Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

16. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 22. März 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

16. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode             Donnerstag, 22. März 2007

Dauer der Sitzung

                                           Donnerstag, 22. März 2007: 9.02 – 9.04 Uhr

                                                          12.00 – 16.14 Uhr

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 12

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfrage­beantwor­tung 130/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................................................................... 14

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung .......... 95

Redner/Rednerinnen:

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 95

Bundesminister Günther Platter .......................................................................... ..... 97

Dr. Elisabeth Hlavac ............................................................................................... ..... 98

Mag. Helmut Kukacka ............................................................................................ ..... 99

Mag. Terezija Stoisits ............................................................................................. ... 100

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 102

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 103

Unterbrechung der Sitzung ...................................................................................  14, 39

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 12

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Mag. Werner Kogler ........................................................... 12

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich (162/A)(E) .................................................................... 14

Begründung: Ing. Peter Westenthaler .......................................................................... 22


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 2

Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer ..................................................................... 28

Debatte:

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 33

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 37

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ................................................................................. ..... 40

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ..... 45

Barbara Rosenkranz ............................................................................................... ..... 48

Bundesminister Günther Platter .......................................................................... ..... 53

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ..... 56

Rudolf Parnigoni ..................................................................................................... ..... 60

Günter Kößl ............................................................................................................. ..... 61

Mag. Terezija Stoisits ............................................................................................. ..... 63

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ..... 65

Bundesministerin Dr. Maria Berger ..................................................................... ..... 69

Ing. Peter Westenthaler ........................................................................................  72, 93

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ..... 77

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................................................. ..... 78

Mag. Brigid Weinzinger .......................................................................................... ..... 82

Leopold Mayerhofer ............................................................................................... ..... 87

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ..... 90

Anton Gaál ............................................................................................................... ..... 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Sexualstraftäterdatei und eines Daten­verbunds zum Kinderschutz – Ablehnung           36, 93

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Schüssel, Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend sichere Zukunft für Österreich in der Europäischen Union – Annahme (E 12)            42, 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Nichtzustimmung zur Schengen-Erweiterung – Ab­lehnung ...................................  51, 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Justizanstalten bei steigender Kriminalität – Ablehnung ...............................  58, 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame Maßnahmen zum Schutz gegen Kinder­schänder und Sexualstraftäter – Ablehnung    59, 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sichere Verwahrung und rasche Abschiebung von straffälligen Asylwerbern – Ablehnung              68, 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mindeststrafen bei Kinderpornographie und sexuellem Missbrauch von Kindern – Ablehnung      75, 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz einer ungestörten EURO 2008 – Ablehnung ..............................................  75, 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verbesserung des Sanktionensystems, insbesondere im Bereich der Sexual­delikte – Annahme (E 13) ....................................................  81, 94


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 3

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreichs Zukunft im europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Ablehnung  84, 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung des Personalstandes der Polizei – Ab­lehnung ..................................  89, 95

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 162/A(E) ................................ 93

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 12

Bürgerinitiative betreffend „Ohne Verbot geht’s auch – Gegen ein generelles Rauch­verbot in Gastronomiebetrieben“ (Ordnungsnummer 8)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 12

36: Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF); Erklärung gemäß Art. 42 Abs. 1 COTIF 1999

37: Agrarrechtsänderungsgesetz 2007

38: Vermarktungsnormengesetz – VNG

41: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Minis­ter­rat der Republik Albanien über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit in Zollsachen

42: Änderungen des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, die den Europäischen Gemeinschaften den Beitritt ermöglichen

Berichte ......................................................................................................................... 13

III-39: Bericht betreffend die Jahresvorschau 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monats­programms der deutschen, portugiesischen und slowenischen Präsidentschaften; BM f. Unterricht, Kunst und Kultur

III-40: Produktpirateriebericht 2006 aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 13. Juli 2006 E 207-NR/XXII. GP; BM f. Finanzen

III-41: Bericht betreffend Jahresvorschau 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der deutschen, portugiesischen und slowenischen Präsidentschaften; BM f. Gesund­heit, Familie und Jugend

III-42: Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F. über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2005; BM f. Wissenschaft und Forschung

III-43: Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 2005; BM f. Wissenschaft und Forschung


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 4

Anträge der Abgeordneten

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich (162/A)(E)

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Nichtzustimmung zur Schengen-Erweiterung (163/A)(E)

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlegung der Erstaufnahme­stellen „Ost“ Traiskirchen und „West“ Thalham des Bundesasylamtes an die öster­reichische Staatsgrenze (164/A)(E)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinheitlichung der schulauto­nomen Tage (165/A)(E)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 5

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Importverbot für das GVO-Konstrukt MON863 (166/A)(E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umwandlung von Behin­dertenfreibeträgen in Absetzbeträge (167/A)(E)

Dr. Michael Spindelegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die möglichst rasche Vorlage der rechtlichen Verankerung der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten nach Vorliegen des Kompromisses der dafür maßgeblichen Kärntner Organisationen (168/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kennzeichnung von Lebensmitteln, die einen Transportweg von über 500 km zurückgelegt haben (169/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährung von Unterhalts­vorschüssen für Volljährige in Schulausbildung und volljährige erwerbsunfähige Behinderte (170/A)(E)

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Erb­schafts- und Schenkungssteuer (171/A)(E)

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Valorisierung von Familienleistungen (172/A)(E)

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988, geändert wird (173/A)

Anfragen der Abgeordneten

Walter Murauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend hinterfragungswürdigen Einsatz der Gardemusik bei Privatfeier (495/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rückforderungsansprüche von ehemaligen Zivildienstleistenden (496/J)

Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend arbeitslose Jugendliche (497/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Änderungen der Codex-Richtlinie für eine „gentechnikfreie Produktion“ (498/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Änderungen der Codex-Richtlinie für eine „gentechnikfreie Produktion“ (499/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend klimaschonende Dienstreisen (500/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst betreffend klimaschonende Dienstreisen (501/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend klimaschonende Dienst­reisen (502/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend klimaschonende Dienstreisen (503/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend klimaschonende Dienstreisen (504/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend klimaschonende Dienstreisen (505/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend klimaschonende Dienstreisen (506/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend klimaschonende Dienstreisen (507/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend klimaschonende Dienstreisen (508/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend klimaschonende Dienstreisen (509/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend klimaschonende Dienstreisen (510/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend klimaschonende Dienstreisen (511/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend klimaschonende Dienstreisen (512/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend klimaschonende Dienstreisen (513/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Leistungen der Sportpolitik (514/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Privatpersonen in Luftfahrzeugen des Bundesheers (515/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 6

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Immobilien der Telekom und der ÖBB, Teil 2 (516/J)

Alexander Zach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Umsetzung der Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsdaten­speicherung (517/J)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Maßnahmen gegen Gewalttaten im Umfeld von Sportveran­staltungen (518/J)

Laura Rudas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Kündigungsmöglichkeiten bei Lehrverträgen“ (519/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend neues EDV-System für die Wiener Polizei (520/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Bezugsfort­zahlung trotz Ausübung einer Erwerbstätigkeit bei Karl-Heinz Grasser (521/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Haftentlastungspaket der Frau Justizministerin (522/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Haftentlastungspaket als Sicherheitsrisiko (523/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Förderung gesunder Ernährung bei Kindern und Jugendlichen an den Schulen (524/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit, Familie und Jugend betreffend „Tierische Lebensmittel und lebende Tiere – Arzneimittelrückstände in Österreich 2006“ (525/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 7

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Schulwegunfälle 2006 in Österreich“ (526/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Taxigewerbe in Österreich“ (527/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Sonderbehandlung des Untersuchungshäftlings Helmut Elsner (528/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Euro-Fälschungen – Entwicklung – Sicherheitsbehördliche Maßnahmen“ (529/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung des Biozid­gesetzes in Österreich“ (530/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Umweltbelastung durch Dienstwagen der Republik Österreich (531/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Biopatent-Monitoring (532/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Vollziehung des Produktpirateriegesetzes im Jahr 2006 – Entwicklung der Produkt- und Markenpiraterie – Maßnahmen“ (533/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Vollziehung des Produktpirateriegesetzes im Jahr 2006 – Entwicklung der Produkt- und Markenpiraterie“ (534/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Euro-Fälschungen – Entwicklung – Sicherheitsbehördliche Maßnahmen“ (535/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Betrugsbekämpfung 2006 – Drogen, Arzneimittel und Nahrungs­ergän­zungsmittel“ (536/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ungenutzte LKW-Maut- und Querfinanzierungs­spielräume – Stichwort Unterinntal (537/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ÖBB Immobilien, Teil 3: Gmunden und Bad Hall (538/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Stückelungsabsichten bei der UVP zur A 26 (Linzer Westring) (539/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Aktivitäten der Familie Beruf Management GmbH (540/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Amtsverständnis über den amtsärztlichen Dienst in Polizeianhaltezentren (541/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Anzeigen bzw. gerichtliche Verfahren nach den strafrechtlichen Neben­gesetzen im Jahr 2006“ (542/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Illegale Beschäftigung auf Schlachthöfen bzw. Fleischverarbeitungs­betrieben in Österreich“ (543/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend digitales Fernsehen – Stromverbrauch der DVB-T-Boxen (Set-Top-Boxen) (544/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 8

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Einsetzung einer sogenannten „Task Force“ im Bundesministerium für Landesverteidigung zur Prüfung von Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Kaufvertrag mit der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH (545/J)

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Beschaffung von Lizenzen für MIDS LVT und GPS Krypto Variable (546/J)

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Schaffung des Postens „AirChief“ (547/J)

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend das Disziplinarverfahren gegen Brigadier Josef Bernecker und das Verschwinden seines Beförderungsdekretes zum Generalleutnant (548/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Leitlinien für eine Öko­logisierung des öffentlichen Beschaffungswesens (549/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend tatsächlich erzielte Einnahmen und tatsächlich getätigte Ausgaben im Finanzjahr 2006 sowie die Auswirkungen der Steuerreform auf das Budget 2006 (550/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Freisetzung von Chemikalien in der Atmosphäre zur Beeinflussung des Klimas (551/J)

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Pflanzen­schutzmittel in Österreich (552/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend persönliche Assistenz am Arbeitsplatz (553/J)

Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Schwarzarbeit in Österreich“ (554/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Bahn- und Straßenverbindungen im Süd- und Mittelburgenland (555/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Förderung der europäischen Atomenergie seitens der Republik Österreich durch den EURATOM-Vertrag (463/J) (Zu 463/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (219/AB zu 224/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (220/AB zu 220/J)

der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (221/AB zu 226/J)

der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (222/AB zu 258/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (223/AB zu 217/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (224/AB zu 223/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 9

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (225/AB zu 234/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen (226/AB zu 244/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen (227/AB zu 218/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (228/AB zu 306/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (229/AB zu 225/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (230/AB zu 227/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (231/AB zu 233/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (232/AB zu 237/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (233/AB zu 239/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (234/AB zu 240/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (235/AB zu 241/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (236/AB zu 242/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (237/AB zu 238/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (238/AB zu 248/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (239/AB zu 277/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (240/AB zu 289/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (241/AB zu 268/J)

der Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (242/AB zu 261/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (243/AB zu 251/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (244/AB zu 255/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 10

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolle­ginnen und Kollegen (245/AB zu 263/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (246/AB zu 252/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (247/AB zu 292/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (248/AB zu 314/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (249/AB zu 246/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (250/AB zu 261/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (251/AB zu 265/J)

der Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (252/AB zu 245/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen (253/AB zu 253/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (254/AB zu 257/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (255/AB zu 260/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (256/AB zu 270/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (257/AB zu 250/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (258/AB zu 256/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (259/AB zu 267/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen (260/AB zu 254/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (261/AB zu 272/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (262/AB zu 284/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (263/AB zu 287/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 11

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (264/AB zu 347/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen (265/AB zu 286/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Thomas Einwallner, Kolleginnen und Kollegen (266/AB zu 302/J)


 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 12

09.02.12Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger, Dritte Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek.

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 16. Sitzung des Nationalrates, die auf Grund eines ausreichend unterstützten Verlan­gens gemäß § 46 Abs. 6 des Geschäftsordnungsgesetzes einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 13., 14. und 15. Sitzung vom 7. März 2007 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dobnigg, Dr. Wittmann, Jakob Auer, Großruck, Ing. Kapeller, Morak, Obernosterer, Praßl und Strache.

09.03.01Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 495/J bis 543/J;

Zurückziehung: 463/J;

2. Anfragebeantwortungen: 219/AB bis 266/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Agrarrechtsänderungsgesetz 2007 (37 d.B.),

Vermarktungsnormengesetz – VNG (38 d.B.).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (092 Hv 24/07h) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung gemäß § 111 Abs. 1 und 2 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 8 betreffend „Ohne Verbot geht’s auch – Gegen ein generelles Rauchverbot in Gastronomiebetrieben“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 13

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat der Republik Albanien über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit in Zollsachen (41 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Änderungen des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, die den Europäischen Gemeinschaften den Beitritt ermöglichen (42 d.B.);

Verkehrsausschuss :

Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF); Erklärung gemäß Art. 42 Abs. 1 COTIF 1999 (36 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Finanzausschuss:

Produktpirateriebericht 2006 des Bundesministers für Finanzen aufgrund der Ent­schließung des Nationalrates vom 13. Juli 2006 E 207-NR/XXII. GP (III-40 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Jahres­vorschau 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kom­mission sowie des 18-Monatsprogramms der deutschen, portugiesischen und slowe­nischen Präsidentschaften (III-41 d.B.);

Unterrichtsausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Jahres­vorschau 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kom­mission sowie des 18-Monatsprogramms der deutschen, portugiesischen und slowenischen Präsidentschaften (III-39 d.B.);

Wissenschaftsausschuss:

Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F. über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2005, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (III-42 d.B.),

Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 2005, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (III-43 d.B.).

*****

09.03.24Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Parlamentsklub des BZÖ hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, den Selbständigen Antrag 162/A(E) der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich dringlich zu behandeln.

Der Aufruf des Dringlichen Antrages wird um 12 Uhr erfolgen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 14

Weiters gebe ich bekannt, dass die Sitzung im Zeitraum von 12 Uhr bis 15.30 Uhr vom ORF live übertragen wird. Darüber hinaus ist beabsichtigt, die Sitzung während der Nachrichten zwischen 13.00 Uhr und 13.15 Uhr zu unterbrechen.

09.04.01Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 130/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beant­wortung 130/AB der Anfrage 123/J der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstaufnahmezentrum Thalham durch den Herrn Bundes­minister für Inneres durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Ich unterbreche die Sitzung bis 12 Uhr.

*****

09.04.03(Die Sitzung wird um 9.04 Uhr unterbrochen und um 12 Uhr wieder aufgenommen.)

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

12.00.48Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler und Kollegen betreffend die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich (162/A)(E)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Entschließungsantrages 162/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Steigende Kriminalität – sinkende Aufklärungsraten – wachsendes Unsicherheits­ge­fühl:

Kriminalitätsentwicklung: War in den vergangenen Jahren ein Kriminalitätsrückgang zu verzeichnen (2006 wurden 589.495 gerichtlich strafbare Delikte registriert, um 15.777 weniger als 2005, damit blieb diese Zahl erstmals seit 2002 unter der Marke von 600.000), belegen die aktuellen Kriminalstatistiken eine massive Zunahme der Kriminalität in Österreich.

Im Detail (alle Zahlen BMI): Im Jänner 2007 wurden in Österreich 51.895 Straftaten angezeigt – gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres eine Steigerung um 10,8 Prozent. Insgesamt wurden im Jänner und Februar 2007 99.408 Straftaten angezeigt – gegenüber dem Vergleichszeitraum 2006 eine Zunahme um 8,5 Prozent.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 15

Quelle: „Heute“, 13. März 2007

Besonders von der Kriminalitätszunahme betroffen sind die Bereiche Sach­beschä­digung, Einbruchsdiebstahl, Schlepperei, leichte Körperverletzung sowie Suchtgift­delikte. Im Vergleich der Bundesländer (Grafik) nimmt Wien einen besonderen Stellenwert ein: Bereits 36 Prozent aller bundesweit verzeichneten Straftaten werden in der Bundeshauptstadt begangen. Einige Zahlen und Fakten im Überblick:

Aktuell werden allein in Wien täglich mehr als 20 Einbruchdiebstähle in Häuser und Wohnungen begangen (APA, 12. Feb. 2007).

Die Zahl der Raubüberfälle in Wien ist von 272 im Jänner 2006 auf 345 im Jänner 2007 gestiegen (APA, 12. Feb. 2007).

Seit Jahresbeginn 2007 sind in Wien bereits 17 Überfälle auf Banken und Postfilialen verübt worden. Damit hat sich die Zahl dieser Delikte gegenüber dem Vergleichs­zeitraum des Vorjahres mehr als verdoppelt (APA, 14. März 2007).

Knapp 15.000 Straftaten wurden in Niederösterreich in den Monaten Jänner und Februar angezeigt. Im Vergleich zum Vorjahr ergibt dies einen Anstieg von 16 Prozent. Vor allem die Zahl der Einbrüche in Häuser, Schlepperei und Diebstähle ist enorm gestiegen. Fakt ist: „Laut Sicherheitsdirektion handelt es sich dabei überwiegend um „importierte Kriminalität“. Das größte Problem für Niederösterreich sind laut Sicher­heitsdirektor Franz Prucher derzeit Einbruchsdiebstähle, aber auch Schlepperei. („Österreich“, 13. März 2007)

Die Aussagekraft der eigenen und unverändert erstellten Kriminalstatistiken wird von BMI, Polizei und Bundeskriminalamt nun stark relativiert (darin werde nur ein kurzer Zeitraum abgebildet, tatsächlich sei der Kriminalitätsanfall rückläufig), statt prompt Gegenmaßnahmen zu setzen. Apropos Statistiken: „Verbrechen verwalten statt bekämpfen, lautet intern das Motto. Damit offiziell alles super ist, wird geflunkert.“ („Kronen Zeitung“, 11. März 2007)

Aufklärungsquote sinkt: Aktuell weist die Aufklärungsquote im Jänner 2007 gegenüber dem Jänner 2006 ein Minus von 4,3 Prozent aus.

Unsicherheitsgefühl wächst: Nachhaltig drückt sich die negative Kriminalitäts­entwick­lung im abnehmenden subjektiven Sicherheitsgefühl der Bevölkerung aus: 45 % der Wiener sind nachts nicht mehr gern allein in der Stadt unterwegs (IMAS laut Kronenzeitung vom 15. März 2007). Die Österreicherinnen und Österreicher empfinden die Zunahme von Kriminalität und Gewalt als massive Belastung. Die absolute Mehrheit von 64 Prozent bezeichnet diesen Bereich als ihre vordingliche und größte


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Sorge (IFES-Umfrage, „Sorgenbarometer“, Sept. 06). Für Salzburg präsentierte das Meinungsforschungsinstitut SORA aktuell eine (im Auftrag der SPÖ durchgeführte) Umfrage, wonach sich zwei von drei Landesbürgern vor mehr Kriminalität und Gewalt fürchten („Österreich“, 7. März 2007).

Drogen- und Ausländerkriminalität:

Jeder zweite Dealer ist Ausländer: Grund zur Besorgnis bietet der Bereich der Sucht­giftkriminalität, wie der Ende Februar 2007 veröffentlichte Suchtmittelbericht des BMI für 2006 bestätigt. Demnach ging zwar die Zahl der Anzeigen sowie die Menge der beschlagnahmten Drogen insgesamt zurück, doch bewegt sich die Drogenkriminalität unverändert auf hohem Niveau. Im Bereich der Suchtgiftkriminalität kommt ausländischen Tätern eine besondere Bedeutung zu. Dies gilt hinsichtlich des Drogen­handels und -verkaufs einerseits für ost- und südosteuropäische Tätergruppen, anderseits für schwarzafrikanische Täter. Der Suchtmittelbericht hält fest:

Von insgesamt 2.292 im Zusammenhang mit Suchtmittelermittlungen festgenommenen Verdächtigen (Dealern) sind bereits mehr als 50 Prozent (1.659) keine österreichischen Staatsbürger.

Insgesamt wurden 2006 4.993 Anzeigen gegen Fremde wegen strafbarer Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz erstattet.

„Ausländische kriminelle Gruppierungen beherrschen den Markt.“

„In zahlreichen dieser Fälle sind Tätergruppen aus Westafrika tätig. Insbesondere im Straßenverkauf (...) gehen afrikanische Staatsangehörige weiterhin ihrer kriminellen Tätigkeit nach. Faktisch wird der Markt von diesen Tätern beherrscht.“

Laut Bericht missbrauchen diese Schwarzafrikaner die österreichische „Sozial- und Fremdenpolitik zur Optimierung der kriminellen Organisationsziele“.

Jeder zweite Asylwerber ist straffällig: In der Wiener Justizanstalt Josefstadt sind rund 90 Prozent der inhaftierten Schwarzafrikaner wegen Drogenhandels in Haft (APA, 27. Sept. 2006). Trotz der durch die BZÖ-Regierungsbeteiligung erfolgreichen Asylpolitik der letzten Jahre, die eine Absenkung der Asylanträge um etwa 1.000 Fälle pro Jahr brachte, ist insbesondere der Beitrag der Asylwerber zur Kriminalität (v.a. beim Drogen­handel) nach wie vor beachtlich: In der Statistik stehen im Jahr 2005 22.461 Asylanträge 12.496 angezeigten Straftaten von Asylwerbern gegenüber. Noch auffälliger sind die Asylwerber im Bereich der Suchtmittelkriminalität: 2006 standen 421 Asylanträge von Nigerianern 613 Anzeigen gegen Nigerianer wegen Suchtmittel­handels gegenüber. 74,66 % der im Jahr 2005 angezeigten Nigerianer sind Asylwerber.

EURO 2008 – Terrorismus und Prävention:

Terrorziel Österreich? An Aktualität gewonnen haben vor dem Hintergrund der 2008 bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft nicht nur die besorgniserregenden Entwicklungen von gewalttätigen Ausschreitungen bei Fußballspielen (Hooligans), sondern auch die jüngste Terrordrohung einer islamistischen Gruppe gegen Öster­reich.

In einer im Internet verbreiteten Warnung der „Stimme des Kalifats“ heißt es: „Zu Österreich sagen wir: Eure Soldaten in Afghanistan sind für unsere Brüder, die Mujahidin, keine wirkliche Bedrohung. Wir laden die neue sozialdemokratische Regierung (...) ein, ihre Soldaten von Afghanistan abzuziehen und damit aufzuhören, Bush in seinem Krieg gegen die Muslime zu unterstützen. Denn Österreich hat keinen wirklichen Nutzen dabei. Zerstört nicht die Sicherheit eines ganzen Landes wegen fünf Soldaten, die ihr nach Afghanistan geschickt habt.“


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Wenngleich die Terrorbedrohung Österreichs derzeit trotz dieser Drohung nicht als akut eingeschätzt wird ist doch auch für Österreich von einer zunehmenden Terror­wahrscheinlichkeit auszugehen. Bereits der Verfassungsschutzbericht 2005 warnte davor, dass eine zunehmende Radikalisierung islamischer Gruppen zu erken­nen sei, die potenziell zu Anschlägen innerhalb und außerhalb von Österreich motiviert werden können. Die in Österreich festgestellten Personen würden äußerst konspirativ agieren, heißt es im Bericht. Meistens verkehrten sie in Moscheen, wo durchaus als radikal einzustufende Imame predigten. Die erhöhte mediale Aufmerksamkeit während der EURO 2008 könnte Österreich als Ziel terroristischer Akte jedenfalls attraktiver machen. Umso skurriler mutet es an, wenn der interimistische Landespolizei­kom­mandant den Einsatz von Fliegerabwehr – wie bei allen internationalen Großereig­nissen weltweit mittlerweile Standard und in Österreich in den letzten Jahren auch praktiziert – gegen die verfassungsrechtlich abgesicherte Rechtslage (bestätigt durch die Anfragebeantwortung von BM Darabos, 128/AB) in der letzten Ausgabe der Bezirkszeitung ablehnt.

EURO 2008 – Prävention für Freundschaftsspiele: Deutschland hat im Rahmen der Fußball-WM 2006 bewiesen, dass eine abgestufte Vorgangsweise der Exekutive bis hin zu einer Präventivhaft wirksam, rechtlich zulässig und sinnvoll ist. Amtsbekannte Gewalttäter (Hooligans) wurden bereits bei der Anreise in polizeilichen Gewahrsam genommen, die maximale Anhaltedauer betrug 24 Stunden. Während SPÖ, Grüne und FPÖ dieses Modell einer Präventivhaft ablehnen, bekräftigen ÖVP und BZÖ die Forderung danach. Ein Aussetzen des Schengen-Abkommens für die Zeit der EURO 2008 würde zusätzlich die legale Möglichkeit der Einreise-Verweigerung für gewal­ttätige Fußball-Fans (Stichwort: Hooligan-Datenbank) schaffen.

Wiener Polizei im Rotlicht:

Das Vertrauen der Bürger in die Funktionsfähigkeit der Polizei leidet derzeit an den Intrigen und Rotlicht-Kontakten in der Wiener Polizei massiv. Ein derartiger, nun schon über ein Jahr anhaltender „Außenauftritt“ schlägt sich auch auf die Motivation der korrekten und fleißigen Polizisten nieder und ist damit negativ für die Sicherheit der Bürger. Wenn BM Platter meint, die Verantwortung für diese Zustände auf den Sicher­heitsdirektor von Wien alleine abschieben zu können, ist das nach sieben Jahren ÖVP-Führung im BMI wenig glaubwürdig. Die mangelnde Dienstaufsicht ist da wohl auch im Bereich der früheren Ressortführung zu suchen.

Justiz und Sicherheit – Haftentlassungen sind keine Lösung:

Die Zahl der Häftlinge ist in den vergangenen Jahren größtenteils bedingt durch die stark steigende Ausländerkriminalität gestiegen: Waren es 1989 noch knapp unter 6.000 und 1998 knapp unter 7.000, saßen im Jahresschnitt 2006 schon 8.639 Gefan­gene in Österreichs Justizanstalten. Dazu kommt: Mittlerweile sind bereits 42 Prozent der Häftlinge Ausländer, besonders hoch ist ihr Anteil bei den Untersuchungshäftlingen (56,8 Prozent). Die österreichischen Justizanstalten konnten Ende 2006 nominell 8.650 Häftlinge aufnehmen. Tatsächlich „sitzen“ aber etwa 9.100 Personen. Dazu kommt, dass zur Erfüllung der gesetzlichen Auflagen (Trennung verschiedener Häftlingsarten) eigentlich eine Haftraumreserve von 15 % erforderlich ist. Ein Sinken der Häftlingszahlen ist bei steigender Kriminalität nicht zu erwarten; es müssten daher etwa 1.500 zusätzliche Haftplätze errichtet werden, um den Bedarf zu erfüllen.

Haftentlassungen statt Gefängnisbau: Massive Kritik haben aktuelle Pläne von SPÖ-Justizministerin Berger ausgelöst, die Häftlingszahlen in den überbelegten heimischen Strafvollzugsanstalten um 10 Prozent senken zu wollen, statt zumindest das schon geplante zusätzliche Gefangenenhaus für Wien zu bauen. Bergers Plan: Ein 10-


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Punkte-Programm soll die Zahl der Häftlinge in den kommenden Jahren um mindestens zehn Prozent senken. Bei einem aktuellen Rekordstand von etwa 9.100 Straf- und Untersuchungshäftlingen (davon fast die Hälfte Ausländer, viele Berufs­verbrecher) wären das über 900 Straftäter, die gar nicht inhaftiert oder früher auf die Bevölkerung wieder losgelassen würden.

Erreichen will Berger dieses Ziel durch ein in Zeiten steigender Kriminalität kontra­produktives Paket aus vorzeitigen (bedingten) Haftentlassungen – bevorzugt von ausländischen Strafhäftlingen, eine Ausweitung der Möglichkeit der Umwandlung von Freiheitsstrafen in Geldstrafen, eine Erschwerung der Qualifikation von Straftaten als gewerbsmäßig (was insbesondere die Verhängung der Untersuchungshaft über Diebe vielfach verhindern würde) und freiwillige (!) gemeinnützige Arbeit statt des Abbüßens von Freiheitsstrafen. Für 2008 fordert Berger gar ein Amnestiegesetz (aus Anlass des 90. Republik-Jubiläums), das in großem Umfang richterlich verhängte Strafen mit einem Akt des Gesetzgebers verkürzen, auch Schwer-kriminelle begünstigen und z.B. ohne Einzelfallprüfung auch Tätern einen Rechtsanspruch auf vorzeitige Entlassung gewähren würde, die für eine Begnadigung oder bedingte Entlassung nie in Frage kämen!

Die naheliegende Lösung, nämlich der Bau weiterer Gefängnisse, wird von der Justizministerin offenbar nicht entsprechend vehement verfolgt: Die schon geplante zusätzliche Justizanstalt für Wien wird – wie man hört – nochmals überdacht (was zumindest eine Verzögerung der zusätzlichen Haftplätze bedeutet). Weitere Neu­bauten insbesondere im völlig überlasteten Osten Österreichs sind nicht geplant.

Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie:

Sexueller Missbrauch: Angesichts von jährlich rund 2.500 bekannt werdenden Fällen von Kindesmissbrauch (Zahlen aus 2005, Quelle: BKA) und einer um ein Vielfaches höher liegenden Dunkelziffer nicht zur Anzeige gebrachten Missbrauchsfällen herrscht weiterhin massiver Handlungsbedarf.

Kinderpornografie: Die Zahl der gerichtlichen Verurteilungen nach dem so genannten Kinderpornografie-Paragrafen 207a Strafgesetzbuch (StGB) ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen: Gab es im Jahr 2000 einer Statistik des Justiz­minis­teriums zufolge 25 Schuldsprüche, wurden 2005 österreichweit bereits 133 Personen rechtskräftig abgeurteilt.

Anlässlich der Aufdeckung des bisher größten Kinderpornografie-Ringes in Österreich (mit weltweit mehr als 2.300 Verdächtigen) Anfang Februar 2007 steht erneut die Frage von Mindeststrafen und Strafverschärfungen zur Diskussion. Sexualforscher plä­dieren unter Hinweis auf die hohe Rückfallsquote bei Pädophilen für die Anhebung des Strafausmaßes um zwei Drittel. Auch der Innenminister spricht sich mittlerweile für Mindeststrafen im Bereich der Kinderpornographie aus. Auch ein Berufsverbot für straffällige Pädophile kann sich Platter vorstellen, wie er in einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" sagte. "Es kann nicht sein, dass es sich beim Vergehen an Kindern unter 14 Jahren um einen Vergehenstatbestand handelt. Daher verlange ich den Status des Verbrechenstatbestandes", forderte Platter. Es müsse künftig Mindest­strafen geben, auch Berufsverbote seien vorstellbar. Betreffen soll dies verurteilte Pädophile, die beruflich mit Kindern zu tun haben – zum Beispiel Kindergärtner oder Lehrer. Auch ÖVP-Generalsekretär Missethon und Justizsprecherin Fekter stellten sich jüngst hinter die Forderung nach härteren Strafen.

Die Justizministerin und mit ihr die SPÖ und auch die Grünen scheinen nicht gewillt, gegen Sexualdelikte schärfer vorzugehen und wirksamere Strafen zu prüfen. Auch denkbare weitere Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch wie eine allgemeine Anzeigepflicht, die Veröffentlichung der Wohnadressen von Kinderschändern und ein


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Ansiedelungsverbot im Umkreis von Örtlichkeiten, die von Kindern verstärkt genutzt werden, bleiben offenbar ungeprüft.

Situation des Bundesheeres:

Die Umfeldbedingungen für die Sicherheitsherausforderungen von Außen haben sich, wie auch die Bundesheerreformkommission (BHRK) auf der Grundlage der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin erkannt hat, vollständig verändert. Österreich liegt eingebettet inmitten von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Die konven­tionelle Landesverteidigung als Hauptaufgabe einer nationalen Armee ist auf abseh­bare Zeit in den Hintergrund getreten. Die Krisenreaktion tritt in den Vordergrund. Viele Risiken von Außen, ob Massenimmigration, organisierte Kriminalität oder Terror sind nur durch gezielte Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) und im Anlassfall sogar durch militärische Maßnahmen zu bewältigen. Internationale Einsätze zur Konfliktprävention oder -bewältigung, der Heimatschutz vor terroristischen Bedrohungen sowie Unterstützungsleistungen bei Katastrophen außergewöhnlichen Ausmaßes im In- und Ausland sind daher die Aufgaben des Österreichischen Bundesheers der Zukunft.

Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Staatsgrenze, so wichtig er in den letzten eineinhalb Jahrzehnten war, hat ein Ablaufdatum – mit der Schengenreife unserer Nachbarstaaten fällt dieser spätestens 2009 weg und wäre durch ein System der Schleierfahndung zu ersetzen. Seit der Kürzung der Wehrdienstzeit auf sechs Monate ist eine vernünftige, an obige Aufgabenstellungen angepasste Ausbildung von Wehrpflichtigen nicht (mehr) möglich oder sinnvoll. Diese können nur von hoch­professionell ausgebildeten und motivierten Freiwilligen erfüllt werden, die dafür die nötige Bezahlung und Ausrüstung sowie entsprechende Modelle zur Überleitung in andere Berufe nach einer zeitlich befristeten Soldatenkarriere brauchen; diese Voraus­setzungen will die große Koalition weder diskutieren und schon gar nicht zur Verfügung stellen.

Die vom Bundesminister für Landesverteidigung angekündigte Budgeterhöhung für das Verteidigungsressort um 100 Millionen €, für die er sich ausgiebig in diversen Blättern feiern ließ, gibt es nicht. Das Budget dürfte nominell um 28 Mio. € geringer ausfallen als 2006. Nach Abzug der Gehaltsanpassungen und Erhöhungen von Auslands­einsatzgebühren bleibt dem Bundesministerium für Landesverteidigung aber sogar noch weniger als bisher. Beim Investitionsbudget für das dringend notwendige Gerät, wird es angeblich ein Minus von 60 Millionen € geben, im Jahr 2008 sogar 80 Millionen. Die Ziele der BHRK werden daher erst 2012 zu 50 Prozent erreicht werden. Eine vollständige Zielerreichung ist außerhalb jedes Planungshorizontes.

Auswirken wird sich das insbesondere auf unsere Soldaten im Auslandeinsatz, denen dann die notwendigen Geräte und auch die Mannesausrüstung fehlen wird. Mehr als fahrlässig wird dadurch die Sicherheit unserer Soldaten aufs Spiel gesetzt. Der österreichische Beitrag zum Helsinki Headline Goal, dem sich alle Bundesregierungen seit 1999 verpflichtet fühlen, ist somit nicht erreichbar. Internationaler Schaden für unser Ansehen, aber noch viel wichtiger ein fehlender substantieller Beitrag Öster­reichs für den Weltfrieden sind zu erwarten.

Die Budgetnot im Bundesministerium für Landesverteidigung wird aber auch die Sicherheit in Österreich reduzieren: Laut jüngsten Auskünften des Verteidigungs­ministers ist der Hubschrauber S-70 „BLACK HAWK“ nach wie vor unbewaffnet, was nur einen eingeschränkten Einsatz bei Sicherungsaufgaben – z.B. auch im Rahmen der EURO 2008 – und zur Abwehr terroristischer Bedrohungen erlaubt. Auch das „Midlife-update“ für die technisch überalterte SAAB-105 OE (Beschaffung 1970, Lebensdauer mit Update bis 2020) sowie den Transporthubschrauber AB 212


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erscheint aufgrund der Budgetknappheit gefährdet, obwohl es auch nach Meinung des Bundesministers für Landesverteidigung für eine funktionierende Luftraumüber­wachung bzw. die Transportkapazität zwingend erforderlich ist.

Auch das Argument der Erlöse aus Immobilienverkäufen, die zur Gänze im Verteidi­gungs­ressort verbleiben sollen, ist nicht sehr überzeugend: Letztes Jahr konnten nach bedeutend höheren Ankündigungen nur 30 Millionen € aus Liegenschaftsverkäufen erzielt werden, angeblich sollen 2007 und 2008 aber von allen Einnahmen des BMLV 20 Millionen € pro Jahr dem Finanzministerium fix zufließen.

Die große Koalition gefährdet die Sicherheit:

Titelschlagzeile Österreich 20. Februar 2007: „Weniger Polizisten: Regierung kürzt bei Sicherheit“ ... „Massive Einsparungen im Sicherheitsbereich“ ... „Vor allem im Bereich der Sicherheit muss und will Molterer seinen Ministern Einschnitte aufbürden – über­raschend für einen schwarzen Finanzminister. Zu den Verlierern wird nach derzeitigem Stand das Ressort von Neo-Innenminister Günther Platter zählen. Laut Insider-Informationen soll es hier auf Beamtenebene massive Einsparungen geben. Molterer habe Platter bereits mitgeteilt, dass er mit Personalkürzungen rechnen müsse.“ ... „Aufgrund des vergangenen Wahljahres und der EU-Präsidentschaft davor seien im „Innenressort Einsparungen um deutlich mehr als 1.000 Beamte im Vorjahr verfehlt worden.““

Das Regierungsprogramm enthält für den Bereich des Innenressorts die etwas kryptische Formulierung: „Der Personalstand ist in einem Personalentwicklungskonzept mit Blick auf künftige Pensionierungen und die bevorstehende Schengenerweiterung dem Bedarf anzupassen und über die Legislaturperiode festzuschreiben. Dabei ist bei Bedarf von einer Erhöhung des Personalstandes auszugehen.“ Der Innenminister hat diese Meldungen zwar anfangs dementiert, seither aber gar keine Stellungnahme mehr dazu abgegeben.

Aus dem Justizministerium und dem Landesverteidigungsressorts gibt es ähnliche Gerüchte: Die Rede ist von Personaleinbußen und Budgetkürzungen, die eine Gefahr für die Leistungsfähigkeit der Organisationen bedeuten, jedenfalls sind keine dem Bedarf entsprechende Erhöhung von Personalstand und Budget in Sicht.

Die Bundesregierung hat bisher peinlich vermieden, irgendwelche Informationen über die geplanten und angeblich ausverhandelten (oder doch noch aufzuschnürenden) Budgets 2007 und 2008 an die Öffentlichkeit dringen zu lassen und verweigert sogar unzulässigerweise die Beantwortung parlamentarischer Fragen unter Hinweis auf ein entsprechendes „Schweigegelübde“ innerhalb der Bundesregierung.

Sicher ist: Heuer 620 Mio. € sowie 640 Mio. € im Jahr 2008 will die Bundesregierung im Budget einsparen. Dies geht zu Lasten der Sicherheit.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, im Bereich Sicherheit – also die Bundesministerien für Inneres, Justiz und Landesverteidigung betreffend –

1. bis zum Ende dieser Gesetzgebungsperiode keine Einsparungen oder Personal­kürzungen vorzunehmen,

2. einen den Umständen, nämlich


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a. der Entwicklung der Kriminalität (im Vollziehungsbereich des Bundesministeriums für Inneres),

b. der Entwicklung der Anfallszahlen und Hafttage (im Vollziehungsbereich des Bundesministeriums für Justiz) und

c. den aktuellen Aufgabenstellungen (im Vollziehungsbereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung)

entsprechenden Personalstand sicherzustellen und

3. für eine entsprechend moderne und leistungsfähige Ausrüstung zu sorgen.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, mit dem Ziel einer „Sicherheitszone Österreich“ einen regelmäßigen Sicherheitsgipfel mit Praktikern der drei Sicherheits­ressorts und gegebenenfalls anderen Ressorts, externen Experten und Vertretern aller fünf im Nationalrat vertretenen Parteien einzuführen, um alle Maßnahmen auf ihre Eignung für die jeweils aktuelle Bedrohungslage zu prüfen und ihre Umsetzung der Bevölkerung darzustellen damit die objektive Sicherheitssituation auch mit dem subjektiven Sicherheitsempfinden in Einklang gebracht werden kann.

Des weiteren wird die Bundesregierung ersucht, rasch die Teilstrategien der Sicher­heits- und Verteidigungsdoktrin umzusetzen und den in der Gesamtstrategie vorge­sehenen Prozess – einschließlich dessen verfassungsrechtlicher Absicherung durch Einführung des Begriffes der „umfassenden Sicherheit“ in der Bundesverfassung – fortzuführen. Die dafür bestehenden Organisationselemente in der Bundes­verwaltung sind entsprechend den Empfehlungen der Sicherheits- und Verteidigungs­doktrin, der Bundesheerreformkommission sowie der Arbeitsgruppe CIMIC beständig auszubauen. Ein entsprechendes Bundesgesetz für die Zusammenarbeit zwischen und innerhalb der Bundeseinrichtungen sowie mit den Ländern im Bereich des Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements (SKKM) – im Regierungsprogramm als Artikel 15a Vereinbarung angedacht – ist rasch vorzubereiten und dem Nationalrat vor­zulegen.

