Teilnahme der Dritten
Präsidentin des Nationalrats an einer nicht angemeldeten und damit
illegalen Demonstration (1/JPR)
Anfragebeantwortungen
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (4/AB zu 9/J)
der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (5/AB zu 40/J)
Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr
Vorsitzende:
Präsidentin Mag. Barbara Prammer,
Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger, Dritte Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek.
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie und eröffne die Sitzung.
Die Amtlichen Protokolle der 4. und 5. Sitzung vom 29. November 2006 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.
Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Plassnik, Dr. Schüssel, Dr. Aspöck und Ing. Hofer.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:
„Mehr
Jobs, mehr Wachstum, mehr Innovation –
Österreichs Wirtschaft auf Erfolgskurs“
Als Erster zu Wort gemeldet hat sich als Antragsteller Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Seine Redezeit darf 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Sie sind am Wort.
10.02
Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Grüß Gott, Frau Präsidentin! Schönen guten Morgen, Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie die österreichischen Zeitungen der letzten Tage Revue passieren lassen, dann werden Sie relativ häufig Überschriften, Schlagzeilen wie diese lesen: „Ein kleines Wirtschaftswunder“ – gemeint ist: in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)
Es gibt Tageszeitungen, die Österreich betreffend titeln: Wirtschaftswachstum – Die Wirtschaft boomt. Oder: Zunahme an Beschäftigung – 50 000 Menschen finden in Österreich Arbeit. Und wir können stolz darauf sein, meine Damen und Herren, dass wir in Österreich genau in dieser Situation – daher auch die Aktualität und die Aktuelle Stunde heute – auf eine Wirtschaftsentwicklung blicken können, die uns zuversichtlich macht und die uns sicher macht, dass wir mit Optimismus in eine gute Zukunft blicken können. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Wir haben in Österreich ein Wirtschaftswachstum, das laut OECD auf etwa 3,2 Prozent geschätzt wird. Die Oesterreichische Nationalbank spricht sogar von einem Wirtschaftswachstum von 3,3 Prozent, und wir werden in den nächsten Tagen und Wochen eine Revision der Prognose des Instituts für Höhere Studien und des Wirtschaftsforschungsinstituts präsentiert bekommen, die ebenfalls die Wachstumsraten nach oben revidieren.
Wachstum der Wirtschaft ist die Voraussetzung für Vollbeschäftigung, und daher ist Wachstumspolitik ein zentrales Anliegen der Politik der Österreichischen Volkspartei. (Beifall bei der ÖVP.)
Die österreichische Wirtschaft wächst schneller als die Wirtschaft in der Eurozone. Die österreichische Wirtschaft, meine Damen und Herren, wächst schneller – und das
muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – als die Wirtschaft in Japan. Und was interessant ist: Seit dem zweiten Quartal hat Österreich, hat die österreichische Wirtschaft mit ihren Wachstumsraten sogar die Vereinigten Staaten überholt. Die österreichische Wirtschaft wächst schneller als die der Vereinigten Staaten!
Das ist aber nicht eine Frage, die einzelne Unternehmen betrifft, sondern das ist wesentlich für uns alle. Was uns besonders zuversichtlich stimmen kann, meine Damen und Herren, ist, dass wir etwa bei der Kaufkraftparität, beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf eine wirkliche Schallmauer durchbrochen haben, etwas, was uns wenige zugetraut haben in Österreich. Wir haben im heurigen Jahr mit einem Bruttoinlandsprodukt von 34 000 € pro Kopf die so reiche Schweiz überholt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Österreich liegt in der Zwischenzeit vor der Schweiz, was das Wirtschaftswachstum und das Bruttoeinkommen pro Kopf betrifft, und wir gehen davon aus, dass wir auch in den nächsten Jahren eine sehr stabile Wachstumsentwicklung und einen nachhaltigen Wachstumspfad haben werden. Der Chef-Ökonom der Österreichischen Notenbank, Mooslechner, stellt fest, dass es seit 25 Jahren keine so gute Situation für die Wachstumsperspektive der österreichischen Wirtschaft gibt, wie es derzeit der Fall ist.
Diese Wachstumsperspektive, meine Damen und Herren, ermöglicht es uns, auch im Bereich Arbeitsmarkt ganz offensiv Ziele zu definieren. Es ist das erklärte Ziel, dass wir uns anstrengen, gemeinsam anstrengen, dass in Österreich bis zum Jahr 2010 Vollbeschäftigung gegeben ist. Vollbeschäftigung ist das Ziel unserer Politik, vor allem und in besonderer Weise für die jungen Menschen, damit wir auch das Problem Jugendarbeitslosigkeit entsprechend beseitigen. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Zahlen weisen darauf hin: Wir sind auf einem guten Weg. Die Arbeitslosenrate sinkt. Wir haben etwa im November einen Rückgang bei den Arbeitslosen in absoluten Zahlen von fast 10 Prozent – 10 Prozent weniger Arbeitslose! –, und im selben Zeitraum, im November, haben wir über 65 000 mehr Menschen, die Arbeit haben. Das heißt: Die Richtung Vollbeschäftigung stimmt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Auf diesem Weg werden wir letztendlich auch unsere politischen Bemühungen intensivieren, damit dieses Ziel auch tatsächlich Realität wird.
Wie bereits gesagt: Besonders wichtig ist die Jugendbeschäftigung. Wir haben etwa im Bereich der Langzeitarbeitslosen eine deutliche Senkung um fast 28 Prozent erreicht.
Diese so positive Ausgangslage ist von ganz besonderer Bedeutung. Das wird auch von außen so gesehen, meine Damen und Herren. Wir haben hier im Parlament, leider wenig beachtet von der Öffentlichkeit, vergangene Woche einen Besuch des Internationalen Währungsfonds gehabt, und die Vertreter des Internationalen Währungsfonds haben der österreichischen Wirtschaftsentwicklung seit dem Jahr 2000 und der Budgetentwicklung seit dem Jahr 2000 ein wirklich gutes Zeugnis ausgestellt. Der Internationale Währungsfonds sagt beispielsweise, die Hauptfaktoren für die österreichischen Wirtschaftserfolge – und die sind schwarz auf weiß da – sind beispielsweise eine stabile Finanzpolitik, gelungene Strukturreformen und, was besonders wichtig ist, die offensive Einbindung in die Wachstumsstrategie in den neuen Märkten Mittel- und Osteuropas.
Auf diesem Weg, meine Damen und Herren, müssen wir bleiben, auf diesem Wachstumspfad dürfen wir uns nicht beirren lassen! (Beifall bei der ÖVP.)
Auch die EU-Kommission hat unser nationales Reformprogramm bewertet und etwa im Bereich Klein- und Mittelunternehmen sogar formuliert, dass das österreichische KMU-Paket dieser Bundesregierung – ich zitiere wörtlich – „Vorbild und Quelle der Inspira-
tion“ für die Europäische Union ist. Dieser Weg lohnt sich, meine Damen und Herren: für den Mittelstand, für die kleinen und mittleren Unternehmen in diesem Lande und die Arbeitnehmer, die dort beschäftigt sind.
Die entscheidende Frage für die Zukunft liegt daher darin, dass wir auf diesem so soliden Fundament, das diese Bundesregierung in den letzten Jahren geschaffen hat, auch aufbauen können und diesen Erfolgsweg unbeirrt fortsetzen.
Dafür, meine Damen und Herren, gibt es aus unserer Sicht, gibt es aus Sicht der Österreichischen Volkspartei natürlich einige wesentliche Eckpunkte und Elemente. Wir meinen, dass ein ausgeglichener Haushalt, stabile Staatsfinanzen selbstverständlich auch in Zukunft außer Streit stehen müssen. Warum? – Weil nur stabile Staatsfinanzen unserem Ziel der Generationengerechtigkeit tatsächlich gerecht werden: Schulden sind das Unfairste der jungen Generation gegenüber (Beifall bei der ÖVP), und ein ausgeglichener Haushalt ist wichtig für die Wachstumsperspektive.
Wir brauchen – zweitens – Investitionen in die Zukunft, etwa im Infrastrukturbereich, in Forschung und Entwicklung, Bildung, aber auch im Energiesektor – im Sinne einer nachhaltigen Energiepolitik. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir brauchen drittens – und das ist essentiell
auch für Wachstum – einen weiteren Schritt zur Entlastung im
Sinne der Senkung der Steuer- und Abgabenquote. – Natürlich
auch mit einer sozialen Dimension, aber vor allem auch mit dem Hintergrund, die
Wachstumsperspektive zu stärken und nicht zu schwächen. Jedes falsche
Signal würde Betriebe nicht anlocken, sondern vertreiben – und
damit Arbeitsplätze gefährden und nicht Arbeitsplätze schaffen,
meine Damen und Herren! (Beifall bei der
ÖVP.)
Wir brauchen einen Schwerpunkt im Bereich Staats- und Verwaltungsreform, weil auch wir als Staat einen positiven Beitrag leisten müssen, Menschen dadurch zu motivieren, dass Bürokratie, dass Zentralismus abgebaut wird.
Wir müssen das Ziel der Vollbeschäftigung nicht nur anstreben, sondern ich bin davon überzeugt, wir können es erreichen, etwa mit, was wir hier im Parlament ja schon außer Streit gestellt haben, der Dotierung des Arbeitsmarktservice, aber auch mit den notwendigen Reformen, beispielsweise was die Zumutbarkeitsbestimmungen angeht, damit wir die Mobilität der Arbeitnehmer erhöhen und Anreize zur Arbeit schaffen, meine Damen und Herren – Anreize zur Arbeit! (Beifall bei der ÖVP.)
Daher bin ich froh darüber, dass klargestellt ist, dass ein arbeitsloses Grundeinkommen kein Ziel sein kann (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), sondern ein Mindestlohn durch Arbeit ist unsere Zielsetzung (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) – eine Zielsetzung, die durch Mitarbeiterbeteiligung im Sinne einer modernen Arbeitnehmerpolitik abgerundet wird (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen), weil eines klar ist: Wir brauchen Wachstum, damit wir Vollbeschäftigung erreichen! (Beifall bei der ÖVP.)
10.13
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort gemeldet. Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Herr Bundesminister, ich erteile Ihnen das Wort.
10.13
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Um an die Ausführungen des Kollegen Molterer anzuschließen: Dieses Wachstum haben wir, um Vollbeschäftigung bis zum Jahre 2010 erreichen zu können. Und was uns die Ökonomen heute vorhersagen – ganz egal, ob seitens der Oesterreichischen Nationalbank, der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute Österreichs,
Wifo, IHS, oder auch des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Kommission –, so sieht es in Sachen Wachstum auch für die nächsten Jahre gut aus.
Klubobmann Molterer hat bereits darauf hingewiesen: Eine derartige Schlagzeile, einen derartigen Aufmacher habe ich in den vielen Jahren meiner politischen Tätigkeit noch nicht erlebt: „Ein kleines Wirtschaftswunder“! Mehr als 3 Prozent Wachstum, viele neue Jobs, Unternehmensgründungen, Bruttoinlandsprodukt pro Kopf höher als das der Schweiz! (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) – Es war nicht irgendwer, der uns das bestätigt, sondern, Herr Kollege Westenthaler, das war immerhin der Internationale Währungsfonds, der gesagt hat, Österreich liegt nicht nur vor Deutschland – da sind wir schon seit Jahren derartige Meldungen gewohnt –, sondern erstmals auch vor der Schweiz.
Das aber, meine Damen und Herren, nicht etwa, weil ganz Europa so boomt, sondern Österreich erlebt das inmitten eines eher mäßigen europäischen Konjunkturumfeldes – und auch in Zukunft wird es so sein, dass Österreich schneller wächst als Europa, schneller als Japan; das hat Klubobmann Molterer schon gesagt. Kaum jemand kann sich daran erinnern, dass das einmal der Fall gewesen ist: Österreich wächst heute schneller als die USA und wird vermutlich auch in den nächsten zwei oder drei Jahren schneller als die USA wachsen. – Also eine Erfolgsgeschichte, auf die wir stolz sein können, eine Erfolgsgeschichte, die uns letztlich ein gutes Fundament für eine noch bessere Arbeit für die Zukunft bietet!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wachstum ist aber kein Selbstzweck. Wachstum macht nur dann Sinn, wenn es Wohlstand, wenn es vor allem Arbeitsplätze bringt. Manche hier in diesem Hause – tendenziell eher auf der linken als auf der rechten Seite des Plenums – haben in den letzten Monaten Kritik daran geübt, wenn ich seit April davon spreche, dass die Trendwende am Arbeitsmarkt erreicht ist. Nun gibt es auch sehr großauflagige Zeitungen, die von einer Trendwende am Arbeitsmarkt sprechen, davon, dass es endlich wieder mehr Jobs gibt. Also das, was Insider wie ich schon seit April gesehen und gewusst haben, verbreitet sich jetzt allgemein.
Klubobmann Molterer hat die beeindruckenden Zahlen genannt: Wenn man bei etwas über 3 Millionen – zirka 3,3 Millionen – Jobs in Österreich pro Jahr 65 000 Jobs aufbaut, ist das beeindruckend! Wussten Sie, dass das der höchste Job-Zugewinn seit 1991 ist, also seit gut 15 Jahren? – Das ist doch wirklich beeindruckend und erfreulich und zeigt, dass wir aus einer guten Konjunktur mit einer guten Wirtschafts- und Arbeits- und Finanzpolitik das Beste gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Wirtschaftlicher Erfolg und besser zu sein als das Umfeld – besser als die Europäische Union, besser als unsere Mitbewerber – hat natürlich auch etwas damit zu tun: Wie sind wir in Sachen Wettbewerbsfähigkeit aufgestellt? – Ich bin nicht jemand, der starr daran glaubt, dass Rankings immer auch absolut richtig sein müssen, aber wenn das renommierte World Economic Forum in Davos – also die Experten dieser Welt – in diesen Tagen sagen, dass Österreich sich im jährlichen Verhältnis wiederum um zwei Plätze verbessert hat und dass wir zu den europäischen Spitzennationen in Sachen Wettbewerbs-Performance gehören, dann untermauert das eben die Performance Österreichs, die sich dann in Wachstum und mehr Jobs äußert, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Da ist es ganz erfreulich, dass nicht mehr nur der Export boomt – erfreulich genug, dass wir eine Exportnation par excellence geworden sind; wir werden heuer 100 Milliarden € an Warenexporten durchstoßen; eine weitere echte Schallmauer, die es hier zu durchstoßen gilt –, sondern auch der Inlandskonsum, der private Konsum, die Investitionen laufen gut. Und wir werden gut beraten sein, entsprechende Maßnahmen zu
setzen, dass diese Trends auch in den nächsten zwei, drei, vier Jahren aufrecht bleiben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Damit zur Zukunft. – Es ist immer gut, wenn man von einer erfreulichen Situation ausgeht, aber: Was tun wir, um die Zukunft abzusichern? Ich war noch nie in einer politischen Runde, wo es nicht geheißen hätte, Investitionen in Forschung und Entwicklung sind richtig. Es ist auch völlig unumstritten – und wir haben uns mehrfach dazu bekannt –, dass unser F&E-Ziel mittelfristig bis zum Jahre 2010 bei 3 Prozent liegen sollte: 3 Prozent des Gesamtvermögens, das wir in Österreich pro Jahr erwirtschaften, soll für Forschung und Entwicklung ausgegeben werden.
Der frühere Wissenschaftsminister Einem weiß, es gab Zeiten, da lagen wir in Österreich irgendwo bei 1,5 Prozent und im europäischen Maßstab eher im unteren Mittelfeld. Heute liegen wir bei 2,43 Prozent, und wir wollen 3 Prozent realisieren. Aber jetzt und in diesen Stunden gewissermaßen – es ist noch nicht einmal einen Tag her – haben die Koalitionsverhandler von SPÖ und ÖVP und haben Häupl und ich die Weichen gestellt – natürlich gemeinsam mit Grasser, weil ohne den Finanzminister geht so etwas nicht –, das auch finanziell zu unterlegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Plus 800 Millionen € an Bundesmitteln zusätzlich zum Budget, zusätzlich zu Offensiv-Mitteln, zusätzlich zu dem, was aus der Nationalstiftung kommt, 800 Millionen € drauf! Und die Experten bestätigen uns, dass wir damit die 3 Prozent im Jahre 2010 erreichen werden (Beifall bei der ÖVP), auf der Basis: zwei Drittel zahlt der private Sektor, ein Drittel die öffentliche Hand. – Zukunftsabsicherung par excellence!
Ein Zweites: Meine Damen und Herren, es ist schon richtig: Mancher in diesem Land sagt: Die Wirtschaft läuft großartig, die Gewinne vieler – nicht aller, aber vieler – Unternehmungen erreichen neue Höchststände, es geht auch vielen und den meisten Österreichern sehr, sehr gut, aber auf den Einzelnen heruntergebrochen müssen wir in den nächsten Jahren stark darauf schauen, dass diese allgemein sehr positive wirtschaftliche Entwicklung auch für den Einzelnen, und zwar möglichst gesamthaft, spürbar ist.
Wir wissen heute, dass das über Lohnpolitik – so gut diese in Österreich auch von Sozialpartnern gemacht wird – nicht zu 100 Prozent erreicht werden kann. Und deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es wichtig, dass wir uns für die nächsten Jahre darauf verständigt haben – Sozialdemokratie und Volkspartei; und, Hand aufs Herz, das war so ziemlich unsere Initiative –, die Mitarbeiterbeteiligung stärker auszubauen, die Mitarbeiterbeteiligung zu verdoppeln in diesem Land. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Von Ihnen ist es nicht gekommen! Sie wissen das, Sie sind da eben nicht so ganz dafür. (Beifall bei der ÖVP.)
Es geht um eine Mitarbeiterbeteiligung nicht nur im Sinne einer vielleicht nicht immer erwünschten und möglichen konkreten Kapitalbeteiligung am Unternehmen, sondern auf der Basis stärkerer steuerlicher Begünstigung am Gewinn des Unternehmens – zusätzlich zu dem, was an Lohneinkommen da ist, eine vernünftige Gewinnbeteiligung steuerlich unterstützt. Wir wollen das deutlich erhöhen – verdoppeln – bis zum Jahre 2010, damit Österreichs Arbeitnehmer stärker als bisher auch an den offensichtlichen Erfolgen der Unternehmen partizipieren können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gilt in einer derartigen Phase aber auch, am anderen Ende der Erfolgsskala anzudocken und zu sagen: Ist es angemessen und fair, dass es in Österreich Kollektivverträge gibt, die noch immer nicht ganz einen Mindestlohn von 1 000 € pro Monat erreichen? – Wir sagen gemeinsam: Nein, ist es nicht!
Jetzt weiß ich, es gibt solche – Frau Bures und andere –, die der Meinung sind oder waren, ein gesetzlicher Mindestlohn wäre das Richtige. Dazu gibt es eine Diskussion in
Deutschland, die von geteilter Effizienz und auch nicht gerade von Meinungsübereinstimmung gekennzeichnet ist. Da freue ich mich, dass wir hier vereinbart haben, dass wir auf Basis auch einer Sozialpartnerposition eine gesetzliche Festlegung von Mindestlöhnen weiterhin ablehnen – wer von uns will einmal im Jahr über Mindestlöhne diskutieren?; das ist nicht gut, das passt nicht in das Plenum eines Nationalrates (Abg. Öllinger: Herr Bartenstein, bitte!) –, aber dass die Sozialpartner eingeladen werden, einen Generalkollektivvertrag abzuschließen für die Einführung eines Mindestlohns in Höhe von derzeit 1 000 €. Das ist sinnvoll und wichtig, damit auch für die kleinen Verdiener etwas drinnen ist! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dem Zusammenhang ist ganz wichtig, dass das, was in den letzten Tagen wirtschaftlich, standortpolitisch, arbeitsmarktpolitisch weiter bearbeitet, weiter beschlossen werden konnte, in hohem Maße auf einem Konsens der Sozialpartner beruht, und ich stehe nicht an zu sagen: Das Sozialpartnerpapier, das auf Basis des Weißbuchs des Wifo vor etwa einer Woche den Regierungsverhandlern vorgelegt worden ist, enthält vieles, was gut, richtig und wichtig ist, und wir, die Verhandler – Häupl, Voves, Grasser und ich –, haben uns bemüht, möglichst viel davon hier einzubauen, und wir konnten das gestern verabschieden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht aber in diesem Zusammenhang natürlich nicht nur um Arbeitsmarktpolitik, sondern es geht auch darum, leistbar und finanzierbar, verantwortbar im Sinne der intergenerativen Gerechtigkeit, wie es Molterer gesagt hat, auch Schritte zur besseren sozialen Absicherung von Menschen in diesem Lande dort zu setzen, wo die soziale Absicherung eben nicht optimal ist. Da freue ich mich über einen weiteren Sozialpartnervorschlag, den wir gewissermaßen fliegend und sehr gerne übernommen haben, nämlich die deutlich bessere soziale Absicherung von freien Dienstnehmern, einigen zigtausend Menschen in diesem Lande, die in Zukunft im Großen und Ganzen so abgesichert sein sollen wie klassische Dienstnehmer – ein Vorschlag der Sozialpartner, den die Regierungsverhandler gerne übernommen haben.
Es geht in unserem Land nicht nur um Dienstnehmer und Arbeitnehmer, die sozialer Absicherung bedürfen, sondern es gibt auch etliche Selbständige, die das brauchen. Und so gesehen ist es wichtig, dass wir uns auch darauf verständigt haben, nicht nur eine Arbeitslosenversicherung für Selbständige einzuführen – natürlich auf der Basis von fairen Beiträgen, wie sie auch für Arbeitnehmer zu leisten sind –, sondern im Sinne einer besseren Absicherung die Mitarbeitervorsorge für alle, die heute schon mehr als zwei Millionen Arbeitnehmern in diesem Lande zugute kommt – ein großartiges Konzept, das seinerzeit von der ÖVP und vom ÖAAB entwickelt worden ist –, auch als Selbständigenvorsorge möglich zu machen.
Wenn heute das Hohe Haus in Sachen Mindestpensionen einen großen weiteren Schritt setzt mit dieser wirklich markanten Anhebung des AZ-Richtsatzes, also der Mindestpension, auf dann 726 €, dann rundet das dieses Bild ab: Wir sorgen dafür, dass die Wirtschaft läuft oder „brummt“, wie die „Presse“ schreibt. Wir sorgen dafür, dass das Wachstum exzellente Größen erreicht, wir sorgen dafür, dass der Arbeitsmarkt boomt, und wir sorgen in dem Zusammenhang auch dafür, dass der Wohlstand, der entsteht, so umgesetzt wird, dass die Menschen in diesem Lande auch etwas davon haben – auch die, die zu den schwächeren Menschen in diesem Lande gehören. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
10.24
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Rednerinnen und Redner gemäß § 97a der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.
Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu
Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Öllinger: Alles
war gut! Alles war gut!)
10.24
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zweieinhalb Monate sind seit dem 1. Oktober vergangen, und Wählerin und Wähler – die sich schon grundsätzlich nicht irren können – haben vollkommen richtig entschieden. Es ist Zeit ... (Rufe von der Galerie.) Es ist Zeit für einen Kurswechsel! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Meine Damen und
Herren auf der Galerie, ich ersuche Sie dringend, Platz zu nehmen! Ansonsten
müssen Sie die Galerie verlassen. (Abg.
Dr. Matznetter: Aber die jungen
Menschen haben Recht, wenn sie einfordern, dass Bildung nicht behindert werden soll!)
Die Sitzung ist kurz unterbrochen.
(Die Sitzung wird um
10.25 Uhr für kurze Zeit unterbrochen.)
Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.
Herr Abgeordneter Matznetter, Sie sind am Wort.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (fortsetzend): Wir kommen zu jener Entscheidung, die die österreichische Bevölkerung am 1. Oktober getroffen hat. Sie wollte einen Kurswechsel, und heute sprechen wir über einen Kernteil dieses Kurswechsels.
Wir haben jetzt ein Jahrzehnt seit 2000 hinter uns, bestimmt
durch eine gemeinsame Politik der scheidenden Bundesregierung. Wir haben dabei
ein schweres Erbe übernommen (Abg.
Mag. Molterer: „Genau“:
Wachstum, ...!), und ich möchte Ihnen dieses schwere Erbe
erläutern.
Teil 1: Während die Währungsreserven im Jahr
2000 noch 20 Milliarden € betragen haben (Abg. Dr. Fekter: Weil
ihr es nicht könnt, drum ist euch das so ...!), sind es mittlerweile
nur noch 10 Milliarden, Frau Kollegin Fekter! 105 Tonnen
Gold – ein Viertel der Goldreserven (Abg. Großruck: Haben
Sie den Herrn Liebscher nicht gehört?) – verkauft! Und
was geschah mit diesem Geld? – Über
7 Milliarden € sind zur Deckung der Budgetlöcher
geflossen. (Abg. Dr. Cap: So schaut’s aus! – Ruf bei der ÖVP: Geh!) Gleichzeitig
sind die Schulden auf über 160 Milliarden € gestiegen!
Gleichzeitig sind weitere 20 Milliarden € im Bereich von
Schiene und Straße außerbudgetär versteckt worden. (Abg. Mag. Kukacka: „Versteckt“?! – Das war schon bei
der SPÖ so!) Faktum ist: Wir sind in der Situation, dass wir dringende
Maßnahmen für die Zukunft setzen müssen und dass die Kassen,
die Sie übergeben, leer sind. (Abg.
Dr. Brinek: Das stimmt ja
nicht!)
Frau Kollegin, ein Land mit heuer über 3 Prozent Wachstum sollte längst finanzielle Reserven im öffentlichen Haushalt haben, um in die Bildung, in die Wissenschaft, in die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, in das Land zu investieren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.)
Wifo-Chef Aiginger hat ja gestern klar gesagt, was notwendig ist: Investieren! – Und in diesem Sinne stimmt ja der Titel der heutigen Aktuellen Stunde der ÖVP: Wir brauchen mehr Jobs, mehr Wachstum und mehr Innovation!
Warum brauchen wir das? – Seit dem Jahr 2000 lagen wir beim Wachstum jedes Jahr unter oder am Durchschnitt der Europäischen Union. Erst seit dem Jahr 2005, in den letzten Monaten, sind wir an den Durchschnitt herangekommen. – Ja, jetzt freuen wir uns über diese 3,2 oder 3,1 Prozent Wachstum, aber seien wir uns darüber im Klaren: Das ist nur ganz knapp über dem Durchschnitt der Union, der bei 2,8 Prozent liegt.
Und seien wir uns auch darüber im Klaren, dass wir, wenn wir den Durchschnitt des Jahrzehnts bilden, weiterhin nur ein unter dem Durchschnitt liegendes Wachstum zu verzeichnen haben! Und auch heuer noch sind unter anderen folgende EU-Staaten besser als Österreich: Griechenland, Spanien, Irland, Zypern, Luxemburg, Finnland, Schweden.
Wir wollen vorne sein, Kolleginnen und Kollegen! Und in
diesem Sinne: Arbeiten wir zusammen! Machen Sie mit uns gemeinsam ein Programm
genau im Sinn Ihrer Aktuellen Stunde: mehr Jobs, mehr Wachstum, mehr
Innovation! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Wir haben sie!)
Es fällt Ihnen ja ganz leicht, Herr Kollege Bartenstein, wie ich feststellen konnte, als ich Sie vorher gehört habe, wie Sie sich gefreut haben, dass endlich die Mindestpension 726 € – über 10 000 S – beträgt, wie Sie gesagt haben: Endlich ein Mindestlohn in Höhe von 1 000 €! – Na wie lange hat die ÖVP diese Frage blockiert?! Und wenn wir hören, mit welcher Freude Sie berichten, dass wir die Sozialpartnervorschläge in diesem Bereich umsetzen werden, dann kann ich Ihnen sagen: Das ist genau der richtige Ton! Nur: Es waren unsere Forderungen!
Seien wir froh, wenn Sie diese jetzt mit uns gemeinsam umsetzen! Das wird unser Land nämlich dorthin bringen, wo nicht mehr sieben Länder vor uns sind, sondern hoffentlich nur mehr sechs, fünf, vier, drei (Abg. Dr. Cap: ... an der Spitze!) – und vielleicht sind wir wieder einmal unter den Top Drei beim Wachstum, wie wir es jahrzehntelang unter sozialdemokratischer Führung waren! (Beifall bei der SPÖ.)
Da Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, die Arbeitslosigkeit angesprochen haben, die Frage Trendwende: Ganz ehrlich, wir hätten in den negativen Trend niemals kommen dürfen! Österreich mag manche Schwächen gehabt haben – Sie haben die Forschung angesprochen, wo ich gar nicht sicher bin, ob nicht so manches an der Statistik lag –, aber bei der Arbeitslosigkeit haben wir in der zweiten Hälfte, genauer in den letzten drei Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts die beste oder zumindest die zweitbeste Position in Europa innegehabt. – Und jetzt, in diesem Jahrzehnt, ist bei uns in Österreich die Arbeitslosenquote drastisch hinaufgegangen (Abg. Hornek: Speziell in Wien!), während die Europäische Union als Ganzes, ja auch die alten Industrieländer ab 1999 eine zurückgehende Arbeitslosigkeit zu verzeichnen hatten!
Ganz offen: Machen Sie gemeinsam mit uns den Kurswechsel (Abg. Dr. Stummvoll: Eine gefährliche Drohung!), dann wird das in
vier Jahren wirklich eine Aktuelle Stunde sein, wo Sie sagen können: Jetzt
haben wir es geschafft! Ich lade Sie dazu ein! (Beifall bei der SPÖ.)
10.31
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Als Nächster
gelangt Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner zu Wort. 5 Minuten
Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Cap –
in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg.
Dr. Mitterlehner –: Jetzt wird es schwer!)
10.31
Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Irgendwer hat gesagt: „Jetzt wird es schwer!“ – Da muss ich wirklich sagen: Ich glaube, Herr Kollege Matznetter, Sie sind irgendwo im falschen Film! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.) Mit Ihnen ist da noch die Berichterstattung aus der letzten Periode, in der Sie in der Regierung waren, durchgegangen, denn wenn Sie hier die Schulden ansprechen, so darf ich Sie erinnern: Die hat ja nicht diese Bundesregierung gemacht, sondern die haben wir übernommen! (Abg. Dr. Matznetter: Na geh! – Weitere Zwischenrufe bei
der SPÖ.) Wir haben ja den blauen Brief von der EU fast schon in der Hand gehabt und mussten jetzt ein Sanierungsprogramm einleiten. Daher wundere ich mich, dass Sie da die Vergangenheit vergessen (Abg. Silhavy: Im Vergessen seid ihr ...!), aber auch über anderes, etwa wie Sie mit statistischen Daten umgehen.
Sie sagen: Ein Wirtschaftswachstum von 3,3 Prozent im Verhältnis zu jenem der EU in Höhe von 2,8 Prozent, das ist eigentlich ohnedies fast das Gleiche! – Dazu darf ich schon anmerken: Mit diesen 0,5 Prozent möchte ich Klavier spielen! (Abg. Csörgits: Wo sind denn die? – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Wo sind sie denn?) Das sind nämlich Tausende Arbeitsplätze, die dahinter liegen! – Aber das sehen Sie nicht, das ist einfach nichts. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des BZÖ.)
Wir sollten uns meines Erachtens freuen! Und von einem Kurswechsel zu reden, dazu ist jetzt eigentlich der falsche Anlass, denn die Fakten sind ja schon dargestellt worden. Wirtschaftswachstum ist ja nicht etwas für sich allein, sondern die Konsequenzen sind mehr Arbeitsplätze – rund 60 000 mehr –, wir haben auch mehr Lehrstellen, das ist heute noch nicht angesprochen worden: 5 000 mehr, 127 000 Lehrstellen insgesamt. Der Export boomt, wir werden die 100-Milliarden-Schallmauer durchstoßen, und es ist schon angesprochen worden, dass wir die Schweiz überholt haben, was die wirtschaftliche Leistungskraft pro Bürger betrifft.
Das sind alles Anlässe zur Freude, und eigentlich sollten wir uns auch über die Schlussfolgerungen unterhalten, und da sehe ich immer wieder eine Schlussfolgerung dahin gehend, dass viele Menschen bei uns im Land derzeit glauben: Jetzt machen die Betriebe Gewinne, die Gewinne sind vorhanden, und die muss man sofort besser verteilen! – Da, glaube ich, ist eine Illusion im Spiel, denn: Nicht alle Betriebe machen Gewinne, viele haben noch Umstrukturierungsprobleme! Wir haben ja nicht zufällig in den letzten Jahren eine Konjunkturflaute gehabt, diese war international bedingt, ging nicht von Österreich aus. Wir haben aber diese Situation gut bewältigt.
Wenn man jetzt bei den Betrieben sagt, die Gewinne gehören neu verteilt, dann erwidere ich: Damit schränken Sie möglicherweise die Investitionen ein! Es fahren ja nicht alle mit den Gewinnen in die Karibik, um sie dort irgendwo zu veranlagen, auch wenn es nur fiktive Gewinne sind (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner), sondern die Betriebe verwenden die Gewinne für Investitionen!
Das Zweite ist Folgendes – das wurde noch nicht angesprochen –: Herr Kollege Matznetter, der Staat hat, bedingt durch das Wirtschaftswachstum, Mehreinnahmen, und zwar insgesamt in diesem Jahr rund 3 Milliarden € an Mehreinnahmen. Es steigt entsprechend die KESt, es steigt die Lohnsteuer, es steigt auch die KöSt. Was bestätigt das? – Dass die Steuerreform dieser Bundesregierung richtig war! Was ist aber die Schlussfolgerung daraus, dass wir 3 Milliarden mehr Steuereinnahmen haben? – Da glauben manche von Ihnen – und lesen Sie nur einmal in den Zeitungen nach!; Sie wissen es aber noch besser, was das alles kostet, was Sie jetzt an neuen Maßnahmen fordern –, dass dieses Geld jetzt zur Verfügung steht und dass wir es neu umverteilen können. – Das ist eine ganz gefährliche Illusion, die Sie bei den Bürgern erwecken!
Meine Ansicht und vielleicht auch die Ansicht von vielen in unserer Partei ist: Eigentlich sanieren wir damit die Systeme! Die Arbeitslosenversicherung hat derzeit ein Defizit, die Pensionsversicherung ist nicht für alle Ewigkeit gesichert. Daher sollten wir sehr sorgsam umgehen mit dem, was wir an Mehreinnahmen haben, und da habe ich ein bestimmtes Problem mit Ideen der Grundsicherung, aber auch mit einer gesetzlichen Vorgabe dahin gehend, dass hier das Mindesteinkommen entsprechend festgelegt wird. Ich bin froh, dass das jetzt anders ist, dass die Kollektivvertragspartner das tun sollen, denn: Was bewirken Sie damit? (Abg. Öllinger: Da dauert es wieder fünf Jahre!) Wenn Sie in den Markt eingreifen, auch mit einer überhöhten Grundsicherung,
klingt das positiv – es haben alle mehr Einkommen, tadellos –, aber Sie bekommen ein Problem mit den Anreizen für die Aktiven. (Abg. Mag. Molterer: Genau!) Sie bekommen aber ein anderes Problem auch noch: Die Gehaltspyramide, die Lohnpyramide geht nach oben, die Preise gehen nach oben, die Lohnforderungen – weil alle anderen auch mehr haben wollen – gehen auch nach oben, und damit haben Sie dann eigentlich weniger Investitionen und weniger Arbeitsplätze!
Darauf sollten Sie in einem Zusammenhang, nämlich mit der Exportquote, achten: Wir sind nicht Deutschland oder Frankreich, sondern wir haben mehr als 50 Prozent Exportquote, und wenn Sie hier überdimensional in den Markt eingreifen, dann fällt uns das auf den Kopf!
Daher würde ich schon sehr sorgsam darauf achten, alles, was mit Grundsicherung zusammenhängt, alles, was zu stark in den Markt eingreift, zurückzustellen. (Abg. Öllinger: England! England hat einen höheren Mindestlohn!) Systeme verbessern, Arbeitslosenversicherungssystem verbessern – alles gut; aber da pauschal sozusagen mit der Gießkanne drüberzufahren, das ist der falsche Weg!
Folgendes bestätigt doch insgesamt die Linie: Die
Betriebe waren gut, die Arbeitnehmer waren gut – aber die
Weichenstellungen der Regierung werden sicherlich nicht die falschen gewesen
sein! (Beifall bei der ÖVP sowie bei
Abgeordneten des BZÖ.)
10.36
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Nächste
Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. 5 Minuten Redezeit. –
Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Cap – in Richtung der sich
zum Rednerpult begebenden Abg. Sburny –: Den Weihrauch zuerst
wegblasen, sonst sieht man nichts! – Gegenrufe der Abgeordneten
Mag. Molterer und Dr. Stummvoll.)
10.36
Abgeordnete Michaela Sburny
(Grüne): Frau
Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege
Mitterlehner, mich würde ja sehr interessieren, wo Sie Ihre
3 Milliarden € an Mehreinnahmen herhaben und wie Sie dann auf
1,2 Prozent Defizit kommen. Das würde mich sehr interessieren!
Erklären Sie mir das vielleicht noch einmal! (Abg. Mag. Molterer: Es
gibt im Budget nämlich Ausgaben auch, nicht nur Einnahmen!)
Das, Herr Kollege Mitterlehner, zeigt einfach nur Ihre Unglaubwürdigkeit, die Art und Weise, wie Sie mit Zahlen hantieren, und auch Ihre selektive Wahrnehmung, die nämlich auf Seiten der ÖVP insgesamt zu beobachten ist, denn: Wenn Sie zum Beispiel das Wifo oder auch andere Wirtschaftsforschungsinstitute zitieren, dann könnten Sie ja auch dazusagen, dass zum Beispiel der sehr renommierte Professor Felderer festgestellt hat, dass es in diesen Zeiten großartigen Wirtschaftswachstums überhaupt keinen Sinn macht und keinen Grund gibt, dass wir ein Defizit von 1,2 Prozent haben, sondern dass es Sinn machen würde, jetzt tatsächlich auf ein Nulldefizit zu kommen – was Sie ja immer behauptet haben. Wo Sie also in schlechteren Zeiten dann das Geld hernehmen werden, das darf man sich tatsächlich fragen!
Genauso zu dieser Senkung der Arbeitslosigkeit: Wir haben
jetzt sechs Jahre schwarz-blau-oranger Regierung hinter uns, und in allen
diesen sechs Jahren ist die Arbeitslosigkeit die ganze Zeit gestiegen,
gestiegen, gestiegen. (Abg. Mag. Kukacka: Wie schaut das im
Europavergleich aus?) Jetzt, wo die schwarz-blau-orange Regierung abgewählt
wurde, 15 Prozent verloren hat – man darf sich ja fragen:
vielleicht steigt der Optimismus jetzt in Österreich? (ironische Heiterkeit bei der ÖVP) –, jetzt gibt es
eine Trendwende. Jedenfalls dürfen Sie sich schon fragen, warum es Ihnen
in den sechs Jahren nicht gelungen ist. (Beifall
bei den Grünen und der SPÖ.)
Also gut, es gibt unbestreitbare Erfolge: Es gibt unbestreitbare Erfolge im Wirtschaftswachstum, es gibt unbestreitbare Erfolge auch in der Innovationspolitik. Es ist Ihnen gelungen, mehr Geld in Forschung und Innovation hineinzupumpen, wir nähern uns diesem Lissabon-Ziel von 3 Prozent, dem sich auch Österreich verpflichtet hat, tatsächlich, sind da europaweit in einer sehr guten Position. Trotzdem: Es liegt nicht nur an der Quote, und Sie wissen sehr gut, dass wir mittlerweile – und auch das sagen das Wifo und auch andere Forschungsinstitute – in einer Situation sind, wo uns mehr Geld allein überhaupt nicht hilft, weil unsere Strukturen und unser System in Österreich so verkrustet und zum Teil auch falsch angelegt sind, dass einfach Geld nicht effizient eingesetzt werden kann. Ich möchte das kurz anhand von ein oder zwei Beispielen darlegen.
Wir haben in Europa den höchsten Anteil an Unternehmen, die mit öffentlicher Forschungsförderung arbeiten – den europaweit höchsten Anteil! Das ist positiv, das Problem ist allerdings, dass in Österreich die Unternehmen zu einem ganz großen Teil nur Anwender oder Modifizierer von Innovation sind. Das heißt, sie kaufen ein, dafür bekommen sie auch eine Förderung, das macht Sinn, aber wir sind nicht mehr in Hochtechnologiebereichen tätig, wir sind keine originären Innovateure oder Innovateurinnen, wenn Sie so wollen.
Nur ganz wenige, nur 8 Prozent der Unternehmen sind in der Lage, auch wirklich radikale Innovationen vorzunehmen, und tun etwas. Und das ist ein Problem, nämlich: Bis jetzt, bei dem Aufholprozess, den wir gehabt haben, hat es gereicht, fremde Forschungsergebnisse zu verwenden und weiterzuentwickeln. Wenn wir aber wirklich auch aus diesem Titel zusätzliches Wachstum und zusätzliche positive Impulse schöpfen wollen, dann müssen wir vermehrt solch radikale Innovationen haben. Dazu braucht es jedoch – und da haben Sie tatsächlich auch eine völlig falsche Trendwende eingeleitet – wesentlich höher qualifizierte Menschen in Österreich.
Österreich war immer sehr gut bei hoher Qualifizierung – das war auch ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern –, mittlerweile haben wir aber auf Grund Ihrer Reformen einen wesentlich schlechteren Status. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Wir haben die drittniedrigste AkademikerInnenquote der EU-15. Und es ist mittlerweile so, dass die Betriebe nicht mehr deswegen nach Österreich kommen, weil es hier gut qualifizierte Leute gibt, sondern es schlägt viel stärker zu Buche, dass wir nicht die niedrigsten Kosten haben.
Das heißt, hier besteht enormer Veränderungsbedarf. Ich rede jetzt ausnahmsweise einmal nicht davon, dass die Situation der Frauen und der Forscherinnen in Österreich sowieso desaströs und am Ende jeder Liste im EU- und OECD-Bereich zu finden ist.
Das heißt, wir brauchen höhere Qualifizierungen,
einen besseren Abschluss im AkademikerInnenbereich (Präsidentin Mag. Prammer
gibt das Glockenzeichen), aber auch eine stärkere Nachfrage für
innovative Produkte, wie zum Beispiel im Umwelttechnikbereich (Abg. Steibl:
Redezeit!), wo Sie die Strukturen auch in die falsche Richtung gelegt
haben. – Danke. (Beifall bei
den Grünen.)
10.42
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.
10.42
Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die bisherigen Ausführungen in der heutigen Aktuellen Stunde gehört hat, gewinnt man den Eindruck, dass es sich um eine aktuelle Märchenstunde handelt – anders kann ich das nicht werten. Es kommen
einem ja schon fast Tränen vor lauter Rührung bei dem, was man von Seiten der ÖVP gehört hat (Zwischenruf bei der ÖVP), Tränen vor lauter Rührung, wie toll alles ist, wie viel mehr Jobs es in diesem Land gibt und wie gut alles geworden ist. Man hat auch auf die Tränendrüse gedrückt und gemeint, welch hohe Schulden man ja übernommen habe. – Ja, es stimmt schon: Die Staatsverschuldung lag im Jahr 2000 bei 2 200 Milliarden Schilling. Das haben natürlich vor allem auch die Roten, die SPÖ zu verantworten, aber wo waren denn Sie von der ÖVP? Sie tun so, als hätten Sie hier nur etwas übernommen, aber Sie waren doch die ganze Zeit mit in der Bundesregierung! (Beifall bei der FPÖ.)
Sie von der ÖVP waren mit dabei und haben das mit zu verantworten. Heute aber stellen Sie sich hier her und sprechen von mehr Jobs, einem höheren Wachstum und mehr Innovation und sagen, dass sich die österreichische Wirtschaft auf Erfolgskurs befindet. Dann kann man sich doch nur wundern, dass die Österreicher Ihre „Segnungen“ nicht erkannt und am 1. Oktober nicht honoriert haben: minus 8 Prozent für die ÖVP, und das BZÖ ist überhaupt von 16 Abgeordneten auf 7 Abgeordnete geschrumpft. – Also eine klare Absage an diese Bundesregierung, weil die Menschen sehr wohl erkannt haben, dass das in keine gute Richtung gegangen ist.
Sie sollten sich ein bisschen mit den Fakten beschäftigen – und weniger Science-Fiction zum Besten geben! Wir haben aktuell 293 560 Menschen ohne Arbeit, wenn man auch jene dazuzählt, die sich in AMS-Umschulungsprogrammen befinden, die Sie immer ausklammern. Das ist eine horrende Zahl an Menschen, die heute arbeitslos sind – dank dieser Bundesregierung, dank des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel und Herrn Bartenstein. Und das ist die traurige Wahrheit und Realität. Das sind die Daten der Arbeitsmarktstatistik.
Natürlich muss man auch festhalten, dass der selbsternannte Retter der österreichischen Arbeitnehmer, nämlich die Sozialdemokratie, in Wirklichkeit ja auch immer irgendwo dabei war und mit dazu beigetragen hat, dass es zu dieser dramatischen Situation gekommen ist.
Wenn ich mir heute die Zahlen von Wien ansehe: Wien hat österreichweit die rote Laterne: 72 000 Arbeitslose in Wien unter einer absoluten roten Mehrheit. Das zeigt ja auch, dass es dort, wo Rot regiert, nicht wirklich besser läuft, sondern dass man letztlich Schlusslicht in Österreich ist, das muss man auch einmal hervorheben.
Welche sind denn die tollen Jobs, die neu geschaffen worden
sind? – Es wird immer erzählt, dass man so viele neue tolle
Jobs geschaffen hat. Aber das sind unterbezahlte Teilzeitjobs! Menschen
brauchen heute teilweise zwei, drei, vier dieser Jobs, um überleben
zu können. (Beifall bei der
FPÖ.)
Darauf kann man doch nicht stolz sein! So sieht vielleicht die neue Beschäftigungswelt des Neoliberalismus der „Apostel“ Schüssel und Grasser aus, aber das ist nicht das, was sich die Menschen in unserem Land erwarten.
Welcher Wirtschaft geht es denn heute gut in Österreich? – In erster Linie geht es den Großkonzernen gut. (Ruf bei der ÖVP: Prinzhorn!) Für diese haben Sie Entlastungen möglich gemacht, aber im Bereich der kleineren und mittleren Unternehmen, wo wir Entlastungen gebraucht hätten, haben Sie geschlafen.
Wer hat denn die ÖVP in den letzten Jahren daran gehindert, die kleineren und mittleren Unternehmen entsprechend zu entlasten, damit die Wirtschaft wirklich boomen kann und wirklich die Arbeitslosigkeit sinkt? – Niemand hat Sie daran gehindert.
Gerade da müsste man ansetzen: die kleineren und mittleren Unternehmen entlasten. Wir haben noch immer bei der Abgabenbelastung, nämlich beim Faktor Arbeit, die
Situation, dass Österreich 4 Prozent über dem Durchschnitt der Europäischen Union liegt. Warum hat man da keine Senkung vorgenommen?
Aber auch die steuerliche Nutzungsdauer von schnelllebigen Wirtschaftsgütern wäre jetzt endlich sozusagen auf eine reale Nutzungsdauer umzustellen; da hat man Änderungen herbeizuführen.
Bei den nicht entnommenen Gewinnen kann man ansetzen und kann diese letztlich stärker begünstigen, nämlich die Grenze von 100 000 € auf 300 000 € anheben, den Freibetrag für unentgeltliche Betriebsübergaben kann man von 365 000 € auf 700 000 € anheben, und wenn es innerhalb der Familie übergeben wird, sollte man sicherstellen, dass grundsätzlich keine Erbschafts- und Schenkungssteuer anfallen. All das sind Dinge, die notwendig wären, bis hin zu dem Schritt, dass man Lehrlinge mit AHS-Schülern gleichstellt, dass, solange sie in der Berufsschule sind, das auch der Staat übernimmt. Da wäre viel zu tun, da haben Sie die Möglichkeiten verschlafen.
Faktum ist, dass unter Ihrer Bundesregierung die Reichen reicher und die Armen ärmer geworden sind.
Das Wifo sagt ja auch – ich zitiere (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) –: „Seit 1995 sind nur die obersten 5 Prozent der Einkommen leicht um 1,2 Prozent gestiegen.“ Stark gestiegen sind die oberen Einkommen.
Ich komme zum Schlusssatz: Das heißt und zeigt, dass
die oberen Einkommen, nämlich das obere ein Prozent der Einkommensschiene
starke Steigerungen erlebt hat, aber alle anderen Einkommensschichten in
Österreich dramatisch verloren haben. – Das ist nicht der Weg,
den wir unterstützen können. (Beifall
bei der FPÖ.)
10.47
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
10.48
Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Präsidentin! Nach den ersprießlichen Aussagen von Österreichs „größtem“ Ökonomen, des Herrn Strache (Heiterkeit – Abg. Strache: Im Unterschied zu Ihnen war ich Unternehmer! Sie haben ja nie etwas Gescheites gemacht!), kommen wir zurück zur Realität.
Herr Kollege Strache, Sie sprechen ständig von „sinkenden Löhnen“ in diesem Land. (Abg. Strache: Sie waren immer Parteisekretär!) Ich zitiere Ihnen Herrn Bernhard Felderer – er war erst in der „Pressestunde“ und ist ein wirklich anerkannter Ökonom in diesem Land –, im „Kurier“ am 21. Juli 2006 sagte Felderer Folgendes: „Besonders die unterste Einkommensschicht sei“ unter dieser Regierung „wie nie zuvor entlastet worden.“ – Das ist auch die Wahrheit.
Wir haben mit unseren Steuerreformen eine Entlastung zusammengebracht. Und es sind schon einige Zeitungen heute aufgezeigt worden. Selbst die „Kronen Zeitung“ berichtet davon und titelt: „Wirtschaft wächst wie schon lange nicht: Endlich gibt es wieder mehr Jobs“. – Ich weiß nicht, welche Zeitungen Sie lesen, aber das ist es!
Und zu den Ausführungen des Kollegen Matznetter, der offenbar nicht mehr im Saal ist und schon das Haus verlassen hat – nein, hier ist er –: Kollege Matznetter hat gesagt, er müsse jetzt ein schweres Erbe antreten. – Er muss ein „schweres“ Erbe jetzt antreten: Wir haben die besten Wirtschaftsdaten seit 25 Jahren (Abg. Strache: Trotzdem weiterhin Neuverschuldung!), wir haben etwa 3 Prozent Wachstum, wir haben höhere Löhne, eine niedrigere Inflation, florierende Exporte, eine höhere Kaufkraft, 30 000 Unternehmensgründungen und, und, und – man könnte noch viel mehr aufzählen.
Herr Kollege Matznetter, wenn das ein schweres Erbe ist – einem Erbe geht ja immer ein Trauerfall bevor –, dann wird in Zukunft jedes Erbe zum Volksfest, Herr Kollege Matznetter, und nicht zum schweren Erbe. Denn das ist ein Erbe, das sich sehen lassen kann!
Ich habe nur eine einzige Sorge nach dem Eintritt in dieses Erbe: dass man zurückgeht in die Vergangenheit, wenn Sie jetzt wieder Regierungsverantwortung bekommen. Das ist die Sorge, die ich um Österreich habe, dass wir zurückgehen in die Zeit der neunziger Jahre: höchste Schulden, höchste Steuern und Abgaben, niedrigere Löhne, höchste Inflation, Unternehmensbesteuerung, die ein Absiedeln und nicht ein Ansiedeln bewirkt, dass wir zurückkehren zu den höchsten Abgaben und der höchsten Arbeitslosigkeit.
Diese Sorge habe ich, wenn Sie jetzt wieder Regierungsverantwortung übernehmen, das Rad zurückdrehen, Schulden machen, koste es, was es wolle, Regulierungswut, alles soll reguliert werden, am Besten auch vieles verboten, Freiheit ist egal, wir machen eine Verbotspolitik gegenüber der Bevölkerung – zurück in die Vergangenheit! Ich sage Ihnen, die Menschen haben da ein Sensorium. Natürlich liegt die Wahl schon einige Zeit zurück, aber seither haben Sie bereits Vertrauen wieder abgebaut, und wenn Sie so weitermachen, Schulden machen, Milliarden-Forderungen stellen, die unerfüllbar sind, weiter in dieser Politik verharren, dann werden das nächste Mal bei der Wahl wieder Sie Ihr Wunder erleben und dann wird es auch hier wieder eine Veränderung geben, die für Österreich offensichtlich besser sein wird. (Beifall beim BZÖ.)
Herr Kollege Molterer hat auch gesagt – und da hat er Recht –, dass wir momentan ein kleines Wirtschaftswunder haben. Wir haben im Moment ein kleines Wirtschaftswunder, wir haben eine Hochkonjunktur, und die Prognosen sind weiterhin sehr, sehr optimistisch. Und der momentane ökonomische Gesamterfolg muss allen zu gleichen Teilen zugute kommen. Das heißt, Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten gleichermaßen davon profitieren.
Wir haben aber ein Missverhältnis, das wir jetzt sehen, zwischen überproportional steigenden Unternehmensgewinnen – gut so, absolut gut so, das ist auch auf eine gute Wirtschafts- und Budgetpolitik zurückzuführen, die diese Regierung gemacht hat, wo wir die Unternehmen entlastet haben, Stichwort Senkung der Körperschaftsteuer, wo wir zwei Steuerreformen durchgeführt haben und wo Rahmenbedingungen herrschen, die den Betrieben auch zugute kommen – und eher mäßig steigenden Arbeitseinkommen. Es muss die Aufgabe der nächsten Regierung sein, das auszugleichen und hier für mehr Fairness zu sorgen.
