Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

25. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 6. Juni 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

25. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode                       Mittwoch, 6. Juni 2007

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 6. Juni 2007: 9.05 – 19.52 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 geändert wird (Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 2007)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das All­gemeine Pensionsgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden (Sozial­rechts-Änderungsgesetz 2007 – SRÄG 2007)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (SVÄG 2007)

4. Punkt: Bericht über den Antrag 85/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Studie über die Kostenwahrheit der Zuwanderung und die Auswirkungen auf den Sozialstaat

5. Punkt: Bericht über den Antrag 31/A der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine monatliche Un­terstützung für Frauen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, als Anerkennung für die Erziehung ihrer Kinder geschaffen wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Personen in privaten Haushalten erlassen werden (Hausbetreuungsgesetz – HBeG) und mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 110/A(E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Wertanpassung (Valorisierung) des Pfle­gegeldes

9. Punkt: Bericht über den Antrag 139/A(E) der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend fehlende nachhaltige Lösung der Pflegevorsorge

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz sowie das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert werden


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, das Öster­reichische ForschungsförderungsgesellschaftmbH-Errichtungsgesetz, das Garantiege­setz 1977 und das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert werden (Forschungs- und Wirtschaftsförderungsrechtsnovelle 2007)

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeitenkoordinationsgesetz geändert wird

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerinnen- und Hochschülerschafts­gesetz 1998 geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammen­arbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG) geän­dert wird (EU-JZG-ÄndG 2007)

16. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Klagenfurt (17 Hv 78/06 f) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer

17. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (095 Hv 40/07 h) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Vilimsky

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Inhalt

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................. 12

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 145 und 146 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung .......................................................................... 34

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 34

Wortmeldung des Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler betreffend den Ab­stimmungsvorgang zu Punkt 2 der Tagesordnung ........................................................................................................ 109

Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (78 d.B.): Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Perso­nen in privaten Haushalten erlassen werden (Hausbetreuungsgesetz – HBeG) und mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (117 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales rückzuverweisen – Ablehnung .............  145, 148

Fragestunde (1.)

Bundeskanzleramt ....................................................................................................... 12

Dr. Caspar Einem (9/M); Mag. Dr. Beatrix Karl, Herbert Scheibner, Heinz-Chris­tian Strache, Mag. Ulrike Lunacek


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 3

Silvia Fuhrmann (4/M); Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Mag. Terezija Stoisits, Mag. Melitta Trunk

Dr. Ruperta Lichtenecker (2/M); Kurt Eder, Johannes Zweytick, Veit Schalle, Ing. Norbert Hofer

Dr. Reinhard Eugen Bösch (7/M); Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Andreas Schieder, Dr. Peter Sonnberger, Herbert Scheibner

Ing. Peter Westenthaler (1/M); Bernhard Themessl, Mag. Bruno Rossmann, Kai Jan Krainer, Michael Praßl

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 31

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (87 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 geändert wird (Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 2007) (103 d.B.)    ............................................................................................................................... 34

Redner/Rednerinnen:

Barbara Zwerschitz ................................................................................................ ..... 35

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ..... 36

Sabine Mandak ........................................................................................................ ..... 38

Silvia Fuhrmann ...................................................................................................... ..... 39

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ..... 40

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 41

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................ ..... 47

Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 48

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 49

Werner Neubauer .................................................................................................... ..... 50

Franz Riepl ............................................................................................................... ..... 51

Anna Höllerer .......................................................................................................... ..... 52

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ..... 53

Jochen Pack ............................................................................................................ ..... 54

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ..... 54

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ..... 55

Adelheid Irina Fürntrath .............................................................................................. 56

Michael Praßl ................................................................................................................ 56

Barbara Riener ........................................................................................................ ..... 57

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Beseitigung bestehender Mängel in der staatlichen Sorge um das Kindeswohl – Ablehnung ................................................................................................................  43, 58

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des „Komatrinkens“ bei Jugendlichen – Ablehnung  44, 58

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 58

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (77 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007 – SRÄG 2007) (110 d.B.)                                                                                                                                                       58


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 4

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (93 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (SVÄG 2007) (113 d.B.) ......................... 58

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 85/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Erstellung einer Studie über die Kostenwahrheit der Zuwanderung und die Auswirkungen auf den Sozialstaat (114 d.B.) ............................ 58

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 31/A der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine monatliche Unterstützung für Frauen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, als Anerkennung für die Erziehung ihrer Kinder geschaffen wird (115 d.B.) ............................................................................................. 59

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 59

Renate Csörgits ...................................................................................................... ..... 62

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 63

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ..... 68

Herbert Kickl ........................................................................................................... ..... 70

Karl Öllinger ............................................................................................................ ..... 73

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................ ..... 76

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 77

Franz Riepl ............................................................................................................... ..... 80

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ..... 81

Ridi Steibl ................................................................................................................ ..... 84

Barbara Rosenkranz ............................................................................................... ..... 85

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger ................................................................  88, 97

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ..... 90

Werner Amon, MBA (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 91

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 92

Karl Donabauer ....................................................................................................... ..... 93

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 94

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ..... 98

Dr. Sabine Oberhauser .......................................................................................... ... 100

August Wöginger .................................................................................................... ... 101

Karl Dobnigg ........................................................................................................... ... 103

Adolfine Herta Mikesch .......................................................................................... ... 103

Dietmar Keck .............................................................................................................. 104

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 105

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ... 106

Maria Rauch-Kallat ................................................................................................. ... 107

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Schwerarbeiterregelung – Ablehnung ...................................................................  83, 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Berücksichtigung der Einsatztätigkeit freiwilliger Mitglie­der von Blaulichtorganisationen in der Schwerarbeiterregelung – Ablehnung.................................................................... 84, 109

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 110 und 113 d.B. ......................................... 107

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 114 und 115 d.B. .............................. 110


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 5

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (78 d.B.): Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Personen in privaten Haushalten erlassen werden (Hausbetreuungsgesetz – HBeG) und mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (117 d.B.)    ............................................................................................................................. 110

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (82 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (116 d.B.) ....... 110

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 110/A(E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Wertanpassung (Valorisierung) des Pflegegeldes (111 d.B.)                                                                                                                         110

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 139/A(E) der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kol­legen betreffend fehlende nachhaltige Lösung der Pflegevorsorge (112 d.B.) ...................................................................................................................... 110

Redner/Rednerinnen:

Sabine Mandak ........................................................................................................... 110

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 113

Ing. Norbert Hofer ...................................................................................................... 115

Barbara Riener ........................................................................................................ ... 119

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 120

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ............................................................... ... 124

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 127

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 129

Dr. Franz-Joseph Huainigg .................................................................................... ... 133

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 134

Laura Rudas ............................................................................................................ ... 136

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 137

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger .................................................................. ... 138

Maria Grander ......................................................................................................... ... 142

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 143

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 145

Dr. Sebastian Eder ..................................................................................................... 145

Mag. Christine Lapp (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 146

Anna Franz .................................................................................................................. 146

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 147

Entschließungsantrag der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung der Amnestieregelung des Pflegeübergangs­gesetzes bis Ende 2007 – Ablehnung              118, 149

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung des Pflegegeldes – Ablehnung ............................................................................  117, 149

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 117 und 116 d.B. ......................................... 148

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 111 und 112 d.B. .............................. 150

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Re­gierungsvorlage (52 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs-
und Abfertigungsgesetz sowie das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungs­gesetz 1957 geändert werden (118 d.B.) ...................................................................................................................... 150


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 6

Redner/Rednerinnen:

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 150

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 152

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 154

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 155

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 156

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 157

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (92 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, das Österreichische ForschungsförderungsgesellschaftmbH-Errichtungs­gesetz, das Garantiegesetz 1977 und das Forschungs- und Technologieförde­rungsgesetz geändert werden (Forschungs- und Wirtschaftsförderungsrechtsno­velle 2007) (107 d.B.) ................................................................................................... 157

Redner/Rednerinnen:

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 158

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................ ... 160

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 161

Dr. Reinhold Mitterlehner ...................................................................................... ... 162

Veit Schalle .............................................................................................................. ... 163

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ............................................................... ... 164

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ... 165

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 166

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................ ... 167

Peter Marizzi ............................................................................................................... 167

Adelheid Irina Fürntrath ............................................................................................ 168

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 168

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 169

Adolfine Herta Mikesch .......................................................................................... ... 169

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 170

Bundesminister Dr. Johannes Hahn .................................................................... ... 170

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 171

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (91 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeitenkoordinations­gesetz geändert wird (108 d.B.)                171

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 172

Kurt Eder ................................................................................................................. ... 172

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 173

Veit Schalle .............................................................................................................. ... 173

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 174

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 174

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 175

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 175

Elmar Mayer ................................................................................................................ 176

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 176

13. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (75 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (132 d.B.) ............................. 177


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 7

Redner/Rednerinnen:

Josef Broukal .....................................................................................................  177, 186

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................ ... 178

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 179

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ........................................................................... ... 180

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 182

Bundesminister Dr. Johannes Hahn .................................................................... ... 182

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 183

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ................................................................................. ... 183

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 184

Mag. Peter Eisenschenk ............................................................................................ 185

Jochen Pack ................................................................................................................ 185

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 186

14. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (76 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerinnen- und Hochschüler­schaftsgesetz 1998 geändert wird (131 d.B.)                     186

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 187

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 188

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 189

Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................................................. 189

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 190

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 191

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 192

DDr. Erwin Niederwieser ....................................................................................... ... 193

Bundesminister Dr. Johannes Hahn .................................................................... ... 194

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 194

15. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (48 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG) geändert wird (EU-JZG-ÄndG 2007) (135 d.B.) ................................. 195

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 195

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 196

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 198

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ............................................................................... 200

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 201

Gerhard Köfer ......................................................................................................... ... 202

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 203

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ... 203

Anna Franz .............................................................................................................. ... 204

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 204

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 204

Bundesministerin Dr. Maria Berger ..................................................................... ... 205

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 205

16. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landes­gerichtes für Strafsachen Klagenfurt (17 Hv 78/06 f) um Zustimmung zur behörd­lichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (145 d.B.) ........................................................................ 206

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 206


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 8

17. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landes­gerichtes für Strafsachen Wien (095 Hv 40/07 h) um Zustimmung zur behörd­lichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Vilimsky (146 d.B.)                                                                                                                    206

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 206

Eingebracht wurden

Berichte ......................................................................................................................... 33

III-59: Bericht, Reihe Bund 2007/8; Rechnungshof

III-63: Tätigkeitsbericht der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH gemäß § 7 Abs. 2 KOG für das Geschäftsjahr 2006; BM f. Frauen, Medien und öffent­lichen Dienst im Einvernehmen mit dem BM f. Verkehr, Innovation und Techno­logie

III-64: Digitalisierungsbericht 2006; BM f. Frauen, Medien und öffentlichen Dienst

III-65: Tätigkeitsbericht des Digitalisierungsfonds für das Berichtsjahr 2006; BM f. Frauen, Medien und öffentlichen Dienst

III-66: Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria für das Berichtsjahr 2006; BM f. Frauen, Medien und öffentlichen Dienst

Anträge der Abgeordneten

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Beneš-Dekrete in der Republik Tschechien (240/A)(E)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (241/A)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Beseiti­gung bestehender Mängel in der staatlichen Sorge um das Kindeswohl (242/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Bekämp­fung des „Komatrinkens“ bei Jugendlichen (243/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abstimmung im Rat Wirtschaft und Finanzen über den Beitritt der Tschechischen Republik zur Euro-Zone (244/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines jährli­chen österreichischen Islamisierungsberichtes (245/A)(E)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (246/A)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Studie über die ökonomischen und sozialen Auswirkungen von Zuwanderung nach Österreich und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Sozialstaat (247/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des Bauens von Minaretten sowie die Verpflichtung für nicht abendländische Religionen zur Verwen­dung der deutschen Sprache bei der Abhaltung von Gottesdiensten und Predigten (248/A)(E)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 9

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Risiko- und Sicherheitsforschung im Bereich der Agro-Gentechnik (249/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Risiko- und Sicherheitsforschung im Bereich der Agro-Gentechnik (250/A)(E)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz 1981 geändert wird (251/A)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird (252/A)

Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz, das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2007 (Bundesfinanzgesetz 2007) und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2008 (Bundesfinanzge­setz 2008) geändert werden (253/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Ökostrom­gesetzes (254/A)(E)

Otto Pendl, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Väter-Ka­renzgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bezügegesetz, das Bundes-Per­sonalvertretungsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Land- und Forst­arbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Richter­dienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflich­tungsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensions­gesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geän­dert werden (Dienstrechts-Novelle 2007) (255/A)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend fremdsprachige Orts­bezeichnungen ehemals deutscher Städte in Dokumenten der Republik Österreich (256/A)(E)

Josef Bucher, Mag. Melitta Trunk, Dr. Gabriela Moser, Mag. Gerald Hauser, Kol­leginnen und Kollegen betreffend notwendige Erhöhung des Budgets der Österreich Werbung (257/A)(E)

Josef Bucher, Mag. Melitta Trunk, Dr. Gabriela Moser, Mag. Gerald Hauser, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Masterplan Tourismus (258/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Studienbedingungen an Österreichs Universitäten (920/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit, Familie und Jugend betreffend Werbeaktion der Bundesministerin für eine Supermarktkette (921/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Bahnausbau zwischen Ötztal und Landeck (922/J)


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Walter Murauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Lärmschutz an Autobahnen (923/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Erfassung der Zahl von HauptschullehrerInnen in ,ungeprüften‘ Fächern“ (924/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Studienkontingente für die Linzer Pflichtschulen“ (925/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Schulerweiterung im BRG 16, Wien, Schuhmeierplatz 7, 1160 Wien (926/J)

Dr. Sabine Oberhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit, Familie und Jugend betreffend „Ankauf von Grippe-Schutzmasken“ (927/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend menschenrechtsverletzende Aktion am 8. Mai 2007 in Prag (928/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend men­schenrechtsverletzende Aktion am 8. Mai 2007 in Prag (929/J)

Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend ehemalige Wieningerbrauerei in Schärding (930/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst betreffend geschlechtsspezifische Unter­schiede in der Erwerbsbeteiligung während und nach dem Kinderbetreuungsgeldbezug (931/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend geschlechtsspezifische Unterschiede in der Erwerbsbeteili­gung während und nach dem Kinderbetreuungsgeldbezug (932/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft und Forschung betreffend Auslagerung von Personalkosten an Universitäten (933/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Abfallvermeidung (934/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Datenroaming (935/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umsetzung des Bundesbahnstrukturgesetzes (936/J)

Sylvia Rinner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend das Gefahrenzeichen „Achtung Falschfahrer“ („Geis­terfahrer“) (937/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Gesundheitsgefährdung durch 9 000 Tonnen Asbestmülllagerung in Markgrafneusiedl (938/J)


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Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Standortfolgenutzung des Finanzamtes für den 12., 13., und 14. Bezirk (939/J)

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Standortnutzung des Finanzamtes für den 12., 13., und 14. Bezirk (940/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Familienpolitik (941/J)

Jochen Pack, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Beziehungen hochrangiger Offiziere zu Lobbyisten (942/J)

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend Förderung der Besuchsbegleitung, insbe­sondere der Besuchscafés (943/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst betreffend „Variete- und Revueveranstaltungen – GoGo-Bar o.ä. – Frauenhandel und Zwangsprostitution“ (944/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeiinspektion Zell am Ziller (945/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit, Familie und Jugend betreffend „Vergabe von Kassenverträgen an Gynäkologin­nen“ (946/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die bessere Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität in Österreich, insbeson­dere des Anlagebetruges und die Verbesserung des Anlegerschutzes (947/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Umfahrung Sillian (948/J)

 


09.05.11


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger, Dritte Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, einen schönen guten Morgen! Die Sitzung ist eröffnet.

Als verhindert gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger.

09.05.22Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde, welche in der Zeit von 9.05 Uhr bis 10.20 Uhr vom ORF übertragen wird.

Meine Damen und Herren! Bevor wir beginnen, rufe ich noch einmal in Erinnerung, beim Stellen der Fragen keine Erläuterungen anzubringen, beim Stellen von Zusatzfra­gen nur eine Frage zu formulieren und nicht mehrere.

Ich beginne jetzt – um 9.05 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundeskanzleramt

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 1. Anfrage, 9/M, des Herrn Abgeordneten Dr. Einem an den Herrn Bundeskanzler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Bundeskanzler, meine Frage:

9/M

„Welches sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Elemente und Inhalte, die im europäi­schen Verfassungsvertrag enthalten sein sollten?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Meine Da­men und Herren! Wie Sie alle wissen, hat eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union diesen Vertrag ratifiziert, nämlich 18 Mitgliedstaaten. Ich finde es eigentlich nicht gut, dass die Dynamik in der jetzigen Diskussion fast ausschließlich davon ausgeht, dass einige Staaten nicht unterschrieben haben und diese versuchen, in verschiedenen Bereichen das nun zu verwässern. Wobei ich volles Verständnis für Länder wie Frankreich und die Niederlande habe, wo es eine Volksabstimmung mit einem Nein gegeben hat, denn da ist klarerweise Handlungsbedarf gegeben. Aber dass Staaten, die kein Nein bei einer Volksabstimmung haben, die unterschrieben haben, jetzt trotzdem im Nachhinein Veränderungen ausverhandeln sollen, entspricht, glaube ich, nicht dem besten europäischen Geist.

Worum geht es bei den nun anstehenden Verhandlungen? – Ich glaube, dass ein Auf­schnüren des institutionellen Teils ein großer Fehler wäre, denn das war ein, wenn man so will, historischer Kompromiss, der hier gefunden wurde. Ich denke, dass wir durch ein Aufschnüren dieses institutionellen Paketes in eine sehr schwierige Situation gelangen würden.


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Was den Rest des Vertrages betrifft, gilt für Österreich der Grundsatz: Der Inhalt ist wichtiger als die Form. Also, uns ist selbstverständlich wichtig, dass die Grundrechts­charta rechtsverbindlich ist; in welcher Form sie rechtsverbindlich ist, darüber kann man reden.

Unserer Meinung nach besteht aber auch ein enger Zusammenhang zwischen dem Kompromiss, der beim institutionellen Teil geschlossen wurde, und vor allem dem drit­ten Abschnitt, wo es darum geht, dass eine Reihe von politischen Zielen und Aufgaben für die Europäische Union festgeschrieben sind, die wir alle gemeinsam für sehr wich­tig erachten.

Gerade der Frühjahrsgipfel hat ja gezeigt, dass die Frage des Klimaschutzes von ge­samteuropäischer Bedeutung ist und dass das unter anderem eine inhaltliche Aufgabe für die Europäische Union sein sollte, ähnlich wie das die gemeinsame Energiepolitik und eine Reihe von anderen Fragen auch sind.

Daher wollen wir uns im Rahmen des Europäischen Rates dafür einsetzen, dass die einheitliche Rechtspersönlichkeit der Europäischen Union beibehalten wird, dass es zu einer Abschaffung der Drei-Säulen-Struktur kommt, dass es eine Beibehaltung der neuen Kompetenzsystematik gibt, dass der Stellung der nationalen Parlamente bei der Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips die entsprechende Rolle zukommt, dass es den verbesserten Rechtsschutz vor dem EuGH gibt und dass es eine Beibehaltung der im Verfassungsvertrag niedergeschriebenen Sozialvorschriften gibt – das ist, glaube ich, wichtig für die Entwicklung der sozialen Dimension.

Darüber hinausgehend werden wir uns nachdrücklich für das Ziel der Vollbeschäfti­gung und für die Verankerung der Daseinsvorsorge im Rahmen dieser Ratskonferenz einsetzen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Bundeskanzler, wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten für eine Einigung auf ein Mandat für die dann anschließende Regie­rungskonferenz ein?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Das ist eine gar nicht so einfach zu beant­wortende Frage. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Bitte? (Abg. Ing. Westenthaler: Sind Sie überrascht über diese Frage? – Abg. Scheibner: Tun Sie nicht so über­rascht!) – Nein, ich bin nicht überrascht über die Frage (allgemeine Heiterkeit), das ist auch nicht das Problem, um es ganz offen zu sagen, das Problem besteht eher darin, dass es schwierig ist, eine Prognose zu treffen. Ich kann mich daher darauf beziehen, wovon ich glaube, dass es derzeit absehbar ist.

Wir haben uns bei diesem Berliner Gipfel darauf geeinigt, dass wir bis zum Jahr 2009 eine erneuerte Grundlage der Europäischen Union haben wollen. Das heißt natürlich, dass die Zeit einigermaßen drängt. Alles andere als ein klar abgezirkeltes Mandat bei diesem Europäischen Rat in Brüssel im Juni würde diesen Zeitplan völlig über den Haufen werfen.

Das heißt – davon gehe ich aus –, dass die deutsche Präsidentschaft alles tut, um zu diesem klaren Mandat zu kommen. Ich habe auch den Eindruck, dass die Intention des neuen französischen Präsidenten Sarkozy darin besteht, bei der Formulierung dieses klaren Mandates hilfreich zu sein, aber man muss sehen, dass es eine Reihe von Ländern gibt, die doch sehr schwerwiegende Bedenken haben, weil sie teilweise ganz andere integrationspolitische Ziele oder Schwerpunkte haben.


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Sie wissen, dass Großbritannien weitgehende Änderungen vorgeschlagen hat, dass es auch in Tschechien und in Polen Ansätze gibt, die eigentlich von einem anderen Euro­pa reden als dem, das im Verfassungsvertrag grundgelegt ist. Wir haben vereinbart, auch bei einem informellen Treffen mit Ratspräsidentin Angela Merkel, dass wir ver­suchen, jene Länder, in denen große Probleme bestehen, auch bilateral zu überzeu­gen. Ich werde nächsten Montag in Polen mit dem polnischen Ministerpräsidenten Kaczyński diese Frage auch besprechen.

Ich habe also gute Hoffnung, dass es uns gelingt, dieses klare Mandat im Juni zu for­mulieren, denn das ist die unverzichtbare Grundlage dafür, dass der Zeitplan einer erneuerten Grundlage für die Europäische Union mit 2009 eingehalten werden kann.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Karl, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Bis jetzt war immer klar und war österreichische Verhandlungsposition, dass es pro Mit­gliedstaat einen Kommissar geben muss.

Können Sie hier eine Garantie dafür abgeben, dass Sie sich diesbezüglich nicht erwei­chen lassen, das heißt also, dass Sie an diesem Grundsatz festhalten werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Es ist voll­kommen klar, dass wir gegen ein Aufschnüren des beschlossenen Institutionen-Pake­tes eintreten. Ich halte eine Vorgangsweise, die dazu führen würde, für den Beginn einer langen Krise in Europa, und ich gehe davon aus, dass es dafür auch Konsens geben wird, dass das nicht nur österreichische Haltung ist, sondern dass das Institutio­nen-Paket insgesamt nicht aufgeschnürt wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Scheibner, bitte.

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Bundeskanzler! Bei der Frage der europäischen Verfassung hören wir von allen Experten immer nur, was nicht kommen soll. Ich glaube, es wäre jetzt einmal interessant zu überlegen: Wie kommt man denn aus dieser Problematik heraus? Wäre es aus österreichischer Sicht nicht sinnvoll, eine neue Idee, etwa eine Art, so wie wir vom BZÖ das vorgeschlagen haben, Kerneuropa zu schaffen, zu unterstützen, das heißt verschiedene Integrationsstufen, die die Länder im Wege von Volksabstimmungen für sich selbst entscheiden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Diese Idee eines Kerneuropa gibt es schon länger. Sie erinnern sich daran, dass seinerzeit der außenpolitische Sprecher der CDU, Herr Kollege Lamers, glaube ich, schon vor mehr als einem Jahrzehnt diese Frage ein­gebracht hat, schon bevor sich überhaupt die Frage des österreichischen Beitritts zur Europäischen Union gestellt hat. Es hat immer wieder unterschiedliche Konzepte gege­ben.

Was sich in der Realität durchgesetzt hat, muss man ganz offen sagen, ist ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, denn wir haben sozusagen den Kernbereich der Europäischen Union, und darüber hinaus gehend haben wir Schengen und den Euro. Es gibt eine Reihe von Mitgliedstaaten, die Mitglied der Eurozone sind, und es gibt eine Reihe von Mitgliedstaaten, die Mitglied bei Schengen sind. Es gibt Mitglied­staaten, die bei beiden Mitglied sind, es gibt Mitgliedstaaten, die nur bei einem der bei­den Mitglied sind, und es gibt Mitgliedstaaten, die bei keinem der beiden Mitglied sind.


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Das heißt, wir haben bereits eine Situation sehr unterschiedlicher Integrationsstufen in der Europäischen Union erreicht.

Dieser Verfassungsvertrag ist oder war der Versuch, all die Verträge, die es bisher ge­geben hat, in einem Vertrag zusammenzufassen und natürlich um eine Reihe von Punkten zu erweitern. Der Hauptauftrag war ja vor allem, dass man die Funktionsfähig­keit der Europäischen Union erhalten sollte auf der erweiterten Grundlage von 27.

Ich habe den Eindruck, dass es jetzt wahrscheinlich zu einer anderen Vertragstechnik kommen wird, nämlich zu einer Rückkehr zur alten Vertragstechnik, nämlich dass nicht ein neuer Vertrag alle bestehenden ersetzen wird, sondern dass der neue Vertrag eine Reihe von Vorschlägen zur Abänderung der bestehenden Verträge enthalten wird und dass daher, wenn man so will, die klassische Struktur der Europäischen Union damit weniger verändert wird, als es im Verfassungsvertrag vorgesehen gewesen wäre.

Ich glaube, für Österreich ist es wichtig, dass wir immer dann, wenn sich die Euro­päische Union in eine neue Integrationsstufe bewegt, dabei sind, denn – und das ist wichtig – ein kleines Land im Herzen Europas ist nur dann stark, wenn es Teil des stärksten Teils Europas ist. Daher bekennen wir uns zu einer sehr pro-europäischen Integrationspolitik, weil wir glauben, dass das auch die österreichische Position stärkt.

Ich glaube, dass die Frage des Kerneuropa durch diese unterschiedlichen Geschwin­digkeiten in der jetzigen Situation keine realistische Option ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Klubobmann Stra­che, bitte.

 


Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Dort, wo es Volksabstimmungen gegeben hat, ist ja diese EU-Verfassung in der Regel abgelehnt worden. Auch in der Bundesrepublik Deutschland kann der Bundesverfas­sungsgerichtshof der Ratifizierung nicht nachkommen, wie Sie wissen, nämlich auf­grund gewisser Passagen dieser Verfassung, die auch einen Angriffskrieg in der Euro­päischen Union möglich machen.

Werden Sie, Herr Bundeskanzler, daher im Unterschied zu Ex-Bundeskanzler Schüs­sel dafür Sorge tragen, dass im Falle einer neuen Ratifizierung einer neu oktroyierten EU-Verfassung auch wirklich die Österreicher im Rahmen einer Volksabstimmung ent­scheiden können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Verfas­sungen werden nicht „oktroyiert“, sondern Verfassungen werden erarbeitet, beschlos­sen und dann ratifiziert von den dafür zuständigen Organen – das ist in der österreichi­schen Demokratie der Nationalrat, und zwar mit einer Zweidrittelmehrheit. Daher ist völlig klar: Sollte es nur zu irgendeiner maßgeblichen Veränderung des bereits ratifi­zierten Vertrages kommen, müsste natürlich erneut in Österreich, so wie in allen ande­ren Ländern, ein Ratifizierungsverfahren stattfinden. (Abg. Strache: Keine Volksab­stimmung?)

Ich gehe davon aus, dass der neue Vertrag nicht über den bisherigen Vertrag hinaus­gehen wird – anderes wäre, würde ich sagen, ein kleines Wunder –, sondern es ist eher damit zu rechnen, dass wir alles dazu tun müssen, die Substanz des bestehen­den Vertrages zu erhalten. Und wenn sich beim alten Vertrag die Notwendigkeit einer Volksabstimmung nicht ergeben hat, dann wird sie sich beim neuen Vertrag auch nicht ergeben. Aber ich bedauere sehr, dass nicht die Grundlage für das geschaffen wurde, was eigentlich das Sinnvollste gewesen wäre, nämlich eine Grundlage für eine gesamt­europäische Abstimmung über diesen Verfassungsvertrag, denn das wäre der eigent-


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lich demokratische Weg gewesen und hätte uns schon in der Vergangenheit viel er­spart.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Lu­nacek, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundeskanzler, Sie haben selbst gesagt, dass die Substanz erhalten werden soll, dass es kein Verwässern geben soll. Nun ist es aber derzeit so, dass die EU-Institutionen weder der Europäischen Men­schenrechtskonvention noch der Grundrechtscharta unterworfen sind. Und Sie haben gesagt ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage bitte!

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): ... Rechtsverbindlichkeit der Grund­rechtscharta muss gegeben sein.

Gibt es irgendein denkbares Verhandlungsangebot, für das Sie bereit wären, die ver­bindliche Verankerung der Grundrechtscharta in diesem Verfassungsvertrag aufzuge­ben? – Ich hoffe, nein!

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Ich kann mich Ihrer Hoffnung anschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 4/M, der Frau Abgeordneten Fuhrmann an den Herrn Bundeskanzler. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

 


Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Ich möchte jetzt auf die Thematik der Kärntner ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, nur die Frage, bitte.

 


Abgeordnete Silvia Fuhrmann (fortsetzend): Ich wollte nur höflich sein, aber bitte. Es handelt sich hier um die Kärntner Ortstafelfrage, und ich frage Sie, Herr Bundeskanz­ler:

4/M

„Bis wann werden Sie dem Nationalrat den Entwurf für eine verfassungsrechtliche Re­gelung der Kärntner Ortstafelfrage vorlegen, die vom Konsens aller politischen Kräfte in Kärnten, der Heimatverbände und der Slowenenorganisationen getragen wird?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, wie Sie wissen, haben wir uns im Regierungsübereinkommen darauf verständigt, dass wir eine Lösung der Kärntner Ortstafelfrage bis zum Sommer dieses Jahres anstreben. Wir haben daher in den vergangenen Monaten Sondierungsgespräche geführt, mit den politischen Parteien im Kärntner Landtag, mit den verschiedenen Heimatverbänden, mit den Slowenenorganisationen, mit den Bürgermeistern aus dem zweisprachigen Gebiet, mit den Sozialpartnern und verschiedenen Interessierten, um festzustellen, wo die Möglichkeit für einen Konsens gegeben sein kann.

Ich glaube, dass die Grundlage, von der bisher alle Diskussionen ausgegangen sind, nämlich das sogenannte Karner-Papier, eine taugliche Grundlage ist, weil es einen Konsens zwischen einem Teil der deutschsprachigen Kärntner Bevölkerung und den


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Slowenenorganisationen repräsentiert. Gleichzeitig ist dieses Papier aber natürlich nicht sakrosankt, sondern genauso Gegenstand der Diskussion.

Ich habe den Eindruck, dass wir, wenn sich die Diskussion in den nächsten zehn Ta­gen so weiterführen lässt, imstande sein werden, in etwa bis Ende Juni zu einem grö­ßeren Gespräch über die Frage der Ortstafeln zu kommen, sodass wir unter Umstän­den imstande sind, bis zur Sommersitzung des Nationalrates einen Entwurf auf den Tisch zu legen, den dann auch der Nationalrat diskutieren kann. Ich glaube, die Chan­cen stehen dafür nach wie vor gut, weil viele Menschen in Kärnten das Bedürfnis ha­ben, diese Frage endlich zu beenden, und sagen, dass jetzt endlich einmal die Debatte zu diesem Thema aufhören muss und dass man einen Schlussstrich ziehen und von einer geeigneten Grundlage in eine gemeinsame Zukunft gehen möchte. Und ich glau­be, diese breite Stimmung, die diesbezüglich in Kärnten vorhanden ist, wollen wir ge­meinsam nützen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete, bitte.

 


Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Wie viele zweisprachige topographische Auf­schriften sieht denn Ihr persönliches Konzept im Endverfahren vor, das heißt, was ist das Ziel?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! In Bezug auf Ortstafeln habe ich keine persönlichen Ziele. Ich sage Ihnen, mir ist es wichtig, dass es einen Konsens gibt, der von der dortigen Bevölkerung getragen wird. Ich glau­be auch nicht, dass es gescheit ist, von außen den Kärntnern hier etwas auf das Auge drücken zu wollen, sondern das Ergebnis soll das sein, was im Wesentlichen vom Mainstream der Slowenenorganisationen und vom Mainstream der deutschsprachigen Bevölkerung in Kärnten getragen sein kann. (Abg. Öllinger: Verfassung!) Das heißt, die Zahl der Ortstafeln wird dann das Ende eines Prozesses sein und nicht der Anfang. (Abg. Öllinger: Die Verfassung ...!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dolinschek, bitte.

 


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Bundeskanzler, wird der Entwurf zu einer verfassungsrechtlichen Regelung der Kärntner Ortstafel-Frage auch eine Öff­nungsklausel sowie eine Minderheitenfeststellung beinhalten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Die Frage der Öffnungsklausel ist in den vergangenen Monaten sehr stark debattiert worden, nicht nur in Kärnten, sondern auch darüber hinaus. Viele verbinden damit Ängste, dass damit auch in Zukunft dieses The­ma nicht beendet ist, sondern erneut zu einem Spaltpilz werden könnte.

Sosehr man im vergangenen Jahr der Meinung war, dass diese Öffnungsklausel sozu­sagen die Königsformel zur Lösung der Probleme ist, habe ich jetzt den Eindruck, dass die Begeisterung über die Öffnungsklausel auf beiden Seiten in der Zwischenzeit etwas zurückgegangen ist.

Ich glaube daher, man muss eine andere Formel finden, die davon ausgeht, dass man nicht das nimmt, was teilt, sondern von dem ausgeht, was zusammenführt. Und da geht es eher um die Frage: Was können wir machen, um das Zusammenleben der deutschsprachigen und der slowenischsprachigen Bevölkerung zu fördern? Was kann man überhaupt tun für die Entwicklung dieses zweisprachigen Gebietes, sodass das aus der nationalistischen Konfrontationsstellung herauskommt? – Wir sind diesbezüg-


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lich mit allen Beteiligten im Gespräch und versuchen, hier zu einem neuen Anfang zu finden.

Zur Minderheitenfeststellung: Ich glaube, das wird nicht dazu beitragen, die Frage zu entspannen, und daher wird die Minderheitenfeststellung auch nicht Teil meines Vor­schlages sein. (Abg. Strache: Das sind die Fakten, die man braucht! Die Grundlage!)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement, bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Eine Minderheitenfeststellung nach dem Südtiroler Modell, das eine Erhe­bung nach den Kriterien von Muttersprache und Volkstum vorsieht, ist die einzige Mög­lichkeit, gesicherte Zahlen über die Stärke der slowenischen Minderheit zu bekommen.

Warum verweigern Sie maßgeblichen Kräften in Kärnten, die sich konkret für eine sol­che Minderheitenfeststellung einsetzen, das Gespräch? – Ich meine damit die Platt­form Kärnten, in der unter anderen der Kärntner Abwehrkämpferbund, aber auch die Freiheitliche Partei vertreten sind.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich möch­te Sie darauf hinweisen, dass auch die Minderheitenerhebung 1976 nicht zu eindeuti­gen Ergebnissen geführt hat (Abg. Strache: Das war ja keine Minderheitenerhebung! Das war ja keine richtige Minderheitenerhebung!) und dass wir davon ausgehen, dass eine solche Minderheitenfeststellung heute nicht zu einer friedlichen Lösung des Pro­blems beitragen würde, sondern zu einer weiteren Eskalation eines Konflikts, den man in Wirklichkeit nicht braucht. Uns geht es darum, eine Lösung zu finden und nicht diese Konfrontation weiterzuführen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Stoisits, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Herr Bundeskanzler, ich unterstütze Sie zur Gänze in Ihrer Meinung, dass man raus aus der nationalistischen Konfrontation muss (Abg. Strache: Das ist eine Koalition!) und dass eine Minderheitenfeststellung absolut gegen alle rechtlichen und verfas­sungsmäßigen Grundsätze in Österreich ... (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage, bitte!

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Herr Bundeskanzler, ich frage Sie: Wollen Sie den Mainstream der Verfassung oder die Verfassung dem Kärntner Main­stream à la Haider anpassen? Das ist nämlich die Schlüsselfrage bei der Lösung des Problems, und das würde mich interessieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Es ist völlig klar, dass die österreichische Bundesverfassung die Grundlage ist, von der wir ausgehen. Gleichzeitig wissen wir aber, dass hier eine gewisse Bandbreite an Lösungsmöglichkeiten gegeben ist, denn sonst bräuchten wir ja nicht zu verhandeln. (Abg. Öllinger: Der Mainstream ist ganz woanders!) Daher scheint völlig klar zu sein, dass es darum geht, einen breitestmög­lichen Konsens zu erreichen, bei dem aber niemand den Eindruck haben soll, dass sich irgendein Einzelner in einer Vetoposition befindet.

 


Es ist daher gut, glaube ich, davon auszugehen, dass das Ziel die Breite ist, dass man sich aber von Einzelnen, die glauben, das Veto zu haben, dann nicht abschrecken lässt. (Abg. Öllinger: Die Kameradschaft IV und so weiter!)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Trunk, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Geschätzter Herr Bundeskanzler! Wie beur­teilen Sie aus heutiger Sicht die Öffnungsklausel, insbesondere wie sie im vergange­nen Jahr, im Juli 2006, von der ÖVP/BZÖ-Regierung vorgeschlagen wurde, und wie sieht Ihre Konzeption aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, wie wir alle wissen, war die Frage der konkreten Ausgestaltung der Öffnungsklausel im vergange­nen Jahr einer jener Punkte, aufgrund deren es noch nicht zu einem Abschluss gekom­men ist. Vor allem die Slowenenorganisationen waren nicht zufrieden mit der Formulie­rung, die es im vergangenen Jahr gegeben hat.

In der Zwischenzeit orte ich aber nicht nur bei den Slowenenorganisationen, sondern auch bei den einzelnen Gemeinden und bei den politischen Parteien in Kärnten eine gewisse reservierte Haltung gegen eine fixe Festschreibung von Prozentsätzen auf Gemeinde- und Ortsebene. Daher glaube ich, dass man überhaupt aus dieser, wenn man so will, Systematik der Öffnungsklausel herauskommen sollte und eine neue Platt­form bieten sollte, die sich nicht nur mit der Frage der Ortstafeln auseinandersetzt, son­dern einen breiteren Zugang zum Zusammenleben der Menschen im zweisprachigen Gebiet findet.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage, das ist die der Frau Abgeordneten Dr. Lichtenecker. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, meine Frage:

2/M

„Wann wird die Bundesregierung angesichts des drohenden Klimawandels endlich die notwendige Totalreform des Ökostromgesetzes in Angriff nehmen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Der Klima­wandel ist ein Thema von größter Bedeutung, ein Thema, das diese Woche auch beim G8-Gipfel unter anderem diskutiert wird. Ich hoffe, dass die Ergebnisse ausreichend sein werden, dass wir hier zu einem globalen Kurswechsel kommen.

Wir müssen uns – bei aller Betroffenheit durch dieses Thema – auch darüber im Klaren sein, in welchem Maßstab sich der europäische Beitrag abspielt. Europa trägt derzeit einen Anteil von 14 Prozent zum globalen CO2-Ausstoß bei, der sich bis zum Jahr 2020 auf 10 Prozent reduzieren wird. Das heißt, selbst wenn wir in Europa sehr engagiert vorgehen – wofür ich eintrete –, muss einem klar sein, dass das die Welt nicht retten wird, sondern dass wir eine globale Anstrengung brauchen, um gegen die­sen Klimawandel vorzugehen. Daher ist es vor allem wichtig, auf Basis einer glaub­würdigen europäischen Grundlage auch mit den anderen ganz wesentlichen Staaten, nämlich China, Indien, den Vereinigten Staaten von Amerika, Brasilien, Russland und anderen, zu einer Vereinbarung zu kommen, denn sonst hilft unsere große Anstren­gung relativ wenig.

Das Zweite ist, was die Dimension betrifft, die auf Österreich zukommt – Österreich ge­hört ja zu den engagierten Ländern in der Europäischen Union, was die Frage des Klimaschutzes betrifft –, denn da haben wir zwei Dimensionen zu beachten: Das eine


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ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes, und das andere ist der Ausbau der erneuerbaren Energien.

Ich möchte folgende Überlegung in den Raum stellen: dass wir uns bei all dem, was wir hier machen, natürlich die Frage stellen müssen, mit welchem ökonomischen Mit­teleinsatz wir welches Ausmaß an CO2-Reduktion erreichen. Denn letztendlich müssen ja alle Konsumentinnen und Konsumenten das dann über den Strompreis bezahlen. Hier stellen wir fest, dass es natürlich ganz enorme Unterschiede in der Kosteneffizienz dieser einzelnen Modelle gibt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Sie wissen zum Bei­spiel, dass die größte Effizienz, was die CO2-Einsparung betrifft, die thermische Ge­bäudesanierung hat. Hier hat man mit einem relativ geringen Input eine maximale Ersparnis des CO2-Ausstoßes. Auf der anderen Seite gibt es sehr teure Methoden – leider zum Beispiel auch die Biomasseverwertung in einzelnen Bereichen, die ziemlich teuer ist –, was die Reduktion des CO2-Ausstoßes betrifft. In der Mitte gibt es eine ganze Bandbreite von Möglichkeiten: Windkraftwerke, natürlich auch Bioheizwerke, die einen günstigeren Preis haben.

Worum es uns geht, ist: Wenn wir im Anschluss an den Klimagipfel darüber nachden­ken, beim Ökostromgesetz zu einer neuen Grundlage zu kommen, dann, glaube ich, wird es nicht allein darum gehen, dass wir einzelne Formen erneuerbarer Energie bes­ser fördern, sondern dann wird es vor allem auch darum gehen – ähnlich wie das beim deutschen Ökostromgesetz der Fall ist –, dass wir stärker auf Energieeffizienz gehen; das deutsche Ökostromgesetz ist ja nicht nur ein Ökostrom-, sondern auch einer Ener­gieeffizienzgesetz.

Ausgehend von diesen beiden grundlegenden Überlegungen werden die zuständigen Bundesminister in den nächsten Wochen darüber verhandeln und der Öffentlichkeit, den NGOs und den Betroffenen einen neuen Vorschlag auf den Tisch legen. Es ist richtig, dass beim Klimaschutzgipfel der Bundesregierung das bestehende Ökostrom­gesetz einer sehr starken Kritik unterzogen wurde und wir gesagt haben, wir sind be­reit, darüber nachzudenken, welche Veränderungen wir hier anstreben können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker, bitte.

 


Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Bundeskanzler, gestern wurde hier im Plenum der Klima- und Energiefonds beschlossen. Expertinnen und Experten werten ihn als völlig unzureichend, um tatsächlich effiziente Klimaschutzpolitik in Öster­reich zu machen. Unter anderem hat (Präsidentin Mag. Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage, bitte!) Wirtschaftskammerpräsident Leitl vorgeschlagen, einen zweiten Kli­mafonds einzurichten.

Sind Sie dafür, einen zweiten Klimafonds einzurichten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Ich würde einmal sagen, wir sollten uns nicht in eine Inflation der Fonds begeben. Ich glaube, dass dieser Klima- und Energiefonds eine sehr zielgerichtete Aufgabe hat, nämlich vor allem in Bereichen der Klimatechno­logie und im Bereich der Energieeffizienz verstärkt tätig zu sein. Zu glauben, dass man mit einem Klima- und Energiefonds allein die gesamte CO2-Problematik bewältigt, ist natürlich eine Illusion. Wie Sie wissen, kommen allein 26 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes in Österreich aus dem Verkehr; und was die Frage des Verkehrs betrifft, wird dieser Klima- und Energiefonds nicht der richtige Ansprechpartner sein, sondern dort geht es letztendlich um die neue Wegekostenrichtlinie der Europäischen Union, dort geht es um einen Ausbau der Schieneninfrastruktur, um eine geeignete Alternative


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zur Verfügung zu haben, und dort geht es letztendlich auch um eine umfassende Ver­kehrspolitik.

Das heißt, dieser Klima- und Energiefonds ist ein wesentliches Instrument in einem Bereich, wo wir bisher nicht in dem Ausmaß tätig waren, und ist daher eine wichtige Ergänzung bestehender Maßnahmen. Aber damit allein werden wir die Fragen der Erderwärmung und der CO2-Problematik nicht lösen, sondern wir werden mit demsel­ben Engagement bei der erneuerbaren Energie, bei der Frage der Verkehrspolitik und auch in der Raumordnungspolitik tätig sein müssen, wenn wir nachhaltig erfolgreich sein wollen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Eder, bitte.

 


Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Derzeit bringen die Haushalte in etwa 4 Milliarden € für die Förderung von Ökostrom auf. Ist es denk­bar – und Sie haben gesagt, dass es möglich ist, dass wir das Ökostromgesetz noch einmal neu betrachten, beleuchten, verhandeln, und ich bin dafür, dass man das tun sollte, aber: ist es dann denkbar, dass man die Haushalte noch mehr belastet, als das bisher der Fall ist?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Laut Infor­mation der Energie-Control wird der durchschnittliche Haushalt im Jahr mit 31 bis 36 € belastet. Wir sind der Meinung, dass das die Obergrenze bleiben muss. Herzugehen und zu versuchen, Ökostrompolitik nur auf Kosten der Konsumenten zu machen, wäre der falsche Weg.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Zweytick, bitte.

 


Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Kleine Ökostromanla­gen, also Biogas-, Kleinwasserkraftwerke und Photovoltaik, schaffen Wertschöpfung in der Region. Für die Errichtung von kleinen Ökostromanlagen sollten zusätzliche An­reize geschaffen werden. Welche Maßnahmen halten Sie für sinnvoll, um neue Investi­tionen in Ökostromanlagen zu ermöglichen, und wann werden Sie dem Parlament eine Ökostromgesetz-Novelle vorlegen? (Abg. Brosz: Das hat die letzte Regierung ver­gurkt, nicht?)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, der Punkt ist, dass die Preissituation für uns wichtig ist, aber dass wir natürlich auch darauf Rück­sicht nehmen, welche zusätzlichen Effekte bei der Entwicklung des Lebensraumes da­durch entstehen. Das Problem, vor dem wir stehen, ist, dass wir in Österreich, was er­neuerbare Energie betrifft, unsere Kapazitäten schon relativ stark ausgeschöpft haben.

Um Ihnen zu sagen, um welche Größenordnungen es sich handelt: Wir haben derzeit in Österreich 23 Prozent erneuerbare Energie. Würde man, sozusagen ohne darauf Rücksicht zu nehmen, was politisch durchsetzbar ist oder nicht, die gesamten Möglich­keiten an Windkraft in Österreich ausbeuten, stellt das ein Potential von zusätzlich rund 5 Prozent dar, was aber nicht heißt, dass man das machen kann, weil es natürlich alle möglichen Anraineranliegen gibt, wo Windräder nicht aufgestellt werden können.

Das Zweite ist: Würden wir alle verfügbaren Ressourcen über die Wasserkraft ausnut­zen, die in Österreich theoretisch bestehen, dann würde das unter Einschluss aller Ge­wässer eine zusätzliche Kapazität von rund 7 Prozent bedingen. Das würde aber einen flächendeckenden Ausbau von Kraftwerken bedeuten, der erstens politisch nicht ge­wollt ist, auch nicht sinnvoll ist, und daher wird man sozusagen die reale Möglichkeit,


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hier etwas lukrieren zu können, bedeutend geringer, Richtung 1 Prozent oder so, an­setzen müssen.

Die dritte Dimension ist die, welche die Frage der Biopflanzen betrifft. Würden wir al-
les ausnutzen, was wir in Österreich zur Verfügung haben, dann haben wir rund 440 000 Hektar an Freiflächen, die man noch mit Energiepflanzen nützen könnte – das hieße aber, keinerlei Rücksicht auf den Landschaftsschutz zu nehmen, und so weiter und so fort, das sind also nur theoretische Mengen –, dann könnte das auch dazu bei­tragen, dass man aus Erneuerbaren in dem Bereich noch 5 Prozent lukrieren kann.

Das heißt, Sie sehen, dass die Kapazitäten außerordentlich begrenzt sind – schon theoretisch, nämlich auch aufgrund der Kleinheit ... (Abg. Brosz: Wo können wir die Sonne anpflanzen?) – Bitte? (Abg. Brosz: Wo können wir die Sonne anpflanzen?) Bei der Sonne ist das Problem, sehr geehrter Herr Abgeordneter: Photovoltaik ist eine gute Entwicklung. Sie müssen sich nur die Kostensituation anschauen (Abg. Dr. Bösch: War das eine Zusatzfrage? – Frau Präsidentin!), dass nämlich bei einer Situation – nein, ich akzeptiere das gerne (Abg. Ing. Westenthaler: Das war eine Zwischenfra­ge!) – von Preisen, die wir derzeit haben, letztendlich der Vergleichswert im Bereich der thermischen Gebäudesanierung zwischen 6 und 8 € liegt und bei der Photovoltaik zwischen 40 und 50 €. Also man muss schon auch sehen, wie die Kostenstruktur aus­sieht, damit sich das die Menschen auch leisten können.

Das heißt: Wir haben relativ geringe theoretische Kapazitäten, und wir haben in einem gewissen Ausmaß noch viel geringere praktische Kapazitäten. Wir glauben nach dem bisherigen Diskussionsstand, dass allein die Ausweitung der Flächen relativ wenig bringt, sondern dass man eher im Zusammenhang von Biomasse und, wenn man so will, Heizkopplungen und Heizwerken noch am ehesten einen vernünftigen Output er­reichen kann als über die klassische Biomasseverwertung.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schalle, bitte.

 


Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanz­ler! Der letzte Europäische Rat vom März dieses Jahres stand ganz im Zeichen des Klimawandels und des Klimaschutzes.

Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Gefahr einer Aufweichung der Anti-Atom-Politik Österreichs angesichts Ihrer Zustimmung zu einem Bekenntnis der Staats- und Regierungschefs zur Kernenergie als Mittel zur CO2-Emissionsreduzierung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Bei dem Streit, oder besser: bei der Diskussion, die beim Europäischen Rat in Brüssel stattge­funden hat, ist es im Wesentlichen um Folgendes gegangen: Es gibt in der Europäi­schen Union eine Reihe von Energieproduktionsmöglichkeiten, die als erneuerbare Energieproduktion anerkannt werden. Frankreich, unter dem früheren Präsidenten Chirac, hat den Versuch unternommen, die Kernenergie auch unter die erneuerbare Energie zu bringen, was ich als einen völlig absurden Vorgang empfunden habe; es ist bei dieser Diskussion auch gelungen, das zu verhindern. Was aber zweifelsohne richtig ist – das lässt sich nicht bezweifeln –, ist, dass die Nutzung von Kernenergie zur Re­duktion des CO2-Ausstoßes beiträgt, was aber wiederum nichts über die anderen be­stehenden Risken, die nach wie vor vorhanden sind, nämlich sowohl die Sicherheits­risiken der Anlagen als auch die ungeklärte Frage der Endlagerung, aussagt. Daher bleibt die Kernenergie nach wie vor eine höchst gefährliche Technologie, selbst wenn sie auf den CO2-Ausstoß eine positive Wirkung haben wird.


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Ich stelle fest, dass es leider in der Europäischen Union eine Renaissance der Kern­energiepolitik gibt. Es gibt viele Staaten, die heute schon Kernenergie nutzen, die nun weiter ausbauen. Es gibt Staaten, die eigentlich schon aussteigen wollten, aber man stellt fest, dass diese den Zeitpunkt des Ausstiegs immer weiter nach hinten verlagern. Man stellt weiters fest, dass auch einige Länder, die bisher über keine Kernenergienut­zung verfügen, bereits darüber nachdenken, Kernenergie zu nutzen. Das ist natürlich eine Debatte, die in erster Linie vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit und vor dem Hintergrund der sehr starken Abhängigkeit Europas vor allem von den Ener­giequellen Russlands und aus dem Nahen und Mittleren Osten geführt wird.

Ich glaube, dass das langfristig keine vernünftige Strategie ist, weil man ja sehen muss, dass die Grundlage für die Kernenergie – völlig abseits von allen Sicherheitsrisi­ken – zu einem Großteil aus denselben Ländern kommt. Mehr als 50 Prozent des Urans als Grundlage der Kernenergieproduktion kommen auch aus Russland – also das ist nicht wirklich eine Veränderung zum Beispiel gegenüber der Erdgas- oder der Erdölsituation.

Daher bin ich der Auffassung, dass Österreich konsequent seine bisherige Linie beibe­halten sollte, was aber natürlich heißt, dass wir in den anderen Bereichen, erneuerbare Energie et cetera, viel, viel stärker gefordert sind, als das andere Staaten vielleicht wären.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Hofer, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Sie för­dern unter dem Titel des Ökostromgesetzes nicht nur erneuerbare Energien, sondern auch fossile Energien, wie ein Gaskraftwerk. Wird es nach Ihren Vorstellungen mit einem neuen Ökostromgesetz weiterhin möglich sein, dass fossile Energieträger geför­dert werden, wodurch die Abhängigkeit Österreichs vom Ausland weiter erhöht wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sie haben recht damit, sehr geehrter Herr Abgeordneter, dass im Ökostromgesetz auch die Förderung von Anlagen, die teilweise fossile Energiestoffe enthalten, vorgesehen ist. Das Kriterium der Förderung ist aber die relativ hohe Effizienz, das heißt, vor allem auch die Kraft-Wärme-Kopplungen sind hier eine sehr relevante Größe gewesen.

In welche Richtung diesbezüglich eine Novelle oder überhaupt ein neues Gesetz gehen wird, kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Aber ich weise schon darauf hin, dass es auch bei einem neuen Gesetz um beide Bereiche gehen wird: zum einen um erneuerbare Energien und zum anderen sehr wohl um eine Steige­rung der Energieeffizienz, denn diese werden wir dringend brauchen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Danke.

Wir gelangen nun zur 4. Anfrage, das ist die des Herrn Abgeordneten Dr. Bösch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, meine Frage lautet:

7/M

 


„Ist es gewährleistet, dass Sie während Ihrer Kanzlerschaft alle Schritte setzen werden, um einen Vollbeitritt der Türkei zur EU – so wie es die SPÖ vor der Wahl angekündigt hat – zu verhindern?“


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Sie wissen, dass ein allfälliger Beitritt der Türkei zur Europäischen Union in nächster Zeit nicht aktuell ist. Die Europäische Union hat sich im Jahr 2004 dazu entschlossen, Verhandlungen mit der Türkei ergebnisoffen zu führen, wobei vor allem auch darauf Rücksicht genommen wird, wie die erheblichen finanziellen Auswirkungen eines sol­chen Beitritts verkraftet werden können. Für den Finanzrahmen bis 2014 sind keinerlei Mittel dafür vorgesehen, dass sozusagen ein Staat dieser Größenordnung neues Mit­glied der Europäischen Union sein könnte.