Der Bundesminister für Inneres wird insbesondere ersucht,

4. die Kräfte der Polizei mehr gegen organisierte Kriminalität, Drogen-, Menschen­handel und Schlepperwesen einzusetzen als gegen Einzeldelikte,

5. die europäische Zusammenarbeit beim Kampf gegen die (organisierte) Kriminalität weiter zu verstärken,

6. schon jetzt Vorbereitungen für verstärkte Schleierfahndungen für den Fall der Erweiterung des Schengenregimes (Wegfall der Grenzkontrollen) auf unsere östlichen Nachbarn zu treffen bzw. einer solchen Erweiterung erst zuzustimmen, wenn dafür wirklich alle Voraussetzungen getroffen sind,

7. im Anlassfall, also insbesondere bei der EURO 2008, die Grenzkontrollen wieder aufzunehmen,

8. Schwerpunktaktionen gegen Einbruchs- und Kfz-Diebstähle durchzuführen,

9. Schwerpunktaktionen gegen organisierte Bettelei durchzuführen,

10. die Polizeipräsenz auf der Straße weiter zu verbessern,

11. die Videoüberwachung an neuralgischen Hot-Spots sowohl in Wien wie auch in den Ländern zu verstärken,


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12. die restriktive Zuwanderungs- und Asylpolitik Österreichs fortzuführen und ent­sprechend den Interessen Österreichs weiterzuentwickeln, sowie Integration aktiv einzufordern und auch zu honorieren und

13. rasch die Führungskrise in der Wiener Polizei zu lösen und Missstände nachhaltig zu bekämpfen.

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, die Sicherheit in Österreich nicht durch vorzeitige Haftentlassungen und weniger Haftstrafen zu gefährden, sondern auf die steigende Ausländerkriminalität durch eine Prüfung aller Möglichkeiten zu reagieren, das österreichische Strafrecht dem höheren Abschreckungsbedarf ausländischer Banden anzupassen und einen Strafvollzug im Heimatland innerhalb der EU, aber auch in Drittstaaten sicherzustellen.

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird ersucht, im Hinblick auf die geänderte Aufgabenstellung des österreichischen Bundesheeres

1. statt einer Novelle zum Wehrgesetz mit der der geltende Rechtsbestand bestätigt wird, die Umstellung von der allgemeinen Wehrpflicht auf ein Freiwilligenheer beste­hend aus hohem Berufskaderanteil und Freiwilligen-Miliz vorzubereiten,

2. einen mindestens dreijährigen freiwilligen Dienst oder eine einjährige Milizaus­bildung mit zehnjähriger Bereitschaft für Einsätze im Inland zu honorieren (bevorzugte Aufnahme in den öffentlichen Dienst, Einrichtung von Stipendien und Ausbildungshilfen für Personen, die einen solchen freiwilligen Dienst geleistet haben) und

3. die aktive und passive Luftraumüberwachung – auch im Hinblick auf die EURO 2008 – durch den Einsatz von österreichischen Luftraumüberwachungsflugzeugen, die Bewaffnung des BLACK HAWK, einen Ersatz der SAAB 105 oder ein Midlife-Update dieser sowie den Einsatz von Fliegerabwehrwaffen und Radar sicherzustellen.

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird im Einvernehmen mit der Bundes­ministerin für europäische und internationale Angelegenheiten ersucht, den öster­reichischen Beitrag für internationale Einsätze im Rahmen der EU (HHG) durch ausreichende Kräfte und Ausrüstung sicherzustellen, damit gemeinsam mit Mitteln der EZA Krisen bereits im Vorfeld abgewendet oder eingedämmt werden können.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln und dem Erstantragsteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

Wien, am 22. März 2007

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Ing. Westen­thaler als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort.

Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.01.19

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Innenminister! Frau Justizministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh und freue mich, dass auch der Herr Bundeskanzler der heutigen Sondersitzung die Ehre seiner Anwesenheit gibt. Ich hoffe, das Wohlbefinden ist gut, Herr Bundeskanzler, ich hoffe, Sie haben gut geschlafen (Bundeskanzler Dr. Gusen­bauer: Hervorragend!), nachdem Sie gestern den österreichischen Autofahrern eine


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400-Millionen-€-Belastung vor den Latz geknallt haben und damit Ihren Belastungskurs fortsetzen. Ich hoffe, Sie haben wenigstens Ruhe.

Aber das ist in dieser Regierung eben so: dass alles versprochen, nichts gehalten wird, Steuern erhöht werden, Belastungen kommen und es auch in der Sicherheitspolitik zu Problemen kommt. – Aber es kracht ordentlich im Gebälk. Heute, vor wenigen Minuten, richtet Ihnen Ihr Vorsitzender aus Tirol, der SPÖ-Chef Tirols, Gschwendtner, aus, er sei für den Ausstieg aus der Koalition. Für den Fall, dass das noch nicht alle wissen: „Wenn es so bleibt, wie es ist, bin ich dafür: Nichts wie raus aus der Regierung.“ – Gratuliere, Herr Gschwendtner! Tun Sie das! (Beifall beim BZÖ.)

Die Regierung ist völlig in Auflösung begriffen – und gleichzeitig haben wir ein Sicherheitsproblem in diesem Land. Die Regierung streitet täglich. Man sollte nur kurz einmal vorlesen, was die ÖVP zum Beispiel über die SPÖ so alles sagt. Die ÖVP sagt, die SPÖ sei heillos überfordert, untätig, nervös, sie disqualifiziere sich als Regierungs­partner, Schulterklopfen und gleichzeitiges Schienbeintreten sei die Devise in der Regierung, die SPÖ halte die ÖVP am Leiberl zurück, Gusenbauer solle seine Beißreflexe und Kettenhunde zurückziehen, und so geht das weiter, Gusenbauer habe keine Führungsqualität.

Die SPÖ lässt sich natürlich nicht lumpen, gibt zurück und wirft der ÖVP mangelnden Teamgeist vor – alles Originalzitate Ihrer Politiker –, die ÖVP bringe dumpfeste Argumente, die nicht an das 19. , sondern 15. und 14. Jahrhundert erinnern, die ÖVP sei gescheitert, rückständig, Pröll sei gescheitert. Und Herr Häupl sagt, die ÖVP sei brutal, sie wolle uns nicht und treibe auch noch Spott.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren von Rot und Schwarz: Wenn ihr nicht miteinander wollt, dann lasst es bleiben und macht endlich Neuwahlen, damit der Wähler sich rächen kann an der Politik der gebrochenen Versprechen! (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist der Unterschied zwischen Ikea und dieser großen Koalition: Bei Ikea haben die Menschen, die dort einkaufen, ein dreimonatiges Rückgaberecht, bei der Regierung müssen sie nach der Wahl diesen Bundeskanzler und diese Regierung beibehalten, obwohl sie sie nicht mehr wollen. – Das ist der Unterschied. Und da sagen wir: Während Sie streiten, jeden Tag, sich anflegeln, sich letztlich auch mit Unwahrheiten anschütten und nichts weiterbringen, steigt in Österreich die Kriminalität. Das ist das Sittenbild: Streit, Zank und Zauder und inhaltlicher Stillstand – aber Belastungen!

Sie sagen dauernd: Es geht aufwärts! Sie wollen den Menschen ständig weismachen, es geht aufwärts. – Ich sage Ihnen: Das Einzige, was aufwärts geht, sind die Krimi­nalitätszahlen und die Belastungen in diesem Land – sonst geht gar nichts aufwärts, seit es diese Regierung gibt! Und das Ergebnis ist, dass das wichtigste Thema Sicherheit, Bekämpfung der Kriminalität auf der Strecke bleibt, weil in der Regierung wortwörtlich „der Teufel los ist“. Das Einzige, was bei Ihnen sicher ist, sind der tägliche Streit und die Belastungen; das sage nicht nur ich, sondern auch die Tageszeitungen zur Sicherheitskrise: Streit in der Koalition.

Auch über die Sicherheit wird fest gestritten, die Kriminalität steigt währenddessen um 10 Prozent nur in den ersten beiden Monaten; da kann uns auch die FPÖ nicht vorwerfen, dass das wir sind, denn wir haben eine neue Regierung! Jänner, Februar, neue Regierung, Steigerung der Kriminalität um 10 Prozent, besonders bei Einbruch­diebstahl. Wir haben allein in Wien jeden Tag 20 Wohnungs- und Hauseinbrüche zu verzeichnen.


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Die Zahl der Banküberfälle steigt. 17 Banküberfälle in den ersten Wochen dieses Jahres; davon ist ein einziger aufgeklärt, 16 sind nicht aufgeklärt. Wir haben eine Steigerung bei den Suchtgiftdelikten, bei den Raubüberfällen. Wir haben organisierte Bettlerbanden in Graz und Wien. Wir haben 15 000 Straftaten in Niederösterreich, eine Steigerung um 16 Prozent. Wir haben in Oberösterreich eine Steigerung von 23,6 Pro­zent bei den Straftaten. – Und das geht so weiter.

Wenn Sie heute die Tageszeitungen aufblättern, dann lesen Sie zum Beispiel in der „Kronen Zeitung“: „Einbruchserie in Pflichtschulen!“ Im Jahr 2006 70 und jetzt bereits 24 in nur fünf Wochen. 24 Einbrüche! Besonders betroffen ist die Volksschule Grinzing, die in nur fünf Wochen dreimal überfallen worden ist; und zwar nicht von irgend­welchen dummen Menschen, sondern das sind Profi-Gauner, die dort einsteigen, sagt die Polizei, die die Fälle aufgenommen hat.

Wir blättern weiter: Floridsdorf, drei Morde innerhalb von nur fünf Tagen. Drei Morde! Großfeldsiedlung, Gemeindebau. Die Menschen leben dort in Angst – und es wird nichts dagegen getan. Drei Morde!

Drei Überfälle in fünf Wochen auf eine P.S.K.-Filiale in Brigittenau. Drei Mal hinter­einander wird dieselbe P.S.K.-Filiale überfallen – und es passiert nichts! Die Mitarbeiter leben in Angst und Schrecken.

Das bedeutet: Jawohl, wir haben ein Problem, und wir sehen es auch! Die Kriminalität wächst, es gibt neue Schockzahlen – Zahlen, die ich Ihnen genannt habe –, und die müssen wir entsprechend bekämpfen. Deshalb haben wir für heute diese wichtige Sondersitzung einberufen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir haben eine importierte Kriminalität von ausländischen Verbrecherbanden, die Banken überfallen, in Wohnungen einbrechen und die letztlich auch für Angst und Schrecken in der Bevölkerung sorgen. Gleichzeitig sinkt die Aufklärungsquote um 4,3 Prozent allein in den ersten beiden Monaten, und gleichzeitig sinkt das Sicher­heitsgefühl der Menschen in Österreich. Eine letzte Umfrage hat ergeben, dass allein in Wien jeder zweite Wiener Angst davor hat, nachts allein auf die Straße zu gehen. Das besagt eine neueste Umfrage.

64 Prozent der Bevölkerung sagen, dass die Sicherheit und die Kriminalität ihre größte Sorge ist. – Gleichzeitig versinkt die Wiener Polizei in einem Riesenskandal, der noch nie in der Form da war. Die Polizeispitze, die immer mehr dafür sorgt, dass es in Zukunft nicht „Blaulicht“, sondern „Rotlicht“ heißt, die Polizeispitze, wo es mittlerweile mehr Suspendierungen von Spitzenbeamten gibt als aufgeklärte Banküberfälle – da frage ich mich wirklich: Was können eigentlich die Beamten auf der Straße, die Streifenbeamten, dafür, dass ihr guter Ruf und das Sicherheitsgefühl der Menschen durch ein paar schwarze Schafe an der Spitze der Polizei letztlich in Misskredit gebracht werden. Wir setzen uns deswegen auch für die Polizei ein, dass sie mehr Mittel bekommt, um besser agieren und für die Sicherheit in Österreich sorgen zu können, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben also ein Sicherheitsproblem, nämlich steigende Kriminalität – und da kommt die Frau Justizministerin daher und legt ein Zehn-Punkte-Programm vor, was sie jetzt dagegen tun will, weil die Gefängnisse voll sind. Wir haben volle Gefängnisse. Über 9 000 Häftlinge sitzen in den Gefängnissen, davon 42 Prozent Ausländer, und sie will 10 Prozent weniger Häftlinge haben, also 900 will sie weg haben. Sie hat ein Zehn-Punkte-Programm vorgelegt und Folgendes vorgeschlagen: Sie hat vorgeschlagen, dass man Häftlinge vorzeitig oder bedingt entlassen soll, dass man Freiheitsstrafen in Geldstrafen umwandeln soll, und – das ist überhaupt der Höhepunkt – im Jahr 2008, zum 90-jährigen Jubiläum der Republik Österreich, will sie eine Generalamnestie durchführen. Dass dadurch letztlich auch „schwere Jungs“ freikommen, das ist das


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Geburtstagsgeschenk dieser Regierung an die Österreicher zum 90-Jahr-Jubiläum dieser Republik. Wir lassen die Verbrecher frei, weil wir keine Haftplätze mehr haben.

Frau Justizministerin, das kann doch nicht die Antwort sein auf eine höhere Krimi­nalität! Die Antwort auf eine höhere Kriminalität und mehr Häftlinge kann doch nicht sein, dass wir sie freilassen, sondern die Antwort auf eine höhere Kriminalität, auf die Angst der Menschen muss sein: mehr Polizei, schärfere Strafen, mehr Festnahmen und eben mehr Gefängnisplätze zu errichten. Das ist die Aufgabe, die Sie hätten, Frau Minister, und das fordern wir ein! (Beifall beim BZÖ.)

Österreich darf kein Eldorado für internationale Kriminalität werden, dass jeder hierher kommt und sagt: Super, entweder bekomme ich eine milde Strafe oder ich werde ohnehin freigelassen, weil ich in eine Amnestie falle oder vorzeitig entlassen werde.

Daher unser Vorschlag, den wir heute auch beantragen werden: In Österreich stehen 16 Bundesheer-Kasernen leer, die von der Bundesimmobiliengesellschaft seit Jahren nicht veräußert werden können. Was hindert Sie daran, die eine oder andere Kaserne zu übernehmen, zu renovieren, sicher zu gestalten und daraus ein neues Gefängnis zu bauen? Dann haben wir wieder Plätze und müssen keinen einzigen Straftäter mehr frühzeitig auf die Bevölkerung loslassen. – Das fordern wir auch von Ihnen ein. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines der wichtigsten und wohl am meisten betroffen machenden Themen – ich bin sehr froh, dass das auch aktuell diskutiert wird, auch seitens der Österreichischen Volkspartei – ist das Thema Kindesmissbrauch. Wir haben hier erschreckende Zahlen. Wir haben jährlich 2 500 angezeigte, bekannt gewordene Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern, wir haben aber eine Dunkelziffer von bis zu 10 000 Fällen in Österreich, wo Kinder sexuell missbraucht werden. 10 000 Fälle! Wir haben leider auch ganz aktuell einige traurige Beispiele in Österreich.

Zum Beispiel: Am 12. Jänner 2007 wird ein Mann, der einen zehnjährigen Buben sexuell misshandelt hat, zu ganzen 19 Monaten bedingter Haftstrafe verurteilt. Am 16. Februar dieses Jahres wird ein Tennislehrer, der ein zehnjähriges Mädchen missbraucht, vergewaltigt hat, zu einem halben Jahr unbedingter Haftstrafe verurteilt. Wissen Sie, was dann passiert? Er geht in Berufung, und in der Berufung wird diese Haftstrafe in eine Geldstrafe von 3 600 € umgewandelt – und er ist auf freiem Fuß. Begründung: Es war ein einmaliger Ausrutscher dieses Täters. Ein einmaliger Ausrutscher, ein zehnjähriges Mädchen zu missbrauchen!

Das ist eine Ungeheuerlichkeit, das kann man einfach nicht so stehen lassen. Da muss man etwas dagegen tun, und deswegen ersuchen wir Sie, Frau Ministerin, hier einmal ein Exempel zu statuieren und endlich auch für schärfere Strafen zu sorgen. Ich bin nicht der Meinung, wie manche aus den Reihen anderer Parteien, dass da ursprünglich die Richter schuld sind. Nein! Der Gesetzgeber ist in der Verantwortung. Der Gesetz­geber hat die Verantwortung, endlich hohe, scharfe Mindeststrafen zu for­mulieren, diese umzusetzen, damit die Richter auch die Möglichkeit haben, diese Strafen auszusprechen. Und das ist unsere Forderung: Eine Strafverschärfung wollen wir haben, denn es darf kein Pardon für Kinderschänder geben. Wir wollen kein Pardon für Kinderschänder. Jemand, der sich an unseren Kindern vergreift, hat kein Recht auf Milde in der Strafgesetzgebung, sondern muss weggesperrt, scharf beurteilt und scharf bestraft werden, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir sind schon sehr gespannt. Wir werden heute auch einen Antrag einbringen, mit dem wir genau diese Mindeststrafen dort, wo sie nicht sind, einführen wollen und dort, wo es sie gibt, erhöhen wollen. Da hat es auch vernünftige Vorschläge seitens der Österreichischen Volkspartei gegeben, und ich sage Ihnen jetzt: Springen Sie doch


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einmal über den großkoalitionären Schatten und stimmen Sie diesem Entschließungs­antrag, den wir heute einbringen werden – da steht genau das drin, was Sie auch fordern: Mindeststrafen einführen, Mindeststrafen erhöhen –, zu und ermöglichen Sie damit einen Auftrag an die Frau Justizminister, dass das auch passiert.

Wir wollen bei schweren Vergehen tatsächlich ein lebenslanges Wegsperren von Sexualstraftätern – jawohl!, nicht 20 Jahre und dann früher freilassen, sondern lebenslang, wenn es eine schwere Tat betrifft –, und wir wollen bei den anderen Taten zumindest eine lebenslange Kontrolle. Das heißt, der straffällig Gewordene muss sich melden, wir wollen eine Meldepflicht. Wir wollen eine Sexualstraftäter-Datei, die wir heute auch beantragen werden, damit die Menschen auch erfahren und wissen, in ihrem Umkreis könnte ein Sexualstraftäter leben. Und wir wollen auch – etwas, das derzeit in Deutschland umgesetzt wird – ein Ansiedelungsverbot für Sexualstraftäter in der Nähe von Schulen, Kindergärten und Kinderspielplätzen, weil wir nicht wollen, dass ein Straftäter, der schon einmal ein Kind missbraucht hat, auch nur in die Nähe einer Familie oder eines Kindes kommt. Das sind wir unseren Kindern schuldig, und deswegen wollen wir auch diese Initiative heute im Parlament setzen.

Wir sagen, wer sich an Kindern vergeht, hat keine Milde verdient, und ich sage Ihnen auch, warum. Ein Kind, dass sexuell missbraucht wird, leidet sein ganzes Leben, ist traumatisiert und wird diese Tat in seinem ganzen Leben nicht mehr vergessen. Daher ist es nur recht, zu fordern, dass Täter, die so eine gräuliche Tat begehen, ebenfalls ihr ganzes Leben lang betroffen sind und diese Tat auch nicht vergessen werden. Dann werden sie vielleicht in Zukunft überlegen und die Finger von unseren Kindern lassen. Damit kann vielleicht auch endlich einmal die Zahl dieser Straftaten reduziert werden, verhindert werden, dass derartige Straftaten stattfinden.

Das ist, glaube ich, etwas ganz, ganz Wichtiges, das wir durchsetzen wollen, da steht das BZÖ voll auf der Seite der Familien und der Kinder. – Frau Ministerin, wir wollen, dass Sie das in dieser Legislaturperiode durchsetzen. Statt Häftlinge freizulassen, Straftäter laufen zu lassen, machen Sie ein schärferes Strafrecht für Kinderschänder, für Sexualstraftäter, dann ist viel für dieses Land und auch für die Sicherheit dieses Landes getan, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Wir wollen und wir werden heute auch noch weitere Punkte besprechen.

Das Betteleiproblem in Wien und Graz ist ein evidentes Problem, wo es um organi­sierte Banden geht, sowohl in Graz, als auch in Wien, die die Menschen anpöbeln, um für ihre Organisation Geld einzutreiben. Ich glaube, dass es notwendig ist, dass man gegen diese Taten vorgeht. (Abgeordnete der Grünen stehen in ihren Bankreihen und halten ein Transparent mit der Aufschrift „Wer schützt uns vor Westenthaler?“ in die Höhe. – Beifall bei der SPÖ.) – Ich finde es sehr interessant, dass den Grünen Sexual­straftaten wurscht sind, sondern es ihnen wichtiger ist, hier Polemik gegen andere Parteien vom Zaum zu brechen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Herr Klub­obmann, bitte einen Moment! Ich bitte die Grünen, das Transparent wieder einzurollen. (Zwischenrufe und neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (fortsetzend): Wissen Sie, ich bin sehr froh und dankbar, dass der ORF die Sendung heute live überträgt. Jeder Zuschauer, der das jetzt sieht, kann genau unterscheiden: Wem ist der Kampf gegen sexuellen Missbrauch, der Kampf gegen die Kriminalität wichtig, und welche Politiker und Par­teien missbrauchen eine Nationalrats-Sondersitzung zu parteipolitischem Hickhack? – Das sollen die Menschen entscheiden. Ihnen ist es wurscht, Sie wollen alle freilassen, Sie wollen auch alle Ausländer ins Land herein lassen. Das ist Ihre Politik, die zu mehr


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Unsicherheit führt und die die Menschen ablehnen. Deswegen sind Sie derzeit auch eher im Abschwung und nicht im Aufschwung begriffen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir treten für die Sicherheit ein. Wir wollen auch die Drogen- und Suchtgift­proble­matik – wenn ich schon zu den Grünen schaue – entsprechend bekämpfen. Sie sind ja für die Aufhebung, Sie wollen alles freigeben, Sie hätten am liebsten, dass alle unsere Kinder Cannabis rauchen dürfen, dies frei in Trafiken verkauft werden kann. – Das ist Ihre Politik! Dagegen werden wir kämpfen und unsere Kinder vor Ihnen schützen, denn Sie wollen unseren Kindern den Weg zum Gift letztlich leichter machen. Und das wollen wir nicht! Das werden wir bekämpfen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Jeder zweite Rauschgift-Dealer ist mittlerweile Ausländer. Im Sicherheitsbericht, im Drogenbericht steht, ausländische kriminelle Gruppen beherrschen den Markt. – Nicht wir haben das geschrieben, das steht im offiziellen Bericht. Daher müssen wir etwas dagegen tun.

Herr Minister Platter, ich würde Sie wirklich dringend ersuchen, sagen Sie endlich einmal dem Hohen Haus – ich habe Sie auch schon im Ausschuss gefragt –, wie hoch das Sicherheitsbudget für die nächsten beiden Jahre sein wird. Werden Beamte eingespart? Gibt es Personaleinsparungen? Wie hoch ist der prozentuelle Anteil am Gesamtbudget für die österreichische Sicherheit? Ich glaube, Sie haben die Ver­pflichtung, dem österreichischen Nationalrat Auskunft zu erteilen, zumal es auch Mel­dungen in österreichischen Tageszeitungen gibt, zum Beispiel am 20. Febru­ar 2007 in der Tageszeitung „Österreich“ – ich zitiere –: Weniger Polizisten, Regierung kürzt bei Sicherheit. Massive Einsparungen im Sicherheitsbereich.

Herr Minister, wir erwarten uns, dass Sie heute klare Zahlen und Fakten auf den Tisch legen, was tatsächlich mit der Sicherheit passiert. Werden Beamte eingespart? Gibt es eine Einsparung im Sicherheitsbereich oder nicht? Oder gibt es das, was wir wollen, nämlich mehr Geld für die Sicherheit, mehr Beamte auf der Straße, mehr Schwer­punktaktionen, zum Beispiel gerade in Wien, in den Gemeindebauten, wo sich die Menschen in den großen Gemeindebausiedlungen mittlerweile wirklich fürchten? Wir wollen ein Gemeindebauschutzprogramm installieren mit Schwerpunktaktionen und mehr Patrouillen der Exekutive, weil genau in diesen Bereichen die Zahl der Woh­nungseinbrüche, der Eigentumsdelikte, aber auch der Überfälle sehr stark gestiegen ist.

Die Wiener Bevölkerung, die hier mit Sicherheit ein Sicherheitsproblem hat, will, dass wir etwas tun. Wenn schon die Wiener Stadtregierung nichts dagegen tut, dann wäre es eigentlich sehr gut, wenn die österreichische Bundesregierung letztlich mehr tut und auch mehr für die Sicherheit der Menschen in Wien und in den Ballungszentren wie Graz und Linz unternimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein weiteres Thema – wir hätten ja unzählige Themen, man könnte stundenlang reden – ist die Fußball-Europameisterschaft 2008. Es besteht die Gefahr, dass es dabei zu Ausschreitungen auf Fußballplätzen kommt. Auch hier ein klares Wort, Herr Minister! Sie haben hier eigentlich einen richtigen und wichtigen Weg beschritten. Sie haben gesagt, jawohl, auch wir wollen das Schweizer und deutsche Modell der sogenannten Präventivhaft für Gewalttäter auf den Fußball­plätzen anwenden. – Das war ein sehr erfolgreiches Modell bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland, wo rund 500 Personen – unter Anführungszeichen – „in den Genuss“ der sogenannten vorübergehenden Anhaltung gekommen sind, wodurch Ausschreitungen auf den Fußballplätzen auch verhindert worden sind.

Ich denke, dass das ein richtiges Modell ist, ein gutes Modell, und dass wir das in Österreich auch einführen sollten. Wir sollten darauf achten, dass wir mehr Sicherheit


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auf den Fußballplätzen haben, denn es gibt fast jede Woche Ausschreitungen, und deswegen werden wir einen entsprechenden Antrag einbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir vom BZÖ wollen mehr für die Sicherheit tun. Wir wollen, dass Österreich endlich zu einer Sicherheitszone in Europa wird. Das kann möglich sein, wenn eine entsprechende Initiative gesetzt wird. Berufen Sie einen Sicherheitsgipfel mit Experten ein! Mehr Personal, mehr Budget! Wir brauchen mutige Politiker mit mutigen Ideen im Kampf gegen die Kriminalität. Wir wollen den Kampf gegen die Kriminalität und für den Schutz unserer Mitbürger verstärken.

Sehr geschätzte Bundesregierung, Herr Bundeskanzler, Herr Innenminister, Frau Justizministerin – in Ihren Händen liegt es! Wir bringen heute mit unseren Anträgen eine ganze Reihe von sehr guten, sehr motivierenden Ideen ein. Wir wollen diese Sicherheitszone Österreich, wir sind bereit, diesen Weg mit Ihnen auch zu gehen, Sie müssen nur Abstand nehmen von solchen Ideen wie vorzeitigen Haftentlassungen. Sie müssen Abstand davon nehmen, wegzuschauen, Herr Bundeskanzler, Sie müssen hinschauen!

Die Kriminalität muss bekämpft werden, eine Sicherheitszone Österreich ist möglich. Das BZÖ als Sicherheitspartei ist bereit dazu. (Beifall beim BZÖ.)

12.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht über­steigen. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


12.20.59

Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Herzlichen Dank an das BZÖ für die Einberu­fung der heutigen Sondersitzung, denn das gibt uns Gelegenheit, über die sicher­heitspolitischen Vorstellungen der neuen österreichischen Bundesregierung zu reden. Da der Dringliche Antrag sehr weit gefasst ist und viele Bereiche der Sicherheit umfasst, werden wir diese Chance und Gelegenheit zur Diskussion und Auseinan­dersetzung auch gerne nützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei all den Entwicklungen, die es in den letzten Jahren in Europa und auch in Österreich gegeben hat und die eine große sicher­heitspolitische Herausforderung darstellen, soll man vielleicht eines nicht vergessen, und das ist vor allem für die österreichische Bevölkerung wichtig: dass Österreich dank des Einsatzes der Exekutivbeamten, dank des Einsatzes der Justiz eines der sichersten Länder Europas ist. Und diese Position wollen wir gemeinsam weiter ausbauen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Klubobmann Westenthaler, der Sicher­heitsbegriff, an dem wir uns orientieren, ist ein umfassender. Wir begreifen Sicherheit nicht nur als die Abwesenheit von Gewalt, sondern was wir schaffen wollen, ist in einer doch sehr turbulenten Welt ein sicheres Lebensumfeld für unsere Bevölkerung. Und das bestimmt sich natürlich über die Chancen und Lebensmöglichkeiten, über die Chancen, einen Arbeitsplatz zu bekommen, über die soziale Absicherung, über einen vernünftigen Schutz der Umwelt und über die Frage auch der körperlichen Integrität, das heißt auch über die Frage des Schutzes von Leib und Leben.

Vor diesem Hintergrund muss man Sicherheitspolitik umfassend definieren, wenn man dann nicht nur die negativen Konsequenzen bewältigen will. Das Problem entsteht ja nicht erst dort, wo jemand in Haft kommt oder verurteilt wird, das Problem entsteht ja bedeutend früher. Und unser politischer Ansatz ist, nicht ausschließlich eine Symptom­bekämpfung durchzuführen, sondern unser Ansatz ist, die Sicherheitsproblematik an


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der Wurzel zu fassen. Daher heißt Sicherheitspolitik in unserem Verständnis, umfas­sende soziale Sicherheit in unserem Land herzustellen, damit sich die Menschen sicher fühlen können. Das ist das Wichtigste, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie haben auf das Ansteigen bei der Kriminalitätsentwicklung hingewiesen. Das ist in den Monaten Jänner und Februar nicht zu leugnen, aber ebenso wenig ist zu leugnen, dass es im März bereits wieder eine Entspannung gibt. Das heißt, man wird sehen, wie die Entwicklung über das gesamte Jahr hinaus verläuft und ob es tatsächlich zu einem Anstieg der Kriminalität in einer mittelfristigen Perspektive kommt.

Ich glaube aber, dass man von vornherein erste Signale immer gleich aufnehmen und auch versuchen muss, darauf zu reagieren. Was machen wir daher? – Sie werden nächste Woche das Budget der Bundesregierung vorgelegt bekommen, und ohne den konkreten Zahlen budgetär vorgreifen zu wollen, möchte ich sagen, wir sind uns natürlich der Herausforderung bewusst und haben daher vorgesehen, dass im Per­sonal­stand des Innenministeriums, um auf einen Bereich hinzuweisen, für das Jahr 2007 zum Beispiel 230 Planstellen mehr vorgesehen sind, als das im Jahr 2006 der Fall war. – Das als eine erste Reaktion darauf, weil wir natürlich wollen, dass die Sicherheitsentwicklung in unserem Land eine positive ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das Zweite, Herr Klubobmann Westenthaler: Sie kennen das Regierungsüber­einkommen sehr genau. Dort ist festgehalten, dass wir bei Bedarf natürlich eine weitere Erhöhung des Personalstandes vorsehen, weil wir in der Sicherheitspolitik nicht von Dogmen ausgehen, sondern davon: Was brauchen wir, um umfassende Sicherheit in Österreich auch gewährleisten zu können?

Sie wissen, dass hoffentlich mit 1. Jänner 2008 unsere Nachbarstaaten zum Schen­gen-Raum dazukommen werden und dass wir derzeit zumindest 2 650 Beamte dauernd im Einsatz an der Grenze haben. Wir werden nicht alle Beamten, die jetzt an der Grenze sind, abziehen können, weil wir natürlich auch die Nachfolgemaßnahmen von Schengen brauchen, aber dort, wo sich das bewährt und wo es zu einer Entspannung der Situation kommt, wollen wir selbstverständlich die Beamten abziehen und sie dann dort einsetzen, wo ein höherer Bedarf an Sicherheit gegeben ist. Das heißt, das, was wir für Schengen-Nachfolgemaßnahmen brauchen, verbleibt dort, und die anderen Beamtinnen und Beamten versuchen wir zur Verstärkung der inneren Sicherheit, wo der Bedarf am größten ist, auch in Zukunft heranzuziehen.

Ich glaube, dass das eine sinnvolle Nutzung unserer Ressourcen ist. Klargestellt sein muss natürlich – und darauf wird die Bundesregierung gemeinsam achten –, dass die Bedingungen in den Ländern, die dem Schengen-Raum beitreten wollen, auch gegeben sind, denn es geht darum, dass wir durch Schengen die Zone der Sicherheit vergrößern und nicht zusätzliche Verunsicherungen bekommen. Aber wenn das gewährleistet ist, haben wir eine größere Chance, die Polizisten und Polizistinnen im Land einzusetzen.

Ziel ist in jedem Fall eine Verstärkung der Exekutive im öffentlichen Raum, weil nämlich die Frage der Sicherheit nicht nur eine objektive Angelegenheit ist, sondern auch eine Frage des subjektiven Empfindens. Wenn im öffentlichen Raum in aus­reichendem Ausmaß Exekutivbeamte vorhanden sind, dann fühlt sich die Bevölkerung einfach sicherer. – Das ist das Ziel: dass die Präsenz im öffentlichen Raum verstärkt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden natürlich die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie laufend überprüfen. Das ist, so finde ich, auf einem guten Weg. Die Reibungsverluste, die da und dort vorhanden sind, werden behoben werden. Wir haben uns vorgenommen, das kontrollierend zu begleiten, damit wir einen


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effizienteren Einsatz der Exekutivkräfte auch bewerkstelligen können. Wichtig ist, dass die Polizistinnen und Polizisten auch jene Mittel in die Hand bekommen, die sie brauchen, um ihre Aufgabe entsprechend erfüllen zu können. Daher plant die Bundes­regierung eine Verbesserung der Ausbildung und auch eine weitere Verbesserung der Methoden der Polizei, denn es geht darum, Verbrechen zu verhindern oder, wenn Verbrechen geschehen, diese möglichst rasch aufzuklären, damit das Sicherheits­gefühl in der Bevölkerung steigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt in einem großen Apparat, wie die Exekutive einer ist, auch immer wieder schwarze Schafe (Rufe beim BZÖ: Das sind aber rote Schafe!) – oder rote Schafe, ganz wie Sie wollen –, die sich nicht so verhalten, wie man das von einem Exekutivbeamten erwarten sollte. Der Innenminister und ich sind uns einig, dass hier natürlich alle auf Basis des Dienstrechtes möglichen Konsequenzen gezogen werden müssen, denn wir wollen nicht, dass, wenn vier Exekutivbeamte von mehreren Tausenden in ein Verfahren verwickelt sind, das Bild der Wiener oder der österreichischen Polizei geprägt ist durch diese vier. – Nein, ganz im Gegenteil! Wir wollen, dass die gute Arbeit der österreichischen Exekutive im Vordergrund steht, und daher werden auch diese Fälle behoben werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich hat eine Kriminalitätsentwicklung der letzten Jahre, die bisher ungebremst ist, auch Auswirkungen auf die Arbeit der Justiz und des Justizwesens in unserem Land. Ich glaube, dass wir, wenn wir darüber diskutieren, wie wir die Situation der Überkapazität oder des Überbedarfs in den Gefängnissen bewältigen können, uns über eines im Klaren sein sollten: Es steht die Sicherheit der Bevölkerung im Vordergrund. Und bei allen Maßnahmen, die im Bereich der Haftentlassung gesetzt werden – bei allen Maßnahmen! –, ist die erste Priorität, dass es zu keiner Einschränkung der Sicherheit der Bevölkerung kommen darf.

Aber ich halte es zum Beispiel für sinnvoll, zu sagen, überall dort, wo es ein Überein­kommen gibt, ist es sinnvoll, dass ausländische Straftäter in ihr Heimatland zurückkehren und dort ihre Strafe absitzen; dort, wo kein Übereinkommen besteht, ist es für Österreich noch immer besser, wenn diese Leute vorzeitig entlassen werden unter der Bedingung, dass sie Österreich sofort verlassen und, sollten sie unerlaub­terweise wieder zurückkehren, sofort wieder in Haft genommen werden.

Ich glaube, das wäre eine wichtige Maßnahme, damit der Strafvollzug verbessert wird und wir ausländische Verbrecher oder Kriminaltäter auch frühzeitig loswerden. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines sage ich Ihnen ganz offen: Die entscheidende Frage bei den Menschen, die in Haft sind, ist nicht die Haftdauer. Entscheidend ist: Besteht die Gefahr der Rück­fälligkeit? – Das Ziel des Strafvollzuges muss es ja sein, zu verhindern, dass Straftäter wieder rückfällig werden. Die Hauptzielsetzung unserer Justizpolitik in diesem Zusammenhang muss sein, dass, wann immer jemand eine Haftanstalt verlässt, die Gefahr, dass er rückfällig wird, möglichst eingeschränkt wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist am besten, wenn er in Haft bleibt!) Denn uns geht es nicht um Vergeltung, uns geht es um das Vermeiden von Verbrechen in unserem Land. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Klubobmann Westenthaler hat auch auf den Bereich der Sexualdelikte und den Kindesmissbrauch hingewiesen – das ist eine ganz, ganz üble Angelegenheit, die von allen Menschen in unserem Land verurteilt wird, natürlich auch von allen im Parlament vertretenen Parteien. Es ist ein ganz schlimmes Schicksal, wenn Kinder zu Opfern von solch Kriminellen werden. Das


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Wesentlichste ist, das zu verhindern, denn wenn es einmal geschehen ist, sind leider schwere Beeinträchtigungen für das künftige Leben der Kinder zu erwarten.

Ich verstehe Ihr Anliegen, Herr Klubobmann Westenthaler. Uns muss es in erster Linie um die Opfer gehen – egal, ob es Kinder oder Erwachsene sind. Daher müssen wir in Österreich in Zukunft die Sicherheits- und die Justizdiskussion stärker darauf konzentrieren, wie wir den Opfern helfen können – mit mehr Opferrechten, mit ver­besserten Opferrechten und auch mit Opferschutzprogrammen. Denn das Mädchen oder der Junge, die betroffen sind, haben nichts davon, selbst wenn wir die Täter noch so hart bestrafen, sie brauchen die Unterstützung der Gesellschaft, damit sie wieder die Chance auf ein halbwegs normales Leben bekommen.

Ich meine, es sollte daher ein gemeinsames Anliegen sein, die Opferrechte in Österreich zu stärken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen, dass die Straftatbestände im Bereich der Sexualdelikte und des Kindesmissbrauchs in jüngster Zeit verschärft wurden. Es ist daher zu überprüfen, wie diese Tatbestände von den Gerichten nun ange­wendet werden; das ist, glaube ich, eine wichtige Aufgabe. Sollte diese Überprüfung zeigen, dass die Strafhöhen nicht wirksam sind oder dass das der wesentliche Grund der Unwirksamkeit ist, dann kann selbstverständlich bei einer Reform auch eine Erhöhung des Strafrahmens vorgeschlagen und vollzogen werden.

Ich halte das für eine vernünftige Diskussion, wir sollten aber nicht alle zwei Jahre die Strafrahmen verändern. Wir haben sie erst erhöht, schauen wir uns das jetzt an, überprüfen wir das. Stellt sich heraus, dass das nicht ausreichend ist, dann können wir auch über eine Erhöhung reden. Ich finde, das ist ein vernünftiger Zugang zur Novellierung der gesetzlichen Grundlagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten aber bei all dem nicht übersehen, wo in erster Linie Kindesmissbrauch stattfindet. Leider ist es so, dass Kindes­missbrauch zum überwiegenden Teil in den Familien stattfindet. Das ist leider ein trauriges Faktum.

Ich kann Sie darüber informieren, dass wir erst in den letzten Tagen rund um den Internationalen Frauentag eine Ausstellung zum Thema „Gewalt in der Familie“ im Bundeskanzleramt hatten – eine Ausstellung, die vom Innenminister, von der Frauen­ministerin und von mir gemeinsam eröffnet wurde. Es haben wirklich unzählige Schulklassen diese Ausstellung besucht, was sehr gut ist.

Ich habe auch die Chance wahrgenommen, mit diesen Schülerinnen und Schülern über die Inhalte dieser Ausstellung zu reden. Und ich finde, wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass wir eine stärkere Sensibilisierung dieses Bereiches brauchen. Es ist relativ einfach zu sagen: Da gibt es Täter, Missbrauchstäter, die von der Familie verschieden sind, da kann man Maßnahmen setzen, um diese Gefahr einzuschränken. Aber Gewalt im familiären Umfeld ist eine der sensibelsten Fragen, die es in unserer Gesellschaft gibt, weil das durch eine Intervention von außen relativ schwer beein­flussbar ist.

Daher müssen wir um eine größere Sensibilisierung in dieser Frage werben, denn wenn es weniger Gewalt in den Familien gibt, dann steigt auch das allgemeine Sicher­heitsniveau in unserem Land.

Ich hoffe und sehe, wir sind uns darin einig, dass wir Gewalt überall, wo sie auftritt, und Missbrauch, wo er auftritt, bekämpfen, denn des geht letztendlich um die betroffenen Opfer. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag setzt sich auch mit Fragen der Landesverteidigung auseinander. Ich verstehe einen Teil Ihres Anliegens dahin ge­hend, dass Sie eine Entwicklung in Richtung Berufsheer wollen; so lese ich zumindest diesen Antrag, ohne dass es explizit so ausgeführt ist.