Daher haben wir – ich bin sehr froh darüber, dass Minister Bartenstein heute auch davon gesprochen hat – das Modell der Mitarbeiterbeteiligung in den Vordergrund gestellt. Jawohl, wir bekennen uns zu einer freien Marktwirtschaft, aber unter höchster sozialer Verantwortung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Das Modell des Investivlohns, bei dem Mitarbeiter an den Gewinnen der Unternehmungen beteiligt werden, wäre ein Zukunftsmodell, das wäre Kreativität, denn da bekommen die Mitarbeiter mit Sicherheit die Möglichkeit, auch Löhne und Gehälter zu steigern, sie werden selbstverständlich mehr motiviert, die Unternehmungen haben Möglichkeiten zu einer neuen Kapitalbildung, und es brächte insgesamt Vorteile für den Wettbewerb und die Prosperität der Wirtschaft. Daher stehen wir für dieses Modell, für eine Diskussion über dieses Investivlohnmodell, das künftig Anwendung finden sollte, wie dies in Großbritannien, in Frankreich schon zu einem großen Teil der Fall ist, in Deutschland beginnt es gerade. Auch Österreich muss da Kreativität hineinstecken, in ein neues Miteinander, in eine neue Partnerschaft von Unternehmungen, von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. In diese Richtung appelliere ich an Sie.
Ebenso ist es notwendig, weitere Entlastungen des Mittelstandes in Form einer dritten Etappe der Steuerreform durchzuführen. Weiters ist es wichtig, die Gleichstellung von Mann und Frau am Arbeitsplatz voranzutreiben – für gleiche Arbeit gleichen Lohn, das ist wichtig. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Die Sorge, die ich habe, ist, dass eine große Koalition leider die Politik der neunziger Jahre wieder hervorkramt und wir wieder zu einer schlechteren Entwicklung zurückkehren, als sie diese Regierung in den letzten sechs Jahren zustande gebracht hat. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Cap: Schlechter geht es nicht mehr!)
10.53
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Csörgits zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.
10.53
Abgeordnete Renate
Csörgits (SPÖ):
Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und
Herren! Gerade die Rede des Herrn Abgeordneten Westenthaler hat gezeigt,
dass die Bevölkerung in Österreich, die Arbeiter, die Angestellten,
die Beamten, wesentlich sensibler sind und sehen, was in den letzten Jahren
nicht zu ihrem Vorteil geschehen ist. (Abg.
Ing. Westenthaler: Vor allem
die Gewerkschaftsmitglieder! – Abg. Scheibner: Die Gewerkschaftsmitglieder sind sehr sensibel!)
Sie leben in einer Traumwelt, und Sie haben in den letzten sechs Jahren nichts ausgelassen, um die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in eine Situation zu bringen, in der sie der Armut preisgegeben werden, in der immer mehr Menschen arbeitslos geworden sind – und Sie haben dafür die Rechnung präsentiert bekommen.
Ich bin davon überzeugt, dass es den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, wenn es zu einer Wende in diesem Land kommen wird, wieder besser gehen wird als in den letzten sechs Jahren, die sie unter Ihrer Regierung verbringen mussten. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Bundesminister Bartenstein, Sie sagen, dass die Wirtschaftszahlen viel besser sind und dass Österreich erfreulicherweise auf der Überholspur ist und beim Wirtschaftswachstum besser ist als die Vereinigten Staaten und Japan. – Ich darf Sie schon daran erinnern, dass sehr viele jener Menschen, die jetzt vor dem Fernseher sitzen oder hier oben auf der Tribüne stehen, trotz steigenden Wirtschaftswachstums noch immer arbeitslos sind.
Wir haben noch immer eine hohe Arbeitslosenrate in Österreich, es sind noch immer sehr viele Menschen in Schulungen, aber das heißt ja nicht, dass sie deshalb nicht trotzdem einen Arbeitsplatz suchen, sie sind nur „zwischengeparkt“ in Schulungsmaßnahmen des AMS, und das ist etwas, was immer ganz gerne unter den Tisch gekehrt wird. Wenn man dann noch jene Personen dazunimmt, die in einem Alter sind, in dem sie einen Pensionsvorschuss oder Übergangsgeld beziehen können, dann sehen wir, dass in Österreich noch immer weit über 300 000 Menschen arbeitslos sind. Das muss man hier auf den Tisch legen! Das ist einfach etwas, was wir als eines der reichsten Länder Europas nicht verkraften können, wo wir ganz einfach nicht tatenlos zuschauen dürfen.
Darüber hinaus ist es auch noch so, dass sehr viele junge Menschen arbeitslos sind. Gerade jetzt, zehn Tage vor Weihnachten, gibt es immer mehr Eltern, die sich den Kopf darüber zerbrechen müssen, wie sie ihren Kindern eine ganz kleine Freude machen können. Es gibt viele Familien, die durch Ihre Politik der Armut preisgegeben worden sind und für die sehr rasch Maßnahmen gesetzt werden müssen. Eine dieser hervorragenden Maßnahmen, mit denen rasch geholfen werden kann, ist eine ganz
gezielte, bedarfsorientierte Grundsicherung, um den Ärmsten der Ärmsten in diesem Land, die dank Ihrer Politik mehr geworden sind, zu helfen.
Darüber hinaus ist auch eine aktive Arbeitsmarktpolitik wichtig. Es gibt hier sehr viele gute Ansätze. Es ist das Weißbuch zitiert worden, wo ein guter Plan für die nächsten zehn Jahre aufgestellt worden ist, wo Aktivmaßnahmen gesetzt werden, um gegen die Arbeitslosigkeit anzukämpfen, wo darüber hinaus auch ein guter Vorschlag der Sozialpartner und -partnerinnen dieses Landes ausgearbeitet worden ist und wo ganz einfach auch Mittel und Möglichkeiten aufgezeigt werden. Man muss nur wollen, sehr geschätzte Damen und Herren! Die Sozialdemokratie wollte immer haben – und wird das auch in Zukunft immer haben wollen –, dass in Österreich die Arbeitslosigkeit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft wird! (Beifall bei der SPÖ.)
Arbeitslosigkeit ist nicht nur inhuman und unsozial, sondern sie ist auch – darin werden Sie mir zweifellos Recht geben – die teuerste Form, Menschen doch einigermaßen ein Einkommen zu geben. Das heißt, gleichzeitig mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit kann man auch in anderen Bereichen, wo ganz einfach dank Ihrer Politik sehr viele Schulden entstanden sind, sowohl in der Sozialversicherung als auch in der Krankenversicherung, Schulden entsprechend bekämpfen. Das wird allerdings sehr schwierig werden, denn es zeigt sich immer mehr, dass Sie, die Bundesregierung, die in den letzten vier Jahren tätig war, uns ein Budget hinterlassen, das zweifellos sehr wenig Möglichkeiten und Spielraum gibt.
Ich habe heute in der Früh gehört, dass die Schuldnerberatung davor warnt, dass man sich auf Grund der Tatsache, dass Weihnachten vor der Tür steht und Geschenke gemacht werden, verschuldet. – Sie haben dieses Land sehr stark verschuldet. (Abg. Mag. Donnerbauer: Schauen Sie sich den Gewerkschaftsbund an! – Abg. Mag. Molterer: Wie ist das beim ÖGB?) Sie haben aber keine Geschenke gemacht, zumindest nicht den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen dieses Landes! (Beifall bei der SPÖ.)
10.58
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
10.58
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Csörgits, Ihre Ausführungen hier und die Schneid, die Sie damit an den Tag legen, das ringt ja förmlich Respekt ab (Zwischenruf der Abg. Csörgits), denn wohin eine verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik führt, erleben Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ÖGB gerade am eigenen Leib, das muss ich Ihnen wirklich sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ursula Haubner.)
Wir sollten bei allem Kleinkrieg, der hier geführt wird, eines nicht vergessen: Die hervorragenden Wirtschafts- und Wachstumsdaten, die wir Gott sei Dank in unserem Lande haben, sind letztlich auch das Ergebnis der Arbeit fleißiger Österreicherinnen und Österreicher. Und ihnen sollten wir alle hier Dank zollen. (Beifall bei der ÖVP.)
Und das ist das Ergebnis risikobereiter Unternehmerinnen und Unternehmer in der Wirtschaft und in der Landwirtschaft. – Das ist entscheidend, und das ist jene Gruppe von Menschen, meine Damen und Herren, die auch dafür Sorge trägt und ihre Beiträge einbringt, damit wir ein Sozialsystem haben, das wie kaum ein anderes Sozialsystem in der Welt und in Europa geknüpft ist. Das sind jene Menschen, die täglich ihre Arbeit leisten, die täglich mit ihrem persönlichen Risiko als Unternehmerin/als Unternehmer hier für den Wirtschaftsstandort Österreich etwas leisten.
Herr Bundesminister Bartenstein hat in sehr beeindruckender
Weise die Erfolgszahlen dargelegt. Es ist bedauerlich, dass man sich nicht
gemeinsam darüber freuen kann, und es ist auch bedauerlich, dass man
sich – selbst wenn die Nationalratswahlen zurückliegen –
fast in hämischer Freude darüber ergeht, dass diese Daten jetzt
in diesem Ausmaß bekannt werden. Das gipfelt, Frau Kollegin Sburny, in
der wirklich schlichten Betrachtung, dass die Wirtschaftsdaten und die Arbeitslosendaten
in Wahrheit deshalb jetzt so gut wären, weil die Österreicherinnen
und Österreicher froh wären, dass diese Regierung abgewählt ist.
(Zwischenruf der Abg. Sburny.) Genauso platt könnte man zurückgeben, die
Österreicherinnen und Österreicher sind froh darüber, dass sich
Rot-Grün nicht ausgeht, denn da haben sie Erfahrungen aus der
Bundesrepublik Deutschland. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich denke, so einfach sollte man es sich dann doch nicht machen. Sie werden – so glaube ich – zugestehen, dass die Grundlagen für eine gute Wirtschaftsentwicklung, für die Zahlen am Arbeitsmarkt, nicht am 1. Oktober gelegt wurden, sondern natürlich davor. (Abg. Sburny: Können Sie einen Scherz nicht von einer Polemik unterscheiden, Herr Kollege?)
Dann monieren Sie, Frau Kollegin Sburny, dass die schlechte Bildungspolitik im Lande Firmen verschrecken würde. Wahr ist, bitte, das Gegenteil! Wahr ist, dass in den letzten Jahren hunderte Betriebe aus dem Ausland nach Österreich gekommen sind, sich hier angesiedelt haben, weil wir einen guten Wirtschaftsstandort haben – und dazu zählt auch das Bildungssystem, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP), das man nicht bei jeder Gelegenheit – Sie lassen keine aus! – schlechtreden soll.
Eines ist schon auch klar: Selbst in Zeiten der europäischen und weltweiten Rezession, die wir in den letzten Jahren durchaus verspürt haben, hat Österreich im internationalen Vergleich immer relativ gut abgeschnitten – sowohl was die Arbeitslosendaten anlangt, insbesondere aber auch was die Daten der Jugendarbeitslosigkeit anlangt. Ich schätze dabei nicht gering und nehme es nicht auf die leichte Schulter, dass das in jedem Einzelfall dramatische Auswirkungen hat. Jeder Arbeitslose ist jederzeit einer zu viel – das ist überhaupt keine Frage! Dennoch ist es zulässig, den Vergleich anzustellen: Wie machte es diese Bundesregierung, und wie machten es andere Regierungen weltweit und in Europa? (Zwischenruf der Abg. Sburny.) Und da hat diese Bundesregierung, so denke ich, einen durchaus herzeigbaren Vergleich, den sie vorlegen kann, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Daher sollte man bei aller Freude auf Seiten der Sozialdemokraten über den Wahlausgang am 1. Oktober, die ich zwar nicht ganz, aber doch bedingt verstehen kann – sie haben ja auch nichts dazugewonnen, sie haben ja auch an Stimmen verloren, sie haben deutlich an Stimmen verloren! –, nicht so tun, als wären Ihre Position und Ihre Positionen im Inhaltlichen gestärkt worden, denn Sie haben mit Ihrer Positionierung Stimmen verloren. Ich würde gerade auch in der Bildungspolitik davor warnen, dass man gute Erfahrungen, die man etwa in der dualen Berufsausbildung gemacht hat, und gute Erfahrungen, die wir etwa mit dem berufsbildenden Schulwesen gemacht haben, taxfrei über Bord wirft und sagt: Schaffen wir das alles ab!
Gerade diese berufsbildenden Ausbildungsgänge sind es doch letztlich auch, die einen wesentlichen Beitrag zu einer der niedrigsten Jugendarbeitslosenraten in Europa leisten. Daran sollten wir auf alle Fälle festhalten! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte abschließend noch einen Satz sagen, den ich mir aufgeschrieben habe, weil ich glaube, dass es durchaus erfreulich ist (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – ich bin schon beim Schlusssatz, Frau Präsidentin! –, dass Herr Kollege Matznetter gemeint hat, im Wachstum müsse man Überschüsse produzieren:
Daran sollten wir in den nächsten Wochen, die uns noch für den Abschluss einer allfälligen Koalition verbleiben, denken. (Beifall bei der ÖVP.)
11.04
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
11.04
Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon richtig, die österreichische Wirtschaft steht im Moment gut da. Wir verzeichnen ein Wirtschaftswachstum in einer Höhe, die erstmals seit dem Jahr 2000 einen Rückgang der Arbeitslosigkeit zur Folge haben wird. Die Steuereinnahmen nehmen kräftig zu – aber nicht um 3 Milliarden € in diesem Jahr, Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner, nein, nur um 1,5 Milliarden €; ich weiß nicht, woher Sie Ihre Wunschziffern haben –, und das wird ein sinkendes Budgetdefizit zur Folge haben. Natürlich werden wir aber von einem nachhaltig sanierten Budget in diesem Jahr nicht sprechen können. Können wir deshalb insgesamt schon von einer wirtschaftspolitischen Erfolgsstory sprechen? – Nein.
Bundeskanzler Schüssel hat in seiner Rede zur Lage der Nation im Juni 2006 davon gesprochen, dass die Zahl der Arbeitsplätze so hoch wie nie zuvor sei, hat aber „vergessen“, hinzuzufügen, dass die Zahl der Vollzeitarbeitskräfte stark zurückgegangen ist, dass die prekären Arbeitsverhältnisse ungemein stark angestiegen sind und dass die Arbeitslosigkeit seit dem Jahr 2001 stark zugenommen hat.
Im Jahre 2005 waren etwa 253 000 Menschen in Österreich ohne Arbeit. Das soll die Vollbeschäftigung sein, Herr Abgeordneter Molterer – er ist nicht hier (Abg. Großruck: Ja, ja! Der ist schon da!) –, von der Sie gesprochen haben, und das soll die Vollbeschäftigung sein, die Ihre Partei uns im Wahlkampf 2002 und 2006 versprochen hat? – Mit Sicherheit nicht! (Beifall bei den Grünen.)
Eine Folge der steigenden Arbeitslosigkeit war ein Anstieg der Armut und Armutsgefährdung. Die Zahl der Menschen, die von akuter Armut bedroht sind, ist stark angestiegen. Zusätzlich leben mehr als eine Million Menschen unter Armutsgefährdung. Und das, so frage ich Sie allen Ernstes, soll eine Erfolgsstory sein? – Eine Schande ist das für ein reiches Land wie Österreich! (Beifall bei den Grünen.)
Analysen über die Erfolge der Wirtschaftspolitik in anderen Ländern haben gezeigt, dass die Arbeitslosigkeit nur dann zurückgeht und -gehen kann, wenn die Wirtschaft rasch wächst. Wirtschaftswachstum – und das ist schon richtig – ist der entscheidende Hebel für die Senkung der Arbeitslosigkeit und Armut in diesem Lande, aber für eine Senkung der Arbeitslosigkeit – und da sind sich die Wirtschaftsforscherinnen und -forscher einig – brauchen wir ein Wirtschaftswachstum real von etwa 3 Prozent. Und das Wirtschaftsforschungsinstitut prognostiziert uns derzeit mittelfristig eine Wachstumsrate von etwas über 2 Prozent.
Für die Senkung der Arbeitslosigkeit und Steigerung des Wirtschaftswachstums bedarf es daher eines Kurswechsels. Österreich und Europa können derzeit ein weltwirtschaftliches Wachstum von 4 Prozent nicht nutzen, sie wachsen langfristig nur um 2 Prozent – im Gegensatz zu den USA. Da stellt sich natürlich die Frage: Woran liegt denn das? – Es liegt an dem Rezept und dem Konzept, das die Österreicher und die Europäische Union verfolgen, nämlich ein Konzept, das einseitig auf Liberalisierung und auf Wettbewerb als Triebfedern für Innovationen setzt, die letztlich das Wachstum stärken sollen.
Sie übersehen aber dabei einige Dinge: Sie übersehen dabei, dass es keine griffige Wettbewerbspolitik gibt. Sie übersehen dabei, dass Innovationen allein nicht genügen,
sondern dass man auch darauf schauen muss, wie das Geld eingesetzt wird, wofür es verwendet wird, dass eine Innovationsstrategie mit einer Aus- und Weiterbildungsstrategie verknüpft werden muss.
Schließlich werden – es ist mir ganz
wichtig, darauf hinzuweisen! – gesamtwirtschaftliche
Zusammenhänge ausgeblendet. Ausgeblendet wird die Frage der Schwäche
der Binnennachfrage in Österreich wie in Europa – der private
Konsum wächst nach wie vor schwach –, und die Europäische
Zentralbank verfolgt eine Politik, die nicht dazu angetan ist, diejenigen
Produktivitätspotentiale, die die österreichische und
europäische Wirtschaft hat, zu nutzen. Die Europäische Zentralbank
wäre gut beraten, statt die Zinssätze zu erhöhen, ihre Kraft
nicht für das Aufspüren der Inflationsgefahren zu vergeuden, sondern
der Produktivität in Europa nachzuspüren. (Präsidentin Mag. Prammer
gibt das Glockenzeichen.)
Eine einseitig auf Strukturreformen, Liberalisierung und Stabilisierung ausgerichtete Wirtschaftspolitik wird daher in Zukunft auch zu kurz greifen. Was wir brauchen, ist ein Kurswechsel in diesem Lande, ein Kurswechsel, den wir unseren Arbeitslosen und von Armut gefährdeten Menschen schuldig sind. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)
11.09
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Themessl zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
11.09
Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vor Eingang in das Wirtschaftsthema zwei Sachen klarstellen. Herr Bundesminister Bartenstein und der Wirtschaftssprecher der ÖVP Mitterlehner haben hier von Mehreinnahmen in Höhe von 3 Milliarden € auf Grund der gut gehenden Wirtschaft gesprochen.
Wenn man jetzt noch dazunimmt, dass Sie in den letzten Jahren die Währungsreserven der Nationalbank stark reduziert und 105 Tonnen Gold verkauft haben, muss man sagen: Es ist so viel Geld da, sodass es geradezu beschämend ist, dass Sie vor 14 Tagen hier beschlossen haben, den Pensionisten lediglich ein Almosen zu geben! Das ist auf Grund dieser Zahlen, die vorliegen müssten, beschämend! (Beifall bei der FPÖ.)
Noch eine Anmerkung zur Wirtschaftskompetenz des Herrn Ing. Westenthaler. Soviel ich weiß, war Heinz-Christian Strache Unternehmer, und Sie, Herr Westenthaler, waren Sekretär. Unternehmer treffen Entscheidungen, Sekretäre sind Zuträger und Informationsbringer und treffen keine Entscheidungen. (Abg. Großruck: Na!) So viel zur „Wirtschaftskompetenz“ eines Sekretärs gegenüber der eines Unternehmers. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das meinen Sie aber nicht ernst, oder?) Das sei auch einmal hier festgehalten.
Jetzt kommen wir zum Wirtschaftsthema und der Lobhudelei, die Sie hier betreiben. Sie stellen sich hier allen Ernstes ans Rednerpult und behaupten mit einer Selbstherrlichkeit, Sie hätten ein Wirtschaftswunder vollbracht. Sie sollten sich einmal von dem Irrglauben verabschieden, dass Politik Jobs schafft! Politik schafft keine Jobs. Jobs schaffen nach wie vor Unternehmer – fleißige Unternehmer! – und die Wirtschaft selbst. (Beifall bei der FPÖ.) Die Wirtschaft ist sehr wohl in der Lage, auf geänderte Rahmenbedingungen schnellstens einzugehen.
Jetzt betrachten wir einmal die Ausgangsposition, in der Sie sich befunden haben. Die Ausgangsposition war die, dass in den letzten zwei Jahren weltweit die Konjunktur und damit die Wirtschaftslage angesprungen sind. Dann betrachten Sie einmal Ihre Zahlen und sehen Sie sich an, was Sie daraus gemacht haben. Sie haben, wenn man es als
Zeugnisnote beurteilen müsste, höchstens ein gutes Mittelmaß von dem erreicht, was möglich gewesen wäre.
Was mich überhaupt im Zuge dieser Wirtschaftsdiskussionen in den letzten Jahren stört, ist, dass wir uns permanent mit Schlechteren vergleichen. Sie kommen mir vor wie ein Schüler, der seine mittelmäßigen Noten damit rechtfertigt, dass es in der Klasse „Europa“ permanent Schlechtere gibt. Das kann ja nicht Ziel einer Wirtschaftspolitik sein, die in Österreich zielführend zur Senkung der Arbeitslosenzahlen herangezogen werden kann. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn Sie sich Ihre Zahlen anschauen, dann sehen Sie, dass wir eben nur im Vergleich gut liegen.
Man kann Ihnen jetzt zugute halten, dass Sie mit der Senkung der KöSt vielleicht einen Meilenstein für den Wirtschaftsstandort Österreich geschafft haben. Aber selbst die KöSt haben Sie so starr gestaltet, dass die Humanressourcen in großen Firmen überhaupt nicht berücksichtigt werden. Das heißt, Sie haben den Nettoproduktionswert überhaupt nicht berücksichtigt, Sie sagen starr und steif: 25 Prozent ist die KöSt – egal, ob jemand viele Arbeitsplätze schafft, weil der Arbeitsplatz, der Mensch einfach in den Mittelpunkt gerückt werden muss, oder ob er viel an Finanzen umlegt, „umschaufelt“ und damit wenig Arbeitsplätze schafft. Selbst da haben Sie sich nicht genug Gedanken darüber gemacht, was möglich wäre.
Was Sie zur Gänze vergessen haben, sind die kleinen und mittleren Unternehmen. Die kleinen und mittleren Unternehmen und die Einzelpersonen-Unternehmen in Österreich bringen über zwei Drittel der gesamten Wirtschaftskraft dieses Landes. Und die haben Sie Länge mal Breite vergessen.
Meine Damen und Herren! Wir liegen nicht „bei den Besten“ in Europa – das wollen Sie der österreichischen Bevölkerung lediglich weismachen –, sondern wir liegen über dem Durchschnitt: Wir haben nach wie vor eine Abgabenquote, die über 3 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegt, und wir haben nach wie vor Lohnnebenkosten, die weit über 3 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegen. Bei den Lohnnebenkosten sei noch angemerkt: Da vergleichen wir uns nur mit den zwölf ursprünglichen EU-Mitgliedern. Würden wir die EU-25 hernehmen, dann wären wir weit weg vom Mittelmaß, und nicht bei den Besten.
Wissen Sie, sich laufend mit jenen zu vergleichen, die schlechter sind, ist falsch! Wenn Sie in der Vergangenheit immer wieder gesagt haben, wir seien besser als unsere deutschen Nachbarn, dann haben Sie das falsch ausgedrückt. Sie müssten sagen: Es gibt Bessere als wir, und unsere deutschen Nachbarn sind noch schlechter als wir. – Das wäre richtig und würde den Nagel auf den Kopf treffen. (Beifall bei der FPÖ.)
Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch etwas sagen: Wir haben mehr Arbeitslose als jemals zuvor! Sie haben es geschafft, die Statistik so zu ... (Abg. Dr. Fasslabend: Das stimmt nicht! – Abg. Ing. Westenthaler: Falsch!) Es gibt inklusive der Personen, die beim AMS in den Umschulungskursen sind, die Sie übrigens in der Zwischenzeit mit der Zahl von 61 000 in eine exorbitante Höhe getrieben haben, mehr Arbeitslose als je zuvor (Abg. Dr. Fasslabend: Das ist falsch!), wenn man die Gesamtzahl der österreichischen Bevölkerung hernimmt. Was Sie vergessen: Die österreichische Bevölkerung ist ja auch gewachsen und nicht nur die Zahl der Arbeitslosen, wenn Sie es so sehen.
Wir liegen weit unter dem Schnitt. Wenn wir in der Wirtschaft in Zukunft reüssieren wollen und unsere Arbeitslosenzahlen auf einen angenehmen Stand bringen wollen – so wie das zum Beispiel in Dänemark, in den Niederlanden oder auch in Irland der Fall ist, die Sie nie erwähnen, weil diese wesentlich besser sind –, wenn wir in der Wirtschaftspolitik wieder auf dem Stockerl stehen wollen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) und uns nicht permanent damit rechtfertigen müssen, nicht der
Schlechteste zu
sein, dann müssen Sie aus den gegebenen Möglichkeiten mehr machen,
als Sie bisher gemacht haben. (Beifall
bei der FPÖ.)
11.15
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schalle zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
11.15
Abgeordneter
Veit Schalle (BZÖ):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Herr Themessl, eines muss ich Ihnen schon
sagen – aber das sollten Sie eigentlich schon wissen! –:
Herr Westenthaler war vier Jahre lang Spitzenmanager in einem
internationalen Weltkonzern (ironische
Heiterkeit bei der FPÖ), in einem Weltkonzern, der in Österreich
enorm viele Arbeitsplätze schafft! – Das nur vorweg. (Abg. Strache:
Als Eurofighter-Dankeschön! – Weitere Zwischenrufe bei
Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.)
Zum Thema Wirtschaft gibt es viele Schlagworte und Worthülsen, doch für mich zählt der Terminus „Wirtschaft“ nur dann, wenn er das Ziel hat, Positives für die Gesamtbevölkerung zu bewirken. Dass dies der Fall ist, hat diese Regierung in den letzten zwei Amtsperioden bewiesen. Denn egal, ob ich Österreich allein betrachte oder innerhalb der EU, es nimmt unbestritten in vielen Bereichen eine Vorreiterrolle ein. Nicht umsonst – ich darf wörtlich zitieren – schreiben in- und ausländische Medien in positivster Weise über Österreichs Leistungen im Wirtschaftssektor.
Zum Beispiel schrieb der „Standard“, wahrlich keine ÖVP- oder BZÖ-nahe Zeitung, am 29. November dieses Jahres:
„Österreichs Wirtschaft wächst stärker als erwartet“.
In den „Oberösterreichischen Nachrichten“ heißt es am selben Tag:
„Österreichische Wirtschaft bleibt auf der Überholspur“.
Und um vielleicht noch eine internationale Zeitung zu zitieren: Die „Neue Zürcher Zeitung“ geht am 24. November in ihrer Meinung noch weiter und beantwortet die rhetorische Frage, wieso der kleine Nachbar rascher wächst, mit der Aussage:
„Österreich nutzt die Ostöffnung entschlossener als Deutschland“.
Meine Damen und Herren, man braucht aber nicht diese Zeitungsmeldungen, um das zu sehen, sondern man muss sich nur mit den Tatsachen auseinandersetzen. Faktum ist: Österreichs Budgetpolitik ist vorbildhaft für ganz Europa. Der Grund dafür ist, dass die österreichische Finanz- und Wirtschaftspolitik von drei Säulen beziehungsweise Zielen getragen wird: von einem ausgeglichenen Budget über den Konjunkturzyklus hinweg, einer Senkung der Abgabenquote bis zum Jahr 2010 auf 40 Prozent bei Aufrechterhaltung der finanzpolitischen Stabilität sowie einer nachhaltigen Wachstumspolitik.
Ich kann nur hoffen, dass die zukünftige Regierungskoalition diese Ziele und dieses Handeln weiter beibehalten wird. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)
Man muss ja eines fragen: Wie hat denn eigentlich die Wirtschaftspolitik vor dem Jahr 2000 ausgesehen, meine Damen und Herren von der SPÖ? (Abg. Dr. Cap: Na, na, na!) Die Budgetpolitik basierte auf einer enormen Schuldenpolitik, ohne steuerliche Erleichterungen oder Senkungen. (Abg. Dr. Cap: Das ist der Weg der ÖVP!) – Nein, nein!
Oder nehmen Sie jetzt nur die Diskussion um die Ladenöffnungszeiten! Herr Bürgermeister Häupl könnte schon lange die Geschäfte am Sonntag aufsperren lassen, dann
würden hundert Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen werden. (Zwischenruf des Abg. Marizzi.) Was noch viel wichtiger ist: Ich denke, auch die Mitarbeiter würden sehr davon profitieren, weil sie nämlich 100-prozentige Zuschläge bekämen. Dass es für die Unternehmen auch lukrativ wäre, versteht sich – so glaube ich – von selbst.
Im Sinne der Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich haben wir eine Reihe von kurz- und langfristigen Initiativen getroffen (Abg. Schopf: Sonntagsarbeit!) – nein! –, die das Wirtschaftswachstum angekurbelt, die Beschäftigung erhöht haben. Ich erinnere nur an die vielen Konjunkturbelebungspakete. (Abg. Schopf: Die nichts genutzt haben!) – Doch!
Dass die richtigen Impulse zur richtigen Zeit gesetzt wurden, zeigt auch folgende Bilanz: Zwischen den Jahren 2002 und 2006 erreichte das Bruttoinlandsprodukt eine Steigerung von 13,6 Prozent. Man könnte zwar den Zahlen und Statistiken gemäß bereits von einer Rekordbeschäftigung sprechen; meiner Überzeugung nach ist jedoch ein wichtiger Faktor: Die Arbeitslosenrate ist im Sinken begriffen.
Dass sich Österreichs Wirtschaft auf einem Erfolgskurs befindet, zeigen auch jene Zahlen, was das EU-Ranking in puncto Innovation anbelangt. Da sind wir nämlich auf den fünften Platz vorgerutscht, und dies innerhalb der 25 EU-Staaten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich in meinem Berufsleben über 40 Jahre in der Wirtschaft tätig war und – mit vielen Höhen und Tiefen getragen – mit guter oder verfehlter Wirtschaftspolitik konfrontiert war, kann ich der zukünftigen Regierung nur empfehlen: Gehen Sie diesen Weg weiter, den die ÖVP an der Seite des BZÖ zum Wohle der Österreicher eingeschlagen hat! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)
11.20
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche
Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen:
124/J bis 167/J;
2. Anfragebeantwortungen:
4/AB und 5/AB;
3. Regierungsvorlagen:
Bundesgesetz, mit dem
das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (11 d.B.),
Sozialrechts-Änderungsgesetz
2007 – SRÄG 2007 (12 d.B.).
B. Zuweisungen:
1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§
32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:
Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:
Bürgerinitiative
Nr. 3 betreffend „Mehr Sicherheit im Schulbus – Recht auf
einen Platz für jedes Kind im Schulverkehr“;
2. Zuweisungen in dieser Sitzung:
zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der
endgültigen Entscheidung des Ausschusses):
Budgetausschuss:
Bericht des
Bundesministers für Finanzen
über die öffentlichen Finanzen 2005 (III-11 d.B.);
Gleichbehandlungsausschuss:
6. Bericht der
Bundesregierung zum Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung und
Frauenförderung im Bundesdienst (Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2006)
(III-9 d.B.);
Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:
Tätigkeitsbericht
der Bundeswettbewerbsbehörde für den Zeitraum 1. Juli 2005 bis
30. Juni 2006, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
(III-10 d.B.).
*****
Fristsetzungsantrag
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit,
dass Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber beantragt hat, dem Ausschuss
für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den
Antrag 55/A(E) betreffend gesetzliche Verankerung des österreichischen
Programms für die ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 eine Frist bis 29. Jänner 2007
zu setzen.
Ferner liegt das
von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung
gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen
Fristsetzungsantrag durchzuführen.
Diese kurze
Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um
15 Uhr stattfinden.
Behandlung der Tagesordnung
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die
Punkte 2 und 3 der Tagesordnung zusammenzufassen.
Wir dagegen eine
Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.
Wir gehen nun in
die Tagesordnung ein.
Redezeitbeschränkung
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens
über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde
eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass
sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 87 Minuten,
Grüne und FPÖ je 63 Minuten sowie BZÖ 60 Minuten.
Wir kommen
sogleich zur Abstimmung.
Ich bitte jene Damen
und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezügliches
Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
1. Punkt
Bericht des
Umweltausschusses über den Antrag 24/A(E) der Abgeordneten Mag. Kurt
Gaßner, Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Gabriela Moser, Lutz
Weinzinger, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kollaudierung
des tschechischen AKW Temelín (13 der Beilagen)
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine
mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Wir gelangen nun
zur Debatte.
Als Erster zu
Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. 4 Minuten Wunschredezeit. –
Bitte.
11.23
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Wir haben hier einen Fünf-Parteien-Antrag, der die Regierung auffordern soll, in zwei Schritten tätig zu werden.
In Wahrheit ist „auffordern“ sogar das falsche Wort, sondern es sollte heißen, den Rücken stärken – nämlich auch der eigenen Position der Bundesregierung –, um gegen die Inbetriebnahme des AKW Temelín aufzutreten, und zwar in letzter Konsequenz mit einer Völkerrechtsklage, die, wie wir im Ausschuss vereinbart haben, unmittelbar nach diesem Beschluss hier vorbereitet werden wird.
Das unterstützen wir, das halten wir für richtig, und das entspricht im Prinzip auch dem, was die Bundesregierung zum dem Zeitpunkt, als das Melker Protokoll ausverhandelt wurde, auch berichtet hat.
Es hat die ÖVP am 8. Dezember 2001 ein Inserat oder viele Inserate geschaltet, wo der damalige Umweltminister Molterer, der jetzt Klubobmann der ÖVP ist, und der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel mit Unterschrift Folgendes festgestellt haben:
Erstens: „Die österreichischen
Sicherheitsforderungen werden vollinhaltlich von Tschechien
umgesetzt.“
Zweitens: „Die Umsetzung wird von Österreich und Tschechien überwacht.“
Drittens: „Temelín geht erst in kommerziellen Betrieb, wenn die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt sind.“
Viertens: „Die Vereinbarung ist rechtsverbindlich und ... einklagbar.“
Ich gehe davon aus, dass das, was Sie damals schriftlich mit Unterschrift bekundet haben, heute auch noch gilt, und insofern sehe ich auch keine Probleme, diese Klage einzubringen. Und ich gehe auch davon aus, dass sie erfolgreich sein wird, weil Ihre Unterschrift da drauf ist.
Darüber hinaus haben Sie am 12. Dezember 2001
hier im Nationalrat, und zwar
in der 87. Sitzung des
Nationalrates – das war in der
XXI. Gesetzgebungsperiode – im Wesentlichen dasselbe
gesagt, und zwar unter anderem Folgendes – ich zitiere –:
„Wir haben
durchgesetzt, dass die Schlussfolgerungen als Protokoll in die Beitrittsakte
aufgenommen werden.“
Des Weiteren
haben Sie gesagt, dass unser Primärrecht einklagbar ist, dass Tschechien
nicht den kommerziellen Betrieb aufnehmen wird, bevor die Punkte umgesetzt
sind, und dass das AKW Temelín nachgerüstet wird, et cetera.
Das sind alles
Sachen, die nicht passiert sind. Das AKW Temelín ist in den kommerziellen
Betrieb gegangen; dafür kann die Bundesregierung nichts.
Das, wofür
wir jetzt sorgen müssen, ist, dass das Versprechen, das die Bundesregierung
damals gegeben hat, nämlich, dass das einklagbar ist und wir das
durchsetzen können, auch in der Realität eingelöst wird.
Insofern werden wir dem Entschließungsantrag zustimmen und sind
gespannt auf die Erfolge dieser Klage. – Danke schön. (Beifall
bei der SPÖ.)
11.26
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wöginger. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
11.26
Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Das AKW Temelín ist bereits seit Mitte der achtziger Jahre, also bereits seit zwei Jahrzehnten, ein Thema, das leider bis heute nicht an Aktualität und an Brisanz verloren hat.
Ich möchte zu Beginn erwähnen, dass eigentlich nach wie vor die Nullvariante unser Ziel ist und dieses Ziel auch weiterhin verfolgt werden muss. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
Der vorliegende Fünf-Parteien-Entschließungsantrag ist eine wichtige und notwendige Maßnahme, damit die Tschechische Republik aufgefordert und angehalten wird, das Melker Protokoll einzuhalten. Darin ist festgehalten, dass in jedem Fall die Umsetzung der angeführten Sicherheitsmaßnahmen die Vorbedingung für den kommerziellen Betrieb des AKW Temelín ist.
Am 13. November 2006 wurde – und das möchte ich betonen – auf Grund einer ausdrücklichen Nachfrage von Bundesminister Pröll vom tschechischen Außenminister die endgültige Betriebsgenehmigung, also die so genannte Kollaudierung, offiziell bestätigt.
Das ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein eindeutiger Vertragsbruch, eigentlich eine Provokation der Sonderklasse von den Tschechen, und daher ist dagegen schärfster Protest einzulegen. Die Sicherheitsnachbesserungen sind auch aus Sicht der Experten eindeutig und klar zu wenig erfolgt, und das stellt deshalb eine klare Verletzung der bestehenden Vereinbarungen dar.
Erst die Recherchen des oberösterreichischen Anti-Atom-Beauftragten haben die Tragweite der jüngsten Sicherheitsmängel in Temelín bestätigt. Sogar im Herzen des Atomkraftwerkes, der so genannten aktiven Zone, gibt es massive Sicherheitsprobleme. 51 von 61 Steuerungsstäben, die die wichtigste Einrichtung darstellen, um den Reaktor zum Stillstand zu bringen, haben die Vorgaben nicht erfüllt.
Die jüngsten Beschwichtigungsversuche der tschechischen Atomaufsichtsbehörde sind eine Zumutung für alle oberösterreichischen Temelín-Gegner. – Diese Worte stammen vom oberösterreichischen Landeshauptmann Josef Pühringer, den ich hier im Besonderen erwähnen möchte, weil er seit Jahrzehnten eindeutig eine massive negative Haltung gegen Temelín einnimmt. Als Bestätigung dafür möchte ich anmerken, dass es im oberösterreichischen Landtag bereits 16 Beschlüsse gegen dieses Atomkraftwerk gab.
Auf Grund all dieser Umstände ist dieser Entschließungsantrag von wesentlicher Bedeutung: Entweder es wird die Kollaudierung zurückgenommen und alle noch offenen
Sicherheitsmaßnahmen sofort und nachweislich umgesetzt, oder es müssen umgehend alle verfügbaren internationalen Rechtsschritte, insbesondere die Völkerrechtsklage, gegen die tschechische Republik eingeleitet werden.
Es wird nun mit Hochdruck an dieser Völkerrechtsklage gearbeitet. Sie muss aber rechtlich auch halten, damit sie nicht auf Grund einer mangelhaften Ausarbeitung abgelehnt wird. Das würde uns als Republik Österreich gar nichts bringen. Ganz im Gegenteil: Das wäre sehr negativ für diese wichtige Angelegenheit.
Eine gute rechtliche Ausarbeitung der Klage und das rasche und wirksame Einbringen und Umsetzen derselben, das wäre unserer Meinung nach die richtige Vorgangsweise – vor allem im Sinne der betroffenen Bevölkerung, insbesondere der oberösterreichischen Bevölkerung. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
11.29
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt die Dritte Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek. 7 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.
11.30
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Umweltminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Als eine der ersten Entschließungen des Nationalrates in der neuen Legislaturperiode gibt es eine Fünf-Parteien-Entschließung des Umweltausschusses. Damit wird eine gute Tradition fortgesetzt, die am Beginn der neunziger Jahre ihren Anfang genommen hat. Seither hat es immer wieder in diesem Haus Fünf-Parteien-Entschließungsanträge gegeben, und zwar unter anderem vor dem Hintergrund, dass Anti-Atompolitik ein gemeinsames Anliegen ist und dass damit auch die große Zustimmung der österreichischen Bevölkerung gut repräsentiert ist.
Diese gute Tradition wurde in der letzten Legislaturperiode unterbrochen, und zwar durch die Zustimmung der Bildungsministerin Gehrer zum Euratom-Forschungsprogramm. Seit damals hat es im österreichischen Nationalrat keinen Konsens in der Atompolitik mehr gegeben. Jetzt gibt es ihn wieder, zumindest auf dem Papier. Ich sage deshalb „zumindest wieder auf dem Papier“, weil ich in den letzten Tagen unsicher geworden bin in Hinblick darauf, wie ernst es tatsächlich jetzt dem Umweltminister mit der Einbringung der Völkerrechtsklage ist. – Mein Vorredner hat gemeint, es werde jetzt mit Hochdruck daran gearbeitet.
Das Atomkraftwerk Temelín ist seit dem 2000 in Betrieb. 2001 ist der zweite Reaktorblock in Betrieb gegangen – insgesamt 2 000 Megawatt –, Temelín ist also ein riesiges Kraftwerk. Den Widerstand vor Ort gibt es seit Ende der achtziger Jahre, also seit fast 20 Jahren arbeiten die Menschen in Oberösterreich, aber auch in Niederösterreich, arbeiten Umweltschützer in ganz Österreich gegen dieses Kraftwerk.
Mit dem 13. November dieses Jahres, also vor einem
Monat, ist vermutlich der Schlussstein endgültig gelegt worden, und wenn
es jetzt von österreichischer Seite keinen massiven Widerstand und
keinen massiven Protest in Form einer Völkerrechtsklage gibt, dann
ist das Temelín-Kapitel in Wahrheit erledigt und der ganze Widerstand
vor Ort und der ganze Widerstand der Anti-Atombewegung und der Bürgerinnen
und Bürger waren umsonst. Es ist auch die Politik mitverantwortlich
dafür, dass es dazu kommen konnte. (Beifall bei den Grünen.)
Mit Hochdruck werde daran gearbeitet, sagte mein Vorredner von der ÖVP. – Seit 13. November liegt die Kollaudierung vor. Das ist der letzte rechtliche Schritt in einer langen Abfolge. 2004 war die atomrechtliche Genehmigung, 2005 war die baurechtliche Genehmigung, und letztes Jahr hat auch die Internationale Expertenkommission
ihre Arbeit mit einem Bericht abgeschlossen, der ganz klar
ausweist, dass es keine Sicherheitsaufrüstungen gegeben hat. Das ist auch
im Entschließungsantrag so verankert.
Ich wiederhole: Es
hat keine Sicherheitsaufrüstung gegeben. Die österreichischen Experten
und Expertinnen waren der Meinung, dass es keinen einzigen Nachweis dafür
gibt, auf welcher Grundlage jetzt diese rechtlichen Genehmigungen möglich
sind. Wenn diese tatsächlich erfolgen, dann ist das ein Bruch des Melker
Abkommens, eines völkerrechtlich verbindlichen Vertrages zwischen der
Republik Tschechien und der Republik Österreich.
Ich bin der
Meinung, Verträge werden dazu abgeschlossen, um sie einzuhalten. Ich bin
auch der Meinung, dass Versprechen, die die österreichische Politik der österreichischen
Bevölkerung gibt, auch zu halten sind.
Ich erinnere in
diesem Zusammenhang die ÖVP an ihre Inserate im Jahr 2001, wo sie der
österreichischen Bevölkerung ganz deutlich versprochen hat, dass die österreichischen
Sicherheitsforderungen vollinhaltlich umgesetzt werden, dass deren Umsetzung
von Österreich überwacht wird und dass das AKW Temelín erst
dann in den kommerziellen Betrieb gehen wird, wenn die notwendigen
Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt sind.
Der letzte Punkt,
dass das Melker Abkommen auch ein Teil des Beitrittsvertrages und auch
EU-rechtlich einklagbar wird, was in großen Inseraten in allen österreichischen
Tageszeitungen versprochen worden ist, ist damals schon gebrochen gewesen.
Dieses Versprechen ist nicht eingehalten worden.
Sie haben den
Österreichern etwas versprochen, und wenn Sie es, Herr Umweltminister
Pröll, mit diesem Versprechen tatsächlich ernst meinten, dann
hätten Sie die letzten Wochen und Monate schon etwas weitergebracht. Sie
haben im Umweltausschuss gesagt, Sie müssten erst abwarten, der
Bescheid, die Kollaudierung werde erst übersetzt.
Entschuldigung –
aber der Bescheid ist am 13. November ergangen, also es ist ein ganzes
Monat seither verstrichen. Ich glaube nicht, dass Ihre Experten im Umweltministerium
einen Monat dafür brauchen, einen Bescheid zu übersetzen und dann
daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen. (Abg. Dr. Pilz – in Richtung Regierungsbank –: Lernen Sie Tschechisch!)
Seit
30. Oktober, also eigentlich schon seit sehr viel länger, wissen alle
Abgeordneten in diesem Haus – und auch das Umweltministerium
weiß es –, dass wir diese Klage gemeinsam wollen. Sie
hätten also schon sehr viel früher die vorbereitenden Schritte setzen
können.
Das Traurige an
dieser Verzögerungs- und Verschleppungstaktik ist, dass in Oberösterreich
die Menschen vor Ort immer wieder auf die Straße gehen
müssen – und sie werden es auch zu Weihnachten tun
müssen –, weil Sie nicht
handeln, zu langsam handeln und die Sache verschleppen.
Ich denke, wir sind
es insbesondere der Bevölkerung vor Ort schuldig – gerade jetzt
vor Weihnachten –, dafür zu sorgen, dass das schneller geht.
Jeder, der die rechtlichen Grundlagen kennt und sich mit dieser Materie
beschäftigt hat – ich habe das auch getan, sehr lange, auch in
meiner Dissertation –, weiß, welche Wege es gibt.
Sie müssen
diese Klage unverzüglich ausarbeiten und einbringen. Es darf keine weitere
Verschleppungstaktik mehr geben, mit der Begründung, Sie müssten den
Bescheid erst einmal übersetzen lassen und internationale Expertenberichte
abwarten.
Das verstärkt noch mehr den Eindruck, dass Sie das, was Sie in den letzten Jahren bei Temelín gemacht haben, nämlich den Widerstand nicht ernst zu nehmen und sich
nicht wirklich
ernsthaft mit diesem Problem
auseinanderzusetzen, auch weiterhin tun wollen und eigentlich froh wären,
wenn sich das Problem irgendwann einmal von selbst erledigen würde, und
zwar so, dass man dann ohnehin nichts mehr tun könnte. (Beifall bei den
Grünen.)
Handeln Sie, Herr Minister! Nehmen Sie das Ganze
ernst – und beenden Sie Ihre Ausreden! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
11.35
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Weinzinger. 7 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
11.35
Abgeordneter Lutz Weinzinger
(FPÖ): Geschätzte
Präsidentin! Hohes Haus! Zu Beginn dieser heutigen Sitzung hatten wir
eine Aktuelle Stunde, und wir hörten Lobeshymnen erster Ordnung, wie
unglaublich hervorragend und erfolgreich die Arbeit unserer
„hochgeschätzten“ und „geliebten“ Bundesregierung
bis heute sei. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir waren „tief“
beeindruckt. Wir haben gesehen, was alles möglich ist, wenn man nur will.
Jetzt frage ich
Sie: Warum streiten wir uns dann seit 20 Jahren mit dem Problem Temelín
herum, wenn so viel möglich ist, wenn man so viel kann, wenn man nur
will? – Offensichtlich wollen Sie nicht!
Ich habe den
düsteren Eindruck, dass in Sachen Temelín eine Politik auf zwei
Ebenen betrieben wird: Auf der einen Ebene, nach außen hin, stehen wir,
die österreichischen Politiker, von ganz links bis nach ganz
rechts – also bis zu mir, wenn Sie so wollen (Heiterkeit) –
geschlossen voll und ganz zur Null-Lösung: Wir wollen kein Atomkraftwerk
im südlichen Teil Böhmens! Das wollen wir nicht! Das sagen wir auch. (Beifall
bei der FPÖ.)
Zwölf Jahre
lang war ich im Oberösterreichischen Landtag und zwölf Jahre hindurch
wurde jedes Jahr mindestens zwei- bis dreimal dieses gemeinsame Gelöbnis
abgegeben. Und was ist? – Temelín steht! Nein, es steht
nicht nur, es raucht. Nein, es raucht nicht nur, es hat auch eine Panne nach
der anderen gegeben. Vor kurzem durften wir ein kleines
„Schnapszahljubiläum“ erleben, die neunundneunzigste Panne.
Meine Damen und Herren! „Schnapszahl“ ist ein lustiges Wort – die neunundneunzigste Panne in einem Atomkraftwerk, das keine 100 Kilometer weit von der oberösterreichischen Grenze steht, ist keine lustige Sache.
Wir haben nach außen in den Gremien, in den Landtagen, im Parlament gegen das AKW Temelín gewettert. Wir haben Beschlüsse dagegen gefasst. Wir machen auch jetzt wieder einen Beschluss – gemeinsam, alle fünf Parteien, alle sind wir dafür. Aber wir hätten schon früher Möglichkeiten dazu gehabt.
Wo war denn die österreichische Politik, als es um die Zustimmung zum Beitritt der Tschechei zur EU ging? Wo waren wir denn da, als wir die Möglichkeit gehabt hätten, die Tschechei zu zwingen, unsere Forderungen in Bezug auf das AKW Temelín zu erfüllen, wenn sie wirklich in die EU will? – Da haben wir klein beigegeben.
Wir haben das Melker Abkommen geschlossen und haben damit die Bevölkerung beruhigt. Und was ist geschehen? – Unter Bruch des Melker Abkommens wurde die Kollaudierung durchgeführt.
Meine Damen und Herren, wenn wir jetzt nicht wirklich ernst machen, wenn wir jetzt nicht wirklich eine Völkerrechtsklage einleiten, genau wissend übrigens – genau wis-
send! –, dass das den Tschechen völlig wurscht ist, weil die ohnehin seit Jahren auf unserer Nase herumtanzen, dann war aller Widerstand umsonst.
Wir sollten endlich ein Zeichen setzen und den Tschechen
zeigen, dass wir uns nicht alles gefallen lassen, und zwar sollten wir das
nicht nur im Parlament tun, sondern auch im Rahmen der Regierung –
und dazu fordere ich Sie auf! (Beifall bei der FPÖ.)
11.39
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Haubner. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
11.39
Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Fünf-Parteien-Entschließungsantrag setzen wir ein weiteres, mehr als dringend notwendiges Zeichen im Kampf gegen ein pannenanfälliges, unsicheres und tagtäglich Probleme aufwerfendes AKW ganz nahe an der Grenze von Oberösterreich.
Seit Jahren sind besonders in Oberösterreich die Betroffenheit unter der Bevölkerung und die Sorgen der Menschen sehr groß. Das Risiko, das von einem grenznahen AKW ausgeht, darf nicht unterschätzt werden. Daher hat das Land Oberösterreich – und ich bin selbst fast sechs Jahre lang Umweltlandesrätin gewesen – in den letzten Jahren viele Initiativen gesetzt – Initiativen auf Landtagsebene, auf Regierungsebene, aber auch Initiativen dahin gehend, dass wir den friedlichen und besonnenen Protest von Anti-Atomgruppen und von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern, die sich Sorgen machen, immer wieder unterstützt und begleitet haben; Proteste, die an der Grenze stattgefunden haben, Proteste, die sehr besonnen und sehr überlegt für die Schließung eines höchst gefährlichen Reaktors, wo – wie meine Vorredner schon gesagt haben – Pannen zur Alltäglichkeit gehören, durchgeführt werden.
Es hat vor fünf Jahren, als dieser Sicherheitsdialog im Rahmen des Melker Abkommens zwischen Tschechien und Österreich vereinbart wurde, gewisse Hoffnungen gegeben. Es war schließlich auch der damalige EU- Erweiterungskommissar Verheugen, der diesen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag zwischen Tschechien und Österreich unterstützt und begleitet hat: Temelίn kann erst dann in den kommerziellen Betrieb gehen, wenn bestehende Sicherheitsmängel beseitigt worden sind. – Die Überraschung, aber vor allem auch die Betroffenheit waren sehr groß, als am 3. November die offizielle Betriebsgenehmigung ohne vorher vorliegenden Nachweis der Umsetzung aller öffentlichen Sicherheitsfragen bekanntgegeben wurde.
Ich denke, das ist ein Affront – ein Affront gegen Österreich als Vertragspartner, aber vor allem auch ein Affront gegen die berechtigten Sorgen der Menschen in Österreich, und ich sage: Es ist fünf vor zwölf! Ich ersuche Sie daher, sehr geehrter Herr Minister, den hier vorliegenden parlamentarischen Antrag wirklich ernst zu nehmen als eine ganz klare, nachhaltige Willenskundgebung zum raschen Handeln unter Ausnützung aller rechtlichen Möglichkeiten auf europäischer Ebene. Wenn die Prüfung der Unterlagen ein unbefriedigendes Ergebnis ergibt, bitte rasch handeln und nicht mehr zu lange prüfen, damit wir auch unseres Rechtes auf völkerrechtliches Vorgehen nicht verlustig gehen!
Wir haben fünf Jahre Zeit gehabt, fünf Jahre, die verflossen sind, ohne dass viel geschehen ist. Nun, glaube ich, ist die Zeit der Kompromisse vorbei. Wir müssen massiven Protest einlegen – einen massiven Protest, der auch zur Folge hat, dass die Menschen in Österreich Taten sehen, nämlich Taten von den politisch Verantwortlichen, denn wir sind den Menschen im Wort, aber wir sind besonders jenen im Wort, die vor
einigen Jahren – und das war fast eine Million – das Volksbegehren gegen Temelίn, vor allem auch für ein Aus für Temelίn, für die Nullvariante, unterschrieben haben.
Zeitungen von heute bringen im Titel unter anderem einen Appell des Temelίn-Beauftragten des Landes Oberösterreich, der sagt: Wird Temelίn nicht gestoppt, dann droht eine Riesengefahr! – Wenn wir das lesen, dann wissen wir, dass die Lage sehr, sehr ernst ist. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)
11.44
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.
11.44
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass heute hier im Parlament mit der Debatte um eine Fünf-Parteien-Einigung zur Causa Temelίn ein klares Zeichen vorbereitet und, wie ich hoffe, auch gesetzt wird und dass damit auch eine klare Handlungsanleitung – so sehe ich das – für das weitere Vorgehen seitens der Bundesregierung und des zuständigen Ministers gesetzt wird.