Darüber hinausgehend sind die Verhandlungen mit der Türkei außerordentlich zäh. Sie haben heute früh vielleicht schon im „Morgenjournal“ gehört, dass sich die Türkei dar­über beschwert hat, dass eine Reihe von Verhandlungskapiteln mit der Europäischen Union noch nicht einmal eröffnet wurden. – Ich würde glauben, das aus guten Grün­den, denn einige der bereits offenen Verhandlungskapitel wurden noch nicht befriedi­gend abgeschlossen. Daher glaube ich, dass dieser Prozess der Verhandlungen mit der Türkei ein sehr, sehr langwieriger Prozess sein wird, von dem wir nicht wissen, zu welchem Ergebnis er auf der Ebene der Europäischen Union überhaupt führen wird.

Sie wissen, dass wir immer darüber diskutiert haben, dass ein vernünftiges Verhältnis zur Türkei für Österreich und für Europa von Vorteil sein wird. Wir haben mehrfach in die Diskussion eingebracht, dass es auch Alternativen zum Beitritt geben muss, zum Beispiel irgendeine Art von strategischer oder privilegierter Partnerschaft. Das wäre auch eine Grundlage. Wir sehen, dass in der Europäischen Union heute die Diskussion über einen Beitritt der Türkei viel, viel ergebnisoffener geführt wird, als das noch im Jahr 2004 der Fall war. Das heißt, ich glaube, dass heute viel mehr Staaten die öster­reichische Position teilen, als das noch im Jahr 2004 der Fall war. Wir haben aber auf jeden Fall, um auf Nummer sicher zu gehen, im Regierungsübereinkommen festgelegt, dass, sollte es zu irgendeinem Abschluss kommen, dieser Abschluss, wie auch im österreichischen Nationalrat vereinbart, bei uns einer Volksabstimmung unterzogen werden wird. Aber ich habe keine Hinweise darauf, dass es vor dem Jahr 2014 zu irgendeinem Verhandlungsabschluss kommen wird.

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Bösch, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Bundeskanzler! Welche Er­eignisse, zum Beispiel Menschenrechtsverletzungen, müssten denn Ihrer Ansicht nach eintreten, damit die Verhandlungen, wie der Europäische Rat angekündigt hat, abge­brochen werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Ehrlich gesagt, ich wünsche mir keine Men­schenrechtsverletzungen, sondern ich wünsche mir das Gegenteil, nämlich keine Men­schenrechtsverletzungen. Wie Sie wissen, Herr Abgeordneter, habe ich über Jahre als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates eine sehr kritische Be­gleitung der Türkei in Menschenrechtsfragen durchgeführt – ich war ja einmal Bericht­erstatter zu diesem Thema –, und ich bleibe dabei, dass in einzelnen Teilen der Türkei die Menschenrechtssituation nach wie vor eine unbefriedigende ist und dass vor allem ein ziemlicher Unterschied besteht zwischen dem, was im Gesetz geschrieben ist, und dem, was teilweise die gelebte Realität ist. Elemente wie die Familiengerichtsbarkeit zum Beispiel, die in einzelnen Teilen Ostanatoliens noch immer vorhanden ist, sind meiner Meinung nach ein schlagender Widerspruch zur Europäischen Menschen­rechtskonvention. Daher ist von der Menschenrechtssituation her die Türkei zum jetzi­gen Zeitpunkt sicherlich nicht beitrittsreif.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lu­nacek, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundeskanzler! Im Gegensatz zu den Freiheitlichen, die ihre Anti-Türkei-Politik vor allem auch deswegen betreiben, weil sie gegen türkische und kurdische MigrantInnen in Österreich auftreten (Rufe bei der FPÖ: Frage! Frage!) – Zusatzfragen und Einleitungen sind erlaubt, meine Damen und Herren –, unterstützen die Grünen die Reformprozesse in der Türkei, auch wenn der­zeit nicht wirklich klar ist, ob sich das in den nächsten zehn Jahren ausgehen wird.

Herr Bundeskanzler! Ein großes menschenrechtliches und Umweltproblem wird der von Österreich unterschriebene, von Ihrem Finanzminister akzeptierte Bau des Ilisu-Staudammes in der Türkei sein. (Abg. Scheibner: Das sind ja Vorträge! – Abg. Steibl: Das ist ungerecht! Die Grünen dürfen das!) Was werden Sie tun, Herr Bundeskanzler, um den mit österreichischer Exportgarantie geplanten Bau des Ilisu-Staudammes, wo Menschenrechte und EU-Umweltrechte verletzt werden, zu verhindern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, es ist rich­tig, dass das ein umstrittenes Projekt ist. Ich glaube, Frau Präsidentin Glawischnig hat die Region erst vor Kurzem besucht. (Abg. Strache: Mit dem Abgeordneten Klement gemeinsam!) Ach so, sehr gut, wunderbar. Er ist auch informiert, sehr gut. Ich halte es auch für sinnvoll, solche Projekte zu besuchen.

Der Punkt ist, dass das Konsortium Österreich-Schweiz-Deutschland nur bereit ist, die Finanzierung zu übernehmen, wenn die türkische Regierung zur Übernahme einer Reihe von ökologischen und menschenrechtlichen Bedingungen bereit ist.

Das ist auch der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Angeboten. – Was steht zur Verfügung? Es besteht die Möglichkeit, dass China diesen Staudamm errich­tet – unter den bekannten Auswirkungen, die man noch vom Bau des Drei-Schluchten-Dammes her kennt – oder dass dieses österreichisch-deutsche-Schweizer Konsortium diesen Damm errichtet.

Der wesentliche Unterschied ist: Wenn dieses Konsortium ihn errichten soll, wird das nur unter den Bedingungen und Auflagen ökologischer und menschenrechtlicher Natur, die abgegeben wurden, gemacht werden. Da muss die türkische Regierung zustim­men, und wenn das nicht der Fall ist, wird das auch nicht gemacht.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Schie­der, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Ein weiterer Bereich der Erweiterungsstrategie der Europäischen Union ist der Balkan. Kroatien hat bereits den Beitrittskandidaten-Status, mit Serbien soll jetzt wieder über das Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen verhandelt werden. Wie schätzen Sie in diesem für Österreich wichtigen Bereich die kommenden Entwicklungen ein?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, wie Sie wissen, ist der westliche Balkan für uns von ganz erheblicher Bedeutung. Stabilität, Frieden und Zusammenarbeit in dieser Region definieren auch in einem großen Aus­maß die Sicherheit Österreichs, daher haben wir größtes Interesse daran, dass diese Region ökonomisch, sozial und politisch stabilisiert wird. Wir sind daher der Auffas­sung, dass es sehr gut ist, wenn erstens möglichst viele Staaten an diesem Stabilisie­rungs- und Assoziierungsabkommen teilnehmen und zweitens immer mehr Staaten auch den Kandidatenstatus erhalten.


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Ich glaube, ganz besonders wichtig ist, dass die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien sehr zügig geführt werden. Da muss man sagen, dass es auch von kroatischer Seite notwendig sein wird, das Reformtempo in nächster Zeit zu erhöhen. Wir wissen, dass dort im Herbst Wahlen stattfinden und dass die Vorwahlzeit nicht die allerbeste Zeit ist, um bei den Reformen aufs Tempo zu drücken, aber ich bin optimistisch, dass nach den Wahlen dieses Tempo wieder erhöht wird und daher Kroatien ein nächstes Mitglied der Europäischen Union sein könnte.

Ein wichtiger Schritt ist, glaube ich, dass die Europäische Union sich jetzt entschlossen hat, ohne zusätzliche Bedingungen die Verhandlungen mit Serbien über ein Stabilisie­rungs- und Assoziierungsabkommen wieder aufzunehmen. Wie Sie alle wissen, hängt die Frage des letztendlichen Status des Kosovo nach wie vor in der Luft. Der Weltsi­cherheitsrat wird sich damit auf Basis der Grundlage, die der Ahtisaari-Bericht geschaf­fen hat, zu befassen haben. Aber es geht vor allem darum, die Frage einer europäi­schen Perspektive für Serbien zu entkoppeln von der Kosovo-Frage. Es wäre ganz schlimm, wenn in der serbischen Geschichte irgendwann übrig bleiben würde, dass Serbien auf den Kosovo verzichtet hat und das der Preis war, den man für die euro­päische Perspektive bezahlt hat.

Das würde historisch eine neue Wunde aufreißen, die, glaube ich, nicht sinnvoll ist, und daher ist es vernünftig, wenn wir die Frage der Lösung des Kosovo-Problems los­lösen von der Frage der europäischen Perspektive Serbiens. Und gerade in dieser Hin­sicht war es ein wichtiger und guter Schritt, vorgeschlagen vom Erweiterungskom­missar Olli Rehn, jetzt unabhängig von der weiteren Perspektive im Kosovo-Konflikt die Verhandlungen über ein Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen wieder aufzuneh­men.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! So wie die Dritte Nationalratspräsidentin Eva Glawischnig-Piesczek haben Sie letzte Wo­che der Türkei einen Besuch abgestattet. Anknüpfend an die Frage von Frau Mag. Lu­nacek: Wie stehen Sie zur Garantie der Kontrollbank im Speziellen zum Ilisu-Stau­damm-Projekt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich glau­be, dass, wenn es gelingt, dass dort ein auf Menschenrechtsbasis und stärkeren ökolo­gischen Nachhaltigkeitskriterien geplantes und errichtetes Projekt entsteht, das besser ist, als wenn China einen Staudamm in einer ähnlichen Form, wie es bereits im eige­nen Land Staudämme errichtet hat, baut. Daher hat sich das gemeinsame Konsortium aus Deutschland, der Schweiz und Österreich dazu entschlossen, dort anzubieten, und klarerweise hat sich auch die Oesterreichische Kontrollbank dazu entschieden, die Finanzierung zu übernehmen – vorausgesetzt, die menschenrechtlichen und ökologi­schen Auflagen werden vonseiten der Türkei entsprechend akzeptiert und vollzogen!

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Scheibner, bitte.

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Bundeskanzler, ich glaube, eines der großen Defizite in der Europäischen Union ist die Ehrlichkeit. Wenn man ehrlich ist und die Europäische Union als Wertegemeinschaft sieht, dann kann die Türkei niemals Vollmitglied dieser Europäischen Union werden. Wäre es nicht besser, gerade auch für ein kleines Land wie Österreich, und würden Sie das unterstützen, dass man sagt: endlich zurück zur Ehrlichkeit, Abbruch der Vollbeitrittsverhandlungen und dafür die


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Kreation einer Partnerschaft für Europa, wo man maßgeschneidert ein Paket von Ko­operationen zwischen der Europäischen Union und der Türkei schneidern kann!?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Sie wis­sen selbstverständlich, dass die Kategorie „Ehrlichkeit“ meistens eine sehr subjektive Konnotation hat. Ich weise darauf hin, dass die Verhandlungen mit der Türkei ergebnis­offen geführt werden, dass im Jahr 2004 die Mehrheit der Europäischen Union viel­leicht noch in die Richtung gegangen ist, dass eigentlich der Vollbeitritt die einzige Möglichkeit ist. Ich glaube, dass aufgrund der politischen Veränderungen, die es in Europa seit dieser Zeit gegeben hat, das nun viel gleichgewichtiger betrachtet wird, nämlich: entweder die Möglichkeit eines Vollbeitritts oder die Alternative irgendeiner Art von – wenn man so will – strategischem Abkommen oder privilegierter Partnerschaft. Und ich glaube, dass wir eigentlich erst jetzt in der Situation sind, die Österreich schon im Jahr 2004 angestrebt hat, nämlich: dass es eine Alternative gibt und dass in der Tat ergebnisoffen verhandelt wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur 5. Anfrage, das ist die des Herrn Abgeordneten Ing. Westenthaler an den Herrn Bundeskanzler. – Bitte.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Bundeskanzler, meine Frage lau­tet:

1/M

„Warum veranlassen Sie angesichts der seit 2006 deutlich steigenden Wirtschaftsent­wicklung sowie der weit über den Erwartungen liegenden Steuereinnahmen nicht be­reits im Jahr 2007 anstelle weiterer Belastungen die Durchführung einer Steuerzahler wie Mittelstand entlastenden Steuerreform?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich freue mich mit Ihnen über die sehr gute Wirtschaftsentwicklung in Österreich. Es ist außeror­dentlich erfreulich, dass die OECD vergangene Woche bekannt gegeben hat, dass wir wahrscheinlich auch im heurigen Jahr wieder ein Wachstum von rund 3 oder 3,2 Pro­zent haben werden. Das liegt in etwa auf der Ebene des Wachstums des vergangenen Jahres, das auch im Laufe des Jahres immer wieder nach oben revidiert wurde. Sie wissen, dass die Quelle unseres Wachstums im Wesentlichen die von der Wachstums­perspektive her sehr gute wirtschaftliche Situation in den mittel- und osteuropäischen Ländern ist. Und auch die neue Aufschwung-Bewegung in Deutschland macht natürlich vom Hintergrund her für Österreich sehr, sehr viel aus. Zum Glück haben viele österrei­chische Firmen die sich daraus ergebenden Chancen auch optimal genützt.

Wir sind der Meinung, dass es nicht sinnvoll wäre, in der jetzigen Situation zusätzlich – wenn man so will – Öl in die Maschine zu gießen und durch eine Steuerreform das Wachstum noch zusätzlich zu erhöhen. Wir glauben, dass sich eine solche prozykli­sche Politik langfristig nicht gut auswirken würde. Wir glauben viel eher, dass wir den Zeitpunkt einer Steuerentlastung dann ansetzen sollten, wenn wir uns nicht mehr so sicher sein können, dass die Wirtschaftsentwicklung objektiv eine so gute ist, damit wir dann durch eine Stärkung der Binnennachfrage nicht nur den Menschen tatsächlich subjektiv etwas Gutes tun, indem sie weniger Steuern zahlen, sondern auch ein besse­res volkswirtschaftliches Ergebnis erreichen.

Daher, glaube ich, ist es sinnvoll, dass wir uns im heurigen Jahr darauf konzentriert ha­ben, dass es zum einen die Mindestsicherung geben wird, dass sich zum Zweiten die


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Sozialpartner auf einen Mindestlohn von 1 000 € für Vollzeitarbeit einigen können – das wird doch eine wesentliche Stärkung der Nachfrage vor allem im unteren Einkom­mensbereich bringen – und dass wir drittens die Steuerreform so ansetzen, dass daraus im Jahr 2010 – wo wir noch nicht wissen, wie hoch das Wachstum sein wird – in jedem Fall eine zusätzliche Wirkung zur Stabilisierung der Nachfrage entstehen wird.

Klar ist, dass bei einer solchen Steuerreform in erster Linie die unteren und mittleren Einkommensschichten drankommen müssen, nämlich jene, die in den vergangenen Jahren auch die Konsolidierungslasten zu tragen hatten. Ich glaube, es wird eine sehr spannende und gute Diskussion im Vorfeld dieser Steuerreform geben, wo unter­schiedliche Ziele, die man damit verbindet, in die Debatte eingebracht werden. Es geht ja nicht nur um den Steuertarif, sondern vor allem auch darum, dass wir die Belastung des Faktors Arbeit durch Steuern und Abgaben reduzieren wollen, weil das dazu füh­ren kann, dass wir damit die Nachhaltigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der österrei­chischen Wirtschaft stärken.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Westentha­ler, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Eine der wohl von Ihnen und Ihrer Regierung am meisten belasteten Gruppen sind die österreichischen Autofahrer. Wir werden aufgrund der Mineralölsteuererhöhung den höchsten Benzinpreis der Geschichte der Republik in den nächsten Wochen sozusa­gen schreiben.

Was gedenken Sie zu tun, um die österreichischen Autofahrer zu entlasten, die auf­grund der Erhöhungsinitiativen der Wiener SPÖ – öffentliche Verkehrsmittel wurden beispielsweise massiv verteuert – nicht einmal die Möglichkeit haben, umzusteigen, weil es dann noch teurer wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Ich bin Ihnen sehr dankbar für diese Frage, sehr geehrter Herr Abgeordneter. Sie gibt mir die Möglichkeit, darauf hinzuweisen, dass sowohl in Deutschland als auch in Italien, in unseren Nachbarstaaten, die Benzin- und Dieselpreise nach wie vor bedeutend über dem österreichischen Niveau liegen und dass selbst bei unseren östlichen Nachbarn jetzt in etwa das gleiche Maß erreicht wurde.

Das stellt im Übrigen für Österreich eine enorme Belastung dar, weil das dazu führt, dass wir es nach wie vor mit einem gewissen Tanktourismus zu tun haben. Das heißt, dass aufgrund dessen, dass Benzin und Diesel in Österreich so billig sind, bei uns getankt wird, was zwar auf der einen Seite zu zusätzlichen Steuereinnahmen führt, uns aber auf der anderen Seite bei der CO2-Bilanz angerechnet wird, und wir für die Nicht­erfüllung der CO2-Reduktionsziele dann dementsprechend zahlen müssen.

Das heißt, die Situation, dass in Österreich trotz der Erhöhung der Mineralölsteuer der Treibstoff nach wie vor viel, viel billiger ist als in den Nachbarstaaten, ist sozusagen nicht nur gut für die einzelnen Betroffenen, die nicht mehr bezahlen müssen, sondern, was die CO2-Belastung und die daraus entstehenden Kosten betrifft, für Österreich lei­der auch eine Belastung.

Wir haben uns dazu entschieden, dass wir hier eine soziale Abfederung vornehmen. Sie wissen, dass es zu einer Erhöhung der Pendlerpauschale für diejenigen, die täglich zur Arbeit pendeln müssen, gekommen ist und dass wir diese Pendlerpauschale sozial gerecht auch auf jene Gruppen ausgedehnt haben, die solch ein geringes Einkommen haben, dass sie bisher keine Steuern zahlen mussten, und die über die neue Regelung auch eine Unterstützung bekommen, sodass wir zum einen den ökologischen Kriterien,


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die wir uns vorgenommen haben, entsprechen, zum anderen aber dafür auch einen sozialen Ausgleich für die Betroffenen durchgeführt haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Themessl, bitte.

 


Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Die Klein- und Mittelbetriebe und damit der Mittelstand sind die am stärksten belasteten Schichten in Österreich. Sie vertrösten diese auf eine Steuerreform im Jahr 2010. An­erkannte Wirtschaftsforscher sagen, es sei unseriös, für das Jahr 2010 ein Wirtschafts­wachstum in dementsprechender Größe vorauszusagen. (Rufe bei der SPÖ: Frage!) – Ich muss ihm schon erklären, damit er weiß, worum es geht.

Herr Bundeskanzler, Sie wissen, dass es unseriös wäre, das vorauszusagen. Sie wis­sen auch, dass ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, bitte die Frage!

 


Abgeordneter Bernhard Themessl (fortsetzend): Ich frage Sie: Auf welche Wirt­schaftsprognosen stützen Sie Ihren frommen Wunsch – beziehungsweise ist es nur
ein frommer Wunsch dieser Regierung –, dass auch das Wirtschaftswachstum im Jahr 2010 eine Steuerreform im Ausmaß von 3 Milliarden € ermöglicht?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir sind
in den letzten Jahren in der glücklichen Situation gewesen – und auch im heurigen Jahr –, dass wir das Jahr immer relativ bescheiden in unseren Annahmen, was die Wachstumsentwicklung betrifft, begonnen haben und sich über das Jahr hinaus eigent­lich gezeigt hat, dass das Ergebnis des Wirtschaftswachstums meistens besser war, als wir am Beginn des Jahres angenommen haben.

Wir stützen uns bei der Perspektive einer Steuerreform für das Jahr 2010 nicht darauf, dass das Wachstum im Jahr 2010 so hoch ist wie im heurigen Jahr. Wir müssen damit rechnen, dass das Wachstum irgendwann auch wieder abflachen wird. Genau das ist der Grund, zu sagen: Wir wissen, dass dieses hohe Wirtschaftswachstum nicht auf alle Zeiten haltbar sein wird, und daher setzen wir eine Steuerreform für jenen Zeitpunkt an, zu dem die Steuerreform nicht nur eine Entlastung des Einzelnen bringt, sondern auch zu einer Stabilisierung der Kaufkraft und der Nachfrage in Österreich beitragen kann und damit auch eine volkswirtschaftliche Funktion erfüllt.

Wir gehen bei der Planung dieser Steuerreform viel mehr davon aus, wie sich das Defi­zit der öffentlichen Haushalte entwickelt. Wie Sie wissen, sind wir im heurigen Jahr im Budget noch davon ausgegangen, dass wir 0,9 Prozent Defizit haben werden. Auf­grund der guten Wirtschaftsentwicklung wird es wahrscheinlich am Ende des Jahres sogar um einiges weniger sein. Und die Planung ist die, dass wir im Jahr 2010 theore­tisch sogar einen Überschuss hätten, und diesen Überschuss wollen wir für eine Steu­ersenkung lukrieren, und zwar vor allem für die kleinen und mittleren Einkommen, um die vorhin von mir skizzierten Ziele und Effekte auch zu erzielen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Rossmann, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Bundeskanzler! Steuern runter macht Österreich munter! – das war eine Ihrer Kernaussagen in einem Interview ge­genüber der „Bild“-Zeitung vom 11. Mai.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 30

Meine Frage in diesem Zusammenhang: Halten Sie die steigenden Einnahmen bei der Körperschaftsteuerentwicklung tatsächlich für eine Folge der Steuersenkung 2005, wie Sie es ebenfalls der „Bild“-Zeitung gegenüber zum Ausdruck gebracht haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 31

Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Bei der Diskussion der Senkung der Körperschaftsteuer hat die Befürchtung bestanden, dass das zu erheblichen Einbrüchen führen wird, was die Körperschaftsteuer betrifft. Ebenso hat die Einführung der Gruppenbesteuerung die Befürchtung genährt, dass das auch zu einem Einbrechen der Körperschaftsteuer führen wird.

Nun müssen wir schauen: Was war die reale Entwicklung? – Die reale Entwicklung war zum Glück, dass die Körperschaftsteuer nicht eingebrochen ist, sondern es aufgrund der guten Wirtschaftsentwicklung zu einer Steigerung der Körperschaftsteuer gekom­men ist. Das Zweite ist, dass sich die Gewinnsituation der österreichischen Betriebe verändert hat.

In der Vergangenheit war es so, dass Gewinne in Österreich dazu verwendet wurden, um im Ausland zu investieren. Das waren am Beginn manchmal auch defizitäre Inves­titionen, die zu einer Reduktion des Gewinns in Österreich geführt haben. In der Zwi­schenzeit ist es so, dass viele der großen Unternehmungen, die vor allem in Mittel- und Osteuropa tätig sind, einen Großteil ihres Gewinns außerhalb Österreichs machen und daher diese Gruppenbesteuerung nicht dazu führt, dass das Steuerniveau in Öster­reich sinkt, sondern wir uns ganz im Gegenteil die Gewinne und einen Teil des Wachs­tums nach Österreich hereinholen.

Was die zweite Frage betrifft, so ist es richtig, dass die Steuerreform in Österreich für das Jahr 2010 eine Steuersenkung darstellen wird. Wir gehen davon aus, dass diese Steuersenkung nicht nur eine belebende Wirkung für die Wirtschaft haben wird, son­dern natürlich auch die Leistungsbereitschaft und die Motivation stärker steigern wird, weil dadurch die Menschen den Eindruck haben werden, dass ihnen ein größerer Teil von dem, was sie selbst erarbeitet haben, am Ende des Monats übrig bleiben wird.

Im Übrigen gibt es eine Reihe von Steuerpunkten, die durchaus kontroversiell gewesen sein mögen oder kontroversiell sind, wenn sie aber einmal beschlossen sind, ist es, so glaube ich, wichtig, dass man vor allem bei den Nachbarn dafür wirbt, wie sich bei uns die Wirtschafts- und Steuersituation gestaltet, denn wir haben überhaupt nichts dage­gen, wenn jede Menge von Investoren und Anlagesuchenden aus unserem Nachbar­land Deutschland nach Österreich kommen und sich bei uns hier niederlassen. Sie sind alle herzlich willkommen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich die nächste Zusatzfrage aufrufe, mache ich darauf aufmerksam beziehungsweise gebe die Information, dass das auf­grund der vorgeschrittenen Zeit die letzte Runde in dieser Fragestunde sein wird.

Der nächste Fragesteller ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Von der letzten Steuer­reform haben die meisten Österreicherinnen und Österreicher gar nichts oder kaum etwas gemerkt.

Welche Maßnahmen werden Sie setzen, dass dieses Mal Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen einen gerechten Anteil von der Steuerreform bekommen und von einer Steuerreform nicht nur aus der Zeitung erfahren, sondern davon auch wirklich in ihrem Geldbörsl etwas merken?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Die Ziel­setzung für die Steuerreform im Jahr 2010 wird die sein, dass wir zum einen unserer Aufgabe nachkommen, die Wettbewerbsfähigkeit weiter zu steigern. Das heißt, wir wol­len eine Reduktion der Belastung des Faktors Arbeit haben. Das kann über unter­schiedliche Mechanismen und Methoden erfolgen.

Das Zweite ist: Wenn es unser Ziel ist, die Konjunktur in Österreich zu stabilisieren, dann müssen vor allem diejenigen mehr davon haben, die eine hohe Konsumneigung haben, und das sind nun einmal in erster Linie der Mittelstand und die unteren Einkom­mensschichten. Es ist überhaupt festzustellen, dass aufgrund der Lohnentwicklung der letzten Jahre zum Beispiel der Spitzensteuersatz schon relativ früh beginnt. Das heißt, selbst Menschen, die über kein sehr hohes Einkommen verfügen, zahlen bereits für einen Teil ihres Einkommes den Spitzensteuersatz. Da muss man sich die Frage stel­len, ob das wirklich vernünftig und gerechtfertigt ist.

Das heißt, es geht darum, dass die Steuerreform nach mehreren Richtungen hin sozial und fair sein soll. Und sozial und fair heißt, den Standort zu stärken und in erster Linie dem Mittelstand und den unteren Einkommensschichten die Entlastung zukommen zu lassen. Das würde für die Menschen und auch für die Stärkung der Konjunktur nach­haltig gut sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Praßl, bitte.

 


Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Auch bei meiner Frage geht es um eine Entlastung, und zwar: In welcher Form plant die Bundesregierung bei der nächsten Steuerreform ein besonderes Augenmerk auf die Familien zu richten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Sie wis­sen, dass wir in Österreich über ein breites Instrumentarium der Familienförderung ver­fügen. Das ist wahrscheinlich das großzügigste Familienförderungssystem, das es in Europa gibt. Wir haben bei unseren Diskussionen vor allem darüber gesprochen, wie wir das noch effizienter gestalten können. Sie wissen, dass im Regierungsprogramm eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen sind, zum Beispiel die Flexibilisierung des Kindergeldes. Das würde zu einer deutlichen Erhöhung des Kindesgeldes führen, wenn ein kürzerer Bezug gegeben ist.

Es werden aber auch die Mehrkinderzuschläge für Drei-, Vier- und Mehrkinderfamilien ausgeweitet werden. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Schritt, und zwar vor allem für jene Gruppe, wo die soziale Belastung dadurch sehr stark ist, einen Beitrag zu leisten.

Aber wir glauben nicht, dass auf der steuerlichen Ebene der richtige Ansatz zu finden ist, sondern meinen, dass es besser ist, über jene Transfermaßnahmen, die wir im Regierungsprogramm festgeschrieben haben, die Familien zu fördern.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bedanke mich beim Herrn Bundeskanzler. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Neugebauer.)

Die 60 Minuten Fragezeit sind längst abgelaufen. Die Fragestunde ist beendet.

10.12.30Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 32

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Land­arbeitsgesetz 1984 geändert werden (141 d.B.),

Antrag 228/A der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflege-Übergangsgesetz geändert wird,

Antrag 229/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Entwicklungshelfergesetzes,

Antrag 232/A(E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen be­treffend bundeseinheitliche Regelungen betreffend Persönliche Assistenz;

Außenpolitischer Ausschuss:

Antrag 238/A(E) der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Absicht von Tschechien und Polen auf bilateraler Ebene ein US-Rake­tenschild auf dem Boden der EU stationieren zu lassen;

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992 geändert wird – Kraftfahr­zeugsteuergesetz-Novelle 2007 (KfzStG-Novelle 2007) (96 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Finanzmarktauf­sichtsbehördengesetz geändert werden (VAG-Novelle 2007) (128 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapier­dienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007) erlassen wird sowie das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, das Investmentfondsgesetz, das Kapi­talmarktgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Konsumentenschutzge­setz und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden (143 d.B.),

Antrag 226/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Mehrwertsteuerrückvergütung bei der Anschaffung von Geräten durch Feuer­wehren und Rettungshilfsorganisationen;

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird, und das Tierschutzge­setz und das Tierseuchengesetz geändert werden (142 d.B.),

Antrag 235/A(E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Importverbot für Hunde- und Katzenfelle;

Justizausschuss:

Antrag 233/A(E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend geschlechterspezifischer Statistiken und Schulungen im Justizbereich;

Kulturausschuss:

Antrag 230/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend freien Eintritt in die Bundesmuseen zumindest 12-mal pro Jahr,

Antrag 231/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bibliotheksgesetz in Österreich;


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 33

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 236/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel von Tieren, die mit gen­technisch veränderten Futtermitteln ernährt wurden,

Antrag 237/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend verbindliche ökologische Standards bei der Pflanzentreibstoff­erzeugung;

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2007/8 (III-59 d.B.);

Umweltausschuss:

Bundesgesetz über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschä­den (Bundes-Umwelthaftungsgesetz – B-UHG) (95 d.B.);

Unterrichtsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von bestimmten Unter­richts- und Erziehungstätigkeiten an Schulen im Bereich des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowie das Bundesgesetz über das Unterrichts­praktikum geändert werden (137 d.B.),

Antrag 227/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Errichtung eines Segelflugplatzes für die HTBLA für Flugtechnik in Eisen­stadt;

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006 geändert wird (127 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz, das ORF-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (139 d.B.),

Antrag 239/A(E) der Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Vorlage einer Regelung betreffend zweisprachige topographische Auf­schriften in Kärnten;

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle) (136 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-No­velle 2007) (138 d.B.),

Antrag 234/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend menschen- und umweltorientierte Änderung des Schifffahrtsrechts – Stichwort Waterbikes/Jetboote;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 geändert wird (140 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Verfassungsausschuss:

Tätigkeitsbericht der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH gemäß § 7 Abs. 2 KOG für das Geschäftsjahr 2006, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauen, Me­dien und öffentlichen Dienst im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-63 d.B.),


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 34

Digitalisierungsbericht 2006, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst (III-64 d.B.),

Tätigkeitsbericht des Digitalisierungsfonds für das Berichtsjahr 2006, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst (III-65 d.B.)

Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria für das Berichtsjahr 2006, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst (III-66 d.B.).

*****

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Um die Punkte 16 und 17 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung er­forderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzu­sehen.

Bei den Punkten 16 und 17 handelt es ich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Klagenfurt um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (145 der Beilagen) sowie um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Vilimsky (146 der Beilagen).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diese Ausschussberichte ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkt 2 bis 5 sowie 6 bis 9 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 116 Minuten, Grüne und Freiheitliche je 92 Minuten sowie BZÖ 64 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig und damit mit der erforderlichen Zweidrittelmehr­heit angenommen.

10.14.511. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (87 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 geändert wird (Jugendwohl­fahrtsgesetz-Novelle 2007) (103 d.B.)

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 35

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zwerschitz. 7 Minuten Wunschrede­zeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.15.22

Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Frau Präsidentin! Guten Morgen, werte Damen und Herren auf der Tribüne! Werte Abgeordneten! Frau Minister! Wir behan­deln heute die Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes. Nach den tragischen Vorfällen in Oberösterreich hat sich ja das Ministerium für Gesundheit, Jugend und Familie über­legt, wie das Jugendwohlfahrtsgesetz geändert werden sollte, um derartige Vorfälle zu vermeiden. Ich möchte gleich einmal vorausschicken, dass ich nicht wirklich nachvoll­ziehen kann, warum diese Änderung an dem betreffenden Fall etwas hätte ändern sollen. Ich kann es aber nicht wirklich genau sagen und darf Sie bitten, vielleicht doch noch die Unterlagen über diesen Fall nachzureichen, die uns im Ausschuss verspro­chen wurden.

Was besagt nun diese Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes? – In Zukunft soll jedes Organ in der hoheitlichen Verwaltung verpflichtet werden, alle Verdachtsmomente, alle Eindrücke, die irgendwie auf eine Beeinträchtigung des Kindeswohles schließen las­sen, an das Sozialreferat weiterzumelden. Auch bisher gab es diese Möglichkeit, auch bisher war es niemandem verboten, das zu tun, und auch bisher haben das viele Men­schen gemacht.

Was in diesem Jugendwohlfahrtsgesetz nicht definiert ist, ist der Umstand, woran man oder woran frau erkennen soll, ob das Kindeswohl beeinträchtigt ist. Ein Kind, ein Jugendlicher, der offensichtlich sehr viele Tagträume hat, kann einerseits frisch verliebt sein, kann aber auch andererseits irrsinnige Probleme mit der Familie haben. Schul­schwänzen kann auch sehr unterschiedliche Gründe haben. Es ist also nicht ganz klar: Was ist Norm, und was ist Meldepflicht? Woran soll die drohende Gefährdung erkannt werden?

Wie ist es bisher gelaufen? – Bisher war es so: Wenn irgendjemand, der mit Kindern und Jugendlichen zu tun hatte, einen Verdacht hatte, dann war es ganz normal, sich zunächst einmal im Team zu besprechen, sich mit jemandem zu besprechen, der auch mit diesem Kind zu tun hatte, sich gegenseitig zu fragen: Fällt dir auch etwas auf? Merkst du auch, dass sich etwas am Verhalten verändert hat? Was sollen wir unter­nehmen? Schauen wir uns das gemeinsam an!

Selbstverständlich hat dieses Team dann auch mit den Vorgesetzten gesprochen. Spe­ziell in den Schulen ist es so, dass der § 48 des Schulunterrichtsgesetzes jetzt schon Direktoren und Direktorinnen dazu verpflichtet, Meldung zu erstatten. Diese Meldungen wurden auch bisher vorgenommen. Und ich meine, dass diesen Personen großer Re­spekt zu zollen ist, und ich möchte ihn heute unbedingt auch hier anbringen: Meine Hochachtung vor den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, vor den Lehrkräften und all den anderen Menschen, die dementsprechend Zivilcourage bewiesen haben und solche Fälle auch wirklich bearbeitet haben und versucht haben, für Kinder und für Jugendliche etwas zu tun. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Das bringt mich aber gleich zum nächsten Punkt, wo ich sagen möchte: Die existie­rende Regelung würde eigentlich reichen. Es braucht Menschen mit Zivilcourage, es braucht Menschen, die sich trauen, die Augen nicht zuzumachen, die hinschauen, die versuchen, solche Fälle in Angriff zu nehmen, solche Fälle zu verhindern und rechtzei-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 36

tig einzugreifen. Diese Menschen mit Zivilcourage werden nicht mehr oder weniger werden deshalb, weil wir eine Gesetzesänderung haben. Sie werden nicht weniger Fälle oder mehr behandeln, behaupte ich jetzt einmal.

Ich habe allerdings eine kleine Umfrage gemacht und mit sehr vielen Betroffenen ge­sprochen. Ich habe mit SozialarbeiterInnen gesprochen, mit LehrerInnen, mit Direkto­rInnen, mit anderen Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Und von denen hörte ich Alarmierendes, und das möchte ich Ihnen mitgeben, bevor Sie die­ses Gesetz beschließen.

Ich war nämlich sehr unsicher, als ich im Ausschuss gemerkt habe, dass alle anderen Parteien dieser Gesetzesänderung zustimmen wollen, und war mir nicht sicher, ob ich das vielleicht anders sehe. Deshalb habe ich eine kleine Umfrage gemacht. Diese ist selbstverständlich nicht repräsentativ. Ich habe nicht die Möglichkeit, einen repräsen­tativen Querschnitt in Österreich zu machen. Aber es waren doch immerhin an die 20 Menschen, die ich befragt habe, 20 Leute, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Und die haben mir gesagt, dass sie es für äußerst problematisch halten, dass Menschen, die das Vertrauensverhältnis zu Jugendlichen, zu Kindern haben, dieses brechen sollen und Anzeigen machen sollen. Sie halten es auch für problematisch, dass einzelne Personen – was sie auch jetzt schon könnten; aber ohne Team –, wenn sie in Institutionen gemeinsam mit Kindern, mit Jugendlichen zu tun haben, mit ihnen arbeiten, nur aufgrund eines Verdachts schon nach außen gehen.

Es gibt die Gefahr von Fehlprognosen. Es ist eine gute Einrichtung, in Teams zu ar­beiten, sich gegenseitig zu beraten, sich gegenseitig beizustehen und gemeinsam zu überlegen, was der richtige Weg ist. Die Institution Schule, die sich an ein Amt wendet, ist eine völlig andere Geschichte als jemand, der sich als Person an dieses wendet.

Ich habe von den Betroffenen, die in Zukunft damit werden leben müssen, dass das Gesetz geändert wird, auch gehört, dass sie befürchten, dass die Zahl der Meldungen zurückgehen wird, und zwar deshalb, weil einige Menschen, die vielleicht bisher Ver­dachtsmomente geäußert haben, sich in Zukunft scheuen werden, dies zu tun, denn sie müssen mit den Eltern und mit den Kindern auch in den nächsten Jahren noch wei­terarbeiten, auch wenn sich die Verdachtsmomente nicht bestätigt haben sollten.

Es wird nicht sehr viele geben – es ist leider so, auch Personen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, sind nicht mutiger als alle anderen Menschen –, die her­gehen und in großer Zahl Anzeige erstatten werden. Das ist etwas, das leider nicht in der menschlichen Natur liegt, auch nicht bei den Menschen in Österreich.

Ich bitte Sie sehr darum, dass Sie sich noch einmal überlegen, ob Sie das Gesetz in dieser Form wirklich beschließen wollen. Ich glaube, wenn Sie wirklich recht haben, dass die Zahl steigen wird, werden wir das Problem haben, dass wir unter Umständen nicht mehr hinhören werden. Ich befürchte aber, dass die Zahl nicht steigen, sondern sinken wird. Insofern stimmt dann eindeutig, was in der Gesetzesvorlage steht: Die finanziellen Auswirkungen sind nicht relevant. Das kann mit dem derzeitigen Betrieb locker aufrechterhalten werden. – Auch das bezweifle ich, wenn es wirklich stimmt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann zu Wort. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.22.08

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die tragischen Fälle von Kindesvernachlässi­gung in Oberösterreich und in anderen Bundesländern haben uns einmal mehr die gro-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 37

ßen Lücken der derzeitigen Jugendwohlfahrt vor Augen geführt. Der Handlungsbedarf ist also für die Politik unübersehbar, überhaupt dann, wenn man bedenkt, dass diese tragischen Fälle nur die Spitze des Eisberges darstellen.

Abgesehen davon, dass diese Fälle in Oberösterreich ganz besonders gelagert waren, ist es ja ein offenes Geheimnis, dass ein großer Teil von Kindesvernachlässigung und Kindesmisshandlung unentdeckt bleibt oder viel zu spät aufgedeckt wird. Jahrelanges menschliches Elend und unabschätzbare Spätfolgen für die betroffenen Kinder sind die Folgen, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann nicht länger hinge­nommen werden. Hier müssen Sofortmaßnahmen gesetzt werden. Auch wenn man aus guten Gründen – Kollegin Zwerschitz hat einige genannt – gegen eine sogenannte Anlassgesetzgebung sein kann, so ist sie in diesem Bereich wirklich dringend notwen­dig.

Konkret wird durch die vorliegende Novelle die Mitteilungspflicht von Behörden und Or­ganen der öffentlichen Aufsicht auch auf Einrichtungen zur Betreuung und zum Unter­richt Minderjähriger ausgedehnt. Das heißt in der Praxis, dass nun die Schulen, die Kindergärten und andere Betreuungseinrichtungen selbst verpflichtet sind, bei Ver­dachtsmomenten Meldung an die Jugendwohlfahrtsträger zu erstatten. Und das er­scheint wirklich sinnvoll, wo sich doch gerade in diesen Einrichtungen Kinder tagtäglich aufhalten oder aufhalten sollten. Die Wahrscheinlichkeit, dass dort Verdachtsmomente zuerst auffallen, ist natürlich entsprechend groß, sodass ein Frühwarnsystem dort am besten angebracht ist.

Ich habe in den Ausschussberatungen auch auf die möglichen Risken dieser Regelung hingewiesen, die eben darin bestehen könnten, dass es, um sich abzusichern, zu einer Überzahl an Fehlmeldungen kommen wird und die Jugendwohlfahrtsbehörden mit dem Abarbeiten dieser Meldungen überlastet werden. Diese Ressourcen könnten dann bei anderen Aufgaben fehlen, die aber auch unverzichtbar sind. Denn: Langweilig war, denke ich, den Beschäftigten in der Jugendwohlfahrt auch bisher nicht.

Diese Bedenken wurden im Ministerrat aufgegriffen, und es wurde in einer Protokoll­anmerkung der Unterrichtsministerin festgehalten, dass das Familienministerium die Schulen aktiv und unmittelbar betreuen und servicieren wird sowie insbesondere auch darüber informieren wird, welche Sachverhalte meldepflichtig sind und welche nicht, um eben bestmöglich Meldeverfehlungen zu vermeiden.

In dieser Protokollanmerkung wird auch festgestellt, dass diese Kooperation eine be­sondere Form der Amtshilfe ist und die Schulen keineswegs zu Vollzugsorganen der Jugendwohlfahrt werden. Das muss natürlich auch für alle anderen nichtschulischen Einrichtungen gelten.

Wir haben im Ausschuss sehr intensiv über diese Novelle diskutiert, und das ist übri­gens ein Recht, das wir uns auch als Regierungsfraktion nicht absprechen lassen. Eine Diskussion muss auch von Regierungsfraktionen intensiv geführt werden. Wichtig war mir im Ausschuss auch die Aussage der Ministerin, dass für den Fall, dass sich durch die neuen Meldepflichten der Ressourcenbedarf erhöht, auch entsprechend Bundes­mittel zugeschossen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht der Gesamtproblematik ist die­se Novelle wirklich ein sehr kleiner Schritt. Der große Wurf ist es sicherlich noch nicht. Die gesamte Jugendwohlfahrt, das Bundesgrundsatzgesetz, aber auch die Landesge­setze, gehören auf ihre Zeitgemäßheit und Praxistauglichkeit hin durchleuchtet und überprüft. Wir brauchen dringend einheitliche Standards, und zwar auf höchstem Niveau. Vielleicht fällt uns auch ein besserer Begriff als der Begriff „Jugendwohlfahrt“ ein, der doch ziemlich antiquiert erscheint.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 38

Aber es geht natürlich nicht um Begriffe, sondern insgesamt wird man auch nicht dar­um herumkommen, die Mittel für die Jugendwohlfahrt generell zu erhöhen. Erziehungs­hilfen, Familienhilfen dürfen nicht am Geld scheitern, und für Fremdunterbringung müs­sen wirklich die höchsten Qualitätsstandards gelten. Unsere Kinder müssen uns das einfach wert sein. Und wenn wir diesen Wert nicht erkennen, werden wir einen sehr hohen Preis dafür bezahlen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mandak. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.27.03

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht bei der Frage, ob wir diesem vor­liegenden Gesetzesantrag zustimmen sollen oder nicht. Auch ich habe mich in Fach­kreisen erkundigt, wie denn das ausschaut. Das Gesetz, das jetzt novelliert werden soll, stammt aus dem Jahr 1998, ist also noch nicht so alt, und ich habe rückgefragt, wie es damals entstanden ist und wie die Stellungnahmen der Einrichtungen damals waren. Es hat sich herausgestellt, dass es schon damals einen sehr langen Diskus­sionsprozess dazu gab.

Es ist nicht so, dass diese bestehende Bestimmung im Jugendwohlfahrtsgesetz von den Fachleuten mit großem Hallo begrüßt worden ist, sondern sie haben genau auf den Punkt hingewiesen, den Kollegin Zwerschitz vorhin angesprochen hat, nämlich auf den Bereich des Vertrauens.

Ein Kind wendet sich an die Lehrerin, an die Kindergärtnerin und erzählt ihr etwas, und diese ist nach dem jetzt vorliegenden Gesetz gezwungen, wenn sie einen Verdacht schöpft, Meldung bei der Jugendwohlfahrt zu erstatten. Was bedeutet dies für das Ver­hältnis von Kind und Betreuerin, von Kind und Lehrer? – Sie müssen sich vorstellen, das Kind wendet sich ja auch nur an jemanden, zu dem es Vertrauen hat. Und diese Person muss jetzt beim Amt Meldung erstatten. Und was damit ausgelöst werden kann, ist womöglich auch sehr negativ.

Ich möchte betonen: Es kann auch gut gehen, es kann auch sein, dass ein total netter Angestellter vom Jugendamt kommt. Es kann sein, dass das Jugendamt diese Aufga­be ausgelagert hat und fachlich hochqualifizierte Personen kommen, und der Fall wird gut geregelt. Aber es kann auch sein, dass das Ganze ein Schuss nach hinten ist, dass das Kind das Vertrauen verliert und dass damit mehr Schaden angerichtet als Nutzen gestiftet wird. Das ist der eine Punkt, warum wir diesem Gesetz in der vorliegenden Form nicht zustimmen werden.

Der zweite Aspekt ist der der Finanzierung. Im Vorspann des Gesetzes ist ja verpflich­tend vorgesehen, eine Finanzabschätzung zu machen, bevor ein Gesetz beschlossen werden kann. Da steht, dass keine finanziellen Auswirkungen zu erwarten sind. – Das kann nicht sein!

Bitte überlegen Sie einmal ganz logisch: Wenn dieses Gesetz greifen, wenn es etwas bewirken soll, dann werden mehr Meldungen an die Jugendwohlfahrt erfolgen! Und wenn mehr Meldungen erfolgen, dann hat die Jugendwohlfahrt zwei Möglichkeiten: Entweder sie schickt selbst jemanden direkt hin und befasst jemanden von den dort tätigen Beamtinnen und Beamten mit dieser Aufgabe, oder sie übergibt die Betreuung an eine anerkannte Institution, die das dann im Auftrag der Jugendwohlfahrt über­nimmt. In beiden Fällen kommen Kosten auf uns zu.

Entweder braucht also die Jugendwohlfahrt mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – das war übrigens auch schon Thema im Jahr 1998, kann ich mich erinnern; wir haben


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das im Vorarlberger Landtag lange diskutiert, und das Land Vorarlberg war nämlich nicht bereit, die Jugendwohlfahrtsposten aufgrund der neuen Gesetzgebung auszu­weiten –, oder es wird das – das ist die zweite Möglichkeit – von einer anderen Institu­tion übernommen. Auch dann kommen natürlich Kosten auf uns zu, und zwar ganz erhebliche, denn das sind diplomierte Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die da in die Familien gehen – und die kosten Geld, und zwar zu Recht, weil sie gute Arbeit ma­chen.

Seien Sie mir nicht böse: Wenn Kollegin Grossmann sagt, die Ministerin hat erreicht, dass da eine Seitennote gemacht wird, dass dafür gesorgt wird, dass das gesichert ist, so fehlt mir da das Vertrauen in die Regierung. Sie haben nämlich keinen Budgetpos­ten vorgesehen, der da lautet: Unterstützung von Jugendwohlfahrt für diesen Bereich. Sie haben keinen Posten im Budget, der da heißt: vermehrte Sozialarbeit an Schulen – die sehr vieles von all dem verhindern könnte, was derzeit leider an Missständen pas­siert, beziehungsweise dazu beitragen könnte, diese Schwierigkeiten, die in den Fami­lien bestehen, aufzufangen.

Aus diesem Grund können wir diesem Gesetz nicht zustimmen – wiewohl uns das Wohl der Kinder sehr, sehr am Herzen liegt. Und gerade deswegen stimmen wir hier und jetzt nicht zu. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

10.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Fuhrmann zu Wort. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.32.01

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Ich glaube, Österreich hat sich schon allein auch durch die UN-Kinderrechtskonvention dazu verpflichtet, Kinder und Jugendliche zu schützen. Ar­tikel 19 der UN-Kinderrechtskonvention besagt ja ausschließlich, dass alle Vertrags­staaten Kinder und Jugendliche vor jeder – nämlich körperlicher und seelischer – Form von Gewaltanwendung, Verwahrlosung und Vernachlässigung zu schützen haben. Und ich glaube, genau diese Novellierung trägt dieser Verpflichtung Rechnung.

Ich glaube, dass die durch die Novellierung erfolgende Verbesserung des Gesetzes dann auch genau dahin gehend ist, dass es auf der einen Seite zu einem besseren In­formationsfluss zwischen den Behörden kommt und eine Art Frühwarnsystem etabliert werden kann, um einfach Vernachlässigungen, Gefährdungen des Kindeswohls so früh wie möglich zu erkennen, und auf der anderen Seite – und das ist jetzt neu – sind in Zukunft auch Schulen von der Mitteilungspflicht von Behörden betroffen.

Ich habe bei den Redebeiträgen der Grünen – Frau Kollegin Zwerschitz hat gespro­chen, zuletzt Frau Kollegin Mandak – sehr genau zugehört, bin mir aber jetzt nicht si­cher, was ihre tatsächlichen Befürchtungen sind. Auf der einen Seite äußert Frau Kolle­gin Zwerschitz Bedenken dahin gehend, dass sich in Zukunft weniger Lehrerinnen und Lehrer dazu in der Lage fühlen werden, Verdachtsmomente zu äußern. Sie haben ge­sagt – ich zitiere Sie –, die werden sich davor scheuen, weil sie ja nicht wissen, was sie damit anrichten, welche Konsequenzen sie auslösen. Frau Kollegin Mandak anderer­seits spricht davon, dass es zu viel mehr Meldungen kommen wird, und stellt dann auch noch in den Vordergrund, dass die Finanzierung beziehungsweise bürokratische Hemmnisse eigentlich wichtiger sind als das Wohl des Kindes. Und ich denke mir, das ist wirklich schlimm (Abg. Sburny: Das ist doch ein völliger Unsinn!), wenn der büro­kratische Aufwand und die Finanzierbarkeit anscheinend hier wichtiger sind als das Kindeswohl. (Abg. Sburny: Wenn es so funktioniert, wie Sie glauben, brauchen Sie mehr Geld – das war die Aussage!)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 40

Ich sage Ihnen eines: Lieber eine Fehlmeldung zu viel – oder sollen es hundert Fehl­meldungen zu viel sein –, und dafür jene Fälle erkannt, wo wir dann tatsächlich helfen haben können! – Das ist eben unser Ansatz. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Sburny: Aber mit welchem Personal werden Sie dann ...?)

Frau Kollegin Zwerschitz, Sie haben schon recht, es ist natürlich auch jetzt nicht verbo­ten, derartige Fälle zu melden. Sie sprechen auch davon, dass in Wirklichkeit das ge­samte Gesetz unnötig wäre – und Sie es deshalb auch nicht unterstützen –, wenn es mehr Menschen mit Zivilcourage gäbe. – Das stimmt: Wenn es in Österreich keine Kri­minellen und keine Schwerverbrecher gäbe, dann bräuchten wir auch andere Gesetze nicht, dann könnten wir alle nach Hause gehen, und es wäre nicht notwendig, dass in Österreich noch irgendwie etwas kontrolliert wird (Abg. Öllinger: Oh! Eine super Pole­mik! Wahnsinn!), und es wäre nicht so, dass es Menschen gibt, die überhaupt einer Unterstützung bedürfen, wenn alles so wunderschön und fein wäre. Nur: Diesen Frie­den und diese Zivilcourage, von der Sie hier reden, haben wir nicht. Und daher würde ich Sie schon ersuchen: Hören Sie auf, zu träumen, sondern sehen Sie einfach wirklich der Realität ins Auge!

Ich glaube, wenn wir immer davon sprechen, dass Kinder unser wichtigstes Gut sind, die Zukunft, auf die wir aufbauen sollen, dann haben es diese allemal verdient, auch in einem glücklichen Umfeld aufwachsen zu dürfen. Und der Gesetzgeber hat die Ver­pflichtung, dem auch nachzukommen. Ich glaube, dass die Novellierung dieses Geset­zes ein wichtiger Schritt und auch ein erster Schritt in Richtung Modernisierung des ge­samten Jugendwohlfahrtsgesetzes ist. Ich glaube, da wird es noch einige Dinge geben, an denen man arbeiten sollte – hoffentlich dann gemeinsam. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger – in Richtung der sich zu ihrem Sitzplatz begebenden Abg. Fuhrmann –: Sie haben vergessen, den Weihrauch wieder mitzunehmen!)

10.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Be­lakowitsch-Jenewein zu Wort. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.36.18

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Die vorliegende Gesetzesnovelle ist für uns ein Versuch, zu bewirken, dass es in diesem Zusammenhang mehr Meldungen an die Behörde gibt. Wir werden dieser Gesetzesnovelle auch zustimmen, wiewohl ich schon anmerken möchte, dass das wirklich nur ein kleines Steinchen ist, das maximal ein Schlupfloch zustopft, aber fünf, sechs andere offen lässt. Wir hoffen, dass damit zumindest mehr Fälle an die Behör­den gemeldet werden. Und was natürlich die Gefahr ist, die hier besteht, ist, dass es zu einer Vielzahl von Fehlmeldungen kommen wird. Wir nehmen das auch bewusst in Kauf, denn wenn auch nur ein einziges Kind mehr davon erfasst wird und nur einem einzigen Kind mehr geholfen wird, dann, glaube ich, ist es das wert, dass man auch die Fehlmeldungen in Kauf nimmt.

Die Kostenfrage ist in diesem Fall für uns nicht wirklich das Argument und kann auch nicht das Argument sein, denn es geht hier um das Wohl und um die Gesundheit von Kindern, und da darf es uns eigentlich nicht zu viel kosten und darauf ankommen, ob wir da ein paar Beamte mehr oder weniger brauchen. Das ist also nicht ein Argument, das für uns hier bindend ist.