Sie wissen, Herr Klubobmann, dass es eine Entscheidung gibt, die Heeresreform 2010 umzusetzen. Der Herr Verteidigungsminister wird das mit großem Engagement durch­führen. Ich glaube, dass diese Heeresreform 2010 das österreichische Bundesheer noch stärker als effiziente Einheit darstellen wird, entsprechend den Aufgaben, die es hat. Das österreichische Bundesheer ist die größte Katastrophenschutz-Organisation des gesamten Landes. Der Einsatz bei nationalen und internationalen Katastrophen wird jedes Mal vorbildlich durchgeführt, hier verstärken wir unsere Kapazitäten.

Zum Zweiten: Was die internationalen Einsätze betrifft, egal, ob sie im Kosovo, in Afghanistan oder sonst wo stattfinden, ist der Einsatz österreichischer Soldaten im Ausland ein qualitativ hochwertiger, aber wir werden mehr Soldaten für diesen Einsatz ausbilden müssen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang eines ganz klar sagen: Der österreichische Nationalrat und die österreichische Bundesregierung überlegen sich immer ganz genau, wann und unter welchen Bedingungen österreichische Soldaten an inter­nationalen Einsätzen teilnehmen. Es sind in erster Linie Einsätze, die ein Mandat des Weltsicherheitsrates haben, weil das unsere geübte Tradition in diesem Zusam­men­hang ist. Aber eines sollte außer Streit gestellt sein: Wir werden uns nicht durch irgendwelche Drohungen, seien sie ernst gemeint oder nicht, davon abbringen lassen, dass österreichische Soldaten ihren friedensstiftenden Einsatz im Ausland auch in Zukunft leisten. Österreich ist nicht erpressbar, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ und des BZÖ.)

Die Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2008 ist eine große Gelegenheit für uns – wir alle sollten uns auf dieses Ereignis freuen. Sie ist die drittgrößte Sportveranstaltung, die auf der Welt stattfindet, nach den Olympischen Sommerspielen und den Fußball-Weltmeisterschaften. Österreich wird in dieser Zeit in einem Ausmaß in der Auslage stehen wie selten sonst. Man rechnet damit, dass es in diesen drei Wochen im Juni des nächsten Jahres in Summe rund acht Milliarden Zuseher geben wird – und das ist eine große Chance für uns, uns zu präsentieren als ein Land des Tourismus, ein Land der Lebensqualität, ein Land der Leistungsfähigkeit, ein Land des Charmes und der kulturellen Offenheit, vor allem aber auch als ein Land der Sicherheit.

Daher müssen wir verstehen, welche Chance hier vor uns liegt. Deutschland hat es geschafft, mit der Weltmeisterschaft 2006 sein Image in der Welt sehr deutlich zu verändern, da ist sehr viel über die Fußball-Weltmeisterschaft transportiert worden. Wir können unser Image in der Welt, das ein gutes ist, durch die Durchführung dieser Europameisterschaft weiter verbessern und verstärken.

Daher ist uns allen die Sicherheit bei dieser Euro 2008 ein großes Anliegen. Bilder wie vom letzten Wiener Derby sind abstoßend – wirklich abstoßend! –, weil sie nämlich zweierlei bewirken, neben der Tatsache, dass es sich dabei um Gewalt handelt, führt das dazu, dass diejenigen, die zum Fußballmatch gehen, dass die Zielgruppen ein­geschränkt werden. Denn Familien, Kinder, Frauen werden nur dann auf den Fuß­ballplatz gehen, wenn dort keine Gewalt vorhanden ist. Daher sind solche Auseinan­dersetzungen, wie sie stattgefunden haben, ein echtes Vertreibungsprogramm von den Fußballplätzen und müssen daher eingestellt werden.

Das Zweite, das dadurch auch hervorgerufen wird – das muss uns allen klar sein –, ist, dass, wenn solche Bilder um die Welt gehen, sich diejenigen, die zur Fußball-Euro-


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pameisterschaft nach Österreich kommen wollen, die Frage stellen, in welches Land sie kommen, wenn es auf den Fußballplätzen so zugeht.

Daher haben wir gemeinsam mit dem Innenminister vereinbart, dass in Sechs-Wochen-Abständen, glaube ich, die zuständigen Beamten zusammenkommen und nach einem klaren Fahrplan all die Sicherheitsthemen abgearbeitet werden, damit wir im Jahr 2008 optimale Sicherheit garantieren können.

Wir werden selbstverständlich auf Erfahrungen von anderen in diesem Zusammenhang zurückgreifen. Es gibt auch in Kooperation mit der Justizministerin eine Reihe von Mög­lichkeiten, wo man mit mehr Staatsanwälten vor Ort auch zu schnelleren Verfahren kommen kann, damit die Sicherheit gestärkt wird. Und wir werden natürlich vor allem durch die Kooperation mit unseren Nachbarn und mit den Herkunftsländern der Fans danach trachten (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), dass Per­sonen, die traditionell als Hooligans und Gewalttäter auftauchen, erst gar nicht ihr Heimatland verlassen.

Ich bin davon überzeugt, wir werden diese Europameisterschaft gemeinsam gut organisieren und dafür sorgen, dass die Welt mit Recht von Österreich ein gutes Bild bekommt. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Zu Wort ist nun Herr Abgeordneter Scheibner gemeldet. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.42.13

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Meine Damen und Herren! Es ist schön, Herr Bundeskanzler, dass Sie sich heute einmal die Zeit nehmen, mit uns über die Sicherheitslage zu diskutieren. Wir hätten gestern auch gerne mit Ihnen im Verfassungsausschuss diskutiert über wichtige ... (Bundeskanzler Dr. Gusenbauer: Worüber?) – Worüber? Ich nehme an, Sie waren zur Sitzung des Verfassungsausschusses eingeladen und kennen daher die Tagesordnung. Sie haben uns Frau Staatssekretärin Silhavy geschickt. Es ist um eine allgemeine Aussprache gegangen, um grundlegende Fragen der Verfassung, ressor­tierend zum Bundeskanzleramt; wir haben aber leider keine Auskunft bekommen. Aber vielleicht das nächste Mal, wir werden ja noch Zeit haben.

Ich hebe das nur deshalb hervor, weil Sie immer sagen, der Parlamentarismus sei so wichtig, aber wenn Sie nicht einmal wissen, dass gestern eine Sitzung des Verfas­sungsausschusses war (Bundeskanzler Dr. Gusenbauer: Das weiß ich!), dann sind Sie vielleicht gar nicht verantwortlich dafür, dass nicht Sie, sondern Frau Staatssekre­tärin Silhavy hier war und uns leider nicht Rede und Antwort gestanden ist. (Bun­deskanzler Dr. Gusenbauer: ... alle Fragen beantwortet!) – Nein, das stimmt eben nicht. Aber das ist egal, es ist schade um die Zeit, jetzt mit Ihnen hier so en passant darüber zu diskutieren. (Abg. Riepl: Wer hat angefangen?)

Herr Bundeskanzler! Sie haben gesagt, Österreich ist das sicherste Land in Europa. – Es freut mich, das jetzt von Ihnen zu hören, denn von Ihnen und auch vom Kollegen Cap, der ja nach mir sprechen wird, haben wir hier im Hohen Haus in den letzten Monaten und Jahren etwas anderes gehört. Da hat es immer geheißen, wie unsicher dieses Land unter der vorigen Bundesregierung geworden ist – da sehe ich schon wieder Kopfnicken. Aber, bitte, dann seid ihr ganz toll, denn das würde nach eurer Diktion heißen: 60 Tage dieser Bundesregierung, von der wir bis jetzt nur Streit und


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Diskrepanzen gehört haben, haben es erreicht, dass Bundeskanzler Gusenbauer jetzt wieder sagen kann, Österreich ist das sicherste Land in Europa.

Ich sage Ihnen eines: Bei der Sicherheit sollte man wirklich bei der Realität bleiben. Ich werfe Ihnen nicht vor, und kann Ihnen ja gar nicht vorwerfen, dass Sie schuld an der jetzt geänderten Kriminalstatistik und an der schlechten Statistik für Jänner und Februar sind – keine Frage –, denn da sind Sie ja erst ins Amt gekommen. Sie können sich aber jetzt auch nicht rühmen, für eine positive Statistik zuständig zu sein. Uns geht es jetzt darum, dass wir gemeinsam auf eine bedenkliche Lage reagieren und die notwendigen Maßnahmen setzen und dass wir auch die aktuelle Situation, etwa die Euro 2008, die eine echte Herausforderung für unsere Sicherheitsagenden sein wird, berücksichtigen und die richtigen Weichenstellungen vornehmen, nämlich auch vor­beugend, wie der Herr Bundeskanzler gesagt hat; er hat nur dann die, wie ich meine, falschen Parameter hier dargelegt.

Da geht es uns schon darum, ob Sie hier den richtigen Weg gehen, denn erste Meldungen von der Frau Justizministerin in Richtung einer gefängnislosen Gesellschaft machen uns ein bisschen Angst.

Es ist auch so, dass ein Budget hier seit Wochen als tolle Einigung zwar beworben wird, wir aber bis heute keine Zahlen bekommen haben, auch nicht im Ausschuss, Herr Bundeskanzler!

Abgeordnete der Republik Österreich haben in einem Ausschuss gefragt, wie denn das mit dem Budget sein wird, ob es mehr Geld für die Sicherheit geben wird, ob es mehr Personal geben wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Schweigen! Schweigen!) – Darauf hat man gesagt: Wir haben vereinbart, hier darüber nichts zu sagen! Ein Schweigegelübde in der Bundesregierung gegenüber dem Nationalrat, da sagen wir nichts, ihr könnt euch ja die Zahlen in einer Woche oder in zwei Wochen holen! – Das macht uns ein bisschen stutzig, denn das ist verdächtig, Herr Bundeskanzler. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Gusenbauer.) – Sie werden schon nervös, Herr Bundes­kanzler, sonst würden Sie nicht ständig dreinreden! Jetzt haben Sie eh 20 Minuten Zeit gehabt, hier Ihre Argumente darzulegen.

Herr Bundeskanzler! Sie sagen – und da geht es um die Grundprinzipien –, umfassend soll der Sicherheitsbegriff sein – keine Frage! –, präventiv – selbstverständlich! Das soziale Umfeld muss passen, die Schulen müssen in dieser Frage entsprechend vorbereitet werden, auch die Familien sind ein wichtiger Faktor. Aber bei Ihnen heißt es immer „umfassend“ und alles andere, nur dann nicht die Auswirkungen zu bekämpfen. Das ist so in der Landesverteidigung, nämlich umfassend, in der Entwicklungs­zusam­menarbeit, bei den Unterstützungen – alles in Ordnung. Aber wenn es dann darum geht, auch mit der Institution Bundesheer für Sicherheit zu sorgen, dann sagen Sie, es ist die größte Katastrophenschutzeinheit.

Nein, Herr Bundeskanzler! Das österreichische Bundesheer ist auch für den Katastro­phen­schutz zuständig, aber die ursprünglichste Aufgabe in der Bundesverfassung – und die haben Sie bis jetzt noch nicht geändert – ist die militärische Landesvertei­digung der Republik Österreich und ihrer Bevölkerung. Das vergessen Sie dabei immer! (Beifall beim BZÖ.)

Genau das werfen wir Ihnen ja vor, dass Sie da auf einem Auge blind sind. „Umfas­send“ bedeutet eben wirklich alles.

Sie sagen, Strafe darf nicht Vergeltung sein. – Gut. Uns geht es auch nicht um Vergeltung, sondern darum, die Bevölkerung, die rechtschaffenen Bürger – ob das jetzt Kinder oder Erwachsene sind – vor Straftätern zu schützen. Wir sind eben nicht der Meinung, dass der Straftäter fremdbestimmt ist, dass er nur ein Produkt der Gesell-


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schaft ist und eigentlich gar nichts dafür kann und dass das Restrisiko einer Wieder­holung dieser Tat die Gesellschaft zu tragen hat.

Nein, Herr Bundeskanzler: Wir wollen, dass das Restrisiko der Wiederholung der Täter zu tragen hat und nicht die Bevölkerung, gerade bei den Sexualstraftätern! (Beifall beim BZÖ.)

Da geht es uns ganz einfach darum, dass es umfassende Informationen gibt, dass es nicht so sein kann, wie wir es immer wieder gehabt haben, dass eine Institution, eine Sozialeinrichtung etwas weiß, dass es irgendwelche Hinweise in der Nachbarschaft gibt, dass auch der Schule irgendetwas, das nicht in Ordnung ist, auffällt, aber es nicht möglich ist, all diese Informationen zusammenzufassen und zu sehen, dass da der Verdacht besteht, dass etwas passiert ist, dass man etwa auch mit der Exekutive oder mit Hilfe von Sozialeinrichtungen genauer nachschauen muss, um Kindern zu helfen.

Da geht es nicht um Datenschutz, da geht es nicht um irgendwelche Rechte von Verdächtigen, sondern da geht es um den Schutz von Kindern, denn wenn Sie gegen lebenslang für Sexualstraftäter sind, gegen lebenslange Beobachtung, dann frage ich mich, warum man dann für lebenslang für die Kinder ist, denn die Schäden, die diese Kinder davontragen, bekommen sie ein Leben lang nicht weg!

Wir wollen für die Kinder etwas tun und nicht für die Straftäter! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler! In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Sexualstraftäterdatei und eines Datenverbunds zum Kinderschutz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, neben der geplanten Sexualstraf­täterdatei, die über Internet öffentlich einsehbar gestaltet sein sollte, auch eine Datei für Verdachtsfälle der Misshandlung oder Vernachlässigung von Kindern und Unmün­digen einzurichten, die geeignet ist, das Wissen von Lehrern, Jugendwohlfahrtsträgern, Polizisten, Gemeinden, privaten Hilfsorganisationen, Ärzten, Krankenhäusern, Nach­barn, Schulkameraden etc. zu vernetzen, um bei einer Häufung von Verdachtspunkten eine effektive Kontrolle sicherzustellen.“

*****

Herr Bundeskanzler, uns geht es aber auch darum, jetzt wirklich einmal grundsätzlich darüber zu diskutieren, wie man Gewalt von Kindern und Gewalt an Kindern besser bewältigen kann. Sie haben gesagt, an den Wurzeln anpacken – ja, wir sehen aber auch das Problem, dass wir etwa bei Strafunmündigen derzeit keine Handhabe haben, das Problem an der Wurzel anzugreifen. Es gibt Kinder, die keine Reaktion auf ihre Straftaten etwa in den Schulen sehen, weil sie erst zwölf oder 13 Jahre alt sind, und die sind dann die Ersten, die mit 14 Jahren in den Strafgefangenenhäusern sind, weil das dann die erste Reaktion ist, mit der man im Strafrecht ist. Die Sozialeinrichtungen wären gefordert, besser als bisher auf diese Problematik einzugehen.

Oder die Frage der Gewichtung der Gewalt- versus Vermögensdelikte: Aus meiner Sicht werden Gewaltdelikte viel zu schwach geahndet gegenüber den Vermögens­delikten. Gerade auch, was Gewalt gegenüber Frauen angeht: Das sind doch Eingriffe in die persönliche Integrität, die nicht, wie ein Vermögensschaden, wieder leicht


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gutzumachen sind! Auch hier könnte man darüber diskutieren, wie das zu organisieren sein könnte und wie man hier nachhaltig etwas tun könnte.

Oder, Frau Justizministerin, wie werden Sie denn damit umgehen – Ihre Fraktion war ja immer dagegen –: Wir haben in den letzten Jahren gerade bei der Ausländer­kriminali­tät Maßnahmen gesetzt, etwa gegen das Freipressen von Untersuchungshäftlingen und Schubhäftlingen aus der Untersuchungshaft durch Hungerstreik, werden Sie das belassen, oder wollen Sie in Ihrem Sinn und im Sinne Ihrer Fraktion das alles wieder zurückdrehen? Sind Sie bereit, straffällige Ausländer auch wirklich rigoros abzuschieben?

Oder die Terrorgefahr: Herr Bundeskanzler, Sie haben die EURO 2008 angesprochen. Das ist eine potentielle Gefahr für Österreich, und man sollte nicht so tun, als ob wir mit unserem freundlichen Gesicht und mit dem Donauwalzer irgendjemanden davon abhalten könnten, in Österreich gewisse Ziele zu verfolgen. Das ist neben der Sicherheitsexekutive – Sie haben gesagt, 1 000 Polizisten mehr ist Ihr Ziel; ich bin gespannt, wann Sie das umsetzen werden – auch eine Frage des österreichischen Bundesheeres, und da ist auch der Verteidigungsminister gefragt. Er hat ja belobigt, er habe das Budget erhöht – ich höre, dass das Budget um 60 Millionen bis 80 Mil­lionen € reduziert wird.

Da geht es nicht um den Katastrophenschutz, Herr Bundeskanzler, sondern da geht es darum, die Exekutive bei Sicherungseinsätzen, beim Objektschutz, beim Personen­schutz zu unterstützen. Es geht letztlich auch darum, die Luftraumüberwachung zu gewährleisten. Wenn man natürlich einen Verteidigungsminister einzig und allein mit dem Auftrag ausstattet, Abfangjäger abzubestellen, und er dann nur sagt, leider habe er dafür keinen Grund im Vertrag gefunden, wenn also ein Verteidigungsminister, der auf die Verfassung angelobt ist, bedauert, dass bei diesem Geschäft alles in Ordnung gewesen ist, so ist das ja auch einzigartig in der Geschichte der Zweiten Republik.

Herr Bundeskanzler, nehmen Sie endlich zur Kenntnis: Es war hier alles in Ordnung! Setzen Sie dieses Projekt um – es ist notwendig für die Luftraumüberwachung, gerade auch zur Terrorabwehr –, und konzentrieren Sie sich in der Sicherheitspolitik und in der Landesverteidigung nicht auf Ihre parteipolitisch und ideologisch motivierten Ziele, sondern darauf (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), die Sicherheit des Landes und seiner Bevölkerung auch wirklich zu garantieren: beim Bundesheer, bei der Exekutive, bei der Polizei, bei der Justiz. Alles für die Bevölkerung, Hilfe für die Opfer – aber keine Milde für die Täter! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, einge­bracht im Zuge der Debatte über den dringlichen Antrag zum Thema „die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich“, betreffend Einrichtung einer Sexualstraf­täter­datei und eines Datenverbunds zum Kinderschutz


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Bei sexuellem Missbrauch von Kindern besteht angesichts von jährlich rund 2.500 bekannt werdenden Fällen und einer um ein Vielfaches höher liegenden Dunkelziffer nicht zur Anzeige gebrachter Missbrauchsfälle weiterhin massiver Handlungsbedarf. Im Regierungsprogramm ist nur die Einrichtung einer Sexualstraftäterdatei zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vorgesehen, ihre konkrete Ausgestaltung und Zugäng­lichkeit bleibt aber offen. Dieses Vorhaben wird vom BZÖ, das gleichartige Forde­rungen schon lange erhoben hat, selbstverständlich unterstützt. Sinnvoll wäre es aber, Informationen über gefährliche Sexualstraftäter nach ausländischem Vorbild auch für mögliche Opfer zugänglich zu machen.

Einige aktuelle Fälle haben gezeigt, dass derzeit ein eklatanter Mangel daran besteht, das Wissen aller, die mit einem Kind und seinen Lebensverhältnissen in Kontakt kommen und Verdacht schöpfen können zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Verwahrlosung und Vernachlässigung zu verknüpfen, damit auch eine Häufung ungeprüfter Eindrücke zum Anlass für entsprechende Überprüfungen der Lebens­situation genommen wird. Ein entsprechender Datenverbund bzw. die Einrichtung einer Datei, in die alle Verdachtsmomente einfließen können, wäre daher mehr als sinnvoll.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, neben der geplanten Sexual­straftäterdatei, die über Internet öffentlich einsehbar gestaltet sein sollte, auch eine Datei für Verdachtsfälle der Misshandlung oder Vernachlässigung von Kindern und Unmündigen einzurichten, die geeignet ist, das Wissen von Lehrern, Jugendwohl­fahrtsträgern, Polizisten, Gemeinden, privaten Hilfsorganisationen, Ärzten, Kranken­häusern, Nachbarn, Schulkameraden etc. zu vernetzen, um bei einer Häufung von Verdachtspunkten eine effektive Kontrolle sicherzustellen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Cap. Gewünschte Redezeit: 7 Minuten; das ist exakt die Zeit bis zur Sitzungsunterbrechung. – Bitte.

 


12.52.56

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Natürlich werden in diesem Dringlichen Antrag ernste und wichtige Fragen angesprochen. Vor allem was die Frage der Kindesmisshandlung betrifft, sind wir uns einig, alle hier im Hohen Haus, dass hier nicht genug Maßnahmen gesetzt werden können, um dem sowohl vorzubeugen als auch sich mit dem Faktum selbst auseinanderzusetzen.

Was mich aber verwundert, ist der Mut, den die BZÖ hat, heute hier so zu tun, als wäre sie politisch gerade auf die Welt gekommen und als hätte sie nicht seit dem Jahr 2000 maßgeblich als Regierungspartner der ÖVP und des Herrn Bundeskanzlers Schüssel hier mitgewirkt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Das kann man schon erkennen, wenn man sich die Begründung dieses Ent­schließungsantrages ansieht, wo schon das erste Blackout ist, in dem Sinn das „Orange“-out, denn da wird die Statistik der Kriminalitätsentwicklung von 1999 an


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einfach ausgeblendet, Herr Klubobmann Westenthaler. Da war man halt unter 500 000, und die Kriminalität ist dann in der Zeit, in der Sie Verantwortung mitzutragen hatten, eklatant gestiegen. Sie haben genug Zeit gehabt, hier etwas zu unternehmen!

Jetzt können Sie sagen, das wäre auch gelungen, wenn Sie Innenminister geworden wären. Na ja, ich weiß nicht, ob allein die Tatsache, dass Sie beim Eingangstor des Innenministeriums gestanden wären, Angst und Schrecken in der Unterwelt verbreitet hätte – ich weiß es nicht. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Aber was Sie heute hier suggerieren wollen, ist: Ab dem Moment, wo die BZÖ nicht mehr in der Regierung ist, geht es schon wieder aufwärts mit den Kriminalitätszahlen! – Das ist falsch, denn ab dem Moment, wie die BZÖ und die Vorläufer der BZÖ in der Regierung waren, ist die Kriminalität gestiegen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das BZÖ! Das Bündnis!)

Sie haben einen Moment lang einen leichten Rückblick gewagt, nämlich auf Seite 4. Da ist in Bezug auf das Innenministerium ein Hinweis enthalten, dass dort die ÖVP seit sieben Jahren die Führung innehat. Das ist aber schon der einzige Hinweis auf die letzten sieben Jahre. Sonst kann ich daraus nicht sehr viel erkennen, inwieweit Sie sich bewusst sind, dass Sie ja eigentlich Regierungsverantwortung mitgetragen haben.

Mutig finde ich den Titel dieses Dringlichen Antrages: „Die große Koalition als Sicher­heitsrisiko für Österreich“. – Also, wenn es ein Sicherheitsrisiko gibt, dann ist es das, wenn Sie am Abend eines Wahltages eine Veranstaltung in einem Gasthaus haben. Das ist ein Sicherheitsrisiko! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten von ÖVP und FPÖ.) Da ist man gut beraten, wenn man sich nicht in der Nähe aufhält.

Aber auch das haben Sie – das muss ich Ihnen zugute halten – statistisch berück­sichtigt. Sie sagen, es gibt eine Kriminalitätszunahme, betroffen sind die Bereiche Sachbeschädigung, Einbruch, Diebstahl, Schlepperei, leichte Körperverletzung – das, glaube ich, scheint der Punkt zu sein – sowie Suchtgiftdelikte – das nehme ich nicht an, dass das dort der Fall war –, aber „leichte Körperverletzung“ könnte vielleicht sein. Aber das habe nicht ich zu klären, das ist woanders zu klären. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Das heißt, die Frage, die sich stellt, ist schlicht und einfach: Sind Sie die Richtigen für diesen heutigen Dringlichen Antrag? Sind Sie überhaupt die Richtigen? Und ich glaube, wir sind uns alle einig: Nein, Sie sind nicht die Richtigen! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich glaube, auf diesen Konsens können wir uns doch verständigen.

Der beste Beweis ist ja auch: Es kommen bei Ihnen immer nur die Täter vor. Aber wo sind die Opfer? – Es war sehr wichtig, dass der Herr Bundeskanzler gefragt hat: Was ist mit dem Opferschutz, mit dem Opferrecht? – Die kommen bei Ihnen nicht vor!

Da komme ich jetzt zur Seite 2 – ich habe mir das wirklich genau angeschaut, es lohnt sich ja, das durchzulesen. Unter „Drogen- und Ausländerkriminalität“– das ist fast schon wie eine neue Form von Patriotismus – kommen nur die Ausländer vor, und das ist verwerflich! Kein Einziger ist zu pardonieren, aber wenn man den Text durchliest, hat man fast den Eindruck: Bestraft werden sollen nur die ausländischen Drogendealer und nicht die inländischen! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Blödsinn!) – Bitte, lesen Sie den Text durch! Ich war verblüfft, als ich das gelesen habe, und habe mich gefragt: Was heißt das jetzt? Der ausländische Drogendealer ist zu verhaften und zu bestrafen und dann dorthin zu schicken, woher er gekommen ist. (Abg. Ing. Westen­thaler: Das ist schon wieder Kabarett! Das ist schon wieder überzogen!) – Das ist nicht


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überzogen! Es fehlt hier. Ich würde die eigenen Dringlichen Anträge halt genauer durchlesen; das wäre vielleicht nicht so schlecht. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Sicherheit ist kein Kabarett!)

Jedenfalls habe ich das mit Verwunderung festgestellt und mich gefragt: Was ist mit dem inländischen Drogendealer? – Diese Anmerkung erspare ich Ihnen nicht, weil Sie diesen Schwerpunkt in fünf, sechs, sieben Punkten hier geäußert haben. Mich stört das auch. (Abg. Ing. Westenthaler: „Das Boot ist voll!“ – Das Boot war schon voll!) Ich bin in Hernals politisch tätig, bin dort Abgeordneter. Wir haben dort Probleme gehabt mit Drogendealern, sehr richtig, in diesem Fall aus Nigeria. Und ich bin da sehr engagiert, dass da klare Verhältnisse herrschen, dass da wirklich etwas unternommen wird – keine Frage! –, aber nicht mit dieser Schwerpunktsetzung in dieser Form.

Ich stimme Ihnen zu – mein Vorredner hat sich ja da zu Wort gemeldet, was besonders mutig war, denn er ist der ehemalige Verteidigungsminister, der hätte nämlich damals bei der Bestellung der Eurofighter ein Vetorecht gehabt, aber davon hat er keinen Gebrauch gemacht. Das ist die teuerste Geldverschwendung der Zweiten Republik: Da sind 2,5 Milliarden gleich draußen und die restlichen 2,5 Milliarden € später draußen.

Herr Verteidigungsminister Scheibner! Sie hätten die Möglichkeit gehabt, das zu verhindern, dann bräuchten Sie nicht in diesem Antrag Zeile für Zeile darüber zu jammern, dass das Bundesheer kein Geld hat! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Das wissen wir nämlich selbst.

Bei den verschiedenen Waffengattungen wird gejammert, in den Kasernen wird gejam­mert, bei der Versorgung wird gejammert, weil hinten und vorne kein Geld da ist. Dieses Gejammere hat schon in Ihrer Zeit begonnen. Und Sie haben halt das ganze Geld, das vorhanden war, zusammengekratzt und haben es für den Ankauf der Eurofighter verwendet – perspektivisch. Diese Verantwortung nimmt Ihnen niemand ab – aber jammern Sie, bitte, da nicht herum!

Letzter Punkt: Seite 8 des Antrages. Ganz verwundert stelle ich fest, wie in dem Antrag hier 13 Punkte angeführt werden, unter anderem auch, die Kräfte der Polizei mehr gegen organisierte Kriminalität, Drogenhandel, Menschenhandel und Schlepperwesen einzusetzen als gegen Einzeldelikte. – Ich lese wohl nicht richtig! Das muss heißen: sowohl als auch. Denn: Es hilft dem Zuschauer nichts, wenn gerade jetzt in seiner Wohnung eingebrochen wird, und es ist gerade kein organisierter Einbruch, sondern ein spontaner Einbruch, dass man da einen Unterschied vornimmt. (Abg. Ing. Westen­thaler: 90 Prozent organisierte Kriminalität!) Ich möchte haben, dass alle Delikte bekämpft werden, und nicht so, wie Sie das gerade sehen: die organisierten ja, die nicht organisierten nein.

Dann kommt einer und fragt: War das organisiert, Herr Wohnungsinhaber? Und der sagt: Nein, ich habe nicht den Eindruck! – Pech, dann komme ich später noch einmal vorbei, in einer halben Stunde! (Beifall bei der SPÖ.)

So kann die Differenzierung wohl nicht erfolgen!

Und damit Sie sich jetzt nicht wundern, Herr Klubobmann Westenthaler: In zwei, drei Passagen habe ich heute versucht, Ihr Niveau zu erreichen. Mir ist es nicht gelungen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie Beifall des Abg. Dr. Pilz.)

12.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich unterbreche nunmehr die Sitzung bis 13.15 Uhr.


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Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 13 Uhr unterbrochen und um 13.15 Uhr wieder aufge­nom­men.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


13.16.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! – Die Regierungsbank ist leer. (Abg. Ing. Westenthaler: Entschuldigen Sie: Das ist aber traurig, dass sie leer ist!) Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das Thema Sicher­heit – und ich bin sehr dankbar, dass es heute diesen „Sicherheitstag“ im Parlament gibt – ist für uns, für die ÖVP, ein ganz zentrales Thema. Dieses Thema findet sich im Speziellen wieder in der Regierungsvereinbarung, wo wir gesagt haben, Integration muss vor Zuwanderung behandelt werden.

Ich persönlich bin hier beim Herrn Bundeskanzler, wenn er sagt, die Symptom­bekämpfungen in Fragen der Kriminalität seien zu wenig. Ich glaube auch, dass wir stärker darauf schauen müssen: Wo entwickeln sich solche Kriminalitätsphänomene? Wo entwickeln sich in diesem Bereich möglicherweise kulturelle Unterschiedlichkeiten, die zu Ergebnissen führen, die wir dann in der Kriminalitätsstatistik wiederfinden?

Ich sage Ihnen sehr klar meine persönliche Meinung zur Frage der Zuwanderung. Ich glaube, wenn wer zu uns kommt – und da habe ich eine sehr klare Position –, hat er zuerst einmal drei Pflichten zu erfüllen, bevor wir über die Rechte reden: Die erste Pflicht ist, Deutsch zu lernen; die zweite Pflicht ist, arbeiten zu wollen; und die dritte Pflicht ist, sich in unsere Lebensordnungen einzuordnen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erwarte kein Unterordnen, aber ein Einordnen erwarte ich, und ich erwarte – ich sage das sehr deutlich dazu – Respekt vor unseren Lebensordnungen und Respekt vor unseren Werthaltungen.

Damit bin ich bei meiner Begriffsdefinition, was Integration heißt. – Integration heißt für mich das Lernen unserer Spielregeln, und das ist primär eine Leistung, die jene zu erbringen haben, die zu uns kommen – und nicht umgekehrt.

Das heißt, für uns ist ganz klar, dass wir uns in dieser Frage aus meiner Sicht stärker zu positionieren haben, den Menschen, die zu uns kommen, stärker klar machen müssen, was unsere Werthaltungen und was unsere entsprechenden Lebensord­nungen sind, die ja auch in Gesetze gefasst sind.

Ich sage auch dazu: Zuwanderer müssen sich bei uns manchmal auch von kulturellen Eigenarten, die in den Herkunftsländern durchaus gang und gäbe sind, verabschieden. Es geht in Österreich nicht, dass man Kinder gegen ihren Willen verheiratet, und es geht in Österreich auch nicht, dass man Töchter zwangsbeschneidet! Das geht nicht! Hier müssen kulturelle Eigenarten auch abgelegt werden. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, daher ist es wichtig, dass wir gemeinsam überlegen: Wie können wir Zuwanderern deutlicher machen, was bei uns entsprechend Lebensordnungen sind?

Geschätzte Frau Justizministerin! Mich hat gestern im „Kurier“-Internet eine Geschichte aus Deutschland sehr betroffen gemacht, über die wir reden sollten, auch in diesem Haus.

In Deutschland hat sich eine deutsche Richterin bei ihrem Urteil auf den Koran berufen und einer misshandelten Ehefrau die vorzeitige Scheidung untersagt. Ich zitiere jetzt aus diesem Internet-Bericht des „Kurier“: Hier schlug ein Mann seine Frau, bedrohte sie mit Mord. Diese Frau und diese Familie stammen aus Marokko, und die Frau wollte sich möglichst schnell scheiden lassen. Eine deutsche Richterin lehnte den Antrag jedoch ab. Begründung: Die Züchtigung von Frauen sei im Koran vorgesehen. (Abg. Mag. Weinzinger: Die österreichischen Behörden schieben die Ehefrauen ab!)

Geschätzte Damen und Herren, dass ist eine sehr ernste Sache. Das heißt, weil der Koran angeblich Männern erlaube, ihre Frauen zu schlagen, lehnt eine deutsche Richterin das vorzeitige Scheidungsgesuch einer von ihrem Ehemann geschlagenen Frau ab! Züchtigungsrecht – das heißt für mich, der Mann darf schlagen. Diese Richterin hat sich in ihrer Urteilsbegründung ausdrücklich auf eine Koransure bezogen. In dieser Koransure steht drinnen: Darum sind tugendhafte Frauen die gehorsamen, diejenigen, die Geheimnisse mit Allahs Hilfe wahren, und jene, deren Wider­spenstig­keit ihr befürchtet, ermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie.

Geschätzte Damen und Herren, wir sollten klarstellen, dass bei uns in Österreich die Grundgesetze gelten und nicht die Scharia! Das ist eine Entwicklung, die mir Sorge macht, und hier sollten wir frühzeitig Klarstellungen treffen gegenüber jenen, die zu uns kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: die Frage der Sexualstraftäter. Und da sage ich sehr klar die Position der Volkspartei: Wir müssen den Kindern und den Jugendlichen einen Schutzrahmen bieten, dass sie in Sicherheit erwachsen werden können. Das ist unsere Aufgabe, geschätzte Damen und Herren! Wir haben in den letzten Jahren Strafverschärfungen gehabt, aber die Rechtsprechung ist aus unserer Sicht zu milde. Das ist aus meiner Sicht auch damit begründbar, und ich lese auch hier einen Artikel vom 16. 2. aus dem „Kurier“ vor:

„Ungewöhnliche Milde ließ vor kurzem das Wiener Oberlandesgericht (OLG) im Falle eines Tennislehrers walten, der ein erst zehnjähriges Mädchen missbraucht hatte. Statt einem – ursprünglich ausgesprochenen – halben Jahr Haft verhängte das OLG als Berufungsbehörde über den Mann lediglich 3 600 Euro Geldstrafe. Der Tennislehrer hatte am 3. August 2005 das Mädchen nach dem Unterricht zu sich nach Hause mitgenommen, wo er mit ihr gemeinsam duschte und sie anschließend nackt mas­sierte. Dabei kam es zu Berührungen im Intimbereich, ...“ – Zitatende.

Geschätzte Damen und Herren, ich habe kein Verständnis dafür, dass man sich aus einem solchen Delikt freikaufen kann! Dafür habe ich kein Verständnis. Hier sind wir für harte Strafen. (Abg. Ing. Westenthaler: Was macht die Frau Justizminister dagegen?) Wir sind auch dafür, dass wir in Bezug auf den Bereich des Berufsverbotes stärker nachdenken. Oder lehrt dieser Tennislehrer heute wieder Tennis – vielleicht mit kleinen Mädchen?

Es hat ein bisschen Irritationen mit der Richtervereinigung gegeben. Ich sage das auch sehr klar: Niemand will hier die Unabhängigkeit der Gerichte irgendwie in Frage stellen. Aber ich sage auch der Präsidentin der Richtervereinigung: Für die Gesetzgebung ist


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das Hohe Haus verantwortlich, und hier erwarte ich mir auch Respekt vor unseren Agenden! (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, die Sicherheit Österreichs ist untrennbar verbunden mit der Teilnahme an der Europäischen Integration. Europa wirkt. Jugendliche wollen aus der EU nicht aussteigen. Für uns ist klar: In Zeiten der Globalisierung ist Europa die Antwort auf die Fragen der Zeit – auch in den Bereichen der Sicherheit. Wir haben in den nächsten Tagen die Römischen Verträge zu feiern. In diesem Sinne darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Schüssel, Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge ist Anlass, die Entwicklung der Europäischen Union und Ihrer Mitgliedstaaten zu überdenken und festzustellen:

Die europäische Integration hat in diesen 50 Jahren Frieden, Sicherheit, Wohlstand und die Wiedervereinigung Europas gebracht. Die Europäische Union erfüllt heute eine weltweite Vorbildfunktion insbesondere in den Bereichen Menschenrechte und Demokratie.

Der Nationalrat ersucht daher die Bundesregierung,

die als Anlass des 50. Jahrestages der Unterzeichnung der Römischen Verträge in Aussicht genommene ‘Berliner-Erklärung’ aktiv zu unterstützen und sich für das Ziel, die europäische Demokratie auszubauen, Grundsteine einer europäischen Sozialunion zu legen, die Handlungsfähigkeit der Union und die Gemeinschaftsmethode zu stärken, einzusetzen sowie für den bisher so erfolgreichen Weg der Europäischen Union einzutreten.“

*****

Für uns ist klar: Europa ist auch unsere Heimat – und Europa ist auch rot-weiß-rot! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wolfgang Schüssel, Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Sichere Zukunft für Österreich in der Europäischen Union

eingebracht in der 16. Sitzung des Nationalrates am 22. März 2007 im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag betr. Große Koalition als Sicherheitsrisiko

Die Sicherheit Österreichs ist untrennbar verbunden mit der Teilnahme an der Euro­päischen Integration. Dies gilt für die äußere Sicherheit ebenso wie für die innere Sicherheit. Durch die Erweiterungsschritte der Jahre 2004 und 2007 ist Österreich nicht


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mehr an der Außengrenze der Union sondern hat seinen Platz in der Mitte Europas eingenommen, auf diese Weise einen zusätzlichen Sicherheitsgürtel gewonnen.

Eine gute wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den neuen Mitgliedstaaten und eine positive Zukunftsperspektive für die Menschen in diesen Ländern sind die beste Grundlage zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit, eine der wesent­lichen Ursachen dafür, dass Menschen anderswo ihr Glück suchen. Die Erweiterung der Union hat sich schon jetzt in einem erkennbaren Rückgang der grenzüber­schreitenden organisierten Kriminalität aus den beigetretenen Ländern ausgewirkt. Die nun mögliche verstärkte polizeiliche Zusammenarbeit auf der Grundlage des Schengen-Systems ist ein echter Sicherheitsgewinn für Österreich.

Am 24. und 25. März 2007, fünfzig Jahre nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge, treffen einander die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Berlin, das lange ein Symbol für die schmerzliche Trennung Europas war und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zum Symbol für die Wiedervereinigung geworden ist.

In diesen Tagen soll daher auch die Weitsicht und der Mut derjenigen geehrt werden, die nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft den europäischen Einigungsprozess und damit eine Wende in der Geschichte unserer Länder eingeleitet haben, darunter Jean Monnet, Robert Schuman, Konrad Adenauer und Alcide de Gasperi.

Auch wenn Österreich erst 1995 beigetreten ist, so hat die europäische Integration dennoch schon vorher zu einer guten Entwicklung in Österreich beigetragen, ebenso wie Österreich als Stätte des Dialogs zum Brückenbauer geworden ist zu den Menschen in den vor kurzem beigetretenen Staaten.

Mit der Erweiterung von zunächst sechs auf nunmehr 27 Staaten wurde die Wieder­vereinigung des Kontinents ermöglicht, der über Jahrhunderte durch Nationalismus, Kriege und den Geist der Herrschaft über andere Völker geteilt war. Viel zu lange schienen Kriege wie ein Schicksal Europas. Sie haben die Ausbreitung menschen­verachtender totalitärer Regime gefördert, die Millionen von Menschen in Tod und Leid gestürzt haben. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus ist die Europäische Union für beinahe 500 Millionen Menschen ein Raum des Friedens, der Freiheit, der Sicherheit und der Herrschaft des Rechts als Grundlage für Wohlstand und für eine chancenreiche Zukunft geworden.

Das europäische Integrationsprojekt war und ist das Versprechen Europas alle totalitären Herrschaftssysteme und Ideologien für alle Zeiten zu überwinden. In diesen Tagen wird daher auch der Mut und die Aufopferung derjenigen gewürdigt, die Jahr­zehnte lang gegen die Diktaturen in Spanien, Portugal und Griechenland und die sowjetische und kommunistische Unterdrückung in den Ländern Mittel- und Ost­europas Widerstand geleistet haben. Sie haben die Werte aufrechterhalten, für die auch wir eintreten.

Die Europäische Union gründet als Wertegemeinschaft auf Demokratie, Freiheit und den unveräußerlichen Menschenrechten. Sie ist als Zusammenschluss aus freiem Willen der Völker getragen vom Geist der Versöhnung und der Solidarität. Heute ist die Europäische Union die Antwort auf die großen Herausforderungen des 21. Jahr­hunderts: die Globalisierung, die Bedrohungen unserer Sicherheit und die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

Angesichts globaler Herausforderungen braucht es ein handlungsfähiges Europa auf der Grundlage von regionaler und kultureller Vielfalt. Die verschiedenen Minderheiten in Europa sind ein wertvoller Teil dieser Vielfalt.