Es steht ja
außer Streit, dass wir in der Vergangenheit – und ich sage,
das gilt auch für die Zukunft – in der Anti-Atompolitik Österreichs
gegenüber den europäischen Mitgliedsländern klar entlang
folgender Linie und darüber hinaus aufgetreten sind: Wir lehnen die
Atomkraft im Konsens als Energieform, als nicht nachhaltige Energieform ab. Wir
setzen auf erneuerbare Energieträger. Und wir versuchen vor allem in den
benachbarten Mitgliedstaaten in den grenznahen Kraftwerken besondere
Akzente zu setzen.
Wir tun das und taten das auch rund um Temelίn. Und nicht zuletzt auf Grund der Auseinandersetzung der österreichischen Bundesregierung mit diesem Thema ist es dann auch zu den Melker Verträgen und Brüsseler Beschlüssen gekommen, die bis heute alternativlos, im Vergleich mit allen anderen Bestrebungen einzigartig dastehen als gesetzliche und rechtliche Grundlage zwischen der Republik Österreich und Tschechien für eine Handlungsanleitung, die erstens – und wir werden niemals von diesem Thema abgehen, und ich denke, auch die zukünftige Bundesregierung wird sich dazu verpflichten müssen – die Nullvariante weiterhin zentral in den Mittelpunkt unserer Bestrebungen stellt. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
Zweiter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Alles,
was wir auf der Ebene des Melker Vertrages zu diskutieren
haben, muss der Sicherheit der Österreicherinnen und
Österreicher, speziell jener Menschen, die im Grenzgebiet nahe Temelín leben und die
große Angst vor den Entwicklungen
dort haben, dienen – nichts anderem! Deshalb werden wir unseren
klaren Kurs in dieser Frage auch in Zukunft beibehalten.
Wir sind derzeit auf
drei Ebenen aktiv, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn hier heute in
einzelnen Debattenbeiträgen vom Bundesminister verlangt wird, sofort und
unverzüglich eine Völkerrechtsklage einzubringen, so möchte ich
auf diese drei Ebenen verweisen: entwickeln, darlegen und dann den
entsprechenden Schluss daraus ziehen.
Wir müssen auf
eines – und das ist, denke ich, der Grundkonsens –
achtgeben: Mit einer überhasteten, übereilten Völkerrechtsklage,
rechtlich nicht klar fundiert, unter Berücksichtigung des Status quo
der Entwicklungen um die Sicherheit in Temelίn, um Sicherheitsverbesserungen, um Expertenberichte können wir einen
spektakulären Schiffbruch erleiden, weil die Klage abgewiesen wird,
für nicht zuständig erklärt wird, was auch immer, und dann
hätten wir das letzte Instrument spektakulär verspielt.
Ich halte daher als
weitere Vorgangsweise – und ich nehme die Handlungsanleitungen im Entschließungsantrag
ernst, das ist keine Frage, sie sind für mich die Handlungsanleitung
in den nächsten Wochen und Monaten – folgende Strategie
für notwendig:
Erstens: Es gab Ende
September einen Experten-Workshop – das war mit den Tschechen
ja seit langem ausgemacht –, und wir müssen die Ergebnisse
dieses Experten-Workshops abwarten, auf Punkt und Beistrich bewerten, weil wir
dann sehen werden, was sich in dieser Frage seitens der Betreiber seit dem
letzten Sicherheitsdialog und dem Expertenforum getan hat. Was hat sich getan,
was hat denn der Betreiber im Sinne unserer Vorstellungen und Wünsche
geändert oder eben auch nicht geändert? Dieser Abschlussbericht muss
vorliegen, damit wir ihn dann in die Grundlage der völkerrechtlichen
Bewertung miteinbeziehen können.
Frau Abgeordnete Glawischnig hat die Übersetzung des Kollaudierungsbescheides und so weiter angeschnitten. Dazu ist zu sagen: Wir haben sofort nach Bekanntwerden der Kollaudierung den Bescheid angefordert, wir sind dabei, ihn zu übersetzen, beziehungsweise er ist übersetzt, und die Experten befassen sich jetzt mit diesem Kollaudierungsbescheid, weil das natürlich die zweite Grundlage ist, auf die eine etwaige Völkerrechtsklage gestützt werden muss. Wir müssen diesen Bescheid entsprechend bewerten und in unsere Bewertungen miteinbeziehen.
Der dritte Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, dass wir die Völkerrechtsklage auf Basis des Entschließungsantrages auch insoweit vorbereiten müssen, dass sich Vertreter des zuständigen Ministeriums für Völkerrechtsklagen, also des Außenministeriums, mit den Völkerrechtsexperten des Hauses, aber auch darüber hinaus an einen Tisch setzen, um alle Grundlagen abzuchecken und die richtigen Schlüsse für eine wasserdichte Klage vorzubereiten. Wir müssen auf sicherem Boden agieren – alles andere wäre zu gefährlich, weil dieser Schritt die letzte Möglichkeit ist, sich mit den Tschechen rund um Temelίn entsprechend auseinanderzusetzen.
Diese drei Themen sehe ich als unabdingbar notwendig in den nächsten Wochen. Wir werden unverzüglich Völkerrechtsexperten an den Tisch holen, die auf Basis dessen, was durch Melker Vertrag, Brüsseler Vereinbarung, Sicherheitsziele, Expertendialog, Kollaudierungsbescheid da ist, zu bewerten haben und dann ihre Schlüsse vorzulegen haben, wie wir weiter vorzugehen haben. Wir haben diese Schritte gesetzt und werden – gehen Sie davon aus! – auch die weiteren Schritte konsequent setzen.
In diesem Sinne möchte ich zusammenfassen: All jene, die übereilt auf Tempo drücken, gefährden unser letztes Mittel in dieser Angelegenheit. Wir müssen zum Schutz der Menschen in Österreich Qualität vor Tempo setzen. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist die kluge Variante, das ist die sichere Variante, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Abschließend, da das Thema „ernst nehmen“, „Widerstand ernst nehmen“ hier oft angesprochen wurde: Wir haben mit der Tschechischen Republik über die Vereinbarung hinaus auch einen Sicherheitsdialog vereinbart, und auch dieser Sicherheitsdialog ist etwas Unverzichtbares und Alternativloses. Ich bitte alle, in diesen Tagen und Wochen auch in Österreich mit Augenmaß – ich verstehe die Besorgnis in den Grenzregionen! – vorzugehen, damit dieser Dialog nicht mit einseitigen Maßnahmen nachhaltig gefährdet wird. Es ist legitim, an den Grenzen den Unmut zu zeigen, aber wir müssen darauf achten, dass mit diesen Aktionen nicht zentrale Bestandteile des Melker Vertrages und der Brüsseler Vereinbarung gebrochen werden und wir damit der Tschechischen Republik und den Betreibern nicht eine billige Grundlage zum rechtlichen Ausstieg bieten. Deshalb bitte ich, mit Augenmaß im Sinne des Dialogs vorzugehen!
Der vorliegende Entschließungsantrag wird für mich und für uns Handlungsanleitung sein, die nächsten konsequenten Schritte einzuleiten und auch zu setzen. (Beifall bei der ÖVP.)
11.51
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort gemeldet. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
11.51
Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich darf heute so quasi für jene Leute, die in der Nähe des Atomkraftwerkes Temelίn leben, das Wort ergreifen. Natürlich ist ganz Österreich gefährdet, aber nur diejenigen, die ganz nahe an der Grenze wohnen und leben – ich komme übrigens aus dem Mühlviertel –, fürchten sich klarerweise noch viel mehr als jene, die doch etwas weiter weg leben. Wenn Ihnen jetzt die Menschen aus dem Mühlviertel etwa zugehört haben, dann verstehen diese die Welt wahrscheinlich überhaupt nicht mehr, denn das, was Sie jetzt gesagt haben, Herr Bundesminister, ist eigentlich seit sechs, vielleicht erst seit fünf Jahren überfällig!
Wenn Sie uns – uns Mühlviertlern – jetzt erklären wollen – den Waldviertlern genauso; auch die Weinviertler sind betroffen –, dass Qualität vor Tempo zu sein hat und dass der Sicherheitsdialog nicht gefährdet werden darf, so frage ich Sie, Herr Bundesminister: Welcher Dialog findet denn tatsächlich statt?
Wenn ich mir die Aussendung, die nach Ihrer Pressekonferenz am 12. Dezember herausgegeben worden ist, bei der Sie gemeint haben, Sie hätten sich den Botschafter kommen lassen und diesem einmal ordentlich die Leviten gelesen – auf Mühlviertlerisch übersetzt –, anschaue, dann frage ich mich, wieso denn dieser Botschafter sagen kann, dass eigentlich kein völkerrechtlicher Vertrag vorliegt, dass Umweltminister Josef Pröll kaum auf das Melker Abkommen zu sprechen gekommen ist – und in dieser Diktion geht es weiter –, dass er nicht einsieht, dass wir die Grenzen blockieren, und so weiter und so fort. – Ist das der Dialog, Herr Bundesminister, der geführt wird?
Die Leute in den betroffenen Gebieten meinen, dass seit diesen Abkommen, von denen da ständig die Rede ist, eben nichts mehr geschehen ist und sie einfach an der Nase herumgeführt worden sind. Es ist nichts geschehen, und die Leute haben Angst, denn die Störfälle nehmen zu, sie nehmen stetig zu. Und man kann es sich genau ausrechnen – es gibt Experten, die das können, ich kann es nicht –: Je mehr abgeschaltet werden muss, umso schlechter ist das für dieses Kraftwerk. 99-mal ist das schon passiert.
In einer Presseaussendung vom oberösterreichischen Temelίn-Beauftragten wird uns die Gefahr noch einmal ganz klar vor Augen geführt. Er sagt nämlich: „Nach unseren Vergleichsrechnungen könnte die aktive Zone des ersten Blocks in Temelín bereits am 15. Februar 2007 den kritischen Bereich erreichen.“ Wenn nicht spätestens Ende Jänner abgeschaltet wird, so kann das zu einer argen Bevölkerungsgefährdung führen.
Und Sie, Herr Bundesminister, Sie sagen uns: Qualität
vor Tempo! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Für die Klage!)
Jetzt könnte man noch sagen: Ja gut, dieser Herr Pavlovec übertreibt immer. – Aber, bitte, dann soll einmal jemand kommen und das Gegenteil beweisen! Es ist ja nie der Fall, dass jemand kommt und sagt: Das stimmt nicht! Es wird immer nur beschwichtigt, es wird immer nur zurückgenommen – aber es geschieht leider Gottes nichts!
Ich denke, dass Sie, Herr Bundesminister, natürlich auf Qualität achten sollten, dass Sie aber aufs Tempo drücken müssen, wenn Ihnen die Leute, die dort an der Grenze wieder bereit sind, zu demonstrieren, das noch irgendwie abnehmen sollen. Ich ver-
stehe diese Leute, aber ich wage es fast nicht mehr, mich bei diesen Demonstrationen blicken zu lassen, weil ich als politischer Vertreter mich schäme, weil wir alle – und das ist heute schon gesagt worden – immer nur beschließen, beschließen, beschließen, und im Hinterkopf wissen wir: Na ja, es wird schon nicht so tragisch werden, es ist ohnehin nichts passiert.
Herr Bundesminister, Tempo ist gefragt! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie des Abg. Dr. Bösch.)
11.55
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger zu Wort. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
11.55
Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im Jahre 1978 hat sich die österreichische Bevölkerung entschieden, auf die friedliche Nutzung der Kernenergie zu verzichten – und das war ein richtiger und wichtiger Schritt. Im Gegensatz dazu hat die tschechoslowakische Regierung im Jahr 1980 ein Entwicklungsprogramm beschlossen, in dem auch der Bau des AKW Temelín mit vier geplanten Blöcken enthalten war. Die Baugenehmigung für den dritten und vierten Block ist im Jahr 1989 abgelaufen; es wird im Übrigen schon wieder überlegt, ob hier weitere Maßnahmen getroffen werden sollten.
Im Jahre 1993, durch die Trennung in Tschechien und Slowakei, hat sich der damalige tschechische Premierminister Václav Klaus für den Fertigbau ausgesprochen, wobei auch westliche Sicherheitstechnik verwendet werden sollte. Im Jahr 1999 erfolgte noch einmal eine Überprüfung der Sinnhaftigkeit dieser Projekte – und leider hat sich die tschechische Regierung am 12. Mai 1999 in einer ganz knappen Abstimmung mit 11 : 8 für den Ausbau entschieden.
In Oberösterreich wurden schon seit dem Jahr 1987 unter Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck und dann später unter Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer gemeinsame Initiativen gesetzt, weil natürlich die Mühlviertler Bevölkerung zu Recht in Sorge war und ist. Der Oberösterreichische Landtag und die Landesregierung haben sehr, sehr viel getan, es wurden wesentliche Steuergelder in Plattformen gesteckt, es gibt einen Anti-Atombeauftragten und viele andere Aktivitäten mehr.
Herr Abgeordneter Gaßner, der Sie uns hier „Untätigkeit“ vorwerfen: Wir alle wissen natürlich, wie schwierig es ist, international auf österreichischer Ebene erfolgreich tätig zu sein! Und wenn Sie schon kritisieren, dann muss ich natürlich auch die Regierungen der Jahre 1980 und 1986 kritisieren, denn gerade bei der konkreten Beschlussfassung, gerade bei Beginn des Baus wäre es noch möglich gewesen, effektiver einzugreifen. Wenn erst ein paar Milliarden Euro investiert sind, ist es natürlich umso schwieriger, durch eine Stopp-Politik die Schließung dieses Kraftwerkes zu erreichen, wofür sich im Übrigen heute auch Herr Bundesminister Pröll sehr, sehr klar ausgesprochen hat. (Beifall bei der ÖVP.)
Leider wurde kollaudiert, und Tschechien hat damals eigentlich einen Vertrauensbruch begangen. Wir haben die Veto-Diskussion beiseite geschoben, haben den Betreibern den Vertrauensvorschuss gegeben – und jetzt werden diese Auflagen leider nicht eingehalten. Wir sind gut beraten, eine gemeinsame Anti-Temelín-Politik auch in Zukunft zu gestalten, daher begrüße ich den Fünf-Parteien-Entschließungsantrag. Ich appelliere an die Tschechen: Auch für sie gilt: pacta sunt servanda!
Tschechien wird natürlich den Nachweis der Sicherheitsleistungen nicht erbringen können, daher wird die Einleitung von internationalen Rechtsschritten einfach notwendig sein. Aber ich bin derselben Meinung wie der Herr Bundesminister: Es gilt hier wirklich:
Qualität vor Tempo! Nicht die Schnelligkeit entscheidet, sondern die Richtigkeit und die Effektivität der zukünftigen Maßnahmen.
Abschließend noch drei Bemerkungen, die festzuhalten mir wichtig ist:
In Österreich werden wir auch in Zukunft auf den Import von Kohlenwasserstoffen aus den wenigen Lieferregionen angewiesen sein, zum Beispiel Gas aus Norwegen und Russland, daher ist konstruktive Partnerschaft der EU mit diesen Ländern gefragt.
Zweitens: Gleichzeitig gilt es, die nächsten Jahre mit aller Kraft zu nutzen, durch Forschung und Entwicklung und durch den Ausbau bestehender Reserven an nachhaltiger Energieproduktion die EU zunehmend von Kohlewasserstoffen unabhängiger zu machen und dabei ein exportfähiges Know-how zu entwickeln. Das ist auch eine riesige Chance, die hier Europa und auch Österreich erwächst.
Drittens: Europa braucht eine gemeinsame Energiepolitik mit drei Schwerpunkten: Energieaußenpolitik, Evaluierung und Verbesserung des Energiebinnenmarktes und Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit. Ich bin sehr froh, dass es heute diesen gemeinsamen Entschließungsantrag gibt, und wir müssen wirklich schauen, dass wir die Mühlviertler Bevölkerung zu schützen wissen. Es ist aber nicht einfach, das zu erreichen.
Damals hat die EU-Abgeordnete Berger zum Melker Ergebnis gesagt, die Tschechen sind uns wirklich sehr weit entgegengekommen – die tschechische Regierung wird jetzt im eigenen Land massiv kritisiert, dass sie Österreich zu viele Zugeständnisse gemacht hat –, Österreich hat sicher ein sehr gutes Ergebnis erreicht, so ein Abkommen gibt es sonst in ganz Europa für kein Atomkraftwerk. – Wenn wir darauf aufbauen und die Tschechen letztendlich auch in die Pflicht nehmen, hoffe ich, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)
12.01
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
12.01
Abgeordnete Mag. Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Natürlich erfüllt es einen mit Freude, wenn man im neu konstituierten Nationalrat – ich glaube, es ist die dritte Sitzung – einen Allparteienantrag, noch dazu zu einem zentralen Sicherheits-, Energie- und Zukunftsthema, gemeinsam beschließen kann. Sicherlich ist das sehr positiv, nur: Der Weg dahin, Herr Minister, meine Damen und Herren, war äußerst mühsam, das muss ich schon sehr deutlich unterstreichen.
Da hat es Proteste bedurft. Da hat es Gipfeltreffen in Oberösterreich bedurft. Da hat es, ich glaube, 99 Störfälle im AKW Temelín bedurft. Da hat es Initiativen von Seiten Atombeauftragter bedurft. Da haben die ganzen Anti-AKW-Initiativen Oberösterreichs Druck ausüben müssen. Da hat es sogar Grenzblockaden gegeben. Und trotz dieses massiven Widerstands vor Ort, aus der Region war es nicht möglich, das in der ersten Parlamentssitzung zum gemeinsamen Thema zu machen. Es hat wieder Verzögerungen gegeben, Herr Minister, Verzögerungen, die nicht notwendig gewesen wären. Jetzt haben wir es dank des Drucks aus Oberösterreich wirklich so weit gebracht, dass wir heute diesen konsensualen Beschluss fassen können. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)
Nur, Herr Minister: Die Äußerungen im Ausschuss, die Erfahrungen auch mit vergangenen Parlamentsbeschlüssen – es gibt ja zahlreiche einstimmige Parlamentsbeschlüsse zu den Anti-AKW-Fragen, zur Atompolitik, auch zu Temelín –, diese Erfahrun-
gen zeigen uns, dass die Beschlüsse des Parlaments oft von der Regierung, auch vom Umweltminister, auch vom Bundeskanzler nicht ernst genug genommen werden und auch nicht ordentlich umgesetzt werden. Und darum, Herr Minister, bin ich relativ kritisch Ihrer Äußerung gegenüber, wir müssen die Qualität vor der Schnelligkeit zum Zug kommen lassen.
Ich stimme Ihnen durchaus zu, die völkerrechtliche
Klage ist eines der letzten Instrumente, wenn nicht überhaupt das
letzte Instrument, und insofern muss sie sehr sorgfältig vorbereitet
werden, nur, Herr Minister, die Vorarbeiten entbehren meiner Ansicht nach jeder
Qualität! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schopf.)
Sie, Herr Bundesminister, hätten jetzt schon Jahre nützen können, um die Sicherheitsfrage etwas ernster zu nehmen. Ich habe mir extra noch die im Umweltausschuss von mir angesprochene Anfragebeantwortung von Ihnen, 3462/AB, herausgesucht, und da haben Sie mir auf die Frage, welche Sicherheitsmaßnahmen die tschechischen Behörden oder die tschechischen Betreiber inzwischen durchgeführt haben und wie Sie sie bewerten, Folgendes geantwortet – ich zitiere –:
„Das Niveau des bisher Erreichten und die Berücksichtigung der aktuellen Aktivitäten (Verbesserungen der Eigenschaften von Komponenten gegenüber Erdbebengefährdungen) lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Qualifizierung von sicherheitsrelevanten Komponenten in Temelín“ – passen Sie jetzt auf! – „keine offene Sicherheitsfrage mehr darstellt.“
Das war Ihre Einschätzung, das haben Sie mir geantwortet; ich glaube, es ist ungefähr eineinhalb Jahre her. Das ist auch der Grund dafür, dass wir jetzt noch nicht die Qualität haben, die wir bräuchten, um dieses Klagsinstrument handhaben zu können. Herr Minister, da gibt es Versäumnisse! Genauso wie beim Expertenbericht: Da haben Sie gesagt, im September war der letzte Sicherheitsworkshop! Heute haben wir den 14. Dezember! Da sind ja Monate dazwischen! Es könnte doch ohne Weiteres diese Expertenbewertung schon mit Oktober abgeschlossen worden sein! – Aber nein, denn Sie sagen ja immer: Qualität vor Tempo.
Ich kann nur attestieren, es ist teilweise Versäumnis vor Tempo, es ist Ignoranz vor Tempo, es ist Links-liegen-Lassen vor Tempo. Und das empört uns immer wieder, und das fordert uns heraus, und das provoziert ja teilweise auch etwas gefährliche Aktionen im Hinblick auf Nachbarschaftskontakte. Das führt auch dazu, dass Menschen sich dann mehr oder weniger im Stich gelassen vorkommen und als letztes Mittel dann wieder zu Grenzblockaden greifen, Grenzblockaden, die keine nachbarschaftliche Geste sind, sondern die eine Ohnmachtsgeste darstellen.
Heute haben Sie gesagt, Sie unterstützen die Grenzblockaden. – Ich wäre eher dafür, dass Sie alles dafür tun, dass so ein letztes Instrument des Protestes nicht in Anspruch genommen werden muss, weil es dadurch immer zu Verstimmungen kommt zwischen zwei benachbarten Bevölkerungsgruppen, die an sich dasselbe Interesse haben. Deswegen, Herr Minister, plädiere ich dafür und dringe darauf, dass Sie jetzt endlich Tempo und Qualität machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
12.06
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten zu Wort. – Bitte.
12.06
Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Über die inhaltlichen Zielsetzungen zur Anti-Atom-Politik sind wir uns natürlich seit Langem einig. Das beweist ja auch wieder dieser Allparteienantrag, der heute hier zur Beschlussfassung steht. Österreich hat auf die friedliche Nutzung der
Kernenergie verzichtet. Keine Partei könnte daran rütteln, es will das auch niemand. Auch das Anti-Temelín-Volksbegehren hat hier eine klare Sprache gesprochen: Obwohl es nur in drei Bundesländern wirklich gut plakatiert wurde, hat es nahezu eine Million Stimmen bekommen. Niemand will daran rütteln, der Inhalt ist klar, und es sollte auch Klarheit darüber herrschen, was daraus folgt.
Wenn wir in unserem Land auf die friedliche Nutzung der Kernenergie verzichten, weil wir die Risken als zu hoch einschätzen und dieses Risiko nicht tragen wollen, dann folgt daraus natürlich, dass wir das Risiko nicht dann tragen, wenn jenseits unserer Grenzen in knappem Abstand Atomkraftwerke stehen. So weit sollte Einigkeit herrschen.
Was zu diskutieren ist: ob wir dieses Ziel, nämlich die Sicherheit auch in Bezug auf Atomkraftwerke jenseits unserer Grenzen zu erreichen, bis jetzt hinreichend vorangetrieben haben. Wie man jetzt feststellt – die Melker Verträge sind ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen und wurden dennoch nicht eingehalten –: Wir haben dieses Ziel nicht erreicht. Ganz offensichtlich ist die Strategie bis jetzt nicht effizient genug gewesen.
Herr Bundesminister Pröll, das ist die Frage, die wir diskutieren müssen, nur das ist die Frage! Und wenn ich Sie vorher gehört habe, dann habe ich nicht die Hoffnung, dass wir zu einer Strategie kommen werden, die auch ein Ergebnis liefert. Sie werden so weitermachen wie bisher. Aber ich sage Ihnen: So wird es nicht gehen!
Sie sagen: nicht zu viel Tempo (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das habe ich nicht gesagt!), besonnen müsse das alles gemacht werden. – Das steht ja völlig außer Frage! Daran hat es ja nie gefehlt, waren wir doch immer so besonnen. Es war ja auch überhaupt keine Frage – das war ja deutlich zu sehen –, dass vor allem die ÖVP natürlich das Ziel der Osterweiterung keinesfalls irgendeinem anderen Ziel unterordnen würde. Man hat dann das Melker Abkommen zustande gebracht, das war notwendig, um die Bevölkerung in den sensiblen Regionen wenigstens einigermaßen zu befriedigen.
Ich verstehe ja, dass man übergeordnete Ziele hat, aber ich meine, dass man auch gut daran tut, den Spielraum bis dorthin im Interesse der Achtung, die man sich selbst auf dem politischen und vor allem auf dem internationalen und europäischen Parkett erwirbt, ein bisschen zu festigen, den Spielraum auszudehnen. Das heißt jetzt nicht, dass ich zu Unbesonnenheit auffordere oder dass man irgendetwas machen sollte, was nicht üblich ist. Ich meine aber, dass die österreichische Regierung gerade in diesen Fragen und gerade gegenüber Tschechien nie das gemacht hat, was notwendig wäre, um der Bevölkerung und ihren Interessen Genüge zu tun, aber auch – und das möchte ich Ihnen eindrücklich sagen; Sie sind ein junger Politiker, Sie fangen neu an – nicht das gemacht hat, mit dem man sich Respekt erwirbt. Respekt wird einem nicht nachgeworfen, Respekt muss man sich erwerben! (Beifall bei der FPÖ.)
Seien Sie versichert: Niemand wird es einem krumm nehmen, wenn man seine Interessen maßvoll, aber mit Nachdruck vertritt – und das ist bis jetzt nicht passiert.
Ich weise nur auf ein anderes Beispiel, auch gegenüber Tschechien, hin: Man hat in der Frage der Beneš-Dekrete vorher viel geredet. Ganz unsinnigerweise hat dann auch die Kanzlerpartei die Vetogeschichte gebracht. Ich darf Sie nur daran erinnern: Ihr Onkel, der Herr Landeshauptmann, hat dann irgendwann einmal in einer „Pressestunde“ mit einem Veto gedroht und hat gesagt, dieses Ass hätte er im Ärmel. – Nicht im Talon, im Ärmel hat er es gehabt. Aber in Wahrheit hat man diese Dinge alle nicht ernst gemeint.
Dann hat man den Leuten gesagt: Wenn wir erst einmal in einer gemeinsamen Europäischen Union sind, dann wird sich dieses Problem sehr leicht lösen lassen. Darf ich Sie bitten, sich das anzuschauen und sich das auch in Bezug auf Temelín vorzustellen: Das Gegenteil ist passiert! Tschechien hat nicht einmal das Straffreistellungsgesetz fallen gelassen, sondern hat unmittelbar darauf – das ist ein Affront sondergleichen – im Parlament einen Satz beschlossen: Beneš hat sich um die Republik verdient gemacht, und damit jedes Agieren gegen die Beneš-Dekrete ad absurdum geführt und unmöglich gemacht für die Zukunft. – Das Gegenteil ist also passiert!
Unsere fahrlässige Nachgiebigkeit und unsere
Unterwürfigkeit und unsere Selbstvergessenheit gegenüber den
legitimen Interessen hat nicht dazu geführt – natürlich
nicht dazu geführt –, dass uns das auf europäischem Parkett
irgendeinen Vorteil eingebracht hätte, sondern ganz im Gegenteil,
jeder hat den richtigen Schluss gezogen: Mit Österreich kann man machen,
was man will! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich bitte Sie daher, das zu tun, was längst hätte
getan werden müssen im Interesse der Österreicher, der Sicherheit der
Österreicher, aber auch im Interesse der Selbstachtung dieser
Regierung und des Landes: unsere Interessen gegenüber jedermann solide,
maßvoll, aber nachhaltig zu vertreten. (Beifall bei der FPÖ.)
12.12
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Abgeordneter hat sich nun Herr Kollege Dolinschek zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.
12.12
Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das AKW Temelín ist sozusagen ein Dauerbrenner in der österreichischen Politik. Jeder, der damit befasst ist, weiß, dass die gesamte Bevölkerung in der Grenzregion über Jahre schon sehr, sehr stark verunsichert und beunruhigt ist, vor allem auch deshalb, weil sich die Störfälle in den letzten Jahren verstärkt gehäuft haben.
Wir in Österreich sind parteiübergreifend alle derselben Meinung: Es soll nicht nur in Österreich, sondern auch im Umfeld von Österreich nur atomkraftfreie Kraftwerke geben.
Die Sicherheitsmängel im AKW Temelín sollten beseitigt werden, und es ist auch ein österreichisches Expertenteam vor Ort, das diese Arbeiten sozusagen überwacht. Obwohl diese Sicherheitsmängel bis heute nicht so, wie es sein sollte, behoben worden sind, gibt es jetzt doch eine offizielle Genehmigung für den Dauerbetrieb, wie uns jetzt bekannt wurde. Auch hat eine so genannte Kollaudierung stattgefunden.
Herr Bundesminister, ich weiß, dass Sie ständig in Kontakt sind mit den Behörden in der Tschechischen Republik, dass Sie ein Schreiben an den tschechischen Außenminister geschickt haben, dass Sie den Botschafter in Ihr Ministerium zitiert haben, um mit ihm darüber zu diskutieren. Das ist alles gut und schön; ich weiß schon, dass es nicht ganz einfach ist. Aber man kann eine Lösung dieses Problems nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag hinausschieben, man kann hier nicht so agieren, dass man sagt, steter Tropfen höhlt den Stein, irgendwann einmal. So kann es nicht sein.
Wir müssen einfach den Druck erhöhen, und wir sind ja hier nicht alleine, sondern haben auch Verbündete. Bei einem Atomkraftwerk wie Temelín, das so störanfällig ist, muss man einfach alles daransetzen, dass es geschlossen wird. Diese Nullvariante ist eigentlich ursprünglich ein österreichisches Thema gewesen, mittlerweile aber auch internationales Thema; sie sollte auch umgesetzt werden, daran gibt es nichts zu rütteln.
Herr Bundesminister Pröll, Sie haben vorher gesagt, eine Völkerrechtsklage muss schon genau überlegt sein, da sollte man nichts überstürzen. – Da gebe ich Ihnen
schon Recht, dass
man nicht hergehen kann und einfach irgendetwas hineinschreibt (Abg. Strache:
No na!), sondern man muss natürlich einmal die exakte Übersetzung
abwarten und so weiter. Das ist keine Frage, das ist ganz logisch. Aber man
muss jetzt auch den zeitlichen Druck erhöhen, Herr Bundesminister! Man
muss den zeitlichen Druck erhöhen, damit das so schnell wie möglich
passiert, denn die Bevölkerung ist beunruhigt, und wir müssen hier
Nägel mit Köpfen machen. Wir sollten schleunigst diese
Völkerrechtsklage vorbereiten und sie auch einbringen, denn es sind alle
derselben Meinung: Dieses Kraftwerk gehört ganz einfach geschlossen! (Beifall beim BZÖ.)
12.16
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schopf zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.
12.16
Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich möchte gleich zu Beginn von mir persönlich, aber auch von Seiten meiner Fraktion Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass es gelungen ist, hier heute einen gemeinsamen Fünf-Parteien-Antrag zu diesem Thema einzubringen, und ich nehme an und hoffe, dass dieser Antrag auch heute einstimmig beschlossen wird.
Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn auch die
Gelegenheit nützen, mich als Mühlviertler bei den vielen
Aktivistinnen und Aktivisten in der Anti-Atom-Bewegung, insbesondere in meinem
Heimatbezirk Freistadt, herzlich zu bedanken, weil es letztendlich diese
Aktivistinnen und Aktivisten waren, die in den letzten Wochen und Monaten,
ja eigentlich schon über ein Jahrzehnt immer wieder sehr, sehr engagiert
gegen Atomkraft und insbesondere gegen das Atomkraftwerk Temelín aufgetreten
sind. (Beifall bei der SPÖ
sowie des Abg. Strache.)
Herr Minister Pröll, wenn man sich die diesbezüglichen Vorgänge der letzten Monate, der letzten Jahre ansieht und vor allem auch so manche Aussagen, die Sie zu diesem Thema, insbesondere auch zum Melker Abkommen, getätigt haben, so ist es doch interessant, heute hier feststellen zu müssen, welches Ergebnis erzielt worden ist.
Sie meinten noch vor Kurzem, dass das Melker Abkommen ein einzigartiges Abkommen in Europa ist. – Es ist tatsächlich einzigartig!
Sie, Herr Bundesminister Pröll, meinten: Wir wissen als Bundesregierung, als zuständige Minister von keinem Atomkraftwerk der Welt so viel wie vom Atomkraftwerk in Temelín.
Und Sie meinten weiters, dass die Bundesregierung über alle Details, über alle Vorhaben, vor allem auch über alle Sicherheitsmängel ständig informiert wird. Und Sie sagten, auch hier im Parlament, dass es mit den Verantwortlichen von Temelín, aber insbesondere mit den Verantwortlichen der tschechischen Regierung ein hervorragendes Gesprächsklima gibt.
Meine Damen und Herren, das ist alles gut und schön – entscheidend ist aber das Ergebnis. Und das Ergebnis liegt auf dem Tisch. Das Ergebnis ist, dass „Melk“ gescheitert ist. Das Ergebnis ist, dass weiterhin sehr viele Sicherheitsmängel bestehen. Das Ergebnis ist, dass sich Temelín mittlerweile seit wenigen Wochen offiziell im kommerziellen Dauerbetrieb befindet.
Es wurde in Melk vereinbart, dass nicht nur eine österreichische, sondern eine internationale Expertengruppe die Sicherheitsmängel eruieren, feststellen und dokumentieren wird. Es wurde auch vereinbart, dass diese Mängel beseitigt werden und darüber die österreichische Bundesregierung informiert wird. Wir wissen bis dato nicht – und Sie haben es auch im Ausschuss nicht sagen können, Herr Minister –, welche Sicherheits-
mängel tatsächlich beseitigt worden sind und, wenn Mängel beseitigt worden sind, wann und wie sie beseitigt worden sind.
Wir wissen jedoch, dass die Kollaudierung stattgefunden hat, und wir wissen seit wenigen Tagen, dass sich das Atomkraftwerk Temelín, wie gesagt, mittlerweile im Dauerbetrieb befindet. Und das ist auch der Grund, wieso die Mühlviertlerinnen und Mühlviertler zutiefst betroffen sind und tatsächlich Angst haben. Ich lebe seit Jahrzehnten in dieser Region, und ich kann mich noch genau erinnern an die schwierige Situation im Zusammenhang mit Tschernobyl. Ich will Temelín nicht mit Tschernobyl vergleichen, aber die Menschen sind beunruhigt. Die Menschen sind beunruhigt, weil es mittlerweile an die hundert Störfälle gegeben hat.
Die Menschen sind beunruhigt, weil auch der Anti-Atom-Beauftragte der oberösterreichischen Landesregierung erst gestern wieder mitgeteilt hat, wenn verschiedene Bedingungen im Bereich der Sicherheit in den nächsten Tagen, in den nächsten Wochen nicht erfüllt werden, insbesondere betreffend die Brennstäbe, dann könnte es in den nächsten Wochen zu großen Schwierigkeiten kommen, sodass tatsächlich die Bevölkerung in der Region in Gefahr sein wird.
Daher bitte ich Sie, Herr Minister, schneller aktiv zu sein – nicht so, wie Sie das im Ausschuss gemeint haben. Aber ich ersuche auch darum – immerhin gibt es einen Bundeskanzler –, dass der Herr Bundeskanzler persönlich aktiv wird und mit den Regierungskollegen der Tschechischen Republik ein Gespräch führt beziehungsweise auch eine persönliche Protestnote diesbezüglich überbringt. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Strache.)
12.20
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neubauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.
12.20
Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es wurde heute schon sehr viel über die Verdienste gesagt, die sich manche zum Thema Temelín an den Hut heften. Wir haben eine Fünf-Parteien-Einigung, das ist schön. Aber eines muss auch ganz klar gesagt sein: Dass wir diese Fünf-Parteien-Einigung haben, das haben wir besonders zwei Umständen zu verdanken, nämlich einerseits den unermüdlich kämpfenden überparteilichen Plattformen, die bis heute nicht aufgegeben haben, die wirklich überparteilich agieren und die sich auch nie irgendeinem politischen Druck haben aussetzen lassen. Denen haben wir zu danken, dass diese heutige Einigung auch wirklich zustande gekommen ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Weiters haben wir diese heutige Einigung sicher auch 1 Million Österreicherinnen und Österreichern zu verdanken, die damals in einer ungeahnten Form – nicht geahnt von der Politik – eben mit 1 Million Unterschriften ein Volksbegehren unterzeichnet und es erst ermöglicht haben, dass etwas in der Politik weiterging. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn es dann ein Melker Abkommen gegeben hat, dann muss man im Unterschied zum Kollegen Sonnberger sagen: Lieber Peter, das war kein guter Vertrag, auch wenn du heute hier zitiert hast, dass er europaweit unvergleichlich ist. – Ich kann dir sagen, er ist wirklich unvergleichlich, denn er ist nichts wert. Er ist wirklich nichts wert! Er war ein Placebo für die beunruhigte Bevölkerung und sonst gar nichts! Ein Gutachten der Universität Linz bestätigt mich in dieser Aussage, es wurden nämlich bei diesem Melker Protokoll sehr viele Fehler begangen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! – Es ist auch schade, dass die Frau Bundesministerin für Äußeres heute nicht anwesend ist,
denn sie wäre ja die eigentliche Verpflichtete, diese Klage gegen Tschechien in weiterer Form einzubringen; sie ist ressortmäßig zuständig. – Ich möchte kurz auf die Versäumnisse eingehen. Die Versäumnisse sind nämlich nicht ohne. Herr Kollege Sonnberger, Herr Kollege Gaßner: Der Vertrag ist dezidiert ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag. Beim Abschluss dieses Vertrages wurden eben Fehler begangen, wie zum Beispiel:
Es wurde vergessen, eine Streitbeilegungserklärung darin zu verankern. Das hat zur Folge, dass wir diesen Vertrag kaum angreifen können. Wenn wir es aber gemacht hätten, hätten wir die Möglichkeit gehabt, zum Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu gehen. Und das wurde sträflich verabsäumt – oder man hat es gar nicht gewollt. Aber da müssen sich diejenigen in den Spiegel schauen können, die das unterfertigt haben.
Weiters wurde es verabsäumt, die Europäische Kommission in die Pflicht zu nehmen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Europäische Kommission hat Österreich damals praktisch genötigt, diesen Vertrag des Melker Abkommens mit Tschechien zu unterfertigen. Das ist jetzt der Punkt, an dem wir sagen müssen, die Europäische Kommission muss auch heute in die Pflicht genommen werden, auf Tschechien einzuwirken, damit alle Punkte des Melker Vertrages zumindest als Minimalforderungen umgesetzt und erfüllt werden. (Beifall bei der FPÖ.)
Sehr geehrter Herr Bundesminister Pröll, ich habe es Ihnen im Ausschuss schon gesagt: Das Völkerrecht kennt die Position des Verschweigens. Wenn Tschechien gegen das Völkerrecht verstößt, Österreich sich verschweigt und darauf nicht reagiert, dann wird auch das akzeptiert und wird rechtskonform. Da ist schon eine gewisse Zeitfrage im Raum. Es kann nicht so sein, dass wir jetzt hergehen und sagen, wir überlegen das noch Monate, sondern wir haben auf Grund dieser Bestimmung des Völkerrechtes Handlungsbedarf.
Ich sage Ihnen auch Folgendes: Wenn Herr Bundeskanzler Schüssel diesen Vertrag unterfertigt hat, dann ist er in die Pflicht zu nehmen, mit seinen Ministern in Prag vorzusprechen, um Druck auszuüben. Ansonsten geht in Tschechien nichts weiter. (Beifall bei der FPÖ.)
12.25
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. Sie hat sich selbst eine Redezeit von 3 Minuten gewünscht. – Bitte.
12.25
Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die permanenten und nachweislichen Mängel des AKW Temelín stellen für uns eine Bedrohung dar; aber nicht nur für uns ist es eine grenzenlose Bedrohung, wie wir wissen, seit wir die schmerzlichen Erfahrungen mit dem GAU in Tschernobyl gemacht haben.
Ich denke, dass diese Bedrohung auf jeden Fall alle für Österreich gangbaren völkerrechtlichen Konsequenzen und Wege rechtfertigt und dass diese auch wirklich zu beschreiten sind – und das sehr bald. Die Österreicherinnen und Österreicher haben ja schon Ende der siebziger Jahre eine sehr weise, sehr kluge und vorausblickende Entscheidung getroffen, die im Atomsperrgesetz gegipfelt hat. Viele Länder, die jetzt mühsam versuchen, einen Ausstieg aus der Atomenergie zu bewerkstelligen, beneiden uns sehr um dieses Gesetz. Andere wiederum sind der Meinung, dass in Wirklichkeit in der Atomkraft auch eine Alternative für das Problem des Klimaschutzes, der Treibhausgasbelastungen liegt, wobei uns natürlich auch in Österreich klar ist: Nein, das ist ganz und gar keine Alternative!
AKWs haben eine weitaus schlechtere Klimabilanz, als sie erneuerbare Energien haben. Sie wirtschaften nicht nachhaltig, sie sind ausgesprochen teuer, vor allem teuer auf die Zeit hin gesehen.
Die globale Versorgung mit Energie wird eine sehr große gemeinsame Herausforderung sein, der wir uns zu stellen haben. Allein in China und in Indien mit ihrem riesigen Wirtschaftswachstum ist der Energiehunger riesig. Die jährlichen Wachstumsraten von plus 3,2 Prozent an Energiebedarf zeigen, dass dort ebenso wie in Lateinamerika mit 2,2 Prozent und in Afrika mit 2 Prozent künftig überproportional mehr Energie benötigt wird. Es ist klar, dass dieser riesige Bedarf dort, wo viele Menschen zu Hause sind, dort, wo viele Menschen sich und ihre Wirtschaft entwickeln können, in gar keinem Fall mit fossilen Brennstoffen und schon gar nicht mit Kernenergie sinnvoll zu decken sein wird. Es bedarf daher wirklich gemeinsamer globaler Anstrengungen, hin zu einer Versorgung mit erneuerbarer Energie zu kommen, vor allem für Entwicklungs- und Schwellenländer, aber ebenso für benachbarte Länder und natürlich auch für Österreich.
Im Sinne von allen Menschen, gerade auch von uns
Europäerinnen und Europäern, die wir nur 5 Prozent der globalen
Bevölkerung darstellen, ist klar, dass ein Kampf gegen unsichere AKWs,
gegen klimaschädliche Emissionen international sein muss, solidarisch
geführt werden muss und dass auch kein Weg an der Steigerung der Energieeffizienz
vorbeiführen wird. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)
12.28
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dobnigg für 3 Minuten. – Bitte.
12.28
Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Werter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei mittlerweile 99 Störfällen ist die Angst der Bevölkerung vor dem Atomkraftwerk Temelín absolut gerechtfertigt und natürlich auch begründet. Ein Beschönigen oder Schönreden kann einfach nicht akzeptiert werden. Und die Sorgen der Menschen in der Grenzregion müssen sehr ernst genommen und auch dementsprechende Taten gesetzt werden.
Ein Teil des Melker Abkommens war das Zugeständnis Tschechiens, dass Temelín erst in Betrieb genommen werden dürfe, sobald alle Sicherheitsbedenken beseitigt werden. Ungeachtet dessen hat Tschechien am 3. November 2006 die Kollaudierung des Reaktors durchgeführt und damit den völkerrechtlich verbindlichen Vertrag des Melker Abkommens einseitig gebrochen.
Das ist das bisher letzte Glied in der Kette der erfolglosen Anti-Atom-Politik, der Anti-Temelín-Politik der inzwischen zum Glück abgewählten ÖVP-BZÖ-Regierung. Und ein großes Problem war unter anderem auch das nicht gerade ambitionierte Arbeitstempo von Ihnen, Herr Bundesminister, in dieser für Österreichs Sicherheit so bedeutsamen Frage, denn trotz der alarmierenden Signale aus Tschechien reagierten Sie hier nicht entschieden genug.
Da Sie heute die Aussage getroffen haben, den Dialog suchen zu wollen, frage ich mich schon: Wo ist hier ein Dialog? Ich sehe auf jeden Fall keinen, denn Tschechien ist – und das ist deutlich sichtbar – nicht im Geringsten daran interessiert, substantiell an den mit Österreich paktierten Sicherheitsnachbesserungen zu arbeiten.
Der heute zu beschließende Fünf-Parteien-Antrag – ich bedanke mich dafür sehr herzlich bei allen Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen – ist deshalb nun ein äußerst notwendiger und unverzichtbarer Schritt. In diesem Entschließungsantrag verlangen wir
von der Bundesregierung, dass sie von Tschechien den Nachweis aller vereinbarten Sicherheitsmaßnahmen fordert.
Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Erinnern wir uns daran, dass der Störfall im Reaktor Tschernobyl leider über 170 000 unschuldige Menschen das Leben kostete! Erinnern wir uns an die Millionen Strahlenopfer und erinnern wir uns an die jahrelangen Produktionseinschränkungen! Es darf sich ein solch schrecklicher Fall nicht wiederholen; es ist daher höchst an der Zeit, hier mit aller Schärfe und aller Härte vorzugehen. Weitere Verzögerungen darf es nicht mehr geben. Es muss endlich Schluss sein mit der Taktik des Aussitzens und des Abwartens. Es muss jetzt rasch gehandelt werden, es müssen ebenso rasch Taten folgen. (Beifall bei der SPÖ.)
12.31
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Mag. Kuzdas für 3 Minuten. – Bitte.
12.31
Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kaum ein Atomkraftwerk hat derartige Emotionen in Österreich geweckt wie das Atomkraftwerk Temelín. Die Menschen in Österreich haben zu Recht Angst. Nach zahlreichen Verhandlungen wurde das Melker Protokoll im November 2001 beschlossen. Im Wesentlichen geht es dabei um Informationsverbesserung und Anhebung der Sicherheit des AKWs. Heute kann man feststellen: Beide Ziele wurden nicht erreicht. Die zahlreichen Störfälle, an die 100, beweisen das, und der Bruch der Informationspflicht bestätigt das.
Insbesondere zum Thema kommerzieller Betrieb ist im Melker Abkommen festgehalten, dass in jedem Fall die Umsetzung der im Anhang I angeführten Sicherheitsmaßnahmen Voraussetzung für den kommerziellen Betrieb ist. Eine internationale Expertenkommission hegt in einem Endbericht vom Juni 2005 erhebliche Zweifel, ob diese Auflagen umgesetzt und tatsächlich erfüllt wurden, zum Beispiel, was die Leitungen auf der 28,8-Meter-Bühne oder die Qualifizierung der Ventile betrifft. In beiden Fällen kann man die Erfüllung der Sicherheitsvoraussetzungen als nicht bestätigt annehmen.
Im Juni des heurigen Jahres stellte Mag. Otto Gumpinger vom Anti-Atom-Komitee Folgendes fest:
„Dass es im Reaktor 1 in Temelín massive Probleme gibt war uns bekannt, dass es aber derart schlimm ist hat sogar uns überrascht. Dieser Reaktor darf nicht mehr hochgefahren werden. Alles andere wäre kriminell.“
Nun zum Melker Abkommen. Wir haben heute schon das Wort „Beruhigungspille“ gehört, insbesondere dann, wenn man sich auch den Anhang 2 des Melker Abkommens anschaut. Da gibt es Empfehlungen der Kommission, 21 Punkte, zur Minimierung der Besorgnisse der österreichischen Bevölkerung. Auch darüber herrscht Unklarheit.
Gemäß dem Melker Abkommen sind der österreichische Landwirtschaftsminister und der tschechische Vizepremier und Außenminister für die Umsetzung und Überwachung zuständig. Was ist bisher an Umsetzung und Überwachung geschehen? – Die kommerzielle Inbetriebnahme ohne vorherige Information der österreichischen Bundesregierung ist jedenfalls ein Bruch des Melker Abkommens.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freiheit des einen endet dort, wo die Sphäre des anderen beeinträchtigt wird. Das gilt im Privatrecht und das gilt natürlich auch im Völkerrecht. Das gilt für Österreich und muss selbstverständlich auch für die Tschechische Republik gelten. Das hat auch für störanfällige Atommeiler zu gelten, denn die Auswirkungen eines Störfalles kümmern sich um keine Grenzen und auch um kein Schengen-Abkommen.
Daher kann es für uns nur ein Ziel geben. Da reden wir nicht mehr über die Einhaltung der Auflagen aus dem Melker Protokoll, sondern da geht es darum, die Kollaudierungsunterlagen eingehend zu analysieren, um dann alle verfügbaren Rechtsschritte wegen Bruchs eines völkerrechtlichen Vertrages einzuleiten. Denn: So wie Tschechien mit Österreich umgeht, so kann man mit einem Nachbarstaat und einem EU-Mitgliedstaat nicht umgehen.
Der vorliegende Entschließungsantrag beauftragt den Bundesminister für Landwirtschaft und die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen. – Das ist gut so, wenn es auch noch rasch passiert. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
12.35
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mayer für ebenfalls selbst gewählte 3 Minuten. – Bitte.
12.35
Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist für mich eine tolle Aufgabe, meinen ersten Debattenbeitrag im Hohen Haus zu einem Thema halten zu dürfen, das mich von Anbeginn an bei meiner politischen Tätigkeit begleitet hat und auch mit ein Grund dafür war, warum ich mich in jungen Jahren für Politik interessiert habe, als es darum ging, den Ausstieg Österreichs aus der Atomenergie mitzubewirken. Ich war damals mit vielen anderen Teil einer großen Anti-Atom-Bewegung. All die Jahre war es immer wieder das Thema Kernenergie, das die Politik sehr nachhaltig negativ beeinflusste.
Ich bin zwar kein Waldviertler, auch kein Mühlviertler und kein Weinviertler, aber bei uns in Vorarlberg ist es dazumal gelungen, den geplanten Bau des grenznahen AKW Rüthi in einer großen Kraftanstrengung zu verhindern. Das ist leider bei Temelín nicht in dieser Form gelungen, aber spätestens Tschernobyl hat den Letzten dazu gebracht – auch bei uns gab es einige eiserne „Betonierer“, die geglaubt haben, technisch sei alles möglich und machbar –, einzusehen, dass man alle Kraft und alle Anstrengungen einsetzen muss, um die Weiterentwicklung der Atomindustrie, der Kernenergie hintanzuhalten.
Die Kernenergie ist für uns, aber auch für
nachkommende Generationen an Politikern die große Herausforderung
schlechthin. Besonders für uns als aktive Mandatare gilt es, alles zu tun,
um die Probleme, die auf uns zukommen und die bei der Bevölkerung zu Recht
Ängste hervorrufen, zu lösen. Es ist daher nicht egal, Herr Minister,
wie wir mit diesem Problem umgehen. Sie müssen sich den Vorwurf gefallen
lassen, zumindest in der Zeit, in der Sie tätig sind, nicht entschieden
und entschlossen genug mitgearbeitet zu haben. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll:
Das stimmt nicht! – Abg. Grillitsch:
Das ist eine Unterstellung!)
Jetzt noch zu zögern zeigt, wie radikal sich die „alte“ Bundesregierung – ich möchte sie so bezeichnen, obwohl sie nach wie vor im Amt ist – von einer aktiven Anti-Atom-Politik verabschiedet hat. Die alte Bundesregierung schaut seit Jahren zu, wie die Atom-Lobby, dazu noch unter dem Deckmantel des Klimaschutzes, auf EU-Ebene agiert und ihre Macht massiv ausbaut. Diese Vormachtstellung, die hier ausgebaut wird, ist ganz massiv auch von Seiten der Regierung zu unterbinden.
Sollten Sie tatsächlich, Herr Minister, einer neuen Regierung angehören, dann hoffe ich, dass diese von einem Regierungschef geführt wird, dem eine konsequente Anti-Atom-Politik am Herzen liegt und dem die Ängste der Menschen ein echtes Anliegen sind, denn Ziel muss sein, dass Temelín vom Netz kommt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
12.39
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Muchitsch für selbst gewählte 3 Minuten. – Bitte.
12.39
Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe mir sehr viele Unterlagen zum Thema Temelín besorgt. Als ich diese Unterlagen durchgesehen habe, bin ich auf sehr viele Berichte, auf sehr viele Gutachten gestoßen.
Dabei bin ich auch auf ein Papier gestoßen, das die Sicherheitsdefizite von Temelín aufzeigt. Ich habe es gelesen und mir dann die Frage gestellt: Ist es meine Aufgabe als Abgeordneter und bin ich dafür zuständig – ich darf hier einige Begriffe aus diesem Papier zitieren –, die Häufigkeit eines schweren Kernschadens von 2,1 x 10-4 pro Jahr und deren Auswirkungen festzustellen? Muss ich wissen, was eine Versprödung des Reaktordruckbehälters bedeutet? Ist es meine Aufgabe, probalistische Sicherheitszielwerte festzustellen oder anzuzweifeln?
Ich weiß, dass es sicherlich nicht viele hier im Plenum gibt, die Atomexperten sind beziehungsweise auch entsprechende Erfahrungen mit Kernspaltung haben. Ganz genau weiß ich aber, und viele, die sich mit dem Thema Temelín befasst haben, wissen es auch, dass es Störfälle in Temelín gegeben hat, die erst 48 Stunden später den österreichischen Behörden gemeldet wurden. Viele wissen auch, dass es 99 Störfälle gegeben hat, von denen jeder einzelne Störfall eindeutig einer zu viel ist. Viele wissen auch, dass Sie, Herr Bundesminister, im Jahr 2006 von einer oberösterreichischen Delegation anlässlich des Anti-Temelín-Gipfels am 3. April in Wien informiert wurden, dass Sicherheitsnachrüstungen gemäß Melker Protokoll nicht stattgefunden haben.
Was seit Abschluss des Melker Protokolls im Jahr 2001 bis 2006 dagegen unternommen wurde, diese Frage stellt sich schon, Herr Bundesminister. Die Menschen, und nicht nur die in Oberösterreich – ich komme aus der Südsteiermark –, in ganz Österreich und wahrscheinlich auch europaweit erwarten sich von der Politik, dass sie handelt, dass sie entscheidet und dass sie schützt, dass sie uns Menschen schützt, und sie erwarten sich auch Sicherheit.