Einen großen Kritikpunkt möchte ich schon noch anbringen, Frau Ministerin: Ich glau­be, dieses Gesetz ist ein bisschen schnell gegangen. Und Sie haben es auch im Aus­schuss gesagt: Es ist ein Anlassgesetz. Nur: Diesen Anlassfall, den Sie hier hergenom-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 41

men haben, werden Sie mit diesem Gesetz auch nicht verhindern können, denn da­mals hatte ja die Behörde Kenntnis. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir hätten es gerne gesehen, wenn man hier noch ein bisschen mehr zugewartet hätte, ein bisschen mehr vielleicht auch die Elternverbände und die Lehrerverbände einbezogen hätte, weil das Menschen sind, die mit Kindern einfach zu tun haben. (Abg. Steibl: Alle haben sich einbringen können!)

Daher würde ich meinen, es ist ein kleiner Schritt, ein kleines Steinchen, aber es kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Und wir würden uns wünschen und wir hoffen, dass Sie bei diesem Thema dranbleiben und dass wir in Bälde noch einen wirklich gro­ßen Wurf bekommen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

10.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Haubner zu Wort. 8 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.38.30

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Familien, Fami­lien mit Kindern, Familien mit jungen Menschen haben in den letzten Jahren in der Po­litik eine besondere Wertschätzung, eine besondere Qualität der Förderung und eine besondere Unterstützung erfahren. Und die Gesellschaft ist auch sensibler geworden für die Anliegen der Familien – vielleicht auch im Wissen, dass Kinder eine ganz be­sondere persönliche Bereicherung sind, aber auch für die Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen und dass wir daher in den Mittelpunkt unseres politischen Handelns, was mit Familien, mit Kindern, mit jungen Menschen zu tun hat, das Wohl der Kinder zu stellen haben.

Wie meine Vorrednerinnen schon gesagt haben, ist leider in den letzten Monaten keine Woche vergangen, in der nicht in den Medien wieder Schlagzeilen hinsichtlich Ver­wahrlosung, Gewalt an Kindern und Jugendlichen aufgetaucht sind und wo wir auch – und das möchte ich auch in die heutige Diskussion mit hineinnehmen – das Phänomen der komatrinkenden Jugendlichen und, ich möchte sagen, auch Kinder bemerkt haben.

Daher hat die Politik absoluten Handlungsbedarf, raschen Handlungsbedarf. Ich denke, der heute hier vorliegende Gesetzentwurf, der eine erweiterte Meldepflicht für alle Ein­richtungen, wo Minderjährige unterrichtet oder betreut werden, vorsieht, ist zumindest ein erster kleiner Schritt, und wir werden dieser Novelle auch unsere Zustimmung geben. Auch wenn es – und so habe ich es im Ausschuss schon gesagt – eine Anlass­gesetzgebung ist und natürlich der Kritik, die von anderen bezüglich der umfassenden Mitteilungs- und Meldepflicht vorgebracht wurde, auch Rechnung zu tragen ist, bin ich der Meinung, dass jede Maßnahme für Kinder und Jugendliche, die eine Behörde frü­her aktiv werden lassen kann, um eine Gefährdung abzuwenden, eine ganz besonders wichtige und begrüßenswerte ist und dass dieser Wert über allen anderen steht.

Ich glaube aber auch, dass das allein zu wenig sein wird, und, Frau Bundesministerin, Sie haben ja im Ausschuss gesagt, Sie planen eine umfassende oder große Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes. Ich würde mir wünschen, bevor Sie in diese Planung gehen, einmal einen Gipfel zu machen, einen Gipfel, wo letztendlich auch etwas her­auskommt, einen Gipfel mit den Ländern, damit auch das leidige Thema der Finanzie­rung angesprochen wird, einen Gipfel, wo Expertinnen und Experten, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, Behördenvertreter eingebunden sind, um einmal zu hören, was notwen­dig ist und was zu tun ist.

Wir sehen hier wirklich eine hohe Dringlichkeit, nicht nur hinsichtlich der heutigen Ge­setzesnovelle, sondern auch, den weiteren Schritt zu setzen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 42

Um diese Dringlichkeit zu unterstreichen, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Beseitigung bestehender Mängel in der staatlichen Sorge um das Kindeswohl

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend wird ersucht, dem National­rat zur Umsetzung der nachstehenden Punkte Gesetzesentwürfe zuzuleiten bezie­hungsweise Maßnahmen einzuleiten und über diese dem Nationalrat zu berichten:

Schaffung eines bundeseinheitlichen Jugendschutzgesetzes;

effektiverer Schutz erheblich gefährdeter Kinder durch eine Intensivbetreuung oder die Herausnahme aus der Familie, sodass weitere Gefährdungen hintangehalten werden können;

Einrichtung eines Informationsvernetzungssystems zur Aufdeckung von Gewaltfällen (zum Beispiel zwischen Schule, Spital, Polizei, Jugendamt et cetera);

Ausbau der Präventionsmaßnahmen durch verstärkte Aufklärung aller Betroffenen (El­tern, Kinder) über die Folgen von Gewalt;

intensive Betreuung und Begleitung von Eltern in Erziehungsnotstand durch Erzie­hungsfachleute („Super-Nannies“) der Jugendwohlfahrtsbehörde;

Elternbildung im Mutter-Kind-Pass vorsehen und Eltern-Kind-Begleitung unterstützen;

altersgerechte Informationskampagne für Kinder über Gewalt beziehungsweise wohin sie sich im Bedarfsfall wenden können;

Ausweitung und Umsetzung des Modellprojektes „Kinderbeistand“ in ganz Österreich und

gesetzliche Regelung zur finanziellen Absicherung von Besuchsbegleitung für Schei­dungskinder, um diesen durch die Anwesenheit von Betreuern einen spannungsfreien Kontakt mit beiden Elternteilen zu ermöglichen.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Sorge – und die verbindet uns ja – um das Wohl und das Wohlergehen der Kinder und eine positive Entwicklung dürfen wir aber auch den Umgang der jungen Menschen mit Alkohol und Trinkgewohnheiten, wie sie vielfach an der Tagesordnung sind, nicht außer Acht lassen. Auch hier, denke ich, sind keine unüberlegten Aktionen notwendig und keine langen Diskussionen, wie viele unterschiedliche Ausweise wir brauchen, sondern wir brauchen ein Gesamtpaket unter dem Motto: Kinder stark machen statt süchtig!

Daher darf ich, weil es zum Thema passt, auch in diesem Zusammenhang einen An­trag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des „Komatrinkens“ bei Jugendlichen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 43

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, der Bundesminister für Finanzen sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit werden aufgefordert, folgende Punkte durch entsprechende Maßnahmen bezie­hungsweise durch die Vorlage von Gesetzesentwürfen umzusetzen:

1. umgehende Verhandlungen mit den Ländern für ein bundeseinheitliches Jugend­schutzgesetz;

2.  Senkung des Umsatzsteuersatzes auf 10 Prozent bei alkoholfreien Getränken;

3. verstärkte Bewusstseinsbildung durch Aufklärungskampagnen an den Schulen über die schädlichen Auswirkungen übermäßigen Alkoholkonsums und altersadäquate Prä­ventivmaßnahmen durch pädagogisch ausgebildete Fachkräfte sowie Stärkung der Eigenverantwortung der Eltern;

4. strengere Kontrollen der Gastronomiebetriebe, Supermärkte und Tankstellen sowie Untersagung von Veranstaltungen wie Trinkspiele oder Trinkwettbewerbe als unzuläs­sige Ausübung des Gastgewerbes und

5. Schaffung einer einheitlichen multifunktionalen Jugend-Chip-Karte.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Mit diesen beiden Entschließungsanträgen wollen wir auf die Aktualität und auf die Notwendigkeit von gemeinsamen Lösungen dieses Problems hinweisen. Und ich denke, alles, was wir heute in die Jugend investieren – an Unterstützungen, an Zeit, an Liebe, an Zuwendung und an Fürsorge –, ist etwas, was den jungen Menschen auch in Zukunft und insgesamt unserer Gesellschaft zugute kommt.

Wir sagen seitens des BZÖ ja zu diesem heutigen kleinen Schritt, der in der Novelle vorgesehen ist, aber wir sagen auch ja zu einem gemeinsamen Handeln in Verantwor­tung für eine Generation, die stark selbstbestimmt und werteorientiert ihre Zukunft ge­stalten soll. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

10.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die soeben von Frau Abgeordneter Haubner eingebrachten Entschließungsanträge – einmal betreffend Maßnahmenpaket zur Be­seitigung bestehender Mängel in der staatlichen Sorge um das Kindeswohl und zum Zweiten betreffend Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Komatrinkens bei Jugendli­chen – sind beide ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Mag. Gernot Darmann und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Beseitigung bestehender Mängel in der staatlichen Sorge um das Kindeswohl

eingebracht im Zuge der Debatte über die Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 2007 (103 d.B.)

Grundsätzlich ist jede Maßnahme, die das jugendliche Wohl fördert und verhindert, dass sich Ereignisse wie der tragische Fall der drei von ihrer Mutter eingesperrten


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 44

Mädchen in Oberösterreich, aber auch zwei weitere aufgedeckte Fälle in der Steier­mark und in Niederösterreich, wiederholen, begrüßenswert, allerdings ist die von der Regierung vorgelegten Novelle zum Jugendwohlfahrtsgesetz allein nicht geeignet, in Zukunft tragische Fälle wie die bekannt gewordenen zu verhindern.

Mit dem Gesetzesentwurf wird lediglich die bereits bestehende Gesetzeslage im Be­reich der Meldepflicht (§ 48 SchUG) bestätigt in der Hoffnung, den Informationsfluss zwischen Schule und Jugendwohlfahrtsbehörde zu verbessern. Doch wie sich in den dramatischen Fällen von Vernachlässigung gezeigt hat lag es nicht am Informations­mangel, dass nichts oder viel zu wenig unternommen wurde, um die Kinder aus ihrer misslichen Lage zu befreien.

Regelungen zum Schutz unserer Kinder und Begleitung der Eltern, so wie sie bereits vor einem Jahr vom BZÖ im Rahmen einer Enquete zum Thema Kinderschutz gefor­dert wurden, sind also weiterhin dringend erforderlich. Die unterzeichneten Abgeordne­ten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend wird ersucht, dem National­rat zur Umsetzung der nachstehenden Punkte Gesetzesentwürfe zuzuleiten bzw. Maß­nahmen einzuleiten und über diese dem Nationalrat zu berichten:

Schaffung eines bundeseinheitlichen Jugendschutzgesetzes;

effektiverer Schutz erheblich gefährdeter Kinder durch eine Intensivbetreuung oder die Herausnahme aus der Familie, sodass weitere Gefährdungen hintangehalten werden können;

Einrichtung eines Informationsvernetzungssystems zur Aufdeckung von Gewaltfällen (z.B. zwischen Schule, Spital, Polizei, Jugendamt etc.);

Ausbau der Präventionsmaßnahmen durch verstärkte Aufklärung aller Betroffenen (El­tern, Kinder) über die Folgen von Gewalt;

intensive Betreuung und Begleitung von Eltern in Erziehungsnotstand durch Erzie­hungsfachleute („Super-Nannies“) der Jugendwohlfahrtsbehörde;

Elternbildung im Mutter-Kind-Pass vorsehen und Eltern-Kind Begleitung unterstützen;

altersgerechte Informationskampagne für Kinder über Gewalt bzw. wohin sie sich im Bedarfsfall wenden können;

Ausweitung und Umsetzung des Modellprojekts „Kinderbeistand“ in ganz Österreich und

gesetzliche Regelung zur finanziellen Absicherung von Besuchsbegleitung für Schei­dungskinder, um diesen durch die Anwesenheit von Betreuern einen spannungsfreien Kontakt mit beiden Elternteilen zu ermöglichen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Mag. Gernot Darmann und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des „Komatrinkens“ bei Jugendlichen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 45

eingebracht im Zuge der Debatte über die Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 2007 (103 d. B.)

Erschütternde Meldungen zum Thema „Komatrinken“ bei Jugendlichen haben die ös­terreichische Presselandschaft in den letzten Wochen beherrscht. Sie zeigen die Not­wendigkeit der raschen Umsetzung eines Maßnahmenbündels, das geeignet ist, einer­seits den Alkoholkonsum unter Jugendlichen zu reduzieren und andererseits ein grund­sätzliches Umdenken der Gesellschaft herbeizuführen.

Die Zahlen sind alarmierend:

Lag das Einstiegsalter beim Alkoholkonsum vor etwa 20 Jahren noch bei 14 bis 16 Jahren, so sind es gegenwärtig bereits 12- bis 13-jährige, die regelmäßig zur Fla­sche greifen. Fälle von Kindern unter zehn Jahren, die wegen Alkoholvergiftung in Spi­talsbehandlung waren, sind traurige Realität. Dass mittlerweile rund 330.000 Österrei­cher bereits alkoholkrank und 870.000 gefährdet sind abhängig zu werden, führt die Auswirkungen dieser Entwicklung nur allzu drastisch vor Augen.

Eine weitere Sensibilisierung der „betroffenen“ Bevölkerungsgruppen, sprich Kinder, Jugendliche, Eltern sowie Gastronomie und Handel in Zusammenhang mit den negati­ven gesundheitlichen, gesellschaftlichen sowie längerfristig auch volkswirtschaftlichen Auswirkungen des übermäßigen Alkoholkonsums ist daher ein Gebot der Stunde. Die entsprechende Bewusstseinsbildung hat bereits im Elternhaus aber auch Kindergarten und Schule Platz zu greifen. Dabei kann die Problemlösung nicht – wie vielfach gefor­dert – nur über rigorose Verbote erfolgen, sondern ein sinnvoller Mix an Maßnahmen ist erforderlich, um folgende gegenwärtig noch bestehende Defizite abzubauen:

1. Nach wie vor kein bundeseinheitliches Jugendschutzgesetz

Nach wie vor sind die jugendschutzrechtlichen Bestimmungen aufgrund bestehender Landeskompetenz in den neun Bundesländern unterschiedlich ausgeprägt. Dies betrifft insbesondere die Ausgehzeiten für Jugendliche sowie Altersbeschränkungen für Alko­holkonsum. Es ist nicht einzusehen, wieso es von Bundesland zu Bundesland noch immer unterschiedliche Regelungen für Jugendliche bei Ausgehzeiten und Alkoholkon­sum gibt. Der Ankündigung von Verhandlungen mit den Ländern aus dem Regierungs­programm sind bisher keine Taten gefolgt. 

2. Steuer auf alkoholfreie Getränke zu hoch

Derzeit geltende Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes diskriminieren durch die Anwendung unterschiedlicher Steuersätze alkoholfreie Getränke. So wird beispiels­weise Milch zurecht mit dem begünstigten Steuersatz von 10 % besteuert, Fruchtsäfte hingegen (so wie alkoholische Getränke) mit dem vollen Satz von 20 %, was der Ziel­setzung einer Attraktivierung nichtalkoholischer Getränke im Sinne der Eindämmung des Alkoholkonsums nicht gerade zuträglich ist.

Aus diesem Grund ist daher der Umsatzsteuersatz für nicht alkoholische Getränke ge­nerell auf 10 % zu senken.

3. Keine ausreichende gesellschaftliche Bewusstseinsbildung über den Problemkreis Alkohol

Es ist notwendig Aufklärungskampagnen zu starten, um die Jugendlichen für die schädlichen Auswirkungen übermäßigen Alkoholkonsums zu sensibilisieren.

Altersadäquate Präventivmaßnahmen zur Eindämmung der Gefahr des Griffs zu lega­len wie illegalen Suchtmitteln durch entsprechend pädagogisch ausgebildete Fachkräf­te fehlen derzeit fast völlig. Eine entsprechende Ausbildung für Kindergartenpädago­ginnen und Pädagogen sollte an den Pädagogischen Hochschulen angeboten werden.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 46

Ziel muss sein, dass Jugendliche gar nicht zu legalen und illegalen Suchtmitteln grei­fen. Daher muss mit einer umfassenden Prävention ab dem Kindergartenalter begon­nen werden. Aber auch eine stärkere Eigenverantwortung der Eltern ist gefragt.

4. Zuwenig Kontrolle in Gastronomiebetrieben, Supermärkten und Tankstellen

In Gastronomiebetrieben, Supermärkten und Tankstellenshops werden immer wieder alkoholische Getränke an unter 16-jährige abgegeben. Untersuchungen haben erge­ben, dass 90% der 15-jährigen in Lokalen problemlos Alkohol erhalten.

Daher sind einerseits die zuständigen Sicherheitsbehörden angehalten, die Einhaltung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen rigoros zu kontrollieren und andererseits harte Strafen nötig, wenn Alkohol an unter 16-jährige abgegeben wird.

Darüber hinaus sollen Veranstaltungen wie Trinkspiele oder Trinkwettbewerbe als un­zulässige Ausübung des Gastgewerbes untersagt werden.

5. Keine einheitliche Vorgangsweise bei Alterskontrollen von Jugendlichen

Derzeit sind die Ausweise für Jugendliche nicht einheitlich und auch nicht fälschungssi­cher, sodass die gesetzlich normierten Altersbeschränkungen nicht kontrolliert werden können.

Ähnlich dem Personalausweis, soll es daher einen einheitlichen Jugendpersonalaus­weis mit Chip, der gleichzeitig als Lehrlings- beziehungsweise Schülerausweis verwen­det werden kann, geben. Dieser sollte multifunktional für Freifahrten, Jugendermäßi­gungen, Jugendtaxis, Kulturangebote wie auch zur Überprüfung des Alters in der Gast­ronomie und im Verkauf verwendbar sein.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, der Bundesminister für Finanzen sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit werden aufgefordert, folgende Punkte durch entsprechende Maßnahmen bzw. durch die Vorlage von Gesetzesentwürfen umzusetzen:

1. umgehende Verhandlungen mit den Ländern für ein bundeseinheitliches Jugend­schutzgesetz;

2. Senkung des Umsatzsteuersatzes auf 10 % bei alkoholfreien Getränken;

3. verstärkte Bewusstseinsbildung durch Aufklärungskampagnen an den Schulen über die schädlichen Auswirkungen übermäßigen Alkoholkonsums und altersadäquate Prä­ventivmaßnahmen durch pädagogisch ausgebildete Fachkräfte sowie Stärkung der Eigenverantwortung der Eltern;

4. strengere Kontrollen der Gastronomiebetriebe, Supermärkte und Tankstellen, sowie Untersagung von Veranstaltungen wie Trinkspiele oder Trinkwettbewerbe als unzuläs­sige Ausübung des Gastgewerbes und

5. Schaffung einer einheitlichen multifunktionalen Jugend-Chip-Karte.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 47

10.47.06

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Frau Präsidentin! Geschätzte Abgeordnete! Hohes Haus! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Besuchertribüne! Ich denke, als Familienministerin ist es mir ein großes Anlie­gen, das Jugendwohlfahrtsrecht, welches letztendlich die Rahmenbedingungen für Hilfsangebote an die Familien zur Sicherung des Jugendwohls durch die Jugendämter setzt, kontinuierlich weiterzuentwickeln, um einen umfassenden Schutz für die Kinder und Jugendlichen in Österreich zu etablieren. Das ist ein für uns alle wesentlicher Punkt, und ich denke, da sind wir auch gar nicht unterschiedlicher Meinung.

Eine wesentliche Voraussetzung für zielgerichtete und bedarfsgerechte Hilfsangebote und Schutzmaßnahmen für die Jugendlichen und damit für die Jugendwohlfahrt ist na­türlich letztendlich die Kenntnis von möglichen Kindeswohlgefährdungen. Dabei kommt einer funktionierenden Kommunikation zwischen Fachleuten der Kinder- und Jugend­betreuung und auch den Lehrerinnen und Lehrern wegen ihres ständigen und direkten Kontaktes zu den jungen Menschen besonderes Augenmerk zu.

Mit entsprechendem Ministerratsbeschluss Nr. 322 vom 14.2.2007 sind die Mitglieder der Bundesregierung übereingekommen, dass es mit einer Novellierung des Jugend­wohlfahrtsgesetzes zu einem besseren Informationsfluss zwischen den zuständigen Behörden und Einrichtungen kommen und so ein Frühwarnsystem etabliert werden soll. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Vernachlässigungen und sonsti­ge Kindeswohlgefährdungen möglichst schnell offenkundig werden.

Um diesem Auftrag gerecht zu werden, wurde die gegenständliche Regierungsvorlage ausgearbeitet. Damit wird die Mitteilungspflicht von Behörden und Organen der öffentli­chen Aufsicht an die Jugendwohlfahrt auf Einrichtungen zur Betreuung und zum Unter­richt Minderjähriger, zum Beispiel auch auf Schulen, ausgedehnt.

Außerdem werden neben den in der Jugendwohlfahrt tätigen und beauftragten Perso­nen, die aufgrund berufsrechtlicher Vorschriften zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, auch Berufsgruppen, die keiner berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, im Falle des Verdachtes auf eine Kindesmisshandlung oder einen Kindesmissbrauch verpflichtet, dem Jugendwohlfahrtsträger Meldung zu erstatten.

Mit Ministerratsbeschluss Nr. 12/23 vom 2. Mai 2007 hat die Bundesregierung be­schlossen, diesen Gesetzentwurf dem Nationalrat zur verfassungsmäßigen Behand­lung zuzuleiten. Am 22. Mai 2007 wurden die Regierungsvorlage und ihre Auswirkun­gen im Familienausschuss eingehend diskutiert. In dieser Debatte wurden diese über­wiegend begrüßt, auch wenn auf die Gefahr von Falschmeldungen hingewiesen und bezweifelt wurde, ob die Jugendwohlfahrtsbehörden genügend Ressourcen haben, um vermehrten Meldungen tatsächlich nachkommen zu können.

Selbstverständlich wird es auch Fehlermeldungen geben. Solche müssen wir aber in Kauf nehmen, um in gravierenden und wesentlichen Fällen rechtzeitig Hilfe anzubieten. Es hilft uns nicht, wenn wir hier die Frage von Vertrauen hintanstellen. Es muss hier letztendlich diese Vertrauensperson auch die Möglichkeit haben, Schritte zu setzen. Das, nur das dient dem Wohl unserer Kinder! (Beifall bei der ÖVP.)

Außerdem werden wir in Zusammenarbeit mit dem Unterrichtsressort über die Ziele und den Umfang der Meldepflicht informieren, um die Zahl dieser möglicherweise un­berechtigten Meldungen so gering wie möglich zu halten. In erster Linie geht es hier, sehr geehrte Abgeordnete, um einen frühzeitigen Informationsfluss zwischen zwei han­delnden Behörden, denen es beide um die Obsorge unserer Kinder geht. Grundsätz­lich sind von den Meldepflichten aber alle Betreuungseinrichtungen betroffen, also auch Horterzieher und -erzieherinnen, Tagesväter, Tagesmütter. Das gelegentliche Fernbleiben – auch ein Thema – der Kinder vom Unterricht soll nicht gleich zu Meldun-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 48

gen an die Jugendwohlfahrt führen. Es geht um monatelanges nicht nachvollziehbares Fernbleiben vom Unterricht oder sonstige Anzeichen, die auf Verwahrlosung, Miss­handlung oder Missbrauch hindeuten.

Bei der vorliegenden Gesetzesnovelle wurde rasch auf einzelne Fälle von Kinderver­wahrlosung reagiert, und ich sage: Dies ist ein erster Schritt. Eine größere Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes ist angedacht und in Vorbereitung, und hier geht es na­türlich darum, mit allen Betroffenen – mit den NGOs, mit den Organisationen, die sich bereits jetzt um diese Kinderobsorge kümmern, mit den Ländern, mit Elternverbänden, mit den Lehrern – gemeinsam an diesem großen Novellierungsprojekt zu arbeiten, und ich sage: Hier geht es um die Frage Rechtsanspruch auf Leistungen der Jugendwohl­fahrt, hier geht es um Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis, hier geht es um die Frage „18 – und aus?“, es geht um die Frage Jugendliche mit Entwicklungsstörungen, es geht aber auch um die Frage von präventiven Maßnahmen, es geht letztendlich um die Frage, wie wir Querschnittschancen sehen.

Sie sehen, das ist ein großes Paket, und es ist notwendig, dieses Jugendwohlfahrtsge­setz, von dem ich sage, es sollte ein „Jugendchancengesetz“ sein – das ist moderner und das hat den richtigen Weg –, und diesem „Jugendchancengesetz“ sollten wir dann gemeinsam Rechnung tragen.

Ein Wort noch zu den Aktivitäten der Bundesregierung und vor allem meines Ressorts zum Thema Kinder und Alkohol: Hier sind bereits viele Bereiche in Angriff genom­men worden, und hier geht es nicht um die Diskussion ausschließlich von farbigen Ausweisen. Ich möchte betonen, dass wir immer darauf hingewiesen haben, dass es bestehende Gesetze gibt, die aber auch zu überprüfen sind und die auch zu sanktio­nieren sind, und diesbezüglich hat auch der Wirtschaftsminister bereits in einer Presse­konferenz reagiert. Ich glaube aber auch, dass wir die Eltern in die Verantwortung neh­men müssen, dass wir den Eltern hier auch Hilfestellungen anbieten müssen. Wir kön­nen die Eltern hier nicht allein stehen lassen, sondern wir müssen hier einen Umdenk­prozess auch in den Verantwortlichkeiten anfangen. Wir müssen aber natürlich auch den jungen Menschen sagen, dass Alkohol kein Problemlöser ist, und werden das mit etlichen Kampagnen, die wir jetzt mit Beginn des Sommers auch starten, tun.

Ich würde Sie nur bitten, dass wir auch innerhalb der Ressortverantwortlichkeit bleiben, denn die Begleitregelungen bei Kindern, die in einem Scheidungsverfahren aufgerie­ben werden, die hervorragend geholfen haben, diesen Kindern Rückendeckung und Hilfe zu geben, sind nicht in meinem Ressort gelagert, sondern im Sozialministerium, und ich würde bitten, das dort dann auch entsprechend umsetzen zu lassen. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.55.27

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Die Novelle zum Jugendwohlfahrtsgesetz soll einen besse­ren Informationsfluss zwischen den zuständigen Behörden und Bildungs- und Betreu­ungseinrichtungen sicherstellen. Ziel ist es also, Vernachlässigungen und sonstige Gefährdungen von Kindern möglichst schnell zu erkennen und tätig zu werden.

Derzeit haben hauptsächlich Behörden eine Meldeverpflichtung im Jugendwohlfahrts­recht, künftig sollen diese Meldepflichten aber verstärkt für Schulen und Betreuungs­einrichtungen gelten. Ich denke, das ist eine sinnvolle Maßnahme, weil gerade dort Probleme von Kindern am ehesten wahrgenommen und bekannt werden. Lehrerinnen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 49

und Lehrer, Erzieher und Erzieherinnen haben in der Regel die Chance, Anzeichen von Problemen oder auch von Beeinträchtigungen relativ früh wahrzunehmen.

Das Frühwarnsystem, das wir hier heute mit dieser Novelle beschließen wollen, ist daher positiv zu werten, dennoch bleiben eine ganze Reihe von Fragen offen, die in nächster Zeit zu lösen sein werden. Als ersten wichtigen Schritt muss das unmittelbare Netz enger gestaltet, engmaschiger werden. Die eigens dafür ausgebildeten schulinter­nen Schülerberater und Schülerberaterinnen, oft auch als Bildungsberater bezeichnet, gehören durch verbesserte und zusätzliche Ausbildungen gestärkt; in den letzten Jahren ist hier sehr viel gekürzt und reduziert worden. Die Schulpsychologie ist heillos überlastet und unterbesetzt, auch hier ist Handlungsbedarf.

Aber es stellen sich auch noch andere Fragen, wie zum Beispiel: Nach welchen Krite­rien sollen die in den Betreuungseinrichtungen tätigen Personen beurteilen? Oder: Wer genau ist meldepflichtig? Welche konkreten Sachverhalte sind zu melden? Und es stellt sich – das wurde heute auch schon angesprochen – die Frage nach den Res­sourcen, denn hohe Fallzahlen und immer knappere Ressourcen in den Jugendämtern schränken den Handlungsspielraum oft stark ein. Wir brauchen mehr niederschwellige Sozialarbeit, mehr gemeindenahe Präventionsmodelle, denn das würde auch die Prä­vention in der Jugendwohlfahrt sehr erleichtern.

Ganz wichtig ist auch, dass Kinder in allen Bundesländern die gleichen Standards haben. Wir haben noch immer neun Landesgesetze im Jugendschutz. Hier gehören Handlungen gesetzt.

Es gibt also durchaus noch viel zu tun. Dennoch ist diese Novelle ein erster richtiger Schritt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.58.37

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Eingangs drei Anmerkungen zu Vorrednerinnen: Wenn Kollegin Muttonen jetzt gemeint hat, es wäre an der Zeit, dass vor Ort in den Ländern, in den Gemeinden mehr niederschwellige Angebote kommen, kann ich dazu sagen: Ja, ich bin dafür, aber dann sollten die Länder auch einmal ein bisschen mehr fördern und ihre Geldtasche aufmachen, denn auch das ist Familienförderung!

Wenn Kollegin Zwerschitz meint, dass die jetzige Regelung reichen würde und eine er­weiterte Meldepflicht nichts bringt, dann möchte ich noch einmal darauf hinweisen: Ein Frühwarnsystem soll sicherstellen, dass Kindeswohlgefährdungen schneller offenkun­dig werden! Und ich denke, das ist sehr wohl ein ganz wichtiger Schritt in Richtung einer weiteren großen Novellierung und ein wichtiger Schritt – so wie auch meine Kol­legin Fuhrmann und die Frau Bundesministerin gesagt haben – zu mehr Kinderrechten.

Bei der Frau Bundesministerin außer Dienst, Frau Abgeordneter Haubner, bin ich ein bisschen verwundert gewesen über diese zwei Entschließungsanträge, zumal das ers­tens ja auch im Regierungsprogramm beinhaltet ist und ich mir zweitens denke: Frau Bundesministerin außer Dienst, da hätte man in der Zeit, in der Sie Ministerin waren, auch viele von diesen Dingen umsetzen können! (Abg. Dolinschek: Weil ihr es verhin­dert habt!)

Ich meine, dass die Verbesserung des Jugendschutzes die erste große Aktivität von Frau Bundesministerin Kdolsky ist. Da muss man darauf hinweisen, dass es leider durch die Bank die roten Landesräte in den Ländern sind, die da noch um ihre Pfründe kämpfen, und dass es einen gemeinsamen Jugendschutz noch nicht gibt, das, was die


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Kinder- und Jugendanwälte schon immer wollten. (Präsident Dr. Spindelegger über­nimmt den Vorsitz.)

Ich möchte aber meine kurze Redezeit noch nützen für einen für mich sehr, sehr wich­tigen Punkt, der auch angesprochen wurde seitens der Ministerin: Eltern- und Partner­bildung. Eltern- und Partnerbildung ist als eine gesellschaftspolitische Aufgabe zu se­hen und gehört politisch unterstützt. Eltern dürfen bei ihrer anspruchsvollen Aufgabe einfach nicht alleingelassen werden. Es gibt zwar auf der einen Seite die großen finan­ziellen Förderungen, hier liegt Österreich europaweit an der Spitze, aber es gehört auch die andere Seite gesehen, die Beratung, die Anleitung und die Begleitung in Er­ziehungsfragen. Und vieles könnte mit Präventionsmaßnahmen meiner Meinung nach im Vorfeld abgedeckt werden.

Ja, ich würde mir sogar ein Grundrecht auf Elternbildung wünschen, dass Elternbildung ein Grundrecht wird, wie zum Beispiel die Grundschule, die Volksschule. Ich danke da auch der Frau Bundesministerin, bei den letzten Budgetverhandlungen wurden ja mehr Mittel für Partner- und Elternbildung ausverhandelt, und ich denke, dass das ein wich­tiger Schritt ist. Ich möchte auch noch hinweisen auf die neu eingerichtete Webseite www.eltern-bildung.at, wo monatlich weit über 25 000 Zugriffe zu verzeichnen sind. Das zeigt, dass man das im Gesamten sehen muss und man den Eltern Mut machen und Unterstützung geben muss, damit solche schweren Fälle wie jetzt eben dieser An­lassfall nicht passieren. (Beifall bei der ÖVP.)

11.02


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neu­bauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.02.11

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Die heutige Debatte scheint mir grundsätzlich am Thema etwas vorbeizugehen, wird hier nicht nur der Anlassfall fehlinterpretiert, wie ich meine, weil keine wie auch immer gearteten organisatorischen Mängel eigentlich dazu geführt ha­ben, heute und hier dies zum Anlass für diese Novellierung zu machen, sondern es liegt, wie ich als Oberösterreicher weiß und diesen Fall gut kenne, ein wirkliches Be­hördenversagen diesem Anlass zugrunde.

Und ich wundere mich schon, wenn durch einen derartigen Vorschlag am Grundthema vorbei hier Politik gemacht werden soll, wenn wir doch alle genau wissen, dass die Be­hörden seit drei Jahren von diesem Fall wussten, seit drei Jahren unverschämt inter­veniert wurde und unverschämterweise zu Ungunsten unserer Kinder – in dem Fall gebrauche ich jetzt den Allgemeinbegriff – hier die Behörden wirklich massiv versagt haben. Das muss man einfach so sagen, sie haben zu Ungunsten unserer Kinder ver­sagt.

Mir kommt es fast so vor, als sollte dieser Fall heute mit dieser Novelle zugedeckt wer­den, denn mir ist nicht bekannt, dass es bei der Behörde in irgendeiner Form auch nur irgendwelche Konsequenzen in diesem Fall für die maßgeblich dafür Verantwortlichen gegeben hätte, die drei Jahre lang diesen Akt der Kinder liegen haben lassen und ver­schleppt haben und durch Interventionen immer wieder zurückgelegt haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das muss heute hier im Hohen Haus auch ein­mal klar angesprochen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren und Frau Bundesminister, hat auch eines ganz klar offengelegt: dass die Behörden in einer gewissen Form sogar freizusprechen sind, nämlich vom Vorwurf, dass sie in gewissen Punkten nicht recht­zeitig reagiert hätten, und zwar deshalb, weil zwei Punkte in diesem Anlassfall ganz


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besonders darauf hinweisen, dass die Behörde die entsprechenden Instrumente gar nicht hatte, um hier überhaupt tätig werden zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht hierbei erstens um die rechtliche Möglichkeit eines Selbstunterrichts, die heute gegeben ist. Aufgrund dessen, dass es hier keine Meldepflicht gibt, sind den Behörden die Hände gebunden, wenn hier ein Versagen vorliegt.

Und das Zweite ist: Wenn ein Kind heute 15 Jahre alt ist und sich außerhalb der Schul­pflicht befindet, haben die Behörden heute keine Möglichkeit des behördlichen Ein­schreitens, und diese Novellierung, die heute beschlossen wird, wird auch in diesem Punkt daran nichts ändern.

Frau Bundesminister, Sie haben gesagt, Sie wollen in absehbarer Zeit hier entspre­chende Änderungen im großen Stil herbeiführen, Sie wollen ein Gesamtpaket schnü­ren. Ich ersuche Sie dringend und aufrichtig, in diesen Punkten auch die entsprechen­den Behörden beizuziehen, denn ich glaube, man tut hier den Behördenvertretern wirk­lich unrecht, die sich bemühen, hier für Ordnung zu sorgen, denen aber aufgrund der rechtlichen Möglichkeiten die Hände gebunden sind.

In diesem Sinn bin ich guter Hoffnung, dass in einem Gesamtpaket diese Punkte auch noch berücksichtigt werden. (Abg. Dr. Einem: Sie sind guter Hoffnung?) Ich würde mich freuen, wenn der gesamte Anlassfall in korrekter Form, wie das eigentlich üblich sein sollte, hinsichtlich des Versagens der Behörden, die die Akten drei Jahre lang nicht bearbeitet haben, aufgeklärt würde. Ich bin guter Hoffnung, dass die Frau Bun­desminister aus dieser Erfahrung gelernt hat und in einem Gesamtpaket diese Dinge auch berücksichtigen wird. Und deshalb werden wir heute diesem Antrag auch die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.06


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.06.53

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Kollegin Steibl, natürlich ist der Vorwurf gerechtfertigt an die Kollegin Haubner, sie hätte schon früher etwas tun können. Aber ich darf Sie nur daran erinnern, Sie waren ja auch in der Regierung. Also irgendwie hättet ihr euch das ja ausmachen können, denke ich einmal. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Wir wollten eh!) Aber Sie haben das charmant ge­macht, und damit ist das, glaube ich, okay.

Die heutige Änderung des Jugendwohlfahrtsgesetzes, es ist schon gesagt worden, er­leichtert die Früherkennung. Die Frau Bundesministerin hat auch darauf hingewiesen, es geht um die frühe Erkennung von Kindeswohlgefährdungen, und der Anlassfall ist ein trauriger; wir haben das ja gerade von den Vorrednern gehört.

Die Ausweitung der Melde- und Mitteilungspflicht für Lehrer, Erzieher, damit für die Schulen, aber auch für Vereine und Organisationen ist eine große Herausforderung für Ihr Ressort, Frau Bundesminister, weil es ja um die Zusammenarbeit von Jugendäm­tern und Schulen geht. Sie haben darauf hingewiesen. Die Frage, wo ist die Grenze für die Mitteilungspflicht oder wo beginnt sozusagen die Verpflichtung, da wirklich etwas zu tun, wird nicht immer leicht zu beantworten sein. Aber, und da bin ich ganz bei Ihnen, eine Meldung zu viel, wo sich dann herausstellt, sie war unbegründet, ist besser als eine zu wenig, wo wir dann das Problem haben.

Man muss auch damit rechnen, dass die Menschen, die damit jetzt in eine Verpflich­tung genommen werden, natürlich manchmal in die Situation kommen werden zu sa-


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gen, wegschauen ist leichter als hinschauen und handeln. Das ist einmal so, und mit dem müssen wir, glaube ich, auch rechnen.

Ich möchte aber auch das unterstützen, was gerade vorher gesagt worden ist bezüg­lich Heimunterricht. Ich denke, das ist ein Thema, wo das, was wir jetzt beschließen, nicht greift, weil Lehrer zu Hause, die die Eltern sind, natürlich die Verpflichtung nicht werden annehmen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Klar ist, vorbeugen ist immer menschlicher, aber auch billiger als die „Reparatur“ von Problemen. In meinem Wahlkreis in Ottakring haben wir jetzt das Problem mit einer Jugendbande: 13-Jährige überfallen 14-, 15-Jäh­rige und Ähnliches mehr. Und da gibt es dann natürlich Reaktionen in der Bevölkerung, wo gesagt wird: Weg mit ihnen! Sperrt sie ein!, und Ähnliches. Auf der anderen Seite sind wir da, glaube ich, so weit, dass wir sagen, die machen das ja nicht aus Jux und Tollerei, da muss ja vorher etwas passiert sein, diese Gruppe muss ja schon vorher einer Verwahrlosung, einer Nichterziehung oder irgendeiner anderen Problematik aus­gesetzt worden sein, und wahrscheinlich sind Erwachsene schuld daran, dass diese Kinder, in dem Fall Kinder, so handeln. Also dass es hier eine ganz klare Verantwor­tung der Erwachsenen gibt, das, glaube ich, muss man auch klar und deutlich ausspre­chen.

Letzter Punkt noch, ganz kurz. Frau Bundesministerin, wenn es darum geht, den nächsten Schritt zu planen, zwei Dinge: Wir haben ausreichende Möglichkeiten von be­treuten Einrichtungen in den Bundesländern, manchmal zeigt die Praxis, dass eine Trennung von den Eltern der bessere Weg ist: Wohngemeinschaften, Heime, Heime im wahrsten Sinne des Wortes. Das ist ein Punkt, der wichtig wäre. Und noch ein Punkt, der mir besonders am Herzen liegt: Mit 18 ist man großjährig, und vielfach passiert es immer noch, dass die Jugendlichen mit 18 aus betreuten Einrichtungen entlassen wer­den, während alle Beteiligten sagen, gescheit wäre es, wenn wir sie noch ein oder zwei Jahre weiter betreuen dürften und auch die Ressourcen dafür hätten. Also auch das ist ein Thema für die Zukunft.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich danke für die Diskussion, auch im Ausschuss, zu diesem Thema, und ich denke, es ist ein Schritt, der zum Ziel führt, nämlich einer bes­seren Jugendwohlfahrt – mit heutigem Tag ist aber das Ziel noch nicht erreicht. (Beifall bei der SPÖ.)

11.11


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hölle­rer. Ebenfalls 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.11.05

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Diese nun vorliegende Novelle zum Jugendwohlfahrtsgesetz ist ein erster und wichtiger Schritt, und die Frau Bundesministerin hat bereits betont, dass das Jugendwohlfahrts­recht auch zukünftig dementsprechend ausgebaut wird. Die Frau Bundesministerin hat einen neuen Begriff geprägt, und zwar möchte sie ein Jugendchancengesetz schaf­fen, das viele offene Punkte, die heute auch schon angesprochen wurden, umfassen wird.

Diese Gesetzesänderung beinhaltet eine Erweiterung der Meldepflicht. Diese soll dazu beitragen, dass dieser Informationsfluss zwischen den zuständigen Behörden, den Schulen und den Betreuungseinrichtungen besser funktioniert, damit auch im frühesten Stadium einer Kindeswohlgefährdung bereits aufgrund eines fundierten Verdachtes einer Vernachlässigung, einer Verwahrlosung der Zusammenschluss aller Verantwortli­chen gegeben ist und im Sinne des Kindeswohls bedrohliche Situationen verhindert werden können.


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Wenn heute bereits angesprochen wurde, dass das Vertrauen der Kinder zu den Be­zugspersonen, das selbstverständlich auch bei den Lehrerinnen und Lehrern, bei den Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen, bei den Erzieherinnen und Erziehern, aber auch bei den Tagesmüttern und Tagesvätern gegeben ist, nicht missbraucht wer­den sollte, so denke ich, dass dieses Vertrauen, das von den Kindern diesen Personen entgegengebracht wird, dann am besten genutzt wird, wenn bei tatsächlichem Ver­dacht einer Verwahrlosung oder einer Misshandlung rechtzeitig von diesen Personen eingeschritten und eine Meldung an die Jugendwohlfahrtbehörde erstattet werden kann, damit diese auch tätig werden kann.

Ich denke, dass es auch im Sinne unserer Jugendämter und aller Sozialbetreuer, die hier beschäftigt sind, ist, wenn sie aufgrund einer solchen Meldung direkten Kontakt mit den Minderjährigen und mit den Erziehungsberechtigten aufnehmen und hier auch Hilfestellung geben können, ihnen auch Förderung und Beratung angedeihen lassen können, was dazu beiträgt, dass auch das Image unserer Jugendbehörden verbessert werden kann.

Ich denke, dass im Sinne des Wohlergehens der Kinder und Jugendlichen hier eine sehr gute Gesetzesänderung vorliegt, und ich bedanke mich bei der Frau Bundesmi­nisterin, dass damit ein Frühwarnsystem eingerichtet wird, das die Kinder und Jugend­lichen vor körperlicher und seelischer Gewaltanwendung und Verwahrlosung zukünftig besser schützen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.14


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder-Maier. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.14.10

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Änderung des Jugendwohlfahrtsgesetzes: Ich bin auch da­von überzeugt, dass es ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist, und ich vertraue auf Ihre Aussagen im Ausschuss, Frau Ministerin, wonach dieses Jugendwohlfahrts­gesetz noch einiger Veränderungen bedarf und Sie daran arbeiten werden.

Es geht um ein Mehr an Schutz und Hilfe für Kinder, es geht um ein Mehr an Aufmerk­samkeit, an Sensibilität jener Menschen, die mit Kindern zu tun haben – und so ge­sehen ist natürlich die Ausdehnung der Mitteilungspflicht sinnvoll.

Meine Damen und Herren! Es geht um das Erkennen, Verstehen und vor allen Din­gen – das ist mir sehr wichtig – um das Handeln, wenn Kinder verwahrlost sind, wenn Kinder missbraucht werden, wenn Kinder misshandelt werden und wenn sie vernach­lässigt werden. Ich denke, meine Damen und Herren, es übersteigt zum Teil unsere Vorstellungskraft, in welchen Situationen sich Kinder manchmal befinden, und alles, was getan werden kann, um dieses Leid, um diese Ängste, um diese Einsamkeit und Verzweiflung von Kindern zu lindern beziehungsweise zu beheben, ist richtig und notwendig. Dem muss ein Ende gesetzt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe aber auch meine Bedenken in diesem Zusammenhang: Wenn von einem Kind Vertrauen zu einem Erwachsenen aufgebaut werden konnte, dass dieses Vertrau­en dann quasi dazu benützt wird, um eine Meldung zu erstatten. Dann kommt nämlich etwas in Bewegung, was vor allen Dingen für Kinder sehr unangenehm werden kann, weil dadurch ja im Familienverband Veränderungen herbeigeführt werden können und auch müssen.

Frau Kollegin Zwerschitz, ich glaube nicht, dass es jetzt zu vermehrten Einzelentschei­dungen bei den Meldungen kommt, sondern nach wie vor bin ich überzeugt davon,


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dass die Kolleginnen und Kollegen sich beraten werden und dann die nötigen Schritte setzen werden.

Wichtig sind die nächsten Maßnahmen: Vernetzung der Einrichtungen, Handlungsab­läufe transparenter zu machen und konkrete Handlungen zu setzen. Die Meldepflicht ist das eine, das Handeln, meine Damen und Herren, ist das andere. Das Handeln ist aber wichtig und notwendig zum Schutze unserer Kinder – es gilt hinzuschauen statt wegzuschauen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.16


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Pack zu Wort. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.17.03

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist von vielen Vorrednern schon er­wähnt worden, die tragischen Fälle der Kinderverwahrlosung im Frühjahr 2007 in Ober­österreich, Kärnten und auch in der Steiermark begründen mit Sicherheit diese No­velle. Man kann diese Novelle als rasche Reaktion darauf sehen, und ich glaube, weil das viele meiner Vorrednerinnen und -redner angesprochen haben, wir können auch auf die Aussagen unserer Frau Bundesministerin vertrauen, die uns im Ausschuss angekündigt hat, dass es eine noch umfassendere Novelle geben wird, denn ich weiß, es geht ihr so wie uns auch um das Wohl der Kinder, und ich weiß auch, dass hier eine umfassendere Novelle notwendig ist.

Es ist besser – und da bin ich ganz bei der Frau Bundesministerin –, einen Fall mehr anzuschauen, als einen gravierenden Fall zu übersehen. Und im Endeffekt muss die Jugendwohlfahrt auch von den Betroffenen als Unterstützung und nicht als Bedrohung gesehen werden.

Aber ich möchte insbesondere – Kollegin Haubner ist jetzt leider nicht mehr da, sie hat das erwähnt; aber der Kollege Darmann ist ja auch Antragsteller – auf eines hinweisen: auf dieses leidige Thema Koma-Saufen. Ja, das ist ein Problem, ja, da muss man etwas dagegen tun. Es müssen aber auch die Familien ihre Verantwortung in dem Bereich wahrnehmen. Und wenn sie das nicht können, dann müssen eben die Jugend­wohlfahrt und das Jugendamt einschreiten.

Aber noch viel schlimmer ist – ein aktueller Fall in der Steiermark zeigt dieses tragische Bild –, wenn das Problem Alkohol Erwachsene und insbesondere Erziehungsberech­tigte haben. Wenn, wie vor 14 Tagen geschehen, eine Mutter im Komadelirium ihr vier­jähriges Kind im Schlaf erdrückt, dann redet man an diesem Tag viel darüber, am nächsten Tag vielleicht auch noch, aber mittlerweile hat man das in der Öffentlichkeit wieder vergessen. Wenn ein dreizehnjähriger Jugendlicher wegen Komasaufens ins Krankenhaus eingeliefert wird, redet man 14 Tage darüber. Ich sage, dieser tragische Fall des Kindes in der Steiermark ist viel schlimmer, und daher ist es sehr wichtig, dass man sich dieses Problem näher anschaut und die Familien hier in die Pflicht nimmt. – In diesem Sinne danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

11.19


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schön­pass. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.19.41

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Traurige Vorkommnisse sind Anlass für die heutige Gesetzesände­rung. Frau Ministerin, ich danke Ihnen für Ihr rasches Handeln, das ist sehr positiv!


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Bei der heutigen Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle geht es um die Ausdehnung der Mit­teilungspflicht, wie wir heute bereits mehrmals gehört haben. Neben den Personen, die bei der Jugendwohlfahrt tätig sind, sollen in Zukunft nicht nur Behörden, sondern alle Einrichtungen, die Minderjährige betreuen beziehungsweise unterrichten, verpflichtet sein, Beobachtungen und Anhaltspunkte für Vernachlässigung von Kindern zu melden.

Dies ist ein erster wichtiger Schritt. Es besteht jedoch die dringende Notwendigkeit, die von Ihnen, Frau Ministerin Kdolsky, im Ausschuss angekündigte große Novelle rasch anzugehen und auch fertig zu stellen. Gleichzeitig wird es notwendig sein, für die finan­ziellen Mittel Vorsorge zu tragen, und da werden alle gefordert sein: Bund, Länder und Gemeinden.

Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Setzen wir weitere Schritte, um die Kinder in unserem Lande bestmöglich zu schützen! Darum ersuche ich Sie alle. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.21


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Frau Abgeordnete Dr. Gitschthaler ist die nächste Rednerin. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.21.18

Abgeordnete Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Hohes Haus! Kinder sind unser wertvollstes Gut. Der tragische Fall dieser drei verwahrlosten Kinder in Oberösterreich, wie er heute schon mehrmals angesprochen wurde, hat uns wieder deutlich vor Augen geführt, wie notwendig und wichtig die Sensibilisierung aller für das Kindeswohl ist.

Gerade weil man sich auf die Aufmerksamkeit und Zivilcourage der Umgebung nicht hundertprozentig verlassen kann und sich so ein Fall wie in Linz nie mehr wiederholen darf, haben wir Salzburger Abgeordneten bereits im März dieses Jahres einen Ent­schließungsantrag eingebracht und dabei auf eine Lücke im Schulgesetz aufmerksam gemacht: Über den Weg der schulärztlichen Untersuchung können allfällige körperliche Auffälligkeiten bei Schulkindern entdeckt und Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Da aber Kinder, die von der Schulpflicht entbunden sind, sich dieser schulärztlichen Unter­suchung nicht unterziehen müssen, war es uns wichtig, diese Gesetzeslücke aufzuzei­gen und darauf aufmerksam zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir möchten, dass alle Kinder in Österreich sich solchen regelmäßigen ärztlichen Un­tersuchungen stellen.

Besonders freut es mich daher, dass auch von anderer Seite reagiert wurde und wir nun eine entsprechende Novellierung des Jugendwohlfahrtsgesetzes vorliegen haben. Dass dies so rasch geschah, dafür möchte ich mich ausdrücklich bei Ihnen, Frau Bun­desminister, bedanken. Man sieht, dass Ihnen unsere Kinder wirklich am Herzen liegen und Sie daher auch handeln. Danke vielmals! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Mit der vorliegenden Änderung des Jugendwohlfahrtsgesetzes soll ein besserer Infor­mationsfluss zwischen den zuständigen Behörden, den Schulen und anderen Betreu­ungseinrichtungen sichergestellt werden. Dazu wurde ja schon ausführlich von meinen VorrednerInnen und von der Frau Bundesminister Stellung bezogen. Ich ersuche Sie um Ihre Zustimmung zur vorliegenden Gesetzesnovelle, denn Kinder sind unser wert­vollstes Gut, und sie müssen von uns allen möglichst gut geschützt und unterstützt werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.23



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 56

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fürn­trath. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.24.06

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kinder und Jugendliche oder Minderjährige gehen uns wirklich alle an, und wir sollten da, glaube ich, sehr viel selbstkritischer und sensibler werden. Es wurde heute ja schon angesprochen: Zivilcourage. Jetzt frage ich wirklich: Wer hat denn von uns wirklich Zivilcourage? Wer traut sich denn wirklich, hin­zuschauen und Meldung zu machen?

Deswegen, glaube ich, war das, was die Frau Ministerin Kdolsky von ihrer Seite ge­macht hat, was die Behörde anlangt, ganz besonders wichtig. Und sie hat es auch er­wähnt, es war nur der erste Schritt. Und sie hat auch gesagt, sie hat schon eine umfas­sende Reform des Jugendwohlfahrtsgesetzes in Arbeit, und es werden NGOs einge­bunden, es werden Beamte eingebunden, es werden Elternvertreter eingebunden, und das, glaube ich, ist ganz, ganz wichtig, denn nur gemeinsam können wir zu einer bes­seren Gesetzeslösung kommen. Nur, das Gesetz alleine sagt noch gar nichts, es muss ja auch vollzogen werden.

Es wurde heute in diesem Zusammenhang auch der Alkoholkonsum erwähnt. Da muss man auch sagen, dieser Alkoholkonsum ist nicht eine Frage der Verkäufer, sondern man muss da die Eltern ganz, ganz stark in die Pflicht nehmen. Wenn man sich die verschiedenen Jugendschutzgesetze der Länder anschaut, dann greift man sich manchmal als Elternteil auf den Kopf, wie da die Jugendlichen fuhrwerken können: Sie sind zu mitternächtlicher Stunde noch unterwegs, kommen erst am Morgen nach Hause, und die Eltern getrauen sich gar nichts mehr zu sagen. Das ist ja wirklich nicht notwendig!

Und den Schwarzen Peter haben dann die Wirtschaftstreibenden. Das kann es ja nicht sein. Die Verantwortung für die Kinder, die Verantwortung für die Jugendlichen und Minderjährigen haben die Eltern! (Abg. Heinisch-Hosek: Das meinen Sie nicht ernst, oder?) Das ist einfach so! Die Verantwortung haben die Eltern – und die haben nicht nur die Wirte, und die haben nicht nur die Handelsbetriebe und nicht nur die Produzen­ten! Die Eltern haben die Hauptverantwortung! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Eingeschränkte Sichtweise!)

11.26


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Praßl. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.26.22

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich möchte auch die Besuchergruppe aus dem Bezirk Feld­bach und Fürstenfeld sehr herzlich begrüßen. Grüß Gott! (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der vorliegenden Novelle zum Jugend­wohlfahrtsgesetz wird die Sicherheit unserer Jüngsten in unserer Gesellschaft ausge­dehnt. Der Informationsfluss zwischen den einzelnen Behörden und Einrichtungen soll wesentlich verbessert werden.

Bisher waren nur die Behörden und die Sicherheitsorgane verpflichtet, entsprechende Mitteilungen zu machen, wenn das Kindeswohl gefährdet schien. Neben den Organen der öffentlichen Sicherheit und Aufsicht wird die Mitteilungspflicht nun wesentlich auf andere Bereiche ausgeweitet. In Zukunft sollen auch Schulen, Kindergärten, Horte und ähnliche Betreuungseinrichtungen entsprechende Mitteilungen und Meldungen ma­chen können.