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Als eine Union der Bürgerinnen und Bürger muss die größer gewordene EU in beson­derer Weise auf die Balance bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben achten, einerseits das gemeinsame Interesse aller Mitgliedstaaten wirksam wahrzunehmen und andererseits nicht unnötig in das Eigenleben der Mitgliedstaaten und Regionen einzu­greifen.

Der europäische Binnenmarkt als eine wichtige Grundlage von Wachstum und Beschäftigung,

die Weiterentwicklung des sozialen Zusammenhalts in Europa und der sozialen Markt­wirtschaft,

eine starke gemeinsame Währung als Grundlage der Stabilität,

der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts,

der Schengen-Vertrag als Grundlage der inneren Sicherheit,

die nachhaltige Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen

leisten einen wichtigen Beitrag zu einer friedlichen und guten Zukunft Europas. Im Interesse der kommenden Generationen soll dieser Weg fortgesetzt werden.

In der erweiterten Union ist es eine besondere Herausforderung, die äußere und innere Handlungsfähigkeit der Institutionen zu verbessern, die demokratische Legitimation zu erhöhen, die Solidarität und den Dialog zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken, die Politik bürgernäher zu gestalten und überflüssige Bürokratie konsequent abzubauen. Wir brauchen noch mehr Demokratie, Transparenz und Effizienz in der Europäischen Union.

Die Beziehungen zu den Staaten Europas, die nicht Mitglieder der EU sind, sind im Geiste der Freundschaft und Partnerschaft zu entwickeln. Die Länder zwischen Donau und Adria sind für Österreich als europäischer Zukunfts- und Wachstumsraum von besonderer Bedeutung. Die konkrete Perspektive eines Beitritts besteht daher insbesondere für die Staaten des Westbalkans, sofern die Bedingungen auf beiden Seiten erfüllt sind, um diese chronische Konfliktzone in eine europäische Friedenszone zu verwandeln.

50 Jahre erfolgreiche europäische Integration sind auch eine Verpflichtung, die europäische Idee für das 21. Jahrhundert zu erneuern. Viele wichtige Zukunfts­aufgaben sind nur in einer gemeinsamen Anstrengung der Völker und Nationen zu bewältigen.

Die EU hat bei vielen internationalen Vereinbarungen zum Schutz der Umwelt, insbesondere denen zum Klimawandel, eine führende Rolle gespielt. Sie muss auch in Zukunft den Weg weisen und jene überzeugen, die noch zögern.

Es gilt, die Herausforderungen der Globalisierung im Sinne der Freiheit und der sozialen Verantwortung zu gestalten und die damit verbundenen Chancen zu nützen.

Die Europäische Union übernimmt ihre Verantwortung in der Welt als eine „Weltmacht des Friedens und der Menschenrechte“, die Union muss daher auch nach außen mit einer Stimme sprechen. Neue sicherheitspolitische Herausforderungen wie der inter­nationale Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen erfordern eine starke Union, die effektiv dem Frieden, der Freiheit und den Menschenrechten in der Welt dient. Die gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss daher ebenso konsequent weiterentwickelt werden wie das Engagement auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit.

Vieles, was vor 50 Jahren unvorstellbar war, ist heute selbstverständlich. Wenn es auch Rückschläge und Enttäuschungen gegeben hat, die Erfolge überwiegen bei weitem. Sie geben Mut für die Zukunft. Im Geist der Römischen Verträge können auch die noch vor uns liegenden Herausforderungen bewältigt werden. In diesem Geist soll


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Europa an der Vollendung der Einheit Europas, im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und für Frieden, Freiheit und Menschenrechte in der Welt weiterarbeiten.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge ist Anlass, die Ent­wicklung der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten zu überdenken und festzustellen:

Die europäische Integration hat in diesen 50 Jahren Frieden, Sicherheit, Wohlstand und die Wiedervereinigung Europas gebracht. Die Europäische Union erfüllt heute eine weltweite Vorbildfunktion insbesondere in den Bereichen Menschenrechte und Demokratie.

Der Nationalrat ersucht daher die Bundesregierung,

die aus Anlass des 50. Jahrestages der Unterzeichnung der Römischen Verträge in Aussicht genommene „Berliner Erklärung“ aktiv zu unterstützen und sich für das Ziel, die europäische Demokratie auszubauen, Grundsteine einer europäischen Sozialunion zu legen, die Handlungsfähigkeit der Union und die Gemeinschaftsmethode zu stärken, einzusetzen sowie für den bisher so erfolgreichen Weg der Europäischen Union einzutreten.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordnete Dr. Pilz. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.26.34

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst eine kurze Bemerkung zum Abgeordneten Missethon, meinem Vorredner. Ich glaube, Herr Kollege, dass Sie sich wahrscheinlich nicht bewusst waren, welch gefährlichen Beitrag zur österreichischen Sicherheitspolitik Sie mit Ihrer Rede geleistet haben. Wer Menschen in Österreich signalisiert, dass ihr Glaubensbekenntnis per se bereits zur Unterdrückung der Frau führen muss (Beifall bei den Grünen), der verkennt den Koran genauso, wie es andere gibt, die in gleicher Art und Weise die Bibel verkennen. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

Es gibt von allen und für alle großen Religionen dieser Welt restriktive, menschen­feindliche und insbesondere frauenfeindliche Auslegungen, und es gibt von allen Religionen dieser Welt frauenfreundliche, offene und unserem europäischen Werte­system entsprechende Auslegungen. Und die Menschen, die etwa in den arabischen Ländern für diese Interpretationen kämpfen und es politisch und persönlich schwer genug damit haben und die dort unter schweren Bedingungen Überzeugungsarbeit leisten, hier von einem sicheren Platz des österreichischen Nationalrates aus zu diskreditieren und zu diffamieren, ist ein starkes und ungewöhnliches Stück! (Beifall bei den Grünen.)

Ich ersuche Sie, eines zu überlegen: Ist es ein Beitrag zur österreichischen Sicher­heitspolitik, einer ganzen Glaubensgemeinschaft zu signalisieren, dass man das, woran sie glaubt, für falsch und für unverbesserlich hält? – Und das ist der ent­scheidende Punkt, wo uns auch sicherheitspolitisch etwas trennt, nämlich unser


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unbedingter Appell, die offenen, partnerschaftlichen, demokratischen und humanis­tischen Tendenzen im Christentum und im Islam und in anderen Religionen gleichermaßen zu unterstützen und zu fördern. (Beifall bei den Grünen.)

Kollege Cap hat auf den Mut des BZÖ, den Mut des Abgeordneten Westenthaler hingewiesen. Ich zitiere aus einer einschlägigen Karriere eines einschlägigen Men­schen mit einschlägiger Berufserfahrung, ich zitiere aus einer Anfrage im öster­reichischen Bundesrat:

„Herr Kobal wird im Jahr 1994 wegen illegalen Waffengebrauchs amtskundig, übt in der Folge in der BRD das Gewerbe Personenschutz aus, wird in der BRD wegen Betrugs und Nötigung rechtskräftig verurteilt, übt daraufhin in Österreich ohne Konzession das gleiche Gewerbe aus (unter anderem als Leibwächter Jörg Haiders), wird im Jahr 2000 wegen verbotenen Schusswaffenbesitzes vor Gericht gestellt, erhält in der Folge dennoch offensichtlich die fehlende Konzession, die er seit Juni 2006 nicht mehr hat und“ taucht dann bei einer Wahlfeier des BZÖ mit oranger Krawatte und den bekannten Folgen auf.

Da müssen wir einmal reden über die Grundsätze der Sicherheitspolitik des BZÖ, jetzt ungeachtet von Größe und Bedeutung dieser Fraktion.

Kann es so sein, dass man für ein Delikt eingesperrt wird, für die dreifache Wieder­holung desselben Deliktes ausgewiesen und abgeschoben wird und dann, wenn man das Delikt achtmal wiederholt hat, vom BZÖ angestellt wird? Welche Vorstellung von Resozialisierung ist das? (Abg. Dr. Jarolim: Westenthalers!)

Wenn es ein Resozialisierungsprojekt Ing. Westenthalers für Wirtshausraufer mit politi­schem Hintergrund gibt: Wie groß ist die Personengruppe, der hier dieses Reso­zialisierungsangebot gemacht wird? Und was haben wir von den zukünftigen Leibwächtern des Klubobmannes Westenthaler noch zu befürchten?

Wenn Sie jetzt vorschlagen, es soll eine Kaserne in ein Gefängnis umgewandelt werden, soll da gleich ein Trakt für Leibwächter eingerichtet werden? (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Wie soll denn das weitergehen?

Ich glaube, manche, über die wir heute reden und über die die Gerichte in Zukunft urteilen werden und die einen gewissen politischen Hintergrund haben, werden sehr froh sein, dass es in Österreich die Möglichkeit der bedingten Strafe gibt.

Herr Abgeordneter Westenthaler, Sie sollten das sich und Ihrer persönlichen und politi­schen Umgebung wirklich rechtzeitig nahebringen! Es hat Sinn, wenn Richterinnen und Richter in Österreich ungeachtet politischer Hintergründe mit Augenmaß und mit Vernunft urteilen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, dass sich das Problem der seltsamen Resozialisierungsprojekte des Abgeordneten Westenthaler durch die nächste Nationalratswahl von selbst erledigen wird, und deshalb werden wir uns nicht mehr so oft in diesem Haus damit zu beschäftigen haben.

Die Probleme der Wiener Polizei bedürfen einer viel genaueren und ernsthafteren Erörterung. Es wird von Einzelfällen gesprochen, und es ist richtig, dass es in Kriminal­polizeien auch anderer europäischer und außereuropäischer Staaten ähnliche Vor­komm­nisse gibt. Dort sind das aber Einzelfälle. Unser Problem, unser politisches und sicherheitspolitisches Problem sind nicht die Einzelfälle, die schlimm genug sind, sondern ist das Problem, wo nicht unbegründet der Eindruck entsteht, dass der Einzelfall schon fast zum Regelfall wird und ein Teil einer kriminalpolizeilichen Führung in einem Verdacht steht, der gerichtlich erhärtet und überprüft werden muss, aber der


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auch eine politische Komponente hat. Und die politische Komponente lautet: Wer von den Verantwortlichen hat hier warum jahrelang weggesehen?

Ich erinnere daran, die Anzeige bei der Bundespolizeidirektion in Schwechat ist bereits vor Jahren erstattet worden und auf dem Tisch eines ÖVP-Innenministers gelandet, von wo sie den üblichen Weg in eine Schreibtischlade genommen hat. Über Horn­gacher und andere gibt es seit Jahren alle notwendigen Hinweise, und drei Innenminister – alle von derselben Partei! – haben alle notwendigen Schritte unterlassen (Abg. Ing. Westenthaler – bezugnehmend auf die gestikulierende Hand des Redners –: Was ist das für ein Gruß, den Sie da machen, mit den drei ausgestreckten Fingern? So schnell geht es! Drei Bier?), hier ordnungsgemäße und gesetzeskonforme Zustände an der Spitze der Wiener Kriminalpolizei herzustellen.

Für mich sind das unerklärliche politische Versäumnisse! Und es ist höchst an der Zeit, dass diejenigen, die dafür verantwortlich sind – insbesondere der amtierende Innen­minister –, uns Auskunft darüber geben, wie jahrelang diese bekannten und schwerwiegenden Zustände in der Wiener Exekutive ignoriert werden konnten.

Dafür gibt es eine politische Verantwortung! Und diese politische Verantwortung im Bereich der Österreichischen Volkspartei (Abg. Hörl: Sechs Wochen!), einer selbst ernannten Sicherheitspartei, ist jetzt endlich – durchaus mit großer Verspätung – einmal öffentlich und auch parlamentarisch zu klären.

Dann gibt es noch einen anderen Punkt, und das ist die Frage der Verhältnismäßig­keit. – In welcher Sicherheits-Republik leben wir, wenn es auf der einen Seite unverständliche Milde gegen Bordellbesitzer und Menschenhändler und auf der anderen Seite unverständliche Härte gegen Menschen gibt, die in Österreich geboren sind, die in Österreich ihre Ausbildung erhalten haben und die in Österreich auch in das Berufsleben eintreten wollen? Nur deshalb, weil ein Antrag zu spät gestellt worden ist, nur deswegen, weil ihre Eltern oder Großeltern nicht aus Österreich stammen, werden Menschen, die Österreicher und Österreicherinnen sind, und zwar hier gebo­rene Österreicher und Österreicherinnen – unserer Ansicht nach mit all denselben Rechten wie hier die Abgeordneten dieses Hauses –, in einer Art und Weise behandelt, wie es mir von dem angesprochenen Personenkreis in der Rotlichtszene noch kein einziges Mal untergekommen ist! Und ich mahne hier Verhältnismäßigkeit und Augen­maß ein.

Es geht darum, unbescholtene Menschen, die für die Zukunft dieses Landes nicht nur wirtschaftlich von großer Wichtigkeit sind, vor derartiger Willkür zu schützen und andererseits sicherzustellen, dass sich nicht nur in Wien die Menschen, die Bürgerin­nen und Bürger auf die Verlässlichkeit und Seriosität der Exekutive verlassen können. (Beifall bei den Grünen sowie Beifall des Abg. Dr. Cap.)

Ein Letztes, weil es angesprochen wird, und es soll nicht unerwähnt bleiben: Wenn schon hier als große sicherheitspolitische Frage die Beschaffung der Eurofighter von BZÖ und ÖVP gefeiert wird, dann weise ich Sie schon darauf hin, dass Sie nach wie vor die politische Verantwortung tragen für den dubiosesten und zwielichtigsten Beschaffungsvorgang der Zweiten Republik (Abg. Dr. Schüssel: Aber geh!), dass Sie nach wie vor die Verantwortung dafür tragen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), dass auf der Stelle zwei Milliarden und auf Dauer bis zu fünf Milliarden an Steuergeldern, die wir dringend für Wissenschaft, Forschung und Klimaschutz bräuchten, vergeudet werden. Und diese politische Verantwortung geht weit über Ihre sicherheitspolitische Verantwortung hinaus! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.36



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.37.02

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst ein Wort vor allem als Frau zu dem Vorredner von den Grünen: Sie haben hier vorgeführt, wie sehr man, durch ideologische Scheuklappen wohl bedingt, die Realität verkennen kann!

Wir haben in Österreich längst ein massives Problem mit der Integration, vor allem der muslimischen Einwanderer, und das betrifft vor allem uns Frauen stark. Ob es im Islam Reformgruppen gibt, das ist eine Diskussion unter Intellektuellen. Schauen Sie sich auf den Straßen um, sprechen Sie mit Lehrerinnen, sprechen Sie mit Richterinnen, sprechen Sie mit Ärztinnen, es gibt ein massives Problem, weibliche Autorität anzuerkennen! (Zwischenrufe bei den Grünen.) Das wird auch so weitergehen und so bleiben. Es ist nicht so, dass sie auch nur annähernd darauf Wert legen, dass es hier zu einer Einfügung kommt! (Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist ein Problem der Tradition – und nicht des Glaubens!)

Herr Abgeordneter Missethon, Sie sind da auch um beinahe zwei Jahrzehnte zu spät, und ich sage Ihnen: Wenn wir nicht sofort und auf der Stelle durchsetzen, dass unsere Regeln für alle gelten, dass es in Österreich nicht möglich ist, seine Töchter in einer öffentlichen Schule nicht in den Schwimmunterricht zu schicken, wenn wir uns da nicht dazu bekennen, dann wird es auch mit der Frauengleichberechtigung massiv bergab gehen! Das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitliche sagen ganz entschieden: keinen Millimeter zurück, was Säkularisie­rung und Gleichberechtigung der Frauen betrifft!

Nun zur Sicherheit im Allgemeinen: Ohne jeden Zweifel hat Österreich ein Sicherheits­problem. Die Kriminalität steigt, steigt seit Jahren. Die Zahl der Polizisten, die unmittelbar im Außendienst tätig sind, sinkt auch seit Jahren. Die Bürger nehmen zu Recht wahr: immer mehr Verbrechen im Land, immer weniger Polizisten auf der Straße!

Herr Innenminister, das ist nicht eine subjektive Befürchtung oder ein irrationales Angsthaben der Bürger, es deckt sich übrigens auch mit der Statistik. Es wird also nicht genügen, hier Beschwichtigungsrhetorik anzuwenden, sondern es wird notwendig sein, den Tatsachen ins Auge zu sehen und hier die Dinge zu ändern.

Österreich hat ein Sicherheitsproblem! Und das ist eine Politik, die diese Tatsache nicht zur Kenntnis nimmt! Wir haben nämlich seit langem Sicherheitsrhetorik statt Sicherheitspolitik.

Wenn der Herr Bundeskanzler sagt, er will das Übel an der Wurzel packen, dann bin ich schon ganz überrascht, wenn er kein Wort darüber verliert, dass es sich bei dieser Kriminalität vor allem um eine importierte handelt..

Herr Abgeordneter Cap! Es ist schon richtig, es gibt auch einheimische Pülcher. Mit denen müssen wir leben, das ist auch immer ganz gut gegangen. Aber warum ziehen wir uns alle anderen zu? Das ist die Frage! (Abg. Dr. Cap nickt.)

Das Übel an der Wurzel zu packen, das heißt, auch zu verhindern, dass ausländische Verbrecher in unser Land kommen. Nicht: Ausländer sind Verbrecher!, aber es kommt eine große Zahl an ausländischen Verbrechern in unser Land (Beifall bei der FPÖ), um hier bei uns schlicht und einfach unseren Wohlstand abzusahnen. Das sollten wir uns nicht länger bieten lassen – vor allem im Interesse unserer sozial schwächeren Bürger.


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Die anderen verbunkern sich in ihren Villenvierteln, haben Alarmanlagen, haben all dies und das, und es ist auch nicht so schlimm, wenn einmal ein Auto weg ist. Wer knapp im Budget ist, der leidet darunter. Es ist also auch eine soziale Tat, nicht zuzulassen, dass die Sicherheit so massiv gefährdet wird, wie sie ist.

Was sind also die Tatsachen?

Erstens: Die Kriminalitätssteigerung ist massiv – und zwar, Herr Klubobmann Westen­thaler, nicht seit zwei Monaten, sondern seit Jahren! (Abg. Ing. Westenthaler schüttelt verneinend den Kopf.)

Zum Zweiten: Es ist eine importierte Kriminalität, ganz wesentlich eine importierte Kriminalität!

Zum Dritten: Es sind Maßnahmen und Gesetze, die die österreichische Regierung vorgelegt hat und die hier das Parlament beschlossen hat, die das geradezu befür­worten beziehungsweise möglich machen!

Zu Punkt 1: über einen langen Zeitraum! – Es lässt sich feststellen, dass seit der Ostöffnung 1990 die Zahlen im Bereich der Kriminalität kontinuierlich gestiegen sind, und zwar ganz besonders massiv bei der nächsten Erleichterung des Grenzverkehrs, als Österreich den Schengen-Bestand übernommen hat, nämlich seit 1998. Das lässt sich ganz deutlich nachweisen.

Herr Klubobmann Westenthaler, der Anstieg der Kriminalität von 1998 bis 2006 beträgt 20 Prozent: von 479 000 angezeigten Fällen auf beinahe 600 000 angezeigte Fälle. Ich betone: 20 Prozent!

Die ÖVP ist übrigens, Herr Generalsekretär Missethon, seit 20 Jahren in der Regie­rung. Doch Sie stellten sich jetzt hier heraus und sagten: Jetzt werden wir dagegen endlich einmal etwas machen müssen, und zwar alle gemeinsam!, obwohl Sie schon seit 20 Jahren in der Regierung sind – die letzten sechs Jahre beinahe ausschließlich prägend.

Die Kriminalität ist, wie gesagt, in den letzten sechs Jahren um 20 Prozent gestiegen, und dementsprechend übrigens auch die Zuwanderung. 300 000 neue Leute kamen in unser Land unter Ihrer Bundeskanzlerschaft, Herr Klubobmann Schüssel. Wir haben schon oft gesagt, es ist ein Faktum: 300 000 Leute kamen neu in unser Land, 144 000 Einbürgerungen gab es in diesem Zeitraum!

Herr Klubobmann Westenthaler! Zu fordern, dass diese Politik – Sie nennen sie restriktiv, das war sie natürlich nicht – fortgesetzt wird, ist eine Drohung, ist eine gefährliche Drohung und keine Ankündigung! Alles muss anders werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Zu Punkt 2: Die Kriminalität ist importiert. – Noch einmal: Ich möchte mit dieser Plattitüde nicht konfrontiert sein, dass wir behaupten würden, Ausländer seien krimi­nell. Nein! Wir ziehen Kriminelle aus dem Ausland geradezu an. Die stellen fest: Hier geht es ganz einfach, die leben im Wohlstand, und den lassen sie sich schlicht und einfach wegnehmen! Und wenn etwas passiert, ist nichts passiert, weil die Straf­androhung eines Aufenthaltes in einem österreichischen Gefängnis für einen Georgier null ist. – Das müssen wir schlicht und einfach wissen!

Es kann ja nicht sein, dass Jahrgang um Jahrgang die Zahl österreichischer Krimineller explodiert und unsere Leute immer krimineller werden. Wer Zeitung liest, merkt, ganz selten raffen sich Burgenländer in bandenmäßiger Organisation auf oder rotten sich Steirer zusammen, um gewerbsmäßig unsere Villen hier zu plündern. Es sind dies immer andere Nationalitäten, die das eben gewerbsmäßig machen.


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Eine andere Zahl: 42 Prozent der Häftlinge sind nichtösterreichische Staatsbürger, nur neun Prozent der Wohnbevölkerung hat nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Das heißt, es kommen nicht die Besten von draußen zu uns. – Warum eigentlich?

Nun eine Aussage aus dem Sicherheitsbericht Ihres Hauses, Herr Innenminister: Schwarzafrikaner sind massiv in den Drogenhandel involviert. Der Straßenhandel ist da ganz besonders betroffen. Dieser Markt – so steht es im Bericht – wird von dieser Tätergruppe faktisch beherrscht.

Es wäre schon etwas, wenn man das nur abstellen würde! Es sind übrigens die meisten als Asylwerber in unserem Land – auch ein Faktum, das besonders bedauer­lich ist, weil der österreichische Steuerzahler damit auch noch für Kost und Logis sorgt.

Ganz offenkundig sind eben auch Wohnungseinbrüche, Raub, Diebstahl das Werk von Berufskriminellen, die das gewerbsmäßig machen und die zu uns kommen, weil es hier bei uns – ich sage es noch einmal – so besonders einfach geht. Und diese Dinge korrespondieren alle damit, dass wir eben Gesetze und Bestimmungen haben, die das ermöglichen.

Damit bin ich beim dritten Punkt angelangt: Es sind die von der österreichischen Politik geschaffenen Bedingungen, die das ermöglichen. Niemand soll sich da ausreden! Das ist gemacht – übrigens: das ist tröstlich! –, und deswegen kann es auch wieder rückgängig gemacht werden. Hier in diesem Haus muss das Umdenken stattfinden!

Wie schauen die Bedingungen aus? – Eine davon ist die Tatsache, dass unser Asylwesen weit von dem ursprünglichen Zweck des Asylwesens entfernt ist. Es kommen nicht Menschen zu uns – das ist sicher die geringste Anzahl –, die aus humanitären Gründen zu Recht hier bei uns Schutz vor Verfolgung suchen – Sie kennen sicher alle die Genfer Konvention –, sondern viele kommen hierher, weil sie einen Aufenthaltstitel haben wollen – und sie bekommen ihn dann auch –, der es ihnen ermöglicht, alles Mögliche zu machen, eben auch kriminelle Handlungen zu setzen.

Wie schaut es im europäischen Vergleich aus? – Wir haben immer noch, Herr Klubob­mann Westenthaler, fünfmal so viele Asylwerber pro Kopf wie Deutschland. Also wir können nicht sagen – ich habe das noch als Worthülse im Ohr, ich habe das immer wieder hören müssen –: Österreich ist das sicherste Land Europas und hat das schärfste Asylgesetz! – Das stimmt alles nicht!

Zum Zweiten hängt es natürlich mit der Grenzkontrolle zusammen. Es ist ganz klar: Jedes Mal, wenn eine Grenze aufgegangen ist, hat die Kriminalität zugenommen. Wir haben das jetzt schon nicht im Griff und steuern die nächste Katastrophe an.

Wie wir schon gehört haben, soll am 1. Jänner 2008 die Nordgrenze in Österreich nicht mehr als Binnengrenze fungieren, sondern Tschechien, Ungarn, Slowakei und so weiter werden die Schengen-Außengrenze darstellen.

Was heißt das? – Wir bauen Grenzkontrollen ab. Wir selber verzichten darauf, zu kontrollieren.

Wir Freiheitliche meinen, dass das nicht möglich ist, denn die Zahl der Aufgriffe zeigt ganz eindeutig, wie undicht diese Grenzen jetzt schon dort sind und wie viele Men­schen sozusagen einsickern, die wir dann hier bei uns haben. Zum Beispiel: 65 Prozent aller Personen, die geschleppt einreisen, reisen entweder über Ungarn, über Tschechien oder über die Slowakei ein.

Daher stelle ich folgenden Antrag:


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Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, bei den Verhandlungen auf natio­naler als auch auf EU-Ebene in den entsprechenden Räten zum Schutze unserer Bürger der Vollanwendung des Schengener Besitzstandes für die neuen EU-Mitglied­staaten und damit die Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen dieser Staaten nicht zuzustimmen, solange die Anzahl der nach Österreich rechtswidrig eingereisten und geschleppten Personen beweist, dass die Kontrolle an den neuen EU-Außen­grenzen nicht ausreichend ist.

*****

Es ist mir schon bewusst, da braucht es ein bisschen Rückgrat und ein bisschen Mut, um das in Brüssel durchzusetzen. Das darf man nicht so machen, wie bei den Ökopunkten oder bei Temelίn oder bei den Beneš-Dekreten.

Aber es steht viel auf dem Spiel!

Noch einmal: Wir haben es jetzt schon nicht im Griff, und es wird zu einer gewaltigen Steigerung der Kriminalität kommen, wenn wir das einfach so geschehen lassen! Alles andere wäre ein Wunder.

Ich bin überzeugt davon, dass Sie es und wir es den Österreichern schuldig sind, hier einmal aufrecht nach Brüssel zu gehen und nicht die österreichischen Interessen am Brüsseler Alter zu opfern!

Ich sage Ihnen noch eines: Wir werden uns nicht damit abspeisen lassen, dass Sie uns erklären, man habe jetzt dort diese und jene Systeme (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – letzter Satz – installiert und die Zusammenarbeit sei hervorragend.

Wir legen Wert darauf, dass Fakten zur Beurteilung herangezogen werden! Erst dann, wenn wir sicher sind, dass niemand einsickert, kann man die Schengengrenze nach außen verlegen! (Beifall bei der FPÖ.)

13.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosenkranz, Mayerhofer, Vilimsky, Dr. Bösch und weiterer Abgeord­neter betreffend die Nichtzustimmung zur Schengen-Erweiterung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Thema der Sondersitzung „Die Große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich“ in der 16. Sitzung des Nationalrates am 22. März 2007

Fallen Anfang 2008 die Grenzkontrollen zu den neuen Mitgliedstaaten?

Seit dem Jahre 1995 wird das Schengener Durchführungsübereinkommen in Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Portugal und Spanien angewendet. Seither gibt es zwischen diesen Staaten freie Fahrt über die Grenzen. Gleichzeitig


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wurden die Kontrollen an den Außengrenzen verstärkt. Italien und Österreich wenden die Schengener Vertragsinhalte seit 1. April 1998 vollständig an.

Nun sollen weitere Staaten, die zehn neuen EU-Mitgliedstaaten, neue Schengen-Staaten werden. Die im Jahr 2004 beigetretenen EU-Mitglieder Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Zypern, Malta, und die drei baltischen Staaten erwarten bald den Fall der Grenzkontrollen der Binnengrenzen zu den anderen Schengen­ländern.

Und wie sicher wird das größere Europa dann sein?

Wie dem Jahresbericht über organisierte Schlepperkriminalität des Jahres 2006, herausgegeben vom Bundesministerium für Inneres, zu entnehmen ist, sind unsere nord/östlichen Nachbarn Tschechien, Slowakei und Ungarn nach wie vor beliebte Ausgangsländer geschleppter Personen. Die Slowakei führt den Reigen der Grenz­übertritte mit 35 Prozent der geschleppten Personen an. Tschechien und Ungarn folgen mit jeweils 15 Prozent, womit wir 65 Prozent der nach Österreich geschleppten Personen nur drei neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verdanken, welche demnächst „Schengen-Reife“ besitzen sollten und selbst auch behaupten diese zu haben!

Nun sollte man aber auch den schon bestehenden Schengenraum nicht außer Acht lassen. Immerhin kommen elf Prozent der geschleppten Personen von Italien nach Österreich. In der Kategorie der rechtswidrig eingereisten Personen konnte Italien als ausgesprochener Favorit der Grenzübertrittsländer nach Österreich festgestellt werden. Italien führt somit die der Grenzübertritte rechtswidrig eingereister Personen Liste mit über 74 Prozent an, gefolgt von Deutschland mit 15 Prozent und Ungarn mit acht Prozent.

2006 wurden an den österreichischen Grenzen bzw. im Bundesgebiet 39.408 Personen aufgegriffen. Über 470.000 aufrechte Aufenthaltstitel von Drittstaats­ange­hörigen existieren. Über 125.000 Asylanträge wurden seit 2002 gestellt, davon sind mehr als 40.000 offene Asylverfahren geblieben. Eine Netto-Zuwanderung, also ein Zuwanderungsplus, von über 50.000 Personen jedes Jahr und über 200.000 Verlei­hungen der österreichischen Staatsbürgerschaft innerhalb der letzten 5 Jahre muss unser Land erdulden. Doch dem nicht genug.

Betrachtet man die Kriminalstatistik Österreichs so erkennt man gleich einen enormen Kriminalitätsanstieg. Für das Jahre 1998, das Jahr seit dem Österreich das Schen­gener Abkommen anwendet, kann man der Kriminalstatistik 479.859 angezeigte Fälle entnehmen. Im Jahre 2000 waren es ca. 520.000, im Jahre 2002 über 590.000, im Jahre 2004 mehr als 643.000 und 2006 wieder fast 590.000 angezeigte Fälle. Die Anzahl der fremden Tatverdächtigen im Verhältnis zur Gesamtsumme der Tatver­dächtigen wächst nach wie vor stetig. Die Haftanstalten sind überfüllt. Seit dem Jahr 2004 gibt es in Österreich mehr Häftlinge als Haftplätze. Für 8.639 Angehaltene gab es im Vorjahr und 8.612 Haftplätze. Das waren um 25,9 Prozent mehr Häftlinge als im Jahr 2000. Mit 1. Jänner 2007 befanden sich über 3.600 Ausländer in Haft, das sind ca. 42 Prozent.

Vor diesem erschütternden Hintergrund, den ernüchternden Zahlen und Fakten, kön­nen und dürfen Österreich und vor allem aber unsere höchsten nationalen politischen Würdenträger und Vertreter in der europäischen Union, mit einer Zustimmung zur endgültigen Anwendung des Schengen-Besitzstands für die neuen EU-Mitglieds­staaten, einem neuerlichen Ansturm aus dem Osten nicht Tür und Tor öffnen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, bei den Verhandlungen auf natio­naler als auch auf EU-Ebene in den entsprechenden Räten, zum Schutze unserer Bürger, der Vollanwendung des Schengener Besitzstands für die neuen EU-Mitglied­staaten und damit die Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen dieser Staaten nicht zuzustimmen, solange die Anzahl der nach Österreich rechtswidrig eingereisten und geschleppten Personen beweist, dass die Kontrolle an den neuen EU-Außengrenzen nicht ausreichend ist.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Herr Bundesminister Platter zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


13.47.41

Bundesminister für Inneres Günther Platter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist eine Tatsache, die eigentlich schon zur Selbstverständlichkeit geworden ist: Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt! Wir sind aber tagtäglich bemüht, dass wir diesen hohen Standard an Sicherheit weiterhin gewährleisten können. Das heißt, es ist notwendig, dass in Österreich Recht und Ordnung besteht und nicht Unrecht und Unordnung! (Beifall bei der ÖVP.)

Denn: Die Sicherheit ist erstens zweifellos ein Grundrecht der Bevölkerung, und die Sicherheit ist zweitens auch für die Lebensqualität der Menschen in Österreich unglaublich wichtig. Und zum Dritten ist die Sicherheit ein zentrales Anliegen, was den Wirtschaftsstandort Österreich betrifft.

Wir bemühen uns seit Jahren, dass der Kriminalitätsanfall zurückgeht. Und wenn ich mir die Statistik anschaue, so kann ich feststellen, dass wir, wenn wir das Jahr 2004 mit dem Jahr 2005 vergleichen, um 6 Prozent weniger Kriminalitätsfälle haben. Und wenn ich die Kriminalitätsentwicklung vom Jahr 2005 auf das Jahr 2006 betrachte, so kann ich sagen, dass wir im Bereich der Kriminalität einen Rückgang um 2,6 Prozent haben.

Es stimmt zwar schon, dass wir im Jänner und im Februar einen Kriminalitätsanstieg zu verzeichnen hatten, aber da muss man eines auch ganz klar sagen: Der Betrach­tungszeitraum Jänner – Februar, also von nur zwei Monaten, ist sehr kurz, und wir müssen den Beleuchtungszeitraum natürlich verlängern, um letztlich eine Beurteilung durchführen zu können. Und ich kann jetzt schon sagen, dass die Zahl der Krimi­nalitäts­fälle wieder zurückgehen wird.

Aber eines möchte ich auch sagen: Als Innenminister ist mir das nicht egal! Ich nehme diese Dinge ernst! Sobald hier Veränderungen gegeben sind, müssen Maßnahmen gesetzt werden. Aus diesem Grund bin ich derzeit in jedem Bundesland unterwegs und führe selbst Sicherheitsstrategie-Gespräche – mit dem Bundeskriminalamt, mit den Verantwortlichen in den Ländern, mit dem Sicherheitsdirektor, mit dem Landespolizei­kommandanten, mit den Bezirkshauptleuten, damit wir punktgenau Maßnahmen setzen können.

Es ist ein Unterschied, ob ich von der Kriminalitätsentwicklung in Bregenz rede, wo es einen Anstieg der Kriminalität bei Sachbeschädigung und bei Körperverletzung gibt und wo die Zahl der Einbruchsdiebstähle um elf Prozent zurückgeht, oder von jener in


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anderen Bundesländern, wo es vielleicht mehr Einbruchsdiebstähle gibt. Deshalb reagieren wir sehr flexibel, damit wir punktgenau Maßnahmen gegen die Kriminalität setzen können. Das ist unser Weg! Es ist ein seriöser Weg, und wir nehmen die Dinge sehr ernst, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeord­neten Gaál und Parnigoni.)

Da vorhin die Wiener Polizei angesprochen worden ist, auch dazu ein klares Wort: Wir haben tausende exzellente Polizistinnen und Polizisten, und ich bedanke mich bei ihnen! Die haben es momentan nicht leicht. Und wir haben Einzelne, wo es Problem­bereiche gibt, und da muss mit aller Schärfe im Rahmen des Dienstrechtes vorge­gangen werden. Da müssen die Verantwortungsträger ihrer Verpflichtung nachkom­men und mit aller Härte durchgreifen. Aber ich lasse mir nicht die gesamte Polizei in Wien madig machen! Das haben die Polizistinnen und Polizisten nicht verdient! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Da brauchen Sie aber einen neuen Präsidenten!)

Weil in dieser Debatte kritisiert wurde, wir hätten immer weniger Polizistinnen und Polizisten auf der Straße, muss ich sagen: Das stimmt nicht! Bitte, schauen Sie sich die Zahlen an! – Vor einigen Jahren hatten wir im Außendienst 21 904 Exekutiv­beamte, während es heute 23 788 sind. Das sind um exakt 1 884 Polizistinnen und Polizisten mehr auf der Straße. Und heuer kommt dazu, dass rund 500 Polizisten ausgemustert werden, die dann zur Verfügung stehen, und zwar exzellent ausgebildete Leute. Zusätzlich nehmen wir heuer neuerlich 500 Polizisten auf. Ich möchte also in aller Deutlichkeit sagen: Wir tun alles, damit wir das hohe Maß an Sicherheit weiterhin gewährleisten können! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Mir ist es auch ein Anliegen, dass wir den Technologieschub, dass wir die Moder­nisierung der Polizei weiter fortführen. Ich möchte dazu einige Punkte nennen.

Wir modernisieren die EDV-Ausstattung. 17 000 EDV-Ausstattungen beziehungsweise EDV-Arbeitsplätze haben wir zur Verfügung. Wir haben das Mobile Büro. Das heißt, dass die Polizisten vor Ort, bei den Ermittlungen, ein Büro zur Verfügung haben. Darüber hinaus machen wir Videoüberwachung zur Prävention – ganz wichtig!; das werden wir ausbauen –, und zwar zur Prävention, was Suchtgiftkriminalität und Gewalt­tätigkeiten betrifft.

Wir werden es bis Ende dieses Jahres geschafft haben, dass alle Polizistinnen und Polizisten eine neue Uniform haben. Auch der Fuhrpark wird modernisiert. Darüber hinaus bekommen wir ein neues behördenübergreifendes digitales Funknetz. Auch die Bauoffensive wird gestartet.

Geschätzte Damen und Herren! Zusammengefasst: Die Modernisierung der Polizei ist eindeutig und klar spürbar! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir über die Kriminalitätsentwicklung sprechen, dann müssen wir aber auch bedenken, dass die internationale Kriminalität eine große Rolle spielt: organisierte Kriminalität, Terrorismus, Schlepperwesen, Menschenhandel und dergleichen mehr. Aber internationale Kriminalität kann nur durch internationale Zusammenarbeit be­kämpft werden, und da sind wir, geschätzte Damen und Herren, in Österreich mit Deutschland gemeinsam Vorbild. In Österreich und Deutschland haben wir begonnen, den DNA-Austausch durchzuführen, uns gegenseitig Daten zur Verfügung zu stellen. Seit dem 1. Dezember 2006 wird das durchgeführt, und wir hatten jetzt 3 800 Treffer! Wir konnten durch diese ausgezeichnete Zusammenarbeit mit Deutschland Morde und Gewalttätigkeiten aufklären. – Das ist der richtige Weg!

Ich freue mich darüber, dass es beim letzten Rat der Innenminister gelungen ist, dass alle Innenminister das ebenfalls so sehen und eine Absichtserklärung abgegeben


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haben, dass sie einen DNA-Austausch machen würden. – Das ist der internationale Weg, der notwendig ist, damit wir die Verbrechensbekämpfung international bekämp­fen können! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es wurde schon erwähnt, dass wir uns die Delikte ganz genau anschauen, so auch und vor allem jene im Bereich der Kinderpornographie, und ich kann Ihnen hier mitteilen: Es ist unseren Expertinnen und Experten ein unglaublicher Schlag gegen die Kinderpornographie gelungen! Wenn man sich das ansieht, so kann man nur sagen: Das ist unglaublich! Es trifft genau das schwächste Glied der Gesellschaft, nämlich unsere Kinder. Und deshalb bin ich der Meinung, dass es absolut notwendig ist, dass wir uns diesbezüglich den Strafrahmen anschauen – an dieser Stelle bedanke ich mich dafür, dass wir darüber schon das Gespräch geführt haben –, und dass es darüber hinaus ein Berufsverbot geben muss für all jene, die mit der Kinderpornographie in Zusammenhang stehen und die in ihrem Beruf mit Kindern zu tun haben. – So etwas darf nicht sein, dass müssen wir verhindern! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Auch die Europameisterschaft 2008 wurde schon angesprochen, und ich möchte Ihnen sagen: Ich bin auch ein Fußballfan und freue mich schon auf diese Europa­meisterschaft 2008, aber ich halte sie auch für eine unglaubliche Chance für unser Land, sie bietet uns unglaubliche Möglichkeiten – aber nur dann, wenn wir die Sicherheit gewährleisten können!

Erstens: Es darf keine Gewalt in den Stadien geben! Und deshalb muss es null Toleranz gegenüber Gewalttätern geben. Wir haben alle Maßnahmen zu setzen, dass jene, die bereits gewalttätig waren, in die Hooligan-Datei hineinkommen. Gegen solche Personen muss auch von Seiten der Vereine ein Stadionverbot ausgesprochen werden.

Zweitens ist es dringend notwendig, dass all jene, die vor einem Fußballspiel vor dem Stadion gewalttätig werden, festgenommen werden.

Drittens ist es auch sehr, sehr notwendig, dass wir über präventive Maßnahmen nach­denken.