Herr Bundesminister, es herrscht höchster Handlungsbedarf! Ich fordere Sie auf: Werden Sie bitte aktiv! Handeln Sie! Handeln Sie zum Wohle aller Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)
12.42
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Stauber für ebenfalls selbst gewählte 3 Minuten zu Wort. – Bitte.
12.42
Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Auch für mich ist es heute eine ehrenvolle Aufgabe, bei meiner ersten Wortmeldung hier im Hohen Haus über ein so wichtiges Thema wie die Causa Temelín zu reden. Die Sicherheit unserer Bevölkerung in Österreich und vor allem die Zukunft unserer Jugend und unserer Kinder sind das Höchste, das wir hier zu verteidigen haben.
Ich denke, das Datum 26. April 1986 ist noch bestens in unser aller Erinnerung. Die Katastrophe von Tschernobyl können wir auch heute noch auf unseren Almen, in unseren Wäldern spüren, denn wenn heute noch die Almen und die Schwammerln mit Cäsium verseucht sind, dann wissen wir, von welch hoher Gefahr wir hier sprechen. Unter diesem Gesichtspunkt kann man natürlich auch die Ängste der Bevölkerung im Wald-, Mühl- und Weinviertel ganz besonders verstehen.
Wie wir heute schon vielfach gehört haben, entwickelt sich dieser Pleiten-, Pech- und Pannenreaktor in Südböhmen immer mehr zu einer unendlichen Geschichte. Dass sich die Causa Temelín immer mehr zu dieser langen und sehr gefährlichen Geschichte entwickelt, dafür sind auch unser Herr Bundeskanzler und Sie, Herr Minister Pröll, nicht ganz frei von jeder Schuld. Sie waren es, die federführend am so genannten Melker Prozess oder Melker Abkommen mitgewirkt haben und Österreichs Bevölkerung in dem irrigen Glauben ließen, dass damit die Probleme und vor allem das Sicherheitsproblem von Temelín gelöst seien. Wie wir heute schon gehört haben, ist dem nicht so!
Nach der erfolgten Kollaudierung des Reaktors wissen wir, dass dieses Abkommen eigentlich nicht viel wert ist. Es hat anscheinend keine Seriosität und besteht nur aus leeren Formeln. Da sich die mangelnde Qualität dieses Abkommens aber leider nicht rückwirkend verbessern lässt, ist es nun höchst an der Zeit, dass Sie, Herr Minister, und wir alle gemeinsam in dieser Sache der tschechischen Regierung gegenüber entschieden und vor allem konsequent auftreten.
Wenn Sie immer wieder behaupten, dass Qualität vor Tempo gehen müsse, dann kann ich Ihnen da in gewissem Sinne Recht geben, aber Tempo ist auch eine Frage der Definition, denn schließlich ist Schneckentempo auch eine Form von Tempo. Ich denke, Sie wissen schon, was ich meine. Und wenn heute das gesamte Hohe Haus hinter Ihnen steht und Sie in dieser Sache unterstützt, dann sollten wir auch der tschechischen Regierung gegenüber dementsprechend konsequent und forsch auftreten.
Eine kleine Anmerkung noch aus Kärntner Sicht: Auch wenn Temelín zu Recht im Brennpunkt des österreichischen Interesses steht, dürfen wir nicht vergessen, dass auch wir im Süden Österreichs an den Grenzen Kärntens eine Atomkraftwerksbombe haben, deren Uhr ebenfalls tickt. Krško ist eine ebenso große Bedrohung und steht sogar auf einer Erdbebenlinie. Krško ist eine Bedrohung wie Temelín, und daher fordere ich Sie und das Hohe Haus auf, das Augenmerk auch auf dieses Atomkraftwerk zu richten. Herr Minister! Handeln Sie! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dolinschek und Mag. Stadler.)
12.46
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.
Ich bitte alle, Platz zu nehmen, denn wir kommen zur Abstimmung.
Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 13 der Beilagen angeschlossene Entschließung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 6.)
Bericht des
Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für
Strafsachen Wien (95 Hv 127/06a) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung
des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler (9 der Beilagen)
3. Punkt
Bericht des
Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für
Strafsachen Wien (091 Hv 7/05y) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung
des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler (10 der Beilagen)
Präsident Dr. Michael
Spindelegger: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 und
3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt
wird.
Auf eine
mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet
ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. 5 Minuten Redezeit. –
Bitte.
12.47
Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst einmal sage ich Ihnen, dass die Grundlage dieses Auslieferungsbegehrens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien die Privatanklage gemäß § 111 StGB eines Konkursrichters und eines Masseverwalters aus Salzburg, die im Atomic-Konkurs tätig waren oder nach wie vor sind, ist. Ich möchte mich bei diesen zwei Privatanklägern ausdrücklich herzlich für diese Privatanklage bedanken, das sage ich dazu. Und das ist bitte nicht zynisch, denn das gibt mir die Möglichkeit, aus einem an sich vertraulichen und der Amtsverschwiegenheit unterliegenden Prüfakt der Volksanwaltschaft, der nunmehr zu einem öffentlichen Prozessakt in einem öffentlichen Strafverfahren geworden ist, auch straflos zitieren zu können. Daher werde ich auch diesem Auslieferungsbegehren selber mit Begeisterung zustimmen.
Nun zur Geschichte, die dahinter steht: Meine Damen und
Herren, dem Ganzen liegt ein Prüfverfahren zugrunde, in welchem sich Herr
Kommerzialrat Alois Rohrmoser, der mittlerweile leider verstorben ist, an die Volksanwaltschaft gewandt hat, weil man
ihn zehn Jahre
lang – ich betone: zehn Jahre lang! – mit dem
Vorwurf bedacht hat, er hätte 100 000 Paar Skier aus der eigenen
Konkursmasse gestohlen, und gegen ihn ein Strafverfahren geführt hat.
100 000 Paar Skier sind 24 LKW-Ladungen. Zehn Jahre lang wurde
Kommerzialrat Rohrmoser mundtot gemacht mit der Behauptung, er sei ein
Straftäter und hätte aus seinem eigenen Unternehmen 100 000 Paar
Skier gestohlen.
Im Zuge dieses
Konkurses – und das wird im Bankenausschuss noch Thema
sein – gab es eine Befriedigungsquote von 94 Prozent für
den – praktisch – Alleingläubiger BAWAG, meine Damen
und Herren! Nennen Sie mir einen Konkurs in diesem Lande, bei dem man 94-prozentige
Befriedigungsquoten für eine Bank erreicht hat. Eine 94-prozentige Befriedigungsquote,
das geht nur bei der BAWAG. Eine 94-prozentige Befriedigungsquote und man
war wirklich redlich bemüht, auch durch den Herrn Konkursrichter,
auch durch den Herrn Masseverwalter auch noch möglichst viel Geld zu
verstecken, meine Damen und Herren!
Der
Atomic-Konkurs ist die mutwillige Zerstörung eines Flaggschiffunternehmens
der österreichischen Ski-Industrie gewesen. Es war der mutwillige
Ausverkauf eines österreichischen Unternehmens. Weil die BAWAG
bereits damals durch die Karibik-Geschäfte von Flöttl junior das
erste Mal ins Trudeln gekommen ist, hat man sich über den Atomic-Konzern,
über das Atomic-Unternehmen des Herrn Kommerzialrates Rohrmoser zum
ersten Mal sanieren können, um dort stille Reserven herauszuholen, die man
in der BAWAG dringend benötigt hat, um die Karibik-Geschäfte zum
ersten Mal kaschieren zu können! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)
Es ist nur leider kein Ruhmesblatt der
österreichischen Justiz, dass man nicht bereit war, den Strafakt
aufzumachen und das Strafverfahren so zu führen, wie es zu führen
gewesen wäre. Ich bin froh darüber und ein wenig stolz darauf, dass
es mir gelungen ist, dafür zu sorgen, dass im Jänner 2005 Herr
Kommerzialrat Rohrmoser wenigstens als unbescholtener Bürger sterben
konnte, meine Damen und Herren. Dieser Mann ist aber an der mutwilligen
Zerstörung seines Lebenswerkes, seines Aufbauwerkes zerbrochen. Ich
halte das nebenbei auch noch für einen menschlichen Skandal, der hier
stattgefunden hat. (Beifall bei
FPÖ und ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Ich schweige heute über die Arbeitsplätze, die mutwillig vernichtet wurden. Ich schweige darüber, was das die österreichische Wirtschaft gekostet hat, aber ich will Ihnen sagen, dass bis heute niemand aufklären konnte, wie Herr Generaldirektor Flöttl am Vorabend, vor der Konkurseröffnung im Fernsehen bereits den finnischen Käufer anbieten konnte, dem man dieses Unternehmen für 970 Millionen Schilling verkauft hat. Und dann hat die BAWAG 10 Prozent davon um 360 Millionen Schilling zurückgekauft, meine Damen und Herren. Das ist eine mathematische Lösung, die ich bis heute nicht nachvollziehen konnte, wie nämlich 100 Prozent 970 Millionen Schilling wert sein können, und dann 10 Prozent davon um 360 Millionen Schilling zurückgekauft werden können.
All das, meine Damen und Herren, kann ich jetzt straflos und ohne dass ich in den Verdacht gerate, meine frühere Tätigkeit als Volksanwalt auch hier von dieser Rostra aus zu missbrauchen, dank der Privatanklage dieser beiden obergescheiten Herren zitieren und auch weiterhin im Prozess zum Besten geben, meine Damen und Herren.
Daher bedanke ich mich noch einmal bei den
Privatanklägern, denn über eines müssen Sie sich ab jetzt
im Klaren sein: Ab jetzt wird auch im Bankenausschuss, aber darüber
hinaus auch in diesem Strafprozess für Aufklärung gesorgt werden. Und
das mache ich mit ausdrücklicher Unterstützung, gemäß dem
ausdrücklichen Willen auch der Witwe und der Tochter des leider
verstorbenen Kommerzialrats Rohrmoser, und ich fühle mich heute noch
moralisch verpflichtet, diesen einmaligen Skandal der österreichischen
Wirtschafts- und Justizgeschichte weder straf- noch kommentarlos durchgehen
zu lassen! (Beifall bei FPÖ und
ÖVP sowie des Abg. Schalle.)
12.52
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.
Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 9 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:
In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler besteht; daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler nicht zugestimmt.
Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 10 der Beilagen.
Dabei ist Folgendes zu beschließen:
In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler stellt der Immunitätsausschuss fest, dass ratione temporis kein Zusammenhang der inkriminierten Handlung mit der politischen Tätigkeit des Abgeordneten besteht.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig so beschlossen.
Erste Lesung: Antrag
der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation
der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002)
geändert wird (1/A)
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster erhält der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Grünewald, das Wort für selbst gewählte 6 Minuten. – Bitte.
12.54
Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich denke, es wäre schon lange an der Zeit gewesen, die Debatte über Studiengebühren etwas zu entideologisieren und auf eine rationale argumentative Basis zu stellen.
Wenn wir uns die heutige Ausgabe der Zeitung „Der Standard“ anschauen, werden einige aus der Bundesregierung frohlockt haben. Es wird dort von hohen Inskriptionszahlen wie schon lange nicht mehr berichtet. Das war zwar korrekte Berichterstattung, aber jeder Bericht könnte auch eines Kommentars bedürfen. Der Kommentar lautet: Wir haben heuer – und sind damit mit Frankreich das einzige europäische Land – weniger Studierende als noch vor sieben Jahren. Das wäre eine andere Meldung. Die ist aber nicht gekommen.
Klubchef Molterer zitierte internationale Institutionen und meinte, Österreich sei für diese Vorbild für Innovation, Modell und Inspiration. (Abg. Mag. Molterer: Die EU-Kommission!) Die EU-Kommission – dann kann es vielleicht ein Übersetzungsfehler aus dem Portugiesischen sein, wenn Sie gleich anschließend Bildung und Forschung mehr oder weniger im selben Atemzug genannt haben, denn da schaut es nämlich anders aus.
Ich gebe gerne zu: In den letzten 40 Jahren hat sich einiges getan. Dafür dürfen Forscher und Forscherinnen, Studierende auch dankbar sein. Trotzdem ist es noch lange nicht genug, und man muss sehen, dass es noch ein ziemlich breiter Weg ist, um Chancengleichheit im Bildungssystem zu verwirklichen und jedem oder möglichst vielen die Möglichkeit zu einer höheren Bildung zu geben. Dass Bildung kein Monopol von Adel, Kirche und Bürgertum mehr ist, das ist schön, aber ein bisserl wenig. Wenn wir der Utopie nachhängen, möglichst vielen eine breitere Bildung zukommen zu lassen, müsste man aber auch darauf bedacht sein, dass von dieser Möglichkeit der Utopie irgendwann einmal etwas Wirklichkeit wird, und der Weg ist für mich bei weitem noch nicht zu Ende.
Warum beharren wir so sehr auf der Abschaffung von Studiengebühren, auf einem breiteren Zugang? Warum beharren wir auf einem Recht auf Bildung? Ganz einfach deswegen, weil Bildung doch etwas mehr ist als reine Ausbildung, doch etwas mehr ist als die Produktion von Arbeitskräften für die wechselnden Moden des Marktes. Bildung ist ein Menschenrecht, denn wir werden erst durch Bildung – das sage ich jetzt mal sehr salopp, aber wahrscheinlich schon richtig – zu Menschen, die größere Handlungsspielräume haben, die kritikfähig sind, die sich orientieren können. Das kann und darf
nicht Privileg einer Minderheit sein, und wir dürfen uns mit diesen Zahlen, mit diesen Jubelmeldungen jedenfalls nicht zufrieden geben.
Es ist auch völlig abstrus, wenn in Diskussionen immer wieder argumentiert wird, breite Bildung und offener Zugang sei ein Widerspruch zur Exzellenz. Das ist schlichtweg falsch! Ich kann Ihnen hier Kronzeugen nenne, die völlig unverdächtig sind. Die Industriellenvereinigung – und mit der habe ich nicht nur während des Wahlkampfs Gespräche geführt –, sogar der katholische Kartellverband, Professor Tichy als anerkannter Finanz- und Wirtschaftsfachmann der Akademie der Wissenschaften, sind den ÖVP-Bildungsmodellen, was Schule und auch Uni betrifft, um Meilen voraus, um Meilen voraus und uns in vielen Dingen näher als der ÖVP. Das sollte zu denken geben.
Auch was die UNESCO sagt, was die OECD sagt, was PISA sagt, was die Arbeiterkammer sagt, sind ganz rationale Analysen eines Ist-Zustandes, der uns nicht erlaubt, wie es die Bundesregierung macht, das Weihrauchfass zu schwingen, und zwar so wie ein Hammerwerfer. Da fliegt nämlich nur das Fass, aber die Person, der Mensch dreht sich im Kreis. Das kann es nicht sein!
Es darf auch nicht sein, dass an der Universität durch Studiengebühren die Selektion und die zu starke Differenzierung von bildungsfernen und einkommensschwächeren Schichten und deren Kindern lückenlos fortgeführt oder noch sozusagen etwas daraufgedoppelt wird. Die Kennzahlen des Bildungssystems sagen: Wir bräuchten mehr Studierende und nicht weniger. Dass diese gut ausgebildet werden müssen, das ist keine Frage. Man darf auch über Studienplatzbewirtschaftung reden, aber wenn man zu dem Schluss kommt, dass wir die nicht qualitativ gut betreuen können, heißt das nicht, dass man sich demütig verneigt und sagt: So ist es! Man muss etwas tun, damit mehr den Zugang bekommen.
Was signalisieren wir aber jungen Menschen? –
Bildung muss bezahlt werden. Bildung muss ich mir kaufen. Dann kommt die Frage:
Kann ich mir das leisten? Und wenn man die Gebühren
runterdividiert – Was kostet das pro Tag? –, und es sind
dann nur mehr drei Stollwerck oder eine Breze, so sind das einfach
lächerliche, zynische Rechnungen. Wenn man sich das
Durchschnittseinkommen österreichischer Haushalte anschaut, ist das
ein Betrag, der viele trifft und der durch Studienbeihilfen nicht aufgefangen
wird. (Beifall bei den Grünen.)
Wir vermitteln den Studierenden Bildung sozusagen als eine
Art Ware, und das ist eine Verkürzung des Bildungsbegriffes. Wir
vermitteln ihnen, sie werden nicht gewünscht. Wir vermitteln ihnen, unsere
Universitäten sterben im Chaos, wenn man mehr zulässt. (Abg. Mag. Donnerbauer: Sie tun das!)
Na was vermittle ich? – Etwas anderes, jedenfalls das Gegenteil. Wenn Sie das nicht verstehen, sitzen Sie sogar im falschen Raum, wie ich meine, und sind vom Bildungsbegriff aber auch weit entfernt. (Beifall bei den Grünen.)
Wir möchten Zuversicht vermitteln, sollten Sie diesen Begriff kennen, wir möchten Perspektiven vermitteln, sollten Sie diesen Begriff kennen. Junge Leute brauchen das. Aber da ich keine Perspektive mehr habe – das zeigt nur das rote Licht, aber nicht die Zukunft –, beendige ich das und hoffe auf Einsicht, Entideologisierung und vernünftige Gespräche. (Beifall bei den Grünen.)
13.01
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Broukal. Er hat sich eine Redezeit von 5 Minuten gewünscht. – Bitte, Herr Abgeordneter.
13.01
Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten begrüßen den Antrag der Grünen auf Ab-
schaffung der Studiengebühren. Wir halten die Studiengebühren für nicht notwendig, ja sogar für hinderlich. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Gegenruf des Abg. Rädler.)
Ich verstehe Sie gar nicht. Wenn Sie mir das nachher sagen, können wir vielleicht im Couloir miteinander sprechen. (Abg. Rädler: Sie wollen es nicht verstehen!) Nein, ich verstehe Sie nicht. Sie sprechen so undeutlich. Ich weiß nicht, woran das liegt.
Drei Viertel der Studierenden sind nach einer neuen
Untersuchung der Arbeiterkammer
berufstätig, weil sie es sein müssen, und die Studiengebühren
entsprechen etwa dem Ertrag von eineinhalb bis zwei Tagen eines versteuerten
Studentenjobs. Wir haben schon im Wahlkampf gesagt, wir würden den jungen
Leuten diese zwei Tage im Monat gerne für das Studieren zurückgeben.
Hier im Nationalrat –
und das ist das Problem – ist es natürlich so, dass eine
Mehrheit der Abgeordneten die Studiengebühren beibehalten will: ÖVP,
FPÖ, BZÖ. Es bleibt also für die SPÖ nur der Weg über
die Regierungsverhandlungen, und diesen Weg werden und wollen wir gehen, und
zwar mit Nachdruck und Entschlossenheit. (Abg.
Rädler: Werden wir sehen!) Ich
hoffe, Sie lachen dann am Schluss auch mit, wenn die Studiengebühren
abgeschafft wurden, wenn es gelungen ist, endlich auch Sie zu überzeugen. (Beifall
bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Dass die ÖVP
einen Sturschädel entwickelt, was dieses Thema betrifft, beweisen nicht
nur Sie gerade, das sehen wir immer wieder, und auch die Grünen haben es
2003 bei ihren Regierungsverhandlungen ja erfahren müssen. Im
„Falter“ konnte man damals dort, wo aufgelistet wird, was habt ihr
erreicht, was habt ihr nicht erreicht, über diesen Teil lesen:
„Bei den
Studiengebühren bleibt Bildungsministerin Gehrer hart. Zum Ausgleich soll
es mehr Stipendien geben.“
Nun, auch heute,
vier Jahre später, ist das die Haltung der Frau Bundesministerin. Es
wäre einmal interessant, wenn sie uns das auch öffentlich ... (Abg. Brosz:
Keine Ahnung hat sie!) – Ja, eben, aber Sie haben
gesehen, damals sind Sie auch nicht an das Ende gekommen. Die ÖVP hat nein
gesagt. (Abg. Brosz: Keine Ahnung hat sie!) Das ist der Zustand bis heute.
Man kann das jetzt zwar bedauern, wir haben hier ja auch noch keine Einigung.
Warten Sie doch bis zum Ende des Tages! Warten Sie es ab, Herr Kollege Brosz, und verschütten
wir die Milch nicht, bevor sie heiß ist!
Man könnte
natürlich sagen, dass Ihr Klubobmann vor einem Jahr im Fernsehen auf die
Frage von Robert Stoppacher: Ist die Gebührenabschaffung eine
Voraussetzung für eine Koalition? wörtlich gemeint hat: Das
würden wir mit der SPÖ natürlich leichter verhandeln können
wie mit der ÖVP. – Und so ist es leider Gottes bis heute.
Wir werden uns
aber sehr bemühen, und bei uns ist die Sache der Abschaffung der
Studiengebühren zur Chefsache erklärt worden. Sie
wird am Schluss im Vier-Augen-Gespräch Gusenbauer/Schüssel
hoffentlich zu unserer Zufriedenheit geklärt werden. An uns liegt es jedenfalls
nicht. Und das mögen Sie mit Ihrer Geschichte der ÖVP-Verhandlungen
von 2003 bitte auch ein wenig nachvollziehen können.
Ich denke aber,
wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass die jungen Studierenden
heute auch andere Probleme haben als die Abschaffung der Studiengebühren. Kollege Zach und ich waren vor zwei
Wochen bei einer Protestversammlung von 600 Studierenden von
Pflegewissenschaft an der Universität Wien. 600 von 1 000, für
die es eine Professorin und einen halben Assistenten gibt. Unhaltbare
Zustände!
Oder nehmen Sie
die Wirtschaftsuniversität Wien her, da gibt es eine neue Publikation des
IHS: Auf 270 Studierende ein Professor. Ich betone: Auf
270 Studierende! Man ist froh, wenn man den einmal im Semester sieht,
nämlich auf dem Weg in die Kantine.
Oder nehmen Sie
die Erziehungswissenschaft oder die Publizistik in Wien her. Mir hat ein
Studierender vor einem Monat einen Handy-Schnappschuss geschickt. Man sitzt in
den Vorlesungen nicht auf den Stiegen, das ist ja normal an der Uni, man sitzt
und steht am Gang und ist froh, wenn man etwas mithört. Vom Sehen des
Professors kann keine Rede sein.
Oder nehmen Sie
die schlechte Bezahlung und die schlechten Karriereaussichten vieler junger
WissenschaftlerInnen an den Universitäten her. Auch ihnen gilt unsere
Sorge, auch finanziell gesehen, und auch ihnen müssen und werden wir
helfen.
Meine Bitte an die Grünen – aber zunächst möchte ich sagen: In Ihrem Antrag fehlt einiges! Sie wollen die Studiengebühren in diesem Antrag weder an den Fachhochschulen noch an den pädagogischen Hochschulen abschaffen. Ich nehme an, das ist nur ein Versäumnis und Sie werden noch zusätzliche Anträge präsentieren.
Eine Bitte habe ich noch an Sie ... (Zwischenruf des Abg. Brosz.) – Haben Sie ein wenig Geduld! Über die Abschaffung der Studiengebühren ist die SPÖ nach wie vor fest entschlossen ernst und bis zur letzten Konsequenz zu verhandeln.
Meine Bitte an die Grünen ist: Könnten Sie Ihren jungen StudentInnen, die vor der SPÖ-Parteizentrale stehen, vielleicht raten, dass sie wenigstens einen halben Tag zur ÖVP-Zentrale gehen sollten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
13.05
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Brinek mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
13.06
Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Von meinen Vorrednern ist mehr Rationalität eingefordert worden. – Ja, gerne. Da können wir schon mit der allgemeinen Generalisierung des Kollegen Broukal anfangen. Das gehört nicht zur akademischen Attitüde. Dazu gehört differenziertes Argumentieren. Fangen wir also mit der Auflösung und Diskussion der falschen Prämissen an, Herr Kollege Grünewald, mit denen Sie arbeiten. (Abg. Dr. Cap: Frau Oberlehrer!) Ja, Unterlehrer können auch Zwischenrufe machen. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und
Herren, erfreuliches Ergebnis: die höchste je erreichte Studierendenzahl.
250 000 Menschen studieren an Universitäten und Fachhochschulen.
Wir haben im europäischen Vergleich immer die Hochschulen mit
einbezogen, Herr Kollege Grünewald. Also bitte dann auch hier. Nicht
Äpfel mit Birnen vermischen und dazu nicht die klare Bezeichnung sagen! (Abg. Dr. Cap: Schmeckt aber
gut!) Ja, schmeckt gut im Obstsalat, aber nicht bei der Statistik der
Hochschulabgänger. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Höchste je erreichte Zahl an Studierenden im Bereich Hochschule,
Fachhochschule, Universitäten. Auch die Zahl jener, die sich von der Berufsentwicklung
der Eltern weiterentwickeln – emanzipieren, können Sie dazu
sagen –, ist erfreulich hoch. 55 Prozent der Studierenden an
einer Universität oder Fachhochschule haben Eltern, die nicht eine
Matura führende Schule besucht haben. Das heißt, es beginnt genau
das, was der Oppositionspartei immer wichtig ist – und der ÖVP selbstverständlich
auch.
Abschaffen der
Studiengebühren: Was heißt denn das im Verhältnis zu unseren
Nachbarländern und im Bewusstsein dessen, dass wir in einem
europäischen Land leben? – Es gibt das so genannte
Landeskinderprivileg nicht.
Wir werden daher zusehen müssen, hätten wir keine
Studienbeiträge, wie Studierende aus Deutschland zu uns strömen
und wir gar nichts dagegen machen können. Das ist natürlich auch eine
Auffassung, die man vertreten kann, zu sagen: Ja, wir subventionieren, wir
fördern, wir bilden anderer Länder Studierende und junge Menschen
aus!
Meine Damen und
Herren, noch etwas: Ich zitiere hier den Statistik-Professor Hackl, der sagt:
„OECD-Bildungsbericht
bringt bei näherer Betrachtung ein für Österreich positiveres
Bild als allgemein berichtet.“
Zur Zahl der
Studierenden und zur Abschlusszahl: 37 Prozent der Maturanten in Österreich
gehen nicht automatisch über die Schule, die mit dem Bildungsziel Matura
endet, an die Universität. Nur 16 Prozent der Maturanten kommen aus
der AHS, der Rest kommt aus der BHS. Dort steht als Bildungsziel neben dem
Eintritt ins Erwerbsleben auch die Hochschulberechtigung. Bitte vermischen wir
auch hier die Zahlen nicht!
Weil die
angesprochene Steigerung von den Vorrednern immer zitiert wird: Auch hier
verwahrt sich Professor Hackl vor unzulässigen Vergleichen und sagt: Die
Steigerung, der Zuwachs der Zahl der Studierenden ist in Italien im Wesentlichen
auf den neuen Studienplan zurückzuführen, beschleunigtere Studien,
schnellerer Durchmarsch! In der Schweiz wurden von einem Tag auf den anderen
die Fachhochschulstudierenden dazugezählt. – Also
auch hier bitte sorgfältig mit Statistik umgehen!
Noch ein Hinweis:
Herr Professor Grünewald, Sie sagen, PISA hat uns sozusagen gezeigt,
wo wir liegen. – Ja, wenn Sie gegen ein neoliberales Bildungsideal
sind, dann schauen Sie auch einmal die Kategorien von PISA genauer an! Ach hier
wird sichtbar, dass es da nicht gerade um das von Ihnen bisweilen auch
vertretene Humboldt’sche Bildungsideal geht. Wenn wir in unseren Schulen
und Universitäten das, was der europäische Gedanke, die
europäische Bildungsauffassung ist, ein bisschen hochhalten, dann
dürfen wir auch nicht PISA naiv gläubig hinterherhecheln, sondern
müssen auch diese Dinge kritisch anschauen. Geschweige denn die
Methodenkompetenz des Professor Haider, die auf akademischen Boden noch
vielfach zur Diskussion stehen wird.
Meine Kollegin Beatrix Karl wird sich auch noch mit einzelnen Details dieses Antrages beschäftigen, denn da gibt es außer den schon von Broukal angesprochenen Lücken noch ein paar andere, die zu erwähnen wären.
Im Übrigen: Ich freue mich nicht nur über die gestiegene Zahl der Studierenden, über den Höchststand von 250 000 Studierenden in Österreich, sondern ich freue mich auch über den Umstand, dass wir eine positive Entwicklung nehmen konnten in der Einschätzung der Erwerbstätigkeit, die sich folgendermaßen verhält: Je älter die Studierenden sind, desto mehr streben sie auch einen Erwerb zusätzlich zu ihrem Studium an. – Das wollen wir ja! Wir wollen berufsbegleitende Studien, wir wollen berufsbegleitende Ausbildungs- und Studiengänge an den Fachhochschulen.
Das heißt, in Summe schließe ich mich der Meinung der London School of Economics und vieler Experten an, die sagen, es ist sozial nicht fair, die Gesamtheit der Bevölkerung das Studium finanzieren zu lassen, damit eine ganz bestimmte Gruppe davon profitiert – ich schließe mich da auch der Meinung von BSA-Mitglied Sektionschef außer Dienst Höllinger an –, weil es auch ohne Studienbeiträge nicht gelungen ist, in höherem Maße oder in erwartet hohem Maße so genannte Kinder von bildungsfernen Schichten an die Universitäten zu bringen.
Das heißt, sozial gestaffelte, sozial abgefederte Studienbeiträge sind sozial gerecht! (Abg. Dr. Cap: Danke!) Der Ausbau der Studienförderung ist uns ein Anliegen. Halten wir aber fest, dass wir mit mehr Rationalität die künftigen Fragen der Studienbeitragsentwicklung diskutieren müssen. (Abg. Dr. Cap: Danke!) – Danke, Herr Oberlehrer Cap! Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
13.11
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Kollegin Mag. Schatz mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
13.12
Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Grüne sind gegen die Studiengebühren (Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Cap: Bravo!), wir sind für ihre Abschaffung. Studiengebühren verhindern Studien und behindern das Studieren – und das wollen wir sicher nicht, sondern wir wollen bessere und mehr Bildung in diesem Land!
„Bildung macht frei!“ – Kennen Sie diese sehr gängige Zitat? – Es ist von Friedrich Harkort aus dem 19. Jahrhundert. Und er hat dann noch mehr dazu geschrieben:
Bildung „ermöglicht individuelle Aufstiegschancen; sie soll zur rationalen Lebens- und Haushaltsführung, zu Selbstbewußtsein und Selbständigkeit gegen die feudal-obrigkeitliche Tradition der Untertänigkeit, zur Einsicht in die ökonomische und soziale Wirklichkeit ... führen.“ – Spannend, oder?
Gesellschaftliche Aufstiegschancen,
Selbstbewusstsein – nicht neu, aber immer aktuell. (Abg. Dr. Brinek: Gott sei Dank war er schon Epigone!) Ich hoffe halt,
dass Sie das auch so sehen. Selbständigkeit gegen die Tradition der
Untertänigkeit, Einsicht – Einsicht! – in die
ökonomische und soziale Wirklichkeit: Genau das soll Bildung bringen;
höhere Bildung in noch verstärktem Maße. (Abg. Dr. Brinek: Nicht
neu!)
Doch seien Sie ehrlich, meine Damen und Herren: Ist es das, was Sie wollen: mehr Einsicht, mehr Unabhängigkeit von Obrigkeit? Oder wollen Sie vielleicht etwas ganz anderes? Halten Sie es vielleicht mehr mit dem Motto: Wenn ich ein Prinz bin und du auch ein Prinz sein willst, wer treibt denn dann noch den Esel an? – Vielleicht halten Sie es eher mit diesem Motto. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Broukal: Genau!)
Studiengebühren verhindern höhere Bildung. Wir haben eine Akademikerquote von 14 Prozent – und das ist kein Märchen! – bei einem OECD-Durchschnitt von 24 Prozent. Sie und wir wissen, dass es bildungspolitisch peinlich ist, dass es volkswirtschaftlich eine Katastrophe ist, so etwas zu haben. (Beifall bei den Grünen.) Und Studiengebühren, die Studien behindern, sind da wohl nicht der richtige Weg.
Ja, natürlich, dann kommt das Argument: Es gibt eine
Studienbeihilfe, die Studienbeihilfe gleicht hier alles aus! –
Ja, es gibt Leute, die Studienbeihilfe beziehen, aber es gibt zahlreiche
Studierende, die die Kriterien nicht erfüllen können, weil sie
gezwungen sind, nebenbei zu arbeiten. Sie schaffen es nicht rechtzeitig,
Prüfungen abzulegen, weil sie ihr Studium finanzieren müssen. (Abg. Broukal:
So schaut es aus: längste Studiengebühr in Europa!)
Aber der Großteil der Studierenden bezieht keine Studienbeihilfe, weil die Eltern mittlere oder höhere Einkommen haben. Das heißt ja noch lange nicht, dass diese Studierenden auch Geld von ihren Eltern bekommen! (Abg. Dr. Cap: So schaut es aus!) Und wissen Sie, was die gesetzliche Lage dazu ist? – Studierende, die zum Beispiel die Studiengebühren nicht selbst finanzieren können, sollen ihre Eltern auf Unterhalt klagen! Sie als Familienpartei schlagen das als Lösung vor: Unterhaltsklagen, um vielleicht Geld von den Eltern zu bekommen? – Wir wollen das nicht!
Wir wollen das nicht, wir lehnen die Studiengebühren ab. Studiengebühren verhindern Studien, sie behindern Studien, sie sollen weg – je früher, desto besser. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
13.15
Präsident Dr. Michael
Spindelegger: Nächster
Redner ist Herr Kollege Dr. Graf. Freiwillige
Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr
Abgeordneter. (Abg. Dr. Cap: Jetzt wird es versachlicht!)
13.15
Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich weiß nicht, ob ich dieses Thema wirklich so versachlichen kann, aber ich danke für die Vorschusslorbeeren.
Was mir nicht gelingen wird, ist, jetzt in drei bis fünf Minuten dieses Thema so zu beleuchten, wie es eigentlich wert ist, dass man es beleuchtet. Wir werden es in den nächsten Wochen und Monaten sicher noch eingehend behandeln. Ich möchte mich mit einigen Argumenten, die hier gebracht wurden, auseinandersetzen.
Gleich zu den Ausführungen meiner Vorrednerin: Studienbeiträge verhindern oder behindern das Studieren. – Dem kann ich mich nicht wirklich anschließen. Ich war selbst Werkstudent, habe einige Erfahrung aus diesem Bereich, komme aus einer Arbeiterfamilie, habe daher auch darin Erfahrung und kann mich dem nicht ganz anschließen, zumal es ja auch so ist ... (Abg. Broukal: Zwei Doktorate gemacht!) – Ich habe keine zwei Doktorate gemacht, aber das macht nichts – eines zumindest.
Herr Kollege Broukal, bei der Einführung der Studienbeiträge haben wir hitzige Debatten gehabt, und ich habe damals immer gesagt, es gibt eigentlich nur einen Maßstab, wo man früher oder später evaluieren muss, und das ist: Wie sieht es mit den Absolventenzahlen aus?
Uns ist es darum gegangen, dass wir mit der Zeitressource der jungen Menschen gut umgehen. Und es war bekannt, dass wir sehr viele Trittbrettfahrer an den Universitäten gehabt haben, die, wie man in studentischen Kreisen immer so gesagt hat, inskribiert haben, um ein günstiges Semester-Ticket und Studienermäßigungen zu bekommen. Es ist ein Faktum, dass dadurch die Universitäten unnötig gefüllt wurden.
Mit den Studienbeiträgen ist erreicht worden, dass man
diejenigen, die nicht wirklich studieren, tatsächlich von den Universitäten
auch abgehalten hat, und zwar insofern – im positiven
Sinne –, als sie gar nicht mehr inskribiert haben. Aber ich glaube,
dass dadurch nicht wirklich ein volkswirtschaftlicher Schaden eingetreten
ist. (Abg. Broukal: Aber auch kaum ein Nutzen!)
Punkt 2 ist: Die Absolventenzahlen sind wirklich gestiegen, das heißt, die Studierenden bemühen sich, schneller mit dem Studium fertig zu werden. Und ein Jahr früher mit dem Studium fertig zu werden, also die Studienzeit um ein Jahr zu senken, bringt volkswirtschaftlich bei weitem ein Vielfaches von dem, was die Studienbeiträge in dieser Zeit kosten.
Parallel dazu haben wir – und das fehlt in dem Antrag des Kollegen Grünewald – selbstverständlich die Studienbeihilfen enorm erhöht: Nahezu 40 Prozent – 40 Prozent! – der Studierenden zahlen keine Studienbeiträge, weil sie entweder befreit sind oder Studienförderung bekommen. Das muss man auch sagen. (Abg. Broukal: Es sind 23 Prozent!) – 23 Prozent? – Wir werden es uns genau anschauen und dieses Argument durchleuchten.
Wenn in diesem Zusammenhang so apodiktisch gesagt wird: Wenn keine Studienbeiträge mehr bezahlt werden oder notwendig sind, dann werden mehr Menschen studie-
ren, schneller mit dem Studium fertig werden und mehr an Bildung genießen und dann erfüllen wir endlich den internationalen Durchschnitt aller Studierendenzahlen, die wir haben!, dann muss ich sagen: Das stimmt ja so auch nicht!
Herr Kollege Grünewald, Sie wissen es selbst am besten: Wir brauchen nicht in jeder Fachrichtung mehr Studierende, wir haben in sehr vielen Fachrichtungen international gesehen sehr, sehr viele Studenten, und das muss man auch sehen! Wo uns Studierende fehlen, sind die technischen und naturwissenschaftlichen Fächer. Und ich kenne keinen, der Technik oder Naturwissenschaft studieren möchte, der wegen der Studienbeiträge dieses Studium nicht begonnen hat oder nicht fertig studieren konnte, wenn er es wollte. Ich kenne keinen! – Dort haben wir irrsinnigen Mangel, dort haben wir ganz einfach zu wenige Studierende, und dort wird einfach nur die Befreiung von Studienbeiträgen die Misere nicht beheben, wir müssen ganz andere Instrumente finden.
Ich bin kein grundsätzlicher Gegner von Studienbeiträgen, es ist aber nicht die wirkliche Fahnenfrage. Was ich haben möchte, ist, dass die eingehobenen Studienbeiträge effizient für die Studierenden an den Universitäten ausgegeben werden – und das passiert nicht, wie wir alle wissen. Da ist eine Fehlentwicklung im Gange.
Wir alle bekommen unzählige Briefe von Studierenden, in denen beschrieben wird, welche hygienischen Zustände an den Universitäten herrschen, wo es an einfachsten Infrastruktureinrichtungen mangelt et cetera. Diese Missstände müssen behoben werden! Wir waren immer Anhänger dessen, dass man sagt, man sollte eine Bandbreite geben, von null bis – und dann kann man sich einen Deckel vorstellen, den sich die Universität geben soll als autonome Universität, weil sie selber die Bedürfnisse am besten kennt. Das ist eher ein freiheitlicher Ansatz in diese Richtung. Und es muss eine Kontrolle geben, wie diese Studienbeiträge, wenn sie eingehoben werden, verwendet werden.
Dafür wollen wir uns einsetzen. Aber wenn es am Ende
die Studienbeiträge nicht mehr geben sollte, wird das die Freiheitliche
Partei auch überleben, weil es nicht die Fahnenfrage ist. Mir ist die
Frage viel wichtiger: Wie geht es den Studierenden, wie gehen wir um mit der
Ressource Zeit für die Studenten, und wofür wird überhaupt Geld
an der Universität ausgegeben? – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
13.21
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Darmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.
13.21
Abgeordneter Mag. Gernot
Darmann (BZÖ): Sehr
geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr
geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich hier jetzt genauer auf das Thema Studienbeiträge
eingehe, möchte ich festhalten, dass ich nicht Punkt für Punkt des
Initiativantrages der Grünen durchgehen werde, da dieser doch sehr lieblos
verfasst wurde. So wurden in manchen Paragraphen die Studienbeiträge
gestrichen – no na! –, und im Gegensatz dazu ist in
manchen Paragraphen der Studienbeitrag durch ein anderes Wort zu ersetzen.
Also: einmal streichen, dann gibt es ihn doch wieder! Und in einem Absatz ist
auch die falsche Ziffer genannt, in der eine Korrektur durchgeführt werden
soll. Vielleicht ist ja gerade diese Fehlerlastigkeit auch ein Grund
dafür, dass die Grünen keinen Willen zur Beteiligung an einer
Regierung haben. (Beifall beim BZÖ. –
Zwischenruf des Abg. Öllinger.)
Ich möchte jedoch in diesem Zusammenhang einige Zahlen nennen, die doch sehr interessant sind, auch auf die Gefahr hin, dass ich etwas wiederhole, was vorhin bereits gesagt wurde.
Die Anfängerzahl in den Universitäten ist seit Einführung der Studiengebühr, des Studienbeitrages bis heute um 24 Prozent gestiegen, bei den Fachhochschulen um 81 Prozent. (Abg. Öllinger: Ihr Beitrag kommt von Herzen, das merkt man!) Das kommt von Herzen.
Insgesamt gibt es derzeit 250 300 Studenten in Österreich. Heuer sind 43 040, nämlich 33 400 und 9 640 sowohl an den Unis als auch an den Fachhochschulen dazu gekommen. Wenn man diese steigenden Universitätsanfängerzahlen mit der nunmehr möglichen Selbstverwaltung der Universitäten in Verbindung setzt, ist sehr wohl eine positive Entwicklung an den österreichischen Hochschulen und einer Ausbildung an diesen Schulen ersichtlich, auch wenn – und das ist nicht zu verschweigen – die mögliche Selbstverwaltung von einigen Universitäten nicht so wahrgenommen wird, wie es möglich wäre. Im Gegensatz zu den meisten Universitäten kooperieren schon sehr viele Fachhochschulen mit der Wirtschaft, und auch die TU Graz hat bereits ein technisches Institut, das durch den MAGNA-Konzern gesponsert wird. Das ist immer zum Vorteil der Studenten.
Festhalten möchte ich auch, dass jene, die es sich nicht leisten können, in Österreich zu studieren beziehungsweise außerordentlich schnell und gut zu studieren, von den Studienbeiträgen befreit sind beziehungsweise auf Stipendien zurückgreifen können. Jedoch sollten auch in diesem Fall die Nutznießer bereit sein – und die sind in dieser Weise auch gefordert –, den Stipendientopf auszuschöpfen, aber das wurde in den letzten Jahren nicht gemacht.
Ich möchte auch als Denkanstoß für die den Antrag einbringende Partei aus einem Bericht des Universitätsprofessors Dr. Pechar, dem Leiter der Abteilung für Hochschulforschung der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung an der Universität Klagenfurt zitieren, in dem festgehalten wird, dass es die Mehrheit der Studierenden akzeptiert, einen finanziellen Beitrag zum eigenen Studium zu erbringen, da das Studium in weiterer Folge einen erheblichen privaten Ertrag bringen wird.
Eine aktuelle OECD-Studie besagt auch, dass derzeit ein Studienplatz pro Jahr im Schnitt 9 352 € kostet. Ich habe das einmal kurz umgerechnet, das ist korrekt: Bei 363 € Studienbeitrag ist das ein Anteil an der eigenen Ausbildung pro Student von 3,9 Prozent.
Mit diesen Zahlen im Hinterkopf möchte ich zum Abschluss den politischen Gruppierungen, die für eine Abschaffung des Studienbeitrages eintreten, die Frage stellen, wieso es für einen Studenten, der es sich leisten kann – und ich habe vorhin gesagt, die, die es sich nicht leisten können und die außerordentlich gut studieren, sind befreit –, nicht zumutbar ist, 2 € pro Tag in seine Ausbildung und damit in seine Zukunft zu investieren, die übrige österreichische Bevölkerung jedoch ohne Bezug, vielleicht auch weil kein eigenes Kind die Universität besucht, für das gesamte Studium aufkommen soll. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)
13.26
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. Selbst gewählte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
13.26
Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wertes Hohes Haus! Ob der Antrag der Grünen „lieblos“ formuliert ist oder nicht, das tut, glaube ich, nichts zur Sache, denn: Dieser Antrag ist in der Sachlage vollkommen richtig: Forderung nach Abschaffung der Studiengebühren. Die Sozialdemokratische Partei Österreichs ist mit einer klaren Forderung in den Wahlkampf zur letzten Nationalratswahl gegangen, und die hat geheißen: Weg mit den un-
sozialen Studiengebühren! Daran hat sich nichts geändert. Und ob lieblos formuliert oder nicht, der Antrag ist sachlich richtig, und von Seiten der SPÖ wird volle Unterstützung dafür gegeben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Studiengebühren sind unsozial, sie benachteiligen Kinder aus sozial schlechter gestellten Familien, und sie belasten vor allem die Studierenden. Und wenn man sich die Arbeiterkammerstudie anschaut, so sieht man, dass bereits zwei Drittel der Studierenden berufstätig sind, und man sieht auch, dass diese angeben, dass sich durch die Berufstätigkeit ihre Studiendauer verlängern wird.
Das ist nicht allein der Grund, warum sich die Studiendauer verlängert. Studenten, vor allem an der Medizinischen Universität Wien zum Beispiel, zahlen Studiengebühren. Sie haben einen mehr als doppelten Numerus Clausus: Es gibt eine Eingangsprüfung, und es gibt eine Prüfung nach einem Jahr. Und heuer war es das erste Mal so, dass Studentinnen und Studenten, die die Eingangsprüfung geschafft haben, dann das erste Jahr geschafft haben und die SIP 2 mit einem ausgezeichneten Erfolg, sehr guten oder guten Erfolg geschafft haben, plötzlich nicht mehr sicher sein konnten, dass sie im zweiten Jahr noch weiter studieren konnten. Ausgezeichneter Erfolg – ja, sehr guter Erfolg und guter Erfolg – bitte warten!
Das heißt, Studentinnen und Studenten, die, obwohl sie ohnehin unter erschwerten Bedingungen studieren mussten, erfolgreich waren, werden auf die Wartebank geschickt – zur Kasse gebeten werden sie trotzdem.
Studentinnen und Studenten geben auch an, dass sie sich durch die Doppelbelastung Studium und Beruf gesundheitlich belastet fühlen, und das ist kein geringer Anteil, das sind mehr als 40 Prozent.
Die steigenden Studentenzahlen freuen uns. Was uns eher betroffen macht, ist, dass die Anzahl der Lehrenden zurückgeht. So war zum Beispiel die Medizinische Universität Wien gezwungen, in den letzten Jahren mehr als 70 Ärztinnen und Ärzte abzubauen. (Abg. Dr. Brinek: Ja, Ärzte!) Sie müssten, glaube ich, wissen, dass an der Universität Wien zwischen Forschung und Lehre nicht wirklich unterschieden wird und dass sehr wohl auch Lehrende am Krankenbett tätig sind. (Beifall bei der SPÖ.)
Österreich liegt, was die Akademikerquote angeht, knapp vor der Türkei. Wenn wir diesen Standpunkt weiterhin haben wollen, dann bitte weiter so! Für die Sozialdemokratische Partei ist eines ganz klar: Studiengebühren heißt Sparen am falschen Platz! Und wir fordern den freien Zugang zur Bildung für unsere Kinder, Enkelkinder und zukünftige Generationen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
13.29
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Karl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.
13.29
Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es ist zwar bereits sehr viel über die Defizite, die der vorliegende Antrag aufweist, gesagt worden, aber ich möchte doch noch etwas näher darauf eingehen.
Sie von den Grünen schlagen die Abschaffung des § 91 vor. Was würde die Abschaffung des § 91 bedeuten? – Die Abschaffung des Abs. 7 würde auch bedeuten, dass Sie damit Universitätslehrgänge abschafften, diese sehr erfolgreich agierenden Universitätslehrgänge, weil Sie nämlich damit auch die Einhebung von Lehrgangsbeiträgen abschafften, und kostenlos werden die Universitäten Universitätslehrgänge nicht durchführen können. Aber offenbar haben Sie gar kein Interesse daran, dass Berufstätige eine qualifizierte Weiterbildungsmöglichkeit an Universitäten geboten bekommen.
Die Abschaffung des § 91 hätte aber auch zur Folge, das keine Möglichkeit mehr bestünde, von ausländischen Studierenden aus reichen Ländern Studienbeiträge einzuheben. Hingegen müssten österreichische Staatsangehörige, wenn sie im Ausland studieren, sehr wohl Beiträge bezahlen, zum Teil auch sehr hohe.
Es ist von meiner Vorrednerin, Frau Abgeordneter Brinek, bereits angesprochen worden, dass es im Falle der Abschaffung der Studiengebühr zu einer Flut von vor allem deutschen Studenten nach Österreich kommen würde, weil ja dort ab dem Sommersemester 2007 Studiengebühren eingeführt werden, nämlich höhere, als wir sie jetzt in Österreich haben. Was das für österreichische Universitäten bedeuten würde, wissen wir mittlerweile.
Ich kann nicht sehen, wie Sie damit umgehen wollen. Ich kann aus Ihrem Antrag auch nicht ablesen, wie Sie die 460 Millionen €, die die Abschaffung der Studiengebühren kosten würde, tatsächlich bedecken wollen. (Abg. Broukal: Wie viel? – Abg. Dr. Grünewald: Das stimmt nicht!) 460 Millionen €,o ja! Das ist auf drei Jahre hochgerechnet. Das ist für die Periode der ersten Leistungsvereinbarung von 2007 bis 2009.
Wenn ich einen Schluss aus all dem ziehe, komme ich zu dem Ergebnis, dass die Abschaffung der Studiengebühren für die Universitäten Folgendes bedeuten würde:
Wir würden mehr ausländische Studenten ausbilden und hätten dafür weniger Geld zur Verfügung. Ich muss sagen: Das sind wirklich „rosige“ Zukunftsaussichten für die Universitäten! (Beifall bei der ÖVP.)
Vor allem hätte es nicht den Effekt, den Sie in Ihrem Antrag so sehr betonen. In Ihrem Antrag betonen Sie nämlich ganz besonders, dass wir in Österreich so wenig Studierende und Akademiker haben und deshalb mehr Studierende brauchen. Ich halte die Frage, wie viele Studenten in Österreich ausgebildet werden sollen, für eine sehr wichtige, aber: Muss für die Beantwortung der Frage tatsächlich ausschlaggebend sein, wie viele Studenten in anderen EU-Ländern ausgebildet werden? Denn: Darauf fokussieren Sie ja immer in Ihrer Antragsbegründung. Meines Erachtens ist vielmehr entscheidend, wie viele Akademiker wir tatsächlich brauchen, und nicht, wie viele Akademiker es in anderen Ländern gibt.
Man muss sich vor allem genau ansehen, wer in anderen
Ländern überhaupt als Akademiker gilt. Es gibt auch Länder,
in denen auch Pflichtschullehrer und Kindergärtnerinnen als
Akademiker gelten. (Abg. Dr. Grünewald: Was gut wäre!) Sie
sehen also, wir haben es im Moment mit völlig undifferenzierten
Vergleichszahlen zu tun. (Abg. Dr. Grünewald: Das ist unsere Schuld!)
Wollen Sie allen Ernstes, dass wir permanent mit völlig undifferenzierten Vergleichszahlen messen? – Außerdem kann ich Sie ohnehin beruhigen: Ab 1. Oktober 2007, wenn die Pädagogischen Hochschulen eröffnet werden, werden wir ja mehr Akademiker haben, weil dann auch die Pflichtschullehrer Akademiker sind. Sie gelten dann als Akademiker, und das muss Ihnen ja eigentlich entgegenkommen. (Abg. Dr. Grünewald: Nein! Under-graduate!)
Außerdem möchte ich Ihnen noch eine Frage
stellen, weil Sie immer wieder betonen, wir bräuchten in Österreich
mehr Akademiker: Sagen Sie das auch den Absolventen von Lehramtsstudien, die
nach dem Studium jahrelang auf der Warteliste stehen? Sagen Sie das auch den
frischgebackenen Ärzten, Psychologen oder Biologen, wenn Sie von ihnen im
Taxi chauffiert werden? Ich finde es wirklich zynisch, junge Menschen in
Studien zu hetzen, die keine Zukunftsperspektive bieten! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Grünewald: Lehrer brauchen
Jobs! – Abg. Sburny: Was
ist Ihre Konsequenz?)
Ich schlage Ihnen etwas vor. In der letzten Präsidiumssitzung des Steiermärkischen Akademikerbundes ist etwa diskutiert worden, dass man ja die Studiengebühren als
Steuerungsinstrumente einsetzen könnte, indem man etwa für Studien, die überlaufen sind, höhere Gebühren verlangt als für Studien, die weniger frequentiert sind und auch bessere Zukunftsperspektiven bieten. Im Gegensatz zur polemischen Forderung der bloßen Abschaffung der Studiengebühren handelt es sich dabei um einen konstruktiven Ansatz der Weiterentwicklung und Verbesserung der Studiengebühren.
Sehen Sie: Das verstehe ich unter Sachpolitik! (Beifall bei der ÖVP.)
13.34
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise den Antrag 1/A dem Wissenschaftsausschuss zu.
Erste Lesung: Antrag
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Produktpirateriegesetz 2004 (i.d.F. BGBl. I
Nr. 56/2004) geändert wird (37/A)
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.
13.35
Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode über diesen Antrag bereits einen einstimmigen Beschluss gefasst. Ich gehe daher davon aus, dass bezüglich dieses Antrags inhaltlich, dass nämlich auch das Parlament über die Vollziehung des Produktpirateriegesetzes informiert wird, keine Bedenken bestehen und dem auch grundsätzlich weiterhin zugestimmt wird.
Warum habe ich diesen Antrag wieder eingebracht? – Aus mehreren Gründen. Auf der einen Seite halte ich es für absolut notwendig – und das gilt ja auch für andere Rechtsbereiche –, dass Abgeordnete dieses Hauses über Materien, über die sie zu befinden haben, auch ausreichend informiert werden. Derzeit sieht beim Produktpirateriegesetz die rechtliche Situation so aus, dass zwar die Europäische Kommission über die Vollziehung informiert wird, aber nicht der österreichische Bundesrat und nicht der österreichische Nationalrat. Ich glaube daher, dass es notwendig ist, eine derartige Regelung einzuführen.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass ich das auch für andere Rechtsmaterien für notwendig erachte, beispielsweise auch beim Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz.
Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der derzeitigen Rechtslage bekommt das Hohe Haus keinen Bericht zur Lebensmittelsicherheit, keinen Bericht zur Vollziehung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes. Auch hier haben wir einen Reformbedarf. Das gilt natürlich auch für die so genannten Rechtsmaterien des agrarischen Betriebsmittelrechts, also für jene Rechtsmaterien, die entlang der Lebensmittelkette Anwendung finden.
Warum glaube ich, dass dieser Bericht gerade für dieses Gesetz so notwendig ist?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Probleme im Bereich der Produktpiraterie nehmen weltweit und europaweit zu. Ich erinnere an die Aktion der Europäischen
Kommission vor zirka vier Wochen, als in Hamburg über 100 Container aus China beschlagnahmt wurden und Sportgeräte, Sportutensilien, Textilien, Uhren und andere Piraterieprodukte vernichtet worden sind. Daher überlegt sich auch die Europäische Kommission eine Verschärfung der Sanktionen gegenüber den Ländern, die derzeit keine entsprechenden Maßnahmen gegen Produktpiraten ergreifen, und das betrifft insbesondere China.
Man muss es mit aller Deutlichkeit sagen: 60 Prozent der in der Europäischen Union aufgegriffenen Pirateriewaren stammen aus der Volksrepublik China und ein großer Prozentteil aus dem sonstigen asiatischen Raum.
Hohes Haus! Auf Grund dieser Situation ist es natürlich gerechtfertigt, über neue Regelungen nachzudenken, nämlich Regelungen, die dann zur Anwendung gelangen, wenn es um gewerbsmäßige Verletzungen von geistigen Eigentumsrechten geht.
Der Richtlinienentwurf, wie er zurzeit vorliegt, muss allerdings sehr kritisch gesehen werden. Ich teile dazu die Auffassung des Justizministeriums, das bereits in der letzten Periode in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung eine sehr kritische und aus meiner Sicht absolut richtige Position bezogen hat.
Ich persönlich glaube, dass sich Strafsanktionen gegen gewerblich tätige Unternehmen zu richten haben und nicht gegen Konsumenten. Eine Kriminalisierung von Konsumenten muss in diesem Zusammenhang mit allem Nachdruck abgelehnt werden.
Es muss aber auch klar sein, dass Patentverletzungen nicht mit normaler Markenpiraterie gleichzusetzen sind. Auf der einen Seite haben wir ja die Notwendigkeit, beispielsweise AIDS-Arzneimittel für Länder der Dritten Welt herzustellen, die notwendig sind, was auch nicht von multinationalen Konzernen behindert werden darf, und auf der anderen Seite haben wir Unternehmen, die in China Produkte herstellen, die auch eine Gefahr für Leib und Leben von Konsumenten, von Europäern darstellen können.
Abschließend noch eines: Unkritisch gesehen, ausgeblendet werden in diesem Zusammenhang auch die sozialen Fragen. Viele dieser gefälschten oder nachgeahmten Produkte entstehen mit Kinderarbeit und unter Außerachtlassung aller sozialen Standards. Vielen ArbeiterInnen in diesen Ländern wird zudem noch der Lohn vorenthalten.
Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fragen um die Produktpiraterie werden uns weiter beschäftigen. Voraussetzung ist natürlich, dass uns Abgeordneten entsprechende Berichte dafür zur Verfügung gestellt werden. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
13.41
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Fleckl vor. Sie hat sich 3 Minuten Redezeit gewünscht. – Bitte, Frau Abgeordnete.
13.41
Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es wichtig und richtig, dass dieser Antrag in der neuen Gesetzgebungsperiode noch einmal von Herrn Abgeordneten Maier eingebracht wurde, denn Produktpiraterie ist weltweit zu einem enormen Problem geworden, und auch in Österreich leben wir nicht auf einer Insel der Seligen, sondern auch Österreich ist von diesem Thema betroffen.
So hat es in den vergangenen Jahren etliche Initiativen zur Eindämmung der Produktpiraterie in der EU gegeben, und auch Österreich hat durch die Beschlussfassung des Produktpirateriegesetzes den zuständigen Zollbehörden wichtige Befugnisse in die Hand gegeben, um möglichst frühzeitig schutzrechtsverletzende Waren aus dem Ver-
kehr zu ziehen. Trotzdem gibt es noch etliche ungelöste Punkte. Dies betrifft vor allem den Bereich des Einkaufens über das Internet, wobei gerade Plattformen wie eBay zum Tummelplatz dubioser Anbieter geworden sind, die dort ihre gefälschten Produkte anbieten. Der gutgläubige Konsument erwirbt dann mitunter nachgeahmte oder unerlaubt hergestellte Waren oder Waren, die bestimmte Rechte geistigen Eigentums verletzen. Er bezahlt diesen Artikel und muss dann noch erhebliche rechtliche Konsequenzen befürchten, wenn der Zoll die Bestellung aus dem Verkehr zieht, was immer öfter passiert.
Im Jahre 2004 wurden allein in Österreich mehr als 4 Millionen Stück gefälschte Ware beschlagnahmt. Die Zollbehörden informieren dann den Rechteinhaber, und dieser kann gegen den Konsumenten vorgehen, unabhängig davon, ob dieser gutgläubig gehandelt hat oder nicht. Es sind bereits etliche Fälle in Österreich bekannt, wo Konsumentinnen und Konsumenten, die über das Internet Waren gutgläubig bestellt haben, mit exorbitanten Anwaltshonoraren, die sich etwa aus Unterlassungsansprüchen ergeben, konfrontiert waren.
Der so genannte Schnäppcheneinkauf im Internet kann somit weitreichende Folgen für die Konsumentinnen und Konsumenten haben, und wir haben bereits anlässlich der Beschlussfassung des Produktpirateriegesetzes gefordert, dass sich Österreich auf europäischer Ebene für Ausnahmebestimmungen bei Internetbestellungen einsetzt.
Ein noch größeres Problem für die Konsumenten sind aber jene gefälschten Artikel, bei denen Sicherheit und Gesundheit auf dem Spiel stehen. Ich denke da besonders an gefälschte Arzneimittel. Im Jahr 2005 wurden an Europas Grenzen immerhin 800 000 derartige Arzneimittel beschlagnahmt. Die WHO geht davon aus, dass weltweit 10 Prozent aller Arzneimittel nicht echt sind. Gefälschte Arzneien sind oft wirkungslos oder führen auf Grund verunreinigter Wirkstoffe zu Gesundheitsschäden, ja oft sogar zu Todesfällen.
Wir sind daher verpflichtet, zum Schutz der Bevölkerung alle geeigneten Maßnahmen zu beschließen, damit diese gefährlichen Produkte möglichst früh aus dem Verkehr gezogen werden.
Meine Damen und Herren! Ziel des vorliegenden Antrages ist ein jährlicher Bericht des Finanzministers über den Vollzug des Produktpirateriegesetzes, der dem Nationalrat vorgelegt wird, damit wir als Gesetzgeber rasch auf mögliche neue Entwicklungen auf diesem Gebiet sowie auf Vollzugsprobleme reagieren können. Und ich hoffe, dass sich eine möglichst breite Mehrheit hier im Hohen Haus finden wird, die diese Anliegen unterstützt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
13.45
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rädler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
13.45
Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf zunächst meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass es gelungen ist, für die kommende Gesetzgebungsperiode hier in diesem Haus einen parlamentarischen Ausschuss für Konsumentenschutz und Konsumentenfragen einzurichten. Böse Zungen könnten behaupten, das ist eigentlich wegen Kollegem Maier geschehen, weil er ja, glaube ich, in der abgelaufenen Periode mehr als 80 Anfragen gestellt hat, um ihm eine entsprechende Plattform zu bieten. Aber wir kennen uns aus der Vorarbeit dazu, und ich glaube, dass das ein gutes Instrument ist, um künftighin diese Fragen des Konsumentenschutzes auch entsprechend beraten zu können.
Ich darf in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass es uns in der Vorbereitungszeit zu den Nationalratswahlen gelungen ist, in gemeinsamer Arbeit mit der Arbeiterkammer einen Katalog aufzustellen, in dem die künftigen Aufgaben aufgezählt sind, und wir erwarten uns, dass wir diese in diesem Ausschuss in der nächsten Gesetzgebungsperiode auch behandeln können – sei es ein Konsumenteninformationsgesetz, das wir im Herzen tragen, oder dass es vielleicht verstärkte Kontrollinstrumente im Bereich des Verbraucherschutzes gibt, oder dass es im Tiertransportwesen eine Verlagerung aus dem Verkehrsbereich hin zum Tierschutzbereich gibt, oder die bereits von meiner Vorrednerin aufgeworfene Frage der Internet-Plattformen, die heute Einkaufsmöglichkeiten bieten, die gerade für den Konsumenten schwer durchschaubar sind, oder auch Mobilfunkfragen – hiezu gibt es eine Plattform in Niederösterreich, die vielleicht richtungweisend sein könnte. Es sind viele Aufgabenbereiche, viele Gebiete, die hier angesprochen werden können. Es ist viel Arbeit, die vor uns liegt.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beziehungsweise der Gesetzesänderung vollziehen wir in Form einer Maßnahme das, was längst notwendig ist: dass wir Antwort geben auf die Herausforderung, die auch bereits angesprochen wurde, nämlich die Flut von Produkten, die heute in gefälschter Form über unser Land hereinbrechen.
Aber es ist nicht so einfach, dass man jetzt sagen könnte, es handle sich nur um eine Verlagerung innerhalb der Wirtschaftsbereiche. Natürlich, es waren Luxusgüter, die in den neunziger Jahren als gefälschte Produkte unser Land überschwemmt haben; heute hingegen geht es bereits in den Haushaltsbereich hinein, bis in den Medikamentenbereich, es werden Autoersatzteile gefälscht und angeboten und damit schwierige Situationen im Sicherheitsbereich herbeigeführt.
Meist sind es natürlich die Schwellenländer wie China – allein im heurigen Jahr waren es 60 000 Produkte aus chinesischer Produktion, die von den österreichischen Zollamtsbehörden aufgegriffen werden konnten. In Österreich bedeutet das einen Warenwert von 10 Millionen € jährlich. Europaweit sind es bereits 75 Millionen Artikel, die an den europäischen Außengrenzen beschlagnahmt werden und die unsere Wirtschaft in gewaltige Probleme bringen: gewaltige Probleme deshalb, weil es sich um Verlagerungen – heraus aus der Schattenwirtschaft, schon hinein in den Wirtschaftsbereich – handelt. Heute muss auch der Fachhandel davor gewarnt werden, dass gefälschte Produkte im Umlauf sind, die letztendlich im Produkthaftungsbereich dann Schwierigkeiten bringen können. Ich möchte gar nicht darauf hinweisen, welche Probleme auch steuerrechtlich entstehen könnten.
Ich darf zum Abschluss noch Folgendes anmerken: Es wäre auch eine Aufgabe – und damit wollen wir uns auch im neuen Konsumentenschutzausschuss auseinandersetzen –, dass wir vielleicht zu Beginn des nächsten Jahres auf parlamentarischer Ebene eine Enquete einberufen, bei der wir uns mit diesen Fragen – wohin entwickelt sich der Konsumentenschutz in Österreich? – auseinandersetzen. Das wäre mein Wunsch zu diesem Aufgabenbereich, den wir vielleicht auch durch diesen Vier- oder jetzt Fünf-Parteien-Antrag umsetzen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
13.49
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hradecsni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
13.49
Abgeordnete Bettina Hradecsni (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wie bereits im Antrag ausgeführt und auch von meinen VorrednerInnen erwähnt, beschränkt sich Produktpiraterie längst nicht mehr ausschließlich auf Luxusartikel, sondern betrifft immer mehr Güter des täglichen Bedarfs. Besonders
problematisch stellt sich das dann bei der Medikamentenproduktion beziehungsweise Nahrungsmittelproduktion dar. Ebenfalls angeführt wurde im Antrag die damit einhergehende gesundheitliche Gefährdung der Konsumenten und Konsumentinnen.
Der Handel mit illegalen Waren boomt, die Zahl der an den EU-Grenzen konfiszierten Fälschungen ist innerhalb von sechs Jahren um über 1 000 Prozent gestiegen. Dieser ansteigende Trend ist weltweit zu beobachten. Das liegt natürlich einerseits an den verbesserten Aufdeckungsraten – die gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden in den letzten Jahren nachgebessert beziehungsweise geschaffen –, andererseits besteht aber auch kein Zweifel an der Verschlechterung der Situation, das heißt, es besteht kein Zweifel daran, dass immer mehr illegale Waren produziert werden.
Erwähnenswert scheint mir in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Produktion der Fälschungen sich nicht mehr allein auf den asiatischen Raum beschränkt, obwohl diese natürlich den Großteil ausmacht, sondern dass auch in Europa ein sehr gut organisiertes Produktions- und Vertriebsnetzwerk entstanden ist und sich weiter entwickeln wird.
Besonders wichtig ist, dass Firmen ihre Produkte stärker sichern. Dazu gibt es diverse Maßnahmen – Mikrochips, Hologramme, Sicherheitsetiketten et cetera. Dies hat einerseits den Vorteil, dass eine schnellere und eindeutigere Überprüfung der Echtheit der Produktion gewährleistet ist, andererseits verteuert es auch die Fälschung beziehungsweise die illegale Herstellung der Produkte und führt so zu einer größeren Unrentabilität der Produktion von Fälschungen.
Es liegt selbstverständlich in unserer Verantwortung als Politikerinnen und Politiker, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und sämtliche Kontrollmechanismen auszuschöpfen, die sich bieten. Der vorliegende Initiativantrag und die damit einhergehende gesetzliche Verankerung der Berichtspflicht ist sicher ein sehr wichtiger Schritt dazu. Er wurde ja bereits in der vergangenen Gesetzgebungsperiode als Vier-Parteien-Entschließungsantrag eingebracht und auch einstimmig beschlossen.
Wesentlich neben diesem Bericht sind sicherlich weitere Maßnahmen zur Optimierung der gewerblichen Schutzrechte innerhalb der EU sowie auch die Förderung der gewerblichen Schutzrechte auf internationaler Ebene, einheitliche Richtlinien zur weiteren Verbesserung der Zollkontrollen an den EU-Außengrenzen und eine Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit, um die Konsumenten und Konsumentinnen verstärkt über diese Problematik aufzuklären.
Zustimmen möchte ich Kollegem Mayer in dem Punkt, dass wir auf gar keinen Fall Konsumentinnen und Konsumenten kriminalisieren wollen, die unwissentlich gefälschte Waren erwerben.
Weiters sehe ich auch durchaus die Problematik der nicht gewährleisteten sozialen Standards bei der Produktion der Fälschungen. – Leider Gottes sind die sozialen Standards auch bei der Produktion von legalen Produkten nicht gewährleistet. Da könnte man auch noch jede Menge Nachbesserungen leisten.
Was meiner Ansicht nach auf alle Fälle klar ist, ist, dass wir eine globale Strategie brauchen, damit wir diesem Betrug, der sowohl volkswirtschaftlich als auch konsumentenpolitisch enormen Schaden anrichtet, endlich Einhalt gebieten können. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)
13.54
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Vilimsky. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.
13.54
Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst meiner Freue darüber Ausdruck verleihen, dass es hier im Hohen Haus jetzt einen Konsumentenschutz-Ausschuss gibt und damit diese wichtige Materie auch entsprechend Beachtung finden kann. – Das Interesse hier im Hohen Haus ist ein eher enden wollendes; ich nehme das zur Kenntnis, hoffe aber, dass im inhaltlichen Sinne hier vieles vorangebracht werden kann.
Dieses Hohe Haus ist ja in der vergangenen Legislaturperiode selbst Opfer der Produktpiraterie geworden. Erinnern wir uns daran, dass eine kleine Gruppe nicht demokratisch legitimierter Personen einen politischen Markenklau begangen hat und unter dem Titel „freiheitlich“ hier politische Produktpiraterie begangen hat – und dann auch eine entsprechende Strafe vom Wähler dafür erhalten hat. (Beifall bei der FPÖ.)
Genauso ist es eigentlich beim Kernthema der Produktpiraterie, wo man der ÖVP völliges Versagen vorwerfen muss – völliges Versagen deswegen, weil die ÖVP in jener Periode, in der sie den Kanzler gestellt hat, die österreichischen Interessen Zug um Zug am Altar der europäischen, der internationalen Interessen geopfert hat und dieses Österreich dem rauhen Wind der internationalen Globalisierung Zug um Zug ausgesetzt hat.
Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie für sämtliche
Entwicklungen im geopolitischen Bereich verantwortlich sind, aber Sie
tragen sehr wohl die Verantwortung dafür, dass Österreich heute
ein Spielball der Globalisierung ist und es auch nicht weiter ein Wunder ist,
dass Kopisten und Fälscher Österreich mit Waren überschwemmen
und international bereits ein Volumen von 500 Milliarden €
erreicht wurde. (Abg. Murauer: Nur in Österreich, oder
was?)
Es ist aber nicht allein die Frage der niedergerissenen Grenzen, es ist auch eine andere Entwicklung, die man ebenfalls beim Namen nennen muss. Sie werden vielleicht das deutsche Magazin „Der Spiegel“ kennen – sehr interessant; da stehen nicht nur positive Dinge über unser Wirtschaftswachstum drinnen, sondern auch sehr kritische, etwa in einem zwei Monate alten Artikel unter dem Titel „Globalisierung – Die gelben Italiener“: dass sich nämlich eine Entwicklung breitgemacht hat, wo Menschen aus China mit erschlichenen Visa-Papieren nach Europa kommen, gar kein Interesse daran haben, Europa wirklich zu besuchen, sondern nur das Ziel haben, hier unterzutauchen, in Fälscherwerkstätten zu arbeiten, um nicht zu sagen, gehalten zu werden, unter menschenunwürdigen Bedingungen, wobei sie mitunter 22 Stunden am Tag arbeiten müssen und es überhaupt keine Arbeitnehmerschutzbestimmungen gibt, und das Werk von Kopisten und Fälschern verrichten müssen – und hier in Österreich die Augen davor verschlossen werden.
Jetzt weiß ich schon, Sie von der ÖVP konstatieren: Wir haben Rekordbeschäftigung, wir haben eine Rekord-Wirtschaftssituation!, und wenn ich in Ihrem Denken weitergehe, ist auch die Erde eine Scheibe. – Es ist ein sehr gewichtiges Problem, dass Österreich Zug um Zug einerseits von gefälschten Marken überschwemmt wird, sich andererseits aber in Europa und auch in Österreich längst eine Entwicklung breitgemacht hat, wonach Kopisten und Fälscher auch hier im Land tätig sind.
Ich darf Ihnen kurz aus dem erwähnten Artikel zitieren. Der darin Befragte ist ein gewisser Herr Xu Qiu Lin – ich weiß nicht, ob ich das phonetisch richtig ausspreche –, der weiß, so steht hier zu lesen: „Viele seiner Landleute ... machen Dinge ,die man nicht tun darf’“. – „Was denn?“, wird er vom „Spiegel“ gefragt. – „Prada und Versace ...“ – vielleicht hat er auch gesagt „Plada und Velsace“, ich weiß es nicht – „... sprach’s, lächelte und ging ab!“
Genau das ist die Situation, wo wir Maßnahmen ergreifen müssen, um für Österreich wieder Zug um Zug Gestaltungsmöglichkeiten zurückzuerobern, wo man von der unseligen Entwicklung der Europäischen Union über die WTO-Abkommen bis hin zur Totalglobalisierung wieder Schutzmechanismen Platz greifen lassen muss, wo man auch schauen muss, dass Menschen, die zu uns kommen, dies nicht unter dem Titel erschlichener Visa machen, sondern hier auch sehr wohl wieder Regulative in Gang gesetzt werden, die es möglich machen, den österreichischen Markt zu schützen und vor allem auch im Bereich der Produktpiraterie entsprechende Grenzen zu setzen.
Wir halten es dennoch für gut, ein Berichtswesen zum Thema Produktpiraterie in die Wege zu leiten. Ein Berichtswesen allein aber ist zu wenig, es müssen daraus auch die richtigen Folgerungen getroffen werden. Da muss man die Probleme beim Namen nennen, muss auch die Probleme ansprechen, die sich mit China ergeben, die sich mit erschlichenen Visa-Genehmigungen ergeben, muss sich mit Fälscherwerkstätten in Europa und auch hier in Österreich beschäftigen und in diesem Bereich auch die richtigen Maßnahmen an den Tag legen. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)
13.59
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
14.00
Abgeordneter Sigisbert
Dolinschek (BZÖ): Sehr
geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Konsumentenschutz wird zu einer immer wichtigeren Materie. Auch ich bin
sehr froh darüber, dass es dafür jetzt einen eigenen Ausschuss in diesem Hohen Haus gibt. Die
für Konsumentenschutz zuständigen Sprecher der einzelnen
Fraktionen haben in der Vergangenheit schon sehr, sehr gut zusammengearbeitet.
In unserer
schnelllebigen Zeit, bei der Globalisierung, die wir mit Sicherheit nicht aufhalten
können, auch in Zukunft nicht, wird es notwendig sein, dass man
Mechanismen findet, mit denen man die Kriminalität, die Produktpiraterie
einschränken kann; egal, ob das Fälscherwerkstätten sind oder
anderes, ob in fernen Ländern, anderen Kontinenten oder innerhalb
Europas. (Präsidentin
Dr. Glawischnig-Piesczek
übernimmt den Vorsitz.)
Wir müssen
Regelungen einführen, mit denen Befugnisse der Zollorgane gestaltet werden.
Mit dem Antrag, der jetzt hier eingebracht worden ist – das war in
der vergangenen Legislaturperiode schon ein
Vier-Parteien-Antrag –, wird sichergestellt, dass es einen Bericht
gibt; einen Bericht über Produktpiraterie, den der Bundesminister für
Finanzen dem Parlament vorlegt und auf Grund dessen wir auch vorgehen werden.
Produktpiraterie
hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark auf Markenprodukte und
Luxusgüter beschränkt, jetzt sind es zunehmend auch schon Güter
des täglichen Bedarfs: Lebensmittel, Mobiltelefone, Akkus genauso wie
Kinderspielzeug und Autoteile und sogar lebenswichtige Arzneimittel. Und
wenn das die Verkehrssicherheit, den Gesundheitsbereich oder die Sicherheit
allgemein betrifft, ist das schon sehr bedenklich. Deswegen glaube ich,
dass es sehr wichtig ist, dass wir hier Maßnahmen setzen, die in Zukunft
greifen und die österreichische Bevölkerung und die europäischen
Volkswirtschaften, die Wirtschaft überhaupt schützen. Eine Wirtschaft
kann nur dann leben, wenn sie, was die Sicherheit betrifft, von der Politik
geschützt wird, sodass sie auch wettbewerbsfähig sein kann und nicht
unterwandert wird. (Beifall beim BZÖ.)
14.02
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Zanger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
14.02
Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Dass das Produktpirateriegesetz nicht unbedingt konsumentenfreundlich ist, wurde hier schon dargestellt. Die Wirtschaftspiraterie an sich schädigt die Wirtschaft in einem hohen Maße, und dieses Maß möchte ich anhand eines kleinen Beispiels veranschaulichen.
Aus einem Bericht auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen geht hervor, dass im Jahre 2005 allein im Bereich des Uhren- und Schmuckverkaufs Waren im Wert von über 31 Millionen € einbehalten wurden. – 31 Millionen €, das ist quasi der Umsatzverlust, der unseren heimischen Betrieben entgeht.
Rechnet man dies anhand der Branchenkennzahlen um, so würden sich daraus rund 200 Arbeitsplätze ergeben. – 200 Arbeitsplätze, das ist etwas, das mich gerade jetzt vor Weihnachten und weil ich aus einer Region komme, der es wirtschaftlich nicht sehr gut geht, sehr berührt.
Bei uns gibt es einen Betrieb, der 600 Arbeitsplätze hat, und von diesen sollen auf Grund einer Auslagerung ins Ausland 200 Arbeitsplätze verloren gehen.
Wenn ich jetzt eine kurze Replik auf die eingangs veranstaltete Selbstbeweihräucherungsstunde der ÖVP hinsichtlich Wirtschaft und Innovation mache, so möchte ich mir vorstellen, wie die ÖVP jenen Arbeitnehmern, die in unserer Region um ihre Arbeitsplätze bangen, erklären wird, dass alles so toll und so super ist.
Ganz egal, ob 200 Arbeitsplätze jetzt auf Grund von Wirtschaftskriminalität oder auf Grund einer fehlerhaften Wirtschaftspolitik verloren gehen: Jeder verlorene Arbeitsplatz ist einer zu viel! In diesem Sinne sollten wir der Produktpiraterie Einhalt gebieten – und dafür ist jedes Mittel nützlich, natürlich auch dieser Bericht. (Beifall bei der FPÖ.)
14.04
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise den Antrag 37/A dem Finanzausschuss zu.
Erste Lesung: Antrag
der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl des
Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert
wird (45/A)
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Fichtenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.
14.05
Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich komme auf einen Antrag zu sprechen, der ideologiefrei ist, ein bisschen ambitiös ist und alle Parteien dieses Hauses betrifft. Es geht um ein Herzstück der demokratischen Geschehnisse, um die Nationalrats-Wahlordnung.
Ohne jetzt polemisch auf die Nationalrats-Wahlordnung, insbesondere in Zusammensetzungsagenden der Bundeswahlbehörde zu sprechen zu kommen, gibt dies doch Anlass, eine punktuelle Neuordnung ins Auge zu fassen, die drei Grundsäulen zum Inhalt hat, die ich kurz hervorheben möchte.
Erstens: Anstelle der Bundesregierung soll ein neues, objektiv einzurichtendes Senatsgremium von Berufsrichtern als spezieller Senat eingerichtet werden, der die Mitglieder der Bundeswahlbehörde zu berufen hat. Die Kompetenz hiefür soll also von der Bundesregierung wegkommen, die auf dem Einstimmigkeitsprinzip fußend ihre Beschlüsse zu fassen hat und dadurch zu politisch unkorrekten Beschlussfassungen verleitet werden könnte – ich sage dazu: Neisser bei der letzten Wahl: „Verluderung des Rechtsstaates“. – Also so ein Zustand sollte beseitigt werden.
Ich darf unterstreichen, dass das natürlich völlig unabhängig von der Farbenlehre ist, welche Regierung jeweils am Ruder ist oder welche Opposition davon betroffen sein könnte. Das betrifft für die kommenden Jahre, wie ich schon ausgeführt habe, im Prinzip jede wahlwerbende Partei.
Zweitens: Der Innenminister/die Innenministerin soll nicht mehr Mitglied der Bundeswahlbehörde sein, um – wenn Sie mir einen flapsigen Ausdruck gestatten – politische Durchstechereien nicht mehr zu ermöglichen. Der Innenminister hat die organisatorischen und personellen Vorkehrungen zu treffen, die die Bundeswahlbehörde für die Durchführung der ihr obliegenden Tätigkeit benötigt. Die dafür zuständigen Beamten, die dem Innenministerium zuzurechnen sind, müssten weisungsgebunden gegenüber dem Leiter der Bundeswahlbehörde, der ebenfalls dem Berufsrichterstand entstammt, sein.
Drittens: Bei Unzukömmlichkeiten im Zuge der Nationalratswahl ist man darauf verwiesen, abzuwarten, bis die Wahl erledigt ist und nachher gegebenenfalls eine Wahlanfechtung gemäß Artikel 141 der Bundesverfassung ins Auge zu fassen. Das ist ein Schwebezustand, der ungut ist.
Es würde also ein Erfordernis sein, etwas Neues
einzuführen, und zwar Zwischenentscheidungen etwa der
Bundeswahlbehörde, zum Beispiel über Listenreihung, über Listenbesetzung,
vor
der Durchführung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof anfechten zu können.
Der Vorschlag
lautet dahin gehend: Die Anfechtungserklärung müsste innerhalb knapper
Frist – acht Tage – erfolgen, und der Verfassungsgerichtshof
müsste binnen 14 Tagen entscheiden.
Diese drei
Säulen würden einer vernünftigen Erneuerung, die, wie ich
wiederhole, reinen modellhaften Charakter für eine Demokratie-Organisation
haben und ideologiefrei sein müssen, guttun. Ich werbe daher um
möglichst breite Zustimmung in diesem Haus und danke für die
Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)
14.09
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.
14.09
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Der vorliegende Antrag ist in der Tendenz richtig. Er ist vielleicht nicht in der detaillierten Ausformulierung zu unterstützen, aber mit der Tendenz können wir uns alle, glaube ich, einverstanden erklären.
Ich glaube auch, dass es notwendig wäre, das Auswahlverfahren zu objektivieren. Da haben wir Handlungsbedarf, man hat gesehen, dass es vielleicht nicht so klappt, wie es klappen sollte.
Meiner Meinung nach ist die Tendenz, das vom Innenminister abzurücken, auch unterstützenswert, und ganz besonders – da hat man ja wirklich das Fehlen einer rechtlichen Bestimmung stark gemerkt –, dass man innerhalb des Wahlvorgangs oder der Wahl selbst in der Lage sein muss, Entscheidungen rechtzeitig herbeizuführen, um keinen Schwebezustand zu haben, wo erst nach der Wahl entschieden werden kann und dann vielleicht die ganze Wahl ungültig ist.
Ich glaube, wir sollten in diese Richtung arbeiten. Ich kann
Ihnen hier die Unterstützung meiner Fraktion zusichern, über die
genaue Formulierung muss man sich noch Gedanken machen. Ich denke aber,
dass das eine Materie ist, die von allen Parteien in diese Richtung getragen
werden sollte, weil das eine vernünftige Neuregelung wäre, und ich
hoffe, dass wir hier zu einem breiten Konsens kommen. (Beifall bei der
SPÖ.)
Eine weitere
Bemerkung möchte ich noch machen. Man sollte bei dieser Gelegenheit nicht
nur die Auswahl und die Kompetenz der Bundeswahlbehörde regeln und die Anrufung
an den Verfassungsgerichtshof, sondern man sollte auch eine Klarstellung der
Begriffe „Wahlparteien“ und „politische Parteien“
treffen, damit man in Zukunft hier eine rechtliche Regelung hat und nicht
Interpretationsspielräume, die letztendlich zu Schwierigkeiten führen
können. Das ist sicher im Interesse aller, die sich an einer Wahl
beteiligen, und ich glaube, man sollte, wenn man eine Änderung
durchführt, auch das regeln.
Ich kann Ihnen sagen, dass wir für solche Gespräche sehr offen sind und in jede Richtung mitwirken werden. In diesem Sinne danke ich. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Abg. Öllinger: Passt!)
14.12
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Freund. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.
14.12
Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die FPÖ strebt mit diesem Antrag eine Änderung des Bundesgesetzes über die Nationalrats-Wahlordnung an.
Für mich ist es viel wichtiger, dass wir uns hier,
bevor wir uns darüber unterhalten, wer künftig Bundeswahlleiter ist,
wer die Bundeswahlbehörde beruft und wie schnell man einen Beschluss
dieser beeinspruchen kann, über die längst überfällige
Einführung der Briefwahl unterhalten. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr
geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, es liegt in unser aller Interesse,
dem ständigen Sinken der Wahlbeteiligung entgegenzuwirken. Ein wichtiger
Schritt wäre die Möglichkeit der Stimmabgabe mittels Brief bei allen
bundesweiten Wahlen, auch bei Landtags- und Gemeinderatswahlen. (Abg.
Dr. Wittmann: Themenverfehlung!)
Ich darf daran erinnern, dass bei den letzten Nationalratswahlen 23 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht nicht Gebrauch machten. (Abg. Sburny: Da müsst ihr einen eigenen Antrag einbringen, wenn ihr das diskutieren wollt!) Von den 52 000 Auslandsösterreichern haben sogar nur etwa 19 000 ihre Stimme abgegeben. Das, meine sehr geschätzten Damen und Herren, erfordert Maßnahmen.
Die Welt und damit unsere gesamte Gesellschaft verändern sich ständig. Die Menschen werden immer mobiler, und die Österreicherinnen und Österreicher können
sich – Gott sei Dank – Auslandsreisen leisten. Aber auch für andere, die beruflich unterwegs sind (Abg. Dr. Wittmann: Falsche Rede!), ist es oft schwierig, am Wahltag nach Hause zu kommen. Gerade diesen Menschen sollte man entgegenkommen, indem man das Wahlrecht entsprechend ändert.
Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Bei der Briefwahl würde das so aussehen (Abg. Öllinger: Zum Antrag, bitte!), dass der Briefwähler den von ihm gekennzeichneten Stimmzettel im Wahlkuvert verschließt und auf der Wahlkarte die eidesstattliche Erklärung unterschreibt. Damit bestätigt der Wähler, dass er den Stimmzettel persönlich und unbeobachtet gekennzeichnet hat. So wird dann das Wahlkuvert mit der Briefwahlkarte auf dem Postweg an die Bezirkswahlbehörde gesandt und langt spätestens um 12 Uhr des Wahltages dort ein. (Abg. Dr. Wittmann: Falsche Rede!) Damit würde auch das Wahlergebnis am selben Tag feststehen.
Wir von der ÖVP treten seit vielen Jahren für die Briefwahl ein, und ich darf noch einmal die Vorteile aufzählen:
Erstens: Die Stimmabgabe im Ausland wird vereinfacht. (Abg. Dr. Wittmann: Falsche Rede!)
Zweitens: Keine Wählergruppe wird mehr wegen ihrer Abwesenheit am Wahltag von der Stimmabgabe ausgeschlossen.
Drittens: Das Wahlergebnis stünde noch am Wahltag endgültig fest.
Bisher hat dies die SPÖ immer abgelehnt mit dem
Argument ... (Abg. Öllinger:
Sie sprechen ja von einem anderen Thema! – Abg. Sburny: Von einem anderen Antrag, den Sie nicht eingebracht
haben!) – Das gehört natürlich auch zur
Nationalrats-Wahlordnung und ist im Gesamtkomplex zu diskutieren. Deshalb
spreche ich die Briefwahl an. (Abg.
Dr. Wittmann: Falsche Rede!)
Ich weiß, dass es für Sie, Herr Kollege
Öllinger, keine Bedeutung hat, auf die Wünsche der Bevölkerung
einzugehen, und so beschäftigen wir uns eben damit. (Beifall bei der
ÖVP. – Abg. Sburny:
Warum waren Sie nicht in der Lage, einen eigenen Antrag ...?)
Meine sehr
geschätzten Damen und Herren! Ich habe unseren Vorschlag vorhin skizziert,
und es ist auch in anderen Ländern gang und gäbe, mittels Briefwahl
die Wahlbeteiligung entsprechend zu erhöhen.
In den letzten Tagen gab es in den Medien einige Anzeichen, dass sich die Einstellung der SPÖ zu diesem Thema verändert hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.) Ich hoffe sehr, dass es nun endlich zu einem Konsens kommen kann. Wir brauchen in Österreich ein einfaches und wählerfreundliches, aber auch vor Missbrauch sicheres System. Ich bin überzeugt davon, dass dies mit dem Vorschlag der ÖVP gegeben wäre. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
14.16
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
14.16
Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Kollege Freund, ich nehme zur Kenntnis, dass Sie entweder keine Lust hatten oder nicht in der Lage waren, den Antrag zu lesen, der vorliegt, oder dass Sie keine Lust gehabt haben, einen eigenen Antrag einzubringen, und sich gedacht haben, Sie sprechen über das, was Sie interessiert, halt irgendwo. – Okay. (Zwischenruf des Abg. Freund.) Wir wissen daher nicht, welche Position die ÖVP vertritt, aber das ist vielleicht auch nicht so wichtig, wenn sich die anderen einig werden.
Es stimmt, dass die Situation in der Bundeswahlbehörde vor den Nationalratswahlen äußerst unbefriedigend war und dass im Zusammenhang mit der Abspaltung des BZÖ von der FPÖ ziemliche Unklarheiten entstanden sind, unter denen wir bei diesen Debatten gelitten haben.
Die Frage ist, was die Ursache dieser Unklarheiten und dieser Debatten war. Und ich gebe Ihnen Recht, Herr Dr. Fichtenbauer, dass eine Ursache sicher war, dass die Regierung die Mitglieder der Bundeswahlbehörde bestellt und daher nicht wirklich überraschend war, dass die Regierung sozusagen den einen Regierungspartner bevorzugt hat und Interessen des Regierungspartners unterstützt hat, statt da ganz objektiv zu handeln.
In dieser Sache stimme ich mit Ihnen überein, dass es gut wäre, sich eine andere Lösung zu überlegen. Die Sache mit dem Senat ist meiner Ansicht nach diskussionswürdig – ob es jetzt genau die ist oder eine ähnliche, darüber können wir noch diskutieren.
Die grundlegenden Probleme, die zustande gekommen sind, sind, meine ich, durch Gesetzesunklarheiten entstanden, und zwar auf zwei Ebenen:
Einerseits bestanden Unklarheiten, was die Rechtsnachfolge betrifft – das ist schon vom Kollegen Wittmann angesprochen worden –, und da war die Frage die: Wer ist die Rechtsnachfolgerin der FPÖ bei diesem sehr diffizilen Problem? Was heißt „politische Partei“ und was heißt „wahlwerbende Partei“? – Da waren sich auch viele Experten und Expertinnen nicht einig.
Im zweiten Fall war es die Namensfrage, ob eine Partei in jedem Bundesland unter demselben Namen antreten muss beziehungsweise wie das dann berechnet wird.
Das heißt, in beiden Fällen würde es darum gehen, das Gesetz zu ändern, und zwar so zu konkretisieren, dass es nicht zu völlig unterschiedlichen Interpretationen kommen kann, wie das eben diesmal passiert ist.
Was ich – offen gestanden – in Ihrem Antrag ein bisschen problematisch finde, ist die Unterstellung, dass die Beamten politisch, parteipolitisch agiert hätten. Sie waren dabei, Sie haben es erlebt: drei Gutachten von Juristen – vier Meinungen. Und dann den Beamten zu unterstellen, sie hätten da irgendetwas parteipolitisch gemacht, finde ich ein bisschen übertrieben. Nicht einmal wir waren uns ganz sicher, wie das ganze Ding ausgehen soll. Ich finde, die Beamten haben ihre Arbeit dort gut gemacht. Die einzige Intervention war die in Bezug auf den Namen, die meiner Meinung nach etwas überstürzt und nicht ganz korrekt berichtet wurde, aber im Prinzip haben sich die Beamten sehr bemüht, in diesem ganzen Wirrwarr irgendwie noch den Überblick zu bewahren.
Aus meiner Sicht gehören zu dem, was Sie da
vorschlagen, jedenfalls auch diese beiden Gesetzesänderungen dazu,
die wir noch entsprechend einbringen sollten. – Danke. (Beifall
bei den Grünen.)
14.19
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.
14.19
Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antragsteller hat hier eine Diskussion rund um die Nationalrats-Wahlordnung begonnen – das ist gut so. Wir haben ja auch schon im Verfassungskonvent sehr ausführlich über Änderungen im Wahlrecht gesprochen. Ich glaube, einer meiner Vorredner von der ÖVP hat diese Debatte auch dazu genützt, über die Briefwahl zu diskutieren.
Wir könnten auch über das Wahlalter diskutieren, wir könnten durchaus auch über die Frage des Wahlrechts an und für sich, auch über die Zuordnung der Mandate diskutieren, denn eines bei dieser ganzen ... (Abg. Öllinger: Über die Ortstafeln!) – Wir können auch über die Ortstafeln diskutieren, Kollege Öllinger – sehr gut!
Übrigens ist das ein guter Hinweis, denn jetzt, wo es da anscheinend eine neue Koalition geben würde, gibt es vielleicht dann doch eine Einigung in dieser wichtigen Frage. Wir wären ja bereits sehr weit gewesen. Sie wollten nicht zustimmen. Wir hätten eine dauerhafte Lösung gehabt, die aber am Veto der SPÖ aus parteipolitischen Gründen gescheitert ist. Vielleicht schaffen wir auch das noch.
Vielleicht schaffen wir dann auch eine Modernisierung des Wahlrechts in den verschiedensten Bereichen. Zum Beispiel nimmt man am dritten Ermittlungsverfahren, an der Zuordnung von Mandaten teil, wenn man in einem Wahlkreis ausreichend Stimmen für ein Grundmandat erreicht, in der dritten Ebene nimmt man teil, wenn man flächendeckend über der Grenze von 4 Prozent ist, aber wenn man in einem Landeswahlkreis, in einem Bundesland ausreichend Stimmen für ein Grundmandat hätte, nicht aber in einem Wahlkreis und nicht bundesweit, dann reicht das für die Zuweisung von Mandaten nicht aus.
Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen, über die man durchaus diskutieren kann. Man kann auch über die Bundeswahlbehörde diskutieren. Herr Kollege Fichtenbauer, eines gefällt mir nicht: Sie haben da gleich wieder diese „Schlenkerer“ gemacht, die noch dazu falsch sind. Berechtigterweise kann man diskutieren, dass diese merkwürdige Unterscheidung zwischen Wahlpartei, politischer Partei, im Parlament vertretener Partei, in Klubstärke vertretener Partei in Wahrheit zu verschiedenen Problemen und Interpretationsunterschieden geführt hat. Darüber muss man reden, dass diese Unterscheidung, die vielleicht historisch einen Sinn gehabt hat, einmal geändert wird. Der historische Gesetzgeber wollte damit zum Ausdruck bringen, dass letztlich in verschiedenen Bereichen am Parlamentarier, am Kandidaten und nicht so sehr an der politischen Partei angesetzt werden soll. Das hat eben zu einer Grauzone, zu Interpretationsschwierigkeiten geführt und gehört geändert.
Sie selbst vermischen das ja in Ihrer Begründung. Ihnen ist der Unterschied offenbar auch nicht so ganz klar, was aus Ihrer Wortmeldung bezüglich der Bundeswahlbehörde hervorgeht. Gerade bei der Bundeswahlbehörde brauchen Sie sich nicht zu beschweren, denn diese steht, wie ich glaube, durchaus gegen unsere Meinung, hat aber klare Entscheidungen – in manchen Fällen, etwa beim Listenplatz auch für Sie – getroffen.
Man könnte jetzt wieder die unabhängigen Gerichte kritisieren, die etwa uns untersagt haben, dass wir unseren Namen, der uns auch von den Landeswahlbehörden zugewiesen wurde, bewerben dürfen. Das ist eigentlich ein demokratiepolitisches Problem, dass man mit einem Listennamen zwar kandidieren darf, aber in einer Wahlbewegung den Listennamen nicht bewerben darf. Das sind Dinge, die hier zu kritisieren wären – aber wir haben gesagt: Gut, Schwamm drüber! Schauen wir in die Zukunft!
Wenn Sie aber schreiben, das BZÖ sei Rechtsnachfolger der FPÖ geworden, dann sage ich Ihnen, dass das falsch ist. Das ist schlicht und einfach falsch! Der Parlamentsklub, der sich konstituiert hat, wurde als Rechtsnachfolger auch des vorigen Parlamentsklubs gewertet. Das ist aber ein gravierender Unterschied. Das ist eben genau der Unterschied zwischen der Wahlpartei, die sich eben in den Abgeordneten, die auf einer Liste kandidiert haben, repräsentiert, und der politischen Partei. Diese Unterscheidung treffen Sie auch nicht. Bei dieser Unterscheidung würden wir uns finden, denn dann wären viele Probleme, die wir beide in den letzten Monaten hatten, gelöst.
Abgesehen davon ist die Zusammensetzung der Wahlbehörden, wie sie jetzt ist, meiner Meinung nach durchaus in Ordnung ist. Den Beamten zu unterstellen, dass sie be-
fangen seien, halte ich für nicht gerechtfertigt. Die Richter sind entsprechend vertreten und haben auch in vielen Bereichen – ich sage noch einmal: zu unseren Lasten – den Ausschlag bei den verschiedenen Entscheidungen gegeben. Ich glaube, das war durchaus korrekt. Wenn man irgendjemandem mangelnde Korrektheit vorwirft, dann müssten wir uns an der eigenen Nase nehmen, denn wir – die Parteien letztlich – nominieren ja die Vertreter.
Rechtsklarheit sollte man schaffen, aber gleich das ganze Kind mit dem Bade auszuschütten, ohne die wirkliche Problematik, nämlich die Unterscheidung zwischen Wahlpartei und politischer Partei vorzunehmen, hielte ich für verfehlt.
Ich hoffe doch, dass dann, wenn wir endlich wieder eine Regierung haben werden, alle Ankündigungen auch umgesetzt werden, dass etwa bei der großen Verfassungsreform, auf die wir alle schon so lange warten und an der wir so lange schon gearbeitet haben – leider umsonst, weil Sie damals noch in Opposition waren und nicht bereit waren, mitzustimmen –, auch die Frage der Modernisierung des Wahlrechts einer Lösung zugeführt werden wird. Im Gegensatz zu Ihnen werden wir auch in der Opposition konstruktiv mitarbeiten, und wenn es etwas Gescheites gibt, dann werden wir auch unsere Zustimmung geben. Das werden wir allerdings noch sehen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Parnigoni: Das haben wir doch auch getan!)
14.24
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.
14.25
Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Kollege Scheibner, wir haben auch – wo ist er hingegangen? (Abg. Lentsch: Der sitzt auf seinem Platz!) – durchaus konstruktiv mitgearbeitet, eine Reihe von Gesetzen sind auch in unserer Oppositionszeit mit unseren Stimmen beschlossen worden, aber es ist überhaupt keine Frage, dass natürlich im Vorfeld der Nationalratswahl 2006 eine Verwirrung bei den Wählern über die Frage geherrscht hat, inwieweit dem BZÖ ein Sitz in der Bundeswahlbehörde einzuräumen ist und das etwa von der Regierung damit begründet worden ist, dass das irgendwie die Rechtsnachfolge der FPÖ sei.
Das ist eine Debatte, die ja beendet ist. Viele Menschen haben mich aber angesprochen, weil sie gemeint haben, die Bundesregierung sei nicht imstande, die Wahlen richtig vorzubereiten. Es ist ja wirklich ein wenig problematisch, dass es unterschiedliche Vorgangsweisen etwa bei den Bezeichnungen auf den Landeswahllisten gab.
Mir ist im Besonderen Folgendes sehr unangenehm aufgestoßen: Man hat vor allem die Beamten des Innenministeriums zum Teil als Dilettanten bezeichnet und sie zum Teil als Verräter und anderes mehr beschimpft. Das halte ich wirklich für eine Vorgangsweise, die nicht zu akzeptieren ist, und ich meine, das muss man auch zurückweisen. Ich glaube, die Beamten haben hervorragend gearbeitet, und dafür muss man ihnen auch Dank aussprechen.
Meine Damen und Herren, was auch immer passiert ist: Aus Fehlern soll man lernen. Der Antrag des Abgeordneten Fichtenbauer und seiner Kollegen ist als ein Beitrag in der Debatte zu sehen, einer Debatte, die sinnvoll geführt werden soll. Ich verstehe die Vorgangsweise der FPÖ und kann nachvollziehen, dass sie auf Grund der Vorkommnisse Änderungen vorschlägt.
Wir werden uns im Ausschuss sehr ernsthaft mit dieser Frage auseinander setzen. Ich glaube, Kollege Wittmann hat schon angedeutet, es geht uns einfach darum, dass man vielleicht kein eigenes Organ schaffen muss, wofür man aber jedenfalls sein muss, ist, dass es neue Formen des Rechtsschutzes geben muss und dass man überlegen
muss, inwieweit man schon im laufenden Wahlverfahren etwa den Verfassungsgerichtshof zu entsprechenden Klarstellungen anrufen kann.
Ich halte das für eine wichtige Frage. Es geht vor allem darum, dass die Bevölkerung Klarheit hat und dass auch die wahlwerbenden Parteien und die Kandidaten klar wissen, was da passieren soll.
Dem Kollegen Freund kann ich nur sagen, er kann versichert sein, dass wir uns sehr massiv dafür einsetzen werden, dass das Wahlrecht der 16-Jährigen kommt. Wir werden uns diesbezüglich sehr bemühen. Ich halte das für mindestens so wichtig wie andere Bereiche. Kollege Freund hat sich offenbar zurückgezogen, aber wir sind dennoch interessiert, zu hören, wie die ÖVP zu diesem Antrag steht. Da noch die Redebeiträge der Kollegen Großruck und Murauer folgen, bin ich guter Hoffnung, dass sie uns das noch erklären werden und nicht nochmals eine Abhandlung über die Briefwahl vorbringen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Wir werden das erklären!)
14.28
Präsidentin Dr. Eva
Glawischnig-Piesczek: Als
Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Großruck.
4 Minuten freiwillige
Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort. (Rufe bei der SPÖ – in
Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Großruck –:
Vierzeiler! – Abg. Öllinger:
Ein Hoch auf die große Koalition als Vierzeiler! Das wünschen wir
uns!)
14.28
Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Karl Öllinger! Hohes Haus! Es ist zweifelsohne jedem, der hier sitzt, klar, dass das Wahlrecht und die objektive Durchführung einer Wahl eines der höchsten demokratischen Güter ist. Wir sehen bei Ländern, die sich in Entwicklung befinden, wo wir als Wahlbeobachter hinfahren, wie schwer sie sich tun, ein Wahlrecht zu haben, das objektiven Kriterien standhält, geschweige denn in der Erstellung der Wählerliste, in der Auszählung der Stimmen und so weiter an die Standards heranzukommen. Man sieht aber eine äußerst positive Entwicklung. Da sind wir in Österreich Gott sei Dank, muss ich sagen, schon sehr viel weiter, wenngleich es auch immer zu hinterfragen gilt: Gibt es etwas zu ändern?
Der Antrag der FPÖ wäre meiner Ansicht nach eine klassische Anlassgesetzgebung aus diesem einen Fall heraus, und ich denke, so einfach sollten wir es uns nicht machen, dass wir sagen: Jetzt ändern wir das!, denn es gibt sehr wohl auch viele andere Wünsche an die Nationalrats-Wahlordnung.
Mein Freund Karl Freund hat es bereits erwähnt: Wie schaut es beispielsweise mit der Briefwahl aus? – Diese gehört in einem gesamten Paket diskutiert und meiner Meinung nach auch eingeführt. Es gehört über die Forderung der SPÖ „Wählen ab 16“ diskutiert, wobei wir in Umfragen von Jugendlichen wissen, dass das nicht ihr Hauptthema und ihr Hauptproblem ist. – Aber auch darüber muss man reden.
Da gehört über moderne Formen der Stimmabgabe diskutiert, über E-Voting, vor allem aber auch über die Briefwahl. Über diese gehört nicht nur diskutiert, sondern sie gehört endlich einmal eingeführt, denn es geht nicht an, dass viele österreichische Staatsbürger von ihrem Wahlrecht durch organisatorische oder gesetzliche Maßnahmen ferngehalten werden.
Es hat sich eben herausgestellt, dass die Form der Stimmabgabe im Ausland, wie sie in der Vergangenheit war – wo man einen Zeugen brauchte und teilweise zu österreichischen Vertretungen gehen musste –, nicht so lückenlos und klaglos geklappt hat, wie das der Gesetzgeber vielleicht gewollt hätte. Es ist sehr kompliziert. Da machen wir
es lieber einfacher und führen die Briefwahl ein. Vereinfachen wir es ganz und entziehen wir nicht einem Teil der Österreicher ihr Stimmrecht!
Es geht weiter: Wie die Wählerevidenz geführt wird, wie die Gemeinden Verwaltungsvereinfachungen durchführen können, muss man ebenso hinterfragen wie, ob es sinnvoll ist, wenn das Wählerverzeichnis zehn Tage hindurch mindestens 4 Stunden pro Tag aufgelegt werden muss – auch am Samstag und Sonntag –, wo die Erfahrung zeigt, dass am Samstag und Sonntag kein Mensch hinkommt, dass wir nur Bürokratie erzeugen – nicht mehr. Auch darüber muss man diskutieren.
Es gibt also viele Ansätze in einem gemeinsamen Paket, das diskutiert werden soll, Änderungen herbeizuführen. Da muss man über alles diskutieren, alles offenlegen, aber eine Anlassgesetzgebung, wie sie dieser Vorschlag jetzt beinhaltet, ist – wie ich glaube – nicht das Zielführende. Da gehört ein ganzes Paket geschnürt.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Weihnachten ist das Fest des Wünschens und des Friedens. Ich könnte mir vorstellen, wie sich Herr Cap seine Weihnachtswünsche vorstellt:
Ich wünsche, liebes Christkindlein,
Lass uns bald Bundeskanzler sein.
Und schicke uns das ganze Geld,
Das uns für unsere Wünsche fehlt.
Das wünsche ich dem Christkind und Ihnen, Herr Cap. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Das war okay!)
14.32
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek:
Wieder einen Vers wir hörten,
und kein Zwischenruf ihn störte.
Als Nächster nun am Pult ganz groß
ist Herr Abgeordneter Brosz.
Bitte, Herr Abgeordneter. (Allgemeine Heiterkeit und Beifall.)
14.32
Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag hat ja klarerweise einen berechtigten Hintergrund, denn so, wie die Wahlbehörden getagt haben, wie die öffentliche Diskussion rund um die Entscheidungsfragen: Wer ist die Nachfolgepartei? Wer darf in der Bundeswahlbehörde vertreten sein?, gelaufen ist, hat sich die Politik – so glaube ich – nichts wirklich Gutes getan. Der Sinn müsste wohl sein, dass es in erster Linie klare Regelungen in den Gesetzen gibt. Dass die Bundeswahlbehörde interpretieren muss, welcher Partei ein Recht zusteht, in die Bundeswahlbehörde zu entsenden, ist nicht nötig. Das kann man im Gesetz klar festlegen.
Das Problem ist aus diesen verschiedenen Formen von wahlwerbender Partei und von politischer Partei entstanden. Selbst bei der Frage der Nachbesetzung der Volksanwaltschaft war das nicht alles so eindeutig: Auch da wäre es ziemlich klar und eindeutig, festzulegen, welche Partei die Möglichkeit hat, zu entsenden.