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Wie es unsere Familien- und Jugendministerin Kdolsky gesagt hat, soll ein sehr gutes Frühwarnsystem zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen eingeführt werden. Da­mit ein junger Mensch in gesunder Umgebung heranwachsen kann, muss jede Gefähr­dung so früh wie möglich erkannt werden, um hier Abhilfe zu schaffen. Daher ist es notwendig, dass das Jugendamt möglichst rasch von einem möglichen Missstand er­fährt.

Unsere Lehrerinnen und Lehrer, die Erzieherinnen und die Erzieher, die täglich eine sehr gute Arbeit in unserem Land leisten, sind im ständigen Kontakt mit den Kindern. Sie können körperliche oder psychische Anzeichen von Gefährdungen früh erkennen und haben dann auch die Verpflichtung zu handeln.

Durch die Novelle zum Jugendwohlfahrtsgesetz soll eben verhindert werden, dass akute Fälle über lange Zeit unentdeckt bleiben, denn Minderjährige und ihre Familien brauchen in einem konkreten Fall so rasch wie möglich Hilfe.

Neben dem Ausbau der Sicherheit für das Kindeswohl stellt die Gesetzesänderung auch einen ersten Schritt einer größeren Reform unseres Jugendwohlfahrtsgesetzes dar. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung für diese Gesetzesnovelle. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.29


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Vorläufig letzte Rednerin in dieser Debatte ist Frau Abgeordnete Riener. Ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


11.29.05

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Liebe Besucherinnen und Besucher! Ich möchte heute aus der Praxis berichten, weil Kollegin Zwerschitz das sehr wertschätzend für die SozialarbeiterInnen angesprochen hat.

Als Sozialarbeiterin in der Jugendwohlfahrt, zwölf Jahre im Sprengel tätig, möchte ich Sie bitten, Vertrauen in die Kolleginnen und Kollegen zu setzen. Eine Meldung an die Jugendwohlfahrtsbehörde, an die Sozialarbeiter schaut nicht so aus, dass automatisch die Sozialarbeiter sofort in die Familie stürmen und sofort die Eltern vor den Kopf stoßen. Es wird sehr sensibel rückgefragt, es wird ein Gespräch geführt. Ich habe in meiner Praxis erlebt, dass oft Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Kindergärtnerinnen und Kindergärtner gesagt haben: Ich sage das Ihnen, aber bitte, von mir haben Sie das nicht!

Dann ist es für die Sozialarbeiter sehr schwierig, in weiterer Folge damit zu arbeiten. Sie fordern Vertrauen in der Beziehung zwischen dem Lehrer und den Kindern, also setzen Sie dieses Vertrauen bitte auch in die Behörden, und zwar dahin gehend, dass diese gut arbeiten!

Ich bin froh, wenn ein Frühwarnsystem eingeführt wird. Ich hätte es mir auch in meiner Zeit sehr gewünscht, denn wenn man früher ansetzt, ist es viel, viel eher möglich, eine gute Vertrauensgrundlage zu den Eltern aufzubauen, als wenn schon Maßnahmen er­griffen werden müssen.

Durch diese gemeinsame Arbeit wird effektive Sozialarbeit geleistet, und ich würde bitten, dass Sie das auch in der Darstellung nach außen mittragen, denn genau das ist das Problem: Es kommt die Fürsorgerin, es kommt die Sozialarbeiterin – und dann werdet ihr es schon sehen! Ich möchte im Hohen Haus bitten, dass wir anders vor­gehen, weil die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen Vertrauen brauchen.

Ich freue mich schon auf die größere Novelle. Ich hoffe – und bin, wie ich die Frau Bun­desministerin kenne, wirklich davon überzeugt –, dass dann auch die Sozialarbeiter


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mitarbeiten dürfen, genauso wie die NGOs. – Recht herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.31


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zu den Abstimmungen, und ich bitte alle Damen und Herren, ihre Plätze einzunehmen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Ein­gang in 87 d.B.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Beseiti­gung bestehender Mängel in der staatlichen Sorge um das Kindeswohl.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Maßnahmenpaket zur Be­kämpfung des Komatrinkens bei Jugendlichen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

11.33.292. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (77 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz, das Allgemeine Pensionsgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007 – SRÄG 2007) (110 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (93 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (SVÄG 2007) (113 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 85/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Er-


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stellung einer Studie über die Kostenwahrheit der Zuwanderung und die Auswir­kungen auf den Sozialstaat (114 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 31/A der Ab­geordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine monatliche Unterstützung für Frauen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, als Anerkennung für die Erziehung ihrer Kinder geschaffen wird (115 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. 8 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


11.33.43

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben das Thema in der gestrigen Aktuellen Stunde schon angesprochen und werden heute natürlich die eingehend Gelegenheit nützen, einen Auftrag an den Minister und an die Bundesregierung zu erteilen, dass man endlich Studien erstellt, aus denen wir die Kostenwahrheit in Erfahrung bringen können, nämlich was uns Zuwanderer kosten.

Es wäre Zeit, auf Basis dieser Grundlagen zu erfahren, was uns Zuwanderer im Ar­beitslosenbereich kosten – weil sie arbeitslos geworden sind und eben keine Arbeit haben –, was sie uns durch die Beanspruchung des Gesundheitssystems kosten, wie viel sie aus dem Sozialtopf mehr herausnehmen, als sie einzahlen, und vieles, vieles mehr.

Es ist verwunderlich, dass alle anderen Fraktionen in diesem Hohen Haus eine solche Studie verhindern und sich dagegen aussprechen. Das zeigt im Grunde genommen auf, dass sie hier verhindern wollen, den Österreichern reinen Wein einzuschenken. Das ist sehr, sehr enttäuschend für uns. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Dr. Eva Pichler, Universitätsprofessorin am Institut für Volkswirtschaftspolitik und Industrieökonomik an der Wirtschaftsuniversität Wien, schreibt in einem Gastkommen­tar für die „Presse“ am 8. März 2007 folgenden bemerkenswerten Satz – ich zitiere –:

Österreich „ist nicht nur ein begehrtes Zielland für Asylanten und Familienangehörige, auch werden vom Sozialstaat magnetisch unqualifizierte Arbeitsmigranten stärker als qualifizierte angezogen ...“

Das ist ein durchaus interessanter Satz, den man auch bewerten sollte. Das sind die Worte einer renommierten Wirtschaftswissenschafterin, die hier festhält, dass Migran­ten von unserem Sozialsystem angezogen werden. Das sollte uns doch zu denken geben!

Wenn unser Sozialsystem quasi wie ein Magnet Menschen im Ausland dazu motiviert, zu uns zu kommen, um dieses Sozialsystem in Anspruch zu nehmen – und genau das sollte uns wirklich zu denken geben –, dann kann das ja bitte nicht Sinn und Zweck sein! Deshalb sagen wir ja auch, dass der Sozialstaat in erster Linie für österrei­chische Staatsbürger da zu sein hat. (Abg. Öllinger: Aber das stimmt nicht, das ist ja das Problem!) Soziale Sonderleistungen wie Familiengeld, Kinderbeihilfe, soziale Woh-


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nungen – Dinge, die über Generationen erwirtschaftet wurden – sollten natürlich aus­schließlich Staatsbürgern zustehen, und eben nicht jedem Zuwanderer ab dem ersten Tag. Sonst wird dieser Sozialstaat nicht aufrechtzuerhalten sein, sonst entwickeln wir uns in Richtung Amerika, dass der Sozialstaat nicht mehr finanzierbar sein wird.

Deshalb haben wir festgehalten, dass die gesamten Argumente einer linken Lebens­lüge, die hier in diesem Haus leider Gottes mehrheitlich weiter gelebt wird, nicht stim­men können – dass nämlich behauptet wird, Zuwanderer zahlen mehr in den Sozial­topf, als sie herausnehmen –, denn wenn dem so wäre, müssten ja unsere Sozialtöpfe seit 20 Jahren zum Bersten voll sein. Die müssten überquellen, wir müssten heute gar nicht darüber nachdenken, wie wir die Pflegeproblematik lösen, denn da müsste so viel Geld vorhanden sein, dass das gar kein Problem wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Gegenteil ist der Fall. Wir erleben es ja an Beispielen, wie etwa, wenn in Wiener Neustadt im Landeskrankenhaus Herr Mag. Herbert Schnötzinger, Kaufmännischer Direktor ebendort, sagt – ich zitiere ihn –:

Von den 46 000 Krankenhauspatienten pro Jahr haben rund 14 000 einen muslimi­schen Glauben. – Das steht auch als Quellenangabe in den „Niederösterreichischen Nachrichten“ vom 18. September 2006.

Das ist für uns interessant. 30 Prozent der Spitalkosten im Landeskrankenhaus Wiener Neustadt werden von muslimischen Bürgern verursacht! Das ist ein interessanter Wert, und ich frage: Haben wir etwas übersehen? (Abg. Öllinger: Sie vielleicht!) Liegt der Anteil der muslimischen Bevölkerung in Wiener Neustadt oder in Niederösterreich bei 30 Prozent? Hat es einen Massenübertritt zum islamischen Glauben gegeben, dass es zu solchen Werten kommt? Was ist da passiert? (Abg. Reheis: Ist es schlecht, musli­misch zu sein?)

Zeigt dieses Beispiel nicht auf, dass wir hier eine Situation haben, wo Zuwanderer un­ser Gesundheitssystem überproportional in Anspruch nehmen? Genau das gilt es zu bewerten, denn es handelt sich dabei ja nicht nur um Spitalleistungen, die die Notver­sorgung betreffen, sondern es geht weit darüber hinaus. (Weitere Zwischenrufe.)

Das sollten wir durchaus erfassen. Es geht um die Erfassung der Kostenwahrheit! Ich weiß nicht, warum Sie da so schreien und sich so aufregen. (Abg. Mandak: Ich schreie ja nicht!) Was ist daran so aufregend, wenn diese Zahlen erfasst und bewertet werden und für Österreich dann ein richtiges Sozialsystem sichergestellt wird? (Beifall bei der FPÖ.) Sie wollen eben weitermachen wie bisher und wundern sich dann. – Was heißt „wundern sich“? – Sie wundern sich gar nicht! Sie nehmen es in Kauf, soziale Leistun­gen auf dem Rücken der Österreicher permanent streichen zu müssen! Genau das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen müssen: Sie wollen alle diese Zahlen und Eck­punkte weder erheben, noch wollen Sie sie ernst nehmen. Sie wollen diese Evaluie­rung nicht vornehmen!

Zum Thema Pflegenotstand in Österreich: Wenn ich mir das Modell ansehe, das Herr Sozialminister Buchinger hier vorgeschlagen hat, würde ein Pflegefall eine österreichi­sche Familie – wir haben uns das durchgerechnet – pro Monat bis zu 3 000 € kosten. (Abg. Mandak: Womit haben wir Sie verdient?)

Ja bitte, wer in Österreich soll sich denn das leisten können? Wie kann man denn das finanzieren? Was ist daran bitte sozial? Wo sind die Landeshauptleute von Rot und Schwarz bis hin zum BZÖ, die bis dato verweigert haben, dass es über eine 15a-Ver­einbarung zu einer Finanzierungshilfe kommt, zu einer Finanzierungszusage kommt? – Bei den Asylwerbern ist man ganz locker und lässt Laisser-faire walten – da zahlen die Länder jährlich mit österreichischen Steuergeldern 300 Millionen € –, aber die Landes-


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hauptleute von Rot und Schwarz bis hin zum BZÖ sind nicht bereit, 200 Millionen € im Bereich der Pflege zu übernehmen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn es also um die pflegebedürftigen Österreicher geht, wenn es darum geht, dass ältere Menschen Hilfe brauchen, wenn es darum geht, dass behinderte Menschen Hilfe brauchen, dann wird herumdiskutiert, dann gibt es ein Polit-Hickhack, dann ist man nicht bereit, eine Entlastung sicherzustellen und endlich das Problem einer Lösung zuzuführen – und das ist einfach enttäuschend.

Es ist auch enttäuschend, dass bis heute das Pflegegeld nicht valorisiert wurde: Es ist enttäuschend, dass man gerade in diesen sozialpolitisch wichtigen Bereichen völlig versagt hat, und das werden und müssen wir kritisch aufzeigen, das ist unsere Auf­gabe, unser Auftrag.

Ich möchte zum Abschluss nur noch zwei Zahlen gegenüberstellen. Asylwerber: Im Jahr 2001 haben sie Kosten von 38,7 Millionen € verursacht, im Jahr 2006 sind die Kosten schon auf 180,4 Millionen € nach oben geschnellt; 40 000 offene Asylverfahren, obwohl wir rund um Österreich lauter sichere Drittstaaten haben. Wundersam!

Wie gibt es das überhaupt, dass ein Tschetschene oder auch ein Nigerianer über un­zählige sichere Länder zu uns kommt und dann hier locker als Asylwerber aufgenom­men wird und ein Verfahren beginnen kann, ohne in das jeweilige sichere Drittland zu­rückgeschickt zu werden, aus dem er ja gekommen sein muss? Denn 40 000 sind nicht über den Flughafen Schwechat nach Österreich gekommen, die sind schon auch auf dem Landweg zu uns gekommen. Also wäre das eigentlich nur ein logischer Prozess, wenn man unsere Gesetze ernst nehmen würde. – Man tut es aber nicht, man ist da ganz locker.

Ich denke, dass wir gerade auch in diesem Bereich schauen müssen, endlich den Asyl­missbrauch abzustellen, endlich sicherzustellen, dass Menschen, die aus sicheren Drittstaaten kommen, auch dorthin zurückgeschickt werden, und dass eben kein Asyl­verfahren bei uns eröffnet wird. Auch ein Asylgerichtshof, der zunächst einmal in zwei Monaten ein erstinstanzliches Urteil trifft, wäre notwendig. Dann soll es eine Ein­spruchsmöglichkeit geben, aber spätestens nach einem Jahr sollte dann der Asylge­richtshof auch wirklich ein endgültiges Urteil in der zweiten Instanz treffen, und das sollte nicht mehr beeinspruchbar sein. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Sagen Sie einmal etwas zum Thema auch?)

Das alles würde dazu beitragen, dass endlich kein Missbrauch mehr stattfinden kann, dass österreichische Steuergelder endlich wieder vermehrt zielgerichtet und auch nach Prioritäten ausgerichtet dem österreichischen Steuerzahler zugute kommen und dass wir all diese sozialpolitischen Probleme, die wir heute vorfinden, bewältigen können.

Zum Abschluss ein Zitat des Chefs des deutschen ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, der bei einem Gespräch mit der „Stuttgarter Zeitung“ am 22. April 2006 gesagt hat – Sie lachen? (Abg. Öllinger: Das kennen wir schon!) –, ich zitiere:

Wichtig ist freilich, dass Zuwanderer nur verzögert in das Sozialsystem integriert wer­den. Die indirekte Immigration in den Sozialstaat, die wir 30 Jahre lang hatten, muss ein Ende haben. – Zitatende. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Es muss in dieser Frage wirklich endlich eine Änderung geben, denn sonst werden wir in der Sozialproblematik, die wir heute schon vorfinden, immer mehr Probleme erleben. Der Sozialstaat wird in der Art und Weise, wie wir ihn die letzten Jahrzehnte kennen­gelernt haben, nicht aufrechtzuerhalten sein!

Das ist unsere Linie, die hier in diesem Hohen Haus leider Gottes von keiner anderen Partei Zustimmung erfährt. (Abg. Broukal: Woran das wohl liegt?) Das ist traurig ge-


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nug, aber das zeigt, dass die Österreicher, wenn sie etwas ändern wollen, eine Mög­lichkeit haben, auch einer anderen Partei die Unterstützung zu geben, damit sich etwas verändert in diesem Land. (Beifall bei der FPÖ.)

11.44


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Csör­gits. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.44.19

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Das, was uns erfreulicherweise von Ihnen unterscheidet, ist, dass wir in unserer Politik immer die Menschen in den Mittelpunkt stellen, und jemanden nicht in erster Linie daran messen, ob er ein Ausländer oder ein Inländer ist. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Das Staatsbürgerrecht kennen Sie nicht!? Für Sie hat der Wert der Staatsbürgerschaft ...! Staatsbürgerrecht gibt es nicht für Sie, das wissen wir!)

Es ist eine Frage des Menschenrechtes, wie man Menschen, die, aus welchen Grün­den auch immer, zu uns gekommen sind und bei uns legal ihren Aufenthalt haben, behandelt: Hier stehe ich dazu, dass sie genau die gleichen Rechte haben. Man kann Menschen nicht in zwei Kategorien teilen! (Abg. Strache: Das Staatsbürgerrecht sollte im Vordergrund stehen!)

Es ist nicht so, dass Menschen nur deshalb zu uns kommen, weil wir ein gutes Sozial­system haben, es sind oft auch die Lebensumstände – die Kriege, die schwierigen Situationen –, die sie veranlassen, ihre Heimat zu verlassen. (Abg. Strache: Sie negie­ren die Fakten!) Merken Sie sich das einmal, und zündeln Sie nicht immer in einer Art und Weise, mit der Sie wirklich notwendige Maßnahmen für ein sinnvolles gemeinsa­mes Leben hier zerstören! Das ist unmenschlich und das ist verachtenswert! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Welche Rolle haben Sie bei der BAWAG gespielt? Eine menschenrechtliche?)

Nun komme ich zum vorliegenden Sozialrechts-Änderungsgesetz: Ich bin sehr erfreut darüber, dass dieses vorliegende Gesetz sehr viele gute, positive Bestimmungen für ArbeitnehmerInnen, für PensionistInnen, für Menschen, die lange in Beschäftigung stehen, und vor allem auch für Frauen beinhaltet.

Ich darf daran erinnern, sehr geschätzte Damen und Herren, dass diese Regierungs­vorlage bedeutet, dass es zu einer Umsetzung des Regierungsübereinkommens in nur fünf Monaten gekommen ist, und ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen, Herr Bun­desminister Buchinger, bedanken, dass das gelungen ist! (Abg. Strache: Deshalb sind Sie von Ihren Gewerkschaften abgewählt worden! – Abg. Dr. Graf: Können Sie alle bei der BAWAG ...!) Wir haben es versprochen – und wir haben es gehalten, und es be­inhaltet sehr viele positive Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Pensions­recht. – Ich darf es hier nur ganz kurz referieren:

Erstens geht es darum, dass es zu einer Verlängerung der Pensionen kommt, und zwar jener Pensionen, die unter den neuen Begriff Langzeitversicherte fallen, nämlich bis zum Jahr 2010. Es kommt zu einer Minderung bei den Abschlagsregelungen, und – was mir ganz besonders am Herzen liegt – es wird zu einer besseren Bewertung von Kinderbetreuungszeiten, Zeiten des Präsenzdienstes und Zeiten des Zivildienstes kom­men.

Das bedeutet nicht nur, dass es künftig einen höheren Betrag geben wird, der aufge­wertet wird, es ist auch ganz besonders positiv, dass das dieses Mal erstmals auch rückwirkend für das Jahr 2006 der Fall ist. Damit ist es uns gemeinsam gelungen, sehr vielen Kinder-ErzieherInnen, und das sind vorwiegend Frauen, eine bessere Pension


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zu sichern und auch sicherzustellen, dass die Pensionen nicht immer weniger wert sind. – Ein guter Schritt in die richtige Richtung, damit auch Frauen mehr Pension im Alter erhalten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

All diese Punkte, die ich angeführt habe, sind wichtige Punkte in die Richtung, dass es zu gerechteren Pensionen kommen wird.

Natürlich gibt es dort oder da auch noch Forderungen, die insbesondere uns und ins­besondere mir als ArbeitnehmerInnenvertreterin sehr am Herzen liegen. Ich möchte hier ein Beispiel in den Raum stellen, und zwar geht es um die Anrechnung von Kran­kenstandszeiten bei den Langzeitversicherten-Regelungen, es geht hier um Menschen, die aufgrund ihrer langen Krankheit keinen Entgeltanspruch mehr haben. In diesem Zu­sammenhang ist es bei dieser Gesetzesvorlage nicht gelungen, eine Lösung herbeizu­führen.

Das ist uns ein Anliegen, ich weiß aber, dass dies auch sehr vielen Kolleginnen und Kollegen in der ÖVP ein Anliegen ist, und ich bin optimistisch, dass es, wenn wir ge­meinsam weiterkämpfen, im Rahmen der nächsten Novellen auch hier zu einer positi­ven Lösung für diesen sehr wichtigen Personenkreis kommen wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren, eine fast schon jahrzehntelange Forderung ist ebenfalls in diese Gesetzesvorlage eingeflossen, und ich freue mich ganz besonders, dass es jetzt gelungen ist, auch Maßnahmen gegen die Schwarzarbeit zu setzen. Das ist wirklich ein hervorragender Punkt! – Das ist nämlich deshalb ein hervorragender Punkt, weil es hier Gewinner auf jeder Seite gibt: Künftig ist es so, dass der Arbeit­geber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin bereits vor Antritt der Arbeit an die Pensionsversicherung, an die Krankenversicherung – also an die Sozialversi­cherung – zu melden, und das wird ab 1. Jänner 2008 auch für jene Personen ver­pflichtend der Fall sein, die nur fallweise beschäftigt sind.

Diese Regelung hat viele Vorteile: Erstens kommt es künftig zu einer sofortigen Ab­gabe an die Sozialversicherung, schwarze Schafe bei den Unternehmen sind dann – zweitens – auch nicht mehr die Konkurrenz der anderen Unternehmer, und natürlich ist es – drittens – auch ein Bestandteil der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Be­kämpfung der Arbeitslosigkeit.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Dank Ihres Engagements ist es bei dieser Vorlage zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder so, dass es eine ASVG-Novelle gibt, wo die Menschen in Österreich die Gewinner sind, wo vor allem Frauen die Gewinnerinnen sind.

Bei jenen Punkten, die noch offen sind – ich denke hier, sie seien noch einmal er­wähnt, an die Krankenstandstage –, bin ich davon überzeugt, dass wir weiter kämpfen werden, und ich fordere auch jene Kolleginnen und Kollegen in der ÖVP auf, die noch nicht davon überzeugt sind, diesen Schritt gemeinsam mit uns zu gehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.49


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haub­ner. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.50.32

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Das, was uns hier als Sozialrechts-Änderungsgesetz vorliegt, ein­schließlich des Allgemeinen Pensionsgesetzes, ist ein riesiges Konvolut, das wir auch im Ausschuss intensiv diskutiert und dort unser Befremden darüber mitgeteilt haben,


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dass es in diesem Zusammenhang kurzfristig seitens der Regierung zu einem Abände­rungsantrag gekommen ist, wobei die Zeit zur Begutachtung relativ kurz gewesen ist. Aber ich möchte heute aufgrund der Vorlage, die dem Parlament zugemittelt wurde, ein paar Schwerpunkte herausgreifen.

Wenn Sie, Frau Kollegin Csörgits, gesagt haben, es komme zu vielen Verbesserungen, dann sage ich: Ja, es kommt zu einigen Verbesserungen, möchte aber die Kirche im Dorf lassen und einwenden: Diese Verbesserungen sind nur deswegen möglich, weil wir in der letzten Regierung dafür die Voraussetzungen geschaffen haben (Abg. Mag. Wurm: Was? – Abg. Öllinger: Der war gut!), dass zum Beispiel Kinderziehungs­zeiten erstmals mit vier Jahren angerechnet werden (Beifall beim BZÖ), dass erstmals Eltern mit Zwillingen, mit Drillingen diese Mehrlingskinderzeiten vermehrt mit 60 Mona­ten angerechnet bekommen (Abg. Heinisch-Hosek: Wer hat diese Kürzungsreform gemacht? – Sie!) und dass wir von einer sehr hohen Bemessungsgrundlage mit 1 350 € ausgegangen sind. Dafür haben wir die Voraussetzungen geschaffen.

Wir haben auch in der Vergangenheit die Korridorpension eingeführt. Ich stehe zu dieser Korridorpension, zu einem flexiblen Übergang beim Pensionsalter. (Abg. Mag. Wurm: Frauendiskriminierung!) Wenn wir sie nicht geschaffen hätten, könnten Sie hier nicht Verbesserungen vornehmen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben zum Beispiel erstmals die Pensionsversicherung für pflegende Angehörige nicht nur thematisiert, sondern einen ersten wichtigen Schritt gemacht. Und Sie haben jetzt die Möglichkeit, hier weiterzugehen. Daher sage ich: Ja, es gibt Verbesserungen, aber die Voraussetzungen dafür müssen gegeben sein. Denn: Ich erinnere mich, gera­de die Sozialdemokratie hat vor dem Jahr 2000 eigentlich relativ wenig für die Frauen und für die eigenständige Alterssicherung übriggehabt.

Wenn man Verbesserungen macht, sehr geehrter Herr Bundesminister Buchinger, dann soll man nicht auf halbem Wege stehenbleiben, sondern dann soll man dauer­hafte Lösungen finden. Ein Beispiel dafür ist die Langzeitversichertenregelung.

Nicht nur – das habe ich nicht zu bewerten –, dass Sie den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl versprochen haben, 45 und 40 Jahre sind genug, sondern Sie machen hier jetzt noch einen Vorschlag, der zwar eine Verbesserung um drei Jahre bedeutet, aber mit dem letztendlich den Menschen doch ein bisschen Sand in die Augen gestreut wird. Ich denke, man sollte ehrlich sein und nicht nur sagen, es profitieren – und ich finde das gut – einige Tausende davon, sondern schaffen Sie doch eine dauerhafte Lö­sung nach dem Motto: 45 beziehungsweise 40 Jahre sind genug!

Wir unterstützen Sie dabei, und wir bringen auch einen entsprechenden Abänderungs­antrag dazu ein, der lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Der Nationalrat hat beschlossen:

1. In Artikel 1 Teil 2 lauten die Ziffern 18 und 19:

„18. In § 607 Abs. 12 entfällt die Wendung „bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007“.

19. In § 607 Abs. 12 entfallen die beiden letzten Sätze.“


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2. In Artikel 2 Teil 2 lauten die Ziffern 5 und 6:

„5. In § 298 Abs. 12 entfällt die Wendung „bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007“. 6. In § 298 Abs. 12 entfallen die beiden letzten Sätze.“

3. In Artikel 3 Teil 2 lauten die Ziffern 10 und 11:

„10. In § 287 Abs. 12 entfällt die Wendung „bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007“. 11. In § 287 Abs. 12 entfallen die beiden letzten Sätze.“

*****

Ein zweiter Bereich, der uns vom BZÖ auch sehr wichtig ist, ist die Pensionsversiche­rung für pflegende Angehörige. Ich habe schon gesagt, wir haben einen ersten Schritt dahingehend gemacht, dass ab Pflegestufe 3 der Dienstgeberanteil von der öffentli­chen Hand übernommen worden ist. Daher denke ich, sollte man jetzt in einem weite­ren Schritt auch den Dienstnehmeranteil übernehmen. Das, was hier vorliegt, ist wirk­lich eine halbherzige und auch eine sehr komplizierte Lösung, dass nämlich jene, die in der Pflegestufe 4 sind, 50 Prozent Dienstnehmeranteil übernommen bekommen, jene von Pflegestufe 5 dann 100 Prozent. Ich frage mich: Wenn es dann zu unterschied­lichen Einstufungen kommt, wie gehen die pflegenden Angehörigen damit um?

Da hätte ich mir schon erwartet, dass gerade auch die Frauen in der sozialdemokrati­schen Fraktion mehr Vehemenz gezeigt und gesagt hätten: Gerade Frauen betrifft das ja in diesem Bereich. – Da geht es auch wieder um die eigenständige Altersabsiche­rung von Frauen – von Frauen, denen oft noch einige Jahre fehlen, weil sie ihren Ehe­partner oder ihre Eltern pflegen.

Daher bringen wir auch dazu einen Abänderungsantrag ein.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Der Nationalrat hat beschlossen:

1. In Artikel 1 Teil 2 lautet die Ziffer 9:

„9. Dem § 77 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) Abweichend von den Abs. 6 und 8 trägt der Bund für insgesamt längstens 48 Ka­lendermonate je Pflegefall die Beiträge zur Gänze, wenn ein naher Angehöriger (eine nahe Angehörige) mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeld­gesetze gepflegt wird.““

2. In Artikel 2 Teil 2 lautet die Ziffer 2:

„2. Dem § 33 wird folgender Abs. 10 angefügt:

„(10) Abweichend von Abs. 9 trägt der Bund für insgesamt längstens 48 Kalender­monate je Pflegefall die Beiträge zur Gänze, wenn ein naher Angehöriger (eine nahe Angehörige) mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldge­setze gepflegt wird.““


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3. In Artikel 3 Teil 2 lautet die Ziffer 2:

„2. Dem § 28 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Abweichend von Abs. 6 trägt der Bund für insgesamt längstens 48 Kalender­monate je Pflegefall die Beiträge zur Gänze, wenn ein naher Angehöriger (eine nahe Angehörige) mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeld­gesetze gepflegt wird.““

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen dritten Bereich möchte ich hier noch anführen, weil er auch in Verhandlung und im Rahmen der Debatte zu artikulieren ist. Fehler in der Vergangenheit für eine gerechte Pension für Frauen wurden viele ge­macht. Es wäre an der Zeit gewesen, gerade im Rahmen dieses Sozialrechts-Ände­rungsgesetzes auch jenen Frauen Rechnung zu tragen, die in der Vergangenheit nicht erwerbstätig waren, aber Familie haben, Kinder großgezogen haben oder alte, behin­derte Familienangehörige gepflegt haben. Das sind heute rund 60 000 Frauen, die keine eigene Pension haben. Da hätte ich mir schon erwartet, dass hier etwas in diese Änderung einfließt. Es kann nicht sein, dass Frauen nur deshalb, weil sie damals nicht berufstätig gewesen sind, heute ohne eigenständige Absicherung dastehen, dass sie von Sozialhilfe leben müssen beziehungsweise unmittelbar auf den Partner angewie­sen sind.

Diesbezüglich hätte ich mir eine Kurskorrektur erwartet. Und ich sage es noch einmal: Es ist eine Schande, dass ein Land wie Österreich für diese Frauen keine Vorsorge ge­troffen hat! Gott sei Dank gibt es ein Ausnahmeland in Österreich, das Land Kärnten. (Zwischenruf der Abg. Steibl.) Dort hat man das Problem erkannt. (Beifall beim BZÖ.)

Ich ersuche Sie, am Vorbild Kärnten auch für Mütter, für Frauen, die keine eigene Pen­sion haben, künftig eine nachhaltige Sicherung einzuführen. Schaffen Sie Gerechtigkeit und vergessen Sie, bitte, nicht auf diese Frauen! Wir vom BZÖ werden da nicht locker­lassen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

11.59


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die beiden Abänderungsanträge, die Frau Ab­geordnete Haubner eingebracht hat, sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (110 d.B.) über die Regierungsvorlage (77 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allge­meine Pensionsgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden (Sozial­rechts-Änderungsgesetz 2007 – SRÄG 2007)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:


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Der Nationalrat hat beschlossen:

1. In Artikel 1 Teil 2 lauten die Ziffern 18 und 19:

„18. In § 607 Abs. 12 entfällt die Wendung „bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007“.

19. In § 607 Abs. 12 entfallen die beiden letzten Sätze.“

2. In Artikel 2 Teil 2 lauten die Ziffern 5 und 6:

„5. In § 298 Abs. 12 entfällt die Wendung „bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007“.

6. In § 298 Abs. 12 entfallen die beiden letzten Sätze.“

3. In Artikel 3 Teil 2 lauten die Ziffern 10 und 11:

„10. In § 287 Abs. 12 entfällt die Wendung „bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007“.

11. In § 287 Abs. 12 entfallen die beiden letzten Sätze.“

Begründung:

In der vergangenen Legislaturperiode wurden wesentliche Schritte in Richtung einer wirksamen, gerechten und fairen Sozialpolitik gesetzt und der abschlagsfreie Pensi­onsantritt mit 55/60 Jahren im Rahmen der Langzeitversichertenregelung der sog. „Hacklerregelung“ ermöglicht. Mit der vorgesehenen Verlängerung der abschlagsfreien „Hacklerregelung“ bis zum Jahr 2010 wird jedoch keine dauerhafte Lösung für einen abschlagsfreien vorzeitigen Zugang für Langzeitversicherte gefunden. Es sollte aber gewährleistet werden, dass schwer arbeitende Menschen, welche die Anspruchsvor­aussetzungen erfüllen dauerhaft früher und ohne Abschläge in Pension gehen können. Denn gerade im Pensionssystem sind klare und verlässliche Regelungen für den Pen­sionszugang und die Pensionshöhe wichtig. Daher wird vorgeschlagen, die Verlänge­rung der Bestimmungen nur für wenige Jahre durch einen unbegrenzten abschlags­freien Pensionszugang nach 45 Arbeitsjahren zu ersetzen.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (110 d.B.) über die Regierungsvorlage (77 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allge­meine Pensionsgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden (Sozial­rechts-Änderungsgesetz 2007 – SRÄG 2007)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Der Nationalrat hat beschlossen:

1. In Artikel 1 Teil 2 lautet die Ziffer 9:

„9. Dem § 77 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) Abweichend von den Abs. 6 und 8 trägt der Bund für insgesamt längstens 48 Ka­lendermonate je Pflegefall die Beiträge zur Gänze, wenn ein naher Angehöriger (eine nahe Angehörige) mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5


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des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeld­gesetze gepflegt wird.““

2. In Artikel 2 Teil 2 lautet die Ziffer 2:

„2. Dem § 33 wird folgender Abs. 10 angefügt:

„(10) Abweichend von Abs. 9 trägt der Bund für insgesamt längstens 48 Kalender­monate je Pflegefall die Beiträge zur Gänze, wenn ein naher Angehöriger (eine nahe Angehörige) mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldge­setze gepflegt wird.““

3. In Artikel 3 Teil 2 lautet die Ziffer 2:

„2. Dem § 28 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Abweichend von Abs. 6 trägt der Bund für insgesamt längstens 48 Kalender­monate je Pflegefall die Beiträge zur Gänze, wenn ein naher Angehöriger (eine nahe Angehörige) mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldge­setze gepflegt wird.““

Begründung:

Mehr als 80 % der pflegebedürftigen Menschen in Österreich werden zu Hause durch Angehörige gepflegt. Die pflegenden Angehörigen leisten dadurch volkswirtschaftlich einen bedeutenden Beitrag, ohne den die Betreuung aller Pflegebedürftigen in Öster­reich nicht möglich wäre. Mit dieser Pflege zu Hause sind nicht nur psychische und physische Belastungen, sondern insbesondere auch finanzielle Einbußen für die An­gehörigen verbunden. Um die häusliche Pflege langfristig zu sichern, ist es daher von großer Bedeutung, die Situation pflegender Angehöriger zu verbessern. Daher soll hinkünftig der Bund die gesamten Beiträge von pflegenden Angehörigen für längstens 48 Kalendermonate tragen, wenn die pflegebedürftige Person zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze gepflegt wird. Da Demenz- und Alzheimerkranke eine stän­dige Aufsicht benötigen und die Pflegegeldeinstufungen bei diesen Krankheiten eher niedrig sind, sollen vor allem pflegende Angehörige vermehrt von dieser Regelung pro­fitieren können. Auch soll damit ein Anreiz für eine Verlagerung der Pflege von öffent­lichen Einrichtungen zur privaten Pflege zu Hause geschaffen werden.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.00.25

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Gesetzesvorlage, und zwar zur 67. ASVG-Novelle, ist, glaube ich, eine, die durchaus eine sehr gute und interessante Weiterentwicklung der Materien zum Inhalt hat.

Ich bin nicht ganz der Meinung der Frau Kollegin Csörgits, mit der ich an sich eine sehr gute Zusammenarbeit habe (Beifall des Abg. Riepl), aber wenn sie sagt, dass es end­lich wieder einmal – ja, das ist durchaus positiv – eine ASVG-Vorlage gibt, die für die


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Menschen ist, dann möchte ich doch darauf hinweisen und der Kollegin Haubner recht geben, wenn sie sagt, dass etwa die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten et­was sehr Positives ist, was schon bei der letzten Pensionsreform gemacht worden ist. Dass wir das jetzt weiterentwickeln, ist eine gute Sache, ist ein guter Ansatz, der zwei­felsohne zu begrüßen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch zu begrüßen ist natürlich die Verlängerung der Langzeitversicherungsregelung, die ich gemeinsam und konkret auch in diesem Punkt mit dem Herrn Sozialminister im Rahmen der Regierungsverhandlungen verhandeln durfte. Wir verlängern jetzt diese Langzeitversicherungsregelung bis 2010. Das ist positiv. Ich glaube allerdings, dass wir damit noch nicht das Ende der Fahnenstange in dieser Thematik erreicht haben. Ich hielte es auch nicht für gut, wenn man in einem intensiven Wahljahr, wie es das Jahr 2010 ist, dieses Thema wieder auf die Agenda bekommt und damit Platz schafft, um Menschen zu verunsichern. Mir wäre es durchaus recht, wenn man hier früher zu einer Vorgangsweise fände, die eben über das Jahr 2010 hinausreicht.

Ich möchte mich aber vor allem – auch wenn das in concreto erst beim nächsten Tagesordnungspunkt auf der Tagesordnung ist – nicht der aktuellen Diskussion ver­schließen, die wir im Zusammenhang mit der Frage der Verlängerung der Amnestie im Pflegebereich haben.

Wir haben gestern einen diesbezüglichen Antrag eingebracht und treten für eine Ver­längerung der Pflegeamnestie um ein halbes Jahr ein, weil das, Herr Bundesminister – und ich möchte das sehr offen sagen –, was aus der Diskussion heraus und auch aus vielen Reaktionen in der Bevölkerung heraus vorgelegt wurde, aus unserer Sicht schlicht und einfach nicht ausreichend ist. (Abg. Mag. Lapp: Sagen Sie das dem Kol­legen Bartenstein!) Nein, das Hausbetreuungsgesetz als rechtlicher Rahmen ist durch­aus in Ordnung. Sie wissen, dass der Bereich des Arbeitsrechtes und Fragen, die da­mit in einem Zusammenhang stehen, zum Kollegen und Bundesminister Bartenstein ressortieren, während die inhaltliche Frage des Pflegebereiches eben zum Herrn Sozi­alminister ressortiert. Das ist der Grund, warum ich mich hier an den Herrn Sozial­minister wende. (Abg. Riepl: Das ist erst der nächste Tagesordnungspunkt!)

Herr Bundesminister! Ich möchte wirklich sagen, dass wir schon auch die Problematik, erkennen sollten, dass, wenn wir die Vorlage heute hier im Haus diskutieren, sie dann in den Bundesrat geht, dann veröffentlicht wird und mit 1. Juli in Kraft tritt, das natürlich eigentlich schon eine Zumutung wäre für rund 20 000 betroffene Familien, die plötzlich auch in die Situation kämen, hier unternehmerisch tätig zu sein, plötzlich konfrontiert sein könnten mit Prüfungen durch das Finanzamt, durch die Krankenkassen, wiewohl ganz einfach die entsprechende Information noch gar nicht gegeben ist. Und das ergibt Unsicherheit.

Es gibt Unsicherheit in der Frage der Finanzierung. Ich weiß zwar, dass Sie garantiert haben, bis zum Ende des Jahres die Finanzierung sicherzustellen, aber das ist ja keine Garantie, wenn ich zwar für sechs Monate sozusagen weiß, dass es bezahlt ist, aber dann erst recht wieder die Frage offen ist, wie denn die Finanzierung aussieht.

Darum war es, glaube ich, ein sehr guter Vorschlag von Herrn Vizekanzler Molterer, zu sagen: Wir verlängern diese Pflegeamnestie unter der Voraussetzung und auch des­halb, weil wir zunächst die Finanzierung sicherstellen wollen im Zusammenhang mit den Ländern und mit den Gemeinden! Wir wollen sicherstellen, dass es eine Förderung nicht nur für den Bereich der unselbständigen Tätigkeit, sondern auch für den Bereich der selbständigen Tätigkeit gibt!

Ich glaube, es wäre auch wichtig und notwendig, dass wir dazu übergehen, nicht erst Förderungen ab der Pflegestufe 5 zu gewährleisten, sondern auch die Pflegestufen  3 und 4 hier entsprechend zu berücksichtigen, meine Damen und Herren. (Abg.


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Mag. Gaßner: Das ist wichtig, aber dann soll er es auch zahlen!) Herr Kollege Gaßner, ich meine, so plump darf man doch die Argumentation nicht führen. Es zahlt ja nicht der Finanzminister. Sie tun ja so, als würde das der Finanzminister bezahlen. Wahr ist, dass das alles Steuergeld ist. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wahr ist, dass jeder Ressortminister in seiner Verantwortung mit dem Finanzminister sein Budget ver­handelt. Und wenn der Sozialminister schlecht verhandelt, dann ist es seine Verant­wortung und nicht die Verantwortung des Finanzministers. (Beifall bei der ÖVP. – An­haltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Also es geht schon auch darum, dass man den Herrn Sozialminister ersucht, hier et­was zu tun. Ich habe das, Herr Sozialminister – Sie wissen das –, bereits beim Budget­hearing vor mehr als einem Monat getan und Sie gefragt, warum Sie erst im Juni mit den Landesfinanzreferenten in Verhandlungen treten und warum man nicht den Mai für intensive Beratungen nützt. Das war schon Thema im Budgethearing. Also es ist nicht so, dass wir das erst heute oder gestern zur Diskussion gestellt haben.

In diesem Sinne hoffe ich – und ich höre ja, dass es im Ministerrat heute bereits eine intensive Bemühung in diese Richtung gegeben hat –, dass der Vorschlag des Finanz­ministers und Vizekanzlers Molterer aufgegriffen wird. Ich glaube, dass damit auch für die Menschen eine Sicherheit gegeben sein wird, denn es geht ja auch darum – und das haben wir im Wahlkampf gesehen, dass es für große Unsicherheit sorgt, wenn so­zusagen die Frage auch der illegalen Pflege zum Thema wird –, dass wir nicht noch einmal den Fehler machen und diese Unsicherheit prolongieren. (Beifall bei der ÖVP.)

12.07


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kickl. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.07.05

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Sozialminister! Hohes Haus! Budgethoheit – das sei meinem Vorredner gesagt – ist et­was, was immer noch in der Kompetenz dieses Hauses liegt. Das ist nichts, was sozu­sagen die Minister untereinander ausmauscheln könnten. (Beifall bei der FPÖ.)

Da müsste man sich auch davor fürchten – das sage ich Ihnen auch ganz ehrlich –, denn wenn man dieses unwürdige Schauspiel betrachtet, wie das jetzt in diesen Berei­chen schon wieder weitergeht, wo sich das auf dem Rücken der Pflegebedürftigen und auf dem Rücken derjenigen, die wirklich soziale Unterstützung brauchen und die große Hoffnungen vor allem in Sie gesetzt haben, abspielt, dann muss man sagen: Es ist ein Bild des Jammers, das Sie da bieten – nicht erst seit heute, nicht seit gestern, sondern in Wahrheit schon seit einigen Monaten! (Beifall bei der FPÖ.)

Mir tut es ja in Wahrheit leid, dass der Herr Bundeskanzler nicht mehr da ist, sondern dass er schon das Weite gesucht hat, denn ich hätte ihn schon ganz gerne etwas ge­fragt. (Abg. Dr. Graf: Aber die Frau Kdolsky sitzt schon auf dem Bundeskanzlerplatz!) Ja, sie sitzt schon auf dem Bundeskanzlersessel. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie weiß nicht einmal, wo ihr Platz ist!)

Ich hätte den Herrn Bundeskanzler nämlich ganz gerne etwas Bestimmtes gefragt, weil man sich tatsächlich Sorgen machen muss. Ich mache mir nämlich Sorgen, weil man schon seit längerer Zeit kontinuierlich immer weniger von einem ganz wichtigen Mann hört, der indirekt ein bisserl auch mit dem Sozialbereich und mit den Inhalten heute zu tun hat, ich mache mir Sorgen um die große Abwesenheit des Herrn Darabos.

Ich sage Ihnen nur: Der Herr Darabos ist derjenige – das dürfen wir nicht vergessen –, der aus seinen Aktivitäten bei Rapid ausgezogen ist – ein bisschen widerwillig, aber dann doch, nachdem man ein bisschen nachgeholfen hat – und in das Verteidigungs-


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ministerium eingezogen ist, um einen an und für sich, wie wir auch gemeint haben, wichtigen Auftrag dort zu erfüllen, nämlich die Österreicher vor der Wahnsinnsinvesti­tion eines viel zu teuren Eurofighters zu beschützen. (Abg. Dr. Graf: Er hat das große Los gezogen!) Das war sozusagen der große Verteidigungsauftrag des Herrn Darabos, und damit ist er ja in gewisser Weise neben dem Herrn Buchinger der zweite Geburts­helfer des „Sozialfighters“. Das ist dieses Ding, das Sie versprochen haben, der „Sozi­alfighter“, wenn Sie sich noch erinnern können. (Abg. Mag. Wurm: Aber da waren Sie in der Regierung!) Ich sage es Ihnen ja nur.

Dieser „Sozialfighter“, dieses berühmt-berüchtigte Ding, ist etwas, was eigentlich gar nichts mit Luftfahrt zu tun hat, oder irgendwie doch, denn der „Sozialfighter“, den Sie uns angekündigt haben, löst sich jetzt nämlich Schritt für Schritt in Luft auf. (Beifall bei der FPÖ.)

Insofern, meine Damen und Herren, sind die Stille und die auffällige Zurückhaltung, die wir da erleben, sehr, sehr verräterisch. Diese Zurückhaltung des Herrn Darabos, der seinen Vorstoß gegen die Eurofighter jetzt Schritt für Schritt zurücknimmt, sodass das, was er am Anfang haben wollte, immer weniger wird, entspricht im Grunde genommen genau auch Ihrer Zurechtstutzung des „Sozialfighters“: Riesengroße Ankündigungen gab es, einer Revolution der sozialpolitischen Denkungsart gleich – so möchte man das fast bezeichnen –, einen sozialpolitischen Urknall hätte es ja nach den Ankündi­gungen der SPÖ in dieser Republik geben sollen, und herausgekommen ist ein sozial­politischer Knallfrosch. Anders kann man das in Wahrheit nicht bezeichnen. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Ich nehme an, dass Sie Ihre Anleihen – vielleicht auch in guter Absicht –, was die Do­sierung dessen, was das Sozialsystem braucht, bei der Homöopathie genommen ha­ben, denn wenn man sich die Menge anschaut, die Sie hineingeben, um das System zu sanieren, dann sieht man, dass es tatsächlich genau damit vergleichbar ist.

Ich meine, es stimmt schon der Spruch: Wer Großes will, muss sich beschränken!, nur: Sie haben einen Fehler gemacht, denn Sie haben den Umkehrschluss für richtig gehal­ten. Sie haben gedacht, wenn Sie sich nur genug beschränken, zurücknehmen, sich in vornehmer Zurückhaltung üben und sich am besten der ÖVP andienen, dann kommt automatisch etwas Großes heraus. Aber nicht jeder Schluss ist automatisch als Um­kehrschluss auch gültig.

Im Grunde genommen, meine Damen und Herren, ist das sehr, sehr schade. Das ist deshalb sehr, sehr schade, weil Sie hier Chancen ausgelassen haben, bestehendes Unrecht, das Sie ja selbst seit Jahren ganz, ganz massiv – und zu Recht, wie ich meine – beklagen, zu beheben. In Wahrheit versuchen Sie, sich mit Provisorien und Husch-Pfusch-Lösungen irgendwie drüberzuschwindeln, damit Sie irgendeinen sozial­politischen Rechtfertigungsnachweis erbringen können.

Es ist ja nicht so, meine Damen und Herren, das nicht einiges tatsächlich besser ge­worden wäre, das sagen wir ja gar nicht, aber das, was Sie an versäumten Chancen vorzuweisen haben, das, was Sie ausgelassen haben, das, was Sie uns an Stückwerk vorgelegt haben, steht schon in einem krassen Missverhältnis zu dem, was Sie ange­kündigt haben. Dabei hätten Sie – das ist ja auch in diesem Hohen Haus schon disku­tiert worden – eine ausgezeichnete Konjunktur als Rahmenbedingung. Sie hätten in Wahrheit durch höhere Steuereinnahmen das Geld in der Hand, das eine oder andere zu tun, was bisher vielleicht aus anderen Gründen nicht möglich war. Ich werde schön langsam den Verdacht nicht los, dass es vielleicht eine Chance ist, die die Sozialdemo­kratie so schnell nicht mehr bekommen wird, wenn sie das jetzt nicht umsetzt, denn der Wählerauftrag könnte das nächste Mal schon ganz anders aussehen.


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Meine Damen und Herren, da braucht man sich nur einmal ein bisschen den Pensions­bereich anzusehen. Bei den Pensionisten – Sie werden sich auch erinnern, das war die Morgengabe an die ÖVP, das war das erste Opfer – kann man nicht davon reden, dass es tatsächlich zu einer Pensionserhöhung gekommen ist. Sie machen das Gleiche, was bisher gemacht worden ist: Sie schreiben Erhöhung drauf, wo im besten Fall eine Anpassung drinnen ist, die in Wahrheit auch wieder keine Anpassung ist, weil im Grun­de genommen der Wertverlust nach unten munter fortschreitet so wie bisher. Der ein­zige Unterschied, den es gibt, ist, dass halt jetzt zu diesem unsozialen Kurs der sozial­politische Sanktus der SPÖ draufkommt. Das ist der einzige Unterschied zu dem, was es früher gegeben hat.

Es ist zwar zugegebenermaßen eine Verbesserung, wenn Sie beschließen oder wenn Sie es uns in diesem Gesetz vorlegen, dass die Abschlagsregelung bei den Langzeit­versicherten jetzt bis 2010 ausgesetzt wird. Das ist ein Vorteil, aber es ist natürlich nicht die große Reform, von der Sie in diesem Bereich gesprochen haben. Ich weiß ja nicht, was dagegen spricht, dass man die soziale Sicherheit in diesem Land auch an eine rechtliche Sicherheit für diejenigen koppelt, die von diesen Maßnahmen betroffen sind. Aber es mag ja durchaus sein, dass Sie sich über 2010 hinaus nicht wirklich et­was zutrauen und deswegen diesen Stichtag als eine Art „Ablaufdatum“ gesetzt haben.

Auf noch etwas möchte ich Sie aufmerksam machen. Ich meine, man wundert sich ja seit der Bawag-Geschichte ohnehin über Weniges. Dieser Schulterschluss der Sozi­aldemokratie mit dem Neoliberalismus, das ist durchaus etwas ganz Interessantes. Ich habe auch hier herinnen schon gehört, dass die Gewerkschafter jetzt dafür sind, dass man den Arbeitsmarkt auch noch für Asylwerber öffnet. Also es kann einen ja in Wahr­heit überhaupt nichts mehr wundern. Da haben wir zuerst die Facharbeiter, die wir in Wahrheit nicht brauchen, dann haben wir eine Mobilitätsprämie, die ein Pfusch ist von vorne bis hinten, und wenn man das dann alles zusammennimmt, dann ist das die große Arbeitsmarktoffensive.

Aber ein Wort noch zu den SPÖ-Gewerkschaftern: Sie wollten ja der letzten Pensions­reform die Giftzähne ziehen. Da kann man jetzt die Nagelprobe machen, wenn man sich das an einem Detail einmal anschaut. Wo ist denn zum Beispiel die Verbesserung im Bereich der Hacklerregelung, für die die Gewerkschafter in der SPÖ ja gekämpft ha­ben? Wo ist die Verbesserung insofern, dass man etwa Krankengeldbezugszeiten mit in die Anwartschaft einrechnen kann? Nichts gibt es da! Sie haben sich in der eigenen Partei genauso wenig durchgesetzt, wie sich Ihre Partei gegenüber der ÖVP durch­gesetzt hat. Das ist sozusagen die Konstante dieser Sozialpolitik! Das wäre ja in Wahr­heit eine Maßnahme, die den Erkrankten gegenüber, die ja nicht aus Jux und Tollerei in diese Situation kommen, sondern die Unterstützung brauchen, nur fair wäre.

Wir kritisieren auch, meine Damen und Herren, dass es keine Schwerarbeiterregelung ohne Abschläge gibt. Wir haben diesen Vorschlag im Sozialausschuss gemacht. Das Interessante ist, dass alles, was Ihnen nicht ins Konzept passt oder wo Sie vielleicht Angst haben, dass Sie es bei der ÖVP nicht durchbringen, in Wahrheit auf die lange Bank geschoben wird, vertagt wird und damit schubladisiert wird.

Meine Damen und Herren, ich meine, dass in diesem Paket des Sozialrechts-Ände­rungsgesetzes einiges drinnen ist, was tatsächlich eine Verbesserung bringt – ich sage noch einmal: Das wollen wir überhaupt gar nicht abstreiten! –, aber Sie müssen umge­kehrt zugeben, dass Sie mit dem, was Sie hier vorweisen können, weit, weit, weit hin­ter den Erwartungen geblieben sind, die Sie selbst gehegt haben, und weit hinter dem geblieben sind, was Sie den Menschen in diesem Land versprochen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

12.16



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 73

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllin­ger. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.16.10

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Regierungsmitglieder! Wenn man die Debatte bis jetzt verfolgt hat, dann hat man sich manchmal etwas Sorgen um den Zustand der Sozialpolitik machen müssen. Es war eine ziemlich schräge Debatte, in der von den Eurofightern über das übliche wieder aufgewärmte Thema „Ausländerhetze“ der Freiheitlichen (Zwischenrufe bei der FPÖ) bis hin zu den Themen „Pensionserhöhungen“ und „Pflegeamnestie“ sehr vieles disku­tiert wurde, aber nur sehr wenig eigentlich zum Thema, zu dieser 67. ASVG-Novelle beziehungsweise – etwas, was man einem Außenstehenden schon gar nicht mehr er­klären kann – zum Sozialrechts-Änderungsgesetz beziehungsweise Sozialversiche­rungs-Änderungsgesetz. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie können sich wie­der beruhigen, ich nehme das Ausländerthema nicht in das Zentrum meiner Debatte auf, ich möchte nämlich zur Sache kommen.