Ich war gestern beim Staatsminister für Inneres Beckstein in München, in Bayern, wo ich gesehen habe, dass man dort, wie ich glaube, ein sehr gutes Modell entwickelt hat. Bei diesem Modell gibt es eine Meldeverpflichtung für all jene, die bereits straffällig geworden sind. Diese Personen müssen sich um den Zeitraum des Fußballspiels bei der Behörde melden. Und wenn die gelinderen Mittel nicht mehr möglich sind, haben sie als letztes Mittel vorgesehen, dass Gewalttäter, die sich nicht melden, auch präventiv in Unterbringungsgewahrsam genommen werden.

Ich meine, dass es schon erlaubt ist beziehungsweise dass wir uns Gedanken machen müssen können, ob nicht auch in Österreich das möglich ist, was in Deutschland positiv über die Bühne gegangen ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das können Sie ja nicht tun, die SPÖ ist ja dagegen!)

Ein weiterer Punkt, den ich im Zusammenhang mit der Europameisterschaft 2008 erwähnen möchte, ist, dass wir eine große internationale Zusammenarbeit haben. Ich bin in Kontakt mit allen Ländern, die vermutlich Teilnahmeländer sein werden. Wir werden bilaterale Übereinkommen abschließen, damit wir eines erreichen: dass die in diesen Staaten bekannten Hooligans keine Chance haben, über die Grenze nach Österreich zu kommen. Wir werden die Schengengrenze temporär aufziehen, sofern dort Schengenland ist, damit wir bestmögliche Maßnahmen setzen können, um eine wunderschöne Fußballeuropameisterschaft im nächsten Jahr zur Austragung zu bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ein letztes Wort zu Schengen: Natürlich ist es notwendig, dass die Standards erfüllt werden. Wir überprüfen das, wir sind mit dabei. Die Evaluierungskommission wird im Herbst 2007 alles genau prüfen. Erst dann können die Grenzen aufgemacht werden.

Aber wir werden natürlich begleitende Maßnahmen setzen. Wir werden in Österreich im grenznahen Raum einen zusätzlichen Sicherheitsgurt sozusagen installieren, um die Sicherheit auch weiterhin gewährleisten zu können.

Ich freue mich, geschätzte Damen und Herren, über diese Sondersitzung, weil wir heute dadurch die Gelegenheit haben, über die Sicherheit zu debattieren, aber damit auch in der Öffentlichkeit zum Ausdruck zu bringen, dass wir eines der sichersten Länder der Welt sind – und so wird es auch in Zukunft bleiben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Darmann. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.59.04

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich begrüße die heutige Mög­lichkeit, vor der Bevölkerung zu erörtern, wie „sehr“ – unter Anführungszeichen – sich die rot-schwarze Bundesregierung mit dem Sicherheitsbedürfnis der österreichi­schen Bevölkerung auseinandersetzt.

So wie ich aber diese Gelegenheit zur Erörterung begrüße, möchte ich sehr wohl auch sagen, wie enttäuscht ich über die politische Kultur bin, die Herr Kollege Cap und auch Herr Kollege Pilz hier an den Tag gelegt haben.

So hat zum Beispiel Herr Abgeordneter Cap nichts anderes getan, als eine Sitzung zum Thema „Sicherheitspolitik in Österreich“ für sein eigenes Kabarett zu miss­brauchen.

Für die Grünen wiederum ist es bezeichnend, dass von ihrer Seite bisher nicht ein Satz – zumindest nicht vom Herrn Kollegen Pilz – zum Thema „sexueller Missbrauch von Kindern“ zu hören war. – Das ist wirklich unglaublich! (Beifall beim BZÖ.)

Wir sind – und das ist Fakt, das hat auch der Herr Bundeskanzler in seinem Statement festgestellt – derzeit mit einer sprunghaften Steigerung der Kriminalitätszahlen konfron­tiert. Ich rufe in Erinnerung: 8,5 Prozent Plus im Jänner, Februar dieses Jahres im Vergleich zu Jänner, Februar vorigen Jahres. Diese Tatsache, diese Problematik dürfte der Justizministerin allerdings nicht bewusst sein. Denn nur so ist erklärbar, dass trotz steigender Kriminalitätszahlen und auch Häftlingszahlen und trotz der Tatsache, dass die Gefängnisse bersten, kein zusätzlicher Haftraum geschaffen werden soll. Selbst die für Wien fertig geplante Justizanstalt soll erneut überdacht werden, was zumindest zu einer Verzögerung dieses Bauraumes und Häftlingsunterbringungsraumes führt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.)

Anstatt Geld in die Hand zu nehmen, wie es notwendig wäre, um dem Sicherheits­bedürfnis der österreichischen Bevölkerung Rechnung zu tragen, und Planstellen für die Justiz, nämlich Richterschaft, Staatsanwälte und Justizwachebeamte, aufzu­stocken, ist ein Grundpfeiler des von der Ministerin vorgelegten 10-Punkte-Program­mes der Haftentlastung – wir nennen es Haftentlassung – die vorzeitige Haftentlassung von ausländischen Straftätern, welche am Rande zu Einsparungen im Justizbereich führen soll. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Ich erinnere an den Drogenbericht 2006 – ich weiß, den Grünen wird das wieder nicht gefallen –: Jeder zweite ausländische Straftäter sitzt in Österreich auf Grund eines


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 57

Drogendeliktes in Haft. Das ist keine unwesentliche Tatsache, und das sollten auch die Grünen einmal zur Kenntnis nehmen.

Aber ich frage Sie, Frau Ministerin: Wie stellen Sie sich die vorzeitige Haftentlassung von ausländischen Straftätern aus der Haft nach der Hälfte der zu verbüßenden Haftzeit vor? Wenn ich jetzt diesen Drogenbericht heranziehe und als Beispiel einen Drogendealer ausländischer Herkunft nehme, der zu drei Jahren Haft verurteilt ist: Dieser soll dann nach eineinhalb Jahren aus der Haft entlassen werden? Ihm soll die Möglichkeit gegeben werden, freiwillig in sein Herkunftsland zurückzukehren? Wie wollen Sie das überprüfen? Wie will man diese „Rückkehr“ überprüfen? Wie will man überprüfen, dass diese Person nicht gleich wieder das Aufenthaltsverbot bricht, welches mit ihrer „Ausweisung“ oder, besser gesagt, mit dieser „freiwilligen Rückkehr“ verbunden ist? Wer soll das kontrollieren? Soll das das Innenministerium, soll das die Exekutive kontrollieren? Und damit verbunden: Wer trägt die Kosten?

Auf der einen Seite will man im Justizbereich Kosten dadurch einsparen, dass man keine zusätzlichen Hafträume, keine Gefängnisse, keine Haftanstalten baut und die Gefangenen, die Strafgefangenen, die Häftlinge freilässt, und auf der anderen Seite schiebt man die Verantwortung aufs Innenressort, und die Polizisten müssen, obwohl sie schon vorweg durch ihren persönlichen Einsatz, durch harte Arbeit diese Personen ins Gefängnis gebracht haben, erneut darauf achten, dass diese nicht wieder ins Land einreisen und wieder die österreichische Bevölkerung und deren Sicherheit gefährden.

Wir vom BZÖ sind gegen diese Politik der offenen Gefängnistore. Auf Grund des bis dato Gesagten bringen die Abgeordneten Mag. Darmann, Scheibner, Ing. Westen­thaler und Kollegen folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, auf die steigenden Häftlingszahlen nicht durch frühere Haftentlassungen und Strafsenkungen, sondern durch die Einrichtung neuer Justizanstalten zu reagieren; hierbei soll bevorzugt die Nutzung vorhandener Liegenschaften des Bundes, wie etwa leerstehender Kasernen geprüft werden.“

*****

Ein weiteres Thema, das sowohl dem BZÖ als auch mir im Besonderen und, wie ich aus den Redebeiträgen bis jetzt entnehmen konnte, auch dem ganzen Hohen Haus am Herzen liegt, ist eben der Schutz des schwächsten Gliedes unserer Gesellschaft, nämlich des Kindes. Uns allen ist bekannt, dass im Jahr nur zirka 2 500 Fälle des Kindesmissbrauches bekannt werden, während die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher liegt. Dies bedeutet, dass wirklich massiver weiterer Handlungsbedarf besteht.

In diesem Zusammenhang bringen die Abgeordneten Mag. Darmann, Scheibner, Ing. Westenthaler und Kollegen folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, von Strafsenkungen und früheren Haftentlassungen Abstand zu nehmen und stattdessen dem Nationalrat ehest möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der für Sexualstraftäter und insbesondere Kinder-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 58

schänder effektive und erforderlichenfalls lebenslange Kontrollmaßnahmen nach der Haftentlassung und die Möglichkeit der Einweisung in Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher auch nach Haftende vorsieht; darüber hinaus wird die Bundesministerin für Justiz ersucht, die Strafdrohungen, insbesondere im Sexualstrafrecht, zu über­prüfen und erforderlichenfalls zu verschärfen. Ebenso sind allgemeine Anzeigepflich­ten, Berufsverbote und Ansiedelungsverbote für Kinderschänder (im Umkreis von 500 Metern von Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und anderen Orten, wo Kinder regelmäßig anzutreffen sind) zu prüfen.“

*****

Danke. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

14.05


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die beiden vom Herrn Kollegen Mag. Darmann eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Darmann, Scheibner, Ing. Westenthaler und Kollegen

eingebracht im Zuge der Debatte über den dringlichen Antrag zum Thema „die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich“

betreffend mehr Justizanstalten bei steigender Kriminalität

Im Jänner und Februar 2007 stieg die Kriminalität in Österreich erstmals seit Jahren wieder deutlich um 8,5 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2006. Trotz sinkender Gesamtkriminalität stieg aber schon in den letzten Jahren – bedingt durch eine deutlich steigende Ausländerkriminalität – die Zahl der Häftlinge in Österreich stetig. Waren es 1989 noch knapp unter 6.000 und 1998 knapp unter 7.000, saßen im Jahresschnitt 2006 schon 8.639 Gefangene in Österreichs Justizanstalten. Dazu kommt: Mittlerweile sind bereits 42 Prozent der Häftlinge Ausländer, besonders hoch ist ihr Anteil bei den Untersuchungshäftlingen (56,8 Prozent). Die österreichischen Justizanstalten konnten Ende 2006 nominell 8.650 Häftlinge aufnehmen. Tatsächlich „sitzen“ aber etwa 9.100 Personen. Dazu kommt, dass zur Erfüllung der gesetzlichen Auflagen (Trennung verschiedener Häftlingsarten) eigentlich eine Haftraumreserve von 15 % erforderlich ist. Ein Sinken der Häftlingszahlen ist bei steigender Kriminalität nicht zu erwarten; es müssten daher etwa 1.500 zusätzliche Haftplätze errichtet werden, um den Bedarf zu erfüllen.

Statt im Hinblick auf diese Entwicklung die Politik der BZÖ-Justizminister fortzusetzen, nämlich zusätzlichen Haftraum zu schaffen, wird sogar die schon fertig geplante zusätzliche Justizanstalt für Wien – wie man hört – nochmals überdacht (was zu­mindest eine Verzögerung bedeutet). Weitere Neubauten im völlig überlasteten Osten Österreichs sind nicht geplant.

Die Justizministerin plant statt dessen zum Entsetzen der Österreicher, die Häftlings­zahlen in den überbelegten heimischen Strafvollzugsanstalten um 10 Prozent zu senken, was bei einem aktuellen Rekordstand von etwa 9.100 Straf- und Unter­suchungs­häftlingen über 900 Straftäter bedeutet, die gar nicht inhaftiert oder früher auf die Bevölkerung wieder losgelassen würden.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 59

Erreichen will Berger dieses Ziel durch ein in Zeiten steigender Kriminalität kontra­produktives Paket aus vorzeitigen (bedingten) Haftentlassungen – bevorzugt von ausländischen Strafhäftlingen, eine Ausweitung der Möglichkeit der Umwandlung von Freiheitsstrafen in Geldstrafen, eine Erschwerung der Qualifikation von Straftaten als gewerbsmäßig (was insbesondere die Verhängung der Untersuchungshaft über Diebe vielfach verhindern würde) und freiwillige (!) gemeinnützige Arbeit statt des Abbüßens von Freiheitsstrafen. Für 2008 fordert Berger gar ein Amnestiegesetz (aus Anlass des 90. Republik-Jubiläums), das in großem Umfang richterlich verhängte Strafen mit einem Akt des Gesetzgebers verkürzen, auch Schwerkriminelle begünstigen und z.B. ohne Einzelfallprüfung auch Tätern einen Rechtsanspruch auf vorzeitige Entlassung gewähren würde, die für eine Begnadigung oder bedingte Entlassung nie in Frage kämen!

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 60

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, auf die steigenden Häftlingszahlen nicht durch frühere Haftentlassungen und Strafsenkungen, sondern durch die Einrichtung neuer Justizanstalten zu reagieren; hiebei soll bevorzugt die Nutzung vorhandener Liegenschaften des Bundes, wie etwa leerstehender Kasernen geprüft werden.“

Wien, am 22. März 2007

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Darmann, Scheibner, Ing. Westenthaler und Kollegen

eingebracht im Zuge der Debatte über den dringlichen Antrag zum Thema „die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich“

betreffend wirksame Maßnahmen zum Schutz gegen Kinderschänder und Sexual­straftäter

Bei sexuellem Missbrauch von Kindern besteht angesichts von jährlich rund 2.500 bekannt werdenden Fällen und einer um ein Vielfaches höher liegenden Dunkelziffer nicht zur Anzeige gebrachter Missbrauchsfälle weiterhin massiver Handlungsbedarf. Gleichzeitig steigt die Zahl der gerichtlichen Verurteilungen nach dem so genannten Kinderpornografie-Paragrafen 207a Strafgesetzbuch in den vergangenen Jahren deutlich an.

Anlässlich der Aufdeckung des bisher größten Kinderpornografie-Ringes in Österreich (mit weltweit mehr als 2.300 Verdächtigen) Anfang Februar 2007 entstand neuerlich eine innenpolitische Debatte über mögliche Gegenstrategien. Während die einen (BZÖ und ÖVP) Mindeststrafen, Strafverschärfungen und Berufsverbote fordern lehnen die anderen (SPÖ und Grüne) jede weitere Verschärfung des Sexualstrafrechts ab. Auch denkbare weitere Maßnahmen, wie eine allgemeine Anzeigepflicht oder ein Ansiede­lungs­verbot im Umkreis von Örtlichkeiten, die von Kindern verstärkt genutzt werden, will man von Seiten der SPÖ und der Grünen offenbar ungeprüft lassen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, von Strafsenkungen und früheren Haftentlassungen Abstand zu nehmen und stattdessen dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der für Sexualstraftäter und insbesondere Kinder­schänder effektive und erforderlichenfalls lebenslange Kontrollmaßnahmen nach der Haftentlassung und die Möglichkeit der Einweisung in Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher auch nach Haftende vorsieht; darüber hinaus wird die Bundesministerin für Justiz ersucht, die Strafdrohungen, insbesondere im Sexualstrafrecht, zu über­prüfen und erforderlichenfalls zu verschärfen. Ebenso sind allgemeine Anzeige­pflichten, Berufsverbote und Ansiedelungsverbote für Kinderschänder (im Umkreis von 500 Metern von Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und anderen Orten, wo Kinder regelmäßig anzutreffen sind) zu prüfen.“

Wien, am 22. März 2007

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die nächste Wortmeldung liegt vom Herrn Abgeordneten Parnigoni vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


14.05.58

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wenn wir über Kriminalitätsentwicklung, über die Kriminalität reden, dann kann man das nicht nur so kurzfristig betrachten, wie das Kollege Westenthaler getan hat, sondern muss, wie Kollege Cap auch gemeint hat, einen Blick auch zurück werfen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Nicht nur dass sich die Deliktszahlen seit 1999 massiv erhöht haben, sondern auch die Aufklärung ist in dieser Zeit massiv zurückgegangen, etwa 1999: 500 000 Delikte, 2006: 600 000 Delikte; Aufklärung 1999: 51,4, Aufklärung 2006: 38,9. Das sei einfach ganz sachlich festgestellt, ohne jeglichen polemischen Hintergrund.

Ich habe während der sieben Jahre der FPÖ-BZÖ-ÖVP-Regierungen immer auf diese Problematik hingewiesen. Seit 2000 wurden etwa 3 000 Planstellen im Innen­minis­terium eingespart. Das ist ein Faktum. (Abg. Scheibner: Jetzt ist alles in Ordnung!), und zwar, lieber Kollege Scheibner, unter tatkräftiger Mithilfe des BZÖ und der FPÖ. (Abg. Scheibner: 2 000 mehr!) Sie selbst waren in der Regierung, auch Kollegin Haubner war in der Regierung. Beide haben Sie allerdings nicht verhindert, dass die Zahl der Planstellen im Innenministerium abgebaut worden ist. Nehmen Sie das doch einmal zur Kenntnis! Sie können sich da nicht abputzen.

Eigentlich, Kollege Scheibner, ist ja gar nicht nachvollziehbar, wer in Wirklichkeit der größere Eiferer war: Herr Minister Strasser beim Abbau von Planstellen oder Sie? Das lässt sich heute nicht mehr feststellen. Sie waren in der Regierung, Sie haben ja alles mitgetragen, und jetzt regen Sie sich auf. Aber das Sicherheitsrisiko, das haben Sie schon selbst verursacht, das ist überhaupt keine Frage. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Diese neue Regierung hat im Stellenplan 2007 keine Kürzungen vorgenommen. (Abg. Scheibner: 2008?) Daher, wie Minister Platter schon richtig ausgeführt hat, wird es Neuaufnahmen geben. Das wird noch immer nicht die Problematik lösen, aber wir werden uns entsprechend dafür einsetzen, wie es die Sozialdemokratie immer gehalten hat, dass Sicherheit der Menschen ein Grundrecht ist, und dafür werden wir uns mit aller Kraft einsetzen. Das werden wir gemeinsam tun,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 61

Herr Bundesminister, die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Kollege Darmann hat gemeint, von der politischen Kultur sei er enttäuscht. Was halten Sie eigentlich von der Begegnungskultur Ihres Partei­obmannes, Kollege Darmann? Es stellt sich die Frage, ob Herr Westenthaler nicht ein bisserl ein gestörtes Verhältnis zur Polizei hat. Ich darf zum Beispiel an Folgendes erinnern: Westenthaler hat im Jahr 1994 als junger Abgeordneter, als ihn ein Polizist beim Schnellfahren gestoppt hat, gesagt – ich zitiere, das „profil“ hat das am 13.5.2002 geschrieben –: Wissen Sie denn nicht, wen Sie vor sich haben? Es ist eine Frechheit, dass Sie einen Abgeordneten bestrafen wollen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das habe ich gewonnen, das Verfahren!) Westenthaler: Das ist egal. Das ist das Faktum.

Aber, Herr Westenthaler, im Jahr 1996 sind Sie verurteilt worden, und zwar wegen eines ganz lustigen Paragraphen, nämlich Verletzung des öffentlichen Anstands (Abg. Ing. Westenthaler: Sie zitieren einen falschen Sachverhalt! Das habe ich gewonnen!), weil wir von der politischen Kultur reden. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Wegen Verletzung des öffentlichen Anstands! Sie waren wieder beim Schnellfahren unterwegs. Der Kolle­ge von der Polizei hat Sie aufgehalten, und dann sind Ihnen so kleine Bemerkungen herausgerutscht.

Ich zitiere wieder, damit ich da keinen Fehler mache, aus „NEWS“ wörtlich: Sie sind ein Idiot, ein Vollkoffer, und Sie sind ein Trottel, haben Sie zu dem Kollegen gesagt. Das ist Ihnen anscheinend herausgerutscht – oder es ist Ihre Begegnungskultur. (Abg. Ing. Westenthaler: Auch gewonnen!) Von dieser Form der Begegnungskultur sind wir aber maßlos enttäuscht, Herr Westenthaler. Das können Sie zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Also, Herr Kollege Westenthaler, klären Sie Ihr Verhältnis zur Exekutive, und machen Sie da nicht Anfragen, die lauter Retourkutschen sind! (Abg. Riepl: Da hat der damals keinen Leibwächter gehabt!) Und vor allem – das sage ich Ihnen, und da stimme ich mit Platter völlig überein –: Wir lassen uns die Tausenden Polizistinnen und Polizisten von Ihnen nicht madig machen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.09


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Kößl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


14.10.32

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen auf der Minister­bank! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Der Titel dieser Sondersitzung ist nicht nachvollziehbar. Es hat unser Bundesminister schon ausgeführt: Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt. Das war es, das ist es und wird es auch zukünftig sein, davon bin ich überzeugt, weil wir in den letzten Jahren sehr erfolgreiche Reformen durchgeführt haben, die mich sehr zuversichtlich stimmen.

Wir brauchen die Sicherheitssituation in Österreich nicht schlechtzureden, das ist über­haupt nicht angebracht, wir brauchen aber auch nichts zu beschönigen. Es ist sicherlich so, dass wir in den letzten Monaten in einigen Bereichen eine steigende Zahl von Kriminaldelikten hatten, in einigen Bereichen, sage ich, und das ist natürlich auch regional sehr unterschiedlich. Aber ich warne davor, in der Bevölkerung Angst und Unsicherheit hervorzurufen. Das ist überhaupt nicht sinnvoll.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir die Kriminalitätsraten der letzten beiden Monate nicht dazu verwenden, Prognosen für das ganze Jahr zu erstellen, sondern wir


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haben auf Grund dieser Werte heute die Möglichkeit, sehr punktgenau auf diese Situation zu reagieren. Ich erinnere daran, dass wir im Jahr 2000 hier im Parlament eine Kriminalitätsstatistik behandelt haben, die das Jahr davor widergespiegelt hat, während wir heute jeden Monat Bilanz ziehen und schauen, wie sich die Kriminalitäts­entwicklung in Österreich tatsächlich darstellt.

Das war eine ganz wichtige Maßnahme in den vergangenen Jahren, um den neuen Erscheinungsformen der Kriminalität, die sich in den letzten zehn Jahren wesentlich verändert haben, mit Effizienz entgegenwirken zu können. Und ich gebe Ihnen recht, mit dem Wegfall des Eisernen Vorhanges und mit der Öffnung der Grenzen, mit der zunehmenden Mobilität der Menschen im Osten und mit der entstandenen Reise­freiheit ist natürlich auch die Kriminalität gestiegen. Der Kriminaltourismus hat Einzug gefunden, und organisierte und international agierende Tätergruppen haben sich hier breitgemacht. Dies verlangt auf der einen Seite eine hohe Flexibilität der Polizei hier im Inland, auf der anderen Seite ist es aber erforderlich gewesen, dass wir Maßnahmen gesetzt haben, dass wir international im Polizeibereich besser zusammengearbeitet haben und weiterhin zusammenarbeiten werden.

Es war auch erforderlich, intern unsere Strukturen so zu verändern, dass wir diesen neuen Herausforderungen auch erfolgreich begegnen können. Mit der Zusam­men­legung von Polizei, Gendarmerie, Zollwache, Kriminalpolizei zu einer einheitlichen Bundespolizei sind Doppelgleisigkeiten und Überschneidungen abgebaut und beseitigt worden. Zur besseren Bekämpfung der Kriminalität wurde ein Bundeskriminalamt eingerichtet. Weitere Verbesserungen wurden auch in der internationalen Zusammen­arbeit vorgenommen. Ich erwähne nur den Prümer Vertrag  oder die Aufstockung der Zahl der Verbindungsbeamten im Polizeibereich in strategisch wichtigen Ländern.

Es wurde heute schon angesprochen, dass der technische Bereich wesentlich verbes­sert wurde und verschiedene legistische Maßnahmen gesetzt wurden, wie die Möglichkeit der Errichtung von Schutzzonen oder der Videoüberwachung. Neue Analysetools, wie Sicherheitsmonitor und GIS, werden der Kriminalität im operativen wie auch im präventiven Bereich erfolgreich entgegenwirken.

Es sind nicht nur die strukturellen Veränderungen im Polizeibereich, die ich jetzt angeführt habe, gewesen, die eine wesentliche Verbesserung der Polizeiarbeit gebracht haben, sondern es sind heute 23 700 Beamte im Außendienst tätig. Ich möchte zum Kollegen Parnigoni schon auch sagen, man darf nicht Birnen mit Äpfeln verwechseln. Wenn gesagt wird, es seien 3 000 Beamte eingespart worden, dann muss ich dem entgegenhalten, dass heute auf jeden Fall im Vergleich zu 1999 mehr als 1 800 Beamte mehr im Außendienst tätig sind. Es wurde natürlich sehr wesentlich im Innenbereich eingespart. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.) Das war auch sinnvoll – das muss man schon mit aller Deutlichkeit sagen. Die Außendienstsituation hingegen hat sich in den letzten sieben Jahren wesentlich verbessert.

Der Kampf gegen die Kriminalität ist aber nicht nur eine Aufgabe unserer ausge­zeichneten Polizei, sondern von uns allen. Mehr Aufmerksamkeit und mehr Eigen­verantwortlichkeit sind gefragt. Es ist auf jeden Fall eines sehr wesentlich: hinschauen und nicht wegschauen. Und das, glaube ich, müssen wir auch in der Bevölkerung transportieren. Es muss die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Bevölkerung sicherlich noch verbessert und verstärkt werden.

Noch ein Wort zur Situation in Wien. Wenn gestern im Fernsehen erklärt wurde, dass unter anderem die Polizeireform schuld daran sei, dass die Situation in Wien eskalierte, dann möchte ich eines klarstellen: Erstens einmal hat dieser Beamte sehr wesentlich bei dieser Polizeireform mitgewirkt, und auf der anderen Seite, glaube ich, ist es die Polizeireform gewesen, die diesen Sumpf bei der Polizei eigentlich erst


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aufgedeckt hat. Es ist, wie ich meine, ganz wichtig, dem mit Entschlossenheit entge­genzuwirken. (Beifall bei der ÖVP.)

14.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


14.17.33

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Dobar dan! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Erinnern Sie sich noch an den Herrn Abgeordneten Missethon ein paar Reden vor mir? Er ist der neue Bundesgeschäftsführer, der Generalsekretär der ÖVP. Ich kenne ihn schon eine Zeitlang, denn er ist nämlich, bevor er Bun­desgeschäftsführer der ÖVP wurde, schon Abgeordneter hier gewesen, und ich muss Ihnen sagen, er ist mir nicht aufgefallen. Er ist mir gar nicht aufgefallen. Er ist mir nicht aufgefallen, weder positiv noch negativ, vor allem nicht durch Scharfmacherreden oder Ähnliches. Er ist halt ein Abgeordneter gewesen, der, wie es eben bei der letzten Regierungspartei war, immer heftig geklatscht hat, aber sonst ist er mir nicht aufge­fallen.

Jetzt ist er Bundesgeschäftsführer der ÖVP, und jetzt schlägt er wahrlich große Töne an! Die „Salzburger Nachrichten“ sprechen heute im Zusammenhang mit seinen Forderungen in Bezug auf Strafrecht und Sexualstrafrecht von „Missethönen“. Aber das ist nicht mein Thema. Mein Thema ist das, was heute von ihm hier erörtert wurde. Herr Bundesminister! Diese Rede galt ja Ihnen. Er hat versucht, Ihnen den Rücken zu stärken, denn Sie sind ja derjenige, der unter dem Motto „Integration statt Neuzuzug“ die Politik – und das haben Sie in den letzten Wochen schon mehrfach gesagt – der bisherigen Innenminister, die auch Integrationsminister in Österreich sind, Minister Strasser, Ministerin Prokop, fortführen will.

Integration statt Neuzuzug. – Integration statt Neuzuzug heißt, dass Menschen, die hier leben, gut Deutsch sprechen, arbeiten wollen, sich an die Lebensordnung in Österreich halten, sich in diese einordnen, Respekt vor den Werten der österreichischen Gesell­schaft und des österreichischen Rechtsstaates haben, in Österreich einen Platz haben. Ja, sie sollen einen Platz haben!

Aber das, was tagtäglich politischer und bürokratischer Alltag ist, ist ganz etwas anderes. Menschen, die gut Deutsch können, hier arbeiten wollen, sich in die Lebensordnung einfügen, bekommen Abschiebungsbescheide, kommen in Schubhaft, werden gegen ihren Willen in Flugzeuge gesetzt, über Wochen in Schubhaft festge­halten, von ihren Familien getrennt, Kinder bleiben alleine hier. Diese Menschen erfüllen all diese Kriterien, die Abgeordneter Missethon und Sie, Herr Bundesminister, jetzt ständig im Mund führen. (Abg. Mag. Hauser: Das stimmt ja nicht!) Und das nennen Sie dann Umsetzung des Prinzips Integration statt Neuzuzug!

Ich sage Ihnen etwas, Herr Bundesminister: Das ist genau das Gegenteil! Genau jene, die Ihre Kriterien erfüllen, Kinder von langjährigen Gastarbeitern – Kollege Pilz hat das vorhin schon angesprochen –, wo bereits die Großeltern als Gastarbeiter nach Öster­reich gekommen sind, die Eltern hier leben, hier arbeiten, wo irgendwann einmal entweder selbst verschuldete kleine bürokratische Fehler passiert sind, sind oft davon betroffen. Das ist wahrscheinlich jedem von uns schon einmal passiert, dass er irgendwo eine Frist versäumt hat. Bei uns hat das allerdings maximal zur Folge, dass vielleicht bei einer Strafverfügung dann die Strafe höher wird, aber wir landen nicht in Schubhaft, wir werden nicht abgeschoben. Denn uns unterscheidet von solchen Fällen die Tatsache, dass wir einen österreichischen Reisepass haben. Wir sprechen auch Deutsch. Wir wollen auch arbeiten. Wir ordnen uns auch den Regeln unter und


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respektieren die Wertordnung. Nur, wir sind geschützt, wir sind geschützt durch öster­reichische Reisepässe.

Gastarbeiterkindern in Österreich droht nur deshalb, weil dieses kleine Kriterium sie unterscheidet, nämlich österreichische Kinder, Wiener Kinder, Hernalser, Ottakringer, Mürzzuschlager, Leobner, Eisenstädter oder, ich weiß nicht, Lustenauer Kinder, egal, wo sie sind, genau diese Unbill der Unverhältnismäßigkeit des Vorgehens und der Unverhältnismäßigkeit des Mitteleinsatzes, den uns die österreichischen Sicherheits­behörden tagtäglich zeigen. Und das sind dann die Folgen: Schubhaft, Abschiebung, menschliches Elend, menschliches Leid.

Die Tatsache, dass hier so drübergewischt und gesagt wird, alles ist zu viel, und, wie der Kollege Missethon es auch genannt hat, das wollen wir nicht, soll nicht über die Auswirkungen des Fremdenrechtspakets 2005 auf die österreichische Lebenswirk­lichkeit der Bewohner hinwegtäuschen. Das sind nämlich die Auswirkungen, Herr Bundesminister, und das kann man auch durch Zahlen exakt belegen.

Es sind heute Menschen, die ihr Leben hier verbracht haben, von der Gnade des Günther Platter abhängig. Noch nie war die Intensität des Feudalsystems für Bewohner dieses Landes so intensiv spürbar wie jetzt. Die Gnade des Günther Platter entschei­det über das Lebensschicksal von Bewohnerinnen und Bewohnern, die ihr ganzes Leben hier verbracht haben! (Zwischenrufe bei Abgeordneten von BZÖ und FPÖ.) Das, meine Damen und Herren, hat mit Rechtsstaatlichkeit überhaupt nichts mehr zu tun! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich rede jetzt immer von Menschen, die nichts angestellt haben, die noch nie vor Gericht gestanden sind – ich rede da jetzt gar nicht von Umständen wie beim Herrn Ing. Westenthaler; das lasse ich jetzt ganz weg, das interessiert mich ja gar nicht –, ich rede von Leuten, die hier Deutsch gelernt haben, sich integriert haben, sich einge­ordnet haben, hier arbeiten wollen, aber auf Grund der Gesetze, die es in den letzten 15 Jahren in Österreich gegeben hat, vor Problemen stehen. Und die Spitze dieser Verschärfungen für Gastarbeiter in Österreich, für Zuwanderer in Österreich ist das Fremdenrechtspaket 2005, beschlossen mit den Stimmen der ÖVP, des BZÖ und der SPÖ, heute Regierungspartei. (Abg. Mag. Hauser: Das ist eine Volksverhetzung, was Sie da machen!) Noch kein Ton ist von dieser Partei gekommen dahin gehend, was mit der Verhältnismäßigkeit der Mittel und mit der Verhältnismäßigkeit des Vorgehens von österreichischen Sicherheitskräften in diesem Gebiet ist. Und das ist die Realität.

Menschenrechte – was ist das im Zusammenhang mit Müttern von Gastarbeiterkin­dern, die wochenlang in Schubhaft sitzen?

Menschenrechte in Österreich – was ist das im Zusammenhang mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, der genau diesen Anspruch von integrierten Fremden in seiner Judikatur ja schon akzeptiert hat?

Österreich und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte? – Dieses Verhältnis ist wahrlich kein gutes, schon gar nicht dann, wenn es um Ausländer und um Zuwanderer in diesem Land geht.

Für jene, für die Österreich die Heimat ist, sollten nicht unterschiedliche Maßstäbe gelten. Und es sollte nicht die Tatsache, dass man die weniger sympathische Religion hat, ausschlaggebend dafür sein, wie polizeiliches und sicherheitsbehördliches Vorge­hen gegenüber diesen Menschen erfolgt.

Herr Bundesminister, im Innenausschuss haben wir vorgestern versucht, ein paar Antworten von Ihnen zu bekommen. Sie sind jede Antwort schuldig geblieben. Sie haben keine Antwort darauf gegeben – Sie haben nicht einmal den Versuch gemacht,


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darauf zu antworten! –, wie Sie mit jenen 16 700 Erstanträgen auf Niederlassung in Österreich umgehen werden, die nicht bearbeitet sind, die als offene Anträge hier liegen von Menschen, die ihre Angehörigen hier herholen wollen.

Herr Minister, Sie haben keine Antwort darauf gegeben, wie jene 2 024 – das ist der Stand Mitte letzten Jahres – Anträge von Menschen, die einen Rechtsanspruch auf Familienleben in Österreich haben, wie dieser Rucksack und dieser Rückstau abge­baut werden sollen.

Sie haben auch keine Antwort darauf gegeben, dass Menschen – diese Fälle sind ja jetzt oft in den Medien gewesen – jahrelang im Asylverfahren in Österreich sind, so genannte Langzeit-Asylwerber und -werberinnen, hier integriert sind, sich hier voll einbringen, immer nach den Kriterien vom Kollegen Missethon, wie diese Frage von 29 000 offenen Asylverfahren in der zweiten Instanz beim Unabhängigen Bundes­asylsenat gelöst werden soll, gar nicht zu reden von den restlichen 21 000, die insgesamt noch beim Verwaltungsgerichtshof liegen. Darauf sind Sie bisher jede Antwort schuldig geblieben, Herr Bundesminister. Das ist aber genau Ihre Verantwor­tung, Sorge dafür zu tragen, dass es Lösungen gibt, und die fordern wir von Ihnen ein. Nicht nur heute, Herr Bundesminister, sondern jedes Mal, wenn Sie hier im Parlament sind, werden Sie mit diesen Fragen konfrontiert werden – bis Sie sie lösen! (Beifall bei den Grünen.)

14.28


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Vilimsky. Maximale Redezeit: ebenfalls 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


14.28.16

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur eine kurze Bemerkung zu den Ausführungen meiner Vorrednerin: Ich weiß nicht, ob ich jetzt nicht vielleicht die Worte einer möglichen künftigen Bewerberin für das Amt der Volksanwaltschaft gehört habe oder sich jemand darum bewirbt, als Migrationsanwältin tätig zu sein. Frau Stoisits, eine Frage: Werden Sie überhaupt bereit sein, österreichische Staatsbürger in dieser Funktion zu vertreten? (Beifall bei FPÖ und BZÖ.) Ich kann Ihnen heute eines sagen: Auf Grund der gleich großen Zahl von Mandaten, die Ihre Fraktion und unsere hat, überlegen wir uns, einen Gegen­kandidaten gegen Sie ins Rennen zu schicken (Beifall bei der FPÖ), weil die Österreicherinnen und Österreicher das Recht haben, von einem österreichischen Volksanwalt gut vertreten zu werden.

Ich freue mich jedenfalls, heute über das Thema Sicherheitspolitik hier referieren zu dürfen. Ein bisschen kurios ist die Sache schon, weil das Begehren für die Diskussion heute von einer Partei kommt, die selbst mittlerweile Teil der polizeilichen Anzeigen­statistik und dafür verantwortlich ist, dass sich die Zahl der Einsätze der Exekutive nach oben schraubt. (Beifall bei der FPÖ.) Man lernt aber nicht aus. Das ist ein bisschen so, als ob der Blindenverband zu einem Seminar über Farbenlehre einberuft. Genau so, in dieser Art und Weise ist das zu sehen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.)

Herr Westenthaler, haben Sie sich einmal überlegt, warum nur etwa 1,8 Prozent der Menschen in Wien Sie wählen, Sie weniger Stimmen haben als die Kommunisten? – Ich kann es Ihnen erklären: Weil Sie einfach von Grund auf in Ihrer politischen Darstellung unehrlich sind und die Menschen Ihnen nicht mehr glauben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn heute auch schon die Prügelaffäre zur Debatte steht, die das eine ist, die noch gerichtlich abzuurteilen sein wird, auf der anderen Seite aber heute der nächste Knaller


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kommt, nämlich dass ein Interventionsversuch einer ehemaligen orangen Mandatarin in Richtung Landesgericht und Staatsanwaltschaft erfolgt, dann ist das der nächste Skandal der Sonderklasse. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Parnigoni: Ungeheuerlich! – Ruf bei der SPÖ: Schande!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die Sicherheitspolitik hier debattieren zu können, muss man einerseits ein bisschen in die Vergangenheit blicken, eine Status-quo-Analyse machen und andererseits dann versuchen, für die künftige Beurteilung seine richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Faktum ist, wir Österreicherinnen und Österreicher haben eine Bundesregierung mit Bomben und Granaten abgewählt – eine ÖVP, die 8 Prozent verloren hat, ein BZÖ, das gerade noch mit Hilfe aus Kärnten die nötigen 4 Prozent geschafft hat. Und mein großer Vorwurf an diese abgelöste Bundesregierung ist, dass sie den größten sicherheitspolitischen Anschlag auf die Zweite Republik gesetzt hat, der überhaupt je aktenkundig war.

Ich darf Sie erinnern: Sie haben an die 5 Milliarden € dafür verwendet, diese in die Luft zu pulvern, haben einen umstrittenen und ominösen Eurofighter bestellt, wobei nur eine kleine Zahl der Eurofighter überhaupt bewaffnet ist. Der Rest ist mit Fotokameras ausgestattet, um irgendwelche Flieger zu knipsen und dann eventuell ein Verfahren daraus resultieren zu lassen. Während Sie diese 5 Milliarden hinausgepulvert haben, haben Sie im selben Atemzug 3 000 Polizisten weggespart. Ich betone: Sie haben 3 000 Polizisten wegspart!

Und das ist mein Vorwurf: Sie haben versucht, hier mit einem ominösen Geschäft Sicherheit in die Luft zu bringen. Was haben Sie tatsächlich gemacht? – Sie haben den Drogenhändlern und den Einbruchsbanden am Boden die Möglichkeit gegeben, ungeniert weiterzuagieren. Das ist Ihre Politik – und es ist gut, dass Sie abgewählt wurden! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein paar Zahlen zu Ihnen: Unter Ihrer Ägide, unter Schwarz-Orange, ist die Kriminalität um 20 Prozent gestiegen. 3 000 Planstellen wurden abgebaut. Die Aufklärungsrate ist von 50 Prozent auf 38 Prozent gesunken. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Und die Zahl der Einbrüche hat sich verdoppelt.

Danke! Ihre Bilanz ist in Zahlen gegossen; dazu gibt es nichts mehr zu sagen.

Aber – und jetzt komme ich zur künftigen Sicherheitspolitik –: Da hat es in den vergangenen Jahren sehr berechtigte Kritik vom Herrn Parnigoni gegeben, die auch deckungsgleich mit der meinen war. Er hat gesagt: 3 000 Polizisten fehlen, 3 000 Polizisten wurden weggespart, und zudem ist das Sicherheitsbudget zu gering dotiert. – Richtig!

Ich frage mich nur: Wo bleibt jetzt die Conclusio aus dem Ganzen? – Sie, die SPÖ, laufen Gefahr – Sie haben die Parteifarbe Rot; Sie (in Richtung BZÖ) haben die Parteifarbe Orange – beziehungsweise Sie sind in der öffentlichen Wahrnehmung wirklich knapp davor, als Nachfolger des BZÖ zu gelten, weil sich Ihre Politik nur mehr dadurch definiert, als Steigbügelhalter für die ÖVP zu dienen. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist denn passiert, nachdem Bundeskanzler Gusenbauer seinen Sandkastentraum fertig geträumt hat und in das Bundeskanzleramt eingekehrt ist? – Da hat es dann keine Spielzeuge mehr gegeben, so wie in der Sandkiste, da hat ihm die ÖVP alles weggenommen; aber das Einzige, was er wirklich gestaltet hat: Er hat das Bild vom Dollfuß von der Wand genommen und der ÖVP zurückgegeben. – Immerhin etwas!