Ich finde, das Erste, was wir wirklich schauen müssen, ist, dass wir in diesen Bereichen Klarheit in den Gesetzen schaffen! Eine Wahlanfechtung wird es immer geben können, aber das ist etwas, was das Parlament machen kann. (Beifall bei den Grünen.)
Zum zweiten Punkt – dieser fehlt mir in diesem Antrag auch – hat unser Klubobmann einen Antrag eingebracht, nämlich hinsichtlich der Frage der Nationalrats-Wahlordnung
und der Möglichkeit, die Parteien zu benennen. Das kommt nämlich da auch nicht vor. Die große Streitfrage war ja dann: Kann der Bundeswahlvorschlag sich von Landeswahlvorschlägen unterscheiden? (Abg. Ing. Westenthaler: Da habt Ihr Erfahrung!) Auch da wäre es wohl sinnvoll, Klarheit zu schaffen und das nicht im Nachhinein zu behandeln – bis zu der Frage, ob eine Partei, die dann 4,11 Prozent – glaube ich – gehabt hat, möglicherweise durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes auch aus dem Parlament fallen kann.
Es hat niemand diese Klage oder diese Wahlanfechtung in dieser Form eingebracht – nämlich genau wegen dieser Problematik. Es kann aber nicht so schwierig sein, im Gesetz klarzumachen: Kann er sich unterscheiden oder kann er sich nicht unterscheiden? – Dazu war unser Vorschlag, klarzumachen, dass Bundeswahlvorschlag und Landeswahlvorschläge in der Zukunft – was immer die Vergangenheit war! – identisch sein sollten und diese Unterscheidungsmöglichkeit keinen Sinn macht, damit man sich diese Streitfragen dann erspart.
Dritter Punkt – zu dem aktuellen Antrag, der hier vorliegt: Über Zusammensetzungen, wer stimmberechtigt ist, kann man mit Sicherheit diskutieren. Man sollte – so glaube ich – nur nicht der Meinung sein: Wenn dort entsandte Richter sind, ist das alles eindeutig. Ich glaube, die vier Gutachten der zwei Richter beinhalteten acht Meinungen. Was von dort gekommen ist, war sehr schwierig zu handhaben, von einer gemeinsamen Linie ganz zu schweigen.
Zu glauben, nur weil dort Richter sind, kann es nachher keine Wahlanfechtung mehr geben, halten wir auf Grund der Erfahrungen des letzten Wahlkampfes für eine sehr übertriebene Hoffnung – sollte sie bestehen. Eine Wahlanfechtung ist immer möglich, man wird das auch nicht herausnehmen können.
Die Schwierigkeit, die der Antrag insbesondere hat, ist die Frage: Kann man im laufenden Verfahren den Verfassungsgerichtshof anwerben, kann man dort hingehen und kann man Entscheidungen verlangen? – Wir glauben, so wird es einfach nicht gehen können, weil der gesamte Fristenlauf ja aufgemacht wird.
Es gibt die Entscheidung der Landeswahlbehörde, die bei der Bundeswahlbehörde angefochten werden kann. Dann hat man acht Tage nach dem Antrag Zeit, um beim Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde einzubringen, und dieser hat zwei Wochen Zeit, um zu entscheiden. – Das sind 33 Tage im gesamten Fristenlauf, die dafür möglich wären.
Nur: Der Verfassungsgerichtshof entscheidet ja nicht, er verweist ja wieder an die Behörde zurück! Die Behörde fasst eine neue Entscheidung – dann beginnt wieder die Möglichkeit der Einspruchsfrist. Selbst wenn man das auslässt und sagt, es darf dann nicht mehr beeinsprucht werden: 33 Tage sind in einem Wahlvorgang nicht durchführbar, das ist vom Fristenlauf nicht machbar! Damit hält der Wahltag schlicht und einfach nicht! – Der Wahltag hat ja nach einer gewissen Frist zu folgen, nämlich nachdem das in der Bundeswahlbehörde erfolgt ist.
Der Schwerpunkt ist daher klar zu setzen: Die Gesetze müssen so eindeutig wie möglich sein, die Unsicherheiten sollten so weit wie möglich entfernt werden.
Zu den Fristen des Verfassungsgerichtshofes: Es ist im Übrigen ja auch bei der Wahlanfechtung nicht wirklich geklärt, wie schnell sie erfolgen muss. Auch das wäre jetzt im Nachhinein die Frage gewesen, dass man bezüglich einer Wahlanfechtung überlegt: Gibt es eine bindende Frist? – Das wäre sinnvoll, da sonst der Nationalrat ja ebenfalls gebunden ist.
Das im Vorhinein zu klären, wird – so denken wir – schwierig sein, aber im Ausschuss werden wir genauer darüber reden. (Beifall bei den Grünen.)
14.37
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Murauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.
14.37
Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! In aller Kürze: Natürlich ist es notwendig, über Wahlrecht zu diskutieren und auch eine Änderung vorzuschlagen, und ich denke, dass die einzelnen Positionen, die der Antrag vorsieht, entsprechend diskutiert gehören.
Wenn Frau Sburny gemeint hat, sie weiß nicht, was die
Österreichische Volkspartei im Zusammenhang mit der Briefwahl gerne
möchte, dann darf ich auf die Diskussion der neuen Verfassung hinweisen.
Vielleicht blättern Sie nach, damit Sie sehen, welche Vorstellungen zur
Briefwahl die Österreichische Volkspartei hat. (Abg. Sburny: Was der Herr
Freund ...! Sie haben nicht zugehört!)
Ich denke, es ist schon richtig, dass wir in diesem Zusammenhang auch über die Briefwahl reden, nämlich dass wir über viele Jahre die Möglichkeit zur Einführung der Briefwahl in unserem Land vermissen, dass es nicht möglich war, die Sozialdemokratische Partei dazu zu bringen, die Briefwahl einzuführen. Meine Damen und Herren! Die Nicht-Wähler waren bei der letzten Nationalratswahl bereits die drittstärkste Partei – wenn man es so nennen will. Das heißt, immer mehr Wähler fühlen sich veranlasst, nicht zu wählen, sind aber auch unterwegs.
Und wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass in dieser mobilen Gesellschaft immer mehr Menschen unterwegs sind, nicht am Wahlort sind, und dass diese Menschen dann oft nicht wählen können. Wenn Gemeinderatswahl ist und man im anderen Ort ist, kann man in der einzelnen Gemeinde nicht wählen – Sie kennen das! Oder wenn man sich bei der Landtagswahl in einem anderen Land aufhält, kann man nicht wählen und ist ausgeschlossen. – Und das kann es nicht sein!
In vielen anderen vergleichbaren Ländern mit ähnlichen demokratischen Systemen oder vielleicht sogar minderen Demokratie-Verhältnissen hat man nicht nur die Briefwahl zur Selbstverständlichkeit über Jahre hinweg erhoben, sondern auch die elektronische Möglichkeit, das E-Voting, bereits in Erprobung – und das in Großbritannien, Frankreich und der Schweiz! Da eröffnen sich Möglichkeiten, der Demokratie breiteren Raum zu geben und es den Wählerinnen und Wählern zu erleichtern, in einer Gesellschaft, wie wir sie heute vorfinden, wählen gehen zu können.
Wenn wir auf der einen Seite nicht in der Lage sind, unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Ausübung des Wahlrechts entsprechend zu erleichtern und die Hürden zu dieser Möglichkeit abzuschaffen, also auf der einen Seite Schwierigkeiten für den österreichischen Staatsbürger zu beseitigen, dann können wir auf der anderen Seite nicht die Forderung aufstellen, die Ausländer, die nicht Staatsbürger sind, wählen zu lassen – also das steht in keinem Verhältnis!
Seit vielen Jahren liegt der entsprechende Vorschlag der Österreichischen Volkspartei hier im Parlament auf. Meine Damen und Herren, wenn wir über Wahlrechtsreform und Erneuerung in diesem Zusammenhang reden, dann möchte ich es nicht verabsäumen, Sie zu ersuchen, dass wir den Missstand, nicht mittels Briefwahl wählen zu können, endlich abstellen! (Beifall bei der ÖVP.)
14.40
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Danke, Herr Abgeordneter. Sie waren der Letzte auf der Rednerliste zum 6. Punkt der Tagesordnung.
Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise den Antrag 45/A dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zu.
7. Punkt
Erste Lesung: Antrag
der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine monatliche Unterstützung
für Frauen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, als Anerkennung
für die Erziehung ihrer Kinder geschaffen wird (31/A)
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Westenthaler. – Bitte.
14.41
Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch immer gibt es in Österreich Frauen, die über 60 Jahre alt sind und nicht pensionsversorgt sind. Es sind dies – je nach Lesart und Kategorieart – mindestens 55 000 bis zu 170 000 Frauen, wenn man es großzügig erfasst. Wir haben 55 000 antragsbegründet, die tatsächlich keine Pensionsversorgung haben, weil sie Kinder erzogen haben, und zwar in einer sehr schwierigen Zeit, weil sie letztlich unsere Elterngeneration – wenn ich das aus meiner Warte so sagen darf – großgezogen haben, und das unter großem persönlichen Einsatz.
Wir haben dieses jahrzehntelange sozialpolitische Defizit, das es gegeben hat, in der letzten Pensionsreform zumindest korrigiert, verbessert, indem wir dank des Vorschlags unserer Sozialministerin Ursula Haubner die Kindererziehungszeiten in die Pensionszeiten anrechenbar gemacht und hier eine Verbesserung der Situation geschaffen haben. Aber wir haben die Vergangenheit betreffend das Problem, dass wir die Erziehungsarbeit der über 60-jährigen Frauen, die der Nachkriegsgeneration angehören, noch gar nicht berücksichtigt haben. Es geht dabei um Frauen, die wirklich Großartiges geleistet haben, die Kinder großgezogen und dafür letztlich nichts anderes als eine Benachteiligung bekommen haben, nämlich dafür, dass sie ihre gesamte Zeit investiert haben, viel Energie investiert haben, um unsere Elterngeneration großzuziehen, Frauen also, die nichts machen konnten, um sich Pensionszeiten zu sichern.
In Kärnten hat es erstmals dieses Modell bereits im Jahr 2005 gegeben, wo es in Form einer Einmalzahlung von 150 € zur Auszahlung des so genannten Müttergeldes für Mütter über 60, die keine Pension haben, gekommen ist. Bis ein Jahr danach, bis Mitte 2006 sind bereits 11 000 Auszahlungen sozusagen über die Bühne gegangen.
Man muss sich vorstellen, was das bedeutet. Ich war selbst einmal in Kärnten dabei, als es zum Teil zu berührenden Szenen kam, als Frauen, die überhaupt nichts haben, die nicht einmal wissen, wie sie ihren Tagesablauf finanzieren sollen – das ist wirklich unglaublich! –, diese Einmalzahlung von 150 € bekamen. Man kann sich nicht vorstellen, was es da für ein Strahlen, für eine Freude bei diesen Frauen darüber gibt, dass ihnen geholfen wird.
Wir glauben, dass das eine Lösung für ganz Österreich wäre. Wie gesagt, es betrifft 55 000 Frauen, wenn wir es so anlegen, wie es in unserem Antrag vorgesehen ist. Diese Frauen sollen 150 € zwölf Mal im Jahr bekommen. Sie müssen natürlich österreichische Staatsbürgerinnen sein – keine Frage –, die mindestens ein Kind großgezogen haben. Die Kosten dafür würden sage und schreibe 100 Millionen € betragen. Wenn man das vergleicht mit den Zahlen, die da jetzt „herumgeistern“, nämlich Zahlen betreffend Kosten für ein Grundeinkommen, für ein arbeitsloses Grundeinkommen oder für sonstige Nettigkeiten, wo es hinaufgeht bis zu 600 000, 700 000, 800 000, ja bis zu einer Milliarde Euro, dann muss man sagen: Im Vergleich dazu ist das ein Betrag – vor
allem angesichts der guten Wirtschaftslage und angesichts sprudelnder Steuereinnahmen, wie wir es heute Vormittag gehört haben –, den uns die Leistung dieser Frauen allemal wert sein muss, um ihnen mit diesen 150 € im Monat zu helfen, ihren Lebensunterhalt besser zu bestreiten.
Ich sage aus meiner Überzeugung heraus: Hierbei handelt es sich nicht um ein Almosen und nicht um Sozialhilfe, sondern um eine soziale Verpflichtung gegenüber diesen äußerst benachteiligten Frauen, die uns letztlich in ihrem Leben etwas geschenkt haben. Dafür sollen sie jetzt auch eine entsprechende Honorierung und einen Dank von der Gesellschaft bekommen für die Zeit, die Zuneigung und die Kraft, die sie unserer Elterngeneration geschenkt haben, und das in einer sehr schwierigen Zeit, in der Zeit des Wiederaufbaus.
Wir sind der Meinung, dass eine solidarische, eine soziale Gesellschaft – und das sage ich jetzt besonders in Richtung SPÖ, die das immer für sich reklamiert – nicht einfach eine ganze Gruppe von Frauen vom Alterseinkommen ausschließen kann. Es wäre daher hochanständig und auch von Gesetzes wegen richtig, diese Maßnahme einzuführen.
Sie ist finanzierbar, sie ist rasch machbar. Wenn wir sie im Parlament beschließen könnten, dann würde sie bereits für das nächste Jahr gelten. Damit würden wir vielen, vielen Frauen ein wunderbares Weihnachtsgeschenk machen, die wahrscheinlich Weihnachten am 24. Dezember ganz anders als wir alle hier erleben werden. (Beifall beim BZÖ.)
14.46
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. Sie will die Uhr auf 8 Minuten eingestellt haben. – Bitte, Frau Abgeordnete.
14.46
Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Ing. Westenthaler, als Frau war ich, als ich Ihnen jetzt zugehört habe, zutiefst betroffen. Sie sprachen von den großartigen Leistungen, die diese Frauen erbracht haben – da gebe ich Ihnen Recht –, aber Sie wollen diese Frauen mit 150 € abspeisen (Abg. Ing. Westenthaler: Monatlich!), eine Zuwendung, auf die sie nicht einmal einen Rechtsanspruch haben! (Abg. Ing. Westenthaler: Zusätzlich monatlich!) Das ist eine typische Almosenpolitik, die Sie da betreiben, nach dem Motto: Wer brav ist und uns gefällt, der kriegt Almosen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Von Ihnen haben sie gar nichts bekommen!)
Das soll noch dazu nach Maßgabe der budgetären Mittel geschehen, die vorhanden sind. Da frage ich mich: Was machen Sie damit in Wahrheit? – In Wahrheit machen Sie Folgendes: Sie versuchen diese Gruppe von Frauen mit ganz wenig abzuspeisen. Und das halte ich wirklich für einen Skandal. Das hat mit Sozialpolitik und mit sozialer Wärme überhaupt nichts zu tun. Das ist nämlich das Gegenteil: Das ist Zynismus pur diesen Frauen gegenüber! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)
Da sind wir, glaube ich, mit unserem Modell der bedarfsorientierten Grundsicherung schon viel weiter, wo wir versuchen, jedem Menschen – vor allem im Alter –, der keine Möglichkeit hat, ein eigenes Einkommen zu erzielen, zumindest ein gewisses Minimum zu geben. Das soll bedarfsorientiert erfolgen und nicht sozusagen mit der Gießkanne. Jene Menschen, die es brauchen, sollen wenigstens das Minimum zugestanden bekommen.
Ich würde mir sehr wünschen ... (Abg. Ing. Westenthaler spricht mit einem Mitarbeiter.) – Vielleicht könnten Sie mir zuhören, Herr Ing. Westenthaler, es ist nicht ganz „un-
geschickt“, was ich hier sage! (Abg. Ing. Westenthaler spricht weiterhin mit einem Mitarbeiter.) – Gut, okay, soll nicht sein, macht nichts; man kann es ja nachlesen, wenn es einen wirklich interessiert.
Sie, Herr Westenthaler, sollten sich einmal überlegen, was die bedarfsorientierte Grundsicherung, die Sie so gerne als „Schmarotzertum“ abtun, für jene Frauen, von denen Sie gesprochen haben, bedeuten würde – nämlich, endlich einmal leben zu können. Aber da kann man noch lange nicht im Luxus leben; wir alle brauchen nicht darüber zu diskutieren, weil wir alle dankenswerterweise nicht mit so wenig Geld auskommen müssen.
Aber das wäre ein ganz anderer Ansatz, und zwar auf
Grund dessen, dass man einen Rechtsanspruch hätte und man nicht immer in
Unsicherheit leben müsste und auf Wohlgesonnenheit angewiesen wäre.
Das ist nicht unsere Art, sondern wir wollen Rechte statt Almosen. Und ich
meine, dass diesen Frauen diese Rechte zustehen würden.
Wenn Sie davon reden, dass diese Frauen Nachteile haben, weil sie Kinder erzogen haben, muss ich Ihnen sagen: Leider ja – aber das gehört nicht nur der Vergangenheit an! Sie brauchen die Pensionsreform und die Anrechnung der Kindererziehungszeiten hier nicht so hochzuloben. Schauen Sie sich vielmehr an, wie sehr die Frauen heute noch auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind! Schauen Sie sich an, wie die Wirtschaft sich Frauen gegenüber verhält! (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Schauen Sie sich an, wie Sie sich zum Beispiel selber und persönlich, Herr Kollege Scheibner, beim Frauen-Volksbegehren verhalten haben! Da haben Sie deutlich gezeigt, was Sie von den Frauen halten!
Und heute zeigen Sie, was Sie den Frauen zubilligen. – Sie geben ihnen für eine tolle Arbeit 150 € im Monat und sagen: Das reicht, danke schön, liebe Frauen, dafür sind wir gut und gnädig zu euch!
Ich muss ehrlich sagen: Das ist empörend – und es tut mir Leid, dass auch Frauen diese Anschauung haben! Das verstehe ich, wenn man sagen will, man will einzelnen Personen helfen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind peinlich!)
Nein, peinlich sind Sie! Äußerst peinlich! Und gerne bringe ich das den Frauen zur Kenntnis, was Sie da gesagt haben, denn das ist peinlich, weil das sozialer Zynismus pur ist! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ein peinlicher Auftritt ist das, bis zum Gehtnichtmehr!)
Da bin ich gerne peinlich, im Gegensatz zu Ihnen, denn mir ist es lieber, peinlich zu sein, als zynisch zu sein, und mir ist es lieber, die Menschen zu lieben, als sie zu verachten, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben den Frauen überhaupt nichts gegeben! Jahrzehntelang nicht!)
Sie sagen, die Grundsicherung sei etwas für die soziale Hängematte. Wir sagen, das ist das Mindeste, was wir diesen Menschen zugestehen. Und ich muss Ihnen ehrlich sagen: Wir sollten uns sogar gemeinsam bemühen, über diese Bedarfsorientierung drüberzukommen, um für das Alter zumindest eine Grundsicherung zu haben. Aber darüber kann man mit Ihnen nicht einmal reden, denn Sie sind nicht einmal in der Lage, zuzuhören. Das ist überhaupt das Peinlichste! Ich frage mich, wozu Sie überhaupt hier herinnen sitzen, wenn Sie nicht einmal zuhören können! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Bei so viel Unsinn fällt es mir schwer, Ihnen zuzuhören! Bei so viel Unsinn, was da verzapft wird!)
Herr Ing. Westenthaler, es bleibt Ihnen überlassen, was Sie als Unsinn oder Nicht-Unsinn empfinden, aber: Sie sollten trotzdem in der Lage sein, zuzuhören, denn das sollte das Mindeste sein, was ein Abgeordneter dieses Hauses kann. Wenn er das nicht
kann, dann ist
er sowieso fehl am Platz. (Abg.
Ing. Westenthaler: Sie stehen
seit 8 Minuten draußen und haben eigentlich noch nichts
gesagt!) Aber die Wählerinnen und Wähler haben Ihnen ohnehin
gesagt, wo Sie am Platz sind, nämlich nicht da im Haus, sondern in erster
Linie woanders. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt weiß ich,
warum Sie 8 Minuten Redezeit haben! Damit Sie nichts sagen in
8 Minuten!)
Herr Ing. Westenthaler, ich habe Ihnen gesagt, was wir von Ihrem Antrag halten. Ich habe Ihnen gesagt, was das eigentlich sozialpolitisch bedeutet. (Abg. Ing. Westenthaler: Kein Geld für die Frauen wollen Sie!) Nein! Wir wollen mehr Geld für die Frauen. (Abg. Ing. Westenthaler: Bis jetzt haben sie keines gekriegt!) Wir wollen, dass die Frauen einen gerechten Anteil haben – und nicht, dass die Frauen mit Almosen abgespeist werden, wie Sie es machen, denn das ist zynisch. Das haben sich die Frauen nicht verdient! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir werden ja im Ausschuss noch Gelegenheit haben, weiter darüber zu sprechen. Ich bin aber froh und dankbar, dass Sie sich heute offenbart haben. Wir können das den Frauen gerne weitersagen. Aber ich nehme an, die haben Sie schon längst nicht mehr gewählt. (Beifall bei der SPÖ.)
14.51
Präsidentin Dr. Eva
Glawischnig-Piesczek: Herr
Kollege Westenthaler, ich verweise nur darauf, dass in der XVIII. GP
für den Ausdruck „Unsinn“ ein Ordnungsruf erteilt worden ist.
Ich verzichte heute noch darauf, aber ich würde Sie bitten, sich in
Zukunft ein bisschen zu mäßigen. – Danke. (Abg. Ing. Westenthaler: Das wäre ein Ehrentitel für die Frau!)
Wollen Sie sich noch einmal zu Wort melden? Dann, bitte. Ich werde sehr genau darauf achten, was Sie sagen.
Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lentsch. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
14.51
Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich sage es Ihnen ganz offen, geschätzte Damen und Herren: Ich habe es fast befürchtet, das Zuckerlverteilen geht weiter. Die einen fordern eine doppelt so hohe Pensionserhöhung, wie wir es uns leisten können, die anderen entdecken plötzlich die Kinder – und das BZÖ entdeckt jetzt die Frauen über 60.
Ich glaube, wir haben seit dem Jahr 2000 sehr, sehr viel für die Familien, für die Frauen und vor allem für die Mütter beschlossen.
Ich denke hier beispielsweise an das Kinderbetreuungsgeld, das Herr Westenthaler vorhin schon angesprochen hat, und zwar das Kinderbetreuungsgeld für alle, das jetzt auch die Studentinnen, die Schülerinnen, die selbständig Erwerbstätigen, die Hausfrauen und die Bäuerinnen bekommen. – Rot-Grün hat da leider dagegengestimmt.
Wir haben die Kindererziehungszeiten für die Pensionen der Frauen deutlich aufgewertet, und wir haben insgesamt dafür gesorgt, dass Frauen leichter eine eigene Alterspension bekommen. Die rot-grünen Frauenvertreterinnen haben jahrelang darüber geredet – wir haben es beschlossen, wir haben es umgesetzt!
Natürlich würden wir uns alle noch viel mehr wünschen, besonders für die Mütter – und auch besonders für die Mütter über 60. Ich bin selbst Frauenvertreterin in meinem Bundesland. Unser Klubobmann Willi Molterer hat vor kurzem einen sehr, sehr originellen Ausspruch getätigt, der mir sehr gefällt und den ich daher auch wiederholen möchte, und dieser lautet: Unser Budget ist leider Gottes kein Bankomat, der im Himmel befüllt
wird und den wir hier auf Erden permanent entleeren können. (Abg. Öllinger:
Originell! – Abg. Dr. Rada:
Keine gute Aussage!)
Wir haben sieben Jahre dazu gebraucht, um unser Budget in irgendeiner Form in Ordnung zu bringen. Es muss uns bewusst sein, geschätzte Damen und Herren, dass wir jährlich 7 Milliarden € an Zinsen für unsere Schulden zahlen. Hätten wir diese 7 Milliarden € zur Verfügung, dann könnten wir alle Begehrlichkeiten in irgendeiner Form abdecken. Wir haben Schulden in der Höhe von 160 Milliarden €. Das muss uns auch bewusst sein.
Dass jetzt aber das BZÖ diesen Konsolidierungskurs verlässt, schmerzt mich eigentlich ein wenig, aber so ist es nun einmal. Die einen fordern 800 € Grundsicherung, die anderen fordern 150 € pro Monat für Frauen über 60. Und es ist wirklich kein Ende abzusehen. Aber wir sind hier leider nicht bei „Wünsch Dir was!“, sondern im Nationalrat, und ich kann nur wiederholen, was ich schon bei der Pensionsdebatte gesagt habe: Wünschen kann man sich natürlich sehr viel, geschätzte Damen und Herren (Abg. Öllinger: Das waren lauter Wiederholungen, die Sie gemacht haben, Frau Lentsch!), aber ob das auch – ich verstehe Sie nicht! – finanziert werden kann, das ist hier die Frage.
Daher kann ich eigentlich nur an alle Fraktionen hier im Hohen Haus appellieren, mit diesem Wettlauf aufzuhören. Es ist nicht ehrlich, weil es nicht finanzierbar ist.
Dieser Antrag wird dem Sozialausschuss zugewiesen werden, und dort wird dieser Antrag sicherlich ausführlich diskutiert werden, und wenn es eine Mehrheit gibt, soll es mir recht sein.
So, Herr Öllinger, jetzt können Sie mit mir sprechen, jetzt höre ich Sie. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das waren lauter Wiederholungen, was Sie gesagt haben! – Abg. Lentsch – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Sie machen das auch immer! – Heiterkeit.)
14.55
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mandak. Nach ihrer Wortmeldung werden wir zur Fristsetzungsdebatte kommen. – Bitte, Frau Abgeordnete.
14.56
Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Kollegin Lentsch! Herr Westenthaler! Sie rechnen es sich als großes Verdienst an, dass auf Grund der Pensionsreform jetzt die Kindererziehungszeiten in die Pensionsberechnung eingerechnet werden. Sie verschweigen dabei aber elegant, dass Sie den Durchrechnungszeitraum auf 40 Jahre angehoben haben und damit eine ganz, ganz große Benachteiligung für die Frauen geschaffen haben – und keine Verbesserung. Das muss man einmal ganz deutlich sagen!
Sie sagen nicht die Wahrheit, wenn Sie so tun, als hätte diese Pensionsreform den Frauen etwas Positives gebracht. Das ist schlichtweg nicht wahr!
Herr Westenthaler, Sie sagen, diese „Mütterpension“ sei kein Almosen, sie sei eine Verpflichtung. Warum, so frage ich Sie, schreiben Sie dann in Ihren Antrag im Paragraph 1 – der Satz beginnt weiter vorne, und dann kommt das, was ich jetzt zitiere –: ... „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel eine monatliche Unterstützung gewährt werden“?
Ich wiederhole: „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel“!
Im Paragraph 2 wird noch einmal betont: „Auf die Gewährung der monatlichen Unterstützung besteht kein Rechtsanspruch.“
Wenn Sie sagen: Es ist eine Verpflichtung!, dann machen Sie das Gesetz auch so, dass es verpflichtend ist. Sie tun genau das Gegenteil: Sie machen ein Almosen daraus! (Abg. Ing. Westenthaler: Nein!) Sie machen eine Kann-Bestimmung: Wenn wir genug Geld haben, dann bekommt ihr das Geld, wenn wir es nicht haben, gute Frauen, dann habt ihr Pech gehabt, dann schaut ihr durch die Finger! (Abg. Ing. Westenthaler: Bis jetzt haben sie es gar nicht gekriegt!)
Bis jetzt haben sie es nicht bekommen, aber man muss sich fragen, wenn man ein neues Gesetz macht, für wen man es macht und mit welcher Zielsetzung. Sie selber schreiben in Ihrer eigenen Begründung – ich zitiere –:
„Viele Frauen, die das 60. Lebensjahr bereits überschritten haben und keine ausreichende Altersversorgung aus Eigenmitteln haben“, die soll es betreffen.
„Es besteht ein vitales gesamtgesellschaftliches Interesse, diesen unterversorgten Frauen ... eine monatliche Zuwendung zu gewähren.“
Was Sie tun, ist Folgendes: Sie gewähren nicht Frauen im Alter eine Zuwendung, sondern Sie wollen österreichischen Müttern im Alter eine Zuwendung gewähren, und zwar Frauen, die keine Pension haben, Frauen, die von Sozialhilfe leben, die arm sind und alleine leben.
Ich frage Sie: Was ist mit den anderen Frauen? Ich frage Sie auch: Was ist mit den anderen Männern? Was ist mit jenen Menschen, die alt und arm sind und die jetzt in Österreich keinen rechtsverbindlichen Anspruch auf eine Pension haben?
Ich sage Ihnen: Die Antwort auf dieses Problem –
und dieses Problem haben wir; diese Menschen gibt es, und die wissen wirklich
nicht, wie sie morgen heizen sollen (Abg.
Ing. Westenthaler: Dafür
gibt es einen Heizkostenzuschuss!) –, also die Antwort auf
dieses Problem kann nur eine Grundpension für alle sein, so wie es ja
unser grünes Pensionsmodell vorsieht, und zwar mit einem Rechtsanspruch
für jede und jeden in Österreich – aber nicht ein Antrag
wie Ihrer, der neues Unrecht schafft, neue Unklarheit im rechtlichen Bereich
schafft. Das kann nicht die Lösung für dieses Problem sein, sondern die
Lösung kann nur in einer klaren gesetzlichen Regelung
bestehen. – Danke. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
14.59
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wollen Sie, Frau Abgeordnete
Rosenkranz, nun für eine oder zwei Minuten sprechen – oder
sollen wir die Sitzung unterbrechen, und Sie machen Ihre Wortmeldung dann?
Was ist Ihnen lieber? (Abg. Rosenkranz: Bitte?)
Wir haben um 15 Uhr eine Fristsetzungsdebatte. Ich würde vorschlagen, ich unterbreche die Sitzung für eine Minute, und Ihre Wortmeldung, Frau Rosenkranz, erfolgt dann im Anschluss an diese Fristsetzungsdebatte. Einverstanden? – Danke.
Ich unterbreche die Sitzung für eine Minute. Um 15 Uhr setzen wir fort mit der kurzen Fristsetzungsdebatte betreffend den Antrag 55/A(E) des Abgeordneten Pirklhuber.
*****
(Die Sitzung wird um
14.59 Uhr unterbrochen und um
15 Uhr wieder aufgenommen.)
*****
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.
Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über Tagesordnungspunkt 7, und wir kommen zur Durchführung einer Kurzen Debatte über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den Antrag 55/A(E) betreffend gesetzliche Verankerung des österreichischen Programms für die ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 eine Frist bis zum 29. Jänner 2007 zu setzen.
Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.
Wir gehen nun in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern – ist aber ohnehin niemand da.
Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Pirklhuber. Ich erteile es ihm für 10 Minuten. – Bitte.
15.02
Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Fristsetzungsantrag ist wirklich ein sehr, sehr dringendes Anliegen, weil es dabei um genau jenen Rechtsschutz geht, den es braucht für ein so wesentliches Programm, das für die Jahre 2007 bis 2013 in Österreich und in Europa in Kraft treten wird.
Ich möchte kurz erläutern, worum es geht. Es geht darum, dass die europäische Agrarpolitik in der zweiten Säule, nämlich in der ländlichen Entwicklung, im Jahr 2005 einen Finanzrahmen von knapp 70 Milliarden € beschlossen hat und dass für die Programmperiode 2007 bis 2013 in Österreich für den ländlichen Raum über 7 Milliarden € zur Verfügung stehen; jährlich macht das einen Betrag von mehr als 1 Milliarde € aus. Unser Anliegen besteht jetzt darin, dass man – daher auch dieser Fristsetzungsantrag – für diesen wesentlichen Teil der Agrarpolitik endlich eine Rechtssicherheit herstellt.
Meine Damen und Herren! Wie ist das bisher geregelt? – Bisher ist das im Rahmen einer Sonderrichtlinie geregelt. Eine Sonderrichtlinie ist nichts anderes als eine Abwicklung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung; es ist eine auf EU-Gesetzen zwar beruhende, aber in Österreich nicht gesetzlich geregelte Durchführung. Und das ist unsere Kernkritik an der Art und Weise, wie dieses Programm bisher vollzogen wird.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? – Es besteht keine Rechtssicherheit für die betroffenen Bäuerinnen und Bauern – Kollege Grillitsch, Sie wissen das –, weil in Problemfällen die Bäuerinnen und Bauern direkt vor das Zivilgericht gehen und dort die AMA klagen müssen. Wir hatten in der letzten Periode, in den letzten Jahren einzelne Fälle, dass Bäuerinnen und Bauern die AMA vor Zivilgerichten klagen mussten. Es gibt keinen verbindlichen Bescheid, den sie erhalten würden, es gibt keine Verpflichtung und keine Verbindlichkeit für die Auszahlung von Umweltförderungen in Österreich. Und es gibt – was aus meiner Sicht viel entscheidender ist – überhaupt keine demokratische parlamentarische Kontrolle dieser Programme. Das Programm zur ländlichen Entwicklung (ELER) wird bisher vorbei am Parlament in den Stuben des Ministeriums,
der Interessenvertretungen beschlossen, und das kann und darf in dieser Art und Weise nicht fortgesetzt werden.
Auch die Begutachtungsrechte der Sozialpartner, die üblicherweise bei Gesetzwerdungen zum Tragen kommen, sind hier ausgespart – und das kann es nicht sein! Das ist eines der zentralen Dinge: Die Entwicklung des ländlichen Raumes muss hier im Parlament gesetzlich festgeschrieben und auch beschlossen werden.
Wie ist das in anderen Ländern geregelt, meine Damen und Herren? Man könnte vielleicht sagen, das wird überall so gemacht – das ist aber nicht so! In der Bundesrepublik Deutschland zum Beispiel gibt es ein Bundesgesetz über die „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Das ist das Bundesrahmengesetz, und in den Ländern der BRD wird das in einzelnen Ländergesetzen umgesetzt. Selbst in dem kleinen Luxemburg gibt es eine Rahmengesetzgebung für die ländliche Entwicklung, nur in Österreich nicht. Das ist doch unglaublich! Das kann und darf so nicht bleiben!
Warum wird es so nicht bleiben? In diesem Zusammenhang möchte ich auf zwei Punkte, auf zwei Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes verweisen.
Im Dezember 2005 hat der Verfassungsgerichtshof die Tier-Prämienordnung 2000 aufgehoben, und im Oktober 2006 ist auch die Milch-Garantiemengen-Verordnung vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden – mit dem Argument, dass es nicht ausreicht, auf EU-Gesetz zu verweisen. Das reicht nicht aus, sondern es braucht eine gesetzliche Basis im österreichischen Recht, damit die Durchführung ordnungsgemäß erfolgen kann. – Genau darum, meine Damen und Herren, geht es bei der ländlichen Entwicklung!
1 Milliarde jährlich ist kein Pappenstiel, da geht es wirklich um bedeutende Beträge, die natürlich sinnvoll eingesetzt werden müssen. – Und damit sind wir bei der Kritik an dem bisher vorgelegten Programm. Eines sei in diesem Zusammenhang in Richtung Vertreterinnen und Vertreter der Agrarfraktion ÖVP angemerkt: Eingereicht ist das Programm offiziell noch immer nicht, und wir alle wissen, dass das Monate dauern wird, bis es in gemeinsamen Verhandlungen mit der EU-Kommission beschlossen werden wird. Wir haben daher genug Zeit. Wir haben diese Zeit, und wir müssen beginnen, jetzt – besser heute als übermorgen, Herr Kollege Grillitsch – endlich dieses Rahmengesetz zu entwickeln. Aus diesem Grund verlangen wir auch diese Fristsetzung, damit wir im Ausschuss möglichst Mitte Jänner darüber diskutieren können.
Die vorgelegten Strategien sind alles andere als ambitioniert. Ein Beispiel: Im Biolandbau wird im Strategiepapier für dieses neue Programm ein Ziel von 18 Prozent gefordert; 18 Prozent Biolandbau soll es im Jahr 2013 in Österreich geben. 360 000 Hektar werden in einem Maßnahmenkapitel gefordert.
Herr Landwirtschaftsminister Pröll ist jetzt nicht zufällig nicht anwesend bei dieser Debatte, denn: Er hat heute eine Aussendung zum aktuellen Lebensmittelbericht gemacht, wonach wir derzeit bereits 15 Prozent Biolandbau in Österreich haben und bereits auf 360 000 Hektar in Österreich biologische Landwirtschaft betrieben wird. Das bedeutet, dass in dem Zielkatalog, der bisher vom Minister vorgelegt wurde, eigentlich nichts anderes drinsteht, als dass der Status quo erhalten werden soll – und nichts mehr! An diesem Beispiel sehen Sie, wie wenig ambitioniert dieser Bereich verfolgt wird, wie notwendig es ist, dass das in diesem Haus ausreichend diskutiert wird.
Der zweite Punkt, der für uns besonders problematisch ist, ist der Intensivierungsaspekt in diesem Programm. Aus unserer Sicht ist das vorgelegte Programm ein Intensivierungspakt – aus mehreren Gründen:
Erstens werden die Düngerwerte durch das österreichische Nitrataktionsprogramm völlig neu gewichtet, und damit ist die Zunahme der Tierhaltung bei gewissen Betrieben
zwischen
30 Prozent und 150 Prozent abgedeckt – und das sogar in
einem Agrarumweltprogramm. Das halten wir für nicht akzeptabel. (Zwischenruf des Abg. Donabauer.)
Zweitens: Es gibt erstmalig Förderungen für den integrierten Rübenanbau. Das war ein Bereich, der bisher keine Umweltförderungen bekommen hat, keine Gelder aus dem Agrarumweltprogramm bekommen hat. Plötzlich bekommen die Rübenbauern 150 € pro Hektar Förderung. Oder: die bodennahe Gülleausbringung wird plötzlich mit 1 € pro Kubikmeter gefördert. (Abg. Scheibner: Sie reden 10 Minuten, das ist gegen die Vereinbarung!) Kollege Scheibner, das ist nicht zum Schmunzeln und auch nicht zum Lachen, sondern das ist eine höchst brisante Angelegenheit.
Und es gibt – was sehr entscheidend ist in Bezug auf die Wettbewerbsverzerrung – keine Förderobergrenzen für Investitionen bei Verarbeitungsbetrieben mit über 200 Millionen € Umsatz und bis zu 750 MitarbeiterInnen, meine Damen und Herren! Die Fördersätze liegen zwischen 20 Prozent und 40 Prozent, und es gibt keine Förderobergrenzen!
Ich wollte das nur einmal kurz anreißen, damit Sie sehen, dass es hier auch massive inhaltliche Kritik gibt und nicht nur formale gesetzliche Fragen offen sind.
Kommen wir vielleicht auch noch zum Finanzaspekt. Die Finanzverteilung im Rahmen dieses Programms ist eine, die den Umweltbereich massiv kürzt. Wir haben Kürzungen von bis zu 130 Millionen € im Agrarumweltprogramm. 130 Millionen € weniger als bisher! Im Jahr 2005 wurden 653 Millionen ausgegeben, in Zukunft sind es jährlich maximal 524 Millionen. (Abg. Grillitsch: Du weißt auch, warum!) Kollege Grillitsch, es gibt eine Deckelung mit 80 Prozent (Abg. Grillitsch: Genau!), diese Deckelung wird aber in diesem Programm nicht ausgeschöpft. Es gäbe weitere Maßnahmen, diese Dotation der Umweltförderungen zu verbessern, etwa durch Umschichtung, durch Modulation aus der ersten Säule. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Bis zu 20 Prozent, Herr Kollege Grillitsch. Das haben wir mehrfach angedacht, das haben wir immer wieder eingebracht, das wird derzeit in Deutschland ernsthaft diskutiert.
Abschließend möchte ich dazu sagen, dass es einen Bereich gibt, der für uns besonders bitter ist. Es ist bitter, dass Minister Pröll, der auf Lippenbekenntnis-Ebene immer gesagt hat: Ja, gentechnikfrei, dafür kämpfen wir alle gemeinsam!, im Agrarumweltprogramm nicht sichergestellt hat, dass gentechnikfreies Saatgut eingesetzt werden muss. Das ist doch logisch, dass man in einem Umweltprogramm zum Schutz der biologischen Vielfalt diese Gentechnikfreiheit festschreibt.
Sie sehen an diesen Beispielen, wie dringend erforderlich es ist, dass so ein Gesetz nicht hinter verschlossenen Türen oder schlussendlich im Ministerium enderledigt wird, sondern dass es durch ein Rahmengesetz eine Richtung bekommt, eine Ausrichtung hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit, hin zu mehr ökologischer Zielgenauigkeit.
Schlussendlich möchte ich noch festhalten: Natürlich haben wir im Rahmen der begleitenden Veranstaltungen intensiv mitgearbeitet, wir haben unsere Themen eingebracht, aber letztendlich braucht es auch die gesetzliche Normierung. Daher ersuche ich Sie: Unterstützen Sie unseren Fristsetzungsantrag, damit im Landwirtschaftsausschuss endlich ein echtes Rahmengesetz beschlossen werden kann! – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Sicher nicht! Aus Protest lese ich den Antrag nicht!)
15.12
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit für die folgenden Redner gesetzlich 5 Minuten beträgt.
Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaßner. – Bitte.
15.12
Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Ich habe noch die erste Rednerliste vor Augen gehabt, und darauf stand der Name Grillitsch vor meinem. (Abg. Grillitsch: Aber Gaßner kommt vor Grillitsch!) Gut, ich werde Sie beim Wort nehmen, Herr Kollege Grillitsch, dass Gaßner immer vor Grillitsch kommt. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag des Herrn Abgeordneten Pirklhuber liegt uns vor und ist inhaltlich durchaus bestens begründet. Wir haben das eigentlich immer gefordert: mehr Einbeziehung des Parlaments, nicht am Parlament vorbei – es ist nur leider nichts passiert!
Faktum ist, dass dieser Grüne Pakt, also dieses Programm zur ländlichen Entwicklung für den Zeitraum 2007 bis 2013, zurzeit in Brüssel liegt und dort verhandelt wird. Und das Problem, Herr Kollege Pirklhuber, ist Folgendes: Wenn wir uns jetzt darauf berufen und sagen, wir wollen dieses Paket so quasi zurückhaben und es dann auf eine gesetzliche Basis stellen, von mir aus das Ganze noch einmal neu aufschnüren und neu diskutieren, dann ist die Frage, wie es im Jahr 2007 generell weitergeht.
Ich habe mich durchaus mit Leuten unterhalten, die diese Thematik zurzeit in Brüssel verhandeln, und diese haben mir gesagt: Jetzt ist es eigentlich zu spät, darüber zu diskutieren!
Was machen wir, wenn dieses Paket genehmigt zurückkommt? Wollen wir dann noch die eine oder andere Korrektur anbringen und es wieder nach Brüssel schicken, um dort eine Genehmigung zu erlangen? – Also der Ablauf ist jetzt eigentlich so nicht mehr möglich. Wir werden ja sehen, wie ernst die ÖVP ihre Versprechen nimmt – es gibt ja sehr bald die Marktordnung zu verhandeln – und wie bereit sie ist, gesetzlich festzulegen, wie das weitergeht; was auch vom Verfassungsgerichtshof gefordert wird. Wir werden sehen, wie bereit die ÖVP dazu ist und was diese Versprechen wert sind, die sie uns in diesem Zusammenhang immer wieder gibt.
Es ist natürlich klar, dass gerade in Bezug auf den ländlichen Bereich sogar der Europäische Gerichtshof Bedenken hat, wenn er meint, dass hier zu landwirtschaftslastig gefördert wird und dass die zweite Komponente, eben die Entwicklung des ländlichen Raumes, untergeht. Es heißt da ganz klar in einem Bericht des Europäischen Rechnungshofes: „Diese starke Konzentration auf die Landwirtschaft gefährdet die Erreichung des anderen globalen Ziels der Verordnung (Leistung eines Beitrags zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt ländlicher Gebiete), ...“
Also auch europäische Institutionen erkennen, dass dieser Weg, den die ÖVP eingeschlagen hat, nicht der richtige ist. Aber wir haben ja dann, wenn dieser Grüne Pakt zurückkommt, noch die Möglichkeit, zu überlegen, wie wir die Mittel verteilen können. Daher sehen wir uns heute – auch gerade aus dem Grund, dass die Bauern nächstes Jahr nicht ohne Fördermittel dastehen – außerstande, dieser Fristsetzung zuzustimmen, sind aber sehr gespannt, wie sich die ÖVP in Zukunft verhalten wird. (Beifall bei der SPÖ.)
15.16
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.
15.16
Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin eigentlich sehr froh, dass Kollege Gaßner jetzt wirklich vor mir gesprochen hat, denn sonst hätte es geheißen, Kollege Gaßner spricht die Sprache des Bauern-
bundes. De facto ist es so, wie Kollege Gaßner gesagt hat: dass wir reichlich spät dran sind, Kollege Pirklhuber, jetzt mit diesem Antrag ins Parlament zu kommen.
Ich verwahre mich dagegen und lasse das auch nicht so im Raum stehen, wenn behauptet wird, dass wir uns hier im Parlament nicht ausführlich sowohl mit der GAP-Reform als auch mit der ländlichen Entwicklung beschäftigt hätten. Ich sage ganz klipp und klar: Bundesminister Pröll hat mehrfach, ja vielfach sowohl im Landwirtschaftsausschuss als auch seinerzeit in einem Unterausschuss zum Landwirtschaftsausschuss zur GAP-Reform ausführlich informiert, und dasselbe gilt auch für den ländlichen Raum.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh darüber, dass nun einigermaßen Sicherheit in diese Diskussion gekommen ist, auch politische Sicherheit, als Rahmenbedingung für die Bäuerinnen und Bauern, gerade was diesen ländlichen Raum betrifft, denn wenn ich mich zurückerinnere an die Diskussionen des letzten Jahres, der letzten eineinhalb Jahre zu diesem ländlichen Raum, in denen die Rede von Kürzungen von 50 Prozent und mehr war, dann muss ich sagen: Das ist eigentlich ein großer Erfolg, was Josef Pröll und Wolfgang Schüssel in Brüssel gelungen ist, dass sie nämlich nicht nur gleich viele, sondern wesentlich mehr Mittel für Österreich herausverhandeln konnten! – Ein großartiger Erfolg von Josef Pröll, Wolfgang Schüssel und seinem Team! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Pirklhuber! Lasst uns die Leute jetzt nicht verunsichern! Keiner hat uns das zugemutet, wirklich kein Mensch hat uns das zugemutet.
Schauen wir über die Grenzen, und das Beispiel Deutschland ist ein schlechtes Beispiel, lieber Kollege Pirklhuber! Die Kollegen in Bayern haben für die ländliche Entwicklung um genau 50 Prozent weniger als wir in Österreich zur Verfügung. Ich möchte nicht als Agrarvertreter den Bergbauern erklären müssen, dass es 50 Prozent weniger Bergbauernförderung gibt. Ich möchte nicht jenen 80 Prozent der Bauern, die mit 90 Prozent der Fläche freiwillig an einem Umweltprogramm teilnehmen, erklären müssen, dass es für das Umweltprogramm um 50 Prozent weniger gibt. Und ich möchte den vielen Menschen im ländlichen Raum, die sich mit Regionalprojekten beschäftigen, auch nicht erklären müssen, dass sie um 50 Prozent weniger an Unterstützung für Projekte zur Verfügung haben.
Lassen wir die Kirche im Dorf, Herr Kollege Pirklhuber! Es ist ein gutes Programm, das auf Schiene ist, das in Brüssel liegt, das in Brüssel anerkannt werden muss, und wir hoffen, dass es möglichst rasch nach Österreich zurückkommt. Beschäftigen wir uns im Frühjahr auch mit einem Marktordnungsgesetz, wo es einige Dinge zu reparieren gibt! Diese Aufgabe haben wir hier im Parlament zu tun, aber der hier vorliegende Antrag ist in Wahrheit ein scheinheiliger Antrag. (Beifall bei der ÖVP.)
15.19
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zwerschitz. Gesetzliche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.
15.20
Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): „Programm zur ländlichen Entwicklung“ heißt das Thema. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir über das Budget geredet haben oder darüber, dass wir jetzt 1 Milliarde oder etwas anderes austeilen. Es geht um 1 Milliarde € jährlich, 1 Milliarde €, die man richtig verteilen sollte, strategisch günstig verteilen sollte, weil es um Lebensmittel geht, weil es um Öffentlichkeit geht, weil es um Informationen geht.
Es ist so, dass eine Sonderrichtlinie keinerlei Rechtsstatus hat; das wissen Sie genauso gut wie wir alle hier herinnen. Das heißt, es ist absolut nichts Verbindliches an dieser Richtlinie.
Die Papiere wurden bereits nach Brüssel geliefert. – Das mag schon sein, aber offiziell eingereicht wurden sie bis dato noch nicht. Auf Beamtenebene passieren laufende Veränderungen ständig. Dass die Beamten darüber diskutieren, ist auch richtig, aber dass das Projekt schon so auf Schiene ist, dass es keinerlei Bearbeitungsmöglichkeiten mehr gibt, stimmt einfach nicht. (Zwischenruf des Abg. Freund.) Ja, es tut mir Leid, es stimmt nicht!
Wichtig ist, dass die Ziele abgesichert werden, dass das, was in diesem Programm drinnen steht, auch wirklich eine Rechtsverbindlichkeit bekommt. Momentan ist das nicht der Fall. Momentan ist es so, dass es ein wunderschönes Programm ist, eine so genannte Sonderrichtlinie, die man im Streitfall maximal zivilgerichtlich einklagen könnte. Es hätten sich die Bauern und Bäuerinnen verdient, dass sie eine rechtliche Grundlage haben. Das würde nur durch ein Rahmengesetz geschehen. (Beifall bei den Grünen.)
Warum ist dieses Programm zur ländlichen Entwicklung so
wichtig? Warum ist es uns auch so wichtig? – Einer der wichtigen
Punkte für uns ist: Gentechnikfreiheit als Lippenbekenntnis ist in
diesem Parlament schon, ich
weiß nicht, in wie vielen, jedenfalls in x Reden vorgekommen. In dem
Programm, das unsere Agrarpolitik im Zeitraum 2007 bis 2013 wesentlich steuern
wird, kommt Gentechnikfreiheit witzigerweise nicht vor. Es kommt einfach nicht
vor, obwohl es dem Wunsch der Bevölkerung und der Regionen entspricht.
Was wir sehr
begrüßen und was wir fast begeistert angenommen haben, ist, dass es
endlich eine gendergerechte Sprachweise in diesem Programm gibt, dass es eine
Frauenquote gibt. Freilich, 33 Prozent entsprechen nicht wirklich den
50 Prozent Frauenanteil in der Bevölkerung, aber es ist immerhin
einmal ein guter Ansatz.
Es wird diese
Frauenquote von EU-Seite wesentlich gefordert. Die Umsetzung bedeutet aber
auch, dass wir dringend im ländlichen Bereich an der Kinderbetreuung arbeiten
müssen und auch daran, welches Rollenbild gerade in der Agrarpolitik verfestigt
ist. Es kann nicht sein, dass diese tradierten Geschlechtsbilder nicht in Frage
gestellt werden. (Beifall bei den Grünen.)
Weitere positive
Stichwörter in diesem Programm – und genau deswegen wollen wir
auch ein Rahmengesetz, damit diese positiven Stichwörter dann in der
Umsetzung nicht verloren gehen – sind Umweltschutz und
Alpenkonvention. Wir wissen aber nicht, inwieweit das halten wird. Es ist auch
ein so genannter Begleitausschuss enthalten, der prüfen soll, wie diese
Sachen umgesetzt werden, wie evaluiert wird. Die Zusammensetzung dieses
Begleitausschusses ist momentan aber noch recht schwammig formuliert.
Wir würden
uns wünschen, weil es eben eine Angelegenheit des Nationalrates sein muss,
dass hier auch die politischen Parteien beteiligt werden, um eine Evaluierung
zu ermöglichen, um sich über so einen langen Zeitraum anzuschauen, wie
diese Geldmittel verteilt und bearbeitet werden und ob dies eine sinnvolle
Entwicklung für uns bedeutet.
Die Diskussion, die vor diesem Programm in diesen verschiedenen Arbeitsgruppen gelaufen ist, ist eine solide Basis gewesen. Es waren zahlreiche Menschen einbezogen, verschiedenste Interessengruppen, verschiedenste Institutionen. Das ist ein guter Ansatz. Wir glauben aber nicht, dass deswegen ein Rahmengesetz unnötig ist, sondern
ganz im Gegenteil, ein Rahmengesetz für die
Umsetzung wäre dringend notwendig. – Danke. (Beifall bei den
Grünen.)
15.24
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Haimbuchner. – Bitte.
15.25
Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Das Pfadfindermotto lautet: Jeden Tag eine gute Tat! Und nachdem es heute schon einen Fünf-Parteien-Antrag hinsichtlich der Kollaudierung des tschechischen AKWs Temelín gegeben hat, von ganz links bis zu meinem Abgeordnetenkollegen aus Oberösterreich Lutz Weinzinger, geben wir nun dem vorliegenden Entschließungsantrag der grünen Fraktion die Zustimmung.
Man sieht also, dass trotz der großen ideologischen und programmatischen Unterschiede, die uns trennen, eine Sacharbeit möglich ist, und das ist für einen jungen Abgeordneten durchaus eine positive Perspektive.
Es hat sich seit einigen Jahren die Praxis ergeben, dass der Staat Aufgaben, die an und für sich dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen wären, ausgliedert und diese dann im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung durchgeführt werden. Dies führt zu einer bedenklichen Entwicklung dahin gehend, dass jenen Bürgern, die von dieser Privatwirtschaftsverwaltung betroffen sind, die Rechtsdurchsetzung erheblich erschwert wird.
Im Bereich der Agrarförderung erhält der Landwirt eine Mitteilung von der AMA, eine Mitteilung, die er nicht im Verwaltungsweg bekämpfen kann. Er müsste daher eine Klage beim zuständigen Zivilgericht einbringen, und wir wissen, dass das mit einem erheblichen Zeit- und Kostenrisiko verbunden ist. Wenn ein Landwirt aber einen Anspruch auf eine Förderung haben soll, dann muss er auch sein Recht schnell und kostengünstig durchsetzen können. Tatsächlich handelt die AMA dem Anschein nach wie eine Behörde, nur der Landwirt kann sein Recht äußerst schwer durchsetzen.