Ich war daher sogar froh, als der Kollege Kickl am Schluss seiner Rede noch einige Kritikpunkte angesprochen hat, die ich durchaus auch teilen würde. Ich halte es für ein Manko, dass weder im Bereich der Langzeitversicherten noch im Bereich der Schwer­arbeiterInnen irgendetwas an Substanz geschaffen wird, was, etwa bei den Langzeit­versicherten, über ein paar Jahre hinausgeht. Also wenn eine Langzeitversichertenre­gelung jetzt bis zum Jahr 2010 verlängert wird, wenn Kollege Amon erklärt – Nachti­gall, ich höre dir trapsen –, man wolle das Thema Langzeitversichertenregelung aus dem Wahlkampf herausnehmen, indem man vorher schon im Jahre 2009 eine Verlän­gerung beschließt, die dann bis zum Jahr 2012 oder 2013 geht, dann muss ich sagen: So hätte man immerhin möglicherweise den nächsten Wahlkampf irgendwie sicherge­stellt! (Abg. Amon: Das ist im Interesse der Langzeitversicherten!) Im Interesse der Langzeitversicherten ist es, keine Frage! Nur: Im Interesse der Sicherheit von älteren Menschen, die noch nicht in Pension sind, ist es nicht. Die wissen nicht, was sie von diesem Pensionssystem zu erwarten haben, wie sie ihre zukünftige Lebensplanung einrichten sollen.

Damit bin ich beim Thema „SchwerarbeiterInnenregelung“ angelangt. – Zugegeben, Herr Bundesminister, es ist nicht einfach, aufbauend auf dem, was in Bezug auf die SchwerarbeiterInnenregelung vorhanden ist, etwas sehr Gutes daraus zu machen. Ich habe die Regelung immer für einen Murks gehalten. Aber man könnte schon etwas machen. Und zwar: Man könnte weggehen von dem Prinzip, das in der Schwerar­beiterInnenregelung enthalten ist, das vorsieht, dass die letzten 20 Jahre zählen – da gibt es jetzt eine geringfügige Änderung –, hin zu dem Prinzip, dass man beispiels­weise sagt: Jemand, der zeit seines Lebens 30 oder 35 Jahre Schwerarbeit geleistet hat (Abg. Dolinschek: Das verletzt den Gleichheitsgrundsatz!) – das verletzt diesen Grundsatz nicht –, der soll nach diesen 35 Jahren in Pension gehen können, und zwar abschlagsfrei. Das würde den SchwerarbeiterInnen, die nämlich über einen langen Zeitraum Schwerarbeit geleistet haben, wirklich helfen.

Eines sage ich schon an die Adresse des BZÖ: Wenn in den ersten Monaten dieses Jahres die Hürde Schwerarbeit von insgesamt fünf Menschen passiert werden konnte (Bundesminister Dr. Buchinger: Es sind schon neun!) oder neun mittlerweile, dann ist das eine Schande für die Gesetzgebung. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.) Entschuldigung! Aber für neun Menschen machen Sie ein Gesetz, über das zwei Jahre diskutiert wurde, in dem im Wesentlichen nichts weitergegangen ist und in dem die Hürden so hoch gesetzt wurden, dass von den tatsächlichen Schwerarbeite­rinnen und Schwerarbeitern niemand drüberhüpfen kann?!


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Interessant habe ich gefunden, was Kollegen Amon am Beginn seiner Rede gesagt hat, es seien gute und interessante Weiterentwicklungen bei dieser 67. ASVG-No­velle. – Neusprech à la Orwell!

Frau Kollegin Haubner sagte: Es sind Verbesserungen nur deshalb möglich, weil wir, wir vom BZÖ, die Voraussetzungen dafür geschaffen haben! – Ja, das ist wirklich wahr! Wenn man vorher von Pensionskürzungen von 30 bis 50 Prozent ausgeht – und ich weiß noch, was Kollege Haupt hier als großen Erfolg der freiheitlichen Politik vorge­stellt hat; es waren im ersten Entwurf Pensionskürzungen von 30 bis 50 Prozent vorge­sehen – und wenn man dann bei Pensionskürzungen im Durchschnitt zwischen 10 und 20 Prozent landet und wenn jetzt durch diesen Schritt die Pensionskürzungen etwas weiter reduziert werden, dann kann man sagen: Die Verbesserungen sind nur möglich deshalb gewesen, weil wir so arg gekürzt haben! – Ja, das ist tatsächlich wahr, Frau Kollegin Haubner!

Es gibt aber doch auch Punkte, denen wir zustimmen werden:

Erstens: Sozialversicherungsanmeldung vor der Arbeitsaufnahme. – Ja, endlich! Gott sei Dank erreicht!

Zweitens: Die Verlängerung der Langzeitversichertenregelung habe ich schon genannt.

Drittens: Halbierung der doppelten Abschläge bei der Korridorpension. – Ja, endlich! Danke!

Viertens: Befristete Übernahme von Dienstnehmerbeiträgen zur Pensionsversicherung für pflegende Angehörige ab einer bestimmten Stufe. – Ja, danke! Endlich geht da etwas weiter!

Fünftens: Wir stimmen auch den Abänderungsanträgen, in diesem Fall des BZÖ, zu, das sich jetzt in der Opposition wieder an etwas erinnert, das es während der Regie­rungszeit vergessen hat. – Ja, danke! Ich bin damit einverstanden.

Aber ich sage schon eines zu dieser 67. ASVG-Novelle beziehungsweise zu dem Ge­setzeskonvolut im Generellen: Wir haben immer kritisiert, dass in diesen Gesetzen sehr vieles an unterschiedlichen Materien drinnen ist. Das ist ja nicht nur der pensions­rechtliche Teil, nicht nur der arbeitsrechtliche Teil, sondern da sind auch Teile enthal­ten, die das Gesundheitswesen beziehungsweise die Krankenversicherungen betref­fen. Dann gibt es auch noch nicht nummerierte Novellen. Wir stimmen ja heute, Herr Bundesminister, in einem anderen Gesetz noch einmal über das ASVG ab. Also nicht nummerierte Novellen haben wir auch noch. Also, diese 67. ASVG-Novelle entspricht dem Prototyp von ASVG-Novellen, wie wir sie leider aus der Vergangenheit kennen. Da wird aus allem irgendetwas genommen und irgendwo irgendetwas verbessert und manchmal – das kennen wir auch aus der Vergangenheit – etwas verschlechtert, aber eine Systematik, eine Durchschaubarkeit der Sozialgesetzgebung wird damit sicher nicht befördert.

Von dem Vorhaben, dass eigentlich die Gesetze, die wir machen, also auch die Sozial­gesetze, für diejenigen, die ihnen unterworfen sind, verständlicher werden sollen – das war einmal ein Vorhaben, das wir alle geteilt haben; da ist viel Geld hineingeflossen, um das irgendwie durchzuführen –, sind wir wieder weg. Das ist kein Thema mehr. Jetzt machen wir von da ein Stückerl, von da ein Stückerl.

Das letzte Stückerl nehme ich mir noch: die Au-Pair-Regelung. Die beschließen wir nämlich auch. Eine Katastrophe! Meiner Ansicht nach ist das eine Katastrophe vor al­lem deswegen, weil eigentlich das, was uns einen könnte, Herr Kollege Amon, nämlich eine Regelung zu machen, in der die Menschen, die Au-Pair-Dienste annehmen bezie­hungsweise leisten, auch sozialversichert sind, dafür auch Beiträge geleistet werden –


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diese ursprüngliche Intention ist ja von einem Verwaltungsgerichtshofsurteil ausgegan­gen, das dazu geführt hat, überhaupt darüber nachdenken zu müssen –, durch das Gesetz vollkommen ad absurdum geführt wird.

Was wir hier machen – und ich sage Ihnen das noch einmal –, ist: Wir beschließen ein Au-Pair-Gesetz, das in Zukunft neun verschieden Au-Pair-Regelungen möglich macht, neun verschiedene Bundesländerregelungen, weil in neun Bundesländern neun ver­schiedene Mindestlohntarife gelten. Sie sagen vielleicht: Es ist mir wurscht!, aber Sie haben keine Antwort darauf geben können, dass zum Beispiel nicht nur diese neun unterschiedlichen Mindestlohntarife und daher neun unterschiedliche Arbeitszeiten für Au-Pairs möglich sind, sondern die Mindestlohntarife nach dem Hausangestelltenge­setz ja auch noch verschiedene Zuschläge, je nachdem, mit welchen Kindern in wel­chem Altern man es zu tun hat, möglich machen.

Das heißt, wir haben eine völlige Intransparenz. Niemand in Österreich – würde ich einmal behaupten –, weiß, dass Hausangestellte 15 Monatsgehälter haben. Alle, die jetzt schon Au-Pairs beschäftigt haben, sind aber in kurzer Zeit damit konfrontiert, dass sie diese 15 Monatsgehälter zahlen müssen. Und weil sich niemand auskennt, welcher Mindestlohntarif welchen Bundeslandes mit welchem Zuschlag – je nachdem, ob ich ein Kleinkind oder ein größeres Kind habe, das zu betreuen ist – gilt, wird die Kon­sequenz, fürchte ich, ein Anstieg von Schwarzarbeit sein. Die Leute werden nicht diese Au-Pair-Regelung nach dem ASVG beanspruchen, sondern sie werden sagen: Ich organisiere mir das wieder anders!

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann ja nicht, würde ich einmal meinen, Ihr Interesse in dieser Frage gewesen sein. Ich unterstelle Ihnen ja manchmal viel, aber in diesem Punkt hätte ich mir gedacht, dass doch eigentlich alle ein Interesse daran haben müssten, eine saubere Lösung zu machen.

Ich erinnere Sie nur daran, Herr Kollege Amon, es hat einen Entwurf gegeben vor einem Jahr von Bartenstein, und auf Grundlage dieses Entwurfes von Bartenstein – der Entwurf zum Hausbetreuungsgesetz, über den wir jetzt dann beim nächsten Punkt abstimmen, ist auch eine Katastrophe, aber auf dem Entwurf zum Au-Pair-Gesetz hät­ten wir aufbauen können – hätten wir schon weiterdiskutieren können. Warum diskutie­ren wir nicht dort weiter, sondern machen jetzt eine Husch-Pfusch-Regelung, die wahr­scheinlich dazu führt, dass Au-Pairs in Zukunft nicht mehr über dieses Gesetz und über diese neun Länderregelungen beschäftigt werden, weil die Leute sagen: Ich organi­siere mir das wieder so, wie ich es früher einmal gemacht habe oder wie ich es früher gekannt habe, nämlich schwarz!?

Da sage ich Ihnen – umfassend betrachtet zu dem, was wir heute nicht nur in diesem Punkt, sondern auch im nächsten Punkt diskutieren –: Es wäre einmal lohnenswert, darüber nachzudenken, wohin die Sozialpolitik marschiert und was die Sozialpolitik mit ihren Regelungen unterstützt. Ich bin dafür, dass das einigermaßen ordentliche, gut qualifizierte, gut entlohnte Arbeitsverhältnisse sind. Das geht nicht bei Au-Pair, das ist mir schon klar, das ist auch ein anderes Verhältnis. Aber ich will nicht Schwarzarbeit fördern im Bereich Au-Pair, wie ich vermuten würde, und ich will nicht Arbeitsverhält­nisse fördern – fördern! –, wie im Bereich Pflege und Betreuung, wo ich Ihnen sagen kann, dass, abgesehen von der notwendigen Amnestie, die wir brauchen, in Zukunft Österreich sich im Bereich Pflege und Betreuung dadurch auszeichnet, dass es den Weg geht, Billigstlohnkräfte zu erbärmlichen Arbeitsbedingungen – denn 24-Stunden-Arbeit sind erbärmliche Arbeitsbedingungen – für einen teilweise hoch qualifizierten Bereich zu beschäftigen.


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Darüber sollten Sie nachdenken, denn das wäre der falsche Weg, auf dem sich dieses Land Österreich mit Sicherheit weder in der Sozialpolitik noch in der Wirtschaftspolitik weiterentwickeln kann. (Beifall bei den Grünen.)

12.28


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin. (Abg. Ing. Westenthaler: Für das Protokoll: Kdolsky vom Kanzlersessel aus!)

 


12.28.32

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Werte Besucherinnen und Besucher! Ich darf wie­der zurückführen zu jenen Bereichen und jenen Punkten, die mit der gegenständlichen Sozialversicherungsgesetz-Novelle des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend geregelt werden, womit vor allem einige Anpassungen und Reparaturen aufgrund von Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes erfolgen, und Ihnen diese Punkte ein bisschen vor Augen führen.

Es geht hier auf der einen Seite um die Einbeziehung der Funktionäre der Österreichi­schen Zahnärztekammer in die Teilversicherung in der Unfallversicherung. Damit er­halten jene Personen einen Unfallversicherungsschutz bei Ausübung ihrer Tätigkeit. Ich halte das für einen wesentlichen, notwendigen Schritt.

Es geht weiters um die Reparatur des Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses zur Fest­setzung der einheitlichen Grundsätze für die EDV-Abrechnung zwischen Vertragsärz­ten und der Krankenversicherung. Damit wird sowohl dem entsprechenden Gerichts­hofsentschluss als auch dem vertragspartnerschaftlichen Prinzip zwischen Ärztekam­mern und Krankenkassen Genüge getan, indem sich die Vertragspartner bis 31. De­zember 2007 auf die Grundsätze der EDV-Abrechnung einigen müssen, widrigenfalls sie der Hauptverband unter Weisungsbindung an die Gesundheitsministerin festzuset­zen hat.

Die Reparatur dieses Erkenntnisses zum Anfall und Wegfall einer bäuerlichen Be­triebsrente ist ebenfalls Teil dieser Veränderungen. Damit wird das entsprechende Er­kenntnis vom Juni 2006 umgesetzt, wobei dies eine Folgeerkenntnis zu einem Erkennt­nis aus dem Jahr 2005 ist, das bereits im Frühjahr des Jahres 2006 umgesetzt wurde.

Änderungen im Zusammenhang mit dem EU-Vertragsverletzungsverfahren im Bereich des Erstattungskodex sind ebenfalls ein Thema dieses gesamten Paketes. Mit diesen Änderungen soll den Anforderungen der EU-Transparenzrichtlinie entsprochen wer­den, um die darin festgehaltenen Antragsfristen für die Aufnahme einer spezifischen Arzneimittelspezialität in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex zu wahren.

Weiters geht es hier um die Sicherstellung der Impfung der österreichischen Bevölke­rung mit dem für den Fall einer Influenza-Pandemie zu entwickelnden Impfstoff im Rahmen der Pandemievorsorge. Die Sicherstellung, dass es für die österreichische Bevölkerung für den Fall, dass die Weltgesundheitsorganisation eine Pandemie aus­ruft, die Impfung mit dem Influenza-Pandemieimpfstoff gibt, erfolgt durch Erweiterung der Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der Maßnahmen zur Erhaltung der Volksgesundheit. Der Krankenversicherung wird nur die Impfung mit dem Impfstoff übertragen, nicht jedoch die Bevorratung. Diese Maßnahme ist ein we­sentlicher Schritt zu einer aktiven staatlichen Vorsorge für den Fall, dass eine Pan­demie eintreten sollte.

Ich darf Sie weiters darüber informieren – weil auch das Anfragen aus den zuständigen Ausschüssen waren –, dass wir zur weiteren Umsetzung des Regierungsprogramms


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im Bereich der Sozialversicherung festhalten möchten, dass bezüglich des Effizienz­paketes, das im Bereich der Krankenversicherung 150 Millionen € einbringen soll, noch auf die Vorschläge der Sozialpartner gewartet wird. Mit diesem Paket ist auch die Um­setzung der Beitragserhöhung um 0,15 Prozentpunkte verbunden.

Zur Umsetzung der Begrenzung der Belastung mit Rezeptgebühren habe ich vergan­gene Woche einen Lösungsvorschlag vorgelegt und angedacht, den man von mir auch verlangt hat. Über dieses Lösungsmodell trete ich nun mit dem Koalitionspartner und den Experten der Sozialversicherung ins Gespräch.

Mit der gegenständlichen Sozialversicherungs-Novelle sind, denke ich, nicht nur Repa­raturen, sondern ist in dem einen oder anderen Fall auch eine deutliche Verbesserung für betroffene Österreicherinnen und Österreicher verbunden. – Herzlichen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.33


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolin­schek. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.33.21

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Sozialrechts-Änderungsgesetz und das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz sind immer wieder und jedes Jahr eine interessante Materie. Es geht schließlich um den gesamten Le­bensbereich aller Österreicherinnen und Österreicher, es betrifft jeden in irgendeiner Form, und es ist so, dass es in diesem Bereich immer wieder Weiterentwicklungen ge­ben muss.

Was mich in der jetzigen Zusammensetzung der Bundesregierung eigentlich ein biss­chen bestürzt, ist, dass in diesem Bereich Neid und Missgunst unter den beiden Koali­tionspartnern herrschen. Der eine gönnt dem anderen nichts, der eine gönnt dem an­deren keinen Erfolg, und das geht zu Lasten der österreichischen Bevölkerung, vor allem auch in der Sozialpolitik.

Wenn der eine irgendwo einen Verbesserungsvorschlag macht – das sind ja haupt­sächlich Dinge, die in der Vergangenheit schon ausgezeichnet vorbereitet wurden und die man nun weiterentwickelt –, dann gönnt es ihm der andere nicht. Dann zieht man immer wieder sozusagen die Wurst vor der Nase weg und kommt nicht richtig weiter. Man sollte eigentlich gemeinsam für Österreich arbeiten, auch Vorschläge der Opposi­tionsparteien aufnehmen und diese mit einfließen lassen.

Eines machen Sie ja hervorragend, muss ich sagen: dass man hergeht und die guten Vorarbeiten, die meine Fraktion, das BZÖ, in der Vergangenheit in der Regierungsver­antwortung eingebracht hat, jetzt auch weiterführt. Das ist zum Beispiel bei der Anmel­dung vor Arbeitsbeginn so. Das war ein Vorschlag von unserer Seite, wir haben das mit unserem Koalitionspartner ausgemacht.

Es war einfach nicht mehr tragbar, dass sehr viele illegal Beschäftigte auf dem Arbeits­markt tätig waren und es eigentlich zu einer Wettbewerbsverzerrung auf dem Arbeits­markt gekommen ist – weil ja jene österreichischen Firmen, die ihre Leute legal be­schäftigen, natürlich eine Wettbewerbsverzerrung hinzunehmen haben. Das war haupt­sächlich in der Baubranche so, es war im Reinigungsgewerbe so, aber auch in der Gastronomie. Es hat dann verschiedene Überlegungen gegeben: Wie macht man das? Was macht man? Ein Pilotprojekt?

Wir haben ein Pilotprojekt im Burgenland gestartet, in der zweiten Hälfte des Jah­res 2006. Es hat sich herausgestellt, dass das das einzig Richtige war, und nicht, es in einer Branche zu versuchen, denn wenn man das nur in der Baubranche gemacht


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hätte – da ist viel Bau- und Baunebengewerbe tätig –, hätte die KIAB, die dort ihre Kontrollen durchführt, eigentlich nicht effizient kontrollieren können, weil dort im Prinzip auch Mitarbeiter tätig sind, die – praktisch als Elektriker, als Spengler, als Schlosser, die nicht zum Baugewerbe gehören, aber zum Baunebengewerbe –, dann nicht hätten kontrolliert werden können.

Das hat sich einfach bewährt. Es ist jetzt umgesetzt, und ich bin froh darüber, dass das – wenn auch etwas verzögert, und zwar erst mit 1. Jänner 2008 – kommt. Es ist richtig, dass man die Mitarbeiter unmittelbar vor Arbeitsbeginn bei der Sozialversiche­rung anmeldet. Denn: Der Sozialversicherung geht hier jede Menge Geld verloren. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Es geht der Sozialversicherung jede Menge Geld verlo­ren – jammere nicht, das ist das einzig Wirksame! Auch wenn sich die Unternehmen lange dagegen gesträubt haben, kommt es doch den Unternehmen zugute, vor allem jenen, die die Leute legal beschäftigen. Herr Kollege, so ist es! (Beifall beim BZÖ.)

Auch Frau Kollegin Csörgits hat gesagt, das ist ein hervorragender Punkt. Ich muss sa­gen, ich bin auch einverstanden damit, dass das jetzt so ist. Und dass Sie diese Ver­besserungen weitergeleitet haben, ist auch okay. Dass es aber auch viele, viele andere Dinge gibt, wie zum Beispiel bei der Pensionsharmonisierung mit der Anrechnung der Kindererziehungszeiten, was seinerzeit von Ihrer Seite sehr kritisiert worden ist, was jetzt aber weitergeführt wird, ist erfreulich. Dazu muss ich sagen: Sehr gut! Verbessern sollte man immer etwas, wenn es möglich ist, etwa bei der Familienhospizkarenz und bei verschiedenen anderen Dingen. Erfreulich ist auch, dass in diesem Bereich die Bei­tragszeiten voll anerkannt werden, genauso wie Präsenzdienstzeiten und andere Dinge wie Kindererziehungszeiten.

Diese Weiterentwicklung ist wichtig. Es wird schließlich und endlich – wie heute schon gesagt worden ist – alles aus Steuergeld bezahlt. Man braucht nicht zu sagen: Es ist ja euer Minister, der Vizekanzler ist der Finanzminister, und er hat das Geld! Es ist im Prinzip immer Steuergeld. Das muss ordentlich ausverhandelt werden, Herr Bundes­minister, und alle, die in der Sozialpolitik tätig sind, stehen natürlich dahinter, dass für sozialpolitische Maßnahmen mehr Geld in die Hand genommen wird.

Wir haben auch immer wieder gesagt, zum Beispiel bei der Pflege – dazu werden wir später noch kommen –, dass wir für diesen Bereich mehr Geld in die Hand nehmen müssen. Wir haben in der Vergangenheit aufgrund der Lage in Österreich – aufgrund der wirtschaftlichen Lage, aufgrund der Beschäftigungslage, aufgrund der demographi­schen Entwicklung – dieses System umgestellt, es modernisiert und praktisch einer Neuordnung zugeführt.

Ich muss sagen, nachdem früher die so genannte Langzeitversichertenregelung, die „Hackler-Regelung“, immer wieder kritisiert worden ist, nämlich, dass das ein Murks ist, dass das nichts ist und so weiter, bin ich sehr froh, dass das heute weitergeführt wird. Unsere Intention war es, dass die Langzeitversicherten immer abschlagsfrei in Pension gehen können. Wenn Sie einen Koalitionspartner haben, der das nicht will, dann kön­nen Sie das in einer Regierung auch nicht umsetzen; diese Problematik haben die bei­den Koalitionsparteien jetzt ebenfalls. Deswegen bin ich auch sehr, sehr froh darüber, dass das unbefristet weitergeht. (Zwischenruf des Abg. Donabauer.) – Ja, Herr Kol­lege Donabauer, du kannst dich sehr gut daran erinnern, wie das war!

Wenn man jetzt diese Hacklerregelung praktisch bis zum Jahr 2010 verlängert, so sind das ja nur ein paar Jahre. Das müsste eigentlich unbefristet sein! (Beifall beim BZÖ.) Wenn also jemand 45 Beitragsjahre hat, oder eine Frau 40 Beitragsjahre, soll sie ab­schlagsfrei in Pension gehen können. Das war immer unsere Intention. Unser Regie­rungspartner hat das nicht mittragen wollen – okay, wir haben einen Kompromiss ge­schlossen. (Zwischenruf des Abg. Reheis.) Bei euch ist es ähnlich. Aber ich würde


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jetzt hergehen und aufgrund der wirtschaftlichen Voraussetzungen das Ganze einfach unbefristet machen.

Wir haben auch eine Pensionssicherungskommission eingesetzt. Diese Pensionssi­cherungskommission kommt alle drei Jahre zusammen – heuer ist sie zusammenge­kommen –, und sie beurteilt dann aufgrund der demographischen Entwicklung, der Lebenserwartung, der wirtschaftlichen Situation, der Wertschöpfung in Österreich und aufgrund des Beschäftigtenstandes, was eigentlich möglich ist. Es ist jetzt möglich – wir haben die Rahmenbedingungen, die Voraussetzungen dafür in der Vergangenheit geschaffen –, dass man jetzt Verbesserungen machen kann. (Beifall beim BZÖ.)

Wieso nicht jetzt? – Die Steuereinnahmen sprudeln nur so hervor, es ist genug Geld vorhanden: Wieso sollte man das nicht umsetzen, dass jene, die lange Beitragszeiten haben, die 45 Jahre gearbeitet haben, auch abschlagsfrei in Pension gehen? (Beifall beim BZÖ.)

Wenn sich die Situation in etlichen Jahren einmal ändert, dann kann man das immer noch revidieren, kann man das immer noch ändern. Ich sage: Das wäre das Wichtige gewesen! Das gilt auch für die Schwerarbeiterregelung.

Herr Kollege Öllinger, ich glaube, du hast das ganze System noch immer nicht durch­schaut. (Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Ich bin nicht der Einzige!) Wir sind hergegangen und haben dafür gesorgt, dass jene Leute, die im Leben eine schwere Tätigkeit haben, ebenfalls, wenn sie nicht vorher aufgrund ihrer Tätigkeit schon in der Invaliditätspension sind und bis zum 60. Lebensjahr gearbeitet haben, abschlagsfrei in Pension gehen können. Da haben wir einen Meilenstein gesetzt. Alle reden davon, für die schwer arbeitenden Menschen etwas zu tun, aber keiner hat etwas getan. Wir haben uns durchgesetzt, wir haben gesagt: Das machen wir!

Wenn man jetzt hergeht und die letzten 20 Jahre anspricht, Herr Kollege Öllinger – und Sie, Frau Kollegin Csörgits, haben ja auch gesagt, dass das ein Murks-Gesetz ist (Zwi­schenruf des Abg. Öllinger) –, dann darf ich sagen: Es ist so, dass von früher her keine Aufzeichnungen vorhanden sind. Dafür können aber wir nichts! Es ist erwiesen, dass eine schwere Tätigkeit im älteren Abschnitt schwieriger als in jüngeren Jahren zu verrichten ist. Jetzt sind zehn Jahre notwendig, und da kommen auch jene Leute dazu, Herr Kollege Keck, die das in der Voest, weil dort 15 Jahre notwendig sind, nicht er­reicht haben. Diese kommen dann, wenn sie diese zehn Jahre haben, auch in den Genuss der Schwerarbeiterregelung. (Zwischenruf des Abg. Keck.)

Wenn bisher gerade neun die Schwerarbeiterpension in Anspruch genommen haben, so kann ich das nur damit begründen, dass 41 Prozent, Herr Bundesminister – oder vielleicht sind es jetzt schon mehr –, derjenigen, die jährlich in Pension gehen, in die Invaliditätspension gehen, weil sie durch ihre schwere Tätigkeit einfach nicht mehr in der körperlichen und geistigen Verfassung sind, dass sie die Erwerbstätigkeit weiter ausführen, und eben dadurch früher in Pension gehen. In die Invaliditätspension kön­nen sie immer gehen, sie brauchen nur ein ärztliches Attest zu haben. Wenn sie einen körperlichen Schaden haben, dann gehen sie eben früher in die Rente. Weil eben so viele einen körperlichen Schaden haben und nicht weiter im Erwerbsleben tätig sein können, deswegen gehen so viele in die Invaliditätspension.

Herr Mitterlehner hat in der Vergangenheit gesagt: Die Schwerarbeit kann man irgend­wie über die Invaliditätspension regeln. Ich habe bisher noch keinen einzigen Vor­schlag dazu gehört, wie man in der Invaliditätspension eine Schwerarbeiterproblematik regeln kann. Das hat mir noch niemand vorschlagen können.

Ich sage Ihnen eines: Alle reden davon – wir aber haben etwas getan! Gehen Sie un­seren Weg weiter! Denn: Wenn Sie sich im Sozialministerium alles an einzelnen Stu-


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dien herausholen, Herr Bundesminister – es ist egal, ob das in der Pensionsproble­matik oder in der Pflegeproblematik der Fall ist –, dann können Sie sich eine Anleihe davon nehmen und dort weiterarbeiten, wo wir aufgehört haben. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Hörl: Ist ja vorhanden!)

12.43


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter Riepl ist der nächste Red­ner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


12.43.12

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Dolinschek, irgendwie erinnert mich die BZÖ-Politik jetzt in der Debatte an den Wurstelprater: Da geht es in der Hochschaubahn auch zuerst herunter und dann hinauf. Zuerst waren Sie dabei, dass es mit den sozialen Rechten schnell heruntergeht – da haben manche sogar von „Sozialraub“ gesprochen, zu Recht, meine ich –, und jetzt geht es Ihnen zu langsam, dass es wieder hinaufgeht. (Abg. Dolinschek: Ihr habt die Pensionen ...!) Irgendwie wird das also ganz interessant. (Beifall bei der SPÖ.)

Beim vorliegenden Sozialrechts-Änderungsgesetz geht es jetzt auf jeden Fall um eini­ge – leider zu wenige, aber um einige – wesentliche Verbesserungen in der Sozialver­sicherung; das ist schon gesagt worden. Abschläge bei der Korridorpension werden gemildert, eine rückwirkende Aufwertung kommt bei der Beitragsgrundlage für Kinder­erziehungs-, Präsenz- und Zivildienstzeiten, es kommen auch die sofortige Anmeldung zur Sozialversicherung vor Arbeitsantritt und – das scheint mir ganz wichtig zu sein – eine Verlängerung des abschlagsfreien Pensionsantritts bei der so genannten „Hack­lerregelung“ bis 2010, also um drei Jahre.

Ich denke, wir werden nach der heutigen Beschlussfassung gefragt werden: Was ist denn da neu? Wo sind Vorteile für die Menschen festzustellen? – Ich glaube, es ist Zeit, dass man die das Finanzielle betreffenden Erläuterungen der Regierungsvorlage in einem Punkt noch einmal hervorhebt.

Da heißt es: Von der Verlängerung des abschlagsfreien Pensionsantritts bis 2010 wer­den rund 6 500 Männer und 7 000 Frauen pro Jahr profitieren. Die Pensionsschere wird sich dadurch um durchschnittlich 5 Prozent bei den Männern und 6 Prozent bei den Frauen ändern – also mehr an Pension! Bei einer gegenwärtigen Durchschnitts­pension für diese Pensionsart von 1 700 € bei den Männern und 1 300 € bei den Frau­en sind dies durchschnittlich monatlich 85 € mehr an Pension für Männer beziehungs­weise 80 € für Frauen. – Ich denke, das ist doch etwas, worüber man reden soll und was man deutlich sagen soll.

Wenn wir jetzt annehmen, dass eine Frau in diese neue Regelung fällt – sie ist also eine von diesen 7 000, sie hat eine Durchschnittspension von 1 300 € und hat bei­spielsweise 20 Jahre Pension vor sich, hoffentlich mehr, aber jedenfalls 20 Jahre –, so bedeutet das, dass das, was wir jetzt beschließen, für diese Frau, für eine von 7 000 – Herr Bundesminister, ich glaube, ich habe richtig gerechnet –, 22 400 € mehr an Pen­sion in den ersten 20 Jahren ihrer Pension!

Da zu sagen: Das ist nichts, da sind wir dagegen!, das kann ich beim besten Willen nicht verstehen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, das ist das, was man auch sagen muss, und das ist der Kurswechsel in der Sozialpolitik, der durch diese Vorlage von Bundesminister Buchinger deutlich sichtbar geworden ist. Dafür sollte man, glaube ich, herzlich danke sagen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir geben heute etwas von dem zurück – ich habe es schon gesagt –, was durch die letzten Reformen – aber statt „Reform“ kann man auch „Regierung“ sagen: durch die


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letzten Regierungen – weggenommen wurde. Österreich wird dadurch, meine ich, dank der Sozialdemokratie, dank der SPÖ, aber auch dank dieser Regierung wieder etwas sozialer und gerechter. Ich möchte deshalb dem Herrn Sozialminister für diese Vorlage und für diesen Kurswechsel ausdrücklich danke sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

12.46


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Ho­fer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Ing. Hofer begibt sich zunächst zur Regierungsbank und überreicht Bundesminister Dr. Buchinger ein Gebilde aus Papier.)

 


12.46.48

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Bundesminister! Ich habe Herrn Bundesminister Buchinger einen „Sozi­alfighter“ überreicht. (Ruf: Er hat ihn schon weggeschossen!) Sie werden sehen, er fliegt auch, und er ist außerdem nicht bewaffnet, so wie der Großteil der Eurofighter. (Zwischenrufe.)

Ich möchte aus meinem Herzen keine Mördergrube machen und Ihnen sagen, was ich nach der heutigen Debatte empfinde. (Ruf bei der ÖVP: Sind Sie Flugtechniker?) Ich bin Flugtechniker, ja. – Was mich ganz besonders ärgert, ist diese Sattheit der ÖVP, dieses zur Schau getragene Selbstbewusstsein. Ich frage mich: Warum eigentlich? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wissen Sie: Lachen, das können Sie! Sie können auch vom Zettel herunterlesen, das können Sie auch gut. (Abg. Steibl: Das sind Unterstellungen!) Es findet sich immer wieder eine Partei, die dumm genug ist – leider! –, der ÖVP zu Regierungsämtern zu verhelfen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich freue mich auf die Zeit – ich werde es noch erleben –, wenn einmal die ÖVP auf der Oppositionsbank Platz nehmen wird. Dort gehören Sie nämlich hin!

Denn so gut, wie Sie glauben, sind Sie nicht. Sie können gut auf den Zehenspitzen ste­hen, die Hände beim Reden falten, das können Sie gut. Wenn es um Sachthemen geht, dann gilt aber: Hände falten, Goschen halten! Das tut mir sehr leid.

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Kollege, ich würde Sie bitten, sich im Ton zu mäßigen! Insbesondere der Ausdruck „dumm“ verlangt an sich einen Ordnungsruf. Ich würde Sie daher bitten, in Ihrer Rede zukünftig sorgsamer mit den Worten umzu­gehen. – Bitte fortzusetzen!

 


Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Frau Ab­geordnete Csörgits hat in ihrer Rede – aus innerer Überzeugung heraus; das war mein Eindruck – die Menschenrechte angesprochen, und zwar auch Menschenrechte betref­fend Zuwanderer. Ich möchte nur eines anführen, woran wir sehen, wo es Probleme geben kann.

Mir ist der Fall persönlich bekannt, dass ein junger Moslem leider verunglückt ist, an einer Querschnittlähmung gelitten hat und dann bei der Betreuung im Krankenhaus von einer sehr engagierten jungen Pflegerin betreut worden ist. Sie wissen, die Betreu­ung nach einer Querschnittlähmung ist eine sehr kostenintensive Sache, das kostet am Tag etwa 500 €. Da hat es das Problem gegeben, dass die Familie des Moslems ge­meint hat: Die Pflegerin muss dann, wenn sie ihre Tage hat, dies bekannt geben, denn dann darf sie den Patienten nicht betreuen.

Da müssen wir auch die Rechte jener Menschen berücksichtigen, die eben nicht be­kannt geben wollen, wann sie ihre Tage haben. Deswegen gilt bei uns in Österreich, dass das Gesetz und die Verfassung über solchen religiösen Vorgaben stehen. Auch ich als Katholik muss zur Kenntnis nehmen, dass das Buch Levitikus nicht Teil unserer


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Bundesverfassung ist. Jeder Hindu wird zur Kenntnis nehmen, dass Kühe in Österreich nicht heilig sind. Auf diese Problematik muss man auch hinweisen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wissen Sie, mir ist ein ehrlicher Roter – und ich sage es noch einmal – immer noch lie­ber als ein falscher Schwarzer. (Abg. Freund: Wir haben es eh schon gehört! – Wei­tere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zwei Dinge sind mir wichtig, wenn wir über das Thema Schwerarbeiterregelung reden. Mir ist wichtig, dass Schwerarbeit immer berücksichtigt wird, nicht nur in den letzten 20 Berufsjahren, wenn sie dort für zehn Jahre anfällt. Es ist auch wichtig, dass jemand, der wirklich Schwerarbeit geleistet hat, abschlagsfrei in Pension gehen kann.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine neue Schwerarbeiterregelung vorzule­gen, die in eine Neuregelung der Invaliditätspension eingebettet ist, die eine gerechte Anerkennung von Schwerarbeit für Frauen und Männer sicherstellt und garantiert, dass Schwerarbeiter auf Grundlage notwendiger Versicherungszeiten im Rahmen ihrer Le­bensarbeitszeit ohne Abschläge mit 60 Jahren einen Pensionsanspruch haben.“

*****

Weiters gibt es einen zweiten Punkt, den ich ansprechen möchte und der bei uns immer mehr an Bedeutung gewinnt. Viele von Ihnen werden Menschen kennen, die bei Blaulichtorganisationen aktiv sind: Rotes Kreuz, Feuerwehr und so weiter.

Bei der Feuerwehr ist es so, dass dort die Freiwilligen immer mehr bei Verkehrsunfäl­len im Einsatz sind. Das heißt, dass sie am Unfallort wirklich einer großen Belastung ausgesetzt sind. Es war im Burgenland erst vor kurzem ein schwerer Unfall, da muss­ten die Freiwilligen auf einer Strecke von 300 Metern Körperteile einsammeln. Das sind aber Menschen, die dies in der Regel nicht so gewohnt sind wie ein Arzt, wie jemand, der in der Krankenpflege tätig ist. Das heißt, dieser Personenkreis verrichtet tatsächlich Schwerarbeit.

Daher wäre es eine gute Sache, wenn man jenen Menschen, die freiwillig diese Arbeit erledigen – bei der Feuerwehr ist es auch nur ein kleiner Kreis, der das immer wieder erledigt –, die Chance gibt, in den Genuss der Schwerarbeiterregelung zu kommen (Beifall bei der FPÖ), denn diese Leistungen, meine Damen und Herren, sind Leistun­gen, die ansonsten der Staat übernehmen müsste. Daher ist unser Vorschlag der, dass für jene Menschen, die in einem Jahr regelmäßig bei derartigen Einsätzen dabei sind – Einsätzen, die besonders intensiv sind, die wirklich Schwerstarbeit sind –, diese Zeit, also dieses Jahr, als Schwerarbeitsjahr berücksichtigt wird.

Daher bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die sicherstellt, dass die Arbeit freiwilliger Mitglieder von Blaulichtorganisa­tionen, die im Rahmen von schwierigen Einsätzen regelmäßig schweren körperlichen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 83

Belastungen ausgesetzt sind, im Rahmen der Schwerarbeiterregelung berücksichtigt wird.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

12.52


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die beiden von Herrn Abgeordnetem Hofer ein­gebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 84

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kickl, Hofer, Neubauer und weiterer Abgeordneter betreffend Schwerarbeiterregelung, eingebracht im Zuge der Debatte zu den Tagesordnungs­punkten 2 - 5 in der 25. Sitzung des Nationalrates am 6. Juni 2007

Die Schwerarbeiterregelung sieht vor, daß Schwerarbeit vorerst nur dann berücksich­tigt wird, wenn sie in den letzen 20 Berufsjahren für eine Dauer von zumindest 10 Jah­ren geleistet wurde. Und auch in diesem Fall kann man nicht abschlagsfrei in Pension gehen.

Personen, die auch nur geringfügig weniger an Versicherungs- oder Schwerarbeitszei­ten erworben haben oder die in jungen Jahren Schwerarbeit geleistet haben, werden von dieser Regelung überhaupt nicht begünstigt.

Die Schwerarbeiterregelung ist in Wahrheit aber nur eine Umgehung des Problems der unfairen unterschiedlichen Zugänge zur Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits- und Erwerbs­unfähigkeitspension und der unterschiedlichen Regelungen im Rahmen des Berufs­schutzes.

Viele Personen, die Schwerarbeit leisten, müssen aus gesundheitlichen Gründen schon vor 60 in die Invaliditätspension gehen. Zwei Drittel der männlichen Arbeiter schaffen es gar nicht bis zur Alterspension, sie beziehen schon vorher eine Invalidi­tätspension. Es ist nicht einzusehen, daß diesen Menschen die Schwerarbeit bei der Berechnung der Pensionshöhe nicht angerechnet werden soll.

Wenn aber an der Konzeption der Schwerarbeiterregelung festgehalten werden soll, dann muß diese Regierung sicherstellen, daß es zu einer gerechten Anerkennung der Jahre der Schwerarbeit im Rahmen der Lebensarbeitszeit kommt und nicht auf den verkürzten Bereich der letzten 20 Jahre abgestellt und ein abschlagsfreier Pensions­antritt garantiert wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine neue Schwerarbeiterregelung vorzule­gen, die in eine Neuregelung der Invaliditätspension eingebettet ist, die eine gerechte Anerkennung von Schwerarbeit für Frauen und Männer sicherstellt und garantiert, daß Schwerarbeiter auf Grundlage notwendiger Versicherungszeiten im Rahmen ihrer Le­bensarbeitszeit ohne Abschläge mit 60 Jahren einen Pensionsanspruch haben.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend die Berück­sichtigung der Einsatztätigkeit freiwilliger Mitglieder von Blaulichtorganisationen in der Schwerarbeiterregelung, eingebracht im Zuge der Debatte zu den Tagesordnungs­punkten 2 - 5 in der 25. Sitzung des Nationalrates am 6. Juni 2007

In Österreich gibt es hunderttausende Freiwillige, die unentgeltlich bei Blaulichtorgani­sationen – wie etwa der Feuerwehr oder dem Roten Kreuz – tätig sind.

Ein Teil dieser Freiwilligen ist bei Einsätzen regelmäßig schwersten physischen Belas­tungen ausgesetzt, da meist hohe körperliche Anstrengungen erforderlich sind, um einen Einsatz erfolgreich zu beenden.

Die Leistungen dieser Freiwilligen Helfer sind unersetzlich. Der hohe soziale Standard und die Sicherheit in Österreich könnten ohne diese Freiwilligenarbeit nicht in diesem Ausmaß gewährleistet werden. Der Staat profitiert von dieser Freiwilligenarbeit enorm.

Die hohen Belastungen, die im Rahmen bestimmter Tätigkeiten bei der Freiwilligen­arbeit auftreten, sind zweifellos als Schwerstarbeit zu bezeichnen. Schwerstarbeit, die unentgeltlich und zugunsten der öffentlichen Hand erfolgt. Ein Teil der Freiwilligen setzt dabei immer wieder bei schwierigsten Einsätzen seine Gesundheit und sein Leben aufs Spiel.

Deshalb sollen jene Jahre, in denen freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen regelmäßig derartigen Belastungen ausgesetzt sind, bei der Schwerarbeiterregelung berücksichtigt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die sicherstellt, dass die Arbeit freiwilliger Mitglieder von Blaulichtorganisa­tionen, die im Rahmen von schwierigen Einsätzen regelmäßig schweren körperlichen Belastungen ausgesetzt sind, im Rahmen der Schwerarbeiterregelung berücksichtigt wird.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.52.40

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundes­minister! Herr Kollege Hofer, Ihre Rede hat eine solche Tiefe gehabt, dass vor lauter Schrecken der „Sozialfighter“, den Sie Herrn Bundesminister Buchinger übergeben ha­ben, abgestürzt ist. (Beifall bei der ÖVP.) Ich möchte einfach nur sagen: Man soll sich überlegen, wie weit der Weg von einem Flugzeugtechniker zur Technik der Sozialpoli­tik ist, und man sollte nur von dem reden, was man versteht. Ich bin sehr froh darüber, dass es zwischen der Steiermark und dem Burgenland eine Grenze gibt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt aber zur eigentlichen Sache: Für viel Aufregung, insbesondere bei Betroffenen und Organisationen, hat eingangs die vorgesehene ASVG-Novelle im Hinblick auf die neue Au-pair-Regelung gesorgt. Sie sind nunmehr alle einverstanden, insbesondere auch die Organisationen. Wir haben viele Gespräche geführt, und ich glaube, es ist gut vorbereitet worden.


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Es gibt jetzt eine Regelung, über die man sagen kann, dass unter der Geringfügigkeits­grenze, also bei entsprechender Vereinbarung zur Stundenzahl, keine gesetzliche Ver­sicherungspflicht hinsichtlich Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung ent­steht. Abführen muss der Arbeitgeber die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung von 1,4 Prozent des Entgelts. Bei der Veränderung für die Au-Pairs hat man sich, so meine ich, obwohl es kritisiert wurde, bemüht, ihre Tätigkeit weiterhin zum Wohle der Familien, aber auch zu jenem der Au-pair-Mädchen/-Burschen, wie immer, auch zu sichern.

Ein weiterer Punkt, der angesprochen wurde und mir sehr wichtig ist, ist der Teil des Sozialrechts-Änderungsgesetzes im Bereich der Familie, im Bereich der Kindererzie­hungszeiten für das Pensionskonto. Da wird künftig von einer wertgesicherten Bei­tragsgrundlage ausgegangen. Diese Beitragsgrundlage wurde erst mit der Pensions­harmonisierung 2005 verdoppelt und mit 1 350 € festgesetzt. Ich sehe das nunmehr als wirklich ersten Schritt, auch über die Regierungsvereinbarungen hinaus, in Richtung Valorisierung von Familienleistungen. Das ist ein Schritt, der auch fortgesetzt werden wird.

Ein kurzer Satz noch zum Antrag des BZÖ auf eine monatliche Unterstützung für die Kindererziehungszeiten für Frauen über 60, die kein Einkommen haben beziehungs­weise unter dem Ausgleichsrichtsatz liegen: Der Antrag hat seinen Ausgangspunkt beim Kärntner BZÖ, das wurde dort als zusätzliche Familienleistung im Land einge­führt. Ich kenne mich ein bisschen aus, weil wir ja in der Steiermark auch zusätzliche Familienleistungen haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Da ist aber auch eine Grenze!) Ich sage dazu jetzt nur sehr locker: Man möchte das dem Bund überstülpen, dass der Bund es weiterzahlt und dass man in Kärnten wieder wahlgerecht etwas Neues erfin­den könnte.

Zusätzlich großen Aufwand, auch in der Verwaltung, und damit Kostenschwere schafft der Vorschlag durch die Gewährung nur für ein Jahr; danach muss wieder ein neuer Antrag gestellt werden. Ich glaube, gerade in der Hinsicht gehört diese betroffene Zielgruppe in den Bereich einer bedarfsorientierten Grundsicherung beziehungsweise könnte man dies auch über die Ausgleichszulagenrichtsätze steuern. (Beifall bei der ÖVP.)

12.56


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Rosen­kranz zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.56.17

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Meine sehr verehrten Minister! Herr Prä­sident! Hohes Haus! Ich komme noch einmal auf den von Ihnen bedauerlicherweise abgelehnten Antrag zurück, den Zusammenhang zwischen der Finanzierbarkeit des Sozialstaates und der Zuwanderung zu ergründen. Es ist bedauerlich, dass Sie das nicht zulassen.

Sie behaupten zwar immer wieder Folgendes: Wenn wir Ihnen Berechnungen vorle­gen, die besagen, dass der Sozialstaat durch Zuwanderung, nämlich durch die unge­steuerte Zuwanderung, nicht gestützt, sondern vielmehr aufs Äußerste gefährdet wird, dann weisen Sie das zurück. Aber jetzt weigern Sie sich, hier darüber eine Studie zuzulassen. Das ist eigentlich sehr inkonsequent.

Dass viele, viele Bürger Ordnung in diesen Bereich gebracht sehen wollen, wissen Sie wahrscheinlich auch. Aber Sie wagen es dennoch nicht, das einmal anzugehen und anzusprechen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 86

Da wundere ich mich bei den Sozialdemokraten schon sehr darüber, dass Sie hier nicht sozusagen über den Schatten der politischen Correctness springen wollen, ob­wohl es natürlich auch ganz stark Ihre Wähler betrifft. Denn – so lapidar hat es der Wissenschaftler Fassmann in der „Presse“ gesagt, und das stimmt vollkommen –: Es ist „letztlich die einheimische Unterschicht“ – so nennt er es, nicht politisch korrekt –, die „die Auseinandersetzung mit den Zuwanderern erbringen muss“. So ist es!

In Ihrer Umgebung wird das wahrscheinlich kein so großes Thema sein. Aber wir ver­treten diejenigen, die unter diesen Zuständen leiden. Deswegen legen wir Wert darauf, dass hier auch die Wahrheit gesprochen wird. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn Sie uns nicht widerlegen, dann wiederholen wir das, was wir beweisen können: Die Massen­immigration – so wie sie läuft, nämlich völlig ungesteuert – zerstört den Sozialstaat! Nichts weniger als das! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie läuft völlig ungesteuert – zum Ersten –, indem Sie es zulassen, dass das Asylrecht vollkommen seines ursprünglichen Gedankens entledigt wird und unter dem Titel „Asyl“ eine Einwanderung erfolgt, und zum Zweiten, indem Sie – im Unterschied dazu, wie es ursprünglich geplant war, nämlich in den siebziger Jahren – mit dem Familiennachzug aus den „Gastarbeitern“ eine Einwanderung ungeahnten Ausmaßes gemacht haben.

Wie war es in den siebziger Jahren? – Damals hat man den Eindruck gehabt, dass man Arbeitskräfte braucht, und hat sie angeworben, aber natürlich nur den, für den man einen Arbeitsplatz hatte! Es kam dann in den ... (Abg. Amon: Die sind aber dage­blieben!)

Ja, und nicht umsonst hat es – damals noch – eine Gewerkschaft gegeben, die sich lange dagegen gesperrt hat, denn eines war schon klar: Es hat zwar die Wirtschaft im Gesamten dies vertragen, aber für den Arbeiter war es eigentlich damals schon eine bösartige Gemeinheit, weil dies verhindert hat, dass er, so wie der Rest der Bevölke­rung, am zunehmenden Wohlstand teilgehabt hat. Dies hat es schon verhindert, die Löhne sind immer gleich geblieben.

Damals jedenfalls war zum Beispiel auch die Arbeitslosigkeit bei den Gastarbeitern um vieles niedriger als bei den Österreichern, weil sie ja auf einen Arbeitsplatz zugewan­dert sind. In den neunziger Jahren hat man den Familiennachzug – da haben auch ein­zelne Hellsichtige darauf hingewiesen, dass da etwas Grobes passiert – als Recht ein­geräumt, und seither ist es so, dass zum Beispiel die Arbeitslosigkeit bei den Auslän­dern drei Mal so hoch wie bei den Inländern ist. Allein daran schon sieht man ja, dass es nicht nützt, sondern schadet.

Zweiter Punkt: das Asylrecht. Wie Sie vielleicht wissen, hat es ursprünglich gar keine Asylgesetzgebung gegeben, sondern es war ganz klar: Wenn im Nachbarland ein Not­fall eintritt – in Tschechien, Ungarn, auch Polen –, dann werden wir helfen. Aber als re­gelrechte Einrichtung war das nicht vorhanden, sondern eben als Helfen nach der Gen­fer Konvention.

Man hat ein Asylgesetz geschaffen – lesen Sie den Antragstext, lesen Sie vor allem auch die Rede Ihres Abgeordneten Parnigoni!; ich weiß nicht, ob er sich überhaupt noch daran erinnern kann, was er damals, 1991, alles gesagt hat; richtig war es übri­gens zum großen Teil –, um, wie dort steht, der Situation Herr zu werden, die auf­getreten ist, nämlich dass zunehmend Leute unter diesem Titel ins Land kommen, die nicht wie Flüchtlinge bisher nach der Genfer Konvention verfolgt sind, sondern aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen. Und um das einzudämmen, hat man das Asylrecht geschaffen – das wurde auch in allen Reden ausgesprochen, und so war das. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)


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Was ist aber in Wirklichkeit dann mit diesem Gesetz passiert? – Im Gegensatz zu den Lippenbekenntnissen, die man immer wieder hört, gibt es keine Trennung zwischen Asyl und Einwanderung! (Abg. Öllinger: Wir reden jetzt nicht über das Asylgesetz!)

Asyl ist Schutz vor Verfolgung, und vor allem eines: Schutz auf Zeit. Wenn ich also im Asylgesetz selbst dem Asylwerber nach fünf Jahren eine bevorzugte Einbürgerung zu­gestehe oder überhaupt jetzt dann auch noch ein Bleiberecht fordere, was übrigens der UNHCR ablehnt, weil er zu Recht erkennt, dass das eine unzulässige und schädliche Vermischung von Einwanderung und Asyl ist, mache ich etwas ganz Schlimmes: Ich verquicke das Recht auf Asyl, das wir gewähren, mit der Einwanderung und schaffe damit sozusagen – völlig absurd! – ein Recht auf Einwanderung für jedermann. Davor kann man nur ganz laut und deutlich warnen! (Beifall bei der FPÖ.)

Die ungesteuerte Massenzuwanderung unter diesen beiden Titeln zerstört den Sozial­staat. Das will Ihnen übrigens auch Sinn sagen, wenn er, wie ein Wissenschaftler das tut, gesetzt formuliert:

„Man kann nicht Millionen von Menschen ins Land holen, wenn man die institutionellen Verhältnisse“ – den Sozialstaat – „so belässt, wie sie heute sind. Die egalisierende Lohnpolitik, der Ausbau des Sozialstaates in Form des Lohnersatzsystems und die Massenimmigration: Das sind drei Dinge, die einfach nicht zusammenpassen.“

So ist es, auch historisch und geographisch ist es so! Es handelt sich immer entweder um ein Einwanderungsland: kalt, unsolidarisch, chancenreich, nach dem Motto: Jeder ist seines Glückes Schmied!, aber auch nach dem Motto: Wie man sich bettet, so liegt man!, oder um einen Sozialstaat – historisch und geographisch ganz konkret festzuma­chen! –, die Antwort Europas, ursprünglich Mitteleuropas, Bismarcks, auf die Verwer­fungen der industriellen Revolution, ganz konkret ein politisches Projekt, das es nur bei uns gibt.

Insofern ist natürlich, Frau Abgeordnete Csörgits, die Teilnahme am Sozialstaat kein Menschenrecht. Ein Menschenrecht ist etwas, was ich jedem gewähren können muss – absurd, das hier anzuwenden!

Die Teilnahme am Sozialstaat ist ein Staatsbürgerrecht. (Abg. Öllinger: Nein, das ist kein Staatsbürgerrecht!) Und der Sozialstaat ist kein Goldschatz, der irgendwo liegt, und da gibt es die „Guten“ – Sie –, die diesen Goldschatz allen zuteilen, und die „Bö­sen“ – das sind wir –, die das nicht wollen, sondern ein Sozialstaat ist ein Regelkreis­lauf, ist das Einbekenntnis (Zwischenruf des Abg. Öllinger) und die Verpflichtung einer Solidargemeinschaft, füreinander einzustehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie das Verhältnis jener, die einzahlen, und jener, die herausbekommen, ganz ungünstig verändern, also mittlerweile Hunderttausende hereinholen, werden Sie den Sozialstaat zerstören. Beides gleichzeitig – Massenimmigration und Sozialstaat –, das geht nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir werden daher nicht müde werden, Ihnen klarzumachen und Sie aufzufordern, ers­tens das Asylrecht wieder auf seinen humanen Grundgedanken zurückzuführen und zweitens sich zu entscheiden – das gilt vor allem für Sie von der Sozialdemokratie – zwischen Einwanderung und Sozialstaat. Wir haben diese Entscheidung natürlich zu­gunsten des Sozialstaates getroffen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.04


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Buchinger. Auf 10 Minuten möchte er die Uhr eingestellt haben. – Bitte.