Die Kriminalität ist aber in den ersten beiden Monaten um über 11 Prozent gestiegen: ein massiver Zuwachs bei Einbrüchen, Sachbeschädigung und Körperverletzung. Und


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ich habe den Eindruck, meine Damen und Herren von der SPÖ, dass Sie die Sicherheitspolitik ein bisschen so sehen wie das Thema Studiengebühren oder das Thema Eurofighter. (Abg. Parnigoni: Nein! Nein! Wir werden uns überall durchsetzen!) Da laufen Sie Gefahr, in der öffentlichen Wahrnehmung in einem Boot mit Jörg Haider zu sitzen. (Abg. Parnigoni: Aber bitte!) Sie haben alles versprochen und nichts gehalten! Und das ist die Gemeinsamkeit, die Sie schon bald mit dem Jörg Haider verbinden kann.

Schauen wir uns einmal die aktuelle Sicherheitspolitik an, was da alles an Absurditäten und Kuriositäten passiert! Neuester Vorstoß: Polizisten, die einen Migrations­hinter­grund haben, sollen gegenüber Österreichern bevorzugt werden. Abgesehen davon, dass das als Maßnahme einer Regierung, einer Verwaltungsstelle ungeheuer­lich gegenüber den eigenen Staatsbürgern ist, bringt es eine Vielzahl von Problemen mit sich.

Ja wie passiert denn das etwa? – Stellen wir uns vor: Ein Sondereinsatzkommando ist gerade dabei, mit Gesichtsmasken bei einem Banküberfall tätig zu werden und einer kommt mit einem Turban daher! (Ruf bei der SPÖ: Die Sorgen möchte ich haben!)

Oder, beispielsweise: Ein Polizist mit einem fundamental-islamischen Hintergrund ist gerade im Vollziehen einer Verhaftung, muss diese aber unterbrechen, weil es gerade Zeit ist, sich gegen Mekka zu neigen und das Gebet zu sprechen. (Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die Kuriosität mit der Frau Justizministerin haben wir ja schon ausreichend erörtert. Es gibt eine Rekordzahl von Häftlingen: 9 100 Häftlinge! Und ihre Reaktion darauf ist, die Generalprävention abzuschaffen, 10 Prozent der Häftlinge auf freien Fuß zu setzen. Und anstatt danach zu trachten, etwa EU-weit einen Plan anzusteuern, sodass die Häftlinge auch in ihren Heimatländern inhaftiert werden, lassen wir sie einfach auf die Straße hinaus. Wer so Sicherheitspolitik macht, ist mit Sicherheit am falschen Dampfer!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun zum Thema Asyl. – Ich komme aus Wien. Wir alle kennen die Statistiken aus Wien. Jeder zweite Asylwerber wird straf­fällig. Das ist ein Umstand, der so dokumentiert ist, auch in den polizeilichen Statis­tiken. Was machen wir dagegen? Was macht diese Regierung dagegen? Welches Konzept hat sie dafür? – Sie setzt die Vielzahl von Asylwerbern in den urbanen Ballungsraum. Und dann kommt überall die große Verwunderung: Warum explodiert denn rund um so ein Asylheim, etwa im 21. Bezirk, Winkeläckerweg, die Kriminalität? (Abg. Parnigoni: Wohnen Sie dort?)

Aus einem einfachen Grund: Weil die Hälfte mit der Motivation des Asylbetruges hierher gekommen ist. Dann werden die Supermärkte ausgeräumt, dann werden die Autos aufgebrochen und dann wird in die Häuser eingebrochen. Die Schweizer haben diesbezüglich ein gutes Konzept. Die Schweizer definieren das Konzept der Anreiz­minimierung und geben ihre Asylwerber nicht in den dicht besiedelten Ballungsraum, sondern irgendwo in luftige Höhe auf den Berg. (Abg. Riepl: Großglockner vielleicht?) Da gibt es nichts zu stehlen, aber es gibt auch eine gute Versorgung, aber für keinen die Möglichkeit, dass er irgendwie verleitet wäre, kriminell zu werden, und keine Gefahr, diesbezüglich abzurutschen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte in diesem Zusammenhang folgen­den Antrag einbringen:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 68

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosenkranz, Mayerhofer, Vilimsky, Mag. Hauser und weiterer Abge­ord­neter betreffend die sichere Verwahrung und rasche Abschiebung von straffälligen Asylwerbern

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich einen Entwurf zum Asylgesetzt 2005, welcher für alle straffälligen Asylwerber eine sofortige Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz und damit verbunden eine umgehende Ausweisung sowie eine sichere Verwahrung bei Abschiebungs­hindernissen beinhaltet, zuzuleiten.“

*****

Sicherheitspolitisch gibt es sehr viel zu tun. Wir wollen hier die Verantwortung über­nehmen und Sie nicht aus der Verantwortung entlassen. Wir brauchen 3 000 Polizisten mehr. Überhaupt keine Frage!

Wir brauchen auch neue, kreative Modelle, wie es etwa in München der Fall ist mit einer Sicherheitswacht, wo engagierte Bürger den Sicherheitsbehörden helfen und dort wirklich die Kriminalität zurückgefahren wird. München hat einen Aufklärungsanteil von 60 Prozent, im roten Wien sind es gerade magere 25 Prozent.

Ich wünsche mir auch, dass wir über eine Reform des Besoldungswesens für die Exekutive diskutieren. Die Anforderungen für Polizisten sind wirklich unglaublich hoch geworden. Die psychische Belastung ist dementsprechend hoch, man muss das auch im Besoldungssystem berücksichtigen. Man muss es nachjustieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Und vor allem – und das ist die Prämisse, unter die wir unsere gesamten Konzeption stellen –: Es darf keine Toleranz geben, keine Toleranz bei Verbrechen jedweder Art. Das ist ein Konzept, dass Rudolph Giuliani in New York mit viel Erfolg verwirklicht hat. Es könnte auch für Sie Beispielcharakter haben. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

14.38


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Vilimsky eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosenkranz, Mayerhofer, Vilimsky, Mag. Hauser und weiterer Abge­ord­neter betreffend die sichere Verwahrung und rasche Abschiebung von straffälligen Asylwerbern

eingebracht im Zuge der Debatte zum Thema der Sondersitzung „Die Große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich“ in der 16. Sitzung des Nationalrates am 22. März 2007

Wie die Austria Presse Agentur am 1. März dieses Jahres berichtete, eröffnete der Landeshauptmann von Tirol, DDr. Herwig van Staa, seine Meinung zur Vorgehens­weise in Hinblick auf straffällige Asylwerber in einer Pressekonferenz in Innsbruck. Van Staa lies mit seiner Idee, straffällig gewordene Asylwerber würden ihren Anspruch auf


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 69

Asyl weitgehend verwirken und seien bei nicht sofortiger Abschiebemöglichkeit zu internieren, aufhorchen.

Anfänglich ob dieser Aussagen angeschossen, sprang ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon für den Parteifreund in die Bresche und zeigte sich laut Austria Presse Agentur zur Verwunderung der eigenen Parteikollegen „dankbar für Van Staas klare Worte“. Damit jedoch noch nicht genug. Missethon äußerte sich zu den Medien: „Ich bin klar für eine rasche Abschiebung bei straffälligen Asylwerbern“. Selbst ÖVP-Sicher­heitssprecher Günter Kößl erklärte in seiner Aussendung, dass hier grundsätzlich alle Diskussionsbeiträge ernst zu nehmen sind und einen wichtigen Beitrag darstellen.

Anscheinend haben ÖVP-Spitzenpolitiker endlich die absolute Notwendigkeit einer effektiven Regelung in diesem Bereich erkannt und haben somit durch das Ein­schwenken auf die Freiheitliche Linie eine langjährige Forderung der FPÖ aufgegriffen. Der Tiroler FPÖ-Obmann Mag. Hauser forderte schon früher die Schaffung von Anhaltezentren für abzuschiebende Asylwerber.

Dass eine solche Regelung schon seit Längerem überfällig ist, beweisen uns die täglichen Medienberichte über kriminelle Asylwerber, die monatliche Kriminalstatistik und der jährliche Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich, der Sicherheitsbericht. Eben dieser Sicherheitsbericht für das Jahr 2005 besagt, dass von rund 70.000 ermittelten fremden Tatverdächtigen über 12.000 Asylwerber waren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich einen Entwurf zum Asylgesetz 2005, welcher für alle straffälligen Asylwerber eine sofortige Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz und damit verbunden eine umgehende Ausweisung sowie eine sichere Verwahrung bei Abschiebungs­hindernissen beinhaltet, zuzuleiten.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Berger. Ebenfalls maximal 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.38.47

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Kollege Platter! Erste Aufgabe auch der Justiz ist es, für Sicherheit und Gerechtigkeit in Österreich zu sorgen. Und unter diesem Motto stehen alle Maßnahmen, die ich für den Bereich der Strafjustiz vorgeschlagen habe. Wir brauchen mehr Sicherheit durch einen besseren Strafvollzug. Derzeit ist es so, dass wir die Strafhäftlinge oft nur mehr verwahren können, aber nicht betreuen können. Aber diese Betreuung brauchen wir, um eben Rückfälligkeiten bestens zu vermeiden.

Überfüllte Haftanstalten sind auch per se eine Gefahr für die Bevölkerung, für die Insassen – Sie kennen die Fälle, die auch in Wien aufgetreten sind –, aber auch für das Personal, das in diesen Anstalten tätig ist.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 70

Ich bitte schon darum, dass man, wenn man von meinem Maßnahmenpaket spricht, alle Maßnahmen betrachtet und nicht nur eine sehr selektive Wahrnehmung dieses Pakets hier entwickelt: Zum Beispiel, dass der Vollzug an EU-Bürgern in Zukunft im Herkunftsland stattfinden wird, wird ein generelles Prinzip sein und ist auch Teil dieses Maßnahmenpakets. Wir ersparen uns die Kosten, wie es einmal diskutiert wurde, dass wir Gefängnisse in Rumänien bauen. Wir haben es durchsetzen können, dass das Prinzip des Vollzugs im Herkunftsstaat generell gelten wird. Wir machen auch jetzt schon davon Gebrauch.

Es haben erst vor kurzem Überführungen von EU-Strafgefangenen aus öster­reichi­schen Gefängnissen in ihre Herkunftsstaaten stattgefunden. Auch bei Drittstaats­bürgern haben wir Maßnahmen vorgeschlagen, damit es hier zu einer vorzeitigen Ausreise aus Österreich kommt.

Wir haben auch vorgeschlagen, zusätzliche Haftplätze zu schaffen. Ich habe ange­kündigt, dass wir in Wien wieder ein Jugendkompetenzzentrum errichten wollen. Dort wird es mindestens 350 zusätzliche Haftplätze geben. Leider ist es so, dass der Jugendgerichtshof mit der zugehörigen Jugendvollzugsanstalt vor einigen Jahren geschlossen worden ist. Das hat unter anderem zur Überfüllung der Anstalten im Wiener Raum geführt, zu sehr unbefriedigenden Situationen, insbesondere für die Jugendlichen. Da wollen wir wieder Abhilfe schaffen.

Ich darf auch daran erinnern, dass in den letzten Jahren auch im Justizministerium sehr radikale Sparpläne umgesetzt worden sind – allein, was den Strafvollzug anbe­langt, wurde nur zugeschaut, sodass die Haftzahlen um 30 Prozent gestiegen sind, gleichzeitig wurde beim Personal massiv gekürzt. Und wir haben im Vergleichs­zeitraum einen Rückgang um 5 Prozent bei der Justizwache.

Ich darf hier schon sagen, dass ich in den Budgetverhandlungen erreichen konnte, dass wir mehr Planstellen bekommen werden. Wir werden erstmals seit zehn Jahren im Justizbereich – zehn Jahre wurde hier gespart – wieder mehr Planstellen haben, mehr für die Justizwache, mehr beim nichtrichterlichen Personal. Wir werden insbe­sondere für die Reform der Strafprozessordnung, die im Jahr 2008 in Kraft treten wird und für die nur mangelhafte Vorsorge getroffen worden ist, mehr Personal zur Ver­fügung haben.

Wir werden auch beim Sachaufwand mehr Möglichkeiten haben. Es war ja so, dass das Justizministerium schon Schulden angehäuft hatte. Wir hatten Schulden im Straf­vollzug, wir hatten Schulden bei der Rechtsanwaltskammer. Wir können diese Schul­den jetzt zurückzahlen, und wir können insbesondere – wie wichtig das ist, wurde heute schon vom Bundeskanzler betont – für die Hilfe an die Opfer von Kriminalität auch mehr zur Verfügung stellen.

Ich möchte mich für diese Lösungen im Stellenplan und im Budget wirklich bei allen – beim Herrn Vizekanzler und Finanzminister, beim Herrn Bundeskanzler, bei der Kolle­gin Bures, die für die Planstellen verantwortlich ist – sehr, sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Sexualstrafrecht: Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die letzte Änderung im Sexualstrafrecht im Jahr 2004 erfolgt ist. Es gilt natürlich gerade für das Strafrecht, dass da eher davon abzuraten ist, in sehr kurzen Abständen Reformen durchzuführen. Aber ich möchte schon daran erinnern, dass im Jahr 2004 bei einigen Tatbeständen zwar auch eine Ausweitung der Strafrahmen vorgenommen worden ist – und das war sicher sozusagen die richtige Richtung –, leider wurde aber bei einem Strafrahmen, nämlich betreffend den sexuellen Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beein­trächtigten Person, die Mindeststrafe abgeschafft. Ich denke, das ist ein Tatbestand –


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aber auch der Tatbestand des § 202 Abs. 1 –, wo wir gerne wieder über Mindeststrafen reden können.

Bei den Sexualstraftätern ist es, glaube ich, schon sehr wichtig, dass wir mit der Strafe auch die Therapie verbinden. Wir haben seit einigen Jahren eine sehr gute Einrichtung, an die alle Sexualstraftäter gemeldet werden müssen. Die Mitarbeiter dort sind sehr hoch spezialisiert, machen sehr gute Begutachtungen und Therapieangebote, und wir können den Erfolg auch sehen: Bei therapierten Sexualstraftätern sind die Rückfall­raten beeindruckend niedrig und wesentlich niedriger als bei nicht therapierten Sexualstraftätern.

Da auch immer wieder der Hinweis gekommen ist, dass wir Berufsverbote brauchen: Dazu möchte ich schon sagen, dass es zum einen eine Verschärfung beim Tatbestand des Amtsverlustes gegeben hat. Dieser tritt bei Beamten jetzt wesentlich schneller ein. Weiters gibt es eine Verständigungspflicht der Gerichte und der Staatsanwaltschaften an die öffentlichen Dienstgeber, wenn es bei einem Beamten, bei einem Vertrags­bediensteten zur Einleitung eines Verfahrens kommt. Bei privatrechtlichen Dienstver­hältnissen müsste aus der Strafregisterbescheinigung zu ersehen sein, ob es dies­bezüglich zu einem Delikt gekommen ist.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Gerichte den Gewerbebehörden melden, wenn Gewerbetreibende straffällig werden. Was in diesem Zusammenhang sehr wich­tig ist: Auch bei Personen, die in der Lehrlingsausbildung eingesetzt sind, erstatten die Gerichte eine Meldung, wenn es zu Verurteilungen kommt. Das heißt, es gibt Infor­mationen, wenn Leute in gewissen Berufen – öffentlicher Dienst, Erzieher, Lehrer, Kindergärtner – verurteilt wurden; da ist ein gutes Informationssystem aufgebaut, das gewährleistet, dass nach Sexualdelikten Verurteilte nicht mit Kindern, mit Jugendlichen in Berührung kommen. Es ist allerdings auch wichtig, dass die Dienstgeber ihren Aufgaben nachkommen.

Es sind hier einzelne Urteile zitiert worden, die manchem als zu milde vorkommen. Jeder von uns, auch ich, könnte Ihnen einzelne Urteile zitieren, wo der Höchstrahmen ausgeschöpft worden ist. Das deutsche Urteil ist, glaube ich, natürlich ein besonders krasses Urteil, das auch nicht Bestand haben wird, aber ich denke, es wäre falsch, von Einzelurteilen, ohne das Gesamtbild zu kennen, auf eine Fehlfunktion oder auf Fehlentwicklungen in der Justiz zu schließen.

Auf Grund der Debatten in den letzten Tagen möchte ich schon darum bitten, dass wir die Gewaltenteilung, so wie sie die Verfassung vorsieht, auch wirklich ernst nehmen. Es gibt die Rolle des Gesetzgebers, das ist ganz klar. Es gibt die Rolle der Justiz, die damit verbunden ist, dass sie unabhängig arbeiten soll. Ich muss mich wirklich dagegen verwahren, Zurufe zu bekommen, durch die ich als Justizministerin aufgefor­dert werde, in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung einzugreifen und die Richter zu veranlassen, andere Urteile zu sprechen. Das ist eine Aufforderung zu einem verfas­sungswidrigen Handeln, und solche Aufforderungen höre ich nicht gerne. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir ist es auch ein großes Anliegen, hier festzuhalten, dass man bei aller Kritik, die es an einzelnen Urteilen geben mag, den österreichischen Richterinnen und Richtern nicht unterstellt, dass sie gesetzwidrig handeln. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

14.48


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Ing. Westenthaler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; die Restrede­zeit Ihrer Fraktion beträgt 9 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 72

14.48.12

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Innenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz kurz eine Replik auf die Ausführungen des Generalsekretärs der FPÖ, des Herrn Vilimsky, der hier mitgeteilt hat, dass Sie über gleich viele Mandate wie die Grünen verfügen. – Das mag formell so stimmen, weil Sie sich über eine Hintertür mit 21 Mandaten nach wie vor die öffentlichen Förderungen sichern – denn bei 20 Mandaten verlieren Sie sie ja –, aber realpolitisch haben Sie schon lange nicht mehr 21 Mandate, sondern maximal 20 ½ – den Halben haben Sie fünf Reihen weiter nach hinten gesetzt. Der sitzt jetzt in der letzten Reihe, der heißt Stadler. (Zwischenruf des Abg. Mag. Hauser.) Den haben Sie entmachtet, gerupft, und der sitzt jetzt in der letzten Reihe und ist nur noch sporadisch da. Ich weiß nicht, wer Ihnen bis zum Sommer noch aller abhanden kommen wird, aber es wird sich vielleicht gar nicht mehr bis zum Sommer ausgehen, dass Sie gleich viele Mandate haben. (Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger.)

Noch etwas, Herr Vilimsky! Ich wollte es eigentlich nicht sagen, weil ich mich nicht auf diese Ebene begeben wollte, aber Sie haben mich herausgefordert. Wissen Sie, wer heute der große Abwesende ist? – Ihr Parteivorsitzender und Klubobmann Strache, der, wie ich soeben erfahren habe, Urlaub auf einer Sonneninsel macht. Vielleicht macht er auch nicht Urlaub, vielleicht macht er dort irgendwelche Übungen – statt im Kärntner Tannenwald jetzt halt im Palmenwald von Mauritius, geschmückt mit Palmen­blättern und Kokosnüssen. Vielleicht schwingt er sich im Moment von Ast zu Ast und macht dort irgendwelche Übungen.

Aber eines geht nicht, Herr Vilimsky: sich hier herauszustellen und groß über die Sicherheit zu reden, draußen den Menschen vor den Wahlen immer zu versprechen: Wir setzen uns für die Sicherheit ein!, und dann, wenn wir hier arbeiten und gemeinsam Lösungen für die Sicherheit und gegen die Kriminalität entwickeln wollen, macht Ihr Parteivorsitzender und Klubobmann Urlaub auf einer Sonneninsel. Das ist abzulehnen! Das ist keine Politik, die wir unterstützen! (Beifall beim BZÖ.)

Das muss man schon einmal sagen, weil die Menschen doch fragen, wie ernst man diese FPÖ heutzutage überhaupt noch nehmen soll. (Abg. Mag. Hauser: Besser, als vor Gericht zu sein, Herr Westenthaler!)

Frau Justizministerin! Mir fehlen entscheidende Antworten. Mir fehlen wirklich ent­scheidende Antworten, einerseits zu den Punkten Ihres Programms, wo Sie drinnen stehen haben, Sie wollen mehr vorzeitige und bedingte Entlassungen. Andererseits wollen Sie, dass mehr Haftstrafen in Geldstrafen umgewandelt werden. Und Sie wollen tatsächlich im Jahr 2008 eine Amnestie ausrufen, dass Haftentlassene früher freikom­men. Das haben Sie nicht beantwortet! Das ist das, was die Menschen auch bewegt.

Wenn Sie schon mir nicht glauben, dann zitiere ich Ihnen aus der heutigen Ausgabe der „Kronen Zeitung“ von der Leserbrief-Seite, wo die Menschen ihre Meinung mitteilen können. Da sind Sie wunderbar auf einem Bild abgebildet. Da fragt ein Mitbürger aus Preding:

Frage an Frau Ministerin Berger: Wie kommt es, dass wir eine höhere Kriminalität haben und Sie wollen die Gefangenen entlassen?

Er schreibt – ich zitiere –: „Frühzeitige Haftentlassungen sind doch das absolut falsche Signal – ein Krimineller fühlt sich sicherlich nicht abgeschreckt, wenn er erfährt, dass die Haftstrafen kürzen werden! Das ist der falsche Zugang.“

Und das meinen wir auch. Das ist das falsche Signal! Ich weiß schon, dass Sie in Ihrem Programm durchaus auch Punkte haben, die man diskutieren kann. Aber das Signal, das von Ihrer Präsentation ausgegangen ist, war, dass Straftäter früher


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entlassen werden – und das bei steigender Kriminalität. Und das kann nicht die Antwort auf steigende Kriminalität sein. Da haben wir Antworten von Ihnen einge­mahnt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Zweiter Punkt. Sie haben darauf verwiesen, dass es ab jetzt möglich ist – es gibt auf europäischer Ebene ein Abkommen; ja, das gibt es, das ist im Februar unter Ihrer Anwesenheit in der Europäischen Union beschlossen worden –, dass Strafgefangene Haftstrafen künftig in ihren Heimatländern verbüßen müssen.

Sie müssen aber den Menschen auch ein wichtiges Detail mitteilen! Das gilt nur für Neuverurteilte, das nützt dem jetzigen Problem absolut nichts. Außerdem gibt es eine Übergangsfrist von zwei Jahren. Also zwei Jahre gibt es das alles nicht. Und jetzt kommt der Höhepunkt, und da, Frau Ministerin, frage ich Sie wirklich: Wie konnten Sie dem als Vertreterin Österreichs zustimmen? – Da gibt es eine Übergangsfrist, eine „Sonderbratwurst“ für Polen. Polen hat sich eine Übergangsfrist von fünf Jahren ausverhandelt. Fünf Jahre lang werden Polen, die bei uns straffällig werden, eben nicht in ihr Heimatland zurückgebracht, damit sie dort die Straftaten absitzen müssen. Fünf Jahre lang! Ich frage mich: Werden dann dort die Gefängnisse leer sein und bei uns die Polen im Gefängnis sitzen? – Ich weiß nicht, wozu das gut sein soll. Es ist jedenfalls keine gute Lösung, Frau Ministerin!

Und falsch ist, wenn Sie meinen, dass bis jetzt immer eingespart worden ist. Im Jahr 2000 gab es 800 Millionen € für die Justiz, im Jahr 2006 ganze 976 Millionen €, plus 20 Prozent. – Das nur zur Korrektur!

Ich möchte aber die Diskussion auch noch um die Ausweitung der Strafrahmen be­reichern, nämlich mittels eines


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Entschließungsantrags der Abgeordneten Westen­thaler und Darmann:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Mag. Darmann und Kollegen betreffend Mindest­strafen bei Kinderpornographie und sexuellem Missbrauch von Kindern

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, die bestehenden Mindeststrafen im Sexualstrafrecht auf ihre Angemessenheit bei Tatbegehung an Minderjährigen zu prüfen und dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der für die Begehung von Sexualdelikten an Minderjährigen und Kinderpornographie generell Mindeststrafen einführt bzw. die vorhandenen allenfalls erhöht.“

*****

Es geht um eine Erhöhung, und zwar nicht so, wie es der Herr Bundeskanzler gesagt hat, nämlich: Vielleicht in ein paar Jahren werden wir sehen, wie es weitergeht! – Jeden Tag findet sexueller Missbrauch gegen Kinder statt! Und ich sage es noch einmal: Wer sich an unseren Kinder vergeht, der hat keine Milde verdient! Daher müssen wir die Strafen hinaufsetzen, harte Strafen verhängen, starke Abschreckung betreiben, um unsere Kinder und Familien zu schützen. (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte noch einen zweiten Antrag einbringen, und zwar einen Entschließungs­antrag zur EURO 2008, den ich bereits am Vormittag angekündigt habe:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner und Kollegen betreffend Schutz einer ungestörten EURO 2008

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, den ungestörten Ablauf der EURO 2008 sicherzustellen; dazu sollen insbesondere folgende Maßnahmen dienen:

1. Die Veranstalter sollen dazu veranlasst werden, Stadionverbote und Zutrittskontrol­len wirksam zu gestalten und durchzusetzen.

2. Die Zutrittskontrollen durch die Veranstalter sollen dort durch die Polizei ergänzt werden, wo dies erforderlich erscheint, um die Teilnahme gewaltbereiter beziehungs­weise dafür ausgerüsteter Personen zu vermeiden.

3. Die Bedrohungslage im Hinblick auf terroristische Akte ist präventiv zu erheben und entsprechende Schutzstrategien sind zu entwickeln.

4. Eine befristete Grenzkontrolle in Österreich ist sicherzustellen – zur Zeit der EM.

5. Es soll geprüft werden, inwieweit für die Abweisung bekannter Hooligans an der Grenze, die Anhaltung, Durchsuchung, Wegweisung im Nahbereich der Spiele und eine allenfalls erforderliche Präventivhaft nach deutschem und Schweizer Vorbild weitere legistische Maßnahmen erforderlich sind.

*****

Wir sind der Meinung, wir sind es den Familien in den Stadien und den Kindern in den Stadien schuldig, dass wir sie sichern, dass wir für ihre Sicherheit sorgen und auch entsprechende Maßnahmen setzen.

Sehr geehrte Frau Justizministerin, das war das nicht, was wir uns erwartet haben! Es ist richtig, wenn der Bundeskanzler sagt, man muss den Opfern helfen. Man muss auch die Opfer berücksichtigen, das unterstreiche ich, das ist vollkommen richtig. Aber ist es nicht viel besser, präventiv alles zu tun, dass es eben nicht mehr Opfer, sondern weniger Opfer gibt?

Ist es nicht besser, dass wir jene, die sich an Kindern im Sexualstrafrecht vergehen, tatsächlich von der Gesellschaft wegsperren? Ist es so etwas Fürchterliches, wenn man überlegt, dass wir so etwas nicht zulassen, dass man Menschen, die bewiesen haben, dass sie nicht fähig sind, ihre verworrenen Gedanken im Zaum zu halten, und die sich wieder an Kindern vergehen und auch Wiederholungstäter sind, wirklich lebenslang wegsperrt, lebenslang kontrolliert, aber zumindest auch lebenslang in einer Meldekartei, in einer Sexualstrafdatei vermerkt?

Das ist auch unsere Idee! Da haben wir leider auch nichts von Ihnen gehört, Frau Ministerin! Ich hoffe, dass Sie die heutigen Initiativen dieser Sondersitzung sehr, sehr ernst nehmen, auch die Entschließungsanträge. Wir werden nicht müde werden, auch in den nächsten Wochen und Monaten zu überprüfen, wie ernst Sie diese Anliegen nehmen. Und wir werden vor allem eines machen: Wir werden immer dann aufzeigen, wenn Sie wirklich Ihr Forderungsprogramm nach vorzeitiger Haftentlassung von Sträflingen durchziehen wollen.

Das wollen die Menschen nicht, da fühlen sie sich bedroht, da haben sie Angst! Und daher werden wir auch für die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher im Sicherheitsbereich kämpfen. (Beifall beim BZÖ.)

14.56



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 75

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die beiden soeben von Herrn Klubobmann Ing. Westenthaler eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Mag. Darmann und Kollegen

eingebracht im Zuge der Debatte über den dringlichen Antrag zum Thema „die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich“

betreffend Mindeststrafen bei Kinderpornographie und sexuellem Missbrauch von Kindern

Immer wieder ist die Öffentlichkeit empört über Gerichtsurteile, mit denen sexueller Kindes-missbrauch und Kinderpornographie geahndet werden. Auch bei vielen Abgeordneten entsteht schon seit Jahren der Eindruck, dass zumindest vereinzelt Richter die vor allem psychisch verheerenden Wirkungen dieser Taten auf die Opfer nicht entsprechend würdigen. Dies betrifft vor allem die Delikte, für die das Straf­gesetzbuch derzeit auf die Festlegung von Mindeststrafen verzichtet.

Anlässlich der Aufdeckung des bisher größten Kinderpornografie-Ringes in Österreich (mit weltweit mehr als 2.300 Verdächtigen) Anfang Februar 2007 entstand neuerlich eine innenpolitische Debatte über mögliche Gegenstrategien. Die Antragsteller sind der Meinung, dass in diesem Bereich angesichts von jährlich rund 2.500 bekannt werden­den Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch und einer um ein Vielfaches höher liegenden Dunkelziffer, aber auch stets steigender Verurteilungszahlen für Kinder­pornographie massiver Handlungsbedarf besteht; sie stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, die bestehenden Mindeststrafen im Sexualstrafrecht auf ihre Angemessenheit bei Tatbegehung an Minderjährigen zu prüfen und dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der für die Begehung von Sexualdelikten an Minderjährigen und Kinderpornographie generell Mindeststrafen einführt bzw. vorhandene Mindeststrafen allenfalls erhöht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner und Kollegen

eingebracht im Zuge der Debatte über den dringlichen Antrag zum Thema „die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich“ betreffend Schutz einer ungestörten EURO 2008

An Aktualität gewonnen haben vor dem Hintergrund der 2008 bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft nicht nur die besorgniserregenden Entwicklungen von gewalt­tätigen Ausschreitungen bei Fußballspielen (Hooligans), sondern auch die jüngste Terrordrohung einer islamistischen Gruppe gegen Österreich.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 76

In einer im Internet verbreiteten Warnung der „Stimme des Kalifats“ heißt es: „Zu Österreich sagen wir: Eure Soldaten in Afghanistan sind für unsere Brüder, die Mujahidin, keine wirkliche Bedrohung. Wir laden die neue sozialdemokratische Regie­rung (...) ein, ihre Soldaten von Afghanistan abzuziehen und damit aufzuhören, Bush in seinem Krieg gegen die Muslime zu unterstützen. Denn Österreich hat keinen wirklichen Nutzen dabei. Zerstört nicht die Sicherheit eines ganzen Landes wegen fünf Soldaten, die ihr nach Afghanistan geschickt habt.“

Wenngleich die Terrorbedrohung Österreichs derzeit trotz dieser Drohung nicht als akut eingeschätzt wird, ist doch auch für Österreich von einer zunehmenden Terror­wahrscheinlichkeit auszugehen. Bereits der Verfassungsschutzbericht 2005 warnte davor, dass eine zunehmende Radikalisierung islamischer Gruppen zu erkennen sei, die potenziell zu Anschlägen innerhalb und außerhalb von Österreich motiviert werden können. Die in Österreich festgestellten Personen würden äußerst konspirativ agieren, heißt es im Bericht. Meistens verkehrten sie in Moscheen, wo durchaus als radikal einzustufende Imame predigten. Die erhöhte mediale Aufmerksamkeit während der EURO 2008 könnte Österreich als Ziel terroristischer Akte jedenfalls attraktiver machen. Umso skurriler mutet es an, wenn der interimistische Landespolizei­kom­mandant den Einsatz von Fliegerabwehr – wie bei allen internationalen Großereig­nissen weltweit mittlerweile Standard und in Österreich in den letzten Jahren auch praktiziert – gegen die verfassungsrechtlich abgesicherte Rechtslage (bestätigt durch die Anfragebeantwortung von BM Darabos, 128/AB) in der letzten Ausgabe der Bezirkszeitung ablehnt.

Deutschland hat im Rahmen der Fußball-WM 2006 bewiesen, dass eine abgestufte Vor-gangsweise der Exekutive bis hin zu einer Präventivhaft wirksam, rechtlich zulässig und sinnvoll ist. Amtsbekannte Gewalttäter (Hooligans) wurden bereits bei der Anreise in polizeilichen Gewahrsam genommen, die maximale Anhaltedauer betrug 24 Stunden. Während SPÖ, Grüne und FPÖ dieses Modell einer Präventivhaft ablehnen, bekräftigen ÖVP und BZÖ die Forderung danach. Ein Aussetzen des Schengen-Abkommens für die Zeit der EURO 2008 würde zusätzlich die legale Möglichkeit der Einreise-Verweigerung für gewalttätige Fußball-Fans (Stichwort: Hooligan-Datenbank) schaffen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, den ungestörten Ablauf der EURO 2008 sicherzustellen; dazu sollen insbesondere folgende Maßnahmen dienen:

1. Die Veranstalter sollen dazu veranlasst werden, Stadionverbote und Zutrittskon­trollen wirksam zu gestalten und durchzusetzen.

2. Die Zutrittskontrollen durch die Veranstalter sollen dort durch die Polizei ergänzt werden, wo dies erforderlich erscheint, um die Teilnahme gewaltbereiter bzw. dafür ausgerüsteter Personen zu vermeiden.

3. Die Bedrohungslage im Hinblick auf terroristische Akte ist präventiv zu erheben und entsprechende Schutzstrategien zu entwickeln.

4. Eine befristete Grenzkontrolle in Österreich ist sicherzustellen.

5. Es soll geprüft werden, inwieweit für die Abweisung bekannter Hooligans an der Grenze, die Anhaltung, Durchsuchung und Wegweisung im Nahbereich der Spiele und


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eine allenfalls erforderliche Präventivhaft nach deutschem und Schweizer Vorbild weitere legistische Maßnahmen erforderlich sind.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.56.17

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Westenthaler, ich habe mir nicht wirklich einen sachlichen Beitrag zur Diskussion von Ihnen erwartet. Aber wissen Sie: Dass Sie mit einer derartigen Vehemenz und teilweise auch mit – ich würde das fast so nennen – „intellektueller Rüpelhaftigkeit“ all das ignorieren, was die Frau Ministerin sowohl heute hier als auch in ihrem Programm dargelegt hat, das wundert mich schon.

Ich habe die Rede vom Herrn Vilimsky im Zusammenhang mit Ihrer Partei, nämlich insbesondere den Hinweis, dass es nur mehr von vorübergehender Zeit sein wird, dass Sie uns hier – und ich muss sagen – belästigen, eigentlich wirklich mit sehr großer Freude aufgenommen. Das muss ich Ihnen schon sagen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Die linke Allianz! Eine demokratisch gewählte Partei „belästigt“ das Parlament?! Nicht schlecht!)

Vielleicht nur ganz kurz, weil das hier eine extrem wichtige Situation ist und wir eigentlich auch sehen können, Herr Westenthaler, wie Sie in der Vergangenheit, nämlich während der letzten sechs Jahre, mit dieser Thematik umgegangen sind (Abg. Ing. Westenthaler: Belästigung des Parlaments?!): Wir haben vermehrt darauf hingewiesen, dass es im Bereich des Sexualstrafrechtes irrsinnig wichtig ist, effiziente Schritte zu setzen. Wir haben auch darauf hingewiesen, dass die Betreuung von Haftent­lassenen – und das ist die internationale, wissenschaftlich einhellige Meinung – im Vordergrund steht. Es ist notwendig, kurz vor der Entlassung wirklich eine Untersuchung durchzuführen, auch eine Betreuung während des gesamten Straf­vollzugs durchzuführen, damit man weiß, wer diejenigen sind, die entlassen werden.

Ich kann Ihnen nur sagen: Am Ende Ihrer Regierungszeit ist auf 120 Häftlinge eine Psychologin gekommen. Das ist schädlich, aber es ist auch die Antwort darauf, warum es in den Gefängnissen so gefährlich geworden ist und warum es sich hier eigentlich von einer Lösung weg zu einem Problem hin entwickelt hat. Ich sage Ihnen, Herr Westenthaler: Sie sind nicht Bestandteil der Lösung, Sie sind das Problem an sich! Und das ist es, was gesagt gehört. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil Sie sich jetzt großartig herstellen und sagen, Sie hätten sich eigentlich Antworten erwartet: Herr Westenthaler, ich hätte mir Antworten darauf erwartet, was Sie hier in den letzten Tagen aufgeführt haben, und zwar im Zusammenhang mit den sich offen­sichtlich jetzt darstellenden strafrechtlichen Aktionen, die Sie geliefert haben, und zwar gleich mehrere.

Ich darf noch einmal sagen: Es ist wirklich sehr merkwürdig, wenn man hergeht und sagt: Ich umgebe mich mit Sicherheit und mache das mit einer Schlägertruppe, die aus Vorbestraften besteht!

Herr Vilimsky hat das heute dargelegt, viele andere auch: Da gibt es jemanden, der neunmal vorbestraft ist, und zwar, weil er schwer kriminell ist, und der wird dann die Schutztruppe des Herrn Westenthaler! (Abg. Ing. Westenthaler hält eine Tafel in die Höhe, auf der in orangefarbener Schrift mehrmals das Wort „BZÖ“ steht und auf der zu lesen ist: „Kein Pardon für Kinderschänder!“) Und nicht nur das, sondern es kommt


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 78

zu einem Vorfall, wo Westenthaler und Konsorten versuchen, in ein offenes Verfahren Einfluss zu nehmen, nämlich betreffend die BAWAG, und sagen: Da gibt es einen Versuch, wir könnten eigentlich Herrn Flöttl helfen ...!

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Einen Augenblick, Herr Kollege! – Herr Klub­obmann Westenthaler, darf ich bitten, die Tafel wieder herunterzugeben! – Danke schön.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Es ist weder niveauvoll, was Sie sagen, noch was Sie zeigen, aber das spricht für sich. Das ist wirklich eindeutig! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist nicht niveauvoll?)

Dann kommt es dazu, dass er eine Beeinflussung der Justizministerin vorgenommen hat, für Flöttl interveniert hat. Ihr wird es zu viel, sie tritt sogar zurück, meine Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler hält nochmals die bereits vorher gezeigte Tafel in die Höhe.)

Ich frage mich, was Sie da auf dem Platz noch verloren haben. Sie sind doch die wahre Belastung Ihrer eigenen Partei – egal, wie lange die noch immer hier herinnen sein wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Und dann kam es dazu, dass an dem Abend unmittelbar darauf, nachdem nämlich die Ministerin diesen absolut verwerflichen Wunsch auf Einflussnahme zurückgewiesen hat, jemand niedergeschlagen wurde.

Der wurde nicht zufällig niedergeschlagen, sondern wurde deshalb niedergeschlagen, weil der Herr Westenthaler das angeordnet hat, einem schwer Kriminellen den Befehl gegeben hat, jemanden niederzuschlagen. Ich frage mich wirklich, Herr Westenthaler, mit welchem Recht Sie sich überhaupt herausstellen und hier noch eine Frage stellen. Sie sind ja hier so überflüssig! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Was für einen Müll Sie daherreden! Das interessiert keinen Menschen! Da gibt es keinen Ordnungsruf?)

Das ist halt Ihr Verständnis! Wenn ich hergehe und sage: Das Effizienteste ist eigentlich, hier Sorge zu tragen, dass jemand, der straffällig geworden ist, es in der Zukunft nicht mehr wird!, dann, Herr Kollege Westenthaler, muss ich das natürlich sehr sorgsam machen, dann muss ich mich natürlich darum bemühen und schauen, dass hier wirklich effizient vorgegangen wird. Wenn ich aber so wie Sie vorgehe, dass ich eigentlich jene, die straffällig geworden sind, dazu verwende, dass sie es noch einmal werden, dann ist hier wirklich, denke ich mir, etwas schiefgelaufen.

Abschließend möchte ich sagen: Ich darf die Vision des Herrn Kollegen Vilimsky, die er uns heute hier dargelegt hat, nämlich dass Ihr Ausscheiden, Herr Westenthaler, in Bälde erfolgen wird, mit Freude bei dieser Veranstaltung zur Kenntnis nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Hauser.)

15.01


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten; Restredezeit der Fraktion: 9 Minuten. – Bitte.

 


15.01.20

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Lieber Herr Minister Platter! Ganz zu Beginn möchte ich folgen­den Antrag einbringen:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 79

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Hannes Jarolim und Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verbesserung des Sanktionensystems, insbeson­dere im Bereich der Sexualdelikte

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Frau Bundesministerin für Justiz wird ersucht, die Rechtsprechung im Bereich der Sexualdelikte einer eingehenden Evaluierung zu unterziehen, und zwar

insbesondere die tatsächlich ausgemessenen Strafen unter Berücksichtigung der durch den Gesetzgeber vorgenommenen Verschärfung der Strafdrohungen;

die Frage der Entwicklung der Häufigkeit der bedingten Entlassungen von wegen Sexualdelikten verurteilten Straftätern unter besonderer Berücksichtigung der Rück­falls­häufigkeit.