Der Landwirt soll aber nach meinem Verständnis im Bereich der Agrarförderungen nicht als Bittsteller angesehen werden. Die Förderungen stellen nämlich einen wesentlichen Einkommensbestandteil der Landwirtschaft dar, deshalb muss dem Landwirt auch die Rechtsdurchsetzung erheblich erleichtert werden. (Beifall bei der FPÖ.)
Es geht in diesem Zusammenhang um eine Menge Geld: jährlich 1 Milliarde €. Es ist höchste Zeit, dass für die Abwicklung der Förderung entsprechende gesetzliche Regelungen getroffen werden, damit der Landwirt eben nicht als Bittsteller, sondern als freier Bauer zu seinem Recht kommt.
Und den Herren der ÖVP möchte ich mitteilen: Tun
Sie doch nicht so, als ob Sie sich weiß Gott wie für die
Landwirtschaft einsetzen! Sie haben sich in Wirklichkeit von den Landwirten
schon lange entfernt! (Beifall bei der FPÖ. – Abg.
Mag. Molterer: Das zeigen
die Wahlergebnisse, gell?)
15.27
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Scheibner. Gesetzliche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.
15.27
Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, die Landwirtschaft ist wichtig, die Rechte der Bauern sind wichtig. Es ist wichtig, dass sie keine Bittsteller sind, das ist alles in Ordnung, und dass man Anträge auch rasch erledigen soll, keine Frage. Aber, Herr Kollege Pirklhuber, Sie stellen sich da heraus, schöpfen Ihre Redezeit mehr als die 10 Minuten aus, auch Ihre Frau Kollegin,
alles in Ordnung, nur ... (Abg. Dr. Van der Bellen: Was heißt „mehr als“? – Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist ein Blödsinn!) – Nein, das ist kein Blödsinn! Ich rede überhaupt keinen Blödsinn hier, darauf möchte ich Sie schon aufmerksam machen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Da würde mir ein klassisches Zitat hochkommen. Nicht das, was Sie meinen, sondern: Wie lange wollen Sie noch unsere Geduld missbrauchen? Herr Kollege, das ist nicht das, was Sie glauben, sondern das ist Cicero, Rede gegen Catilina. Ich sage das deshalb, weil ich bei aller Wichtigkeit dieser Frage darauf hinweisen will, dass der Sozialausschuss auch wichtig ist – und Ihnen war er ganz besonders wichtig. Der war Ihnen nämlich so wichtig, dass Sie nicht darauf eingegangen sind, dass wir diese Tagesordnung, die wir jetzt auf zwei Tage aufgeteilt haben, in einem Tag abhandeln, weil Sie gesagt haben, für diese wichtigen Materien im Sozialausschuss benötigen wir ausreichend Zeit, um das entsprechend abzuhandeln. Und Ihr Kollege Pilz hat gesagt, morgen brauchen wir Zeit für den Untersuchungsausschuss. Alles in Ordnung, deshalb hat man sich in der Präsidiale dazu gefunden, dass man an diesen beiden Tagen auf Sonderaktionen verzichtet.
Jetzt gebe ich Ihnen schon zu, dass das im Präsidialprotokoll unscharf formuliert ist. Es gibt deshalb auch das Ersuchen um Korrektur. Ich möchte jetzt gar nicht so weit gehen, zu sagen, dass da irgendeine Absicht dahinter steht, dass Herr Pirklhuber irgendwie Einfluss genommen hat auf das Präsidialprotokoll. (Abg. Ing. Westenthaler: Das glaube ich nicht!) Nein, das glaube ich natürlich nicht. Aber wenn Sie sich erkundigt hätten, dann hätten Sie sicherlich gewusst, dass man selbstverständlich in der Präsidiale gesagt hat, für beide Tage keine Sonderaktionen, sonst wäre ja der Sozialausschuss nicht so dringlich gewesen, und da hätten wir eben diese Zeit nicht gehabt.
Uns wäre auch einiges eingefallen, Herr Kollege Pirklhuber, was hier auch dringlich zu behandeln gewesen wäre, Fristsetzungsdebatten, alles Mögliche. Nein, wir haben zu Ihren Gunsten verzichtet, und deshalb ärgert es mich, dass Sie dann da herauskommen und gegen diese Vereinbarungen diese Debatte hier entfachen, die volle Redezeit ausschöpfen und sich jetzt wieder aufregen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Tatsächliche Berichtigung!) Sie können sich jetzt nicht mehr zu Wort melden – lesen Sie in der Geschäftsordnung nach!
Ich sage Ihnen nur: Wenn das Ihre Art und Weise ist, Vereinbarungen in der Präsidiale umzusetzen, dann war das die erste und letzte Vereinbarung, die wir mit Ihnen in diesem Gremium geschlossen haben. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Sburny: Das war nicht vereinbart!)
15.30
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Tatsächliche Berichtigungen sind bei so einer Debatte nicht vorgesehen.
Herr Abgeordneter Pirklhuber und Herr Klubobmann Van der Bellen: Ich mache nur darauf aufmerksam, wie beim Kollegen Westenthaler, auch das Wort „Blödsinn“ war in der XVIII. GP ordnungsrufwürdig. Ich bitte auch Sie, sich zu mäßigen. Ich erteile heute noch keine Ordnungsrufe, aber bitte, das ein bisschen im Hinterkopf zu behalten, was den Stil der Auseinandersetzung kurz vor Weihnachten betrifft. (Abg. Dr. Van der Bellen: Zur Geschäftsordnung!)
Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet. – Bitte.
15.30
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Danke, Frau Präsidentin! Ich gehe davon aus, dass ich mich geschäftsordnungsmäßig
in dieser Debatte nicht melden kann. Deswegen gehe ich geschäftsordnungsmäßig auf die Aussage von Herrn Scheibner ein, der ja ... (Abg. Scheibner: Das geht nicht! Man muss einen Antrag stellen! Das geht nicht! – Abg. Ing. Westenthaler: Das geht aber wirklich nicht, dass man sich jetzt aus der Bank meldet zur Geschäftsordnung als Replik auf einen Redebeitrag!)
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich bitte um Ruhe! Eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung ist immer möglich, sofern ein Antrag gestellt wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Da hat er einen Antrag zu stellen!) Das wurde aber in der Vergangenheit nicht so gehandhabt. Eine Runde zur Geschäftsordnung wurde immer zugelassen. Sie können sich gerne auch zur Geschäftsordnung zu Wort melden. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber nicht als Antwort auf einen Redner! Der kann doch nicht aus der Bank auf einen Redner antworten!)
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Tatsache ist, dass das Protokoll der Präsidialsitzung für morgen – ich betone: morgen Freitag – vorsieht, dass einvernehmlich auf so genannte Sonderaktionen verzichtet wird.
Tatsache ist, dass für heute Donnerstag keinerlei derartige Vereinbarung in der Präsidiale getroffen wurde. (Abg. Dr. Graf: Wo ist der Antrag?) Und gelten tut für mich zumindest, Herr Scheibner, das, was im Präsidialprotokoll vorgesehen ist.
Und einmalig ist wirklich, während laufender Sitzung
um 14 Uhr eine Veränderung des Präsidialprotokolls zu
beantragen, wie das Herr Klubobmann Molterer gemacht hat. Das ist wirklich
einmalig! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Kein Antrag!)
15.32
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung? – Bitte, Herr Klubobmann Westenthaler.
15.32
Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich finde das wirklich empörend, dass hier Präsidialvereinbarungen in Frage gestellt werden, die von allen anderen Fraktionen, außer von Ihrer, so gesehen werden, sowohl von ÖVP als auch von SPÖ; ich war vorher beim Kollegen Cap und habe ihn gefragt: Wir haben das alle selbstverständlich so aufgefasst, dass an beiden Tagen keine Sonderaktionen stattfinden. Das hat den einfachen Grund, Herr Kollege Van der Bellen, dass Sie und auch die Frau Präsidentin Glawischnig es waren, die sich in der Präsidiale bitter darüber beschwert haben, dass es keine Zeit für die Ausschüsse gäbe. Und jetzt machen Sie eine Sonderaktion, verzögern das Ende der Sitzung, und wir haben weniger Zeit für die Ausschussdebatten. Das ist der Punkt.
Herr Van der Bellen, Sie waren vorher bei mir und haben
gesagt, es war richtig, dass es eine Präsidiale gegeben hat, wo wir auch
für den ersten Tag – selbstverständlich – eine
diesbezügliche Vereinbarung getroffen haben. Dass Sie das jetzt plötzlich
anders sehen, verwundert mich, aber es zeigt auch einen gewissen nicht
vorhandenen Respekt vor Präsidialsitzungen und der
Geschäftsordnung. (Beifall beim BZÖ.)
15.33
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung? – Herr Klubobmann Strache, bitte.
15.33
Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Man muss selbstverständlich bestätigen, dass in der Präsidialkonferenz festgestellt wurde, dass wir zwar nicht auflagefristentsprechend handeln können, aber es Ausnahmen gibt, und
es wurde explizit ein Fahrplan festgemacht, dass es eben nicht so ist, wie der Herr Klubobmann Van der Bellen sagt, dass es nämlich zu keinen Sonderaktionen kommt, und zwar an beiden Tagen nicht, und dass auch nur jene Anträge behandelt werden, die wir in der Präsidiale besprochen haben.
Wenn man die Präsidialkonferenz nicht ernst nimmt, dann braucht man in Zukunft auch dort keine einvernehmlichen Lösungen mehr herbeiführen.
Ich sage klar und deutlich: Es braucht wahrscheinlich auch in Zukunft Geschäftsordnungsdebatten, denn das kann so nicht vonstatten gehen!
Wenn man weiterhin generell so agiert, dass „speed
kills“, obwohl das ja anders werden soll, hier in diesem Hohen Haus
Einzug hält und man entgegen der Geschäftsordnung permanent sozusagen
Vorgaben in der Präsidiale definiert, dann werden wir auch unseren Protest
erheben, und das werden wir nicht nur heute tun, sondern auch morgen. (Beifall
bei der FPÖ.)
15.34
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Gibt es noch weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung? – Das ist nicht der Fall.
Ich mache den Vorschlag, nachdem das in der Präsidiale eine sehr schwierige Plenarvorbereitung war, dass wir das noch nachbesprechen, selbstverständlich dann im Jänner. Und ich gehe davon aus, dass ... (Abg. Ing. Westenthaler: Nein, im Jänner aber nicht, aber wirklich nicht! – Abg. Mag. Molterer: Jetzt melde ich mich auch!)
Herr Klubobmann Molterer, Sie wollen sich auch noch zu Wort melden. – Bitte sehr.
15.34
Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin, Sie haben das Jahr nicht dazu gesagt. Wenn wir ein Problem haben, dann werden wir das heute klären. (Abg. Ing. Westenthaler: Ja, genau, jetzt!) Und ich sage Ihnen: Es war so, und zwar in der vorigen Präsidiale und in jener dieser Woche, dass wir das für beide Tage vereinbart haben, so wie es Herr Kollege Van der Bellen mir auch bestätigt hat. Ich lege daher Wert darauf, dass es jetzt oder im Anschluss eine kurze Runde der Klubobmänner gibt, dass wir bestätigen, was wir ausgemacht haben.
Ich bedauere nur, dass diese Vorgangsweise notwendig ist.
Für mich war es bisher immer so: Das, was wir ausgemacht haben, hat
gehalten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
15.35
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Jetzt hat sich noch Herr Kollege Cap zu Wort gemeldet. – Bitte.
15.35
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Die verständnislosen Gesichter der anderen Abgeordneten bestätigen mir, wir sollten die Konflikte da nicht so offen austragen, sondern wir sollten nachher eine Präsidiale machen, uns zusammensetzen und über den heutigen Tag noch einmal kurz reden und den morgigen Tag noch einmal durchbesprechen, damit wir nicht morgen wieder mit diesem Problem dasitzen.
Ein Vorschlag zur Güte: Machen wir nachher eine Präsidiale, nicht eine Steh-, sondern eine richtige Präsidiale, und klären wir das – und halten wir jetzt nicht den Betrieb hier auf!
15.35
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Herr Kollege Cap, habe ich das richtig verstanden, dass Sie das auch unterstützen, dass man eine kurze Sitzungsunterbrechung macht (Rufe bei der ÖVP und beim BZÖ: Nein! Nein!) und eine Runde der Klubobleute – oder danach eine Präsidiale? (Abg. Dr. Cap: Zwischendurch!) – Könnten Sie das noch einmal wiederholen, was der Vorschlag war? (Unruhe im Saal.) Ich bitte um Ruhe, sonst kann ich da heroben nichts verstehen. Danke!
15.36
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Mein Vorschlag wäre: Ein Mitglied des Präsidiums leitet hier die Sitzung weiter, und zwischenzeitlich ziehen wir uns zurück und tragen das alles aus und bereiten den morgigen Tag vor. Das, glaube ich, wäre das Beste. Da würden wir Zeit sparen, alle anderen machen die Sitzung weiter, und wenn dann der Trennungsschmerz zu groß ist, kommen wir ganz schnell wieder zurück. Ist das okay?
15.36
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Gut, das ist ein Vorschlag. Ich schaue jetzt einmal kurz in die Gesichter der Klubobleute. (Heiterkeit.) – Findet das Einvernehmen? Setzen Sie sich halt zusammen und teilen Sie mir das mit!
Ich werde mir jetzt noch das Präsidialprotokoll kommen lassen, um noch einmal nachzulesen, was tatsächlich vereinbart worden ist. Wir setzen in der Zwischenzeit fort.
In dieser Fristsetzungsdebatte gibt es keine weiteren RednerInnen mehr. Die Debatte ist daher geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den Antrag 55/A(E) betreffend gesetzliche Verankerung des Österreichischen Programms zur ländlichen Entwicklung 2007 bis 2013 eine Frist bis zum 29. Jänner 2007 zu setzen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich nehme nun die Verhandlung über den Punkt 7 der Tagesordnung wieder auf.
Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Rosenkranz. Sie haben sich ein Limit von 6 Minuten gesetzt. – Bitte.
15.37
Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich kann jetzt die Gunst der Stunde nützen, weil bei einer familienpolitischen Debatte das Plenum voll ist. Das ist wirklich eine angenehme Sache. Besser wäre es natürlich, jeder hier würde anerkennen, dass es sich hiebei um eine Schlüsselfrage handelt.
Frau Abgeordnete Lentsch, Sie haben von „Zuckerln“ gesprochen, die verteilt werden. Das, glaube ich, kann man nicht so sehen. Das sind keine Zuckerln, die an Mütter verteilt werden, sondern es ist doch der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es sich bei dieser Frage um eine sehr ernsthafte handelt, dass es nämlich tatsächlich in Österreich eine Reihe von Frauen gibt, die deswegen, weil sie Kinder erzogen haben, im Alter in Armut leben. Und wenn einer darangeht, hier einen Reparaturbedarf zu erkennen, dann kann man das nicht als Zuckerln-Verteilen bewerten.
Zur Aussage, dass mit der Grundsicherung dieses Problem weit besser abgedeckt wäre und dass man auch bedenken muss, dass auch andere Bevölkerungsgruppen in Armut leben, und so weiter: Es ist natürlich richtig, dass es auch andere armutsgefährdete Gruppen gibt. Allerdings verdient diese Gruppe, nämlich die der Mütter, die im Alter in Armut leben, schon eine besondere Beachtung, denn es ist ja geradezu ein Absurdum, dass genau jene, die mit ihrer Lebensleistung, nämlich dass sie Kinder erzogen haben, dafür sorgen, dass die Alterssicherung des Staates im Gesamten gesichert ist, dann individuell diese Alterssicherheit nicht genießen können. Das ist eine besondere Sache, die man auch besonders betrachten muss. (Anhaltende Unruhe im Saal.)
Insofern ist das Anliegen, das in diesem Antrag vorgelegt wird, natürlich überaus berechtigt, und es war seit jeher ein familienpolitisches ceterum censeo der FPÖ – und das hat sich offenbar auch trotz allem weiter vererbt –, dass hier eine Lösung gesucht und geschaffen werden muss. Was die konkrete Ausführung allerdings betrifft, kann man skeptisch sein. (Abg. Dr. Graf: Da ist es so laut, da hört man überhaupt nichts!)
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich bitte um ein bisschen Ruhe! Die Rednerin fühlt sich gestört. – Danke.
Abgeordnete Barbara Rosenkranz (fortsetzend): Ich möchte dem Anliegen, dass auch Mütter und vor allem Mütter eine Pension haben müssen, wenn der Gerechtigkeit nur einigermaßen Genüge getan werden soll – das wäre schon gut –, Gehör verschaffen. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber was die konkrete Ausführung betrifft, so denke ich, dass schwere Mängel zu finden sind. Zum Ersten ist es eine Kann-Bestimmung, kein Rechtsanspruch. Das ist auch vom Sinngehalt her keine ideale Sache. Es kann nicht im Ermessen liegen, ob man dieses wirklich ganz besonders gut begründbare Recht auch gewährt.
Zum Zweiten ist die Formulierung über den Bezug ungeheuer einschränkend. Sie hatten, als Sie in Kärnten das so genannte Müttergeld einmalig ausgezahlt haben – ich habe mir das heraussuchen lassen –, 10 900 Anträge. Mit dem eingeschränkten Zugang und diesen einschränkenden Bestimmungen haben Sie bis jetzt, obwohl das monatlich in Kärnten ausbezahlte Kindergeld jetzt schon mehrere Monate in Kraft ist, erst 2 000 Anträge bekommen. Sie schließen also sehr viele Frauen, die auch Kinder erzogen haben, über 60 sind und in Armut leben, aus, zum Beispiel durch die sehr unglückliche Bestimmung, dass nur jene Frauen es in Anspruch nehmen können, die nicht im gemeinsamen Haushalt mit einer unterhaltspflichtigen Person, sprich mit ihrem Ehemann leben. Das ist eigentlich eine eher eigenartige Einschränkung. Wer in aufrechter Ehe mit seinem Ehemann lebt, bekommt diese Leistung nicht.
Dennoch: Es wird über dieses Problem immer wieder zu reden sein, und es ist – noch einmal – eine besondere Gruppe, die es hier zu berücksichtigen gilt.
Darüber hinaus wird man aber den Grundkonstruktionsfehler der Pensionsversicherung irgendwann einmal ernsthaft überlegen und beheben müssen, den Grundkonstruktionsfehler nämlich, dass die allgemeine Pensionsversicherung, so wie wir sie haben und wie sie in Mitteleuropa üblich ist, aber grundsätzlich jede Alterssicherung natürlich mit Kindern steht oder fällt. Es kann nicht so sein, dass man ein System schafft, das genau jene, die es maßgeblich aufrechterhalten, benachteiligt. Das ist der klassische Fall eines Systems, das sich selbst das Wasser abgräbt. Das ist der Grundfehler.
Es haben auch Wissenschafter bei der Einführung der allgemeinen Sozialversicherung ausführlich darauf hingewiesen, dass der allgemeinen Alterssicherung auch eine Berücksichtigung der Leistung der Kindererziehung gegenüberstehen muss. Das leistet der Familienlastenausgleich aber nur ganz peripher. In Österreich hat man das nicht berücksichtigt. Ich kenne das Zitat von Adenauer. Er hat dazu flapsig gesagt: Kinder
kriegen die Leute sowieso. – Was übrigens eine kolossale Fehleinschätzung war, aber man hatte einfach keine Lust zu handeln. Irgendwann in ferner Zukunft wird es ein Problem geben, aber jetzt machen wir das nicht. Das muss gelöst werden!
Wer Kinder erzieht und deswegen das System der Alterssicherung maßgeblich aufrechterhält, kann davon nicht einen individuellen Schaden haben. Das ist ganz klar auch im Interesse des Systems.
Es gibt noch ein anderes wunderbares Zitat, das sehr griffig ist. Ein Wirtschaftswissenschafter sagte: Es ist schon eigenartig: Wir leben in einer Gesellschaft, in der, wer Schweine mästet, ein hoch angesehener Mann ist, wer Kinder erzieht, ist es nicht. – Diesen Zustand sollten wir auch einmal beheben und beenden.
Es liegt dazu ein Antrag der Freiheitlichen im zuständigen Ausschuss auf, in dem wir das aufgreifen und sagen: Was die Beiträge betrifft, die man aktuell als junger Mensch, als erwerbstätiger Mensch abführen muss, so muss auch die Anzahl der Kinder eine Rolle spielen. Das ist in der Bundesrepublik Deutschland unter Rot-Grün bei der Pflegeversicherung so eingeführt worden. Das wäre eine kolossale Hilfe für kinderreiche junge Haushalte und auch die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten im Pensionsrecht – natürlich in umfangreicherer Form, als es jetzt der Fall ist.
Folgendes muss ich am Schluss schon noch hinzufügen. Frau Ministerin, ich habe es, als ich Sie noch beraten konnte, immer wieder ausführlich dargelegt: Sehr wohl hat die Pensionsreform mit der Durchrechnung auf Lebensarbeitszeit genau die Mütter absolut benachteiligt. Die Erhöhung bei den Kinderanrechnungszeiten war damals nicht annähernd eine Kompensation dieser Einschränkung. Auch da werden wir in naher Zukunft etwas tun müssen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Neugebauer.)
15.44
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Fuhrmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.
15.45
Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Hohes Haus! Dieser Antrag zeigt, dass in der kommenden Legislaturperiode noch zahlreiche Diskussionen darüber zu führen sein werden, wie man gerade etwas im Bereich der Familien verbessern kann. In dem Fall wird sich ja der Ausschuss für Arbeit und Soziales damit beschäftigen.
Ich möchte jetzt, rückblickend auf die Vorrednerin, weil sie die Anrechnung der Kindererziehungszeiten angesprochen hat, schon sagen, dass gerade die Bundesregierung der vergangenen Jahre dafür gesorgt hat, dass die Frauen wirklich einmal in den Vordergrund gestellt werden. Dazu muss man noch sagen, dass wir innerhalb der Europäischen Union tatsächlich das einzige System haben, das die Gleichstellung aller Pensionssysteme nicht nur angestrebt, sondern auch geschafft hat. Diesbezüglich sind wir in Österreich ein Herzeigebeispiel – das auch deshalb, weil wir die Kindererziehungszeiten nun noch besser anrechnen können.
Wenn wir hier eine doppelte Beitragsgrundlage von 1 350 € haben, die wirksam wird, dann ist das schon eine Verbesserung, die Sie nicht unter den Tisch kehren können, sondern das ist etwas, was man in den Vordergrund stellen muss und was auch ein Vorteil ist für gerade jene Zielgruppe der Frauen, die Sie angesprochen haben.
Außerdem hat es auch für jene Frauen, die besondere Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich geleistet haben, eine Anerkennung gegeben, und zwar stand da insgesamt – oder steht noch immer – ein Topf von in etwa 15 Millionen € zur Verfügung. Man geht davon aus, dass bis Ende Februar 2006 in etwa 34 400 Anträge positiv erledigt worden sind. Das heißt, auch da hat man versucht, mit einer Einmalzahlung einer bestimmten Zielgruppe das anzuerkennen, was sie geleistet hat.
Ich glaube, dass die Politik grundsätzlich schon auch dafür Sorge tragen sollte, dass in diesen Bereichen – eine neue Gesetzgebungsperiode bringt das ja mit sich – Gesamtkonzepte entwickelt werden können und nicht nur Stückwerk, wenngleich es manchmal Situationen gibt, wo einzelne Zahlungen an bestimmte Zielgruppen auch notwendig sind. Dennoch möchte ich appellieren, dass man bei solchen Angelegenheiten auch immer den Weitblick nicht verliert, nämlich dahin gehend, dass es gerade, wenn es die Zielgruppe der Frauen betrifft, nicht nur ältere Frauen, sondern auch jüngere Frauen gibt, die Unterstützung brauchen. Auch da gibt es in Zukunft viel zu tun betreffend die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Ich denke, die Politik ist gefordert, immer auch die Gegenwart bestmöglich zu gestalten und nicht im Nachhinein immer Reparaturmaßnahmen zu ergreifen.
Ich meine, gerade das Kinderbetreuungsgeld war so eine Maßnahme, die junge Frauen unterstützt hat. Studentinnen, auch Schülerinnen, sofern sie betroffen waren, hatten erstmals einen Anspruch auf Kindergeld. Das war zuvor nicht möglich, weil der Anspruch an die Ausübung eines Berufs gekoppelt war.
Um das auch mit Zahlen zu belegen: Das Kinderbetreuungsgeld wird jetzt in der Höhe von etwa 1,4 Milliarden € ausbezahlt, beim Karenzgeld 1999 war es ein Drittel, 580 Millionen €. Da erfolgte eine deutliche Unterstützung für die Frauen.
Ich glaube, dass genau in diesem Sinne die Familienpolitik, aber auch die Frauenpolitik – man darf das nicht immer vermischen, man muss die Dinge auch hier voneinander trennen können – in Zukunft konstruktiv verhandelt werden soll. Ich nehme an, dass das auch im Ausschuss, diesen Antrag inkludierend, passieren wird. (Beifall bei der ÖVP.)
15.48
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haubner mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 2 Minuten. – Bitte.
15.48
Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag des BZÖ zur Einführung eines Müttergeldes hat jetzt in der Diskussion gezeigt, dass von allen Rednerinnen und Rednern mit Ausnahme jener der SPÖ eine große Bereitschaft vorhanden ist, etwas zu tun – etwas zu tun für eine Generation, die in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt wurde.
Daher finde ich es mehr als peinlich, wenn eine Vertreterin der Sozialdemokratie von den Rechten der Frauen spricht, aber Rechte, die die Frauen im Alter heute nicht haben, in der Vergangenheit in keiner Weise berücksichtigt hat.
Ich frage: Wo war in der Vergangenheit der gerechte Anteil
für Frauen, die die Familienarbeit geleistet haben, die Kinder
erzogen haben, die Ältere gepflegt haben? – Wir vom BZÖ
haben in dieser Regierung diese Rechte für die Frauen durchgesetzt, nicht
nur bei der Erhöhung der Kindererziehungszeiten, sondern auch bei der
Erhöhung und Verdoppelung der Beitragsgrundlage (Beifall beim
BZÖ.)
Eines erscheint mir schon noch sehr wichtig: In Zukunft brauchen Frauen nur noch sieben Jahre Erwerbsarbeit, um eine Pension zu bekommen, denn die restliche Zeit kann für Familienleistungen angerechnet werden. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das sind Taten und nicht nur Reden über die Rechte der Frauen, sondern hier wird gehandelt!
Eines möchte ich auch noch anmerken: Frau Kollegin Lentsch hat gesagt, das BZÖ habe nun das Herz für Frauen über 60 entdeckt. – Ich glaube, wir haben in dieser ver-
gangenen
Regierung sehr richtig für die Frauen der so genannten Aufbaugeneration gehandelt,
denn es hat 60 Jahre lang gedauert, bis da erstmals eine Leistung des
Staates erfolgte. (Abg. Heinisch-Hosek: Almosen!)
Sie reden immer von Almosen, aber Sie haben überhaupt nichts getan! Wir erkennen die Situation. Daher sage ich: Reden Sie nicht ständig nur über etwas, machen Sie bessere Vorschläge! Handeln Sie!
Ich lade Sie herzlich ein: Schaffen Sie Gerechtigkeit und helfen Sie ein bisschen mit, das zu reparieren, was Sie vernachlässigt haben! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
15.50
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise den Antrag 31/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.
Erste Lesung: Antrag
der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft
geändert wird (IG-L-Novelle 2006) (7/A)
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nunmehr zum 8. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Das Wort erhält zunächst Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
15.51
Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es freut mich, dass die Frau Ministerin anwesend ist, denn unser vorliegender Novellen-Vorschlag ist etwas, was die Gesundheit ganz immens betrifft – die Gesundheit der Menschen als oberstes Gut. Sie ist unbezahlbar, und damit sollte man sorgsam umgehen.
Die Immissionsschutzgesetz-Novelle, die mit den Stimmen von ÖVP und BZÖ durchgezogen wurde, bringt massive Verschlechterungen für die Gesundheit der Menschen und schadet der Umwelt. Und zuletzt, Herr Kopf, schadet sie auch der Wirtschaft. Unser Novellen-Entwurf beseitigt im Wesentlichen zwei Verschlechterungen, beide angeführten Punkte gehen Hand in Hand.
Ihre Novelle des Immissionsschutzgesetzes hat quasi die Grenzwerte außer Kraft gesetzt. Demnach reichen schon Ankündigungen von Reduktionen der Emissionen, um neue Emittenten zuzulassen. Das ist unserer Meinung nach untragbar für die belasteten Regionen. Gebiete, die durch gesundheitsgefährdende Luftschadstoffe belastet sind, dürfen keinen neuen Emittenten ausgesetzt werden. Da muss es klare Regelungen zum Schutz der Gesundheit der Menschen, zum Schutz der Umwelt geben.
Wenn wir uns die Sanierungsgebiete anschauen, so ist die Liste lang – lang und zahlreich in Österreich. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, wir wollen keine Städte, wir wollen keine Regionen in Österreich, in denen Kinder krank werden allein dadurch, dass sie dort atmen. (Beifall bei den Grünen.)
Der erste Schritt, der getan werden muss, ist, zu prüfen: Wie können denn die Emissionen gesenkt werden? – Da muss man schauen: Von wo kommen sie denn her? Da
bedarf es der Anstrengung aller Emittenten, um dieses Ziel zu erreichen. Und diese sind sehr leicht zu lokalisieren, denn einerseits ist das der Verkehr, andererseits sind das Gewerbe und Industrie und natürlich auch der Hausbrand.
In Österreich ist in Bezug auf die integrierten Umwelttechnologien schon einiges erreicht und Fortschritte gemacht worden – das ist positiv zu sehen. Ich denke, Gewerbe und Industrie haben zum Teil ihre Hausaufgaben gemacht, dennoch sind große Felder offen.
Im Bereich Hausbrand, Wärmeversorgung, Wärmedämmung hinkt Österreich hinten nach. Da sind große Schritte in Richtung erneuerbare Energien zu setzen. Diese müssen oberste Priorität haben. Das gilt auch für die Wärmedämmung und Häusersanierung. Es sollen Technologien zum Einsatz kommen wie die Passivhaus-Technologie, die Niedrighaus-Technologie.
Das alles muss selbstverständlich und ein absolutes Muss werden, um diesbezüglich Fortschritte zu erzielen. Und diese Strategie, meine Damen und Herren, spart Energie, schützt die Umwelt, tut der Gesundheit gut und schafft Arbeitsplätze. Moderne Umweltpolitik leistet beides: Sie schützt die Menschen und die Umwelt und schafft Arbeitsplätze. Und genau darum muss es gehen, genau so muss Umweltpolitik angelegt werden. (Beifall bei den Grünen.)
Da heute schon vom kleinen Wirtschaftswunder, das momentan in Österreich mit den Wachstumsraten passiert, gesprochen wurde, so muss man schon sagen: Nutzen wir doch die Gunst der Stunde! Nutzen wir die Gunst der Stunde: Investieren wir in die Zukunft, investieren wir in den Umweltschutz und schützen wir so die Gesundheit unserer Kinder!
Bezüglich der absoluten Schwachstelle Verkehrspolitik in Österreich gilt es, Schritte zur Forcierung des öffentlichen Verkehrs zu setzen und natürlich endlich die Güter auf die Schiene zu bringen, wo es absolute Versäumnisse gibt. Herr Kopf, ich sage Ihnen: Viele Wirtschaftsbetriebe, Industriebetriebe beschweren sich über die mangelnde Anschlussmöglichkeit an die Gleisstruktur der ÖBB, die gegeben ist.
Zum zweiten Vorschlag, dass der Verkehrsminister ein Vetorecht haben soll, wenn Landeshauptleute Maßnahmen setzen, um den Verkehr einzudämmen, ist zu sagen: Das geschieht inzwischen in Österreich in allen Bundesländern. Dieses Vetorecht steht dem Verkehrsminister kompetenzmäßig nicht zu und es ist auch nicht einzusehen, dass in Österreich – dem Land des Föderalismus pur – die politische Kompetenz und die Verantwortung der Länder beschnitten werden sollen.
Wir glauben, dass hier endgültig Schritte zu setzen sind, um den Schutz der Gesundheit und den Schutz der Umwelt zu erreichen und natürlich auch die Spielräume durch reduzierte Emissionen in anderen Bereichen zu vergrößern, damit auch Arbeitsplätze geschaffen werden.
Das Nichthandeln von Minister Pröll hatte zur Folge,
dass sich die Feinstaubelastung enorm erhöht hat. Schauen Sie sich die
Daten an! In jedem der Bundesländer, wie Sie hier sitzen, gibt es
Regionen, wo die Werte sozusagen explodieren. Auch bei Ihnen, Herr Scheibner! (Abg. Scheibner:
Bei mir in Wien ...!)
Wir stehen zu Tempo 100, das ist keine Frage! Das war notwendig, damit wir auch die Spielräume für die Wirtschaft sichern. So ist das, Herr Scheibner! Da gilt es jetzt, die richtigen Schritte zu setzen, und daran müssen wir auch arbeiten.
Wir wollen ein Immissionsschutzgesetz, das die Gesundheit der Menschen sichert, die Umwelt schützt und auch reale Arbeitsplätze schafft. Und genau mit dieser Novelle wird das auch gelingen. (Beifall bei den Grünen.)
15.57
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.
15.58
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich verstehe die Grundintention des Antrages, ich glaube auch, dass – wenig überraschend – das IG-L einige Bereiche beinhaltet, an denen man durchaus Verbesserungen anbringen kann. Das haben wir bereits in der letzten GP gesagt, hatten hier auch konkrete Vorstellungen dazu.
Zu den zwei konkret vorgeschlagenen Änderungen, die hier zur Debatte stehen, ist zu sagen: Es ist so, dass uns die Erste gut gefällt – da geht es, glaube ich, um das Einspruchsrecht des Verkehrsministers –, also eine Art Vetorecht gegen Fahrverbote. Diese Art Vetorecht haben wir auch in der letzten GP kritisiert, daran hat sich nichts geändert.
Beim zweiten Bereich verstehe ich vielleicht die Intention, die dahinter steckt, aber so, wie ich das jetzt gelesen habe und wie ich das sehe, würde diese Bestimmung in der Praxis zum Beispiel dazu führen, dass, wenn in einem Sanierungsgebiet eine Fernwärmeanlage aufgebaut werden soll – die natürlich Emissionen hat, gleichzeitig aber wesentlich mehr Emissionen reduziert, weil sie effizienter ist, weil sie bessere Filteranlagen hat –, diese nicht genehmigt werden dürfte, weil Reduktionspotenziale bei einzelnen Anlagen, bei einzelnen Projekten oder bei einzelnen Sanierungen nicht angerechnet werden dürften. – Das heißt, in diesem Bereich wäre das zum Beispiel etwas, was wir, so glaube ich, alle wollen, alle gut fänden, was auch sehr gut wäre. Das wäre aber laut UVP dann nicht zulässig!
Die Intention dahinter verstehe ich. Es geht darum, dass man nicht einfach sagt: Egal, wie die Luftsituation, wie schlecht die Luft ist, Hauptsache wir können noch mehr Betriebe ansiedeln! Das verstehe ich, das wollen wir auch nicht. Dennoch muss es auch in Sanierungsgebieten möglich sein, neue Betriebe oder neue Anlagen in Betrieb zu nehmen. Das geht ja oft Hand in Hand mit der Schließung von alten, weniger effizienten Anlagen. Worum es geht, ist ein Plan für dieses Sanierungsgebiet, um dort die Luftsituation auch tatsächlich und nachprüfbar zu verbessern. Und da dürfen neue Anlagen dann diese Ziele und diese Wege eben nicht konterkarieren.
Ich habe Ihnen ein Beispiel gebracht, was nach diesem Gesetz nicht erlaubt wäre, obwohl wir das alle wollen. Schauen wir uns das im Ausschuss genau an, schauen wir gemeinsam, dass wir ein gutes Gesetz zusammenbringen und wie wir das IG-L verbessern können, damit wir die Luftsituation in Österreich verbessern und all die Ziele, Gesundheit et cetera auch erfüllen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
16.00
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hörl zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.
16.00
Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzte Mitglieder des Hohen Hauses! Seit ein paar Wochen habe ich die Ehre, Tirol hier im Nationalrat vertreten zu dürfen. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, warum ich nach wie vor noch zu überraschen bin, in erster Linie von den teilweise haarsträubenden Forderungen und Ideen der grünen Fraktion. Den ersten Teil Ihres Antrages, liebe Frau Abgeordnete, liebe Frau Präsidentin Glawischnig, kann ich ja noch nachvollziehen. Den Ländern wieder mehr Kompetenzen in Verkehrsfragen zu geben, ihnen mehr Entscheidungsspielraum zu erteilen, das ist aus der Sicht meines Bundeslandes durchaus positiv, allerdings muss man doch auch sehr aufpassen, dass die Wirtschaft auf nationaler
Ebene auch künftig gleiche Bedingungen vorfindet. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)
Den zweiten Teil Ihres Antrages empfinde ich dagegen uneingeschränkt als Zumutung. Sie fordern, dass in betroffenen Gebieten keine weiteren Betriebsanlagengenehmigungen mehr erteilt werden dürfen. Wenn Sie glauben, der Wirtschaft unseres Landes unter dem Deckmäntelchen der Ökologie auf der Gurgel knien zu müssen, dann hört sich der Spaß aber auf! Da geht es um die zentrale Frage von Arbeit und Lebensqualität für breite Schichten der Bevölkerung, denn zu einer hohen Lebensqualität gehört nicht nur die gute Luft, das saubere Wasser, die schöne Landschaft, sondern auch eine funktionierende Wirtschaft, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen.
Sehen wir uns einmal die Situation in einer von diesem Antrag betroffenen Region genauer an: Ein Großteil des Tiroler Inntales ist als Sanierungsgebiet nach IG-Luft ausgewiesen. Im Inntal leben rund zwei Drittel der Tiroler Bevölkerung. Die Menschen leben nicht zuletzt deswegen dort, weil sie die hohe Lebensqualität schätzen, sie leben dort, weil es auch eine funktionierende Wirtschaft und gute Betriebe gibt, die ihnen Arbeitsplätze zur Verfügung stellen und damit eine Zukunftsperspektive darstellen.
Sicher ist das Inntal kein Himmel auf Erden. Noch schöner wäre es natürlich ohne Verkehrslärm und ohne Feinstaub in der Luft. Das sind Probleme, denen wir uns stellen müssen und wollen. Wer aber, wie die Grünen, meint, der Umwelt einen Gefallen zu tun, indem er der Wirtschaft ihre Entwicklungsmöglichkeit nimmt, hat noch nicht gelernt, in größeren Zusammenhängen und ein bisschen weiter in die Zukunft zu denken. Dieser grüne Vorschlag bewirkt vor allem eines: eine Arbeitsplatzvernichtung im großen Stil. Wenn diese grüne Ideen umgesetzt werden, dann gehen eben viele Arbeitslose auf der grünen Wiese spazieren. Wollen wir das? (Abg. Dr. Lichtenecker: Das stimmt nicht, und das wissen Sie genau! – Ruf bei der ÖVP: Stimmt genau!) – Ich glaube, Sie haben den Überblick nicht. (Beifall bei der ÖVP.)
Es ist natürlich auch verräterisch, und Sie wissen das auch besser, dass die Grünen mit dem Stopp für Betriebsanlagengenehmigungen nur auf die Betriebe losgehen. (Abg. Dr. Lichtenecker: Das stimmt auch nicht!) Sie könnten ja auch fordern, dass die Wohnungsheizung nur dann aufgedreht werden darf, dass Privatautos nur dann fahren dürfen, wenn die Grenzwerte unterschritten sind. Das würde wahrscheinlich mehr bringen als der Stopp von Betriebsanlagengenehmigungen, aber da haben Sie zu Recht Angst vor dem Zorn der Leute. Sie nehmen die gewerbliche Wirtschaft in Geiselhaft der übrigen Verursacher, solange es nur gegen Ihre altes Feindbild, nämlich die Wirtschaft geht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, bitte beantworten Sie mir eine Frage: Glauben Sie, dass es den Menschen in schadstoffgeplagten Regionen wirklich hilft, wenn die Firmen vertrieben werden, wenn tausende Arbeitsplätze vernichtet werden? (Abg. Dr. Lichtenecker: Wer will die Firmen vertreiben?) Gehen wir die Sache doch von der anderen Seite her an: Unterstützen wir unsere Unternehmen, wenn es um moderne Technologie geht, um Technologien, die auch zu Reduktion von Schadstoffen führen können, aber lassen wir sie wirtschaften und lassen wir den Menschen ihre Arbeit, ihre Perspektive und damit auch ihre Lebensgrundlage und den Wohlstand.
Wir haben alle das Ziel, die Luftsituation in besonders belasteten Gebieten zu verbessern, aber wir unterscheiden uns in der Herangehensweise. Sie von den Grünen wählen den Weg der Beschränkung, wir den der Entwicklung. Sie betrachten die Wirtschaft als bösen Feind, der gestutzt gehört, wir wollen, dass die Wirtschaft funktioniert, denn dann ist sie motiviert und in der Lage, den veränderlichen Bedingungen ihrer Umgebung und den Ansprüchen unserer Menschen gerecht zu werden. Menschenleere Hallen mit Schornsteinen können das nicht. Ihr Konzept funktioniert sicher nicht.
Wir wollen auch die Umwelt schützen, aber mit der Wirtschaft, denn die Wirtschaft sind wir alle. – Sie hingegen gehen mit Ihrer wirtschaftsfeindlichen Politik letztlich mit der Brechstange gegen den Wirtschaftsstandort und damit gegen die Menschen vor. Ich halte fest: Für diesen Antrag gibt es keine europarechtlichen Notwendigkeiten, und das geltende Recht ist im Widerspruch zu Ihrer Behauptung streng genug, um weitere Belastungen hintanzuhalten. Mit Ihrem Antrag, sollte er Gesetz werden, ist der Verlust von hunderten Arbeitsplätzen zu erwarten und daher lehnen wir diesen Ihren Antrag ab. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenecker: Das stimmt auch nicht!)
16.05
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Weinzinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.
16.06
Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten heute um die Mittagszeit eine kurze lyrische, dichterische Phase hier im Hohen Haus, und ich wollte gerade bei diesem Thema ein wenig daran anschließen.
Immissionsschutzgesetz – das ist ein bisschen ein Hexameter – Immissionsschutzgesetz Luft – da reimt sich darauf Duft, Gruft und Schuft. Am Duft merkt man, wenn die Immission zu stark wird und wenn etwas nicht stimmt. In die Gruft kommt der oder kommen die, die dem zu lange ausgesetzt sind. Ein Schuft ist der, der damit sowohl den Autofahrer, und zwar den PKW-Fahrer ununterbrochen belastet und ihn zum Schuldigen macht. (Beifall bei der FPÖ.)
Ein Schuft ist auch der, der dadurch unsere Wirtschaft und unsere Wirtschaftsentwicklung hemmt, während überall dort, wo tatsächlich Umweltverschmutzung in größtem Ausmaße auch in Richtung Luft betrieben wird, auf internationaler Ebene gar nichts geschieht. Solange man den für die gesamte Welt so ungeheuer wichtigen Urwald im Amazonasgebiet abholzt und damit maßlosen Schaden für die ganze Welt bringt, solange hier nicht international eingegriffen werden kann, können wir durch die Herabsetzung und Herabminderung der Geschwindigkeit auf einem um hunderte Millionen Schilling ausgebauten Autobahnstück in Oberösterreich nichts bewirken, abgesehen davon, dass wir damit sowieso nichts bewirken. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Wie auch von zwei Vorrednern bereits gesagt: Natürlich müssen wir diese Problematik immer im Auge und im Kopf haben, und natürlich müssen wir immer überlegen, ob wir es nicht noch besser lösen können, aber man darf hier wahrlich nicht übers Ziel schießen. Man darf hier nicht, wie in Oberösterreich geschehen, ein Autobahnstück, und zwar ein maßgebliches Autobahnstück, das um teures Geld ausgebaut wurde, einfach einer Geschwindigkeitsbegrenzung unterwerfen und sagen, damit haben wir unsere Emissionswerte wieder heruntergebracht, was ja nicht stimmt, denn die Ergebnisse sind drei Jahre alt und die Ergebnisse sind nicht immer so. Und der Hauptimmissionseintrag kommt ja bekanntlich von den LKW, das müssen wir wissen.
Daher sollten wir uns überlegen, wie wir die gesamte Wirtschaft ein wenig ändern, damit nicht die Kartoffeln vom Burgenland nach Portugal transportiert werden, dort geschält werden, hinaufgebracht werden nach Belgien, dort geschnipselt werden, hinuntergebracht werden nach Sizilien und dort gebraten werden, um dann überall in Europa als Pommes frites ausgeliefert zu werden. Das muss doch nicht sein. Man kann doch die Produktion wiederum in die engeren Bereiche bringen, in das Land, in den Staat. Man muss doch nicht alles internationalisieren und damit einen Verkehr provozieren, den wir schon lange nicht mehr im Griff haben. Dort sollte man hindenken.
Also: Gehen wir es an! Schauen wir uns die Vorschläge der Novelle des Immissionsschutzgesetzes, IG-L-Novelle 2006 an. Wir werden darüber diskutieren und werden Fachleute zu Wort kommen lassen, doch schießen wir nicht übers Ziel auf Kosten unserer Autofahrer und auf Kosten unserer Wirtschaft! (Beifall bei der FPÖ.)
16.09
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Schalle für freiwillig gewählte 5 Minuten. – Bitte.
16.10
Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Umwelt ist nicht nur ein Thema, das mich als Abgeordneten interessiert muss, sondern Umwelt ist ein Thema, das mir ganz besonders am Herzen liegt. Eine intakte Umwelt ist eigentlich das größte Gut, das wir unseren Nachkommen hinterlassen können. Wie wichtig mir Umwelt ist, zeigt ja beispielsweise, dass es vor 13 Jahren – wenn Sie sich erinnern können – ungefähr 2 000 Biobauern gegeben hat. Jetzt sind es über 20 000, und da war ich nicht ganz unbeteiligt daran. Dies nur nebenbei, um zu zeigen, dass eine gesunde Umwelt für mich von besonderer Wichtigkeit ist.
Nun aber zu Ihrem Antrag. Generell stellt die im November 2005 beschlossene Gesetzesnovelle meiner Ansicht nach ein sehr gutes Regelwerk dar. Trotzdem bin ich nicht der Meinung, dass alle darin vorhandenen Regelungen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag Gültigkeit haben müssen. Im Gegenteil! (Abg. Dr. Lichtenecker: Sehr gut!) Analog zu neuen Erkenntnissen wird es immer wieder Neuanpassungen brauchen.
Sie, meine Damen und Herren der Grünen, verlangen unter Punkt 1 Ihres Antrages sozusagen ja nur die Streichung der letzten drei Sätze. Gerade diese erscheinen mir aber im Gesamten gesehen schon sehr wichtig, denn gerade was den Straßenverkehr anlangt ist eine vielseitige Sicht, Bewertung und Abwägung der Plus- und Minuspunkte von unverzichtbarer Bedeutung. Sie stört das Mitspracherecht des Verkehrsministers bei verkehrsbeschränkenden Maßnahmen, die vom Land erlassen werden können. Dabei bezieht sich dieses Vetorecht des Verkehrsministers nur auf das hochrangige Straßennetz, also nur auf Autobahnen und Schnellstraßen.
Haben Sie überhaupt schon einmal nachgedacht, wie die Realität aussehen könnte? Wenn der Wiener Landeshauptmann ein generelles Fahrverbot für LKW auf der A 23 verordnet, was würde dann passieren? Der ganze Verkehr würde über Niederösterreich gehen. Was würde das für die Umwelt bedeuten? Haben Sie jetzt gesehen, dass sektorale Einschränkungen einfach einer mehrfachen Bewertung bedürfen?
Oder ein anderes Beispiel – heute schon erwähnt: Nehmen Sie die A 1, die ja mit Steuergeldern dreispurig ausgebaut wird, um ein sicheres Befahren mit Tempo 130 zu gewährleisten. Dann wird aber von der jeweiligen Landesregierung eine sektorale 100-Stundenkilometer-Beschränkung verfügt, und das trotz der vielen Lärmschutzwände. Sie lassen außerdem zu, dass Österreich durch uneingeschränkte Länderverordnungen zu einem verkehrspolitischen Fleckerlteppich wird. Wer stellt und bewertet dann die Frage der Einhaltung der Prinzipien der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit?
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was diese sektoralen, dem IG-L entsprechenden Hunderterbeschränkungen generell für die Autofahrer bedeuten würden? – Sie würden einmal mehr zu Melkkühen der Nation gemacht, denn abgesehen von den höheren Anschaffungskosten für umweltfreundliche Autos wird jeder Verstoß gegen die Hunderterbeschränkung doppelt geahndet, nämlich einerseits gemäß der Straßenverkehrsordnung und zweitens nach dem Immissionsschutzgesetz. Ich sehe schon ein, dass Verstöße geahndet werden müssen, aber das daraus lukrierte Geld
kommt nicht dem Bund beziehungsweise dem Straßennetz zugute, sondern es fließt völlig ungebunden den Länderkassen zu.
Da frage ich mich: Was hat da die Umwelt davon? Ich bin daher der Überzeugung, dass speziell bei Transeuropäischen Verkehrsnetzen dem Verkehrsminister ein Mitspracherecht unbedingt zusteht.
Unter Punkt 2 Ihres Antrages verlangen Sie
vordergründig nur den Austausch der Termini „anstreben“
und „einzuhalten“. Was das aber wirklich bedeutet, nämlich
eine eklatante Verschärfung für Anlagegenehmigungen, das
berücksichtigen Sie nicht. Damit in Verbindung stünde eine schwere
Bedrohung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Trotzdem dürfen die
Anliegen des Gesundheitsschutzes keinesfalls übersehen werden, da bin ich
ganz bei Ihnen, meine Damen und Herren der Grünen. (Abg. Dr. Lichtenecker:
Das freut mich!)
In Form der Einhaltung der EU-Richtlinien und genauer
Bewertung der jeweiligen Situation muss es einfach möglich sein, die
Bevölkerung vor gesundheitsschädlichen Immissionen zu
schützen. Trotzdem dürfen wir aber nicht ein Land ohne Wirtschaftsstandorte
werden. Das IG-L soll der Gesundheit der Menschen dienen, es darf ihnen aber
auch nicht die Möglichkeit der Erwerbstätigkeit nehmen. –
Danke. (Beifall beim
BZÖ. – Abg.
Dr. Lichtenecker: Schön
und fehlerfrei gelesen!)
16.15
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.
16.16
Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Vor etwas mehr als einem Jahr haben beide Regierungsparteien hier im Hohen Haus das Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005 beschlossen. In diesem Gesetzeskonvolut waren auch einige Änderungen zum Immissionsschutzgesetz-Luft enthalten, unter anderem das auch von meinem Vorredner jetzt genannte Vetorecht für den Verkehrsminister gegen verkehrsbeschränkende Maßnahmen.
Seither müssen die Bundesländer mit dem Verkehrsminister das Einvernehmen herstellen, wenn auf Grund der Abgaswerte Tempobeschränkungen auf Autobahnen länger als drei Monate gelten sollen. Global gesehen hat dieses Umweltrechtsanpassungsgesetz für die Bundesländer eine massive Behinderung im Kampf gegen den Feinstaub gebracht. Das haben seinerzeit nicht nur die Oppositionsparteien, sondern insbesondere die Länder und auch zahlreiche Experten eindeutig festgehalten.
Wir stehen jetzt so wie alle Jahre wieder am Beginn der so genannten Feinstaubsaison. In den nächsten Monaten wird dieses Thema jahreszeitbedingt wieder einmal im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit stehen. Die Menschen auf der Straße, unsere älteren MitbürgerInnen und vor allem die Eltern kleiner Kinder werden sich ganz zu Recht fragen, wann die Politik endlich flankierende Maßnahmen zur Minderung der Feinstaubbelastung zu setzen gedenkt.
Meine geschätzten Damen und Herren! Heute diskutieren wir über einen Antrag der Grünen, der zumindest den schlimmsten Fehler der damaligen IG-Luft-Novelle durch Wegfall des Vetorechts des Verkehrsministers gegen feinstaubbedingte verkehrsbeschränkende Maßnahmen auf Autobahnen und Schnellstraßen ausmerzen möchte. Die Intention dieses Antrages ist aus unserer Sicht durchaus zu begrüßen und zu unterstützen. Die Palette an Ausnahmebestimmungen für Fahrverbote im IG-Luft ist bereits mehr als umfangreich. Es ist nicht notwendig, dass die Landeshauptleute in Ihren Maßnahmen auch noch zusätzlich durch dieses Vetorecht des Verkehrsministers behindert werden.
Meine geschätzten Damen und Herren! Vielleicht sollte man sich das eigentliche Ziel der IG-Luft-Gesetzgebung wieder einmal in Erinnerung rufen – ich zitiere –:
„Ziel dieses Bundesgesetzes sind ... der dauerhafte Schutz der Gesundheit des Menschen, des Tier- und Pflanzenbestands ... vor schädlichen Luftschadstoffen sowie der Schutz des Menschen vor unzumutbar belästigenden Luftschadstoffen ...“
Hohes Haus! Problemlösungskompetenz bei den Themen Feinstaub, Stickoxide und Klimaschutz haben in den vergangenen Jahren nicht unbedingt zu den Stärken der Verantwortlichen gehört. Österreich ist vom Kyoto-Ziel Lichtjahre entfernt. Statt minus 13 Prozent zum Basisjahr 1990 liegt Österreich um plus 29 Prozent über dem Kyoto-Ziel. Auch die Vorgaben über die Emission von Stickoxiden werden wohl deutlich verfehlt werden.
Meine geschätzten Damen und Herren! Maßnahmen in
den zentralen Ansatzpunkten wie Energie und Verkehr, Klimaschutzmaßnahmen
im Inland statt Ablasshandel und Freikauf von Verpflichtungen im Ausland und
ein ernsthafter Ausbau des nationalen Klimaschutzplans sind daher für die
nächsten Jahre ein Gebot der Stunde. – Danke schön. (Beifall
bei der SPÖ.)