 



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13.04.15

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte zu Beginn meiner Rede, obwohl ich schon im Sozialausschuss und auch sonst mehrmals zu dieser Frage Stellung ge­nommen habe, hier vor dem Hohen Haus einige Sätze zu dem Antrag und dem Anlie­gen der Freiheitlichen Partei sagen, eine Studie über die Summen, die von Ausländern und Ausländerinnen in das österreichische Sozialsystem ein- und ausbezahlt werden, zu machen.

Dieses Begehren, dieses Anliegen ist aus meiner Sicht aus zwei Gründen falsch: Es ist inhaltlich falsch, und es ist menschlich falsch. Inhaltlich ist es falsch, und Sie selbst, meine sehr geschätzten Damen und Herren Abgeordneten, haben ja den Widerspruch in Debattenbeiträgen, die Sie hier geleistet haben, aufgezeigt. Sie haben in Wirklichkeit kein Interesse an den Studien und an objektiven Ergebnissen, denn egal, was diese Studie ergibt, den Schluss haben Sie ja hier in den Debattenbeiträgen bereits gezogen (Abg. Öllinger: So ist es!): nämlich dass Ausländer und Ausländerinnen aus dem Sozi­alsystem ausgeschlossen werden sollten oder zumindest nur verspätet in das Sozial­system aufgenommen werden sollten.

Wozu also die Studie, wenn Sie diesen Schluss bereits gezogen haben? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Es gibt solche Studien, die zeigen, dass das durchaus ausgewogen ist.

Die menschliche Komponente, die Sie einbringen, meine sehr geschätzten Damen und Herren, die Herr Abgeordneter Hofer hier vorgebracht hat – ein Abgeordneter, den ich menschlich und von der sozialen Grundhaltung her durchaus schätze –, gerade dieses Beispiel, das er gebracht hat mit dem Patienten muslimischen Bekenntnisses, zeigt ja, wie untauglich die von Ihnen geforderte Lösung des Ausschlusses von Ausländern und Ausländerinnen aus dem Sozialsystem ist.

Was wäre die Alternative für diesen Kollegen muslimischen Bekenntnisses, wenn Ihr Antrag, Ihr Begehren durchkäme? – Dann hätte er keine Krankenversicherung, keinen Krankenversicherungsschutz und bekäme keine Behandlung in den Spitälern. (Abg. Kickl: Eine eigene!)

Es kann doch menschlich nicht in Ihrem Interesse sein, Herr Abgeordneter Hofer, bei einer derartigen Problemlage, wenn vielleicht jahrelang hier einbezahlt worden ist, einen Krankenversicherungsschutz zu versagen! Das würde die menschliche Einschät­zung, die ich von Ihnen habe, auch nicht bestätigen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte zum Kern der Debatte über das Sozialrechts-Änderungsgesetz kommen. Ich freue mich und bedanke mich dafür, dass von allen Rednern und Rednerinnen hier im Hohen Haus – bei unterschiedlicher, auch kritischer Beurteilung – im Kern immer auch eine Anerkennung der Fortschritte des hier in der ASVG-Novelle und in den Be­gleitgesetzen positiv Erreichten hervorgehoben wurde.

Diese positive Würdigung ist angebracht, denn mit dieser ASVG-Novelle, vor allem mit den Verbesserungen im Pensionsrecht werden tatsächlich den Pensionsgesetzen der Jahre 2003 und 2004 Giftzähne gezogen, die sich für Zehntausende Menschen in die­sem Land sehr, sehr nachteilig ausgewirkt haben.

Wenn jetzt mit diesem Gesetz der Grundsatz, dass 45 Jahre gearbeitet zu haben, genug sein wird, um als Mann abschlagsfrei zum 60. Lebensjahr, und 40 Jahre ge­arbeitet zu haben, genug sein wird, um als Frau abschlagsfrei zum 55. Lebensjahr in Pension gehen zu können, bis zum Jahr 2010 weiter gesichert bleibt, dann ist das für über 40 000 Menschen in diesem Land eine gute Nachricht, die heute von diesem


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Hohen Haus hier ausgeht. Da dürfen wir uns alle freuen – Regierung und Opposition! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Der geschätzte Abgeordnete Amon hat in seinem Redebeitrag den Vorschlag ge­macht – so habe ich ihn verstanden –, nicht bis zum Jahr 2010 zu warten, um diese Regelung unbefristet zu machen, weil hier das Argument, das von der FPÖ und von den Grünen gebracht wurde, richtig ist, nämlich dass es hier auch um Sicherheit, um eine langfristige Stabilität und Vertrauen geht. Ich greife daher diese Anregung gerne auf und verspreche Ihnen, dass in der nächsten ASVG-Novelle, die wir noch im Herbst dem Parlament zuleiten werden, diese unbefristete Regelung von uns vorgeschlagen wird. Mit Zustimmung der ÖVP und von Ihnen allen können wir das dann noch im heu­rigen Jahr beschließen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und BZÖ.) – Das wäre eine weitere gute Nachricht, die heute hier vom Hohen Haus ausgeht.

Ich denke, dass auch die Fortschritte, die wir im Bereich Korridor-Pension mit dieser Novelle erreichen, ganz, ganz beachtlich sind, denn hier ist über das versicherungs­mathematische Ausmaß hinaus vielen Tausenden betroffenen Personen ein Strafab­schlag abverlangt worden, und diese Ungerechtigkeit beseitigen wir heute. Das wird im Einzelfall Verbesserungen von etwa 50 bis 60 € bringen, und das ist ein Beitrag für ein soziales und gerechtes Österreich.

Auch die Erweiterung der Einbeziehung pflegender Angehöriger in die Kostenfreiheit der Pensionsversicherung ist ein ganz, ganz wichtiges Signal. Es genügt nicht, nur in Sonntagsreden die Leistungskraft und Leistungsbereitschaft pflegender Angehöriger zu loben, was wir alle tun, ungeachtet unserer ideologischen Positionierung, sondern da ist es wichtig, heute hier in diesem Hohen Haus das Signal zu geben: nicht nur verbal, sondern auch materiell, finanziell sagen wir Danke und anerkennen die Leistung dieser pflegenden Angehörigen, indem ab Pflegestufe 5 die gänzliche Kostenfreiheit in der Pensionsversicherung eingeführt wird. Ein gutes Zeichen hier aus dem Hohen Haus! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da der geschätzte Abgeordnete Kickl gesagt hat, diese Asvg-Novelle sei ein „Knall­frosch“ – ein ganz kleiner grüner, darf ich ihm schon sagen –: Durch das, was Sie heute hier im Hohen Haus beschließen werden, wird es für etwa 40 Prozent – also für fast jeden Zweiten – des Neuzugangs in die Pension in den nächsten Jahren spürbare Verbesserungen geben. Fast 40 Prozent der Neuzugänge in die Pension werden durch das, was Sie heute hier beschließen, eine unmittelbar spürbare Verbesserung ihrer materiellen Situation in der Pension haben. Das werden bis zum Jahr 2010 über 70 000 Menschen sein. – Eine weitere gute Nachricht.

Lassen Sie mich jetzt noch zum Bereich Schwerarbeit kommen. Kollege Dolinschek hat gemeint: Die getroffene Regelung wäre deswegen kein Murks – auch wenn es bis­her nur neun positive Antragserledigungen gegeben hat –, denn der Ausweg für die be­troffenen Personen wäre ja die Invaliditätspension.

Geschätzter Herr Kollege Dolinschek, darauf kann man, glaube ich, nicht stolz sein, dass man Schwerarbeiter zuerst darauf verweisen muss, dass sie krank, arbeitsun­fähig, invalid und berufsunfähig werden, um für Ihre Schwerarbeit eine angemessene pensionsrechtliche Abgeltung zu bekommen. Da muss es andere, sozialere und ge­rechtere Wege geben, und wir werden versuchen – bitte, auch mit Ihrer Unterstüt­zung –, in den Kommissionen, Arbeitsgruppen im Hohen Haus diese zu finden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch kurz auf die Ausführungen des Kollegen Amon eingehen, der eine Debatte vorweggenommen hat, die beim nächsten Tagesordnungspunkt konkreter ge­führt werden kann – auf diese konkreten Punkte zur Pflege und zum Hausbetreuungs-


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gesetz möchte ich bei dem nächsten Tagesordnungspunkt intensiver eingehen –, und darf sagen: Wenn Sie, Kollege Amon, sagen, dass es eine Zumutung für 20 000 Fami­lien – ich zitiere Sie, Kollege Amon – wäre, unternehmerisch tätig zu sein, dann ist das meiner Meinung nach eine sehr harte Kritik am Entwurf des Hausbetreuungsgesetzes von Bundesminister Martin Bartenstein, denn dort ist zugrunde gelegt, dass die Tätig­keit in der Hausbetreuung entweder selbständig oder unselbständig, angestellt beim pflegenden Angehörigen oder bei der zu pflegenden Person möglich ist. Kollege Amon, diese harte Kritik könnten Sie ihm auch unter vier Augen ausrichten! Dass Sie das hier im Hohen Haus machen, ist vielleicht doch ein bisschen zu hart, auch nach meiner Auf­fassung. (Abg. Amon: Das ist ein bewusstes Missverstehen, Herr Minister!)

Im Zusammenhang mit der Verlängerung der Pflegeamnestie, die Sie, Herr Abgeord­neter Amon, auch hier angesprochen haben (Abg. Amon: Sie haben das bewusst missverstanden, Herr Minister!) und wozu es einen Initiativantrag gibt, muss man den Unterschied zu dem Beschluss im Hohen Haus vor einem Jahr doch deutlich machen. Damals war diese Pflegeamnestie im Pflegeübergangsgesetz zu Recht zu beschlie­ßen, weil es zu diesem Zeitpunkt und bis heute keine legale Möglichkeit für eine 24-Stunden-Betreuung zu Hause gegeben hat beziehungsweise gibt.

Der große Fortschritt, den die Regierung mit dem Ministerratsbeschluss im April, mit der Beschlussfassung hier im Hohen Haus im Sozialausschuss und, wie ich hoffe, auch heute hier in diesem Plenum leistet (Zwischenruf des Abg. Amon), ist, dass es ab 1. Juli die legale Möglichkeit der Anstellung zu Hause oder der selbständigen Tätigkeit in der 24-Stunden-Betreuung geben wird (Abg. Ing. Westenthaler: Wer zahlt das?) und zusätzlich nach dem Bundespflegegeldgesetz auch die Möglichkeit geschaffen wird (Abg. Ing. Westenthaler: Wer zahlt das?), zum Pflegegeld dazu bis zu 750 € im Monat an Förderung zu leisten. Damit gibt es eine legale Möglichkeit, auch qualitäts­gesichert, auch leistbar (Abg. Kickl: Nur rein formal!), und damit braucht es diese Am­nestie nicht mehr (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Minister! Wer zahlt das? Sagen Sie uns doch, wer das zahlt!), weil wir und weil Sie, wovon ich ausgehe, diese Regelung heute schaffen.

Zu Recht warnen Sie, Kollege Amon, davor, dass die betroffenen Personen verun­sichert werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Sagen Sie einmal dazu, wie wir das finanzie­ren!) Ich finde das auch sehr wichtig.

Durch die Diskussion, die bedauerlicherweise seit zwei Tagen geführt wird, trotz des einstimmigen Ministerratsbeschlusses, trotz Festlegung der beiden Koalitionsparteien im Sozialausschuss, ist es tatsächlich zu einer Verunsicherung oder zur Gefahr der Verunsicherung der Betroffenen gekommen. Ich bitte daher alle Beteiligten – alle Betei­ligten!; ich spreche niemanden persönlich an –, alle Beiträge, die zu Verunsicherung führen könnten, zu unterlassen.

Wir sollten unsere Energie dafür verwenden, gute, ordentliche Verhältnisse zu schaf­fen, Sicherheit, soziale Sicherheit – das ist unser Auftrag und nicht das Gegenteil! (Bei­fall bei der SPÖ.)

13.14


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.14.46

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Einige Dinge sollten nicht so hier im Hohen Haus stehen bleiben, nämlich die Tatsache, dass eine Fraktion, die Freiheitlichen, immer wieder Asyl und Migration vermischen (Abg. Kickl: Das tun nicht wir!) – das hat auch Kollegin


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Rosenkranz, die jetzt leider nicht mehr im Saal ist, gemacht. (Abg. Dr. Haimbuchner: Das machen Sie!)

Ich denke, es ist wichtig, das zu unterscheiden, zu betonen und Sie daran zu erinnern: Die letzten sieben Jahre waren Sie zumindest partiell in der Regierung, und die Zuwan­derungsquote der letzten 7 Jahre war die höchste in den letzten 20 Jahren. Da sollten Sie sich vielleicht etwas zurückhalten und zum Thema Migration eine etwas andere Haltung einnehmen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Zum Thema Asyl sei Ihnen gesagt: Wenn Sie unterscheiden zwischen Menschen der Unterschicht – sie hat es dann relativiert – und Menschen, wie wir es sind, die wir ja mit solchen Leuten nichts zu tun hätten, dann muss ich sagen: Ich fühle mich hier nicht allein, und ich glaube, es gibt etliche hier Hohen Haus, die sich mit Asylwerberinnen und Asylwerbern beschäftigen, mit ihnen arbeiten und versuchen, ihnen zu helfen, ihre Situation zu verbessern. Ich zähle mich jedenfalls dazu! – Das heißt: Differenzieren Sie bitte genau! (Beifall bei der SPÖ.)

Kollegin Haubner hat, als sie über den Antrag 31/A gesprochen hat, von einer zukünftig nachhaltigen Sicherung für ein Problem gesprochen – also ich sehe Mutterschaft nicht als Problem an! –, denn sie hat gesagt: Kärnten hat das Problem erkannt!

Mutter zu sein, ist erstens einmal kein Problem – ein Problem ist, wie mit jungen Müt­tern heute umgegangen wird. Kinderbetreuungsgipfel – eine große Chance, dass wir hier etwas verändern können, denn ich finde, zur Flexibilisierung des Kindergeldes, die ja unmittelbar bevorsteht, sollte es auch eine gemeinsame Kraftanstrengung geben, dass wir die Kinder dann auch gut unterbringen können, wenn Mütter früher wieder in ihre Berufe einsteigen.

Zum Zweiten, noch einmal zum Antrag der Kollegin Haubner zurückkommend: 150 € für ein Jahr, das ist etwas mutlos, etwas wenig, das ist weder zukünftig noch nachhal­tig, noch sichernd. Ich bin da bei Kollegin Steibl, die sagt, wir werden uns an der be­darfsorientierten Grundsicherung orientieren und schauen, dass wir zielgerichtet für Frauen etwas tun.

Abgesehen davon besteht kein Rechtsanspruch, haben Sie formuliert, man kann es nur für ein Jahr beantragen, muss diesen Antrag jedes Jahr neu stellen. Sie schauen nicht auf das Doppelbudget und haben auch sonst keinerlei Ambitionen, hier wirklich etwas für Frauen zu tun.

Ich meine, wir sollten jetzt, in der Gegenwart, für die Zukunft arbeiten, damit in Zukunft wieder mehr junge Frauen den Mut zu Kindern haben, die Männer nicht außer Acht lassen, die Väter auch in die Pflicht nehmen und gute Politik für beide Geschlechter machen. Und ich lade Sie, insbesondere Sie vom BZÖ und von der Freiheitlichen Par­tei, dazu ein. (Beifall bei der SPÖ.)

13.17


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Amon. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


13.17.49

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister Buchinger hat gesagt, ich hätte behauptet, dass es eine Zumutung wäre für Familien, unternehmerisch tätig zu werden.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe gesagt, dass es eine Zumutung wäre für Familien, dann unternehmerisch tätig zu werden, wenn die Vorlagen erst mit 1. Juli in Kraft tre­ten, noch nicht einmal im Bundesrat sind, und die Familien daher nach der Veröffentli-


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chung nur wenige Tage Zeit haben, sich auf diese Situation einzustellen. (Abg. Öllin­ger: Und wie ist das mit Ihrem Amnestie-Antrag? Der kommt im Nachhinein!) Das ist eine bewusste Missinterpretation, Herr Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP.)

13.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Weinzinger mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 4 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


13.18.34

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die letzten Ausführungen haben wieder gezeigt, dass Sie das Problem, das wir immer wieder ansprechen, einfach nicht verste­hen wollen oder nicht darauf eingehen wollen.

Es muss Ihnen bewusst sein, dass das Hauptproblem der österreichischen Bevölke­rung derzeit die Ausländerfrage ist. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt nicht!) Das ist so! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sagen: Das stimmt nicht! – Vielleicht ist es dann wirklich so, dass die Leute nur zu uns, zu mir kommen. (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist Ihr Problem!) – Es ist nicht unser Problem! (Abg. Heinisch-Hosek: O ja!) Wir sind politisch dazu da, zu versuchen, Pro­bleme, die der Bevölkerung unter den Nägeln brennen, zu lösen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der erste Ansatz zur Lösung ist die Frage: Sind wir ein Einwanderungsland oder nicht? – Nun weiß ich sehr wohl, dass es bei uns in Österreich Menschen gibt, die sa­gen, wir sind ein Einwanderungsland, und Menschen, die sagen, wir sind kein Einwan­derungsland – und es gibt sehr, sehr viele Menschen, die sagen vorsichtshalber gar nichts, weil sie sonst in irgendeiner Weise schief angeschaut oder gar verdächtigt wer­den, eine unsittliche Gesinnung zu haben.

Es ist, sagt der Herr Bundesminister, menschlich falsch zu fordern, zu überprüfen, was die Zuwanderung der letzten Jahre und die Zuwanderung, mit der wir derzeit leben und die möglicherweise noch auf uns zukommt, tatsächlich kostet, nämlich nicht, was sie insgesamt kostet, was wir an Förderungen oder Ähnlichem dorthin geben, sondern es geht darum, wie unser Staat weiter mit dieser Zuwanderung gut existieren kann – und wir wollen ja für unsere Staatsbürger, dass der Staat gut existiert.

Woher kommen denn die Sozialbeiträge? – Von der arbeitenden Bevölkerung und vom Dienstgeber, Dienstgeberbeitrag, Dienstnehmerbeitrag. Woher kommen sie noch? – Von den Gemeinden, von den Ländern, vom Bund. Woher haben die das Geld? – Das ist Steuergeld. Woher kommt das Steuergeld? – Von der Lohnsteuer, der Einkommen­steuer, der Körperschaftsteuer, der Umsatzsteuer und vielen, vielen anderen Steuern, die wir uns offensichtlich leisten müssen, um all das leisten zu können.

Meine Damen und Herren! Da davon zu sprechen – wie dies Herr Abgeordneter Öllin­ger gemacht hat –, dass wir Ausländerhetze betreiben, heißt, das Problem nicht zu ver­stehen, sondern einen politischen Mitbewerber, nennen wir es einmal so (Abg. Öllin­ger: Was ist „Daham statt Islam“? – Beifall bei der FPÖ), einfach in ein Eck zu stellen, ihn dort zu verhaften und nicht mehr herauszulassen und nicht mehr politisch arbeiten zu lassen. (Abg. Öllinger: Was ist „Daham statt Islam“?)

Wenn ich „politisch arbeiten“ sage, dann meine ich, dass ich auf die Probleme meiner Mitbürger eingehe – und da hätte ich solch lange Listen von Problemen der Mitbürger, ob das die Gemeindewohnungen, ob das die Krankenhäuser betrifft. Herr Minister, ge­hen Sie einmal in ein Landeskrankenhaus in Oberösterreich, schauen Sie sich die Um­stände sowohl im Ambulanzbereich als auch im stationären Bereich an! Schauen Sie sich das an! Schauen Sie sich die inzwischen schon fast verrückt werdenden anderen


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Patienten an, die, wenn sie das Pech haben, dass ein Türke oder eine Türkin bei ihnen liegt, bis 2 Uhr in der Nacht von unendlich vielen Besuchern behelligt werden. Schauen Sie sich an, was alles geschieht! Das sind eben zwei verschiedene Kulturen, die auf­einander stoßen, das müssen wir endlich zur Kenntnis nehmen! Und darum geht es mir. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Reheis: Das ist unglaublich, was Sie aufführen! Das ist eine Menschenverachtung par excellence!)

13.22


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer mit 3 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.22.49

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregie­rung! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben einige Regierungsvorlagen zu beraten und zu beschließen, und ich denke, dass damit sehr, sehr wichtige Be­reiche verändert werden.

Herr Bundesminister, Sie wissen, wie sehr ich Ihre Arbeit schätze, ich kann aber die Giftzähne, von denen Sie gesprochen haben, nicht finden. Ich könnte mir vorstellen, dass man besser sagt, es gibt einige Korrekturen. Das ist korrekt, das ist ohne Weite­res zulässig. Ich glaube, dass wir hier in der Semantik doch auch eine gemeinsame Ausrichtung finden.

Ich weiß auch, dass jede Sozialdebatte von einem ganz beachtlichen Beitrag des Kol­legen Öllinger begleitet wird, der in der Sache wirklich „in“ ist, der uns aber immer eine bessere Welt erklären möchte. – Lieber Freund, das wird es jetzt auch nicht spielen! Ich habe dir ja zugehört.

Entbehrlich ist langsam Ihre (in Richtung FPÖ) Beitragskultur zu den Zuwanderern. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nehmen Sie einmal zur Kenntnis: Wenn das Ihr politisches Programm ist, bitte, dann machen Sie es, aber belasten Sie nicht ständig die gesamte Republik mit Ihren The­men! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Da mein Vorredner meinte, dass wir Sie ins Eck bringen, muss ich sagen: Lieber Herr Kollege, ihr begebt euch ja mit Feuereifer immer ins Eck! (Abg. Ing. Hofer: Lösen Sie das Pflegeproblem!) – Versuchen Sie einmal, andere Themen zu finden. Ich habe Ihnen nichts vorzuschreiben, aber wenn der erste Debattenredner Ihrer Gruppe heute hier steht und zur Sache nichts sagt, sich ausnahmslos zu diesen Themen äußert, dann finde ich das unpassend in der Sozialdebatte dieses Parlaments, lassen Sie mich das sagen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Vielmehr meine ich, wir könnten über die getroffenen Vorsorgemaßnahmen bei Aus­bruch einer Influenza-Pandemie reden, wir könnten über die Neufindung des Begriffes „Langzeitversicherte“ statt „Hacklerregelung“ reden – ich habe das einmal im Aus­schuss beantragt und bin sehr froh darüber, dass wir uns jetzt dazu gefunden haben.

Ich glaube, all die Verbesserungen, die wir schaffen, sind aufgrund der Wirtschaftslage möglich.

Man könnte jetzt lange darüber sprechen, was uns alles freut, die Verbesserung bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten und dergleichen mehr, ich sollte aber doch auch zwei Gedanken zum Bauern-Sozialversicherungsgesetz äußern.

Es geht heute um eine Neuregelung aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsge­richtshofes betreffend die Abfindung der Betriebsrente. Wir haben einen Weg gefun-


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den, über den man sicherlich noch lange diskutieren kann, aber jedenfalls bin ich froh darüber, dass wir jetzt zumindest Rechtssicherheit haben.

Es geht darum, wie man damit umgeht, wenn jemand Betriebsrente hat und in die Al­terspension geht – wir finden ab. Das war eine Vereinbarung des Jahres 1999 mit Frau Minister Hostasch. Wir haben das sehr wohlüberlegt deshalb angesetzt, weil wir damit die langfristige Finanzierung des Gesamtsystems – auch in Abgleichung mit den ande­ren Rechten – vollziehen wollten.

Wir haben also diese Korrekturen nun zur Kenntnis zu nehmen. Da es heute hier einige Wünsche gab, darf ich dort anschließen. Ich würde mir erwarten, dass wir die Frage der Erwerbsunfähigkeit, Invalidität und Berufsunfähigkeit demnächst diskutie­ren – eine wichtige Frage für kranke Menschen. Hier werden wir nicht gleich eine umfassende Lösung haben, aber ich denke, eine Insellösung für einige wenige wirklich Betroffene sollten wir finden.

Es wurde heute hier gesagt, dass man sich erwartet, dass die Ersatzzeiten bei Lang­zeitkrankenständen in Beitragszeiten umgewandelt werden. Das ist eine Sache, die ich nicht zu beurteilen habe. Ich habe Verständnis, bitte aber, auch die Nachkaufmöglich­keit für all jene zu berücksichtigen, die einmal in bäuerlichen Häusern, in Gewerbe­betrieben gearbeitet haben und heute überwiegend im ASVG versichert sind. Das sind überwiegend Leute, die einen sehr kontinuierlichen Arbeitsverlauf hatten und sich durch die neuen Pensionsreformen und -maßnahmen im Nachteil sehen. Das ist kein Thema einer Branche, das ist ein Thema der Bürger. Schauen wir, dass wir dieses Thema auch lösen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Weiters ist mir natürlich auch die Frage des fiktiven Ausgedinges und dessen Anrech­nungsbestimmung ein Anliegen, weil ich denke, dass wir dort beginnende neue Armut haben.

Ich hoffe, dass wir auch darüber konkrete Gespräche führen können (Beifall bei der ÖVP), und bitte, dass Sie auch Verständnis haben für die Neuregelung bei den Entsen­dungen im Bauern-Sozialversicherungsgesetz. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.27


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Ing. Westenthaler mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Herr Klubobmann, Sie sind am Wort.

 


13.27.28

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Sozialminister Buchinger und auch Frau – in diesem Fall Familienministerin – Familienministerin Kdolsky haben mich dazu ermuntert, mich noch zu Wort zu melden.

Herr Minister, man hat es jetzt im Vorgriff auf den nächsten Tagesordnungspunkt, der aber auch hier hereinpasst, nämlich Diskussion um die Pflege, gesehen: Es ist eben nicht gut, wenn gerade bei diesem Thema – wie bei allen anderen Themen auch – das Land von Ihnen irgendwie „schlechtgestritten“ wird.

Wissen Sie, was auch nicht gut ist, Herr Sozialminister? – Wir verstehen ja, dass Sie im Prinzip nichts zu sagen und auch keine Kompetenzen in Ihrem Ministerium haben – das ist übrigens der Fluch der bösen Tat Ihres Parteivorsitzenden, der bei der Ressort­verteilung entsetzlich für Sie verhandelt hat (Abg. Parnigoni: Fällt Ihnen nichts ande­res ein?) und in Wirklichkeit bei der Ressortverteilung w.o. gegeben hat, wie man im Sport sagt, deswegen haben Sie keine Kompetenzen in Ihrem Ressort –, deswegen gehen Sie durchs Land und wollen endlich etwas Gutes tun. Sie wollen endlich etwas


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tun, damit man sieht, dass Sie neben Friseur- und Seitenblicke-Terminen auch Politik machen, Herr Sozialminister.

Das eigentliche Problem ist aber, Sie gehen durchs Land, versprechen den Menschen etwas, haben aber kein Geld dafür in den Säcken. Heute erklären Sie uns von der Re­gierungsbank aus lang und breit, wie Sie es meinen, aber Sie haben nicht dazugesagt, wer das zahlt. Wo ist das „Gerstl“? Wer soll es bezahlen? Sie haben die Lösung nicht. Was ist denn das für eine Politik, als Minister den Menschen etwas zu versprechen, aber nicht sagen zu können, wie es finanziert wird?! Das ist keine gute Politik, das lehnen wir ab! Das ist auch Politik auf dem Rücken der pflegenden und zu pflegenden Menschen in diesem Land, und das lehnen wir ab, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist eine schlechte Vorgangsweise, und deswegen kriegen Sie es ja auch von Ihrem Koalitionspartner serviert.

Ich zitiere die ÖVP: „Buchinger versucht damit, seine politische Untätigkeit mit hohlem Aktionismus wettzumachen“. – Ihr Koalitionspartner, der Herr Missethon, hat das ge­sagt!

Wissen Sie, was er noch gesagt hat? Und das ist schon beachtlich, denn der Koali­tionspartner muss es ja wissen. (Abg. Brosz: Missethon hat das gesagt!)

Herr Missethon sagt: „... hat Buchinger fünf Monate lang nicht einen einzigen Stein be­wegt.“

Bravo, Herr Kollege Missethon! Das sagen wir seit vielen, vielen Wochen, ja gleich von Anfang an, und jetzt bestätigen Sie, dass der Herr Sozialminister nicht nur nicht einen einzigen Stein bewegt hat, sondern eigentlich so gut wie gar nichts macht, weil er auch nichts machen kann, weil er jeden Tag in der Früh, wenn er aufsteht und eine gute Idee hat, Herrn Bartenstein fragen muss, ob er das überhaupt machen darf. Das ist die Ressortverteilung, die Sie verhandelt haben!

Fünf Monate nichts zu tun, sagt Herr Missethon, und sich dann bei anderen abputzen, ist eines Sozialministers unwürdig. – Herr Sozialminister, was sagen Sie dazu? (Bun­desminister Dr. Buchinger: Das glaube ich nicht! Nein, das glaube ich nicht!)

Ich gebe Ihnen die Zitate zum Nachlesen; Sie können sie sich auch ins Stammbuch hineinpicken.

Oder, anderes Beispiel. Wissen Sie, was Herr Kollege Stummvoll – weil er gerade da sitzt; er ist auch ein bisschen in der Nähe – zu Ihnen sagt? – Es ist enttäuschend, sagt er. Enttäuschend ist einzig das mangelnde Engagement von Buchinger – das geht schon ins Persönliche. „Mangelndes Engagement“ wirft Stummvoll Herrn Buchinger vor.

Oder, Frau Ridi Steibl: „Buchingers Verhalten ist ein Schlag ins Gesicht aller Betroffe­nen 

Bravo, auch das stimmt! So viel Bestätigung habe ich mir zu unseren Aussagen, die wir bereits am Beginn der Legislaturperiode getroffen haben, gar nicht erwartet. Aber es stimmt, Herr Sozialminister! So lange Sie nicht die Finanzierung auf die Beine ge­stellt haben, können Sie nicht durchs Land fahren und den Menschen einfach Verspre­chungen machen, die Sie dann nicht einhalten.

Ganz kurz zur Ausländer-Geschichte: Herr Sozialminister, was ist denn so schwer dar­an – ich brauche da überhaupt keine Studie; es wird dauernd über Studien gespro­chen –, so wie in der Schweiz, in der ach so liberalen Schweiz, die Sozialleistungen auf das Attribut Staatsbürgerschaft abzufragen? Vielleicht beschäftigen Sie sich ein biss­chen mit Computern, das ist ein ganz eigenes Programm, ein ganz leichtes, ein ganz kurzes. Sie drücken auf einen Knopf und müssen dann wissen, wer als österreichi-


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scher Staatsbürger Leistungen bekommt und wer als nicht-österreichischer Staatsbür­ger Leistungen bekommt. – Dann haben wir endlich einmal diese Zahl, die wir dauernd von Ihnen verlangen. Die Freiheitliche Partei und auch wir haben recht, das zu ver­langen. Wir wollen es endlich wissen, weil es in den Ländern, in denen das schon gemacht worden ist, ein sehr, sehr großes Aha-Erlebnis gegeben hat; so etwa in der Schweiz, wo man draufgekommen ist, dass 80 Prozent aller steuerfinanzierten Sozial­leistungen bereits an Ausländer gehen.

Jetzt gehe ich aber nicht so weit – das mache ich nicht – und sage, alle Ausländer dür­fen keine Sozialleistungen bekommen. Ich halte das auch für falsch, liebe Kollegen von der FPÖ, das ist nicht begründbar. Wissen Sie, was Sie damit machen? – Damit zie­hen Sie nämlich diese wichtige Ausländerdebatte mittlerweile herunter auf das Niveau einer ethnischen Diskussion, und das halte ich für falsch. Warum macht man nicht ein­fach eine pragmatische Diskussion daraus und sagt: Zuwanderer, die hier in Österreich sind, die kriminell werden, die sich nicht integrieren wollen, die das Land nur ausnützen wollen, die sollen keine Sozialleistungen bekommen!? – Das ist der richtige Weg, aber nicht pauschalieren und alle in einen Topf werfen! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Das halte ich für völlig falsch.

Jetzt noch zur Frau Kollegin, meiner fast schon Lieblingsministerin, weil sie mittlerweile auch das virtuelle Ressort der Ulk-Ministerin übernommen hat (Abg. Neugebauer: Langsam, langsam!), zur Frau Kdolsky. (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) Die Frau Ulk-Ministerin Kdolsky, die wirklich kein Fettnäpfchen auslässt, um auch ihr Engagement in Ulk-Sachen unter Beweis zu stellen ...

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Herr Klubobmann, ich würde Sie bitten, herabwürdigende Äußerungen wie „Ulk“ in diesem Hause anders zu umschreiben, wenn Sie schon unbedingt etwas Herabwürdigendes sagen wollen! Nicht in dieser Form, bitte!

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (fortsetzend): Ulk ist nicht herabwürdigend, aber gut, dann sage ich Spaß dazu. Ist Spaß auch herabwürdigend? – Ich glaube nicht. Ich sage halt nicht Ulk-Ministerin, sondern nehme das zurück und sage Spaß-Mi­nisterin Kdolsky. Das hat sie selbst auch schon in Interviews zugegeben, dass sie da­mit kein Problem hat.

Wissen Sie, wer im Moment überhaupt keinen Spaß hat, Frau Ministerin? – Das sind die Familien in dem Land, denen Sie jetzt im Nachhinein das Kindergeld wegnehmen wollen. Die haben überhaupt keinen Spaß und finden das auch nicht besonders lustig, was Sie da machen, Frau Ministerin. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Grünen.) Deswegen können wir auch an dieser Stelle nur eindringlich an Sie appellieren: Neh­men Sie Ihre Hände weg vom Kindergeld, das bereits ausgezahlt worden ist, und das die Familien zum großen Teil bereits ausgegeben und verplant haben! (Abg. Mandak: Sie haben das beschlossen!) Wir werden bis zur letzten Minute erbitterten Widerstand gegen Ihre – auch rechtswidrige – Aktion setzen, den Familien das Kindergeld wegzu­nehmen. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Es ist rechtswidrig. Wir haben mittlerweile Anwälte eingeschaltet, und ich sage es noch einmal: Wir werden jede einzelne Familie, der Sie das Geld wegnehmen wollen, recht­lich nicht nur beraten, sondern auch vertreten. (Abg. Mandak: Das war unter Bundes­ministerin Haubner! Sie haben das beschlossen!) Wir werden das durchfechten, weil wir nicht zulassen, dass Menschen, die sich darauf verlassen haben – Familien, die sich darauf verlassen haben, und das sind nicht g’stopfte Familien, wie Sie immer in den Raum stellen, das sind Familien, die das Geld verplant und ausgegeben haben –, jetzt abkassiert und ausgesackelt werden. Da, Frau Ministerin Kdolsky, wird es unse-


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ren erbitterten Widerstand geben, denn wir sind letztlich auch die Begründer dieses Kindergeldes. (Beifall beim BZÖ. – Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Mandak.)

Ohne uns gäbe es dieses Kindergeld in unserem Land überhaupt nicht! Das war unse­re Idee, und daher werden wir auch darum kämpfen, dass Sie den Familien nicht das Geld wegnehmen und letztlich die Familien wieder in Probleme stürzen und sie mit dem Gesetz konfrontieren. Das wollen wir nicht, und daher werden Sie diesen Wider­stand von uns zu spüren bekommen.

Noch etwas, Frau Ministerin, weil Sie vorhin auch von Ärzten gesprochen haben: Die sehen das aber eigentlich ganz anders. Ich weiß nicht, woher Sie das nehmen, dass da alles in Ordnung ist. Wissen Sie, was die Ärztevertreter, die Sie als Gesundheits­ministerin ja auch in Ihrer Kompetenz haben, mittlerweile sagen? – Sie sprechen nicht einmal mehr mit den Ärztevertretern. Die Ärztekammer am 1. Juni, ganz aktuell – und nicht nur ein Vertreter, sondern mehrere Vertreter haben sich zu Wort gemeldet –, kriti­siert die aktive Gesprächsverweigerung der Frau Ministerin Kdolsky und teilt mit, dass seit Jänner Sendepause ist, Funkstille. Seit Jänner spricht die Gesundheitsministerin nicht mehr mit den Ärzten.

Warum, weiß kein Mensch. – Wahrscheinlich ist es Ihnen unangenehm. Es hat sich so­gar ein Ärztevertreter dazu hinreißen lassen und Ihnen Ostblock-Methoden unterstellt, Frau Ministerin. Das kommt nicht von mir – damit das nicht gleich wieder in die falsche Kehle kommt –, aber das ist halt das Problem: Sie tanzen zwar auf allen Kirchtagen und Hochzeiten, aber Sie kümmern sich nicht um die Probleme. Und wenn Sie sich um etwas kümmern, dann belasten Sie die Menschen, indem Sie die Krankenversiche­rungsbeiträge erhöhen und den Menschen, den Familien das Geld wegnehmen.

Das ist keine gute Politik, Frau Ministerin, da werden Sie unseren Widerstand erfahren. Ich ersuche Sie wirklich: Stellen Sie die Kommunikation nicht ein, sondern kommuni­zieren Sie mit jenen Menschen, die wichtig sind, nämlich mit den Ärzten in Ihrem Res­sort! – Erstens.

Zweitens: Kommunizieren Sie auch mit den Familien. Auch wenn Sie, wie wir aus Ihrer Anfangszeit wissen, ein anderes Familienbild haben, so haben Sie nicht das Recht, sich an den österreichischen Familien durch die Wegnahme des Kindergeldes im Nachhinein zu rächen! (Zwischenruf des Abg. Neugebauer.) Dazu haben Sie nicht das Recht. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Neugebauer: Setzen Sie sich!)

13.36


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Bundesminis­ter Dr. Buchinger. – Bitte.

 


13.36.46

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich will Sie nicht über Gebühr strapazieren, so wie vielleicht der Vorredner das inhaltlich in Bezug auf meine Person mit Zitaten ge­macht hat, die ich so gar nicht glauben kann in dieser Schärfe. Aber vielleicht geben Sie sie mir dann noch.

Mir ist es wichtig, Folgendes zu sagen, Herr Klubobmann: Ich habe vor 10 Minuten dar­um ersucht, die Verunsicherung der zu pflegenden Personen und ihrer Angehörigen in dieser Pflegedebatte zu beenden, und gemeint, dass jeder einen Beitrag leisten sollte. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer zahlt es?) Sie haben diesen Beitrag bedauerlicherweise nicht geleistet. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer zahlt es?)

Sie haben gesagt, dass der Sozialminister durchs Land zieht und sagt, ab 1. Juli gibt es die entsprechenden Mittel. Sie hätten aus der Lektüre der heute zur Beschlussfas­sung anstehenden Gesetzesmaterien (Abg. Ing. Westenthaler: Wer zahlt es?) – die


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Beschlussfassung vorausgesetzt – erkennen können, dass im ersten Halbjahr des Wirksamwerdens des § 21b Bundespflegegesetz, also vom 1. Juli 2007 – ich rechne das gerne vor – bis zum 31. Dezember 2007, der Bund allein die Kosten der Förderung übernehmen kann. Im Bundesfinanzgesetz  (Abg. Ing. Westenthaler: Und wer zahlt es dann?)

Herr Klubobmann, das haben Sie bereits beschlossen, das haben Sie vielleicht verges­sen. Im Bundesfinanzgesetz steht drin, dass im heurigen Jahr dafür 18,5 Millionen € zur Verfügung stehen. Wer zahlt dann, ab 1. Jänner 2008? – Die Länder haben den Bund aufgefordert, Eckpunkte des Finanzausgleichs im Zusammenhang mit einer Arti­kel-15a-Vereinbarung mit ihnen zu erörtern. Der Herr Finanzminister wird das tun, er hat meine volle Unterstützung dabei. Es ist dann sechs Monate Zeit, vom 1. Juni 2007 – eigentlich von heute schon, wo man beginnen könnte – bis 31. Dezember 2007, gemeinsam – Finanzminister, Sozialminister mit Unterstützung – eine Lösung zu finden. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja nicht lang!)

Daher bitte ich Sie, diese Verunsicherung der zu Pflegenden und ihrer Angehörigen zu beenden. Für das erste halbe Jahr werden Sie heute, wenn Sie das beschließen, die Voraussetzungen schaffen, dass die Finanzierung in dem Ausmaß, das ich genannt habe, zugrunde gelegt wird. – Eine weitere gute Nachricht aus diesem Haus. (Beifall bei der SPÖ.)

13.38


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.39.00

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich, bevor ich mit meiner Rede beginne, ein Wort zum Kollegen Donabauer sagen – er ist zwar jetzt nicht mehr da, aber richten Sie es ihm bitte aus –: Wir von der FPÖ brauchen niemanden von der Volkspartei, der uns sagt, worüber wir und was wir zu reden haben! Wir wissen das selbst ganz genau, denn wir müssen uns auch Ihre Reden anhören – und die sind auch nicht immer die besten. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Neugebauer: Hat der auch nicht angedroht!)

Nun möchte ich ganz kurz darauf eingehen, was der Herr Sozialminister in seinen ers­ten Ausführungen gesagt hat; es ging um den Antrag, den wir gestellt haben, diese Studie in Auftrag zu geben. Der Herr Sozialminister hat gesagt, das sei menschlich und inhaltlich falsch. – „Menschlich“ ist mir nicht nachvollziehbar, was daran falsch sein soll. Es sind ja auch die Beamten in einer eigenen Sozialversicherung. Ist das für die Be­amten „unmenschlich“, dass sie eine eigene Versicherung haben? Es gibt andere, es gibt Betriebsversicherungen, auch das ist nicht unmenschlich.

Inhaltlich, haben Sie gesagt, haben wir kein Interesse an den Studien, und außerdem – ich habe es mitgeschrieben – gibt es diese Studien. – Herr Minister, nennen Sie uns bitte die Zahlen, sagen Sie, was Sache ist – und operieren Sie nicht immer mit irgend­welchen Geschichten, die sich vor 20 Jahren ereignet haben! Ich habe es nämlich noch gut im Ohr, als Sie gestern hier von Ihrem Platz aus gesagt haben: In den neun­ziger Jahren waren ... – Wir leben im Jahr 2007! Was in den neunziger Jahren war, ist heute wirklich nicht mehr aktuell.

Aber Sie haben Recht, es gibt aktuelle Studien, doch wann immer wir diese zitieren, kommt irgendeine Häme, irgendeine blöde Bemerkung; sie werden einfach nicht ernst genommen. Tatsache ist aber, dass die Ausländer aus dem Sozialtopf weit, weit mehr herausnehmen, als sie hineinzahlen. (Bundesminister Dr. Buchinger: Sie wissen das


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Ergebnis der Studie noch gar nicht!) – Das sind Studien, die wir haben und die Ihnen auch schon vorgelegt wurden; wir haben sie Ihnen schon zitiert. Die Wifo-Studie zum Beispiel, die Frau Julia Bock-Schappelwein erstellt hat, wird Ihnen bekannt sein, neh­me ich an. Wenn Sie sagen, Sie haben die Studien, es gibt die Studien, dann sollten sie diese einfach lesen und zur Kenntnis nehmen!

Seit den neunziger Jahren ist es nämlich schon so, dass Ausländer tendenziell weit mehr aus dem Sozialtopf herausnehmen, als sie reinzahlen. Das hängt damit zusam­men, dass die Zuwanderung eine große Heterogenität ergeben hat. Im Gegensatz zu den Jahren davor, als hauptsächlich Arbeitskräfte hereingeholt worden sind, begann dann der Familienzuzug. Und so viel möchte ich Ihnen noch sagen, Frau Heinisch-Hosek: Wir kennen natürlich schon den Unterschied zwischen der Zuwanderung und dem Asylwesen. (Abg. Heinisch-Hosek: Aber Sie vermischen das dauernd!) Nein, wir vermischen das überhaupt nicht, denn – noch einmal – wir wissen genau: In den siebziger Jahren gab es in Österreich hauptsächlich den Zuzug von Arbeitskräften, aber mit der Familienzusammenführung hat sich dann das Bild vollkommen gewandelt, und seit damals ist es eben so, dass die Frauen, die mitversichert sind, natürlich auch Leistungen beziehen.

Das heißt, wir haben jetzt genau die Situation: leere Sozialtöpfe, einen Sozialstaat, der wankt – und wir holen Ausländer nach Österreich. Ich habe es noch im Ohr, gestern hat eine Abgeordnete hier vom Rednerpult aus gesagt: 95 Prozent aller WCs werden von Ausländerinnen gereinigt. – Bravo, sehr menschlich! Die Ausländer sind sozusa­gen unsere Kloputzer. Soll so sein, aber ich frage: Was, meinen Sie, werden diese Klo­putzer verdienen und was zahlen sie in den Sozialtopf? – Das ist Punkt eins: die nied­rige Qualifikation, die automatisch zu niedrigen Beiträgen führt. (Beifall bei der FPÖ.)

Punkt zwei: Ein Großteil der Ausländer in Österreich ist illegal beschäftigt – auch das ist kein Geheimnis – und zahlt überhaupt keine Beiträge. Wie schaut es da aus mit dem Herausnehmen? – Die Krankenhäuser sind überfüllt. Unser Klubobmann hat heute schon gesagt, dass weit mehr Ausländer Krankenleistungen in Anspruch neh­men. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass viele aus Staaten kommen, in denen die Gesundheitsversorgung bei weitem nicht so gut ist wie bei uns. Wir sind uns alle einig darin, dass unser Gesundheitssystem erstklassig ist. Klar: Sind die Ausländer da, müssen sie natürlich behandelt werden, beanspruchen alles Mögliche für die Behand­lung, und das kostet Geld. Von einem Beitragszahler, so er es überhaupt ist, werden Frau und Kinder behandelt, und Ausländer – und auch das ist kein Geheimnis – haben weit mehr Kinder. Das bedeutet, an einem Versicherten hängt sozusagen ein ganz langer Rattenschwanz an Verwandten und Angehörigen dran. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja unerträglich!)

Noch etwas – und das unterscheidet die Ausländer ganz wesentlich von den Inlän­dern ... (Ruf bei der ÖVP: Das ist wirklich unerträglich!) – Nein, unerträglich sind Sie mit Ihrer Verleugnung. Sie verleugnen das Problem, Sie versuchen, davon abzulenken. (Beifall bei der FPÖ.) Das Problem ist aber evident, es ist vorhanden. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Auch ausländische Pensionisten – wenn also die Eltern auch noch zuwandern; und es gibt natürlich Zuwanderung von alten Menschen, die längst aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden sind – werden mitversichert. Das bedeutet, ein Arbeitnehmer hat nicht nur seine Frau und seine Kinder mitversichert, sondern unter Umständen auch noch seine Eltern. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie sagen die Unwahrheit!) – Da muss das Sozi­alsystem kippen! Es kann gar nicht anders sein, das kann es nur zum Bersten bringen. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie sagen die Unwahrheit!)


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Daher: Denken Sie um! Sie von der SPÖ müssten einmal dringendst umdenken! Es ist notwendig, dass hier endlich einmal eine Konsequenz gezogen wird. (Abg. Kainz: Regen Sie sich nicht so auf! – Abg. Parnigoni: Warum schreien Sie so?) Natürlich muss ich schreien, Sie schreien ja auch. Sie versuchen, meine Rede zu zerstören, in­dem Sie reinbrüllen. Sie schreien! (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja unerhört! – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (das Glockenzeichen gebend): Bitte, um ein bisschen Ruhe! (Abg. Heinisch-Hosek – in Richtung Rednerin –: Schämen Sie sich!)

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (fortsetzend): Ich schäme mich nicht, Frau Kollegin Heinisch-Hosek! Ganz im Gegenteil: Sie sollten sich schämen, denn Sie werden es zu verantworten haben (Abg. Heinisch-Hosek: Zum Glück sind wir in der Verantwortung und nicht Sie!), wenn unser Sozialsystem in ein paar Jahren überhaupt nicht mehr existiert und wenn in ein paar Jahren überhaupt niemand mehr eine Sozialleistung bekommen kann, weder Inländer noch Ausländer! Dann sollten Sie sich schämen, denn Sie haben die Verantwortung dafür zu tragen. Sie sitzen jetzt in der Regierung und könnten etwas tun. (Beifall bei der FPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) – Ich habe mich nicht zu schämen!

Wenn man den Berichten des ORF-Studios Vorarlberg glauben kann, dann muss man sich wirklich auf den Kopf greifen. Spätestens da müssten bei Ihnen die Alarmglocken läuten. (Zwischenruf des Abg. Keck.) Es gab einen Beitrag darüber, dass Ausländer zwar die Organe nehmen, die gespendet werden, aber selbst als Organspender nicht zur Verfügung stehen. – Das ist ein Beitrag, den ich mir auch von muslimischen Aus­ländern erwarten würde. (Buh-Rufe bei SPÖ und ÖVP.) Da geht es nicht um ein Buh (Abg. Strache: Das widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz!), denn wir haben in Öster­reich eine Bestimmung der Widerspruchserklärung. (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Das ist jetzt sehr emotional, und ich würde Sie nur bitten, sich zu Wort zu melden und nicht einfach nur hineinzuschreien, dass man nichts mehr verste­hen kann! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Haimbuchner: Jawohl!)

Bitte, melden Sie sich zu Wort, wenn Sie an der Debatte teilnehmen wollen, aber las­sen Sie die Frau Abgeordnete ausreden!

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (fortsetzend): Danke, Frau Präsi­dentin! – Ich werde es noch einmal versuchen: Ich appelliere an Ihre Vernunft, denn wir alle, Sie alle sind für die Zukunft dieses Landes verantwortlich, und wir wollen, dass auch in Zukunft der Sozialstaat Österreich noch bestehen kann. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der FPÖ: Jawohl! – Abg. Neugebauer: Ungeheuerlich!)

13.46


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser; 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.46.20

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Herr Bundesminister! Darauf zu replizieren, ist faktisch nicht möglich. Solche Hass­predigten möchte ich hier im Haus nie wieder hören. Diese Menschenverachtung ist wirklich unerträglich! (Anhaltender Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie Bravorufe bei der SPÖ.)

Letztendlich hat sch diese Rednerin ganz selbst auch noch ins Eck gestellt. In ihrem Redebeitrag hat sie nämlich ganz klar gesagt, dass das Kloputzen mit niedrigen Leis-


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tungen verbunden ist, und zwar mit niedrigen Leistungen im Sozialsystem, und dass Menschen, die niedrige Beiträge ins Sozialsystem einzahlen, auch nur wenig heraus­bekommen sollen. – Das ist der erste Schritt dessen, was wir Ihnen immer vorwerfen: Die Ausländerdiskussion ist die erste, die Sie beginnen. Sind die Behinderten die Nächsten? (Abg. Strache: Nein, die lassen Sie im Stich!) Sind Menschen, die wenig verdienen, die Nächsten? – Solche Worte haben hier im Hohen Haus meiner Auffas­sung nach nichts verloren! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Strache: Behin­derte und alte Menschen werden von Ihnen im Stich gelassen!)

Herrn Kollegem Westenthaler hätte ich noch gerne gesagt: „Jedem Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“ – Es ist mir allerdings noch nicht vorgekom­men, dass eine Ministerin einem einzelnen Menschen nicht recht tun kann.

Einerseits werfen Sie Frau Bundesministerin Kdolsky vor, dass sie am Life-Ball – einer Veranstaltung, bei der es, wie wir wissen, auch um AIDS-Bekämpfung geht – teilnimmt (Abg. Ing. Westenthaler: Habe ich nicht vorgeworfen!), und im nächsten Augenblick sagen Sie, dass sie das macht, was Sie gemacht haben, nämlich Ihre Gesetze nach­vollzieht. Das Kindergeld und die Zuverdienstgrenze wurden in der vorigen Legislatur­periode beschlossen (Abg. Ing. Westenthaler: Es gibt eine rechtsgültige Weisung des Herrn Haupt!) – und der Frau Minister bleibt jetzt nichts anderes übrig, als diese Ihre Gesetze, die Sie beschlossen haben, nachzuvollziehen! Also zuerst einmal überlegen: Wollen Sie, dass sie etwas tut, oder wollen Sie, dass sie nichts tut?, denn ihr das vor­zuwerfen, ist wirklich nicht in Ordnung. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Jetzt möchte ich noch ganz kurz auf das Thema der jetzigen Sitzung, nämlich auf die 68. ASVG-Novelle zu sprechen kommen und einen Teil herausstreichen, der von der Frau Ministerin auch schon erwähnt wurde: die Frage der Vorsorgekosten für die Pan­demie. Es freut mich, dass Frau Ex-Ministerin Rauch-Kallat jetzt anwesend ist, denn ihre Vorsorgemaßnahmen, die sie in der letzten Legislaturperiode noch angeregt hat, waren nicht ganz so unumstritten, wie dies jetzt die Frage der Bereitstellung des Impf­stoffes ist.

Ich möchte Sie nur an die Frage erinnern: Was passiert denn mit den Schutzmasken? Wir haben diesbezüglich eine Anfrage gestellt. – Es wurden 9 Millionen Schutzmasken gemeinsam mit der Firma Dräger produziert, in den Verkauf gebracht, und es wurden – was kann man anderes erwarten – relativ wenig verkauft, glaube ich. Aus der Anfrage­beantwortung geht hervor, dass der Rest dieser Masken in leeren Hallen des Bundes­heeres und in einer leeren Halle des Lebensministeriums lagert.

Wenn man dem „Standard“ glauben kann, dann sagt die Firma Dräger, dass im Vertrag steht, dass die Masken, die bis zum Ende der Periode nicht verkauft worden sind, bis Mitte 2007 bezahlt werden müssen. Das heißt, Dräger war relativ entspannt und hat gesagt: Wir bekommen den Erlös der Verkaufsaktion, und wenn dieser nicht dem Auf­tragswert entspricht, dann bezahlt der Bund. – Wir hoffen, dass das nicht wieder eine Suppe ist, die Frau Ministerin Kdolsky auslöffeln muss! Ich glaube, wir könnten das Geld für andere Dinge viel dringender brauchen: sei es zur Finanzierung der HPV-Imp­fung oder zur Finanzierung der Pneumokokken-Impfung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

13.49


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger; 2 Minuten Redezeitbeschränkung. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


13.49.51

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Was mich als jungen Abgeordneten


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im Rahmen dieser Debatte ziemlich massiv stört, sind die Beiträge der Freiheitlichen Partei. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich bin enttäuscht und auch verwundert darüber, wie Sie im Rahmen einer Debatte über eine ASVG-Novelle Asylwerber mit pflegebedürftigen Menschen in unserem Sozi­alstaat gegeneinander ausspielen. Das ist menschenunwürdig und hat hier herinnen nichts verloren! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Strache: Sie lassen die eine Gruppe im Stich! Sie lassen die Pflegebedürftigen im Stich!)