Die Bundesministerin für Justiz wird ferner ersucht, die im Regierungsprogramm vorgesehene Einstellungsstatistik sowie die ebenfalls in Aussicht genommenen Rück­fallsstatistiken rasch zu verwirklichen.

Die Frau Bundesministerin für Justiz wird schließlich ersucht, die im Regierungs­übereinkommen vorgesehene Strafverschärfung für lang anhaltende und qualvolle Freiheitsbeschränkungen und Gewaltausübung rasch umzusetzen und dem Parlament ehestmöglich einen entsprechenden Gesetzesentwurf zukommen zu lassen.

*****

Damit habe ich den Entschließungsantrag formell eingebracht, und ich möchte ihn nun begründen. (Abg. Dr. Graf: Das ist ein Misstrauensantrag!)

Wir haben, wie bereits mehrmals erwähnt, das Sexualstrafrecht sowohl 2001 als auch 2004 verschärft. Nun wollen wir wissen, ob Richter diese Verschärfung auch in der Judikatur nachvollzogen haben und somit für Sexualdelikte auch höhere Strafen verhängen. Rot-Grün hat damals immer gegen diese Verschärfungen gestimmt. Ich bin daher sehr froh, dass die Frau Ministerin hier von der Regierungsbank aus vorhin erwähnt hat, dass sie diese Strafverschärfungen für den richtigen Weg hält. Und ich bin auch froh, dass die SPÖ bei diesem Entschließungsantrag, den wir hier formuliert haben, mitgegangen ist und ihn mit uns gemeinsam hier einbringt.

Dass die Bevölkerung immer auf unserer Seite war, haben wir gewusst, aber heute haben wir auch den Beweis dafür: Durch eine ganz neue und junge Umfrage haben wir bewiesen bekommen, dass die Bevölkerung sich in überwiegender Mehrheit für hohe Strafen für Sexualstraftäter ausspricht. Auf die Frage: Sollen die Strafen für Sexual­straftäter insbesondere bei Kindesmissbrauch und Kinderpornographie erhöht wer­den?, antworten im Durchschnitt 87,7 Prozent der Bevölkerung mit Ja. Für mich bezeichnend war, dass Frauen hier wesentlich mehr Strafverschärfung fordern, nämlich 91 Prozent der Frauen sagen, höhere Strafen, 83 Prozent der Männer.

Auch bezeichnend ist, dass sich von den jüngeren Befragten, nämlich bis zu 29 Jahren, auch immer noch 90 Prozent für Strafverschärfungen aussprechen, wäh­rend sich die ältere Bevölkerung hier zu 84 Prozent für Strafverschärfungen ausspricht, immer noch ein sehr, sehr gravierend hoher Anteil.

Wir haben weiters abgefragt: Soll bei verurteilten Straftätern wegen Kindesmiss­brauchs ein Berufsverbot verhängt werden, wenn Kontakte mit Kindern möglich sind? –


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 80

Auch hier haben wir sehr signifikante Ergebnisse bekommen, nämlich 78 Prozent der Bevölkerung sprechen sich für solche Berufsverbote aus.

Daraus ist ersichtlich, dass diese Debatte in der Bevölkerung eigentlich hohe Zustim­mung erfährt und es einen breiten gesellschaftlichen Konsens darüber gibt, dass Sexualdelikte keine Privatsache sind, sondern dass es sich hier um Täter, um Kriminelle handelt, die bestraft werden sollen. Das war nicht immer so, ich kann mich noch an Debatten Anfang der neunziger Jahre erinnern, wo man eher auf der Toleranzebene war und eher für die Täter argumentiert hat. Heute argumentieren wir eindeutig für die Opfer. (Beifall bei der ÖVP.)

Unser Entschließungsantrag befasst sich auch mit der bedingten Entlassung. Wir von der ÖVP begrüßen die bedingte Entlassung, wenn – und dieses Wenn gehört bei uns dazu – sie mit Auflagen verbunden ist. Hier kann eine Auflage beispielsweise die Therapie sein, die die Frau Ministerin schon angesprochen hat. Hier kann eine Auflage aber auch eine richterliche Weisung sein, bestimmte Plätze, bestimmten Umgang zu meiden. Und hier kann eine Auflage auch eine Art Berufsverbot sein, das Richter aussprechen, nämlich insofern, als gewisse Sexualtäter nicht mehr mit Kindern beruflich arbeiten dürfen.

Wir brauchen natürlich, damit wir die Gefährlichkeit dieser Täter genau erkennen, eine Rückfallsstatistik; wir haben im Regierungsübereinkommen eine derartige Statistik drinnen, und wir pochen auf die rasche Umsetzung.

Nicht akzeptabel ist für uns der Umstand, dass derzeit zwei Drittel der zur Anzeige gebrachten Taten von der Staatsanwaltschaft nicht weiterverfolgt werden. Nur ein Drittel in etwa wird entweder zu Gericht gebracht oder zu einem ganz geringen Prozentsatz diversionell behandelt. Zwei Drittel der Anzeigen werden nicht weiter­verfolgt. Das ist ausgesprochen unbefriedigend.

Einerseits argumentiert die Staatsanwaltschaft, dass die Exekutive nicht ausreichend Beweise liefert, dass sozusagen die Suppe zu dünn ist. Andererseits beklagen aber sehr viele Exekutivbeamte, dass sie sorgsam an die Staatsanwaltschaft übermitteln und dann weiter nichts passiert.

Damit wir hier bessere Erkenntnisse bekommen, ist im Regierungsübereinkommen schon verankert, dass wir eine Einstellungsstatistik brauchen, und diese Einstellungs­statistik ist dringend notwendig.

Auch im Regierungsübereinkommen drinnen haben wir eine Strafverschärfungs­maß­nahme für den Fall, dass es zu einem Martyrium für Opfer kommt. Es geht nicht an, dass, wenn qualvoll über einen langen Zeitraum immer wieder dasselbe Delikt begangen wird, nur bezüglich eines Deliktes angeklagt wird. Derartige Situationen, die zu einem Martyrium für das Opfer führen, müssen auch zu einer Strafverschärfung führen.

Ich glaube, wir haben ein Bündel von Maßnahmen bereits umgesetzt. Wir entwickeln aber weiter, wissend, dass wir uns im gesellschaftlichen Konsens befinden, dass gegenüber Sexualtätern null Toleranz zu üben ist. (Beifall bei der ÖVP.)

15.09


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von der Abgeordneten Dr. Fekter einge­brachte


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 81

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Jarolim, Kolle­ginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Hannes Jarolim und Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verbesserung des Sanktionensystems, insbeson­dere im Bereich der Sexualdelikte

Aus verschiedentlich bekannt gewordenen Entscheidungen von Justiz- und Verwal­tungs- bzw. Ermittlungsbehörden im Umgang mit Sexualstraftätern entsteht der Eindruck, dass die Beurteilung der Straftäter und deren Gefährlichkeitspotential teils unzureichend und teils zu milde sein könnte.

Der Gesetzgeber hat bereits durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996, das Straf­rechts­änderungsgesetz 2001 und ganz besonders zuletzt durch das Strafrechtsän­derungsgesetz 2004 Maßnahmen gesetzt, um – auch in Umsetzung internationaler Rechtsakte – die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Minderjährigen verstärkt strafbar zu machen. Aber auch im Erwachsenenstrafrecht wurden – etwa durch die Abschaffung der Privilegierung der Vergewaltigung in der Ehe – Schritte zur Stärkung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts gesetzt.

Durch diese Gesetze wurde der Wille des Gesetzgebers nach einer verschärften strafrechtlichen Ahndung der Sexualdelikte deutlich gemacht. Diesem Anliegen wird jedoch von den Gerichten zuweilen nur unzureichend Rechnung getragen.

Das österreichische materielle Strafrecht sieht Mindeststrafen nur im Bereich der höhe­ren Strafrahmen vor; darunter wurde im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und eines weiten Strafzumessungsermessens bisher von Mindeststrafen abgesehen. Sollte jedoch ein Wertungswiderspruch zwischen Gesetzgeber und Judikatur hinsichtlich der Strenge bei der Beurteilung von Sexualdelikten feststellbar sein, müsste auch in Richtung der Einführung von Mindeststrafen im unteren Strafenspektrum nachgedacht werden.

Generell, aber besonders im Bereich der Sexualdelinquenz ist wegen des besonderen Schutzbedürfnisses von Kindern und Jugendlichen die Frage der Rückfallsvermeidung zu überlegen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu überlegen, gerade im Zusammenhang mit einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassungen Weisungen zu erteilen, die rückfallspräventiv wirken. Dadurch kann während der Probezeit positiv auf den Delinquenten Einfluss genommen werden, um einen Rückfall nach Möglichkeit zu vermeiden und der Viktimisierung weiterer Personen vorbeugend entgegen zu wirken. In diesem Sinn, und jedenfalls nicht nur als Maßnahme zur Reduktion der Häftlingszahlen, sind daher weitere Überlegungen zur Verbesserung der bedingten Entlassung anzustellen.

Um die Auswirkungen allfälliger Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen der bedingten Entlassung entsprechend evaluieren zu können, wäre, wie vom Regie­rungsübereinkommen vorgesehen, neben einer generellen Rückfallsstatistik die Schaffung einer speziellen, kriminalitätsbezogenen Rückfallsstatistik vonnöten.

Besonders erwähnenswert ist die durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2001 geschaf­­fene Regelung, dass mit einer Verurteilung wegen Missbrauchs des Autoritäts­verhältnisses (§ 212 StGB) unabhängig von der Höhe der im Einzelfall ausge­sprochenen Strafe der Amtsverlust verbunden und daher die Weiterbeschäftigung von Beamten in durch besondere Abhängigkeitsverhältnisse gekennzeichneten Bereichen vermieden werden kann.

In diesem Zusammenhang soll ferner die Diskussion über die Adäquanz der Straf­drohungen im Fall Kampusch erwähnt werden. Hier wurde der zur Verfügung stehende Strafrahmen vielfach als zu milde eingeschätzt. Neben anderen Erwägungen war dies


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 82

auch der Grund, weshalb im Regierungsübereinkommen eine verbesserte Ahndungs­möglichkeit einer lang andauernden Freiheitsentziehung oder Gewaltbeziehung durch einen neuen Strafschärfungstatbestand vorgesehen wurde, insbesondere wenn sich die Gewaltbeziehung über einen längeren Zeitraum erstreckt oder wenn die Umstände der Freiheitsentziehung oder Gewaltausübung besonders qualvoll sind und einem Martyrium gleichkommen.

Abschließend soll auch noch auf Diskussionen eingegangen werden, in denen zwischen Exekutive und Staatsanwaltschaften die Gründe für die beträchtliche Anzahl der Zurücklegung strafrechtlicher Anzeigen gesucht werden. Gerade in der Zeit unmittelbar vor dem Wirksamwerden der Strafverfahrensreform mit 1.1.2008 wäre es wichtig, die Gründe hiefür näher zu analysieren. Das Regierungsübereinkommen schlägt daher in diesem Sinn die Einführung einer Einstellungsstatistik vor.

Im Hinblick auf diese Überlegungen stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Frau Bundesministerin für Justiz wird ersucht, die Rechtsprechung im Bereich der Sexualdelikte einer eingehenden Evaluierung zu unterziehen und zwar

insbesondere die tatsächlich ausgemessenen Strafen unter Berücksichtigung der durch den Gesetzgeber vorgenommenen Verschärfung der Strafdrohungen;

die Frage der Entwicklung der Häufigkeit der bedingten Entlassungen von wegen Sexual­delikten verurteilten Straftätern unter besonderer Berücksichtigung der Rück­falls­häufigkeit.

Die Bundesministerin für Justiz wird ferner ersucht, die im Regierungsprogramm vorgesehene Einstellungsstatistik sowie die ebenfalls in Aussicht genommenen Rückfallsstatistiken rasch zu verwirklichen.

Die Frau Bundesministerin für Justiz wird schließlich ersucht, die im Regierungs­übereinkommen vorgesehene Strafschärfung für lang anhaltende und qualvolle Freiheitsbeschränkungen und Gewaltausübung rasch umzusetzen und dem Parlament ehestmöglich einen entsprechenden Gesetzesentwurf zukommen zu lassen.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. 5 Minuten maximale Redezeit. – Bitte.

 


15.09.25

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank und hier im Hohen Haus! Ich darf zuerst auch auf einen Entschließungsantrag, eingebracht von der ÖVP, eingehen, und zwar zur EU.

Ganz ehrlich, Herr Klubobmann Schüssel: Wenn man von der EU im Zusammenhang mit einer Sicherheitsdebatte spricht und es nicht einmal der Mühe wert findet, das Wort EURATOM auch nur zu erwähnen, frage ich mich schon, wie sehr Sie auf der Höhe der Zeit sind und auf der Höhe der Debatte stehen. Und wenn man dann noch dazu hergeht und den Nationalrat ersuchen lässt, eine Erklärung, die es noch gar nicht gibt, die Berliner Erklärung, die Sie angesprochen haben, die in Aussicht genommene Berliner Erklärung, aktiv zu unterstützen, dann ist das eine etwas ungewöhnliche


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 83

Vorgangsweise. Das ist das Verlangen, das Parlament möge einen Blanko-Scheck ausstellen für eine Erklärung, die es noch gar nicht gibt, und die soll dann aktiv verfolgt werden.

Wir würden vorschlagen – und ich darf dazu einen eigenen Entschließungsantrag der Grünen einbringen, den ich hier in den Kernpunkten erläutere –, dass man die Bundesregierung beauftragt, für diese Berliner Erklärung einige wichtige Elemente festzuhalten und darauf zu bestehen, dass die enthalten sein werden, nämlich dass man nicht nur sich selbst abfeiert in der Erklärung, sondern auch auf die Schwie­rigkeiten in der Europäischen Union eingeht und die Bürgerinnen und Bürger direkt anspricht und deutlich signalisiert, dass man sich bewusst ist, dass Veränderungen notwendig sind. Weiters, dass man einen Verfassungszusatz zu verankern versucht, mit dem insbesondere die Sozialunion gestärkt werden soll, und dass wir darauf bestehen, dass eine Regierungskonferenz zur Gesamtrevision des EURATOM-Vertrags anberaumt wird, damit es in Zukunft möglich ist, aus dem EURATOM-Vertrag auszusteigen, ohne deswegen aus der EU aussteigen zu müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, das wären zeitgemäße Forderungen zur Sicherheit der Europäischen Union.

Damit komme ich zum eigentlichen Thema Sicherheit. Es wurde heute schon mehr­fach die Sicherheit der Frauen angesprochen. An die Adresse der Abgeordneten Rosen­kranz kann ich nur sagen: Ich bin sicher, an der Gleichberechtigung der Frauen innerhalb der FPÖ – sie haben zwei weibliche Abgeordnete von 21 – oder an der Einkommensschere zwischen den Geschlechtern in Österreich sind sicher nicht einzelne Religionsgemeinschaften schuld. Was es bei der FPÖ ist, weiß ich nicht, aber ich fürchte, man nennt das patriarchales System.

Zur Sicherheit der Frauen, insbesondere auch zur Sicherheit von Mädchen, aber auch Buben vor sexuellem Missbrauch ist insbesondere wichtig – das an die Adresse auch meiner Vorrednerin –, dass man erst gar nicht in die Lage kommt, häufig genug die Täter – sollte es vereinzelt Täterinnen geben, auch jene – zu verurteilen, sondern dass man sehr viel früher anfangen muss als mit den Androhungen alleine im Straf­gesetzbuch. Es braucht einen Bewusstseinsprozess, damit nicht mehr etwa 30 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen zum Beispiel glauben, Vergewaltigung in der Ehe sei gar kein strafrechtliches Delikt.

Meine Frage ist jetzt aber in dieser Sicherheitsdebatte: Wer schützt denn zum Beispiel die Menschenrechte? Wer schützt unbegleitete minderjährige Jugendliche, die Asyl in Österreich beantragen, vor den Mühlen der Bürokratie des Fremdenrechtes?

Nehmen wir ein Beispiel: Es wurde ein 16-jähriger mongolischer Bursche mit seiner Pflegemutter, einer leiblichen Tante, und ihrem Kleinkind an der tschechischen Grenze aufgegriffen. Stellen Sie sich vor: Das Einzige, was dieser Bursch auf der Welt noch hat, sind seine Pflegemutter und dieses kleine Ersatzgeschwister, und er wird sofort von ihr getrennt, hat wochenlang keinen Kontakt zu ihr, ist in psychisch sehr schlimmer Verfassung – und es wird wochenlang darüber verhandelt, ob Österreich überhaupt zuständig ist für ihn; es gibt ein sogenanntes Konsultationsverfahren. Er sitzt einein­halb Monate in der Schubhaft, nur weil die Bürokratie sich nicht einigen kann, wer für ihn zuständig ist. Das ist sicher kein Umgang mit Menschen, mit Jugendlichen, die einen Sicherheitsaspekt verdienen. (Beifall bei den Grünen.)

Oder nehmen wir den angesprochenen Fall, von der ÖVP thematisiert, von Frauen, die von ihren Ehemännern, in diesem Fall zugewanderten Ehemännern, misshandelt oder geschlagen werden. Man hat sich großartig darüber mokiert, dass in Deutschland hier ein unsinniger Richterinnenspruch erfolgte – aber wie schaut es denn in Österreich


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aus? Wenn die Frau keine eigenständige Aufenthaltsgenehmigung hat, sondern an ihren Ehemann gebunden ist, ihr Aufenthalt in Österreich abhängig ist davon, dass sie bei diesem Ehemann bleibt, egal, wie er sie behandelt – wie schaut denn die Situation der Frau aus? – Sie zwingen sie mit Ihren Gesetzen, bei einem allfällig übergriffigen Mann zu bleiben oder auch nur eine zerrüttete Ehe nicht verlassen zu können, mit dem Fremdenrecht als Keule.

Und schließlich: Wer schützt eigentlich die Polizei davor, dass einzelne Polizistinnen oder Polizisten, die sich fehlverhalten, die Übergriffe setzen, die vielleicht bis zu Misshandlungen gegenüber Gefangenen, ob in der Schubhaft oder in der regulären Haft, gehen, den Ruf der Gesamtpolizei in Frage stellen und dazu führen, dass heute schon der Menschenrechtsbeirat die Frage stellt: die Polizei als Täter?

Ich glaube, wir brauchen strukturelle Reformen innerhalb der Polizei, damit mit Übergriffen endlich seriös umgegangen und Schluss gemacht wird und die Menschen­rechte für alle gesichert werden können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.15


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich gebe bekannt, dass der in den Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreichs Zukunft im europäischen Raum der Freiheit, der Sicher­heit und des Rechts auch schriftlich überreicht wurde, genügend unterstützt ist und daher mit in Verhandlung steht.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung vervielfältigen und verteilen. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Weinzinger, Lunacek, Freundinnen und Freunde betreffend Österreichs Zukunft im europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag betreffend „Die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich“

Die Mitverantwortung Österreichs für die Zukunft Europas und für die Verwirklichung der Idee seiner politischen Einheit ist untrennbar verbunden mit der Teilnahme an der Europäischen Integration. Durch die Erweiterungsschritte der Jahre 2004 und 2007 ist Österreich nicht mehr an der Außengrenze der Union, sondern hat seinen Platz in der Mitte Europas eingenommen. Eine gute wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den neuen Mitgliedsstaaten und eine positive Zukunftsperspektive für die Menschen in diesen Ländern sind die beste Grundlage zur Bekämpfung der in der gesamten Union verbreiteten Armut und der steigenden sozialen Ungleichheit. Die Erweiterung der Union hat sich schon jetzt in einem erkennbaren Rückgang der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität aus den beigetretenen Ländern ausgewirkt. Am 24. und 25. März 2007, fünfzig Jahre nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge, treffen einander die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Berlin, das lange ein Symbol für die schmerzliche Trennung Europas war und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zum Symbol für die Wiedervereinigung geworden ist.

In diesen Tagen soll daher auch die Weitsicht und der Mut derjenigen geehrt werden, die nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft den europäischen Einigungsprozess und damit eine Wende in der Geschichte unserer Länder eingeleitet


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 85

haben, darunter Jean Monnet, Robert Schuman, Konrad Adenauer und Alcide de Gasperi.

Auch wenn Österreich erst 1995 beigetreten ist, so hat die europäische Integration dennoch schon vorher zu einer guten Entwicklung in Österreich beigetragen, ebenso wie Österreich als Stätte des Dialogs zum Brückenbauer geworden ist zu den Menschen in den vor kurzem beigetretenen Staaten.

Mit der Erweiterung von zunächst sechs auf nunmehr 27 Staaten wurde die Wieder­vereinigung des Kontinents beinahe verwirklicht, der über Jahrhunderte durch Nationalismus, Kriege und den Geist der Herrschaft über andere Völker geteilt war. Viel zu lange schienen Kriege wie ein Schicksal Europas. Sie haben die Ausbreitung menschenverachtender totalitärer Regime gefördert, die Millionen von Menschen in Tod und Leid gestürzt haben. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus ist die Europäische Union für beinahe 500 Millionen Menschen ein Raum des Friedens, der Freiheit, der Sicherheit und der Herrschaft des Rechts als Grundlage für Wohlstand und für eine chancenreiche Zukunft geworden.

Das europäische Integrationsprojekt war und ist das Versprechen Europas, alle totalitären Herrschaftssysteme und Ideologien für alle Zeiten zu überwinden, ihren Anfängen zu wehren und den Nationalismus hinter sich zu lassen. In diesen Tagen wird daher auch der Mut und die Aufopferung derjenigen gewürdigt, die zum Zusam­menbruch des NS-Regimes, zum Ende der kommunistischen Herrschaft in ihren Ländern beigetragen haben. Wir gedenken auch all jener, die gegen die rechten Diktaturen in Spanien, Portugal und Griechenland Widerstand geleistet und ihre Länder so in die Demokratie und nach Europa zurückgeführt haben.

Die Europäische Union gründet als Wertegemeinschaft auf Demokratie, Freiheit und den unveräußerlichen Menschenrechten. Sie ist als Zusammenschluss aus freiem Willen der Völker getragen vom Geist der Versöhnung und der Solidarität. Heute ist die Europäische Union die Antwort auf die großen Herausforderungen des 21. Jahr­hunderts: die Globalisierung, die Bedrohungen unserer Sicherheit und die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

Angesichts globaler Herausforderungen braucht es ein handlungsfähiges Europa auf der Grundlage von regionaler und kultureller Vielfalt. Die verschiedenen Minderheiten in Europa sind ein wertvoller Teil dieser Vielfalt.

Als eine Union der Bürgerinnen und Bürger muss die größer gewordene EU in besonderer Weise auf die Balance bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben achten, einerseits das gemeinsame Interesse aller Mitgliedstaaten wirksam wahrzunehmen und andererseits nicht unnötig in das Eigenleben der Mitgliedstaaten und Regionen einzugreifen.

Der europäische Binnenmarkt als eine wichtige Grundlage von Wachstum und Beschäftigung,

die Weiterentwicklung des sozialen Zusammenhalts in Europa,

eine starke gemeinsame Währung als Grundlage der Stabilität,

der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts,

die nachhaltige Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen,

die Weiterentwicklung des europäischen Sozialmodells, der sozialen Marktwirtschaft und der europäischen Idee der sozialen Gerechtigkeit sowie der Gleichberechtigung der Frauen,

die Erfüllung des Friedensauftrags und der Rolle als Friedensstifter,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 86

der Beitrag zu einer nachhaltigen Verbesserung der Situation in Entwicklungsländern

leisten einen wichtigen Beitrag zu einer friedlichen und guten Zukunft Europas. Im Interesse der kommenden Generationen soll dieser Weg fortgesetzt werden.

In der erweiterten Union ist es eine besondere Herausforderung, eine europäische Demokratie, mit voller Legitimität und Handlungsfähigkeit ihrer Institutionen, zu en­twickeln. Außerdem brauchen wir einen Ausbau der Rechtsstaatlichkeit und die unbedingte Garantie der Grund- und Freiheitsrechte für alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union.

Die Beziehungen zu den Staaten Europas, die nicht Mitglieder der EU sind, sind im Geiste der Freundschaft und Partnerschaft zu entwickeln. Oberste Priorität der Erweiterung der Union sollte der Beitritt der Staaten Südosteuropas haben, um diese chronische Konfliktzone in eine europäische Friedensregion zu verwandeln.

50 Jahre erfolgreiche europäische Integration sind auch eine Verpflichtung, die europäische Idee für das 21. Jahrhundert zu erneuern und gegen das Europa des Nationalismus, des Strebens nach Vorherrschaft, des Balancedenkens zwischen den Großmächten, einen Raum des freien solidarischen und friedlichen Zusammenlebens auf der Basis der gemeinsamen Werte durchzusetzen. Viele wichtige Zukunfts­aufgaben sind nur in einer gemeinsamen Anstrengung der Völker und Nationen für ein handlungsfähiges Europa zu bewältigen. 

Die EU hat bei vielen internationalen Vereinbarungen zum Schutz der Umwelt, insbesondere denen zum Klimawandel, eine führende Rolle gespielt. Sie muss auch in Zukunft den Weg weisen und jene überzeugen, die noch zögern.

Es gilt, die Herausforderungen der Globalisierung im Sinne der Freiheit und der sozialen Verantwortung zu gestalten und die damit verbundenen Chancen zu nützen.

Die Europäische Union übernimmt ihre Verantwortung in der Welt als eine „Weltmacht des Friedens und der Menschenrechte“, die Union muss daher auch nach außen mit einer Stimme sprechen. Neue sicherheitspolitische Herausforderungen wie der inter­nationale Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen erfordern eine starke Union, die effektiv dem Frieden, der Freiheit und den Menschenrechten in der Welt dient. Die gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss daher ebenso konsequent weiterentwickelt werden wie das Engagement auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit.

Vieles, was vor 50 Jahren unvorstellbar war, ist heute selbstverständlich. Wenn es auch Rückschläge und Enttäuschungen gegeben hat, die Erfolge überwiegen bei weitem. Sie geben Mut für die Zukunft. Im Geist der Römischen Verträge können auch die noch vor uns liegenden Herausforderungen bewältigt werden. In diesem Geist soll Europa weiterarbeiten an der Vollendung der Einheit Europas, im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und für Frieden, Freiheit und Menschenrechte in der Welt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge ist Anlass, die Ent­wicklung der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsstaaten zu überdenken und festzustellen:

Die europäische Integration hat in diesen 50 Jahren Frieden, Sicherheit, Wohlstand und die Wiedervereinigung Europas gebracht. Die Europäische Union erfüllt heute eine


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weltweite Vorbildfunktion insbesondere in den Bereichen Menschenrechte und Demo­kratie.

Der Nationalrat beauftragt daher die Bundesregierung darauf zu bestehen,

1. dass sich die Berliner Erklärung unmittelbar an die europäischen Bürgerinnen und Bürger richtet,

2. dass die Berliner Erklärung nicht auf die Erwähnung der Errungenschaften der EU beschränkt bleibt, sondern auf die Vertrauenskrise, auf das Wiedererstarken des Nationalismus und die unerfüllten Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger, vor allem hinsichtlich der europäischen Demokratie, der sozialen Gerechtigkeit und der Grund- und Freiheitsrechte eingeht,

3. dass die zentralen Inhalte des Verfassungsvertrages, insbesondere der Teil I. die Grundrechtecharta und ihre Rechtsverbindlichkeit erhalten bleiben,

4. dass als Reaktion auf die negativen Referenden in Frankreich und den Niederlanden die Verfassung durch einen Verfassungszusatz verbessert wird, mit dem Ziel die europäische Demokratie auszubauen, Grundsteine einer europäischen Sozialunion zu legen, die Handlungsfähigkeit der Union und die Gemeinschaftsmethode zu stärken,

5. dass eine Regierungskonferenz zur Gesamtrevision des EURATOM-Vertrags einberufen wird, wo das Recht auf Ausstieg eines Mitgliedslandes, ohne Auswirkungen auf die EU-Mitgliedschaft, in den Verträgen verankert wird.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mayerhofer. Restredezeit und damit maximale Redezeit für Sie, Herr Abgeordneter: 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.15.59

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren Minister auf der Regierungsbank! Beunruhi­gende Zahlen in der Kriminalitätsstatistik sind Gegenstand dieser Sitzung. Diese Statistik fördert Tatsachen ans Licht, die in höchstem Maße für den steuerzahlenden Bürger beunruhigend sind: Steigerungsraten um 16,4 Prozent in Niederösterreich, Handlungsbedarf an allen Ecken und Enden, selbst in Wien auf höchstem Niveau eine Steigerung von 1,2 Prozent, dafür in Wien ein Sinken der Aufklärungsrate um 9,6 Prozent; das gibt auch zu denken.

Ich stelle hier jetzt sehr wohl einen Zusammenhang zu den aktuellen Ereignissen bei der Wiener Polizei her, zu der schlechten Stimmung, die damit verbunden ist. Die Enttäuschung der Beamten – vom eingeteilten Beamten bis zu den dienstführenden und teilweise auch leitenden Beamten – über ihre Vorgesetzten ist evident. Mich wun­dert nur, warum das alles so lange Zeit unter Duldung von ÖVP-Ministern geschehen hat können.

Wenn dem Landespolizeikommandanten Horngacher solches Verhalten vorgeworfen werden muss, dann ist das nicht deshalb, weil dieser Vorfall einmal passiert, auch nicht zwei Mal, sondern Medienberichte haben das ja schon, ich möchte fast sagen, vor zwei Jahren zu Tage gefördert – und das alles unter ÖVP-Ministern?! (Ruf bei der SPÖ: Vor vier Jahren!) Vor vier Jahren, danke!

Verwunderlich ist, dass die ÖVP-Minister da nicht eingeschritten sind. Da hegt man den Verdacht, dass sich da ÖVP-Minister – wie soll man sagen? – als Agent Provo­cateur verdingen und das zulassen bis zu einem gewissen Zeitpunkt, bis sie in die


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 88

Lage kommen, dass ihre Beamten, in eine Richtung schön schwarz gebürstet, dort an leitender und führender Stelle untergebracht werden können. Damit wird man die Kriminalitätsraten aber nicht absenken. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit wären wir bei einem anderen sehr problematischen Aspekt. Die Enttäuschung wird auch dadurch verstärkt, dass der kleine Beamte zum Beispiel alle Jahre einmal einen schriftlichen Nachweis unterfertigen muss, dass er nur Kleinstgeschenke entgegennehmen darf. Und dann muss er mit Erschrockenheit wahrnehmen, dass ein Verein eingerichtet wurde – „Freunde der Wiener Polizei“ heißt der, war auch kurz in den Medien –, wo auf ganz eigenartige Weise vereinsartig und organisiert die Geschenke eingesammelt und auch organisiert weitergegeben werden – aber nicht an irgendwelche Sozialfälle oder an Waisenkinder von Polizisten etwa, nein, sie werden in geordneten Bahnen weitergeleitet, zum Beispiel an den Herrn Horngacher. (Abg. Kößl: Das kannst du doch nicht tolerieren als Personalvertreter!) – Ja, Kollege, du hast es auch gewusst und hast auch dazu geschwiegen. Zumindest hast du deinem Minister nichts davon gesagt!

Das sind alles Tatsachen und Ungereimtheiten, die den Inspektor mit normalem Gerechtigkeitssinn – und davon gehe ich aus – wirklich missmutig werden lassen müssen.

Völlig unverständlich und hinterfragenswert erscheint mir auch die Tatsache und die Ungerechtigkeit dahin gehend, dass es trotz teils üppig bezahlten Führungspersonals bis dato nicht gelungen ist, dass man die Arbeitsbelastung in Österreich entsprechend anpasst. In Wien haben wir 36 Prozent der Kriminalfälle und müssen sie mit 23 Prozent des Personals bewältigen.

Ich fordere auch hier von dieser Stelle aus mehr Personal, das ist dringend geboten, und bringe deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosenkranz, Mayerhofer, Vilimsky und weiterer Abgeordneter betreffend Aufstockung des Personalstandes der Polizei

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, schnellstmöglich zum Schutze unserer Bürger die Anzahl der Planstellen für die österreichische Exekutive durch Verhandlungen mit den zuständigen Ressorts drastisch zu erhöhen.

*****

Im Übrigen will ich den österreichischen Polizeibeamten herzlichst danken, dass sie trotz solcher Bedingungen noch solche Leistungen zuwege bringen – trotz solcher leitenden Persönlichkeiten an der Spitze, die jetzt wochen- und monatelang in den Medien gestanden haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.21


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Mayerhofer eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 89

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosenkranz, Mayerhofer, Vilimsky und weiterer Abgeordneter betreffend Aufstockung des Personalstandes der Polizei

eingebracht im Zuge der Debatte zum Thema der Sondersitzung „Die Große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich“ in der 16. Sitzung des Nationalrates am 22. März 2007

Österreich hat ein Sicherheitsproblem. Die Kriminalität steigt, die Anzahl der Exekutiv­beamten sinkt.

Eine wichtige Aufgabe jedes Staates ist es, die Sicherheit seiner Bürger zu gewähr­leisten. Aber was tut man, wenn die Politik sich anders entschieden hat? Wenn Einsparungen wichtiger, das Auftreten im Ausland maßgeblicher und gewaltige Ausgaben im Rahmen der Europäischen Union fundamental von größerer Bedeutung sind? Die Wirkungen sind, so wie man das in der Finanzwelt gerne zum Ausdruck bringt, nachhaltig.

Alleine die Kriminalstatistik der Monate Jänner und Februar ist leider beeindruckend. Im Jänner 2007 konnten 51.895 angezeigte Fälle, das sind um 10,8 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2006, registriert werden. In Niederösterreich stieg die Anzahl um 23,6 Prozent, in Oberösterreich gar um 39,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Februar 2007 sieht alles gleich ganz anders aus. Nur 99.408 angezeigte Fälle und somit 8,5 Prozent Steigerung im Vergleich zu 2006.

Die Aufklärungsquote ist dafür gesunken.

Betrachtet man die Kriminalstatistik der letzten zehn Jahre so erkennt man gleich einen enormen Kriminalitätsanstieg. Für das Jahre 1998, das Jahr seit dem Österreich das Schengener Abkommen anwendet, kann man der Kriminalstatistik 479.859 angezeigte Fälle entnehmen. Im Jahre 2000 waren es ca. 520.000, im Jahre 2002 über 590.000, im Jahre 2004 mehr als 643.000 und 2006 wieder fast 590.000 angezeigte Fälle. Die Anzahl der fremden Tatverdächtigen im Verhältnis zur Gesamtsumme der Tatver­dächtigen wächst nach wie vor stetig. Organisierte Kriminalität aus dem Osten treiben ungeniert ihr Unwesen in Österreich. Der jährliche Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich, der Sicherheitsbericht 2005 besagt zum Beispiel, dass

Österreich auf Grund der Asylgesetze als beliebter Zufluchtsort für Straftäter aus Tschetschenien, Georgien und Weißrussland gilt. Österreich gilt auch als Sitz zum Planen und Steuern von Straftaten. Georgische Tätergruppen verüben hauptsächlich Einbruchsdiebstähle, moldawische Gruppen Auftragstaten wie Überfälle. Die Anwer­bung neuer Mitglieder erfolgt nach Eintreffen in der Asylunterkunft.

innerhalb der Zuwanderergemeinden in Österreich und Europa kriminelle Strukturen bestehen. In Österreich wurden so genannte Gebietsvertreter etabliert, welche aus den jeweiligen Herkunftsländern ihre Anordnungen entgegennehmen. Schwerpunkte der kriminellen ethnischen Gruppierungen sind die Eigentumskriminalität, Schlepperei, der Drogenschmuggel und Menschen- und Waffenhandel. Die Kriminalstatistik weist einen hohen Anteil an Straftätern aus Südosteuropa in nahezu allen Deliktsfeldern aus.

Rumänische und bulgarische Gruppierungen sich in Österreich vorwiegend auf Diebstähle und Einbruchsdiebstähle spezialisiert haben. Im Berichtsjahr stieg die Anzahl der minderjährigen Straftäter, die Hintermänner konnten noch nicht ausge-


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forscht werden. In Österreich wurden in den letzten Jahren verstärkt Frauen aus Rumänien und Bulgarien der illegalen Prostitution zugeführt.

den Mitgliedern der fünf in Italien registrierten kriminellen Vereinigungen nach Art der Mafia (Camorra, ´Ndrangheta, Sacra Corona Unita, Stidde-Gruppierungen, Cosa Nostra) Österreich unverändert als Rückzugsraum und Operationsbasis zur Abwick­lung strategischer Aktivitäten dient.

Die Haftanstalten sind überfüllt. Seit dem Jahr 2004 gibt es in Österreich mehr Häft­linge als Haftplätze. Für 8.639 Angehaltene gab es im Vorjahr und 8.612 Haftplätze. Das waren um 25,9 Prozent mehr Häftlinge als im Jahr 2000. Mit 1. Jänner 2007 befanden sich über 3.600 Ausländer in Haft, das sind ca. 42 Prozent.

Selbstverständlich ist die Exekutive grundsätzlich bereit, die Sicherheit der Öster­reicher zu gewährleisten. Doch sind die Rahmenvorgaben der Politik ein nicht unwesentliches Mosaiksteinchen für ein funktionierendes Gesamtbild. Die letzte Regierung hat alles dazu beigetragen, die Sicherheitskräfte personell und materiell auszuhungern. Aufgrund der zahlreichen Kürzungen, müssten die Beamten unter teilweise menschenunwürdigen Bedingungen extrem lang Dienst versehen.

In Hinblick auf eine drohende Schengenerweiterung, es sollen nun die zehn neuen EU-Mitgliedstaaten, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Zypern, Malta, und die drei baltischen Staaten, neue Schengen-Staaten werden, und der zur Zeit schon ohne Schengen-Erweiterung bestehenden Probleme mit den bereits vorhandenen Schengen-Staaten, vor allem in Bezug auf importierte Kriminalität und rechtswidrige Einreise, sowie die bevorstehenden Ausrichtung der Europameisterschaft 2008, ist es unabdingbar, unser Exekutive aufzustocken.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, schnellst möglich, zum Schutze unserer Bürger, die Anzahl der Planstellen für die österreichische Exekutive durch Verhandlungen mit den zuständigen Ressorts drastisch zu erhöhen.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; Restredezeit der Fraktion 9 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.21.23

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mit dem Abschluss des Regierungsübereinkommens, Herr Mayerhofer, hat in Österreich wieder eine sicherheitspolitische Wende eingesetzt. Erstmals seit dem Jahr 2000 erfolgt in den nächsten Jahren kein Stellenabbau bei der Exekutive mehr. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist ein deutliches Signal, dass es zu einer Wende im Sicherheitsbereich kommen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Für die neue Regierung ist es zentrale Aufgabe, die Freiheit und Sicherheit ihrer Bür­gerinnen und Bürger zu schützen und zur Erhaltung und Verbesserung des Sicherheitsstandards in unserem Land beizutragen, und dazu brauchen wir personelle


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Maßnahmen genauso wie eine Evaluierung der Organisationsstruktur in der Exekutive. Und genau das wird hier gemacht.

Sehr geehrte Damen und Herren, es wurde schon erwähnt, die Stellen der Exekutive werden nicht abgebaut, und es wird in dem Moment, wo unsere Nachbarstaaten die Schengen-Reife erhalten, zusätzliches Personal vorhanden sein, um hier vor Ort für die Kriminalitätsbekämpfung zu sorgen.

Ein Beispiel aus Innsbruck, sehr geehrter Herr Westenthaler, weil Sie gesagt haben, wir verschließen die Augen vor der Zunahme der Kriminalität, vor der Zunahme der Drogenkriminalität – das tun wir genau nicht! –: In Innsbruck hat es eine Petition gegeben aus den Umlandgemeinden in Bezug auf die Drogenkriminalität. Die Petition lautet: „Petition für rasche und wirksame Maßnahmen gegen die Drogenszene und für die Sicherheit in Innsbruck“.

Es heißt in dieser: „Seit geraumer Zeit sorgt eine Gruppe von Drogendealern in Innsbruck für Verunsicherung und Schlagzeilen. Nach Auskunft der Polizei handelt es sich dabei um etwa 70 Personen, die die ,Szene’ mit Rauschgift versorgen. Wenn sie von der Polizei angehalten werden, verschweigen sie häufig ihre Identität oder geben sich als Jugendliche aus, um der Strafe zu entgehen. Nicht selten sind sie auch in Gewalttätigkeiten verwickelt. Eine Abschiebung der Straftäter scheitert oft daran, dass ihre Heimatländer nicht mit den österreichischen Behörden kooperieren.“ – So die Anliegen dieser Petition.

Nun fordern die Petenten und Petentinnen, dass man entsprechende Maßnahmen setzt. Und jetzt sage ich Ihnen: Die Bundespolizeidirektion hat Maßnahmen gesetzt, und zwar hat sie zwei Schutzzonen eingeführt, nämlich im Bereich des Rapoldiparkes und im Bereich der König-Laurin-Allee. Das ist eine wichtige, notwendige Maßnahme, die am Montag nächster Woche mit dieser Verordnung gesetzt wird. Das ist nur ein Punkt.