16.19
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Vilimsky. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.
16.20
Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Vier knappe Minuten, die ich dafür verwenden möchte, auch die Interessen der Autofahrer und Autofahrerinnen hier mit entsprechendem Nachdruck zu vertreten.
Wir diskutieren heute über Maßnahmen zur Luftreinhaltung und zur Reduktion von schädlichen Abgasen, gehen aber dabei aus meiner Sicht völlig an der Sache vorbei, weil nämlich von Maßnahme zu Maßnahme eine Situation herbeigeführt wird, in der die Autofahrer es schwerer und schwerer haben und der Verkehr zähflüssiger und zähflüssiger wird.
Eine dieser unseligen Maßnahmen, die eigentlich wirklich alles andere als im Sinne der Luftreinheit ist, ist Fahren mit Licht am Tag. Das ist vom Herrn Verkehrsminister ausgegangen und ist mit der Zustimmung aller Fraktionen, soweit ich das überblicken konnte, außer unserer, über die Bühne gegangen. Und heute stellt sich heraus, dass Fahren mit Licht am Tag eine Mehrbelastung an Treibstoffverbrauch von 0,2 Liter pro 100 Kilometer nach sich zieht.
Hat eigentlich irgendwer von Ihnen gedacht und überlegt und evaluieren lassen, was das in Summe für einen Mehrausstoß an Kohlendioxid für Österreich zur Folge hat? Die Ausmaße sind gigantisch! Es gibt keine Studie darüber, aber es wäre angebracht, eine solche zu machen. Das einzige Grundlagenmaterial, das mir zugänglich war, ist ein Artikel im „New Scientist“ in Großbritannien, wo es heißt – ich darf im Original zitieren – :
„If
every car in the UK used daytime running lights, 1.8 million tonnes of
carbon dioxide would be added to the atmosphere each year.”
Legt man das jetzt um auf Österreich, auf die Zahl der hier lebenden Menschen und die Zahl der hier genutzten Pkw, kommt man drauf, dass Fahren mit Licht am Tag eine Summe von 234 000 Tonnen zusätzlichen CO2-Ausstoß nach sich zieht. Das ist eine der größten umweltpolitischen Katastrophen, die hier beschlossen wurde! Und wenn man etwas für die Luftreinhaltung machen will, muss man genau da ansetzen (Beifall
bei der FPÖ) und eine Maßnahme rückgängig machen, die auch gegen die Verkehrssicherheit gerichtet ist, eine Maßnahme, durch die Motorradfahrer massiv Schaden nehmen, wie immer mehr Warnungen deutlich machen. Und jetzt warnt auch der Verkehrsclub Österreich – das ist der alternative Verkehrsclub in Österreich – davor, dass Fußgänger massiven Schaden nehmen könnten dadurch, dass Fahren mit Licht am Tag zur Verpflichtung wurde.
Die nächste Verkehrsschikane, die ebenfalls eine massive Schädigung für unsere Luft darstellt, ist der Tempo-30-Wahn, und auch der kommt von den Grünen. Mittlerweile ist klar, dass dadurch eine unglaubliche Mehrbelastung gegeben ist. Wenn ich 30 km/h fahre, heißt das, dass ich entweder mit dem ersten Gang völlig übertourig fahre und daraus eine gigantische Mehrbelastung durch Kraftstoffverbrauch folgt, und wenn ich mit dem zweiten Gang fahre, fahre ich extrem untertourig und schade meinem eigenen Motor. – Eine umweltpolitische und verkehrspolitische Schnapsidee!
Nächster Punkt: das massive Parkproblem in den Ballungszentren. Es ist mir schon klar, dass das zu einem Gutteil die Aufgabe der Kommunen ist, aber auch hier wäre es notwendig, dass der Bund sich einbindet, dass der Bund mit Fördermaßnahmen, mit Programmen dafür sorgt, dass hier mehr Parkmöglichkeiten gefunden werden, vor allem auch deshalb, weil das Drehen von Runden auf der Suche nach einem Parkplatz in einem Ballungsraum völlig unnotwendigerweise Energie verschwendet und die Luft schädigt.
Was wir brauchen, ist ein Verkehrsminister, der die Interessen von Umweltschutz und Autofahrern wirklich in Einklang bringt, und nicht eine Politik, die sich darin definiert, Autofahrer zu einem ideologischen Feindbild zu erklären. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir von der FPÖ machen das gerne. Wir übernehmen
hier im Hohen Haus gern die Rolle eines Autofahrer- und Motorradfahrerklubs und
wollen das auch ohne Wenn und Aber wahrnehmen. (Abg. Dr. Lichtenecker:
Sind Sie ARBÖ oder ÖAMTC?) – Weder noch, sondern es
geht darum, abseits von irgendeinem politisch gefärbten Klub die Interessen
der Autofahrer wahrzunehmen, weil es hier niemand tut und weil viele in die
Falle Ihrer Politik gegangen sind: die SPÖ aus Angst davor, dass sie ein
paar grün Angehauchte verliert, die ÖVP aus weiß Gott was
für unerfindlichen Gründen. Mobilität ist ein Grundrecht der
Bevölkerung, nämlich von der Heimstätte zum Arbeitsplatz zu kommen.
(Neuerlicher Zwischenruf der Abg.
Dr. Lichtenecker.)
Frau Lichtenecker, es ist kein Verbrechen, mit dem Pkw zu fahren (Beifall bei der FPÖ), genauso wenig, wie es ein Verbrechen sein kann, mit der Familie am Wochenende einen Ausflug zu machen oder mit dem Auto auf Urlaub zu fahren! Und wenn ich das mit dem Auto mache, ist das nicht ein Akt, den ich vorsätzlich zur Schädigung unserer Luft begehe, sondern ich nutze einfach mein Grundrecht auf Mobilität. (Abg. Sburny: Nur für Autofahrer? Oder für andere auch noch?) Und das soll nicht blockiert werden, nicht gehemmt und reduziert werden durch Beschränkungen im Verkehrsrecht, was in weiterer Folge ja kein anderes Ziel hat, als dass die Luft noch mehr verschmutzt wird, als es jetzt schon der Fall ist.
Das ist der falsche Weg, den lehnen wir ab. (Zwischenrufe der Abg. Dr. Lichtenecker.) Denken Sie nach über die 234 000 Tonnen Kohlendioxid mit Ihrem Fahren mit Licht am Tag, und denken Sie darüber nach, wie viele tote Motorradfahrer dieses Jahr zusätzlich zu verzeichnen gewesen sind! – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)
16.25
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Eder zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.
16.25
Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Vilimsky hat jetzt versucht, hier Autofahrer, Umwelt und Gesundheit ein bisschen durcheinander zu bringen. Ich möchte dazu nur ein paar Dinge in aller Klarheit sagen.
Erstens einmal, Kollege Vilimsky, muss man einen längeren Zeitraum bei diesen Umweltverschmutzungen ins Auge fassen. Die Verschmutzung war im Jahr 2000, als ein FPÖ-Minister namens Schmid begonnen hat, sein Amt zu führen, viel schlimmer als heute, nur sind dessen Batterien relativ rasch leer gewesen. Die FPÖ hat hier also nicht viel beigetragen.
Zum Zweiten kam dann die Frau Minister Forstinger, ich glaube, auch von der FPÖ, auch für den Verkehr zuständig, und auch in dieser Zeit hat sich außer Chaos-Politik nicht allzu viel hier abgespielt.
Danach kam Minister Reichhold, auch damals noch von der FPÖ: Auch unter seiner Ministerschaft hat sich in diesem Bereich nicht viel abgespielt.
Sich heute als Vertreter der Freiheitlichen Partei hierher zu stellen und zu meinen, man muss wesentlich mehr und etwas anderes tun, ist schon ein bisschen kühn.
Zum Zweiten möchte ich sagen, dass wir natürlich immer abzuwägen haben zwischen Sicherheit und Umwelt. Zu „Licht am Tag“ gab es eine Enquete, eine lange vorbereitete Besprechung, eine lange vorbereitete Sitzung, ob Licht am Tag Sinn macht, wohl wissend, dass natürlich, wenn mehr Energie verbraucht wird, auch etwas mehr Kraftstoff verbraucht wird. Das ist gar keine Frage. – Wobei aber die 0,2 Liter pro 100 Kilometer wieder aus dem Ärmel geschüttelt sind, denn es gibt Autos, die brauchen mehr, andere brauchen weniger, die einen haben größere, die anderen kleinere Motoren. Ich weiß nicht, woher Sie die 234 000 Tonnen haben. (Abg. Vilimsky: ADAC!) Das sind halt alles Rechenwerte „made by FPÖ“.
Wir haben hier eine Evaluierung eingezogen bei diesem Gesetz, und in zwei Jahren wird noch einmal genau überprüft, ob es zu mehr Verkehrssicherheit beigetragen hat, Licht am Tag einzuführen, und welche Belastungen der Umwelt daraus entstehen. Wenn wir diese Evaluierung durchgeführt haben, werden wir auch endgültig feststellen können, ob man dabei bleibt oder nicht.
Es war eine strittige Frage, das gebe ich zu, aber man muss eben prüfen, ob manche Dinge der Verkehrssicherheit dienen, ob es dadurch weniger Tote, weniger Verletzte, weniger Leid gibt, ob sie geringere Folgekosten im Straßenverkehr nach sich ziehen oder nicht. Und dann – in einem Jahr, denn ein Jahr läuft die Aktion ja schon – werden wir sehen, ob das Sinn macht oder nicht. Dann sind Sie natürlich herzlich eingeladen, auch an dieser Diskussion wieder mitzuarbeiten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
16.28
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise den Antrag 7/A dem Umweltausschuss zu.
Erste Lesung: Antrag
der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und
Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz
und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates
(Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (9/A)
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir kommen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Das Wort erhält zunächst einer der Antragsteller, im konkreten Fall Herr Kollege Mag. Kogler, mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.
16.29
Abgeordneter Mag. Werner Kogler
(Grüne): Herr
Präsident! Geschätzte Damen und Herren! – Ganz besonders
begrüße ich den Abgeordneten Pilz, der uns schon des Längeren
durch seine Anwesenheit hier beehrt hat. (Heiterkeit.)
Ich werde gleich darauf zu sprechen kommen, was die Möglichkeiten hier hinkünftig betrifft. Wir sind ja, glaube ich, noch nicht ein ganzes Drittel hier, aber die frohe Botschaft wäre – und jetzt komme ich zum Thema –, dass wir hinkünftig auch als Minderheit der hier Anwesenden einen Untersuchungsausschuss einsetzen könnten, wenn wir wenigstens das Quorum für die Anwesenheit erreichen würden.
Zum Ernst der Sache: Wir haben ja zwar jetzt aktuell zwei Untersuchungsausschüsse, die ihre Arbeit bereits aufgenommen haben. Worum soll es in Zukunft gehen?
Wie immer nach Nationalratswahlen – das beobachte ich jetzt schon länger – hat man zumindest eine Mehrheit von Fraktionen, die sich alle dafür aussprechen, dass die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen ein Minderheitsrecht werden soll. Das ist eine hoch vernünftige Angelegenheit; ich werde mich darüber nicht verbreitern. Hier liegt jetzt ein konkreter Antrag vor, der auf die Verfassungsbestimmung des Art. 53 Abs. 1 rekurriert – Kollege Cap ist auch da; ich habe in der APA nachgelesen; er hat praktisch völlig identisch das vertreten, was in diesem Antrag nun vorliegt –, dass bereits ein Begehren von 20 Abgeordneten einem Beschluss zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gleichzuhalten ist.
Das war eigentlich ein sehr weit reichender Vorschlag. Wir haben, glaube ich, ursprünglich immer ein Drittel gehabt, haben uns aber dann sofort gedacht: Na, hinterm Cap bleiben wir nicht!, und haben den Antrag in diese Richtung modifiziert und letztendlich auch eingebracht.
Jetzt aber taucht die Befürchtung auf – und entsprechende Debatten hat es schon oft gegeben –: Wenn das ein Minderheitsrecht wird, die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen, dann wird das sofort exzessiv von der einen oder anderen Fraktion ausgenutzt, und wir haben praktisch nichts anderes mehr zu tun, als Untersuchungsausschüsse zu machen.
Ich halte das Argument für grundsätzlich falsch, auch wenn es keine Beschränkung ex lege geben würde, weil nämlich jede politische Fraktion, die halbwegs bei Vernunft ist und dann auch noch bleibt, das nicht bis zum Exzess treiben wird, denn das fällt ohnehin nur auf die Antragsteller zurück, wenn weiß ich wie viele Ausschüsse sind und in keinem geht etwas weiter. Es wäre eigentlich gar nicht notwendig, Beschränkungen vorzusehen, weil das freie Spiel der Kräfte und die politische Vernunft das selbst steuern würden; davon bin ich überzeugt.
Aber für jene, die sich da ganz unsicher sind, Frau Kollegin Fekter zum Beispiel, haben wir in diesem Vorschlag folgende Beschränkung drinnen, die sich anlehnt an bestimmte Minderheitsrechte und Begehren für die Sonderstellungen des Rechnungshofes als Prüfabnehmer hier vom Haus. Mit Mehrheit können wir immer alles beschließen, das ist klar. Deshalb können wir auch den Rechnungshof losschicken mit einer Sonderprüfung, mit Mehrheitsbeschluss. Wir haben aber auch, und das ist die völlige Analogie,
die Möglichkeit, dass eine Fraktion mit 20 Abgeordneten ein derartiges Prüfbegehren auf die Reise schickt. Genauso soll es hier sein.
Und dann gibt es auch die Beschränkung, dass nicht mehr als drei gleichzeitig sein dürfen. So ist es auch hier geregelt. Da geht es sogar nur um zwei gleichzeitig mögliche Ausschüsse.
Das heißt, die Angst – das sei für
allfällige Nachredner gleich einmal mitgeschickt, da braucht man dann
keine Zeit mehr darauf zu verschwenden –, dass es da weiß ich
wie viele gleichzeitige Ausschüsse gibt, ist unnötig, denn das
würde hier auch per Gesetz, dann aber per Geschäftsordnungsgesetz des
Nationalrates verhindert, und es würde ganz gleich funktionieren wie die
entsprechenden Instrumente und Institute für den Rechnungshof. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den
Vorsitz.)
Das wirklich Interessante und Innovative ist aber etwas ganz anderes, denn: Was hilft denn die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit Minderheitsrecht, wenn alle Verfahrensschritte dort nur wieder mit Mehrheitsrecht beschlossen werden könnten? Und jetzt schalten wir das in völliger logischer Analogie durch: Auch dort gibt es die Möglichkeit für die Minderheit, sogar für einen einzelnen oder eine einzelne Abgeordnete, Beweisbeschlüsse und letztlich auch – das betrifft vor allem Zeugenladungen – noch entsprechende Beweiserhebungen, wo es um Dokumente geht, selbst und als Einzelner oder als Einzelne beantragen zu dürfen. Und das ist dann wieder mit zwei beschränkt, also dass von einer Fraktion an einem Sitzungstag das nicht mehr als zwei beanspruchen dürfen. – So weit, so logisch. So weit sollten auch Ihre Ängste dann beseitigt sein. So weit, so vernünftig.
Das ist ein ganzes Paket, ist auch schon fertig erzählt, und jetzt geht es eben um dieses „Fenster“ nach Regierungsverhandlungen. Wir gehen ja davon aus, dass das jetzt nicht explizit in einem Regierungsprogramm drinnen steht. Wir brauchen ja für diese Sache eine Zweidrittelmehrheit, aber immer nach Wahlen hätte man die Mehrheit. Diesmal darf ich auf den Kollegen Cap vertrauen, dass er dann mit dafür sorgt, dass wir das zustande bringen, genauso wie es alle jetzt öffentlich behauptet haben, und ich sehe da eigentlich überhaupt kein Hindernis, dass wir das endlich einmal durchbringen können.
Meine fünf Minuten sind auch schon wieder vorbei. Ich darf mich daher darauf beschränken, zu sagen, dass wir zwei Untersuchungsausschüsse haben, denen man tunlichst nichts Schlechtes mehr nachsagen, sondern sie endlich arbeiten lassen sollte.
Es bemühen sich also alle, und am Schluss werden wir draufkommen, dass wir schon viel früher diese Verfassungsänderung hätten machen sollen. (Beifall bei den Grünen.)
16.35
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Dr. Cap. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.
16.35
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich kann gleich nahtlos an die Ausführungen meines Vorredners anschließen. Er hat natürlich auch die Problematik sehr gut beschrieben. Es geht nicht nur darum, dass es ein Minderheitsrecht hier im Hohen Haus gibt. Es wären zum Beispiel 20 Abgeordnete eine Maßzahl, die es ermöglichen würde, dass hier Oppositionsparteien, kleinere Parteien einen Untersuchungsausschuss beantragen könnten.
Kollege Kogler hat auch völlig zu Recht die Frage angesprochen: Wie soll dann ein von einer Minderheit einberufener Untersuchungsausschuss arbeiten und funktionieren können? Auch da muss eine Möglichkeit eingebaut werden – es kann das sein, was Kollege Kogler beschrieben hat, aber das kann man dann noch in dem Arbeitskreis,
der diese Geschäftsordnung zu erarbeiten hat, behandeln. Hier muss wirklich die Möglichkeit bestehen, eine demokratische Ausweitung der Kontrollmöglichkeiten vorzunehmen.
Sollten wir gemeinsam zur Bildung einer Regierung kommen, sollten wir uns einmal grundsätzlich dazu bekennen, dass wir dieses Minderheitsrecht Untersuchungsausschuss haben möchten. Die konkrete Ausformung muss dann hier mit allen Parteien ausgearbeitet werden, denn es kann ja nicht so sein, dass die zwei großen Parteien über die drei anderen Parteien drüberfahren, sondern das muss dann gemeinsam erarbeitet werden, damit es auch wirklich eine demokratische Qualität hat.
Zur Arbeit der beiden gerade laufenden Untersuchungsausschüsse kann ich dem Abgeordneten Graf, der in dem einen Untersuchungsausschuss tätig ist, Respekt und Lob aussprechen, ebenso dem Abgeordneten Pilz, der im anderen Untersuchungsausschuss tätig ist, aber auch Respekt und Lob allen anderen Abgeordneten, auch den Abgeordneten der ÖVP, aussprechen, die hier mitwirken und die hier auch ihren Beitrag leisten, damit diese beiden Untersuchungsausschüsse zu wirklich guten Ergebnissen kommen.
Ich denke, dass das ein wirklich gutes Beispiel eines sehr demokratischen Vorgangs ist, und ich würde auch sagen, das sind die Vorboten für dieses Minderheitsrecht. Das ist einer der Aspekte.
Wir müssen uns – das darf ich hier
anhängen, obwohl es zu diesem Antrag unmittelbar nicht passt –
schon auch Gedanken machen, sollte es dann die eine oder andere Regierung
wirklich geben – in dem Fall ist uns lieber die eine, Frau
Abgeordnete Fekter (Abg. Dr. Fekter: Oder doch die andere?) –,
wie die Fragestunden ablaufen. Will man es weiter so, wie es in der
Vergangenheit war, dass da zwar ein engagiertes Befragen war, aber nicht immer
ein sehr engagiertes Antworten? Das ist ein Punkt, den man sich wirklich
anschauen sollte und wo man überlegen sollte, ob man wirklich dabei
bleiben will. (Zwischenruf der Abg.
Dr. Fekter.)
Das ist mir schon wichtig, die Fragestunde, und wie dieses Spiel, das kein Spiel sein soll, zwischen Regierungsmitgliedern und Abgeordneten wirklich abläuft. Das ist mir ein großes Anliegen. Frau Abgeordnete Fekter, Sie können Ihren Demokratisierungs-Elan in diesen Untersuchungsausschuss einbringen. Wie ich höre, sind Sie dort ohnehin sehr engagiert, und wir werden weiter beobachten, ob Sie das auch in Zukunft sind.
Ein weiterer Punkt, der ganz wichtig ist: Dass, wenn Bürgerinitiativen und Volksbegehren einlangen, diese nicht mit Ende der Legislaturperiode „auslaufen“, sondern wirklich hier auf dem Tisch liegen – was’s wiegt, das hat’s – und auch bearbeitet werden, auch wenn es etwas länger dauern sollte. Das ist ebenfalls ein ganz, ganz wesentlicher Aspekt.
Der Umgang mit der Volksanwaltschaft und mit den Rechnungshöfen – bitte: Einrichtungen des Parlaments! – ist hier zu regeln, die Kompetenzen, die Art und Weise, wie sie ihre Arbeit verrichten können, die Berichtskultur, die grundsätzliche Öffnung der Ausschusssitzungen. Kurzum: Wenn wir uns wirklich bemühen, stehen wir am Beginn einer Ära eines neuen, lebendigeren, transparenten Parlaments, eines Parlaments, das demokratischer ist und das seine Kontrollrechte viel, viel besser und breiter ausüben kann.
Dafür werden wir stehen – auch wenn wir in der Regierung sitzen werden, werden wir dafür stehen. Denn vergessen Sie nicht, Frau Abgeordnete Fekter: Man ist manchmal schnell in einer Regierung, aber man ist auch schnell wieder draußen.
Ich sage Ihnen, es ist daher vielleicht nicht so unklug, wenn man wirklich dafür eintritt – nicht nur aus grundsätzlichen Erwägungen, sondern weil es hier um das Selbstwert-
gefühl der
Abgeordneten, um das Hohe Haus, um das Parlament, um die Demokratie geht – und alles dafür tut,
dass diese demokratische Qualität möglich ist und die Rahmenbedingungen
dafür geeignet sind.
Wir hatten auch
gerade Debatten, was die Einhaltung der 24-Stunden-Frist betrifft. Bei all
diesen Dingen muss man sich – sollte es diese geplante Regierung
geben – bemühen, was dann den Umgang mit den Oppositionsfraktionen
betrifft, dass sie rechtzeitig ausgiebig Zeit haben, ihre Kritik einzubringen,
damit wir uns mit dieser Kritik auseinander setzen können. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den
Vorsitz.)
Wenn Sie es
geschickt machen und eine gute Idee haben oder eine gute Initiative starten
wollen, dann bringen Sie sie nicht nur für das Publikum und für die
Galerie ein, sondern rechtzeitig. Ich schaue jetzt die Kolleginnen
und Kollegen von der ÖVP an: Vielleicht können wir das, sollte
es zu dieser Regierung kommen, dann einfließen lassen. Wenn gute Ideen
von diesen drei Oppositionsparteien kommen, kann man sie einfließen
lassen. (Abg. Scheibner: Wir sind es! Wir kennen euch schon zu lange!)
Ich weiß,
es müssen sich so manche von Ihnen etwas umstellen und umgewöhnen.
Das war jetzt so ein bisschen eine Art absolute Regierungsmehrheit, die Sie da
gerade gehabt haben. Dem hat der Wähler am 1. Oktober ein Ende
bereitet. Jetzt heißt es umdenken; jetzt heißt es sich
umgewöhnen; jetzt heißt es mehr Demokratie wagen, wie Willy Brandt
gesagt hat. – Das ist, denke ich, eine Parole, zu der wir uns hier
wirklich vollinhaltlich bekennen wollen und bekennen können. (Beifall
bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
16.41
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
16.41
Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter
(ÖVP): Sehr geehrte
Frau Präsidentin! Werter Herr Kollege Cap! Mir gefällt es nicht, wenn
Sie dieses „Spiel“ hier im Hohen Haus erwähnen. Wir betrachten
das nämlich nicht als Spiel, sondern uns ist diese Debatte ernst. (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap. – Ruf bei der SPÖ: Das ist aber neu!) Wir
wollen natürlich auch geschäftsordnungsmäßig
darüber diskutieren, was man vielleicht verbessern kann, was man
spannender gestalten kann (Abg.
Dr. Cap: Demokratischer!), was in Wirklichkeit im Hinblick auf den
Ablauf unserer Arbeit hier optimiert werden kann.
Unsere Geschäftsordnung
kennt eine Fülle von Minderheitsrechten. Wir haben einen sehr
ausgeprägten Minderheits- und Kontrollrechtsparlamentarismus. Ich
möchte das heute einmal darstellen, damit sich in den parlamentarischen
Protokollen irgendwann einmal findet, welche Minderheitsrechte wir haben.
Ein Abgeordneter oder ein Ausschussmitglied
kann mündliche Anfragen, Zusatzanfragen stellen, getrennte
Abstimmungen und Stimmenauszählung verlangen, Wortmeldungen zur Geschäftsordnung
machen, Einwendungen gegen die Tagesordnung einbringen. Er hat ein
Rederecht – zweimal pro Debatte. (Abg. Mayerhofer:
Rederecht!) Weitere Rechte sind
die Überreichung von Petitionen, Verlangen einer aktuellen Aussprache,
Verlangen der Behandlung eines Vorhabens im EU-Unterausschuss und das
Einbringen von Abänderungsanträgen, unselbständiger
Entschließungsanträge. – Das kann ein Abgeordneter allein.
Das Recht von fünf Abgeordneten ist es zum Beispiel, eine schriftliche Anfrage zu stellen, Dringliche Anfragen einzubringen, Dringliche Anträge zu stellen, eine Aktuelle Stunde zu gestalten, weiters die Einberufung von Kurzdebatten über Anfragebeantwortungen und Fristsetzungen sowie die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen,
oder das Verlangen einer Debatte über eine
Erklärung von Regierungsmitgliedern, sowie das Stellen von
Initiativanträgen, Entschließungsanträgen,
Misstrauensanträgen und Abänderungsanträgen.
Das Recht von
20 Abgeordneten, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es, eine
Sondersitzung pro Jahr zu verlangen, die Durchführung von
Sonderprüfungen durch den Rechnungshof zu verlangen, die Durchführung
einer namentlichen Abstimmung sowie die Verlesung des amtlichen Protokolls am
Schluss der Sitzung zu verlangen. (Rufe
bei der FPÖ: Danke, Frau Fekter! Danke! Rederecht! – Rufe bei der SPÖ: Seminararbeit!)
Das Recht eines Fünftels
der Abgeordneten ist die Vertagung der Abstimmung eines Misstrauensantrages
sowie eines Antrages auf Auflösung des Nationalrates.
Das Recht eines Viertels
der Abgeordneten ist die Einsetzung des Rechnungshof-Unterausschusses,
betrifft Sonderprüfungen eines bestimmten Vorganges, sowie das Verlangen
der Behandlung eines Vorhabens im EU-Hauptausschuss.
Das Recht eines Viertels
der Ausschussmitglieder ist speziell die Einberufung des Ständigen
Unterausschusses betreffend Staatspolizei und Heeresnachrichtendienst.
Ein Drittel
der Abgeordneten kann eine Sondertagung einberufen und Gesetze beim Verfassungsgerichtshof
anfechten.
Zu den Mehrheitsrechten (Abg. Öllinger: Das
sind aber keine Minderheitsrechte, die Mehrheitsrechte!): All das, was ich
jetzt in Fülle vorgelesen habe, sind Rechte einer Minderheit der
Abgeordneten – also so wenig ist das nicht, was der Unmut der Abgeordneten
über diese lange Liste ja gezeigt hat. (Abg.
Öllinger: Sie haben das falsch
verstanden!)
Mehrheitsrechte sind in unserer Geschäftsordnung noch die Einsetzung von
Untersuchungsausschüssen, der Beschluss einer Ministeranklage, der
Beschluss eines Misstrauensvotums, der Zitationsbeschluss – das
heißt, wenn wir ein Regierungsmitglied hier haben wollen –,
die Durchführung von parlamentarischen Enqueten und die Einsetzung
von Enquetekommissionen.
Ich habe das
deshalb erwähnt, weil daraus ersichtlich ist, dass eine Hierarchie
in den Aktivitäten im Hinblick darauf besteht, was ein Einzelner
kann, was mehrere können und was die Mehrheit kann. Diese Hierarchie ist
in den Kontrollrechten ausgewogen, und diese Ausgewogenheit soll nicht durch ein
einzelnes Instrument, das sozusagen vom Mehrheitsbeschluss zu den
Minderheitsbeschlüssen wandert, geändert werden. – Wir halten die geltende Rechtslage
eigentlich für gut und ausreichend. (Beifall bei der ÖVP.)
16.46
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
16.46
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerne hätte ich mir natürlich noch angehört, was die anderen Fraktionen sagen. Aber ich bin sicher, so etwas wie die Rede der Abgeordneten Fekter werde ich nicht mehr erleben. (Heiterkeit bei den Grünen und der FPÖ.)
Das hat schon etwas für sich, Frau Abgeordnete Fekter,
dass Sie sich trauen, hier am Rednerpult das Rederecht von Abgeordneten
explizit als Minderheitsrecht darzustellen. (Abg.
Dr. Fekter: Zwei Mal pro
Debatte!) Danke, Frau Abgeordnete Fekter! Ich falle auf die Knie vor Ihnen,
weil ich hier reden darf. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten
der SPÖ.)
Frau Abgeordnete Fekter! Sie haben leider vergessen zu
erwähnen, dass es dieses Rederecht für einzelne Abgeordnete nur dann
gibt (Abg. Dr. Fekter: Wenn genug Redezeit da ist!), wenn es ihnen von
der Fraktion zugeteilt wird, denn für einen fraktionslosen
Abgeordneten schaut es mit dem Rederecht nicht so gut aus, das wissen wir. (Abg. Dr. Fekter: Freilich! Die haben mehr
Redezeit! – Abg. Scheibner: Geschäftsordnung
lesen!) Da muss er sich eine Mehrheit – oder zumindest eine
Fraktion – suchen, dann darf er reden.
Frau Abgeordnete Fekter, wenn Sie hier ans Rednerpult treten
und die Mehrheitsrechte des Parlaments
im Zusammenhang mit dem ausgeprägten Minderheits- und
Kontrollrechtsparlamentarismus aufzählen, dann geht mir wirklich die
Hutschnur hoch! Das eine hat mit dem anderen wirklich nichts zu tun,
außer dass sich natürlich Minderheiten auch zu Mehrheiten
zusammenschließen können.
Aber wir haben
leider immer noch das Problem in diesem Haus – und insofern ist Ihre
Rede schon ein größeres Problem, um das vorsichtig zu
formulieren –, dass Sie natürlich mit den Stimmen der
ÖVP, wenn Sie das so wollen, jede Reform, die zu mehr Rechten für das
Parlament führt, blockieren können. – Das können Sie
noch machen.
Sie haben in der
Vergangenheit bewiesen, dass Sie das gut machen können. Da waren
schon fast alle Abgeordneten von allen Parteien – auch von Ihrer
Partei! – mit
Sachen einverstanden, und dann gab es – daran kann ich mich gut
erinnern – den einsamen damaligen Fraktionsvorsitzenden Khol,
der gesagt hat, solange er hier Fraktionsvorsitzender ist, gibt es das
nicht. – Und es
war so. (Abg. Dr. Fekter: Nein! Kann ich mich nicht
erinnern!) – Es war
zum Beispiel so in familienpolitischen Fragen, wo ich mich noch gut erinnern
kann, dass die ÖVP-Frauen auch der Meinung der anderen Parteien waren. (Abg. Dr. Fekter: Ich kann mich nicht erinnern, und ich war immer dabei!)
Möglicherweise
erleben wir auch diesmal wieder eine solche Situation. Sie hätten ja mit
dem ersten Satz ganz gut angefangen, Frau Abgeordnete Fekter! Es geht allerdings
nicht nur darum, dass wir das Parlament – was Sie
wollen – „spannender“ machen. – Das
finde ich auch interessant. Das teile ich: Machen wir es spannender!
Aber allein Ihre
Rede, diese Saturiertheit, mit der Sie hier sagen, es ist alles gut, es braucht
nichts besser zu werden, es gibt Minderheitsrechte, es gibt Mehrheitsrechte im Parlament. –
No na net, das wissen wir! Wir sind aber unzufrieden nicht nur mit dem, was Sie
den Minderheiten einräumen, sondern auch damit, wie der Parlamentarismus
in Österreich abläuft.
Viele der
Zuschauer sind genauso mit diesen Zuständen unzufrieden. Ich bin dem Herrn
Klubobmann Cap durchaus dankbar dafür, dass er das Beispiel der
Fragestunde aufgegriffen hat: Das ist eines entwickelten Parlamentarismus nicht
würdig, wenn wir ein Frage-Antwort-Spiel abwickeln, das natürlich
einer bestimmten Situationskomik nicht entbehrt, weil die Fragen ja
vorformuliert sind, die Antworten aber nach Gutdünken gegeben werden
können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem an die Adresse der ÖVP gerichtet: Es gab eine Zeit – Sie können sich vielleicht noch daran erinnern – Ende 2002/Anfang 2003, nach den letzten Wahlen, da war auch die ÖVP kurzfristig dafür, dass der Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht eingerichtet wird.
Sie sollten das nicht vergessen, und vor allem sollten Sie
sich eines Besseren besinnen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, werte
Frau Kollegin Fekter, gehen Sie in sich! (Beifall bei den Grünen sowie
bei Abgeordneten der SPÖ.)
16.50
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.
16.50
Abgeordneter Mag. Ewald Stadler
(FPÖ): Frau
Präsidentin! Hohes Haus! In tiefster Demut und voll Dankbarkeit betrete
ich diese Rostra, um reden zu dürfen. Frau Kollegin Fekter, ich bin
mir dieses Rechtes bis zur heutigen Rede gar nie so deutlich bewusst
gewesen! Ich danke Ihnen herzlich für diese Mitteilung meines Rederechtes.
Wir sind in einem Parlament – wo doch „parlare“ reden
bedeutet. Das heißt, der Name dieses Hauses drückt es ja schon
aus, aber die Rede, die Sie heute gehalten haben, hat es wieder deutlich
gemacht, wie dankbar man für dieses Recht sein muss – Sie haben
völlig Recht! –, auch dafür, dass man eine Rede halten kann,
wie Sie jetzt eine gehalten haben. (Abg.
Dr. Fekter: Lesen Sie die
Geschäftsordnung! ... Kasperltheater!)
Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Kollegin Fekter,
Sie haben dabei noch vergessen, das Recht der Abgeordneten zu erwähnen,
bei der Debatte sitzen zu dürfen, auch wenn ihnen der Sessel
zusammenkracht, wie es mir jetzt gerade passiert ist. (Abg. Mag. Gaßner:
Ruhig sitzen bleiben!) Oder das Recht, sich in gebückter Haltung, aber
gebührend höflich der Regierungsbank der ÖVP nähern zu
dürfen. – Das haben Sie auch vergessen zu erwähnen. Oder
gar das Recht, durch einen Seiteneingang dieses Haus wieder verlassen zu
dürfen. Frau Kollegin Fekter, auch dieses Recht haben Sie bei der
Aufzählung der „epochalen“ Rechte der einzelnen Abgeordneten
und der Minderheiten dieses Hauses zu erwähnen vergessen. – Ich
danke Ihnen herzlich dafür! (Abg.
Dr. Fekter: Lesen Sie die
Geschäftsordnung, dann wissen Sie es!)
Ernst können Sie diese Debatte wirklich nicht gemeint haben, Frau Fekter. Bitte – ich habe so eine hohe Meinung von Ihnen –, sagen Sie doch bitte dazu, dass Sie diesen Redebeitrag nicht ernst gemeint haben! Dann höre ich auf damit, weitere Rechte, die Sie vergessen haben, aufzuzählen.
Meine Damen und Herren, Hohes Haus! Es tut schon gut – das hat man jetzt bei der Rede des Kollegen Cap gesehen –, ein paar Jährchen auch auf der Oppositionsbank zu verbringen. Wenn ich mir vorstelle, wie Kollege Kostelka hier früher zu diesem Thema gesprochen hat – wir haben ja diese Wünsche schon öfters geäußert –, was für ein Wandel ist es, wenn jetzt Josef Cap hier steht und statt Peter Kostelka dieses Thema beleuchtet! – Es ist großartig! Es geht einem ein wie Honig. Diese Minderheitsfreundlichkeit – ich bin wirklich ergriffen! (Beifall bei der FPÖ.)
Im Gegensatz zur Rede von Frau Kollegin Fekter war ich von Ihrer
Rede, Herr Cap, wirklich ergriffen. Ich hoffe, dass das anhält und dass
das nicht nur ein temporäres Zeitfenster ist, das sich jetzt geöffnet
hat und sich nach dem 11. Jänner wieder schließt. –
Das ist meine innige Hoffnung, die ich mit Ihrer Rede verknüpfe. (Abg. Dr. Sonnberger: Gefährliche Achse: Cap-Stadler!)
Meine Damen und Herren, nein, das ist gar nicht
gefährlich! Für gefährlich halte ich es, wenn mir eine
Abgeordnete dieses Hauses das Rederecht als epochales Recht vorhält und
sagt, mehr braucht es nicht. Meine Damen und Herren, das halte ich für
gefährlich! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Öllinger und Haidlmayr.)
Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es zeichnet sich in den Themenschwerpunkten der Parlamente ja ab, dass immer mehr von den legislativen Tätigkeiten zu den Kontrollrechten hin verlagert wird. Daher ist es nur notwendig und richtig, dass wir auch in Zukunft die Kontrollrechte des Hauses erhalten. – Und das sind immer Kontrollrechte der Minderheit, nicht der Mehrheit: Solange der Parlamentarismus von der Regierungsbank aus so funktioniert, dass die Regierungsbank die Parlamentsmehrheit beherrscht, so lange muss es ein Minderheitsrecht sein, diese Kontrolltätigkeiten auszuüben.
Ich glaube, nein, ich hoffe, dass, wenn die Regierungsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP zu einem Abschluss kommen und es zu einer rot-schwarzen Regierung kommt, nicht dieses Spielchen beginnt, das die ÖVP derzeit schon im Eurofighter-Untersuchungsausschuss permanent probiert: Immer dann, wenn SPÖ-Vertreter unter der Führung des Kollegen Kräuter es wagen, mit Grün und Blau eine Mehrheit zu bilden, geht das Geschrei los: Aha, so seid ihr also, ihr meint es doch nicht ernst mit der Regierung!
Meine Damen und Herren, das ist eine Kontrollauffassung, die Hohn spricht! Wie kommt der Eurofighter-Untersuchungsausschuss dazu, seine Tätigkeit danach zu richten, ob Sie jetzt gerade ein besseres Regierungsverhandlungsklima mit der SPÖ haben oder ein schlechteres?! Wird das bedeuten, dass es dann, wenn das Regierungsverhandlungsklima zum sonnigen Ende kommt und eine Regierung gebildet wird, überhaupt keine Zustimmung der SPÖ-Fraktion im Eurofighter-Ausschuss zu Anliegen der Grünen oder der Freiheitlichen mehr geben kann oder dass sie überhaupt keine Kontrolltätigkeit mehr gemeinsam mit uns ausüben dürfen?
Meine Damen und Herren! Das ist die implizite Drohung, die aus der – zugegebenermaßen etwas launig gehaltenen – Rede der Frau Kollegin Fekter heraus gesprochen hat, nämlich die Drohung: Wenn wir wieder eins sind, dann hat sich der Spaß aufgehört! Dann ist dieser „Prager Frühling“ – sozusagen, dieser „Wiener Frühling“ – vorbei. Dann sind wir wieder beim alten System, dass die Mehrheit drüberfährt, nach dem Motto: Wir sind zwar nicht immer im Recht, aber wir haben die Mehrheit, und daher sind wir im Recht!
Das ist die Methode, die durchscheint und die immer dann mit dem langen Finger in Richtung der SPÖ-Fraktion angedeutet wird, wenn es Kollege Kräuter wagt, mit uns und mit den Grünen gemeinsam einen Antrag gegen die Stimmen der ÖVP zu beschließen.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen zum Abschluss noch etwas: Die Tätigkeit künftiger Untersuchungsausschüsse kann entweder so gestaltet werden, wie es Kollege Cap vorschlägt, nämlich indem die Minderheitsrechte stärker ausgebaut werden, oder man kann sich auch stärker an gerichtsförmlichen Verfahren orientieren – da gibt es auch parlamentarische Modelle in Amerika –, sodass eine stärkere Normativität mit Einzelrechten für Einzelabgeordnete kommt, die dann gar nicht mehr der Disposition des Ausschusses unterliegen müssen.
Das wäre mir, unter uns
gesagt, der liebere Weg, weil er nicht immer die politischen Rahmenbedingungen
oder die „Großwetterlagen“ mit in den Ausschuss
einfließen lässt. Das gebe ich nur im Zuge dieser Generaldebatte
noch mit zu bedenken. Eventuell können wir dann am Schluss dieses
„epochalen“ Zeitfensters zu diesen „epochalen“ Rechten,
die die Frau Kollegin Fekter aufgezählt hat, noch ein wirkliches,
nämlich ein echtes Kontrollrecht hinzufügen. (Beifall bei den
Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
16.56
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Stadler, bezüglich Ihres Sessels wollten wir nur einmal unter Beweis stellen, wie notwendig ein Umbau des Sitzungssaales ist. – Sie können sich aber morgen hoffentlich wieder auf einen reparierten Sessel setzen.
Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
16.57
Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat jetzt einige Male das Wort „epochal“ für diese Debatte verwen-
det. (Abg. Mag. Stadler: Du hast den Unterton verstanden, oder?) – Natürlich habe ich den Unterton verstanden.
Ich habe heute auch etwas dazugelernt, nämlich dass man
nach vielen Jahren hier im Parlament auch noch miterleben kann, dass Kollege
Stadler gutgläubig ist, vor allem gegenüber dem Abgeordneten Cap. (Heiterkeit bei BZÖ und
ÖVP.) – Oder war da auch ein Unterton dabei? –
Den habe ich leider nicht mitbekommen. (Abg.
Mag. Stadler: Herbert,
wenn Cap rechtgläubig wird, kann ich auch gutgläubig sein!) –
Ja, aber ich bezweifle eben das eine, und deshalb wundert mich das andere, Herr
Kollege Stadler. (Heiterkeit bei
BZÖ und ÖVP.)
Wenn Kollege Cap nämlich sagt, die Vorgänge bei den beiden laufenden Untersuchungsausschüssen seien schon Vorboten für Minderheitsrechte, dann sage ich erstens einmal: Um Gottes willen, das sind keine guten Vorboten, denn all jene, die heute von der Opposition aus zum Thema Minderheiten gesprochen haben, zeigen ja bei diesen beiden Untersuchungsausschüssen, wie es ist, wenn man eine Mehrheit hat und diese Mehrheit auch ausnützt! So ist es ja nicht: Es gibt ja eine Mehrheit, die halt derzeit die Opposition gegenüber den Regierungsparteien hat, und die wird ausgenützt! – Das ist überhaupt keine Frage! Also das, was hier kritisiert wird, wird gleichzeitig gemacht – eben jetzt ausnahmsweise einmal von der Opposition, die derzeit eine Mehrheit hat.
Zwei Punkte – ich möchte gar nicht über
das Klima in den Ausschüssen oder über andere Themen
reden –: Da gibt es den größten Finanzskandal in der
Geschichte der Zweiten Republik. Man kann darüber diskutieren, ob es jetzt
3 oder 4 Milliarden € Schaden sind. Man könnte
natürlich sagen, die Justiz ermittelt, sie hat die Anklagen schon fertig,
es gibt einen politischen Hintergrund – zumindest verschiedene
Dinge, die es zu untersuchen gibt –, also da kann man wirklich
darüber reden, da gibt es Platz und einen wichtigen Raum für einen Untersuchungsausschuss.
Was macht jetzt die Mehrheit mit dieser Frage? – Man untersucht jetzt nicht die politischen Hintergründe – gab es da Geldbewegungen auch hin zu politischen Parteien, zu Politikern, zu Präsidenten, in den Gewerkschaften, gibt es da Geldflüsse von beruflichen Interessenvertretungen zu Parteien aufzuklären? –, nein, das will man alles nicht wissen, sondern man lädt einmal alle Banken vor, man schaut: Was macht die Finanzmarktaufsicht, was macht der Finanzminister, der zu der Zeit noch gar nicht im Amt gewesen ist?
Das wird plötzlich interessant, und dann kommt man selber drauf: Halt, das könnte vielleicht dem Bankenstandort und Wirtschaftsstandort Österreich schaden!, und rudert dann wieder zurück.
Aber man hat mit dieser Mehrheit eines geschafft: Über diesen Finanzskandal und über diese politischen Hintergründe, die es aufzuklären gälte, wird nicht mehr diskutiert, Herr Kollege Öllinger. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Na ja, ich warte ab. Sie haben es ja auch immer wieder verteidigt, was da so gewesen ist (Abg. Öllinger: Was?!), oder zumindest verniedlicht – nicht verteidigt, aber verniedlicht. (Abg. Öllinger: Nicht einmal verniedlicht!)
Zweiter Punkt: der Eurofighter-Untersuchungsausschuss. – Dazu sage ich auch: Man kann grundsätzlich der Meinung sein – darüber lässt sich wirklich diskutieren –, dass jede Beschaffung, die ein größeres Volumen hat, untersucht wird, auch mit Parlamentariern. Derzeit ist ja das System ein anderes: Wir haben als parlamentarisches Instrumentarium den Rechnungshof, der diese Dinge untersucht. (Abg. Öllinger: Aber nicht die politische Verantwortung!) Und in dieser Frage hat der Rechnungshof ja drei Berichte gebracht, Herr Kollege Öllinger. Es hat ein paar Verdächtigungen gegeben, An-
zeigen, die sind alle zurückgelegt worden; kein Gerichtsverfahren, keine Hinweise auf negative Dinge. Trotzdem gibt es den Untersuchungsausschuss, keine Frage.
Nur, Herr Kollege Cap, Sie haben gesagt: Minderheitsrechte!, und auch Kollege Kogler hat gesagt: Minderheitsrechte! – Und dann gibt es dort den Antrag einer Minderheit, zwar einer Regierungspartei, aber einer Minderheit in diesem Ausschuss, den Rechnungshofpräsidenten zu laden, also jenen, der im Zuge von drei Berichten wahrscheinlich besser als wir alle – die Mitglieder in diesem Ausschuss haben Akteneinsicht, aber trotzdem: besser als wir alle – dieses Verfahren kennt, denn da ist dreimal wochenlang geprüft worden, aber die Mehrheit in diesem Ausschuss sagt nein zu diesem Antrag, den Rechnungshofpräsidenten zu laden.
Herr Kollege Cap, Herr Kollege Kogler: Sind das die Vorboten, Herr Kollege Cap, für die positiven Minderheitsrechte in der Zukunft? – Herr Kollege Stadler, ich glaube, dieser Vertrauensvorschuss war hier verfehlt. (Abg. Öllinger: Wenn der Antrag von Ihnen unterstützt wird, können Sie das machen!) Nein, es wird genau wieder in die Richtung gehen, die wir aus den neunziger Jahren kennen: Wo es eine Mehrheit gibt – egal, ob das jetzt Regierung oder Opposition ist –, wer die Mehrheit hat, bestimmt! (Abg. Öllinger: Nein! Nein! Das steht nicht im Antrag drinnen, wirklich nicht!) – So zeigen Sie das vor. Insofern gebe ich Ihnen Recht: So, wie Sie in den beiden Untersuchungsausschüssen agieren, das sind wirklich die Vorboten, aber die schlechten Vorboten für die Zukunft!
Und ich sage Ihnen persönlich: Ich bin dafür, dass die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen ein Minderheitsrecht wird. Ich war in der Opposition immer dafür, ich war es auch in der Regierung – lesen Sie die Protokolle im Verfassungskonvent nach: Ich bin dafür! Man muss aber auch Kriterien für die Einsetzung festlegen – ob das eine zahlenmäßige Beschränkung ist, ob man es daran setzt, dass es Gerichtsverfahren gegeben hat (Abg. Öllinger: Aber wirklich nicht!), dass es also wirklich konkrete auch strafrechtliche Verdächtigungen mit einem politischen Hintergrund gibt, darüber kann man diskutieren.
Eines nämlich sollten wir vermeiden, Herr Kollege Öllinger: dass dieses wichtige Kontrollinstrument des Parlaments (Abg. Öllinger: Benutzt wird!) sich so abschleift wie andere wichtige Kontrollinstrumente. (Abg. Öllinger: Sie wollen, dass es nicht benutzt wird!) Nein, ganz im Gegenteil, sondern ich möchte, dass es sich nicht abschleift (Abg. Öllinger: Es ist unter Ihrer Regierung nie benützt worden!) so wie die Sondersitzungen, wie die Dringlichen Anfragen und sogar die Misstrauensanträge.
Ich gebe schon zu, Kollege Öllinger, auch dadurch, dass die SPÖ halt qualitativ diese Instrumente nicht entsprechend ausbauen konnte, aber eben auch durch die Quantität des Einbringens hat letztlich die Schärfe dieser Kontrollinstrumente gelitten.
Deshalb ja zu der Frage Ausgestaltung als
Minderheitsrecht – aber wirklich sinnvoll und dort, wo es auch
notwendig ist. (Abg. Öllinger: Lesen Sie unseren Antrag!) Aber, Herr Kollege Öllinger, keine
Schalmeienklänge, und sagen Sie nicht, wir machen alles besser, denn: Sie
haben jetzt die Mehrheit, Sie könnten zeigen, dass man es besser macht und
auch wirklich der Minderheit entsprechend diese Rechte geben kann, Sie tun aber
in der Praxis genau das Gegenteil! (Beifall beim BZÖ.)
17.03
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: In 2 Minuten den zu berichtigenden und dann den berichtigten Sachverhalt. – Bitte.
17.04
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Scheibner hat behauptet, dass der Untersuchungsausschuss zum Thema Bankenaufsicht nicht die politische Verantwortung für den Bankenskandal BAWAG überprüft. – Das ist nicht richtig!
Ich berichtige tatsächlich: Schon im Gegenstand des Untersuchungsausschusses ist laut Antragstellung, die dieses Plenum mit Mehrheit beschlossen hat, ausdrücklich die Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit beinhaltet.
Abgeordneter Scheibner hat weiters behauptet, dass wir reihenweise in diesem Ausschuss mit Mehrheit die Banken vorladen. – Das ist nicht richtig!
Ich berichtige tatsächlich: Wir laden gemeinsam – übrigens bisher immer einvernehmlich, das heißt mit Zustimmung aller Fraktionen – jene Auskunftspersonen, die uns Aufklärung darüber geben können, wie es zu dem Versagen der entsprechenden Institutionen der Aufsicht kommen konnte und wie die politische Verantwortung dafür dasteht. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
17.05
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
17.05
Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion über die Frage der Minderheitsrechte gibt es ja seit Längerem, und ich glaube, da wird auch eindeutig von unserer Fraktion Verbesserungsbedarf geortet, und es sind ja in der Vergangenheit auch immer wieder Anträge dazu eingebracht worden.
Die Wortmeldung von Kollegin
Fekter ist ja eindeutig kommentiert worden. Ich denke, eine Aufzählung der
Geschäftsordnung reicht nicht aus, sondern ich kann das nur als
Eröffnung der Diskussion betrachten, die ja dann folgen muss (Abg. Öllinger: Sie sind eine
Optimistin!), wo einmal eine Bestandsaufnahme gemacht wird.
Was die
Kontrollauffassung, die heute hier schon angesprochen wurde, betrifft, so
möchte ich zu der Frage, wie sich die Sozialdemokraten dazu verhalten, nur
ganz kurz darauf verweisen, dass Wien als erstes Bundesland im Jahr 2001
die Möglichkeit, eine Kontrollkommission einzusetzen, für
Minderheitsfraktionen geschaffen hat (Abg.
Dr. Fekter: Mit einem Haufen Restriktionen!), und das hat sich
ja auch bestens bewährt. Seit 2001 gibt es diese Möglichkeit,
und das hat sich, denke ich, sehr, sehr gut bewährt. (Abg. Dr. Fekter:
Wie viele Untersuchungsausschüsse gab es denn?)
Es hat mehrere
gegeben. In einem bin ich 2001 selbst noch gesessen, das war damals der zu den
Flächenwidmungen. Und es hat nachfolgend noch eine Reihe von anderen
gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich glaube, wir sind
uns grundsätzlich mit den Antragstellern einig: Ein Mehr an Demokratie,
ein Mehr an Kontrolle ist wichtig und wird dem Parlamentarismus ganz sicher
mehr Dynamik und mehr Ansehen bringen.
Ich möchte aber
noch ganz kurz dazu anmerken, dass bei einer Änderung der Geschäftsordnung,
wozu es ja einer qualifizierten Mehrheit hier in diesem Haus bedarf, eine Reihe
von Punkten andiskutiert werden muss. Mir fallen nur zwei Punkte, zwei
Überlegungen ein, die mir besonders wichtig sind: Das eine ist eine
Kontrolle in Bezug auf Anfragebeantwortungen. Es geht also um die Frage, wie
gewährleistet werden kann, dass Regierungsmitglieder ihrer gesetzlichen
Verpflichtung auch nachkommen und tatsächlich Antworten geben. Das ist,
glaube ich, ein Punkt, den man sich ansehen muss.
Ein zweiter Punkt,
der mir auch sehr wichtig ist: dass Themen, Anträge, die der Regierung
unangenehm sind, immer unendlich lange abgesetzt oder verschoben werden
können. Das zeigen nur etwa folgende Zahlen: In der vergangenen
Legislaturperiode, genau im August, hatten wir 455 Anträge, die
unerledigt waren, die vertagt wurden; davon waren 443 von den beiden Oppositionsparteien. –
Da muss es, wie ich meine, auch eine Änderung geben. Vorstellbar
wäre, dass die Abgeordneten eine Abstimmung verlangen können. (Beifall
bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Grundsätzlich meine ich: Die Rechte der Minderheitsfraktionen sollen und müssen gestärkt werden! Die Zeit dafür ist reif! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
17.08
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise den Antrag 9/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.
Die Tagesordnung ist erschöpft.
Einlauf
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 62/A bis 84/A eingebracht wurden.
Ferner sind die Anfragen 168/J bis 194/J eingelangt.
Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates eingebracht worden.
*****
Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 17.09 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 17.09 Uhr
Impressum: Parlamentsdirektion 1017 Wien |