Das habe ich mir auch aufgeschrieben, Herr Kollege Strache, was Sie da als Parteivor­sitzender der Freiheitlichen Partei verkünden. Sie sagen, 300 Millionen € werden von den Ländern für Asylwerber aufgebracht, 200 Millionen € ist man nicht imstande, von den Ländern aufzunehmen. – Wissen Sie, was ich Ihnen jetzt sage: Das ist eine Ver­höhnung der Gemeinden und der Länder (Abg. Strache: Ja, genau, das ist eine Ver­höhnung der pflegebedürftigen Menschen!), die Milliardenbeträge aufwenden für unser Sozialsystem, für die SV-Beiträge, für die Krankenanstaltenbeiträge. Wir haben ein gutes System in Österreich; Österreich ist ein funktionierender Sozialstaat – nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Wir leben doch nicht in einer Bananenrepublik, wir leben Gott sei Dank in Österreich. Und wenn Sie nicht damit aufhören, dieses Land schlechtzureden, unser Gesundheits­system, unser Sozialsystem in den Keller zu reden, dann werden auch Sie die Mitver­antwortung dafür zu tragen haben, wie die jüngeren Menschen in unserem Land das aufnehmen. Die haben ja keine Perspektiven mehr nach Ihren „Grabreden“, die Sie hier herinnen ständig halten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Strache: Und Sie machen die Perspektive kaputt in Österreich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ASVG-Novelle ist Gott sei Dank von eini­gen Rednerinnen und Rednern der Regierungsfraktionen erläutert worden. Es sind wichtige und positive Schritte, die hiermit gesetzt werden, vor allem im Pensionsbe­reich.

Ich habe das auch schon einmal im Rahmen einer Debatte hier erwähnt: Niemand ist gefeit davor, dass auch einmal Fehler gemacht werden, und uns fällt auch kein Zacken aus der Krone, diese wirklich guten und wichtigen Schritte im Bereich der Langzeitver­sicherten-Regelung, im Bereich auch der Aufwertung der Kindererziehungszeiten, auch für Präsenz- und Zivildiener mitzutragen.

Ich hätte die Bitte, dass man das wirklich positiv vermarktet – auch von Seiten der Gewerkschaft, auch von Seiten der Arbeiterkammer. Die Aufwertung der Kindererzie­hungszeiten war ein wirklich positiver Schritt, auch damals in der Pensionsreform. Dass diese Beträge verdoppelt wurden, dass sie jetzt aufgewertet werden, ist ebenfalls wichtig, aber viele Frauen, die ab dem 1. Jänner 1955 geboren sind, wissen nicht, dass das für sie und ihre Kinder auch zutrifft. Ich halte daher auch die politische Vermark­tung für wichtig.

Abschließend: Herr Bundesminister, es ist heute schon gesprochen worden über die beiden Anliegen, die nicht Eingang in diese Novelle gefunden haben: zum einen die Krankenstandszeiten für Langzeitversicherte – Frau Kollegin Csörgits, Sie wissen, was gemeint ist –, auf der anderen Seite die Landwirtschaftszeiten, Zeiten für Personen, die in einem kleinen Gewerbe tätig waren, die nicht einzahlen konnten. Kollege Donabauer hat das ergänzt um das fiktive Ausgedinge. Ich halte das schon für wichtig, denn da bekommen wir wirklich auch ein zusätzliches Problem. Ich glaube, wir sollten uns zu­sammensetzen für eine nächste ASVG-Novelle, die Sie bereits für Herbst angekündigt haben, um ein Paket zu schnüren, das von den Zahlen und den Beträgen her als fair angesehen werden kann. Dann bin ich zuversichtlich, dass wir das auch umsetzen können. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.53



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 103

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dobnigg; 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.53.41

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Es freut mich, dass heute mit die­sem Sozialrechts-Änderungsgesetz den Pensionsreformen der Vorgängerregierungen doch einige Giftzähne, wenn auch nicht alle, gezogen werden. Ich meine, dass sich diese Verbesserungen gerade jene Menschen, die ihr Leben lang sehr hart und fleißig gearbeitet haben, verdient haben. Es kommt erfreulicherweise nun doch zu einer Hal­bierung des Abschlages bei der Korridorpension, und zwar auf nun 2,1 Prozent, und dadurch erhöht sich in Zukunft die Pension je versicherter Person um durchschnittlich 1,5 Prozent im Jahr 2007 und bis zum Jahr 2015 doch um zirka 7 Prozent.

Ein sehr wesentlicher Punkt der Verbesserung ist natürlich auch die Verlängerung der Möglichkeit des früheren Pensionsantrittes für Langzeitversicherte. Von dieser Verlän­gerung des abschlagsfreien Pensionsantrittes bis zum Jahr 2010 sind doch zigtau­sende Personen betroffen. Ebenso erfreut bin ich darüber, dass nun das für mich nicht passende und auch abzulehnende Wort „Hackler-Regelung“ durch „Langzeitversicher­te“ ersetzt wird.

Wir von der SPÖ sind nach wie vor dafür: 45 Jahre für Männer und 40 Jahre für Frauen sind genug, um ohne Abschläge in Pension gehen zu können. Dies per Gesetz unbe­fristet und nicht bis zum Jahre 2010 befristet zu beschließen, war auch eine zentrale Forderung der SPÖ und wird auch weiterhin eine zentrale Forderung bleiben. Leider ist von Seiten der ÖVP diese berechtigte Forderung der Umsetzung bisher abgelehnt wor­den. Es gab zwar kurz die Hoffnung, als der neue ÖVP-Sozialsprecher Werner Amon in den Medien darauf einging und seine Zustimmung signalisierte, er wurde allerdings wenige Tage darauf von seiner Partei, der ÖVP, wieder zurückgepfiffen. Vielleicht gelingt es uns aber in der nächsten Zeit doch, diese zeitliche Begrenzung zu beseiti­gen. Zumindest war heute aus seinem Munde und auch von anderen Parteien zu hö­ren, dass es hier doch zu einer Lösung kommen könnte. Ich glaube, die österreichi­schen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten im Laufe eines arbeitsreichen Le­bens einen fixen Termin für ihren Pensionsantritt vor Augen haben und sich auch lang­fristig darauf verlassen können.

Zum Abschluss möchte ich noch die Gelegenheit wahrnehmen und unserem sehr en­gagierten und sozial eingestellten Bundesminister Erwin Buchinger für seinen vorbild­lichen Einsatz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für unsere ältere Generation sehr herzlich danken und ihm für seine weitere Tätigkeit alles Gute und vor allem viel Kraft und viel Erfolg wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.56


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mikesch. 2 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


13.56.38

Abgeordnete Adolfine Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Regierungsmitglieder! Wir behandeln heute im Sozialrechts-Änderungsgesetz einen weiteren Teil zum Kampf gegen die Schwarzarbeit, worüber überhaupt noch nicht gesprochen wurde. Vorweg ist hervorzuheben, dass 99 Prozent der Unternehme­rinnen und Unternehmer ihre Sozialbeiträge ordnungsgemäß abliefern. Auch das ein­mal zu erwähnen, ist sehr wichtig. Viele UnternehmerInnen aber haben immer wieder Probleme genau mit jenen Unternehmen, die diese Sozialabgaben nicht leisten und


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daher auch oft zu Dumpingpreisen anbieten können. Daher ist es uns seitens der Wirt­schaft ein großes Anliegen, da für Ordnung zu sorgen.

Es ist derzeit möglich, die Anmeldung, die vor Arbeitsbeginn stattfinden muss, zweistu­fig durchzuführen, zunächst mit Mindestangaben vor Arbeitsantritt, und dann haben die Unternehmerinnen und Unternehmer noch sieben Tage Zeit, die restliche Meldung durchzuführen. Im abgelaufenen Jahr haben wir einen Testlauf im Burgenland durch­geführt, und es wurde eine Evaluierung vorgenommen. Es ist natürlich schon sehr schwierig, die Anmeldung vorweg durchzuführen, denn man muss bedenken, dass 1,5 Millionen Menschen einen Arbeitswechsel pro Jahr durchführen und zirka 8 bis 10 Prozent davon nicht zum Arbeitsantritt erscheinen, also zirka 120 000 Anmeldungen unnötig erfolgen. Gerade das ist natürlich für die Klein- und Mittelbetriebe ein sehr großer bürokratischer Aufwand.

Wir hoffen wirklich, mit diesen Maßnahmen einen weiteren Meilenstein zu setzen und für mehr Fairness im Wettbewerb zu sorgen. Ich bedanke mich sehr herzlich bei un­seren Unternehmerinnen und Unternehmern, die dies ordnungsgemäß immer wieder durchführen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.58


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zur Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck mit 4 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.58.48

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich bin seit fünf Jahren hier in diesem Hohen Haus, und ich habe von Anfang an gesagt, ich bin Vertreter der Arbeiterinnen und der Arbei­ter – und ich habe angenommen, dass hier im Hohen Haus die Interessen aller in Ös­terreich lebenden Menschen vertreten werden, dass man hier im Hohen Haus sachlich diskutiert (Abg. Dr. Graf: Und jetzt sind Sie von der SPÖ enttäuscht!), auch Emotionen zeigt, die natürlich hinter Sachfragen stehen, aber ich habe nicht angenommen, Herr Kollege Graf, dass Hasspredigen und demokratiepolitisch bedenkliche Aussagen hier in diesem Haus von Ihrer Partei getroffen werden, Aussagen, die wirklich menschen­verachtend sind, die hier in diesem Haus, ja in ganz Österreich nichts verloren haben, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Es ist wirklich eine politisch kabarettreife Farce, wenn Kollege Kickl von der FPÖ hier zum Rednerpult geht und alle sozialpolitischen Maßnahmen, die im Rahmen der 67. und 68. ASVG-Novelle gesetzt werden müssen, kritisiert – und dabei völlig „vergisst“, dass es gerade seine Partei, die FPÖ, der Freiheitliche Klub waren, die all die Ver­schlechterungen vom Jahre 2000 an für die arbeitenden Menschen in Österreich ein­geführt haben. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Es müssen hier, Kollege Kickl, Maßnahmen getätigt werden, um die Verschlechterun­gen, die Ihre Partei eingeführt hat, wieder zu beseitigen.

Ich denke, Ihr Langzeitgedächtnis lässt Sie im Stich, denn Ihre Partei hat die Pensions­reform eingeführt (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl), Ihre Partei hat die Ver­schlechterungen für die arbeitenden Menschen und im Speziellen für die Arbeiterinnen und Arbeiter eingeführt, sodass jetzt Maßnahmen gesetzt werden müssen, um da wieder Verbesserungen durchzuführen. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Kickl.)

In der letzten Sitzung des Sozialausschusses, Kollege Kickl, hat die FPÖ einen Antrag eingebracht, in dem gefordert wird, in Bezug auf die Schwerarbeiterregelung etwas zu tun. Ich habe die FPÖ aufgefordert, mitzuarbeiten und dazu beizutragen, eine Fünf-Parteien-Regelung zu finden, damit die Situation der schwer arbeitenden Menschen in Österreich verbessert werden kann.


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Die FPÖ hat ja dazu gesagt, aber bis heute hat sich keiner von der FPÖ gemeldet, der bereit gewesen wäre, daran mitzuarbeiten. Arbeiten ist nicht Ihre Sache, Kollege Kickl! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Das wollen Sie von der FPÖ nicht! Sie kritisieren nur, sind aber nicht bereit, etwas zur Änderung der Situation der Beschäftigten in Österreich beizutragen, Kollege Kickl! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Das ist der Stil der FPÖ! Dieser Stil ist verachtenswert, Kollege Kickl! Und all das, was Sie hier sagen – das sage ich auch auf die Gefahr hin, mir jetzt einen Ordnungsruf einzuhandeln –, ist eine Frechheit sondergleichen, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Mich wundert es gar nicht mehr, dass es Massenaustritte bei der SPÖ gibt!)

Aber, lieber Kollege Strache, was machen Sie: Sie spalten Parteien und haben ein De­mokratieverständnis, das viele Menschen in Österreich Gott sei Dank nicht haben, und das wird sich bei vielen Wählerinnen und Wählern bei der nächsten Wahl auch zeigen! (Abg. Strache: Deshalb gibt es Massenaustritte bei der SPÖ?)

Eines kann ich Ihnen garantieren: Wir werden diesen Entschließungsantrag, den Sie hier eingebracht haben, ablehnen, denn Ihre Partei ist nicht bereit, mitzuarbeiten, trotz Aufforderung im letzten Sozialausschuss. (Abg. Strache: Sie sind nicht bereit, Ände­rungen vorzunehmen! Das ist der Punkt!) Ihre Partei ist nicht bereit, konstruktive Vor­schläge zu bringen. Ihre Partei ist nicht bereit, positive Maßnahmen für die Arbeiterin­nen und Arbeiter in Österreich zu setzen. Sie verweigern die Arbeit! Sie wollen nur poli­tisches Kleingeld mit Anträgen, die Sie einbringen, hier kassieren. Diesen Weg gehen wir nicht mit! (Abg. Strache: Sie sind doch die Verweigerer! Sie verweigern Studien!)

Zeigen Sie einmal, Kollege Strache, dass Sie bereit sind, etwas zu arbeiten! Bringen Sie konstruktive Vorschläge ein! (Abg. Strache: Sie verweigern Studien über Kosten­wahrheit!) Bringen Sie Vorschläge zur 69. ASVG-Novelle ein, Kollege Strache! Bringen Sie Vorschläge ein, die den schwer arbeitenden Menschen in Österreich wirklich hel­fen! Denn die letzten sieben Jahre haben Sie nur Vorschläge eingebracht, die diesen Menschen geschadet haben! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

14.02


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Karl mit 2 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.02.51

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Mein Debattenbeitrag bezieht sich auf den An­trag 31/A, mit dem für Frauen, die das 60. Lebensjahr vollendet und mindestens ein Kind erzogen haben, die Einführung einer monatlichen Unterstützung gefordert wird. Neben den genannten Anspruchsvoraussetzungen wird als weitere Voraussetzung die österreichische Staatsbürgerschaft verlangt.

Dazu sei Folgendes ausgeführt: Die Gewährung der Unterstützung setzt voraus, dass kein oder nur ein unter dem Ausgleichzulagenrichtsatz gelegenes Einkommen oder nur Sozialhilfe bezogen wird. Die Unterstützung wird somit bedarfsbezogen gewährt. Fi­nanziert werden soll diese Leistung aus den allgemeinen Steuermitteln. Daraus folgt, dass es sich bei dieser Unterstützung um eine Sozialhilfeleistung handelt. Aus Arti­kel 24 der Unionsbürgerrichtlinie ergibt sich jedoch, dass die EU-Mitgliedstaaten den Unionsbürgern Sozialhilfeleistungen nur für die ersten drei Monate ihres Aufenthaltes verwehren dürfen. Bei einem längeren Aufenthalt hat der Aufnahmemitgliedsstaat den EU-Bürgern Sozialhilfe zu gewähren. Das heißt, eine Beschränkung der im vorliegen-


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den Antrag vorgesehenen Unterstützung auf österreichische Staatsbürger lässt sich mit der Unionsbürgerrichtlinie nicht vereinbaren.

Anlass zur Kritik gibt aber auch die Anspruchsvoraussetzung, dass die Anspruchswer­berin nicht im gemeinsamen Haushalt mit einer ihr gegenüber unterhaltspflichtigen Per­son leben darf. Diese Voraussetzung führt zu sehr widersprüchlichen Ergebnissen.

Ich möchte aber jetzt augrund meiner kurzen Redezeit gar nicht mehr auf diese wider­sprüchlichen Ergebnisse eingehen, sondern möchte abschließend, und zwar Bezug nehmend auf die Wortmeldung von Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, noch auf zwei ganz wesentliche Grundsätze des österreichischen Sozialversicherungsrechtes hinweisen.

Eines der tragenden Prinzipien unseres Sozialversicherungswesens ist das Solidari­tätsprinzip. Solidaritätsprinzip bedeutet aber auch, dass wir einen Solidarausgleich zwischen denjenigen haben, die wenig verdienen, und denjenigen, die ein hohes Ein­kommen erzielen.

Ein zweiter Grundsatz unseres Sozialversicherungssystems ist das sogenannte Terri­torialitätsprinzip. Das heißt, wir stellen nicht auf die Staatsbürgerschaft ab, sondern stellen darauf ab, dass der Beschäftigungsort im Inland gelegen ist.

Ich sehe keinen Grund dafür, dass wir von diesen beiden Prinzipien nur aufgrund pole­mischer Reden abweichen sollten. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.05


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kuntzl mit 2 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Ab­geordnete.

 


14.05.42

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Klubobmann Strache, Ihre Fraktion hat uns heute zumindest zu einer, wahrscheinlich nicht ganz neuen Erkenntnis verholfen, nämlich, dass Hasspredigten auch dann um nichts besser werden, wenn sie in deutscher Sprache gehalten werden. (Abg. Strache: Die Meinungsfreiheit tut Ihnen weh!) – Meinungsfreiheit soll es in diesem Hause geben, aber Sie sollen sich als Abgeordnete im Rahmen dieses demokratischen Systems be­wegen. Das kann man auch von Ihnen und von Ihrer Fraktion verlangen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Die Wahrheit und die Meinungsfreiheit tun Ihnen weh!)

Da ich letztlich ein Mensch bin, der doch immer das Positive – auch in derartigen Vor­gängen – sucht, möchte ich sagen, dass ich schon sehr erleichtert bin darüber, wie dieses Haus auf derartige Hassanfälle, -ausfälle reagiert, und bin auch sehr erleichtert über die doch sehr breite Abgrenzung, die Sie hier erfahren haben, und möchte auch den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP dezidiert sagen, dass ich ihre Haltung dazu sehr zu schätzen weiß. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur ASVG-Novelle einige Bemerkungen: Ich bin sehr froh darüber, dass jetzt auf Initia­tive des Sozialministers damit begonnen wird, den Pensionsreformen, die Sie in den letzten Jahren vollzogen haben, wichtige Giftzähne zu ziehen. Die bessere Bewertung der Kinderbetreuungszeiten und die Verbesserung für pflegende Angehörige werden die Situation vor allem für Frauen verbessern. Für Frauen sind ja besonders jene Re­gelungen, die Sie in den letzten Jahren getroffen haben, Armutsfallen. Die Verlänge­rung der Durchrechnungszeiträume hat ja dazu geführt, dass es künftighin sehr, sehr kleine Frauenpensionen geben wird.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch Bezug nehmen auf den Antrag des BZÖ hinsichtlich der monatlichen Unterstützung für Frauen über 60 Jahre. Bezeichnender-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 107

weise gilt das nur für jene, die mindestens ein Kind haben. Jene, die keine Kinder großgezogen haben, liegen Ihnen ja nicht am Herzen, auch wenn sie in Armut leben. Vielleicht sollte man für diese auch etwas tun, gebe ich Ihnen zum Nachdenken mit.

Ich möchte betonen, dass aus unserer Sicht sehr wohl für Frauen, die im Alter mit kleinsten Pensionen leben müssen, dringend etwas zu tun ist – aber aus unserer Sicht nicht mit der von Ihnen vorgesehenen Almosen-Regelung, wonach man sich jedes Jahr wieder neu anstellen muss und keinen Rechtsanspruch hat. Aus unserer Sicht muss man auch im Interesse dieser Gruppe von Frauen möglichst schnell eine be­darfsorientierte Grundsicherung beschließen, möglichst zügig daran arbeiten, denn die­se Gruppe ist besonders darauf angewiesen.

Das wird ein wichtiger Schritt der Armutsbekämpfung sein, besonders auch für Frauen im Alter, die kleine Pensionen haben, aber nicht nur für jene Frauen – und das möchte ich betonen –, die Kinder haben, denn uns liegen auch jene Frauen über 60 Jahre mit kleinem Einkommen am Herzen, die vielleicht Kinder hätten haben wollen, aber es sich in ihrem Leben leider nicht ergeben hat. Auch diese Frauen werden durch die Grund­sicherung entsprechende Unterstützung erfahren. (Beifall bei der SPÖ.)

14.09


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Keine Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.09.22

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Oberhauser hat behauptet, dass die Vorsorgemaßnahmen der vergangenen Bundesregierung umstrit­ten gewesen seien.

Zum Glück, liebe Frau Abgeordnete Oberhauser, waren diese Maßnahmen nicht nur nicht umstritten, sondern Österreich war, und zwar sowohl in der Gesundheitsförde­rung als auch in der Vorsorge, was die Pandemie anlangt, in Europa führend, und wir waren stolz darauf. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Anschaffung der Schutzmasken anlangt, sieht der Pandemie-Plan, den Öster­reich als eines der ersten Länder Europas vorlegen konnte, auch die Anschaffung der­artiger Masken vor. Und wir haben versucht, mit einer Initiative auch die Eigenvorsorge der österreichischen Bevölkerung zu stimulieren und sie dafür zu gewinnen.

Jetzt sage ich: Glücklicherweise ist im vergangenen Jahr die Vogelgrippehysterie aus­geblieben. Ob aber deswegen die Gefahr geringer geworden ist, kann ihnen seriöser­weise niemand auf der Welt sagen.

Was wäre die Alternative gewesen, Frau Abgeordnete Oberhauser? – Die Bundesre­gierung oder das Gesundheitsministerium hätte die Masken gekauft und stillschwei­gend in den Hallen gelagert, wo sie jetzt auch liegen. So gesehen ist damit kein Geld verschwendet worden. Und Österreich wird sich auch in Zukunft an den Pandemie-Plan halten. (Beifall bei der ÖVP.)

14.10


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 108

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Sozialrechts-Ände­rungsgesetz 2007 in 110 der Beilagen.

Hiezu liegen zwei Abänderungsanträge der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin­nen und Kollegen vor.

Weiters hat der Abgeordnete Öllinger getrennte Abstimmung zu bestimmten Punkten des Gesetzentwurfes verlangt.

Ich lasse zunächst entsprechend der Systematik des Gesetzes über jene Teile des Ge­setzentwurfes, hinsichtlich derer entweder getrennte Abstimmung verlangt wurde oder Abänderungsanträge vorliegen, in der Fassung des jeweiligen Abänderungsantrages, danach über diese Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen.

Wir gelangen zunächst zur getrennten Abstimmung hinsichtlich des Artikels 1 Teil 1 Zif­fer 9 bis13 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit; damit angenommen.

Weiters gelangen wir zur getrennten Abstimmung hinsichtlich des Artikels 1 Teil 1 Zif­fer 19 bis 21, 23, 24, 26 und 27 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, bitte ich um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit; damit angenommen.

Die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen haben eine Abände­rungsantrag betreffend Artikel 1 Teil 2 Ziffer 9, Artikel 2 Teil 2 Ziffer 2 sowie Artikel 3 Teil 2 Ziffer 2 eingebracht.

Ich lasse daher über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Abände­rungsantrages der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen abstim­men.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Ich komme sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Weiters liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen vor, welcher sich auf Artikel 1 Teil 2 Ziffern 18 und 19, Artikel 2 Teil 2 Ziffer 5 und 6 sowie Artikel 3 Teil 2 Ziffern 10 und 11 bezieht.

Jene Damen und Herren, die dafür eintreten, ersuche ich um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Ich habe jetzt einen Teil ausgelassen. Ich habe die zweite Lesung ausgelassen. Ich entschuldige mich.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 109

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Die dritte Lesung machen wir noch einmal.

Wir kommen jetzt noch einmal zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehr­heit. Damit angenommen.

Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

*****

Herr Klubobmann Ing. Westenthaler, Sie wollen sich zur Geschäftsordnung zu Wort melden? – Bitte.

 


14.14.39

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Prä­sidentin! Nach meiner Kenntnis der Geschäftsordnung ist diese Abstimmung ungültig. Daher würde ich ersuchen, eine kurze Stehpräsidiale einzuberufen, denn ich bin der Meinung, dass diese Abstimmung, so wie Sie sie durchgeführt haben, nicht gültig ist.

14.14


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Gibt es dazu weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Einen Moment, bitte!

(Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek spricht mit den neben ihr sitzenden Bedienste­ten der Parlamentsdirektion.)

Herr Klubobmann Westenthaler, nach kurzer Beratung mit den Beamten der Parla­mentsdirektion kann ich Ihnen sagen: Wir sehen das nicht so! Die Abstimmung ist durchaus gültig durchgeführt worden. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie können das nicht so durchführen! Da müssen Sie eine Feststellung machen!) Sie können das gerne noch in der Präsidiale nachbesprechen.

*****

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schwerarbeiterregelung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Berücksichtigung der Ein­satztätigkeit freiwilliger Mitglieder von Blaulichtorganisationen in die Schwerarbeiter­regelungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Wir gelangen des weiteren zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 113 der Beilagen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 110

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Damit ist dieser Gesetz­entwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 114 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Schließlich gelangen wir noch zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 115 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich auch dafür aussprechen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

14.17.176. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (78 d.B.): Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Perso­nen in privaten Haushalten erlassen werden (Hausbetreuungsgesetz – HBeG) und mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (117 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (82 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (116 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 110/A(E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend jähr­liche Wertanpassung (Valorisierung) des Pflegegeldes (111 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 139/A(E) der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend feh­lende nachhaltige Lösung der Pflegevorsorge (112 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen zu den Punkten 6 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mandak mit einer freiwilligen Rede­zeitbeschränkung von 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.18.23

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Herr Minister! Hohes Haus! Eigentlich täte ich jetzt gern hier durchlüften. Wenn wir jetzt in einer Klasse wären, dann würde ich das


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 111

machen. Das hat man manchmal gemacht, wenn es „Knatsch“ gegeben hat und etwas ganz Böses gefallen ist. Dann ist es am besten, wenn man die Fenster aufreißt und den Wind einmal durchfahren lässt. Schade, dass wir hier keine Fenster haben. Ich würde sie jetzt gerne öffnen. (Beifall bei den Grünen.)

„Hausbetreuungsgesetz“ – der Name des Gesetzes ist so schlecht wie das Gesetz selbst, das uns hier vorliegt, und aus diesem Grund lehnen wir dieses Gesetz auch ab. Warum? – Es ist nicht so, dass wir Grüne nicht einsehen, dass es im Bereich der Rund-um-die-Uhr-Pflege dringend eine gesetzliche Regelung braucht. Es ist uns aber klar, dass das Gesetz, das hier und jetzt vorliegt, zu einem Großteil das Ergebnis eines Machtgeränkels zwischen Minister Bartenstein und Minister Buchinger, zwischen ÖVP und SPÖ ist. Von mir aus können Sie gern ränkeln, meine Herren, aber bitte irgendwo anders, auf keinen Fall aber auf dem Rücken der Betroffenen. Doch genau das ist bei diesem Gesetz passiert. (Beifall bei den Grünen.)

Die Betroffenen wissen nämlich bis heute nicht, was auf sie zukommen wird. Wir ha­ben schon den 6. Juni, und die Amnestie läuft in genau 24 Tagen aus. Reden Sie ein­mal mit den Menschen, die selbst betreut werden! Die Rund-um-die-Uhr-Pflege ist lei­der sehr oft gar nicht mehr möglich. Oder reden Sie mit deren Angehörigen!

Es gibt Menschen, die das eher wegwischen und sagen: Die sollen tun, was sie wollen, es ist mir eh alles egal! Aber es gibt auch sehr, sehr viele Menschen, die Gott sei Dank die Gesetzgebung in Österreich ernst nehmen, und die sind wirklich massiv verun­sichert, denn man kann den Betroffenen heute nicht sagen, was genau auf sie zukom­men wird.

Durch Ihren Schlagabtausch in der Öffentlichkeit, durch Ihre immer wieder neuen Vor­schläge haben Sie noch zusätzlich so viel Verunsicherung hineingebracht, dass das aus meiner Sicht wirklich unzulässig ist. Dadurch haben Sie sehr, sehr viel kaputt ge­macht.

Aus unserer Sicht ist es als eines der wichtigen Ziele notwendig, die Geltungsdauer der Amnestie-Regelung, die derzeit besteht, zu verlängern.

Ich möchte daher gleich jetzt folgenden Antrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mandak, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlänge­rung der Amnestieregelung des Pflegeübergangsgesetzes bis Ende 2007

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales und Konsumen­tInnenschutz sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, ist aufgefordert, dem Nationalrat ehestens, jedoch spätestens bis 25. Juni 2007, einen Gesetzesvorschlag zur Ausdehnung der Amnestieregelung nach dem Pflege-Übergangsgesetz (BGBl. I Nr. 164/2006) auf den Zeitraum bis zumindest 31. Dezember 2007 vorzulegen.

*****

Wir halten diesen Schritt der Verlängerung der Amnestie-Regelung um ein halbes Jahr – und wir haben bewusst geschrieben: vorerst – für unbedingt notwendig, damit die Betroffenen in dieser Situation, in der sie jetzt sind, genügend Zeit haben, eine Lö­sung dafür zu finden, wie sie weiter vorgehen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordne­ten der ÖVP.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 112

Ich werde Ihnen auch sagen, warum ich fürchte, dass dieses halbe Jahr gar nicht aus­reichen wird. – Wir haben derzeit in Österreich 20 000 Menschen, die durch die Rund-um-die-Uhr-Pflege versorgt werden. Das ist eine Zahl, die auf einer Annahme beruht, weil es ja derzeit eine illegal durchgeführte Pflege ist, und daher gibt es keine genauen Zahlen.

Wir haben uns bei größeren Trägerorganisationen danach erkundigt, wie groß denn der Prozentsatz all jener ist, die Pflegestufe 5 und darüber haben. Nach Ihrem derzei­tigen Gesetzentwurf soll es ja so sein, dass ab Pflegestufe 5 ein finanzieller Zuschuss dazukommt, damit man sich diese Pflege weiterhin leisten kann.

Wir haben die Auskunft erhalten, dass es nach Schätzungen der Einrichtungen rund 5 Prozent der von diesen betreuten Menschen sind, die in Pflegestufe 5 und in höheren Pflegestufen sind. Das heißt gleichzeitig, dass 95 Prozent der Betroffenen nach dem derzeitigen Gesetzentwurf keine finanzielle Unterstützung bekommen werden. (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Ich habe jetzt 1 000 Betroffene weggerechnet – das ist jetzt großzügig gerechnet –, die eher Gesellschaft brauchen. Es gibt auch alte Menschen, die eigentlich nicht betreu­ungsbedürftig sind, wo deren Familie sagt: Papa/Mama soll jemanden bei sich haben, denn das tut ihm/ihr gut!

Ich habe jetzt 1 000 Menschen weggerechnet. Dann bleiben 18 000 Betroffene übrig, die einerseits die Rund-um-die-Uhr-Betreuung brauchen, die aber künftig keine finan­zielle Unterstützung bekommen werden.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Durchschnittspension derer, die da betreut werden, derzeit, und zwar das Gesamtjahreseinkommen auf einen Monat umgerech­net, 1 500 € bei den Männern und 900 € bei den Frauen beträgt. Jetzt rechnen Sie noch das Pflegegeld in der Höhe von rund 421 € für die Pflegestufe 3 oder 630 € für die Pflegestufe 4 dazu – und jetzt, bitte, erklären Sie mir, wie diese Menschen künftig ihre Betreuung, ihre Pflege finanzieren sollen! Was soll mit ihnen sein? Und was sagen Sie ihnen ab dem 1. Juli 2007?

Diese Menschen können nämlich nur ausweichen. Erste Möglichkeit: mobile Dienste. Sie und ich und die Regierung, wir alle wissen genau, dass es erstens nicht genug Angebote gibt und dass zweitens dort, wo es mobile Dienste gibt, diese zeitlich be­schränkt sind auf – das ist nach Bundesland unterschiedlich –, ich sage einmal, durch­schnittlich 3 Stunden Betreuung pro Tag. Das reicht oft nicht aus! Genau das war der Grund, warum die Familien oder die Betroffenen auf die Rund-um-die-Uhr-Pflege aus­gewichen sind.

Die zweite Möglichkeit ist eine Heimunterbringung. Wir wissen, dass es viel zu wenige Heime gibt, wo die Betroffenen bleiben können, wenn sie pflegebedürftig sind, wo sie wirklich gepflegt werden, solange sie es brauchen. Wir wissen auch, dass die Betreu­ungsschlüssel zum Teil sehr schlecht sind. Und ich möchte wissen, wer von uns hier herinnen bereit wäre, sich in ein Zimmer mit ein, zwei, drei, vier, fünf anderen Perso­nen zu legen, im Alter ein Zimmer zu teilen, keine Intimsphäre, keine Privatsphäre mehr zu haben und da jahrelang zu leben. Das heißt, die Betroffenen haben de facto oft keine andere Wahl als die Rund-um-die-Uhr-Pflege.

Jetzt möchte ich von Ihnen wissen: Was werden Sie mit diesen 19 000 Personen tun, die Sie im Regen stehen lassen? – Meine Kolleginnen und Kollegen werden arbeits­rechtliche Punkte aufzeigen, werden die Punkte von selbstständiger Arbeit aufzeigen, wo es ganz, ganz große Defizite gibt. – Sie haben auf diese Frage keine Antwort. Und die Betroffenen wissen bis heute noch nicht, wie es finanziert wird. Sie haben keine Einigung mit den Ländern erzielt. Und im Gesetz steht, dass – und dessen muss man


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 113

sich bewusst sein; und ich hoffe, Sie sind sich dessen bewusst, wenn Sie dieses Ge­setz beschließen – diese Unterstützung bei der Rund-um-die-Uhr-Pflege – ich zitiere – „nach Maßgabe der dafür zur Verfügung stehenden Mittel“ geleistet wird.

Das heißt: Zuerst kommen sozusagen ganz viele Pflichten des Budgets, aber die Rund-um-die-Uhr-Pflege sehen Sie als keine Pflicht an, sondern das machen Sie dann als Zusatzaufgabe, wenn man noch Geld dafür zur Verfügung hat.

Einer solchen Gesetzesvorlage können wir leider nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.26


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Lapp mit 6 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung zu Wort. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

 


14.26.54

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Herren Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Kollegin Mandak, es ist schade, denn mit Ihrem Beitrag ha­ben Sie zur Verunsicherung der betroffenen Menschen beigetragen.

Ich glaube, dass es im Bereich der Pflege ganz wichtig ist, dass wir, weil es so, wie es unterschiedliche Menschen gibt, auch unterschiedliche Bedürfnisse gibt, vonseiten der öffentlichen Hand unterschiedliche Angebote machen. Eine Vielfalt und ein Mix an An­geboten ist das Um und Auf.

Wir haben hier heute im Plenum schon sehr viele wichtige Punkte, zum Beispiel für die Angehörigen, die pflegen, beschlossen. Es gibt auch sehr viele Projekte für Demenz­kranke, Erholungsurlaub für Angehörige. Und ein Puzzlestein, ein Mosaikstein ist die 24-Stunden-Betreuung.

Werte Kolleginnen und Kollegen von den anderen Fraktionen! Sie können hier nicht gegeneinander ausspielen und sagen: Das Allheilmittel ist die 24-Stunden-Betreuung, und jetzt werden wir alle finanziellen Mittel dafür einsetzen! – Das geht nicht!

Es gibt eine Vielzahl an Angeboten in den Bundesländern. Das reicht von den mobilen Diensten über ambulante Dienste bis hin zu stationären Diensten. Dass Sie die Heim­unterbringung hier in diesem Haus immer schlechtreden, das ist ein Schlag in den Bauch von sehr vielen pflegebedürftigen Menschen (Abg. Öllinger: Vorsicht!), die in Heimen in ganz Österreich untergebracht sind und dort sehr gut betreut und gepflegt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Für die 24-Stunden-Betreuung, sehr geehrte Damen und Herren, gibt es eine Rege­lung, gibt es eine Lösung. Es ist dieses Thema im Wahlkampf aufgetaucht, als hinsicht­lich der Schwiegermutter des Ex-Bundeskanzlers publik wurde, dass es bei ihr diese Betreuung gegeben hat.

Innerhalb von fünf Monaten hat Minister Buchinger eine Lösung gemeinsam mit Minis­ter Bartenstein erarbeitet. Diese Lösung ist auf festem Boden gebaut. (Abg. Dr. Bri­nek: Die ist noch nicht fertig!) Bis vor einigen Wochen haben Minister Bartenstein und Vizekanzler Molterer hier dargetan, dass sie zu dieser Lösung, zu dieser Regelung stehen, weil sie schnell funktioniert, weil sie qualitätsorientiert ist und weil sie für die Betroffenen wichtige Maßnahmen bringt.

Es ist ein wichtiger Mosaikstein geschaffen worden, den wir hier heute beschließen werden. Doch die Sicherheit der Betroffenen müssen wir im Auge behalten. Aber, wer­te Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, ich habe das Gefühl, dass Sie die Sicherheit der betroffenen Menschen nicht mehr im Auge haben. (Abg. Dr. Brinek: Irrtum!) Es ist


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wichtig, dass wir hier konstruktive Arbeit leisten, um zu guten Lösungen zu kommen, dass wir die Schaffung der notwendigen Maßnahmen vorantreiben.

Die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP haben sich während der gesamten fünf Monate immer im Warteraum befunden (Hallo-Ruf bei der ÖVP) und haben Minister Buchinger und Minister Bartenstein zugeschaut, wie sie zu einer Lösung kommen. Vom Warteraum sind sie am vergangenen Montag bei ihrer Klubsitzung ins Schmoll­winkerl gegangen (Abg. Dr. Brinek: Geh! Irrtum!), denn jetzt auf einmal finden sie, dass die Regelung nicht richtig und nicht ordentlich ist. (Abg. Dr. Fekter: Wir haben einen anderen Ansatz!) Sie haben seit Montag eine Kehrtwendung unternommen, und, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, damit desavouieren Sie auch sämtliche Beamtinnen und Beamten (Abg. Dr. Brinek: Aber nein! Wer sind denn die?), die in den letzten Monaten seit Februar intensive Arbeit geleistet haben. Es wurde dis­kutiert und dieses Modell erarbeitet – mit den Ländervertreterinnen und Ländervertre­tern, mit Vertreterinnen und Vertretern der Behindertenorganisationen (Abg. Dr. Bri­nek: Aber nein, ...!), mit den Sozialpartnerinnen und Sozialpartnern. – Frau Kollegin Brinek, wenn Sie hier sagen: Aber nein!, dann muss ich mir wirklich denken, dass Sie an einer Amnesie leiden. (Rufe bei der ÖVP: Pah! – Ordnungsruf! Ordnungsruf!)

Von unserer Seite ist es wichtig, ...

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Frau Abgeordnete, „an einer Amnesie leiden“ gehört nicht zum Sprachgebrauch, den man unter Abgeordneten gegenseitig pflegt!

 


Abgeordnete Mag. Christine Lapp (fortsetzend): Dann nehme ich dieses Wort zu­rück. – Sehr geehrte Frau Kollegin Brinek, wenn Sie hier nein sagen, dann denke ich mir, dass Sie die letzten Wochen der Diskussionen verschlafen haben.

Es gilt aber, all diesen Beamtinnen und Beamten und diesen Beraterinnen und Bera­tern Dank zu sagen dafür, dass die Modelle, die wir heute hier zu beschließen haben, auf dem Tisch liegen.

Aber es ist wichtig, dass wir noch weitere Schritte setzen, werte Kolleginnen und Kolle­gen, und diese weiteren Schritte können nicht darin bestehen, dass wir illegale Phasen weiter ausdehnen, sondern die nächsten Schritte müssen wir im Interesse der Betroffe­nen überlegen. Es geht darum, den Ländern Unterstützung dahin gehend zu geben, dass es mehr mobile Dienste gibt. Es geht darum, dass in den Ländern neue Wohnfor­men entwickelt werden, für betreubares Wohnen, für betreutes Wohnen. Es ist wichtig, dass barrierefreies Wohnen erarbeitet wird. Es ist aber auch wichtig, dass geriatrische Tageszentren eingerichtet werden. Und es ist immens wichtig, dass mehr Beratung und Information für betroffene Menschen gegeben wird.

Und da, denke ich mir, werden auch die Bundessozialämter in den kommenden Wo­chen eine sehr wichtige Aufgabe leisten, dass sie nämlich informieren und beraten. Und Sie werden sehen, werte Kolleginnen und Kollegen, dass sehr viele betroffene Menschen jetzt erst sehen, welche Dienstleistungen des Staates es zu diesem Thema gibt, und damit haben wir auch einen sehr wichtigen Schritt geschafft.

Die SPÖ steht dafür, die Bedürfnisse und Anforderungen der Menschen erfolgreich umzusetzen, und wir lassen uns dabei nicht aufhalten. Die Regierung muss gemein­sam Lösungen erarbeiten, und, werter Minister Buchinger und Minister Bartenstein, es ist wichtig, dass Modelle auf dem Tisch liegen, die weitere Schritte für die Umsetzung der Bedürfnisse der Menschen beinhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

14.33


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Hofer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



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14.33.17

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Auch wenn man aus einer Emotion heraus die ÖVP kritisiert, muss man doch zugeben, dass die ÖVP ihre Wahl­versprechen im Großen und Ganzen gehalten hat. (Demonstrativer Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Welche?) Also das, was die ÖVP vor der Natio­nalratswahl transportiert hat, das ist im Großen und Ganzen eingehalten worden, und das, was sich die ÖVP-Wähler von ihrer ÖVP erwartet haben, das dürfte auch umge­setzt werden. (Abg. Rädler: Genau!)

Ich kann mich daran erinnern, dass vor der Nationalratswahl aber die SPÖ plakatiert hat: „Weil WIR Wort halten!“ (Abg. Rädler: Das halten wir immer!) – Und ich kann Ihnen schon jetzt sagen, was bei der nächsten Nationalratswahl passieren wird: Da werden die politischen Mitbewerber, der politische Gegner diese Plakate hervorzau­bern und genüsslich alles das aufzählen, was eben nicht gehalten worden ist: Euro­fighter, Studiengebühren. (Abg. Strache: Die SPÖ hat das BZÖ in der Regierung ab­gelöst!)

Ich habe mir angeschaut, es hat vor der Nationalratswahl ein Interview des Bundes­kanzlers, damals noch SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer gegeben, in dem er gesagt hat, das Pflegegeld muss jährlich mit der Inflationsrate erhöht werden. (Abg. Mag. Lapp: Es wird erhöht!) Es wird erhöht, aber bei Weitem nicht mit der Inflationsrate! – Auch dieses Wahlversprechen konnte nicht eingehalten werden.

Es ist weiters versprochen worden, dass bei der Behindertenpolitik die Behindertenor­ganisationen stärker eingebunden werden. Jetzt, vor wenigen Tagen, haben wir gehört, dass das leider nicht der Fall war. (Abg. Mag. Lapp: Das stimmt nicht!)

Dann, Frau Mag. Lapp, muss ich Ihnen sagen: Sabine Mandak hat nicht zur Verun­sicherung beigetragen! Das war ein sehr sachlicher, inhaltlich fundierter Vortrag, der bestimmt nicht zur Verunsicherung beigetragen hat. Das ist nicht richtig, und das muss auch zurückgewiesen werden.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns das Hausbetreuungsgesetz anschauen, dann müssen wir erkennen, dass hier keine 24-Stunden-Pflege, Rund-um-die-Uhr-Betreuung gewährleistet ist. Jeder spricht von der 24-Stunden-Pflege, aber es geht hier in Wirk­lichkeit um neun Stunden – Betreuung eben. Da gibt es diese große Differenz zwi­schen Betreuung und Pflege (Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp) – natürlich gibt es das! –, wo derjenige, der Betreuung leistet und aufgrund der Qualifikation in der Lage wäre, auch Pflege durchzuführen, das nicht darf. Und da hat mir noch niemand erklä­ren können, warum das so ist.

Tatsache ist, dass es bei der 24-Stunden-Betreuung eine unzureichende Qualitätssi­cherung gibt, insbesondere bei der Ausbildung, sowie die Gefahr der Scheinselbststän­digkeit. – Und das sage nicht ich, sondern das sagt Sozialminister Erwin Buchinger! Jetzt frage ich mich aber dann, warum die SPÖ diesem Gesetz zustimmt.

Und Tatsache ist auch, dass es beim Pflegemodell des Sozialministers offensichtlich Probleme gibt: Es ist unzureichend, was die Finanzierung und Einbeziehung der Län­der anbelangt, und es ist alles andere als gesichert. Und der Sozialminister hat bisher noch keinen konstruktiven Beitrag für eine Einigung mit den Ländern geliefert. – Das sage nicht ich, sondern das sagt die ÖVP! Jetzt frage ich Sie: Warum stimmen Sie dann zu? Warum? (Abg. Strache: Das große Rätsel!)

Jetzt stimmen Sie wechselseitig Entwürfen zu, die Sie beide heftig kritisiert haben! Und ich frage auch die SPÖ: Stimmt das, dass der Sozialminister – Sie haben ja SPÖ-Lan­deshauptleute, die sehr erfolgreich sind – noch keinen konstruktiven Beitrag geleistet


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hat? Warum stimmen die SPÖ-Landeshauptleute dieser Lösung nicht zu? – Ich kann es mir nicht erklären.

Was wir auch nicht verstehen können, ist Folgendes – und das ist auch der Grund, warum wir der Pflegeamnestie nicht zustimmen –: Es ist bereits einiges an Zeit vergan­gen, seitdem der Pflegenotstand in Österreich ausgerufen worden ist, seitdem auch die Politik erkannt hat, welche Probleme es gibt. Es sind Arbeitskreise eingesetzt worden, mit Frau Klasnic zum Beispiel, aber es gab auch viele andere Gruppen, die daran ge­arbeitet haben. Bei der jüngsten Debatte im Parlament, als die Amnestie beschlossen wurde, ist versprochen worden, es werde bald – bis jetzt – eine Lösung geben. – Diese gibt es offensichtlich in ausreichender Form nicht.

Und was es auch nicht gibt, das ist eine Inflationsanpassung des Pflegegeldes. Wir ha­ben heute bei der höchsten Pflegestufe, der Stufe 7, bereits eine Entwertung von 3 146 € in absoluten Zahlen – 18 Prozent sind das. 18 Prozent hat das Pflegegeld an Wert verloren! Und legale Pflege wird nur dann möglich sein, wenn auch die notwen­digen finanziellen Mittel vorhanden sind. Ich glaube nicht, dass sich mit der heutigen Beschlussfassung legale Pflege in Österreich wirklich durchsetzen kann. Es wird wei­terhin Illegalität geben, weil die Betroffenen überhaupt keine Möglichkeit haben wer­den, sich legal wirklich zu helfen.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hofer, Kickl, Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhö­hung des Pflegegeldes

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich alle erforderlichen Schritte zu setzen, um das Pflegegeld so anzupassen, daß es inflationsbereinigt dem Wert bei dessen Einführung im Jahr 1993 entspricht. In Zukunft soll zudem eine jährliche Valori­sierung des Pflegegeldes sichergestellt werden.“

*****

Erlauben Sie mir, noch einen letzten Punkt anzuführen: Jeder soll so leben, wie er le­ben will. Wenn jemand Familie haben will und Kinder haben will, dann begrüßen wir das ganz besonders. Wenn jemand Single sein will und das eben nicht will, dann ist das seine freie Entscheidung, und dann soll er so leben.

Es ist aber so, dass vor allem jene, die Kinder haben, wenn sie pflegebedürftig werden, mit ganz neuen Sorgen konfrontiert sind. Jeder, der älter wird, achtet ganz besonders auf das Wohl seiner Kinder und möchte auch, dass es diesen Kindern finanziell gut geht. Jetzt ist es aber so, dass, wenn ich ein Pflegefall werde, dann zuerst auf mein Vermögen zugegriffen wird, damit die Pflege bezahlt werden kann, und auch meine Kinder müssen natürlich ihren finanziellen Beitrag leisten, damit der Vater, die Mutter gepflegt werden kann.

Da müssen wir uns schon überlegen, wie man in Zukunft damit umgeht, denn: Wenn ich Kinder bekomme, ist das ein Beitrag auch für die Gesellschaft, ein Beitrag, damit der Sozialstaat funktioniert. Und jetzt habe ich Kinder, ziehe meine Kinder groß, bin stolz darauf – und dann werde ich leider ein Pflegefall, und dann müssen meine Kinder für den Vater bezahlen. Und das ist kein Weg, der gerecht ist! Wir müssen zu einer Lö-


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sung finden, wo Kinderlose und Menschen mit Kindern gerecht und auch gleich behan­delt werden! (Beifall bei der FPÖ.)

14.39


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der Entschließungsantrag des Abgeord­neten Hofer ist ordnungsgemäß eingebracht, liegt vor, ist ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hofer, Kickl, Neubauer und weiterer Abgeordneter betreffend Erhö­hung des Pflegegeldes

eingebracht im Zuge der Debatte zu den Tagesordnungspunkten 6–9 in der 25. Sit­zung des Nationalrates am 6. Juni. 2007

Das Pflegegeld verliert Jahr für Jahr an Wert. Die Behindertenorganisationen beklagen, daß die Regierung, trotz gegenteiliger Beteuerungen der SPÖ vor den Wahlen und dem Eingeständnis, eines sogenannten „Pflegenotstands“, das Pflegegeld nicht ausrei­chend und vor allem nicht sofort erhöhen will.

Statt dessen wird in der rot-schwarzen Regierung wieder einmal gestritten: Diesmal geht es um das Pflegemodell, das ja heute beschlossen werden soll. Nach der durch­wegs heftigen Kritik im Zuge des Begutachtungs-Verfahrens sparen nun auch die Regierungsfraktionen nicht an gegenseitiger Kritik am Gesetzesentwurf des jeweils anderen.

Sozialminister Erwin Buchinger kritisiert in seiner Stellungnahme den Gesetzes-Ent­wurf zum arbeitsrechtlichen Teil der 24-Stunden-Betreuung Pflegebedürftiger von Wirt­schaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) bezüglich der unzureichenden Qualitätssiche­rung, insbesondere bei der Ausbildung, der Gefahr der Scheinselbständigkeit im Rah­men der vorgesehene Möglichkeit der selbständigen Ausübung der Betreuungstätigkei­ten und wegen der möglichen verfassungs-rechtlichen Probleme.

Arbeitsminister Bartenstein kontert umgehend und meint das Pflegemodell von Sozial­minister Buchinger sei unzureichend und – was die Finanzierung unter Einbeziehung der Länder anbelangt – alles andere als gesichert.

ÖVP-Wirtschaftsminister Bartenstein will genau wegen dieser Nicht-Einigung - ein "Null-Ergebnis", wie er Sozialminister Buchinger vorwirft - die Amnestie verlängern.

Auch Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer bekräftigt, daß seine Partei an der Forderung der Verlängerung der Amnestieregelung für illegale Pflegekräfte festhält. Solange es keine Einigung mit den Bundesländern über eine Finanzierung der Pflege gebe, meint er, sei das "eine vernünftige Lösung“. Buchinger habe bisher "noch keinen konstruktiven Beitrag" für eine solche Einigung geliefert.

Was unterm Strich bleibt – abgesehen von diversen in Gesetzesform gegossenen Not­lösungen – ist, daß es den Angehörigen nahezu unmöglich gemacht wird, legale Pflege durch ausgebildete Fachkräfte zu finanzieren.

In den letzten zehn Jahren wurde das Pflegegeld nämlich nur ein einziges Mal erhöht, während sich die Inflationsrate nicht an die von den Regierungen verordneten Nullrun­den hielt. Nicht einmal in diesem Jahr - nämlich 2005 - reichte die Erhöhung, um die Inflation des laufenden Jahres abzugleichen.(Jährlich macht die Entwertung bei der Pflegestufe 1 inzwischen 393 Euro aus, bei der Pflegestufe 2 sind es 550 Euro, bei der


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Pflegestufe 3 848 Euro, Pflegestufe 4 1.273 Euro, Pflegestufe 5 1.728, Pflegestufe 6 2.358 Euro und für die Pflegestufe 7 beträgt die jährliche Entwertung bereits 3146 Euro)

Daher ist festzuhalten, daß von einer Erhöhung des Pflegegeldes bisher, und – wenn man vom Regierungsprogramm als Absichtserklärung ausgeht – auch in Zukunft, keine Rede sein kann. Es wurde und wird nicht einmal eine Inflationsanpassung vorgenom­men. Um diese zu erreichen, müßte das Pflegegeld heute um ca. 18 Prozent erhöht werden.

Anstatt sich gegenseitig die Schuld für das gemeinsame Versagen in die Schuhe zu schieben, sollte sich diese Regierung ihr Scheitern eingestehen. Allerdings nicht mit einer geplanten Verlängerung der Amnestieregelung, sondern mit dem längst überfälli­gen Schritt einer Valorisierung des Pflegegeldes im Sinne aller Betroffenen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich alle erforderlichen Schritte zu setzen, um das Pflegegeld so anzupassen, daß es inflationsbereinigt dem Wert bei dessen Einführung im Jahr 1993 entspricht. In Zukunft soll zudem eine jährliche Valori­sierung des Pflegegeldes sichergestellt werden."

Wien, am 6. Juni 2007

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Weiters gebe ich bekannt, dass auch der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mandak, Öllinger, Freundinnen und Freunde vorliegt, ausreichend unterstützt ist, ordnungsgemäß eingebracht ist und daher mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mandak, Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend Verlänge­rung der Amnestieregelung des Pflegeübergangsgesetzes bis Ende 2007

eingebracht im Zuge der Debatte über die Regierungsvorlage (82 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird in der Fassung des Ausschuss­berichts (116 d.B.)

Nachdem die Regierung daran gescheitert ist, innerhalb der vom Pflege-Übergangs­gesetz gesetzten Amnestiefrist einen gemeinsamen Vorschlag zur Lösung der Pflege­misere umzusetzen, droht für tausende Menschen ab 1. Juli dieses Jahres ein Zustand der rechtlichen Unsicherheit bzw. die Gefahr der Kriminalisierung. Die Verunsicherung der Betroffenen ist unter allen Umständen zu vermeiden. Auch wenn es auf Grund der Versäumnisse der Bundesregierung und der Verfahrensregeln des Nationalrats un­möglich scheint, die Amnestieregelung noch rechtzeitig vor ihrem Auslaufen zu verlän­gern, so kann eine Entschließung des Nationalrats doch allen Beteiligten die Sicherheit bieten, dass sie nach dem 1. Juli 2007 bis zur Schaffung einer echten Lösung des Pro­blems rechtlich nicht belangt werden, wenn sie – zwangsläufig in Umgehung recht-


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licher Bestimmungen – die notwendige Betreuung für sich bzw. für ihre Angehörigen sicherstellen.