Identitätsfeststellungen – auch das ist ein Problem, selbstverständlich wissen wir das. Hier wird in Zusammenarbeit mit dem Scheithauer-Institut, diesem Institut, das auch für die DNA-Analysen zuständig ist, selbstverständlich auf neuesten wissenschaftlichen Grundlagen dafür gesorgt, dass die Identitätsfeststellungen entsprechend gemacht werden können. – Das ist das eine.

Weiters wird selbstverständlich auch – auch das ist in dieser Verordnung verankert – dafür gesorgt, dass Überstunden gemacht und die Beamten entsprechend eingesetzt werden können und dass auch beobachtet wird, ob es eine Verlagerung dieser Kriminalität in andere Bereiche gibt, zum Beispiel, ob die Szene sich in Richtung Hauptbahnhof begibt.

Was wir oder was auch die Bevölkerung noch fordert, ist, dass entsprechende Abkom­men mit den Ländern, die nicht kooperieren – zum Beispiel wird im Zusammenhang mit der Nordafrikaner-Szene immer wieder Marokko genannt –, dass diese Rücknahme­übereinkommen geschlossen werden. Hier gibt es Verhandlungen auf bilateraler Ebene und auch auf europäischer Ebene. Daher, glaube ich, ist es auch notwendig, wichtig und richtig, dass Kollege Missethon mit Kollegem Einem diesen Entschlie­ßungsantrag für die gemeinsame Zusammenarbeit innerhalb der EU, dieses Raumes für Sicherheit und Frieden eingebracht hat, weil Maßnahmen über die Grenzen hinweg notwendig sind. Zum Beispiel Eurojust, Europol auszubauen ist etwas sehr Wichtiges, und das haben wir mit diesem Antrag auch unterstützt und bestätigt. – Herzlichen Dank und weiter so! (Beifall bei der SPÖ.)

15.26



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 92

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; das ist ebenfalls die Restredezeit der Fraktion. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.26.24

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Es geht um eine effi­ziente, glaubwürdige Sicherheitspolitik, die weit über den militärischen Bereich hinausgeht. Wir wissen, die klassische Landesverteidigung hat nicht mehr den Stellenwert der Vergangenheit. Im Vordergrund stehen die internationalen Herausfor­derungen, internationale Aufgaben, humanitäre Aktivitäten, ziviles, militärisches Krisen­management. Tausende von Soldatinnen und Soldaten sind seit Jahrzehnten im Dienste des Friedens weltweit unterwegs. Und daher kann ich nur davor warnen, das Bundesheer schlechtzureden, nur weil Sie vom BZÖ nicht mehr in der Bundes­regierung sind. (Abg. Scheibner: Was macht denn ihr? Ihr macht es nicht schlecht?!) Ich warne vor Panikmache, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind gut unterwegs mit dem österreichischen Bundesheer, wie insgesamt in der Sicherheitspolitik. Wir sind dabei, die Bundesheerreform umzusetzen, den Empfehlun­gen der sehr gut arbeitenden Bundesheerreformkommission Rechnung zu tragen.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, besteht auch breiter gesellschaftlicher Konsens, wenn es um die allgemeine Wehrpflicht geht. Die Bundesregierung bekennt sich dazu, dass die allgemeine Wehrpflicht aufrecht bleibt. Wir haben in der Ver­gangen­heit eine sehr gute Erfahrung damit gemacht, es waren Tausende von Soldatinnen und Soldaten rund um die Uhr im Dienste der Nächstenhilfe unterwegs, wenn es darum gegangen ist, bei Hochwasser, Überschwemmungen zu helfen. Diese Arbeit, diese wichtige Tätigkeit wäre mit einem reinen Berufsheer schon alleine von den finanziellen Gegebenheiten her nicht zu leisten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren vom BZÖ! Wenn Sie sich plötzlich besorgt zeigen über steigende Kriminalität und sinkende Aufklärungsraten und von einem wachsenden Unsicherheitsgefühl sprechen: Ja – Kollege Scheibner hat es heute schon erwähnt –, das ist die Sicherheitspolitik der vergangenen Jahre, die Sie mit zu verantworten haben, wofür gerade Sie als Minister dieser Regierung Hauptverantwortung tragen.

Wenn die Vorfälle im Wiener Polizeiapparat angesprochen werden, dann ist hier nichts schönzureden. Hier sind die Gerichte am Zug, sie haben mit aller Härte und Gerechtigkeit hier vorzugehen. Aber man soll hier nicht unerwähnt lassen – hier bin ich bei Ihnen, Herr Bundesminister Platter –, es handelt sich hier um Einzelfälle. Tausende von Polizistinnen und Polizisten sind im Dienste der Sicherheit in Wien und österreichweit unterwegs, und denen ist für ihre erfolgreiche Arbeit zu danken, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Aber man soll im Zusammenhang mit der Unruhe und der Verunsicherung in der Wiener Polizei nicht vergessen, dass die umstrittene Polizeireform des ehemaligen Ministers Dr. Strasser mit ein Grund ist (Abg. Dr. Brinek: Nein, nein, das hat damit überhaupt nichts zu tun!), der gut funktionierende Strukturen der Wiener Polizei zerstört hat, meine Damen und Herren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Strasser hat geradezu fahrlässig kompetente, erfahrene Sicherheitsexperten, die weltweit Anerkennung finden, ins Abseits gestellt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 93

Das ist der Ursprung allen Übels, dass es diese Feindschaften im Bereich der Wiener Exekutive gibt. Umso erfreulicher ist es, dass die Wiener Polizei – das zeigen die Ergebnisse März 2007 – mit sinkender Kriminalstatistik und steigender Aufklärungsrate so erfolgreich unterwegs ist.

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger (das Glockenzeichen gebend): Schlusssatz bitte, Herr Kollege!

 


Abgeordneter Anton Gaál (fortsetzend): Es ist Zeit, der Wiener Polizei gegenüber unseren Dank auszusprechen, und wir haben die personellen Ressourcen und die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Arbeit im Interesse und zum Wohle der Sicherheit Wiens und Österreichs auch leisten kann. (Beifall bei der SPÖ.)

15.30


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Ing.  Westenthaler. Restredezeit: 1 Minute. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.31.07

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Der Ordnungsrufkaiser Jarolim hat mir zwei Fälle vorgeworfen, in denen die Staatsanwaltschaft ermittelt hat. Ich stelle nur der Richtigkeit halber fest: Beide Fälle sind eingestellt; einmal handelt es sich um eine Anzeige der Grünen, und zwar des Abgeordneten Kogler, in der Causa Flöttl. Beide Male wurde eingestellt, denn wo nichts war, kann nichts sein.

Aber Herr Kollege Jarolim hat noch etwas gesagt, und das ist schon sehr ernst, das darf man nicht vergessen. Er geht hier heraus und sagt: Eine Fraktion – in Bausch und Bogen – ist eine Belästigung für das Parlament. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das ist das Demokratieverständnis der SPÖ und des Justizsprechers der SPÖ: Eine demokratisch gewählte Partei ist eine „Belästigung“ für das Parlament.

Ich weiß, wie Sie das gemeint haben, und ich verspreche Ihnen, Herr Kollege Jarolim und auch Herr Kollege Cap, der Sie immer den Parlamentarismus so hochhalten: Wenn das so gemeint war, wie Herr Kollege Jarolim es gesagt hat, dann ist das inakzeptabel, und ich erwarte mir dazu auch eine Stellungnahme von Ihnen. Wenn es politisch gemeint war – was Sie vielleicht auch behaupten werden –, dann verspreche ich Ihnen eines: Wir werden noch viel lästiger werden! Immer dann, wenn es um den Kampf gegen die Kriminalität und zum Schutz der Menschen geht, werden wir lästig sein, ob es Ihnen passt oder nicht.

Demokratiepolitisch ist das nicht zu akzeptieren, was Jarolim hier gesagt hat. (Beifall beim BZÖ.)

15.32


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte alle Damen und Herren, Platz zu nehmen, denn wir kommen zu einer Reihe von Abstimmungen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Selbständigen Entschließungs­antrag 162/A(E) der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Sexualstraftäterdatei und eines Datenverbundes zum Kinderschutz.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 94

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Schüssel, Dr. Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend sichere Zukunft für Österreich in der Europäischen Union.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen. (E 12.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Nichtzustimmung zur Schengen-Erweiterung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 95

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Justizanstalten bei steigender Kriminalität.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame Maßnahmen zum Schutz gegen Kinderschänder und Sexualstraftäter.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sichere Verwah­rung und rasche Abschiebung von straffälligen Asylwerbern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mindeststrafen bei Kinder­pornographie und sexuellem Missbrauch von Kindern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz einer ungestörten EURO 2008.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Fekter, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verbesserung des Sanktionensystems, insbesondere im Bereich der Sexualdelikte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen. (E 13.)

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreichs Zukunft im europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung des Personal­standes der Polizei.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

15.36.37Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 130/AB

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nunmehr zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Inneres mit der Ordnungs­zahl 130/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass eine Verlesung durch den Schriftführer nicht notwendig ist.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nunmehr Herrn Abgeordneten Weinzinger als Antragsteller des Verlan­gens die Debatte zu eröffnen. Redezeit: 10 Minuten. – Sie sind am Wort.

 


15.37.22

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die FPÖ-Abgeordneten aus Oberösterreich, unterstützt vom freiheitlichen Nationalratsklub, haben eine Anfrage bezüglich des Erstaufnahme­zentrums Thalham gestellt. Ich kann mir vorstellen, dass vielen jener Damen und Herren, die nicht aus Oberösterreich stammen, Thalham natürlich kein Begriff ist, dass sie nicht wissen, dass diese kleine Ortschaft ein Teil der Gemeinde St. Georgen im Attergau ist, Teil einer ausgesprochenen Fremdenverkehrsgemeinde.

Sehr schön gelegen, am Attersee, wunderbar, dort bauen wir ein Erstaufnahme­zentrum für Asylanten. (Abg. Ing. Westenthaler: Auf dem See nicht! Neben dem See!) Wir haben es nicht gebaut, Sie haben Recht, sondern dort war vorher schon eine Flüchtlingsunterkunft, ein Asylantenheim, und es wurde eben ein Erstaufnahme­zentrum daraus.

Schon allein die erste Antwort ist erstaunlich. Die Anfrage lautete:  „Teilt das Innen­ministerium die Ansicht von Alois Lißl, Sicherheitsdirektor von Oberösterreich, dass es durch das EAZ Thalham im Ort St. Georgen keine erhöhte Kriminalität gäbe?“ – Der Herr Bundesminister beziehungsweise seine Mitarbeiter sagen ja, diese Meinung teilen sie.

Er gibt dann auf Grund der zweiten Frage eine Statistik heraus, wie viele Diebstähle durch Einbruch oder mit Waffen im Jahre 2003 in der Gemeinde St. Georgen – das ist eine sehr kleine Gemeinde – stattgefunden haben. Es waren 59, und im Jahre 2004 waren es 87.


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Angefragt wurde auch, wie viele Ladendiebe in dieser kleinen Gemeinde aufgegriffen wurden; jeden Ladendieb erwischt man ja bekanntlich nicht. – Es waren im Jahre 2003 18, und im Jahre 2004 waren es weit über 100.

Meine Damen und Herren! Ich frage mich manchmal, wenn ich die Antworten auf diese unsere Anfrage lese, ob ich in der falschen Gegend war. Ich war dort, ich habe mit den Bewohnern gesprochen: Sie finden es unerträglich!

In der Antwort auf unsere Anfrage heißt es: Dort ist alles in Ordnung, dort passt alles, dort stimmt alles, da passiert nichts. – Wir brauchen zwar 39 und mehr ehemals Gendarmerie-, jetzt Polizeibeamte, die dort für Recht und Ordnung sorgen, aber es ist grundsätzlich alles in Ordnung. – Eine Gemeinde mit weniger als 2 000 Einwohnern braucht 39 Beamte aus dem Sicherheitsbereich, damit alles in Ordnung ist!

Meine Damen und Herren, dort ist gar nichts in Ordnung, dort ist überhaupt nichts in Ordnung! Dort stehen und lungern jene herum, die illegal in dieses Land gekommen sind. Machen wir uns doch nichts vor, auch wenn wir Gutmenschen sein wollen! Machen wir uns doch nicht vor, dass von 100 Asylanten 99, wenn nicht sogar alle 100, zu uns kommen, weil sie in ihrer Heimat auf Grund ihrer Rasse, auf Grund ihrer Religion, auf Grund ihrer politischen Anschauungen verfolgt werden! Sie kommen zu uns, weil sie es sich bei uns besser machen wollen. – Gut, sage ich, ist in Ordnung. Es sind auch viele Österreicher nach Kanada und nach Australien ausgewandert, damit sie es sich besser machen, aber die haben das Einwandern in da jeweilige Land beantragt, und es wurde genau überprüft: Bringen sie die Voraussetzungen mit, können sie unsere Sprache, passen sie sich unserer Kultur an und sind sie für uns vonnöten?

Bei uns geht man über die Grenze, wirft die Ausweise weg und sagt: Ich möchte es bei euch besser haben als anderswo! – Man überschreitet die Grenze mit einer illegalen Tat. Man ist also bereit, den Pfad des Rechtes schon mit dem Beginn seiner Karriere in Österreich zu verlassen. Und diese Menschen sitzen dann alle in diesem Erstauf­nahme­zentrum. – Das kann keine Lösung sein!

Natürlich gehen sie in die Kriminalität über. Was haben wir heute in der Debatte vorhin gehört? Jeder zweite Asylwerber wird straffällig. Meine Damen und Herren, da muss man sich überlegen, wie man das ändern kann. Das kann es doch nicht sein, das kann nicht die Lösung sein. Es kann nicht die Lösung sein, dass wir sagen, wir sind offen für alle. Wenn wir die Armen der ganzen Welt bei uns aufnehmen, dann sind wir innerhalb kürzester Zeit selbst arm; klarerweise, das geht einfach nicht. Und vor allem geht es nicht, dass wir jene aufnehmen oder jenen die Möglichkeit, zu uns zu kommen, so erleichtern, ja geradezu anbieten, die bereit sind, den Pfad des Rechtes zu verlassen.

Ich will jetzt nichts gegen die Tschetschenen sagen, aber es muss doch einen Grund haben, warum sich die Leute vor den Tschetschenen fürchten, und es muss auch einen Grund haben, dass es sich bei jeder dritten oder vierten Meldung über einen Asylwerber, der straffällig geworden ist, um einen Tschetschenen handelt. – Das muss doch einen Grund haben!

Wenn wir das machen, was wir in einem Entschließungsantrag, den wir bereits einge­bracht haben, fordern, wenn wir diese Aufnahmezentren nicht in bewohnten Gegen­den, nicht in den besten Gegenden, nicht mitten im Siedlungsgebiet errichten, sondern wenn wir solche Aufnahmezentren in Form einer Anhalteorganisation, wie es ja auch in Tirol diskutiert wird – selbst von nicht der FPÖ nahestehenden Politikern, obwohl es andiskutiert wurde von unserer Seite –, wenn wir einmal über unseren Schatten springen – wir sind ein gutmütiges Völkchen, das steht nun einmal fest –, müssen wir feststellen: Leute, so geht es nicht mehr! Im Burgenland direkt an der Grenze, weit weg von irgendwelchen Ortschaften, von irgendwelchen Städten, in Tirol oder sonst wo


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sollte es ein, wie man es heute nennt, Erstaufnahmezentrum geben, wo es heißt: Junger Mann/junge Frau, wenn du zu uns kommst, verlässt du uns erst, wenn dein Asylantrag, dein Asylansuchen untersucht und entschieden ist. Wenn feststeht, jawohl, du bis Asylant, zu Recht, du wirst zu Hause verfolgt, nehmen wir dich auf! Wenn du kein Asylant bist, nicht verfolgt wirst, wenn du mit einer illegalen Tat dieses Land betreten hast, deine Identität nicht preisgegeben hast, kommst du nicht in unser Land! – Das wäre eine Möglichkeit.

Die Dänen machen es uns vor, die Schweizer machen es uns vor. Seien wir nicht besser als die Dänen und die Schweizer, seien wir nicht schlechter als die Dänen und die Schweizer – denken wir zuerst an unsere eigene Bevölkerung! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

15.45


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Platter. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


15.46.01

Bundesminister für Inneres Günther Platter: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Zum Ersten: Man muss klar unterscheiden zwischen Asyl und Zuwan­derung. Man muss das so sehen, dass Zuwanderung eine Möglichkeit ist, die wir selbst entscheiden im Rahmen des Arbeitsmarktes und der Notwendigkeit, die gegeben ist, aber Asyl ist auch ein Recht. Das heißt, es ist so, dass Österreich immer schon jenen Hilfe und Unterstützung gegeben hat, die das gebraucht haben. – Das muss man in aller Deutlichkeit sagen. Deshalb muss ein Verfahren durchgeführt werden; bevor ein Verfahren durchgeführt wird, ist ein Zulassungsverfahren notwendig, und für dieses Zulassungsverfahren sind die Erstaufnahmestellen installiert worden, einerseits in Traiskirchen und zum anderen in Thalham.

Ich möchte das schon ganz klar sagen: Innerhalb von 20 Tagen, spätestens in 20 Tagen ist dieses Zulassungsverfahren abzuschließen. Das heißt, das geht nicht –wie Sie hier behauptet haben – unglaublich in die Länge, sondern innerhalb von 20 Tagen ist das Zulassungsverfahren abzuschließen.

Ich möchte Sie über den momentanen Stand informieren. In Traiskirchen hatten wir in den 80-er, 89-erJahren 3 500 Personen. Im Jänner 2006 waren es noch 1 551, und jetzt haben wir 556. Das heißt, die Situation in Traiskirchen wurde sehr entschärft. In Thalham hatten wir im Dezember 2005 261, und derzeit, am heutigen Tag, haben wir 147 Personen in dieser Erstanhaltestelle.

Ich habe mir selbst ein Bild gemacht, und ich habe bereits eine Besprechung durch­geführt mit den politisch Verantwortlichen. Ich habe am 14. März in Oberösterreich den Bürgermeister, die Gemeindemandatare eingeladen, alle politischen Parteienvertreter waren anwesend, die Interesse daran gehabt haben, Sicherheitsdirektor, Landes­polizei­kommandanten, Bezirkshauptmann, die wirklich Zuständigen der Polizei. So waren wir ein großes Gremium, denn ich wollte diskutieren: Wo liegen die Probleme?, Was können wir tun?, weil es mir wichtig ist, alle Maßnahmen zu ergreifen, damit eine Beruhigung in der Bevölkerung gegeben ist.

Ich möchte Ihnen folgende Information geben, was die Kriminalitätsentwicklung betrifft und das, was Sie hier jetzt gesagt haben: Ziehen Sie zum Vergleich die anderen Regionen in Oberösterreich heran, dann werden Sie feststellen, dass diese Region St. Georgen im Schnitt liegt und keinen höheren Kriminalitätsanfall aufweist als andere Regionen.


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Zum Zweiten habe ich folgende Maßnahmen gesetzt: Wir haben eine Personal­aufstockung vorgenommen; es wurde von 12 auf 40 Beamte aufgestockt. Die zweite Maßnahme habe ich bereits zugesagt. Wir haben im Vorfeld mit Abgeordneter Fekter geredet und bestimmte Punkte durchgesprochen; es war letztlich ihr Anliegen, dass es zu dieser Besprechung gekommen ist. – Recht herzlichen Dank dafür.

Wir haben derzeit in St. Georgen zwei Polizeiinspektionen. Diese zwei Polizeiinspek­tionen werden zusammengeführt, und wir werden diese Polizeiinspektion in der Nähe der Anhaltestelle installieren, neu bauen. Der Umsetzungsauftrag von mir wurde bereits erteilt, das heißt, das wird umgesetzt. Das ist ein großes Anliegen des Bürger­meisters, ein großes Anliegen der Gemeinderäte. Das ist zugesagt.

Was die Sicherheitsmaßnahmen betrifft, so habe ich am 6. März den Erlass präzisiert, dass die Koordinationsgespräche 14-tägig durchgeführt werden, mit Bürgermeistern, mit dem Bezirkshauptmann, mit European Home Care und NGOs, damit das alles besprochen wird. Ich möchte nämlich ganz genau reagieren, wenn es irgendwelche Probleme gibt. Auch die Hausordnung wurde entsprechend adaptiert, und es werden unangemeldete Kontrollen durchgeführt.

Darüber hinaus haben wir – das war auch ein großes Anliegen des Bürgermeisters und der Gemeinderäte, die dort anwesend waren – einen Ansprechpartner im Ministerium bekannt gegeben, damit die Maßnahmen flexibel ergriffen werden können.

Zu diesem heute hier gestellten Verlangen auf Besprechung dieser Anfrage­beant­wortung möchte ich sagen: Ich freue mich, all diese Maßnahmen – eben auf Grund der Gespräche, die in diesem Zusammenhang geführt wurden – hier ankün­digen zu können.

Ich bin der Überzeugung, dass wir damit auf einem ausgezeichneten Weg sind. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.50


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt gemäß der Geschäftsordnung 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.

 


15.50.59

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Ich habe mir diese Anfragebeantwortung genau angesehen. Ich glaube, dass die Antworten sehr schlüssig sind – und vor allem finde ich die Ergänzung, die Herr Bundesminister Platter jetzt gebracht hat, sehr positiv. Es zeigt sich, dass man ein Erstaufnahmezentrum nicht einfach nur errichten und dann sich selbst überlassen kann, sondern dass es da natürlich auch Begleitmaßnahmen geben muss.

Die Statistik, die in der Anfragebeantwortung enthalten ist, zeigt ja, dass die Maß­nahmen, die getroffen wurden, tatsächlich gegriffen haben. Bei der einen Ausnahme in Bezug auf den einen Fall vom November 2006, wo es um einen speziellen Fall geht, ist es so, dass man den natürlich behandeln muss. Klar ist: Wenn Delikte gesetzt werden, müssen die Täter bestraft werden, und zwar gleichgültig, ob die Täter Österreicher sind, Asylwerber sind oder wer immer. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sicherheit ist zweifellos ein ganz wesentlicher Aspekt, aber ich halte es schon für sehr, sehr bedenklich, wenn man versucht, alle Asylwerber quasi in einen Topf zu werfen. Wenn Sie hier sagen, dass 100 Prozent der Asylwerber straffällig würden, schießen Sie damit wirklich über das Ziel hinaus. (Abg. Lutz Weinzinger: Habe ich nie gesagt!)


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Es wäre unseriös, zu bestreiten, dass es immer wieder Probleme gibt, dass es Asyl­werber gibt, die straffällig werden – es wurde ja heute im Zuge des Dringlichen Antra­ges auch über diese Dinge gesprochen –, aber es ist sicherlich nicht so, dass jeder zweite Asylwerber straffällig wird. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) – Sie spielen da einfach mit der Angst der Menschen und versuchen, bei diesen ein Gefühl von Unsicherheit zu erzeugen, anstatt mitzutun bei dem, was von dieser neuen Bundes­regierung gemacht wird, nämlich Maßnahmen zu setzen, mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten, um gemeinsam Lösungen zu finden und natürlich auch Problem­lösungen ehrlich anzugehen.

Ich finde es übrigens nicht gut, wenn in dieser Anfragebeantwortung steht, dass es in diesem Aufnahmezentrum keine Deutschkurse gibt, weil der Aufenthalt zu kurz sei. – Ich meine, auch bei einem sehr kurzen Aufenthalt wäre es gut, Deutschkurse abzu­halten – und ich möchte das als Anregung hier deponieren, dass das geschehen sollte, auch wenn jemand nur 20 Tage in dieser Einrichtung ist. (Abg. Dr. Fekter: Die gibt es eh in der Bundesbetreuung!) – Es ist auf jeden Fall sinnvoll, das von Anfang an zu machen, und zwar je früher, desto besser. Ich glaube, darüber sind wir uns an sich einig.

Die Frage Asyl ist eine, die uns schon lange beschäftigt – und uns sicherlich auch weiterhin beschäftigen wird. Wichtig ist jedenfalls ein ganzes Paket von Maßnahmen: rasche und menschenrechtskonforme Verfahren, eine menschenwürdige Unterkunft bis zur Entscheidung. Und dann, wenn jemand kein Asyl bekommen kann, muss es eben – wie auch schon in der vorhergehenden Debatte gesagt wurde – Rücknahme-Übereinkommen geben. Es kann ja nicht die Lösung sein, dass dann jemand trotzdem zeitlich unbeschränkt in Österreich bleiben kann.

Allerdings: Wer Asyl bekommt, wer das Recht auf Aufenthalt in unserem Land hat, der muss so schnell wie möglich integriert werden. Da sind Maßnahmen gefordert, ja da sind wir alle gefordert. Ich denke, dass das eine Aufgabe ist, der wir uns in Zukunft noch verstärkt werden widmen müssen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.55


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Gleiche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.55.14

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht überhaupt nicht darum, irgendwelche Missstände, Ängste oder Prob­leme im Erstaufnahmezentrum Thalham in irgendeiner Weise herunterzureden oder zu verharmlosen – und das schon gar nicht, wenn es um kriminelle Taten oder straf­rechtlich relevante Fakten geht. Nichts liegt uns ferner!, und ich möchte das ausdrücklich festhalten. Aber Sie wissen doch auch, wenn Sie dort die Situation beobachten, Herr Kollege Weinzinger, dass sich die Regierung sowie die regionalen und örtlichen Behörden intensiv darum bemühen, Probleme, die es dort gibt, zu lösen; selbtsverständlich auch mit aller notwendigen Härte und Konsequenz.

Wir wissen, natürlich gibt es Ängste und Klagen in der Bevölkerung – als Oberöster­reicher weiß ich das sehr wohl –, aber sowohl das Innenministerium als auch die Sicherheitsbehörden, die oberösterreichische Landesregierung und die Gemeinde­vertretung stellen sich diesen Problemen und haben umfassende Gegenmaßnahmen ausgearbeitet.

Herr Bundesminister Platter hat das hier auch ganz klar dargestellt. Und Herr Bundesminister Platter hat sich vor Ort mit den Betroffenen, auch mit den Behörden-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 100

und Gemeindevertretern mit diesen Problemen vertraut gemacht und sich diesen gestellt.

Ziel dieses Maßnahmenpaketes ist es jedenfalls, auch den Asylwerbern klar und deutlich zu vermitteln, dass es Regeln gibt, die eingehalten werden müssen – und dass bei Nichteinhaltung dieser Regeln konsequente Sanktionen folgen: sei es etwa eine Reduktion des Taschengeldes, sei es eine Verlegung in ein anderes Erstaufnahme­lager oder die Entlassung aus der Grundversorgung. Sanktionen gegen solche Über­tre­tungen werden jedenfalls konsequent erfolgen. Und für alle Asylwerber gibt es so auch eine ganz deutliche Signalwirkung: Wer Probleme macht, wird mit harten, weil notwendigen Konsequenzen zu rechnen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin aber auch überzeugt davon, meine Damen und Herren, dass die umfangreichen sicherheitspolizeilichen Maßnahmen, dass das Streetworker-Projekt der NGOs und der Caritas sowie die vom Bundesministerium für Inneres durchgeführten Maßnahmen und insbesondere auch der konsequente Vollzug dieser Maßnahmen zu einer weiteren Verbesserung der Situation führen werden.

Wir stellen uns aber, Herr Kollege Weinzinger – und das möchte ich hier ganz klar sagen –, auch entschieden gegen eine politische Strategie, mit der versucht wird, diese Probleme aufzublasen, damit Stimmung gegen die Asylanten sowie gegen das dortige Erstaufnahmezentrum zu machen. Das ist billiger und vordergründiger Populis­mus, mit dem doch nur versucht wird, Ressentiments und Vorurteile in der Bevölkerung zu schüren, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger.) Mit diesem Schüren von Ressentiments und Vorurteilen wollen Sie parteipolitisches Kleingeld wechseln und von Ihren innerparteilichen Problemen ablenken! – Dafür stehen wir von der ÖVP sicherlich nicht zu Verfügung! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen bestehende Probleme gemeinsam lösen: mit den regionalen Behörden, mit der Polizei, mit der Verwaltung des Aufnahmezentrums und mit der Gemeinde St. Georgen. Wir wollen zu Lösungen kommen, die von allen akzeptiert und getragen werden können!

In diesem Zusammenhang möchte ich meinen Respekt und meine Achtung gegenüber der Haltung insbesondere auch des Herrn Bürgermeisters Wilhelm Auzinger aus­sprechen, der sich nicht zu billigen populistischen Aussagen und Aktionen hat hinreißen lassen und sich einer vordergründigen politischen Stimmungsmache widersetzt hat. Solche Versuche gab es ja: von anderen Parteien – und auch von Ihnen. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Solche Amtsträger, solche Bürgermeister verdienen jedenfalls unseren Respekt und unsere Anerkennung. (Beifall bei der ÖVP.)

15.59


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


16.00.02

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Bundesminister, bei einer solchen Anfrage, die die Freiheitlichen an Sie gestellt haben – da gehe ich jetzt noch gar nicht auf die Probleme ein, die wir beide haben –, muss man, wenn man die Anfragebeantwortung anschaut, ostösterreichisch sagen, das ist ein Rohrkrepierer. Die Freiheitlichen stellen eine Anfrage, die impliziert, dass die Kriminalitätsentwicklung rund um Thalham steigt – Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung jedoch geschrieben, dass sich zeigt, dass sie sinkt. Also: Ziel verfehlt. Mein Gott, ja. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 101

Meine Damen und Herren, abgesehen vom Inhalt der Anfrage beziehe ich mich jetzt auf die Rede von Herrn Weinzinger. Herr Weinzinger verwechselt Erstaufnahmestellen im Sinne des Asylgesetzes 2005 mit dem, was der Landeshauptmann von Tirol in seinen Internierungslager-Phantasien vorgebracht hat. Erstaufnahmestellen sind aber etwas ganz anderes.

Ich kann mich nur auf die Zahlen beziehen, die sich aus der Anfrage ergeben: 150 Menschen sind dort – Sie, Herr Bundesminister, haben das ohnehin in Ihrer Stellungnahme gesagt, das brauche ich nicht zu wiederholen (Bundesminister Platter: 147!) –, also 147. Dabei handelt es sind fast ausschließlich um Familien, einige Einzelpersonen sind dabei. Die durchschnittliche Verweildauer ist ja auch von Ihnen genannt worden.

Ich sehe diese aufgeschaukelte Hysterie – von Einzelnen instrumentalisiert – rund um die Erstaufnahmestelle Thalham keinesfalls als Beispiel für verfehlte Asylpolitik in Österreich an. Diese Beispiele finden wir ganz woanders, nämlich dort, wo Menschen nicht in Erstaufnahmestellen, sondern in Quartieren, vulgo Lager, jahrelang auf den Ausgang ihres Verfahrens warten!

Herr Bundesminister, das beschäftigt uns am meisten: Allein beim UBAS, Unab­hängigen Bundesasylsenat, liegen rund 7 500 Fälle im Schnitt länger als drei bis vier Jahre. 7 500 Causen, die seit drei bis vier Jahren auf eine Entscheidung warten! Dabei geht es um Asylwerber im Zustand völliger Unwissenheit über den Ausgang ihres Verfahrens. Es gibt jetzt in der österreichischen Öffentlichkeit prominente und berichtete Beispiele von Personen, die in drei bis vier Jahren perfekte Integration hinlegen, nach all den Kriterien, die von Ihnen, auch von uns und von vielen anderen verlangt werden – Deutsch lernen; arbeiten wollen; sogar Arbeitsplätze haben, sie dürfen nur nicht arbeiten; die österreichischen Sitten und Gebräuche kennenlernen, zum Teil auch ihre eigenen ablegen, das sei ja jedem Einzelnen unbenommen.

Diese Menschen sind in einem völlig rechtlosen Zustand, weil sie noch nicht einmal eine Antwort darauf haben, wie ihr Asylverfahren abgewickelt wird, ob positiv oder negativ – und das über Jahre!

Wir sind von dem Ziel, das Strasser, dann Prokop und jetzt Sie immer wieder formuliert haben und formulieren, nämlich schnellere und damit auch rechtsstaatskonforme Asylverfahren zu haben, so weit entfernt wie noch nie, auch wenn Sie die Öffentlichkeit glauben machen wollten, dass sich da etwas geändert hat. Denn im ersten Jahr der Gültigkeit des Fremdenrechtspakets hat sich ja der Rückstau beim UBAS noch erhöht! Keine Rede von einem Abbau! Am 1. Jänner 2006 waren es 28 300 Fälle, jetzt sind es weit über 29 000 Fälle, die dort liegen.

Ich bin diesbezüglich, Herr Bundesminister, ziemlich ratlos; ratlos, wenn Menschen auf uns zukommen und fragen, was da los ist. Was ist los mit Asylwerbern in Österreich, die Deutsch lernen sollen, nicht arbeiten dürfen, als kriminell verunglimpft werden, ständig als arbeitsscheu diskreditiert werden von einzelnen Politikern und einzelnen Fraktionen – und es ändert sich nichts?! (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek gibt das Glockenzeichen.)

Insofern – das ist der Schlusssatz, Frau Präsidentin – bin ich Herrn Weinzinger dankbar dafür, dass er diese Rohrkrepierer-Anfrage heute trotzdem zur Diskussion gebracht hat, weil uns das Gelegenheit bietet, Sie auf die wahren Probleme hinzu­weisen. (Beifall bei den Grünen.)

16.05



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 102

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeord­netem Dr. Fichtenbauer das Wort. – Bitte.

 


16.05.40

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Anfrage von Lutz Weinzinger war bei Gott kein Rohrkrepierer, denn es kann kein Rohrkrepierer sein, wenn man ein ernstes Anliegen ernsthaft debattiert. Dazu würde freilich gehören, dass nicht ständig ein Griff in die ewige Mottenkiste gemacht wird – das ist wie ein Standardrepertoir eines ausgelaugten Schauspieler­trupps –, dass man mit ernsten Problemen politisches Kleingeld machen möchte. (Beifall bei der FPÖ.)

Wieso möchte ich politisches Kleingeld machen, wenn ich ernste Probleme einer kleinen Gemeinde hier debattiere? – Ich stehe nicht an, dem Herrn Bundesminister, wenn wirklich seit der Anfrage im November ernsthafte Verbesserungen eingetreten sind, Respekt und Kompliment zu zollen. Es geht doch nicht darum, dass man aus Spaß an der Freude ein Problem herbeibetet, um politisches Kleingeld zu machen. Wir haben nämlich im Vergleich zu Ihnen „großes“ Geld in der Kasse, da brauchen wir die arme Gemeinde Thalham nicht zu missbrauchen, wie Sie es zu benennen belieben.

Es ist heute mindestens zehnmal von der Tatsache gesprochen worden, Österreich sei das sicherste Land Europas. Ich freue mich darüber. Aber Thalham zählt nicht zu diesem Territorium, wenn man die Erfahrungen der Bevölkerung als Grundlage der Erkenntnis heranzieht.

Es ist vielfach zu Recht – sehr zu Recht! – und sehr spät in der Republik von der Opferhilfe im Gegensatz zur Strafrechtspflege der Täter gesprochen worden. Opferhilfe ja, aber sie wird anscheinend der Bevölkerung von Thalham nicht zuteil.

All das ist ein Beispiel eines ganzen „Versagungspaketes“ auf diesem Sektor. Ich gebe Frau Kollegin Stoisits mehr als Recht: Die jahrelange Dauer der Verfahren ist ein absoluter Skandal! Diese jahrelange Dauer der Abwicklung der Asylverfahren ist natürlich ein Teil des Problems. Und es ist ein Rückstauskandal, dass 7 000 offene Verfahren über mehrere Jahre beim Bundesasylsenat liegen, ohne dass organi­sato­rische Verbesserungsmaßnahmen Platz greifen. (Beifall bei der FPÖ.)

Von Seiten meiner Fraktion unzweideutig: Anspruchsberechtigte, wahrhaftige Asyl­werber, denen der Asylgrund zugute zu kommen hat, haben Anspruch auf Asyl! Asylbetrüger jedoch sollen unser Rechtssystem nicht ausnutzen können und nicht zur Unsicherheit im Lande beitragen. – Das ist das Ganze, was zu diesem Punkt zu sagen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Anfragebeantwortung bietet, mit Verlaub, viel statistisches Material, dennoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie den zarten Charme des Zynismus der Behörde in sich trägt. Ich kann nicht sagen, wenn in der Statistik für November 2006 24 angezeigte Fälle aufscheinen, dass dies eine Verbesserung bei der Kriminalität ist oder gar durchschnittlich.

Die Thalgauer, die eine Fremdenverkehrsgemeinde darstellen im Gebiet St. Johann (Rufe: Thalham!) – freilich, Thalham –, die Thalhamer haben das Recht, dass man möglichst wenig Kriminalität verzeichnet.

Es kommt ja nicht von ungefähr, dass ein Sanatorium, das Arbeitsplätze für 150 Per­sonen vorgesehen hätte, wegen der spezifischen örtlichen Situation die Zelte abbricht und weggeht. Ich bestreite ja nicht, dass der dortige Bürgermeister ein Held ist, ich bestreite nicht, dass Gemeinde, Bund und Land sich bemühen, das scheinbar


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 103

unerträglich gewordene System zu verbessern, aber ich bestreite das Recht, heute hier diese Leute zu verhöhnen und sie als politisches Kleingeld zu betrachten. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Scheibner.)

16.09


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster – und vorläufig letzter – Red­ner: Herr Abgeordneter Dolinschek. 5 Minuten gesetzliche Redezeit. – Bitte.

 


16.10.20

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mir ist die Situation in der Gemeinde St. Georgen am Attersee (Ruf bei der SPÖ: Nicht am Attersee, im Attergau!), genau in Thalham, persönlich nicht bekannt, aber eines möchte ich schon sagen: Eine Anfrage an den Innenminister zu stellen bleibt wohl jedem Abgeordneten unbenommen, wenn er sich Sorgen um die Bevölkerung in dieser Region macht!

Ich kann jetzt nicht wirklich beurteilen, ob die Kriminalitätsrate in der betroffenen Gemeinde, eben in der Umgebung eines Flüchtlingslagers, gestiegen oder durch bestimmte Maßnahmen gesunken ist. Bekannt ist allerdings, dass in der Nähe von Asylantenheimen, von Erstaufnahmezentren, von Flüchtlingslagern verstärkt Einbrüche getätigt, verstärkt Diebstähle gemacht werden (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser), wobei eben gesagt wird, dass sich in Thalham, eben durch die Installierung dieses Erstaufnahmezentrums, die Kriminalitätsrate verstärkt habe.

Besonders bedauerlich ist in diesem Zusammenhang – und da müssten schon die Alarmglocken bei allen schrillen –, dass es in der Bevölkerung große Sorgen gibt, dass Frauen dort, wenn es einmal dunkel wird, nicht mehr auf die Straße zu gehen wagen, dass sie Angst haben – und dass mittlerweile auch Firmen überlegen, weil eben dort so oft eingebrochen wird, es so viele Diebstähle gibt, den Firmenstandort zu verlegen! Da sollten, ja müssen wir uns schon Gedanken machen, welche Maßnahmen in diesem Zusammenhang gesetzt werden sollen.

Prävention ist natürlich immer besser als Rehabilitation – kommt auch billiger –, und deswegen sollten Maßnahmen so gesetzt werden, dass Anträge von Asylanten, die tatsächlich unserer Hilfe bedürfen, selbstverständlich so schnell wie möglich behandelt werden, dass aber andere, denen kein Asylantenstatus zuerkannt werden konnte, weil sich beispielsweise herausgestellt hat, dass sie eben nicht politisch verfolgt wurden, nicht länger in unserem Land bleiben dürfen. Da müssen aber auch schon vorher Maßnahmen gesetzt werden, damit diese Leute erst gar nicht in unser Land kommen, denn sie verdrängen ja hier die wirklichen Asylanten. Da ist zweifelsohne Handlungs­bedarf gegeben!

Österreich ist – dieser Meinung bin ich noch immer – ein sicheres Land; aber das soll auch weiterhin so bleiben. Österreich soll auch weiterhin ein attraktives Land sein, aber kein attraktives Asylland. Da müssen zweifelsohne die entsprechenden Maßnahmen gesetzt werden.

Herr Bundesminister, genau in diese Richtung sollten wir gemeinsam in Zukunft arbeiten. (Beifall beim BZÖ.)

16.12


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 104

16.12.49 Einlauf

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 162/A bis 173/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 544/J bis 555/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Donnerstag, den 29. März 2007, 9 Uhr, in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Weiters gebe ich bekannt, dass der Immunitätsausschuss im Lokal III, der Umwelt­ausschuss im Lokal IV sowie der Gleichbehandlungsausschuss im Lokal V, jeweils 5 Minuten nach Schluss dieser Sitzung, ihre Sitzungen abhalten.

Ferner setzt der Untersuchungsausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampf­flugzeugen seine unterbrochene Sitzung 5 Minuten nach Schluss dieser Sitzung im Lokal VI fort.

Die Sitzung ist geschlossen.

16.13.39Schluss der Sitzung: 16.14 Uhr

 

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