Es stellt eine moralische Verpflichtung der Politik dar, den Menschen diese Sicherheit zu bieten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesminister für Soziales und Konsumen­tInnenschutz sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, ist aufgefordert, dem Nationalrat ehestens, jedoch spätestens bis 25. Juni 2007, einen Gesetzesvorschlag zur Ausdehnung der Amnestieregelung nach dem Pflege-Übergangsgesetz (BGBl. I Nr. 164/2006) auf den Zeitraum bis zumindest 31. Dezember 2007 vorzulegen.

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Riener mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 4 Minu­ten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.40.34

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Herren Minister! Hohes Haus! Der heutige Beschluss des Hausbetreuungsgesetzes und die Novellierung der Gewerbeordnung – und das war für uns keine Frage, dass diese bei­den Vorlagen und das Bundespflegegeldgesetz heute beschlossen werden! – bieten im Bereich Pflege und Betreuung eine stabile, tragfähige Grundlage, um die arbeitsrecht­lichen Problemstellungen der Bis-zu-24-Stunden-Betreuung in den Griff zu bekommen. Ich danke Herrn Bundesminister Bartenstein für sein rasches Arbeiten. Dadurch war es für alle möglich (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP – Abg. Broukal: Verzögerter Ap­plaus bei einzelnen Abgeordneten der ÖVP!), sich intensiv mit dieser neuen Sachlage vertraut zu machen, und das bedeutet Sicherheit. (Beifall bei der ÖVP.)

Etwas anders war aber die Vorgangsweise bei der Novelle zum Bundespflegegeldge­setz. Ich bin heute sehr erleichtert, dass die Vernunft gesiegt hat. Vizekanzler Wilhelm Molterer ist es in der heutigen Regierungssitzung gelungen, den betroffenen Menschen wieder das Gefühl der Sicherheit, was die Arbeit der Regierung in puncto Pflege und Betreuung betrifft, zu geben. (Ruf bei der SPÖ: Bitte!) Ich werde das noch näher aus­führen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Gaßner, Krainer und Pfeffer.)

Wie mein Kollege Werner Amon bereits beim vorigen Tagesordnungspunkt ausgeführt hat, umfasst das Molterer-Pflegemodell die Einbeziehung der Stufen 3 und 4 (Abg. Öl­linger: Ist das der ÖVP-Pressedienst, den Sie da verlesen?), die Verlängerung der Amnestieregelung und die Verhandlungen mit den Ländern für eine gute Finanzierung.

Herr Minister Buchinger! Bereits im Rahmen der Budgetdebatte am 27. April wies ich auf die Tatsache hin – und Sie sind auch darauf eingegangen –, dass gerade die För­derungsmöglichkeit ab der Stufe 3 notwendig sei, um nicht viele Hoffnungen von Be­troffenen und deren Angehörigen zu zerstören. – Vorredner sind schon darauf einge­gangen.

Zu diesem Zeitpunkt war ich auch noch zuversichtlich, dass Sie ein tragfähiges und ge­rechtes Förderungs- und Finanzierungsmodell aushandeln beziehungsweise vorlegen


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werden. Wie wir wissen, haben die Gespräche mit den Ländern leider keinen Erfolg gebracht, und außer in Form von mündlichen Ausführungen von Ihnen wurde uns im Hohen Haus auch die Richtlinie für die Förderung nicht vorgelegt. Ihren mündlichen Ausführungen zufolge hatten Sie dabei aber vor, nur bei Anstellung von Pflege- und Betreuungskräften Förderungen zuzugestehen, jedoch nicht, wenn sich Betroffene Leistungen, wie zum Beispiel beim Arzt, über Selbstständige zukaufen. – Diese Un­gleichbehandlung wirft große verfassungsrechtliche Bedenken auf, da es keine sach­liche Rechtfertigung dafür gibt.

Aus diesem Grund begrüße ich die Einigung im Ministerrat, ebenso bei Inanspruchnah­me von selbstständigen Betreuungskräften Förderungen zu ermöglichen, denn es ist letztlich Voraussetzung für eine leistbare Pflege und Betreuung.

Die bereits in der Novelle vorgesehene Förderungsvoraussetzung, dass die Betreu­ungskräfte – jetzt neu: unselbstständig und selbstständig – die theoretischen Ausbil­dungsinhalte zur Heimhilfe nachweisen müssen, halte ich im Sinne der Qualitätssiche­rung für die Betroffenen und deren Angehörige für sinnvoll.

Herr Minister Buchinger, nicht wir von der ÖVP tragen zur Verunsicherung der Men­schen in diesem Land durch die Debatte in den letzten Tagen bei, sondern die Debatte um die Verlängerung der Amnestieregelung ist deshalb dringend notwendig geworden, weil es für den 1. Juli keine Klarheiten für die Betroffenen, die auf Pflege und Betreu­ung zu Hause angewiesen sind, gibt! (Beifall bei der ÖVP.) Dies zeigt auch die Presse­aussendung von Professor Mazal auf. Kollegin Mandak hat das ja auch schon ausge­führt.

Werte Kolleginnen und Kollegen, versetzen Sie sich bitte in die Rolle eines Betroffe­nen! Die wissen nicht, welche administrativen Schritte für die Legalisierung ihrer Be­treuungskraft notwendig sind. Welchen Schritt müssen sie selbst, welchen die Betreu­ungskraft setzen? Noch vor drei Monaten, wo Sie, Herr Minister, die Verlängerung der Amnestieregelung angesprochen haben, war genug Zeit, diese administrative Rege­lung einer Transparenz zuzuführen, um den Betroffenen die notwendigen Sicherheiten für den Tag nach dem 1. Juli zu geben. Leider mussten wir knapp einen Monat vor dem 1. Juli, nämlich heute, erkennen, dass Sie in der Umsetzungsfrage keinen Schritt weitergekommen sind.

Ich bedanke mich aber ausdrücklich bei unserem Vizekanzler Molterer (Oh-Rufe bei der SPÖ), dass er es geschafft hat, den Blick auf das Wesentliche (Beifall bei der ÖVP) in dieser komplexen Problematik zu schärfen und verantwortungsvolles politisches Handeln in den Vordergrund zu stellen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Diese Vorgangsweise der ÖVP unter unserem Vizekanzler Molterer zeigt wieder einmal auf, dass für uns die Menschen und ihre Anliegen im Mittelpunkt stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin davon überzeugt, dass auch die SPÖ diesen nächsten Schritten folgen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Das war wieder ein Lehrbeispiel für ein „selbstbe­wusstes Parlament“! – „Wunderbar“!)

14.45


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Haubner mit einer Redezeit von 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.45.41

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr ge­ehrten Herren Bundesminister! Hohes Haus! Nach guten Vorarbeiten in der vergange­nen Legislaturperiode zur Entlastung der pflegenden Angehörigen, zu einem besseren


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Versicherungsschutz für pflegende Angehörige, nach vielen Expertenarbeitsgruppen, deren Ergebnisse im Ministerium seit Monaten vorliegen, war für diese Regierung und für uns alle ein ganz klarer Auftrag sichtbar und auch notwendig, nämlich die Pflege in Zukunft nachhaltig zu sichern in der Form, dass sie leistbar, legal und bedarfsgerecht ist.

Und ich muss schon sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regie­rungsparteien: Beim ersten Modell, bei der 24-Stunden-Betreuung zu Hause für einen Personenkreis von 1 000 bis maximal 6 000 Personen sind Sie bereits kläglich ge­scheitert! (Beifall beim BZÖ. – Ruf beim BZÖ: Richtig!) – Ich erlaube mir auch hier kri­tische Bemerkungen und verwahre mich dagegen, dass jemand, der kritisiert, verun­sichert. Wenn jemand kritisiert, dann möchte er es besser machen – und das wollen auch wir vom BZÖ.

Man halte sich nur vor Augen, was hier in den letzten Tagen an Verunsicherung, an Ankündigungen, an Rückziehern, an Abschieben an verschiedene Gebietskörperschaf­ten oder zuständige oder nicht zuständige Minister erfolgt ist! Wie viele offene Fragen es hier gibt, das hat man ja jetzt auch wieder gesehen: Meine Vorrednerin, Kollegin Riener, die ich persönlich sehr schätze, sprach hier über Dinge, während, wie ich ge­sehen habe, der Herr Bundesminister den Kopf schüttelte, als hier interpretiert wurde, was beim Ministerrat gesagt wurde. – Da dürfte es zwei verschiedene Wahrnehmun­gen geben.

Meine Damen und Herren, das kann es doch nicht sein! Das ist ja unerträglich! (Beifall beim BZÖ.) Das ist unerträglich für die Menschen in Österreich, das ist unerträglich für die Familien, die darauf warten, dass hier die Politik klare Vorgaben macht.

Dieses unwürdige Schauspiel bitte ich wirklich so schnell wie möglich zu beenden. Aber ich glaube, heute, mit dieser Beschlussfassung wird es nicht beendet sein, weil eben so vieles offen ist. Wenn ich mir etwa die Finanzierung anschaue, so sind wir hier, glaube ich, insgesamt auch als Oppositionspartei mit unserer Kritik in bester Ge­sellschaft, denn diejenigen, die kritisieren – wie zum Beispiel Caritas-Direktor Dr. Lan­dau, wie zum Beispiel der Präsident des ÖAR, Dr. Voget, wie die Vertreterinnen und Vertreter des Städte- und Gemeindebundes –, das sind Menschen, die vor Ort mit die­ser Materie mehr als vertraut sind, und diese werden nicht umsonst und aufgrund von Verunsicherung hier ihre Kritik geübt haben.

Ich möchte wirklich heute hören: Was wird die Pflege den Einzelnen kosten? – Ich kann mich nicht nur auf Informationen einer Tageszeitung verlassen, wo drinnen steht, dass die Familien wahrscheinlich bis zu 750 € bekommen werden. Dieses „bis zu“ lässt schon sehr viel offen. In welcher Form beteiligen sich die Länder? Ab welcher Pflege­geldstufe wird jetzt unterstützt? Ich erinnere mich, seit Wochen sagen wir vom BZÖ: Ab der Pflegestufe 3!, und hier unterstützen wir auch die Organisationen, die das sagen. – Nichts gehört von den Regierungsparteien!

Heute höre ich auf einmal: Herr Vizekanzler Molterer ist begeistert, und das wird ge­macht, ab Pflegestufe 3! – Freut mich! Super! Daher bringen wir auch folgenden Abän­derungsantrag ein – und ich glaube, dass einer Zustimmung der Regierungsparteien zu diesem Antrag nichts entgegensteht –:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (116 d.B.) über die Regierungs­vorlage (82 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflege­geldgesetz geändert wird


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Der Nationalrat hat beschlossen:

In Ziffer 2 wird in § 21b Abs. 2 Z 3 die Ziffer „5“ durch die Ziffer „3“ ersetzt.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich lade Sie alle ein, denn Absichtserklärun­gen hat jeder in diesem Haus abgegeben – beispielsweise am Montag beim Runden Tisch im Fernsehen –, dass wir alle wollen, dass früher gefördert wird, denn es ist ungerecht, wenn dies erst ab der Stufe 5 erfolgt, vor allem weil das Pflegegeld nicht erhöht wird. Das Pflegegeld wird derzeit nicht erhöht, und daher ist es dringend not­wendig, hier etwas zu tun.

Wobei ich sagen muss, diese Unterstützung – und ich glaube, Kollegin Mandak hat es schon angesprochen – ist eigentlich auch nur eine politische Absichtserklärung. Wenn das heute beschlossen wird, dann beschließt man auch sehr viele Unbekannte! So etwa, wenn es hier heißt, es „können nach Maßgabe der dafür zur Verfügung stehen­den Mittel ...“ – Sie können mir glauben, ich habe auch meine Erfahrungen mit den Unterstützungsfonds, und hier muss man eben nur nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel handeln, anders geht es nicht!

Oder auch, wenn man zum Beispiel sagt, dass „eine angemessene Beteiligung anderer Gebietskörperschaften an den Kosten der Betreuung“ notwendig ist, sonst bekommt man gar keine Unterstützung. – Das heißt, wenn die Länder und die Gemeinden nicht mitzahlen, dann gibt es diese Förderung nicht!

Weiters heißt es: „Aus verwaltungsökonomischen Gründen können die Zuwendungen auf der Basis einer entsprechenden Vereinbarung an Gebietskörperschaften, Körper­schaften öffentlichen Rechts oder Sozialversicherungsträger ausbezahlt werden, ...“ – Also, ich bekomme es gar nicht, sondern die Träger bekommen es eventuell!

Dann heißt es: „(... die Höhe der Zuwendung, besonders berücksichtigungswürdige Umstände, ..., Maßnahmen der Qualitätssicherung) in Form von Richtlinien ...“ – Mich würde interessieren: Wie schauen diese Richtlinien aus? – Also nichts als offene Fragen! Und daher sage ich: Man kauft heute mit einer Beschlussfassung hier die Katze im Sack! (Beifall beim BZÖ.)

Ich frage mich auch: Wenn es schon bei diesem kleinen und wichtigen Modell der 24-Stunden-Pflege nicht möglich ist, in einer Koalition miteinander eine gemeinsame Lö­sung auf den Tisch zu legen, wie wird es dann mit einem sogenannten Gesamtkonzept für die nachhaltige Pflege ausschauen? – Es genügt eben nicht, nur vor den Wahlen den Pflegenotstand auszurufen, viel zu versprechen und bis heute sämtliche Ansätze vermissen zu lassen.

Ich frage mich: Wo ist wirklich die Pflegegeldanpassung? – Und gerade jetzt wäre sie so dringend notwendig, auch um die Menschen hier nicht ständig von Unterstützungen, die gewollt sind, die im Ermessen eines Ministers oder des Parlaments liegen, abhän­gig zu machen. Zehntausende, Hunderttausende Menschen brauchen dieses Pflege­geld, um unabhängig und selbstbestimmt leben zu können! – Daher haben wir auch einen entsprechenden Antrag eingebracht: Mindestens einmal eine Anpassung im Aus­maß von 5 Prozent – ich weiß, es ist zu wenig, es müsste noch mehr sein; aber zumin­dest 5 Prozent – und die jährliche Valorisierung. (Abg. Broukal: Das hätten Sie ja letz-


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tes Jahr machen können! – Abg. Krainer: Wieso haben Sie das nicht gemacht, jahre­lang?)

Eines hoffe ich auch: dass die Diskussion, die vor Kurzem aufgeflammt ist, dass man überlegt, das Pflegegeld abzuschaffen und dafür den Pflegenden nur zweckgebundene Leistungen zu übermitteln, eine Eintagsfliege gewesen ist. Ich denke, solche Diskus­sionen tragen auch zur Verunsicherung der Menschen bei.

Dass die Menschen eine Erhöhung des Pflegegeldes brauchen, zeigt auch die ÖBIG-Studie – auf die Sie, Herr Bundesminister, sich auch immer wieder stützen – aus dem Jahr 2004, glaube ich, wonach pflegende Angehörige auch sagen, sie können keine mobilen Dienste in Anspruch nehmen, einerseits weil es zu wenige Angebote gibt, aber andererseits auch deshalb, weil sie es sich nicht leisten können. – Und daher: Mehr Argumente für die Anhebung des Pflegegeldes brauche ich hier, glaube ich, nicht mehr vorzubringen.

Ich frage mich auch: Was ist mit den Anregungen und Projekten für Prävention? – Hier vermisse ich sehr, sehr viel. Ich glaube, Prävention ist auch ein wichtiger Teilbereich, der dazu beitragen kann, zukünftig die Pflege weiter hinauszuschieben. – Ich frage mich: Was wird getan für die Erweiterung des Dienstleistungsangebotes? Wo sind zum Beispiel neue Ideen hinsichtlich eines Lehrberufes im Bereich Pflege und Betreuung? Wo sind die Ideen, das freiwillige soziale Jahr endlich gesetzlich so abzusichern, dass es auch auf eine spätere Ausbildung angerechnet wird? Und wo sind weitere Entlas­tungen für die pflegenden Angehörigen?

Es sind viele offene Fragen, die ich hier aufgeworfen habe – nicht, um die Menschen zu verunsichern, sondern im Sinne dessen, dass wir gemeinsam hier eine Lösung fin­den müssen. Daher bitte ich wirklich, rasch einen Schulterschluss zwischen Bund, Län­dern, Gemeinden und NGOs für eine leistbare und tragfähige Lösung zu finden, und vor allem auch mit einer klaren Aufgabenteilung. Denn alt zu werden daheim, selbst­ständig und selbstbestimmt zu leben wird mit diesem Modell nicht möglich sein.

Erlauben Sie mir als Oberösterreicherin abschließend noch, ein Zitat zu diesem Modell, wie es derzeit vorliegt, anzubringen: „Da steigen mir die Grausbirnen auf!“ – Das hat kein Geringerer gesagt als Ihr Kollege, Soziallandesrat Josef Ackerl. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

14.56


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der Abänderungsantrag der Abgeordne­ten Ursula Haubner und Kollegen ist ordentlich eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (116 d.B.) über die Regierungs­vorlage (82 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflege­geldgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 124

Der Nationalrat hat beschlossen:

In Ziffer 2 wird in § 21b Abs. 2 Z 3 die Ziffer „5“ durch die Ziffer „3“ ersetzt.

Begründung:

Mit dieser Änderung soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass pflegebedürftige Per­sonen oder deren Angehörige bei einem Anspruch auf Pflegegeld schon ab Pflege­geldstufe 3 Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinde­rung erhalten. Dies ist deshalb erforderlich, da sonst rund 85 Prozent der pflegebedürf­tigen Personen, die nicht die Pflegestufe 5, 6 oder 7 haben, von den Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds ausgeschlossen werden. Ohne finanzielle Unterstützung kann der erforderliche Pflegebedarf aber für viele Pflegebedürftige nicht bewältigt wer­den. Damit die notwendige Pflege/Betreuung leistbar ist soll daher die Pflegestufe 5 auf zumindest 3 gesenkt werden.

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschrei­ten. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


14.56.27

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Eingangs möchte ich auch meinerseits sagen, dass manches – nicht alles, aber man­ches –, was an Anmerkungen, auch an Kritik seitens der Abgeordneten Mandak, Hofer und jetzt auch Haubner vorgebracht worden ist, durchaus auch meine Zustimmung findet und ich die Differenziertheit dieser Debatte schätze.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was Sozialminister Buchinger und ich heute als – unter Anführungszeichen – „Pflegepaket“ vorlegen, ist ein erster Schritt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Erinnern wir uns zurück, dass wir auch durchaus schon präkoalitionär in Übereinstimmung die Legalisierung ausländischer Pflegekräfte als Notfallmaßnahme gesetzt haben – ausländerrechtlich, mehr war weder möglich noch gewünscht – und dass wir dann auch die Amnestieregelung beschlossen haben, eine durchaus ungewöhnliche Maßnahme – in der positiven Erwartungshaltung, in
der Sache und auch in der Frage der Kofinanzierung mit den Ländern per 1. Juli dieses Jahres Neuland betreten zu können. Daher Befristung der Amnestieregelung mit 30. Juni dieses Jahres.

Es stand und steht immer außer Frage, unsererseits selbstverständlich diese Lösung mitzutragen. Wir haben sie erarbeitet, wir stehen dazu. Manches Fragezeichen kam wohl eher seitens eines Kommentators in die Diskussion denn aufgrund einer Aussage von irgendjemandem, war dann aber nach einigen Stunden auch wiederum aufgeklärt.

Das ist ein erster Schritt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich halte einen zweiten Schritt nach den sehr positiven Beratungen im heutigen Ministerrat schon – was eine Plenardebatte und auch Abstimmung anbelangt – Anfang Juli, ab dem 4. Juli jedenfalls für möglich.

Das, was gewissermaßen kompetenzmäßig mir besonders nahe steht, arbeitsrechtlich mit dem Hausbetreuungsgesetz einen Rahmen zu schaffen, damit eine 24-Stunden-Betreuung vor allem arbeitszeitrechtlich überhaupt möglich ist, liegt auf dem Tisch. Es ist eigentlich die einzige Möglichkeit – realpolitisch –, um hier zum Ziel zu kommen,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 125

unter Anleihe am bestehenden Hausangestelltengesetz, wobei ich mich bei den Sozial­partnern und dort vor allem bei der Arbeitnehmerseite herzlich bedanke. Das ist eine eigene Sache, und für diese eigene Sache und für diese große Herausforderung wur­den dort auch Schatten übersprungen. Sonst wäre es nicht gegangen, diesen arbeits­zeitlichen Rahmen zu gestalten.

Besonders wichtig ist, dass aber im Rahmen dieses Hausbetreuungsgesetzes auch fixiert ist, dass 24-Stunden-Betreuung sowohl auf unselbstständiger als auch auf selbstständiger Basis möglich ist, haben doch die Koalitionspartner vereinbart, dass so ein Pflegemodell, ein Betreuungsmodell insbesondere auch auf selbstständiger Basis auszuarbeiten ist. Und dieser Aufgabe haben wir uns selbstverständlich nicht entzo­gen, dieser Aufgabe wollen wir entsprechen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was in den letzten Tag zu Kritik meinerseits, auch der ÖVP-Fraktion geführt hat, waren einige Entwicklungen, die ganz sicherlich nicht im Ministerrat in den letzten Wochen oder Monaten zur Diskussion standen oder beschlossen wurden, die aber aus meiner Sicht trotzdem kritikpflichtig waren.

Zu der mittels eines Richtlinienentwurfes des Sozialministeriums kundgetanen Absicht, in die Fördermöglichkeiten nur unselbständige Betreuungspersonen aufzunehmen: Ich frage mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, warum nicht auch Selbststän­dige? Für eine Diskriminierung selbstständiger Pflege und Betreuung sehe ich keinen Anlass. (Beifall bei der ÖVP.)

Es mag sein, dass der eine hier von Kostenüberlegungen ausgeht, es mag sein, dass der andere hier auch ideologische Überlegungen anstellt, aber ich sage: Von der Sache her gibt es keinen Grund, selbstständige Betreuung förderungsmäßig schlechter zu stellen als unselbstständige Betreuung. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wie­der den Vorsitz.)

Das Zweite – und das war dann der Grund für diese in der Tat kurzfristige Äußerung der Kritik – ist, dass es am letzten Freitag in einem doch vorentscheidenden Gespräch mit den Ländern, den Finanzreferenten der Länder, zu keinem tragfähigen Ergebnis gekommen ist, mit bescheidenen Einschränkungen: dass die Länder signalisiert haben, eine Artikel-15a-Vereinbarung zu verhandeln.

So gesehen aus meiner und unserer Sicht die Sorge, dass wir mit diesem Schritt eins zwar einen richtigen Schritt setzen, der aber zu wenig weit geht, der zu kurz greift. Was wir nicht wollen, das ist, dass wir heute sehenden Auges ein Minderheitenprogramm beschließen, denn, wie Frau Abgeordnete Mandak richtig ausgeführt hat, die Mehrheit der in Frage kommenden Familien und der zu betreuenden Personen wird da wohl nicht anzusprechen sein im positiven Sinne, dass es nämlich Verbesserungen gibt. Alleine eine Legalisierung ist es ja nicht, es ist eine Legalisierung, die wenig mehr bringt als höhere Kosten. Es ist also alles andere als das Gelbe vom Ei.

Und da natürlich die Diskussionen auch zu Fragezeichen bei den betroffenen Familien führen, mein und unser Vorschlag angesichts der – vorläufig jedenfalls – ergebnislosen Finanzverhandlungen mit den Ländern, eine Amnestieverlängerung um zumindest einmal ein halbes Jahr ins Auge zu fassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Beratungen im heutigen Ministerrat und die Schlussfolgerungen des Herrn Bundeskanzlers und auch des Herrn Vizekanzlers machen mich optimistisch, dass dieser Schritt zwei gelingen kann. Ich halte es für gut, dass jetzt wieder zur Sachpolitik zurückgekehrt wird und dass wir in den nächsten Tagen und Wochen daher über drei Dinge sprechen, nämlich einerseits über eine Ver­längerung der Amnestie, zum Zweiten über die Einbeziehung auch selbstständiger Be­treuungspersonen, und zum Dritten – und das ist mir, Herr Minister Buchinger, beson­ders wichtig – auch über die Ausgangsbasis Pflegestufe 3 als Kriterium.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 126

Das, was nämlich hier auch in der Öffentlichkeit – ich bedaure das sehr – gesagt wur­de, dass zwar der Vorschlag auf Pflegestufe 3 gemacht worden wäre, aber die Fraktion der Volkspartei oder ich Pflegestufe 5 gewissermaßen als Untergrenze für die Förder­möglichkeit verlangt hätte, entspricht nicht den Tatsachen. Der Vorschlag, der seitens des Sozialministeriums am 24. April auf den Tisch dieses Hauses gekommen ist, hat von Anbeginn an die Pflegestufe 5 beinhaltet, und der Ministerrat hat dem dann auch, weil das Ganze in einem zu sehen war mit dem Hausbetreuungsgesetz, am 25. April die Zustimmung gegeben.

Aber sei’s drum – was hindert mich, was hindert uns daran, hier nicht nur gut zu sein, sondern besser zu werden? Und wenn wir jetzt in den nächsten Wochen auch über die Pflegestufe 3 als untere Meßlatte, als untere Anforderung für die Förderfähigkeit reden, dann passt das ja auch dazu, dass wir im Hausbetreuungsgesetz die Pflegestufe 3 hier angeführt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das muss aber im Konnex und im Kontext mit den Ländern gesehen werden. Das kann es nicht sein, dass die p. t. Länder – wir alle kommen aus Bundesländern, auch ich – sich das hier, erste Reihe fußfrei, anse­hen. Es kann nicht sein, dass trotz der Kompetenzverteilung – und das Thema ist zum guten Teil, wenn nicht überhaupt, Kompetenz, Zuständigkeit und damit auch Finan­zierungsverpflichtung der Länder – hier der Bund in Vorlage tritt und sonst nichts ge­schieht.

So, wie Minister Buchinger in der Sache meine volle Unterstützung hat, hat er sie auch in der Frage Finanzierung und Einbindung der Bundesländer. Das ist kein einfaches Unterfangen. Aber immerhin, es sind die Finanzausgleichsverhandlungen jetzt de facto eröffnet. Der Herr Vizekanzler und Finanzminister hat das gesagt. Es gibt auch das An­gebot der Länder zu Verhandlungen über eine Artikel-15a-Vereinbarung, und ich mei­ne, dass es nicht erst zum 1. Jänner 2008 sein sollte, dass die Länder in eine Kofinan­zierung, zumindest in eine indirekte Kofinanzierung dieses Pflegemodells und dieses Betreuungsmodells eintreten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotzdem müssen wir wissen, dass, selbst wenn uns Schritt zwei – und ich bin optimistisch – in den nächsten Wochen gelingt, das noch nicht das Ende der Fahnenstange sein kann. Das ist eine Hilfe, gut, das wird manche Möglichkeit eröffnen, aber wir müssen uns weiter, Herr Kollege Buchinger, da­zu bekennen – und das haben wir in der Koalitionsvereinbarung festgelegt, das haben wir auch noch in einer Regierungsbeschlussfassung im Februar dieses Jahres festge­legt, das ist eigentlich selbstverständlich –, dass unser Ziel ist, meine sehr verehrten Damen und Herren – und ich bitte hier auch die Opposition, soweit es geht, an unserer Seite zu sein –, dass Pflege und Betreuung daheim im Familienverband zu denselben Bedingungen möglich sein muss wie die Pflege und die Betreuung im Heim. Und das heißt: auch zu denselben finanziellen Bedingungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt keinen Grund, warum die Hilfe für sozial schwache Familien und Pflege- und Betreuungsbedürftige im Heim doch im Fall des Falles sehr großzügig gefördert wird – das kostet viel auf Landesebene – und zu Hause nichts geht.

Im Übrigen, Frau Abgeordnete Mandak: Der einzige substanzielle Kritikpunkt meiner­seits ist: Ich kenne viele, viele Pflegeheime, ganz egal, wer die Träger sind, ganz egal, wer die Eigentümer sind – private Hilfsorganisationen, Gemeinden, wie auch immer –, und die, die ich kenne, sind exzellent ausgestattet, da geht es menschlich zu, und ich habe auch nichts wie ein Sechs-Bett-Zimmer gesehen, sondern die zu pflegenden oder zu betreuenden Personen sind nach meiner Kenntnis dort in Ein- oder Zweibettzim­mern zu Hause. (Abg. Mandak: Aber es gibt auch andere, Herr Minister!) Wenn es Ausnahmen gibt, dann sind das hoffentlich Ausnahmen. Nach meiner Erkenntnis sieht


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 127

jedenfalls die überwiegende Realität in Österreich anders aus. (Abg. Sburny: Das sind die mit der Zusatzversicherung!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt also, die langfristige Perspektive muss sein, dass Pflege und Betreuung daheim im Familienverband zu denselben Rah­menbedingungen oder zu vergleichbaren Rahmenbedingungen möglich ist wie im Heim. Und lassen Sie mich jetzt für den 1. Juli dieses Jahres eine Perspektive zeich­nen, welche Varianten ich sehe, wie Menschen vorgehen können.

Hand aufs Herz: Die Realität ist, dass Pflege und Betreuung zu Hause de facto in vie­len Fällen, in der Mehrzahl der Fälle von ausländischen Pflegekräften durchgeführt werden. Nach allem, was wir wissen, ist es auf der Basis der Dienstleistungsfreiheit, die in Europa herrscht, und auf der Basis einer Position unseres Finanzministeriums durchaus vertretbar, hier von einer selbstständigen Tätigkeit im Rahmen der Dienstleis­tungsfreiheit zu sprechen und davon auszugehen, dass Sozialversicherungsschutz und auch die Steuerleistung im jeweiligen Herkunftsland erfolgt.

Das heißt – Variante 1 –: Inanspruchnahme der Dienstleistungsfreiheit auf Basis selbstständiger Tätigkeit.

Variante 2 sieht so aus – und hier kommen dann auch selbstständige Betreuer aus Ös­terreich in Frage –, dass entweder ausländische Betreuer die Niederlassungsfreiheit in Anspruch nehmen oder selbstverständlich auch Österreicher das tun und einen Gewer­beschein für das freie Gewerbe der Personenbetreuung anmelden, dann auch in der gewerblichen Sozialversicherung sozialversicherungspflichtig werden, das dann auch förderfähig ist, jedenfalls zum Teil, aber das Ganze auf Basis einer selbstständigen Tätigkeit.

Variante 3 ist, dass unselbstständige Betreuung durchgeführt wird, dass der Arbeitneh­merstatus gewissermaßen in Anspruch genommen wird, aber die Anstellung nicht bei der Familie, sondern bei einer Hilfsorganisation erfolgt. Das war ja der Wunsch auch der Hilfsorganisationen, und das scheint mir die dann sicherlich auch förderfähige Vari­ante 3 zu sein.

Und Variante 4 ist, dass die Anstellung dieses Arbeitnehmers, dieser Arbeitnehmerin nicht bei Caritas, Hilfswerk oder Volkshilfe erfolgt, sondern direkt bei der zu betreuen­den Person oder bei deren Familie. Eine Variante, die wir ebenfalls vorgesehen haben.

So gesehen machen wir heute einen ersten Schritt, der jedenfalls in Sachen Pflegestu­fe 5 in den nächsten Wochen einer Überarbeitung bedarf, und ich begrüße nochmals die angekündigten Verhandlungen, konkret über Pflegestufe 3 nicht nur nachzudenken, sondern hier auch einen Weg zu finden, und zwar gemeinsam mit den Ländern.

Perspektive per Juli dieses Jahres ist, dann schon einen Schritt 2 zu tun, eine Stufe 2 dann noch im Nationalrat zu haben, und langfristig, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir den Menschen noch stärker unter die Arme greifen und sollte es unter vergleichbaren Bedingungen möglich sein, Betreuung und Pflege zu Hause, im Kreise der Familie zu erbringen, und das, wie gesagt, auf vergleichbarer Basis mit einer Betreuung und Pflege im Heim. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Rädler: Bravo, Sozialminister Bartenstein! Bravo!)

15.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig zu Wort. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.10.19

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates! Ich bin einigermaßen verwundert


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 128

über die Ausführungen von Bundesminister Bartenstein (Rufe bei der SPÖ: Wir auch!), und ich bin auch einigermaßen verwundert über die Ausführungen von Kollegin Riener im Vorfeld. Da waren die Kommentare von Kollegin Mandak und vom Kollegen Hofer ja direkt konstruktive Beiträge, weil da wenigstens Kritik deutlich wurde. Aber ich habe wirklich den Eindruck gehabt, Herr Minister Bartenstein, dass Sie bei all den Verhand­lungen und Gesprächen nicht dabei gewesen sind, obwohl es ja einen einstimmigen Ministerratsbeschluss gegeben hat und obwohl es ja auch einen von Ihnen mitgetrage­nen Beschluss im Ausschuss gegeben hat.

Heute tun Sie so, Herr Bundesminister, als wenn das alles überhaupt ganz neu wäre und überhaupt keine Gültigkeit mehr hätte! Und Sie stellen sich her und tun so, als wäre Vizekanzler Molterer jetzt der Retter in der großen Pflegemisere! (Abg. Rädler: Natürlich!) Eigentlich muss man ja sagen, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, dass jetzt endlich begonnen wird, eine Misere zu bereinigen – daran wird von unserem Bundesminister Buchinger gearbeitet –, die Sie zu verantworten haben. Sie waren es ja, die viel zu lange weggeschaut und gesagt haben: Es gibt in Österreich überhaupt kein Problem im Pflegebereich!

Und dabei wissen wir es alle: Es gibt im Pflegebereich nicht nur ein einziges Problem, nämlich das der 24-Stunden-Betreuung, sondern es gibt eine Vielzahl von Problemen (Beifall bei der SPÖ), und unser Bundesminister Dr. Erwin  Buchinger hat jetzt endlich eine Lösung gefunden, und zwar eine, die für ein halbes Jahr finanzierbar ist (Abg. Dr. Schüssel: Ein halbes Jahr ist kurz!), wo eben der Bund diese Fördermöglichkeiten übernimmt. Unserem Bundesminister Buchinger ist es vor allem sehr, sehr wichtig, dass die Qualität in der 24-Stunden-Betreuung gegeben ist. Das ist wirklich sehr wich­tig, und daher gibt es jetzt dieses Bundespflegegesetz, das Sie ja auch mitbeschlossen haben.

Ich bin wirklich sehr verwundert darüber, und ich denke mir, man muss in dieser Debat­te endlich einmal wegkommen von diesem Partei-Hickhack. Ich finde es sehr schade, dass die ÖVP nur deshalb, weil unser Bundesminister wirklich ein Sozialminister ist, der diesen Titel verdient, einer, der sich der Sorgen und Nöte der Menschen annimmt, unseren Minister anpatzt. Ich finde, er wird von Ihnen grundlos angepatzt, weil wir eine gute Lösung haben, und weil vor allem unserem Bundesminister Buchinger nicht nur die kurzfristige Lösung wichtig ist, sondern auch eine langfristige Lösung wichtig ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Donnerbauer: Die Finanzierung wäre seine Auf­gabe!)

Geschätzter Kollege Donnerbauer, man muss nämlich schon sagen, dass es zu kurz greift, nur über die 24-Stunden-Betreuung zu sprechen. Wir müssen eine sehr breite Palette von Möglichkeiten anbieten, und unserem Bundesminister ist es ganz beson­ders wichtig, dass es eine individuelle, selbstbestimmte Möglichkeit für die Menschen gibt, seien es Tagesbetreuungszentren, sei es bei der Kurzzeitpflege, in der privaten Pflege und auch in den Heimen. (Abg. Mag. Donnerbauer: Die Finanzierung ist seine Aufgabe!)

Wenn Sie da jetzt herumschreien, dass die Finanzierung nicht gelöst wäre: Das stimmt ja so nicht! Für das erste halbe Jahr ist die Finanzierung der 24-Stunden-Betreuung sehr wohl gesichert, und unser Bundesminister wird mit den Ländern verhandeln und wird auch diese Verhandlungen zu einem guten Abschluss führen. (Weitere Zwischen­rufe des Abg. Mag. Donnerbauer.) Hat er ja auch schon, das wissen Sie ja.

Wenn Sie jetzt die Pflegestufen 3 und 4 in die Debatte einbringen, Herr Bundesminister Bartenstein, so haben Sie uns als sozialdemokratische Abgeordnete zu 100 Prozent an Ihrer Seite – und sicher auch unseren Bundesminister Buchinger! Aber da muss man halt auch mit Vizekanzler Molterer sprechen und darf nicht nur schöne Wortkonstrukte


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 129

im „Inlandsreport“ loslassen, sondern auch wirklich darüber ernsthaft nachdenken, was Ihnen die Betreuung und Pflege unserer älteren Mitmenschen wert ist. Das ist eine po­litische Willensfrage, und da muss eben der Finanzminister auch die Mittel zur Verfü­gung stellen, aber nicht sagen: Wir sind zwar dafür, aber mit dem Geld wollen wir alle nichts zu tun haben!

Da bitte ich Sie wirklich, auch als Koalitionspartner dahin gehend einzuwirken, dass die Mittel zur Verfügung gestellt werden, statt auf dem Rücken von Betroffenen politisches Hickhack auszutragen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Pflege ist ein viel zu wichtiges Thema, und es ist nicht angebracht – ich sage es noch einmal –, einen so beliebten Mi­nister anzupatzen. Wir müssen einfach gemeinsam auch mit den Oppositionsparteien für die Zukunft Lösungen finden, kurzfristige Lösungen, aber vor allem auch langfristige Lösungen, um den Menschen individuelle, selbstbestimmte Betreuungsmöglichkeiten im Alter zu gewährleisten. – Schließlich sind ja wir alle einmal die alte Generation, die vielleicht einmal betreut werden muss, und auch wir wollen qualitätsvoll betreut wer­den. (Beifall bei der SPÖ).

15.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Öllinger. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.15.47

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss ehrlich sagen, ich bin einigermaßen ratlos (Abg. Mag. Donnerbauer: Wieder ein­mal ratlos?), wie diese Debatte noch geführt werden kann. Ich halte nichts davon, sie im bisherigen Tenor weiterzuführen, mit gegenseitigen Schuldzuweisungen: Der war schuld oder der war schuld!, denn das Ergebnis ist jetzt schon absehbar. Es ist ja schon skizziert worden: Wir verabschieden mehrere Gesetze, und gleichzeitig wird von einem Teil, von der ÖVP, gesagt, es reicht nicht aus, wir brauchen auch eine Amnes­tielösung, und gleichzeitig wird auch von dem anderen Teil (Abg. Dr. Schüssel: Das sagt ihr ja auch!) – na selbstverständlich!; Sie können mir ruhig zuhören, Herr Dr. Schüssel, ich sage es ohnehin noch –, gleichzeitig wird von einem anderen Teil gesagt, wir brauchen die Erweiterung auf Pflegestufe 3 und 4.

Ich lese Ihnen jetzt einen Brief vor, in dem ich um Rat gefragt werde. Es geht um eine Lösung für eine konkrete Person. – Nicht, dass Sie mir jetzt in der konkreten Debatte die Antwort geben könnten. Ich will Ihnen das nur schildern und werde dann noch ganz kurz zum Gesetz Stellung nehmen. (Zwischenruf des Abg. Donnerbauer.) – Sehr wit­zig! Sehr witzig!

Es geht um ein ernstes Problem, und vielleicht haben Sie, Herr Kollege Donnerbauer, in Ihrem Verwandten- oder Bekanntenkreis, so wie die meisten anderen auch, Perso­nen, die auf Pflege angewiesen sind. Also: Gehen Sie ein bisschen vorsichtiger mit die­sem Thema um!

Es geht um eine Frau, deren Mann vor neuen Jahren einen Herz-Kreislauf-Stillstand erlitten hat. Er konnte reanimiert werden, die Gehirnschäden sind bleibend. Die Frau, auch das soll nicht verschwiegen werden, ist Lehrerin an einer allgemein bildenden höheren Schule, wie es auch ihr Mann seinerzeit war. Also, um das kurz zusammen­zufassen, gar nicht so schlechte finanzielle Verhältnisse. Jedenfalls gibt es in diesem Land Menschen, die viel, viel schlechter gestellt sind.

Die Frau betreut ihren Mann jetzt zu Hause; sie arbeitet mit einer halben Lehrverpflich­tung. Wir waren bis jetzt recht gut organisiert, schreibt sie. Der Bruder des Betroffenen hilft mit, auch die ganze Familie. Es gibt dennoch eine Haushaltshilfe, die für die viele Wäsche gebraucht wird. Sie ist legal angestellt. Es gibt eine Pflegehilfe, die den Mann


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in der Zeit, in der ich in der Schule bin, betreut. Das läuft unter Nachbarschaftshilfe, also Graubereich. Neun Jahre fast ohne Urlaub, ohne Durchschlafen und Kindererzie­hung und Schule haben mich müde gemacht. Wir haben zwei Kinder.

Das sind nur ein paar knappe Worte, die irgendwie charakterisieren sollen, in welchem Umfeld und mit welcher nicht nur finanziellen Situation, sondern auch mit welcher Be­lastung die betreffenden Personen hier zu kämpfen haben. Und die betreffende Person ist in diesem Fall eine Frau, wie sehr häufig.

Das, was Sie heute als Lösung anbieten, hilft dieser Frau überhaupt nicht weiter. Ich weiß jetzt nicht die konkrete Pflegestufe, aber ich würde annehmen, das ist 3 oder 4. Selbst dann, wenn wir, was ein Antrag von uns ist, Personen mit der Pflegestufe 3 und 4 hinein nehmen – rechnen Sie: Für Pflegestufe 4 gibt es 632 € Pflegegeld –, und auch wenn die 750 € von Bundesminister Bartenstein noch dazukommen, kommen wir nicht einmal auf 1 500 €. Nicht einmal auf 1 500 €! Damit machen Sie weder die Form der selbständigen Pflege für diese Person möglich, noch, oder geschweige denn, die der unselbständigen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: ... das Fördermodell vom Kol­legen Buchinger!)

Herr Bundesminister Bartenstein, das hilft mir jetzt nichts, wenn Sie sagen, das Förder­modell kommt von Buchinger, und er sagt: Ich hätte „eh“ gern was anderes, wenn wir Geld dafür hätten! Wir bewegen uns im Kreis.

Diese Person will – wie andere auch – eine Antwort haben auf die Frage: Wie kann Pflege organisiert werden, sodass die Angehörige, die Frau in dem Fall, entlastet wird? Das ist überhaupt nicht erfasst von dem, was wir jetzt diskutieren! Diese Frau braucht auch Entlastung, und da hilft ihr auch nicht das, was wir vorher beschlossen haben, dass wir freiwillige Selbstversicherung über einen längeren Zeitraum ermöglichen. Da geht es ganz konkret um Entlastung, die Leute sind am Limit! Und da geht es um Be­treuung, da geht es selbstverständlich auch um Pflege, die extra zugekauft werden muss, und um Betreuungsformen, die im Rahmen der Betreuung, die wir jetzt diskutie­ren, in der Regel nicht enthalten sind.

Da sind alle integriert. Das persönliche Umfeld ist intakt: Der Bruder, die Angehörigen des Bruders, alle helfen mit – und dieses Modell reicht nicht aus. Wir brauchen daher etwas mehr, und vor allem brauchen wir eines nicht: Einen kleinlichen Streit zwischen zwei Regierungsparteien, die angetreten sind, und die nur aufgrund einer starken Mehrheit die Legitimation haben, dieses Problem zu lösen. Das brauchen wir als Aller­letztes! Das sage ich Ihnen bei dieser Gelegenheit sehr entschieden. (Beifall bei den Grünen.)

Was mir aber noch wichtig ist – und damit schließe ich mit diesem Fall –, was wir auch brauchen, sind schon klarere Worte als die, die jetzt von Ihnen gekommen sind mit die­sem wunderbaren „Fluschi-Modell“ von Niederlassungsfreiheit: Wir organisieren die selbständige Tätigkeit aus Tschechien, der Ukraine oder sonst woher – zu Dumping­konditionen!, das haben Sie vergessen, dazu zu sagen –, und werden das auch noch irgendwie finanziell unterstützen.

Ich sage Ihnen, warum das ein Problem aufwirft, Herr Bundesminister. Ich kann mich noch sehr gut an eine Antwort von Ihnen erinnern, die Sie gegeben haben im Zusam­menhang mit illegaler Pflege, wo Sie gesagt haben, jenseits aller anderen möglichen beschäftigungsrechtlichen, niederlassungsrechtlichen Verletzungen haben wir es hier mit einer Verletzung des Arbeitnehmerschutzes und der arbeitszeitlichen Regelungen zu tun. Das geht nach dem österreichischen Arbeitsrecht nicht, was diese Vereine ma­chen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 131

Was ist die „Lösung neu“? – Wir schreiben auf die vorher illegale Pflege, die ja teil­weise aus guten Gründen, teilweise aus schlechten Gründen illegal war, drauf: Ab jetzt legal!, und schon darf man 24 Stunden um die Uhr betreuen. Herr Bundesminister, das war das Einzige, was mir noch in Erinnerung ist von der Rede des Kollegen Hofer, was zu ergänzen wäre: Neun Stunden wird eben nicht betreut, sondern selbstverständlich beinhaltet das, was wir hier verabschieden, die Rund-um-die-Uhr-Verpflichtungs-Be­treuung, auch wenn da Freizeiten drin sind. Aber: Wenn in diesen Freizeiten etwas passiert, wer ist dann verantwortlich? Die Betreuungsperson oder der Betreute? Und wem hilft das, wenn ich die Betreffende/den Betreffenden dann verantwortlich ma­che? – Das sind Fragen, die mit diesem Entwurf in keiner Weise geklärt sind. Was wir erleben, ist eine sinnlose Debatte zwischen ÖVP und SPÖ, die auch nur ein ganz, ganz kleines Segment der Pflegepersonen umfasst.

Trotzdem: Ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir hier Verbesserungen vornehmen – eine wurde schon vorgeschlagen.

Deshalb bringe ich Ihnen folgenden Antrag der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, mit dem das Bun­despflegegeldgesetz geändert wird, zur Kenntnis:

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

In Ziffer 2 ist im § 21 Abs. 2 Ziffer 3 die Wortfolge zumindest in Höhe der Stufe 5 durch die Wortfolge zumindest in Höhe der Stufe 3 zu ersetzen.

*****

Meine Damen und Herren, ich gebe aber ehrlich zu: Die Lösung ist das noch nicht.

Der zweite Abänderungsantrag, den ich Ihnen für die Kollegin Haidlmayr, die an die­ser Debatte heute nicht teilnehmen kann, zur Kenntnis bringen muss, betrifft das, was ich für wichtig halte, nämlich dass wir die Debatte auch erweitern, auch im Kopf erwei­tern. Auch für diese Personengruppe, um die wir uns hier kümmern oder über die wir speziell debattieren, soll persönliche Assistenz ermöglicht werden.

Die Kollegin Haidlmayr hat diesbezüglich einen entsprechenden Antrag eingebracht, der Ihnen verteilt wird, soweit ich vom Präsidium gehört habe, und den ich Ihnen hier­mit vorgestellt habe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Wenn Sie aus die­ser Debatte mit dem Gefühl weggehen, recht gehabt zu haben, dann liegen Sie – das trifft auch auf mich zu – mit Sicherheit falsch! (Beifall bei den Grünen.)

15.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der erste vom Kollegen Öllinger eingebrachte Abänderungsantrag, den er verlesen hat, ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Den zweiten, längeren Antrag lasse ich gemäß § 53 Abs. 4 GOG zur Verteilung bringen. Er ist allerdings von Ihnen, Herr Abge­ordneter Öllinger, eingebracht, und nicht von Frau Haidlmayr (Abg. Öllinger: Sie wollte ihn einbringen!); aber sie wollte ihn einbringen. Gut. Er steht mit in Verhandlung und ist auch ausreichend unterstützt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 132

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde,

zum Bericht des Ausschuss für Arbeit und Soziales die Regierungsvorlage (82 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (116 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (82 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Arbeit und Soziales (116 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Z. 2 ist im § 21b Abs.2 Z. 3 die Wortfolge „zumindest in Höhe der Stufe 5“ durch die Wortfolge „zumindest in Höhe der Stufe 3 “ zu ersetzen.

Begründung

Eine Beschränkung der Förderung nach § 21b auf PflegegeldbezieherInnen ab der Pflegegeld-Stufe 5 benachteiligt alle, die in niedrigeren Stufen eingestuft sind und  eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung beschäftigen. In die Pflegegeld-Stufen 1 – 4 fallen die meisten Menschen mit Demenzerkrankungen, gerade diese Gruppe beschäftigt derzeit am häufigsten illegale Pflegekräfte. Für diese Personengruppe wird sich die Betreuung massiv verteuern.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde,

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (82 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (116 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (82 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldge­setz geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Arbeit und Sozi­ales (116 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Z.2 lautet § 21b Abs.1:

„Zum Zweck der Unterstützung der 24-Stunden-Betreuung pflegebedürftiger Personen im Sinne des Hausbetreuungsgesetzes sind nach Maßgabe des Absatz 2 aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung (§ 22 des Bundesbehindertenge­setzes) Zuwendungen an pflegebedürftige Personen oder deren Angehörige zu gewäh­ren.“


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 133

2. In Z.2 lautet § 21b Abs. 2 Z.5:

„eine theoretische Ausbildung der Betreuungskraft, die im Wesentlichen der Ausbil­dung eines Heimhelfers nach der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe, BGBl. I Nr. 55/2005 ent­spricht oder die Beschäftigung einer  „Persönlichen Assistenz“. Diese Voraussetzung ist bis zum 31. Dezember 2008 zu erfüllen.“

3. In Z.3 lautet § 25a Abs.4:

„(4) Bei pflegebedürftigen Personen, die im Rahmen eines Betreuungsverhältnisses im Sinne des Hausbetreuungsgesetzes oder gemäß § 159 Gewerbeordnung 1994 betreut werden, sind bei der Begutachtung auf der Wunsch der betreuten Personen oder As­sistenznehmerinnen / Assistenznehmern Informationen der Betreuungskräfte oder As­sistentinnen / Assistenten  zur Beurteilung der konkreten Pflegesituation einzuholen und zur Verfügung gestellte Betreuungsdokumentationen und Haushaltsbücher zu be­rücksichtigen.“

Begründung

Zu 1.:

Den Betroffenen entstehen durch die vorgeschriebenen neuen Beschäftigungsverhält­nisse erhebliche Mehrkosten. Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen ist derzeit nicht sichergestellt, dass die Förderung auch tatsächlich gewährt wird. Es sollte daher ein Rechtsanspruch darauf bestehen.

Zu 2.:

Nach der vorliegenden Regierungsvorlage ist eine der Voraussetzungen für den Erhalt einer Förderung nach § 21b Ziffer 5 eine theoretische Ausbildung der Betreuungskraft, die im Wesentlichen der Ausbildung einer Heimhilfe entspricht. Eine generelle Vor­schreibung einer Heimhilfe-Ausbildung würde jedoch Menschen mit Behinderung, die Persönliche AssistentInnen beschäftigen, von der Möglichkeit einer Förderung aus­schließen.

Zu 3.:

Die vorgesehene Auskunftspflicht der Betreuungskräfte bei der Begutachtung ist ein Eingriff in die Privatsphäre und muss in eine Kann-Bestimmung umgewandelt werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Huainigg. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.25.55

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Dr. Klaus Voget, Präsident des Österreichischen Zivilinvalidenverbandes, brachte es auf den Punkt: Vorgestern Abend gab es im ORF am Runden Tisch ein sehr ungewöhnliches Szenarium: Ein Wirtschaftsminister, so sagte Voget, dem soziale Anliegen sehr wichtig sind, trifft auf einen Sozialminister, dem arbeitsmarktpolitische Lösungen mehr am Herzen liegen.

Eine verkehrte Welt? – Ich glaube nicht. Ich glaube auch, es sollte endlich mit dem Vorurteil aufgeräumt werden, dass der ÖVP Soziales kein Anliegen ist. Und ich bin davon überzeugt, dass es Bundesminister Bartenstein ein großes Anliegen ist, hier zu einer sinnvollen Lösung für die Betroffenen und deren Angehörige zu kommen, denn er


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weiß ja, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen mit behinderten Kollegen im Klub, was es heißt, auch gepflegt werden zu müssen.

Tatsache ist: Es liegt ein Hausbetreuungsgesetz von Bundesminister Bartenstein vor. Gescheitert ist leider im ersten Anlauf Bundesminister Buchinger in Verhandlungen mit den Ländern. Ich glaube auch, dass sich die Länder hier bewegen müssen. Wir haben im Koalitionsübereinkommen festgehalten, dass die Betreuung daheim gleich viel wert sein soll und gleich gefördert werden soll wie die Betreuung im Heim. Davon sind wir noch weit entfernt. Die Länder geben zwei Drittel ihrer Förderungen für Betreuung in stationären Einrichtungen aus, also zirka 900 Millionen €. 300 Millionen € hingegen ge­ben sie für ambulante Dienste aus.

Wenn man aber sieht, dass nur ein Viertel der Betroffenen in Heimen untergebracht ist, sieht man auch das Ungleichgewicht. Hier braucht es noch eine Gleichstellung, eine Gleichwertung.

Ich glaube, dass das Lösungsmodell von Vizekanzler Molterer anstrebenswert ist. Die Verlängerung der Amnestie ist eine Gebot der Stunde und auch der Fairness, denn es gibt auch unter den Betroffenen eine Verunsicherung. Sie wissen nicht, wie sie Leute anstellen sollen. Sie wissen teilweise nicht, wie man sich selbständig als Betreuungs­person anmeldet, oder sie wissen nicht, welche Förderungen auf sie zukommen. Des­halb finde ich es fair und sinnvoll, eine Übergangslösung bis zum Jahresende zu schaf­fen.

Das Zweite ist, dass es die Förderung schon ab der Pflegestufe 3 geben sollte, denn vor allem Personen mit Demenzerkrankungen oder Menschen mit Lernbehinderungen benötigen eine 24-Stunden-Betreuung.

Das Dritte ist, dass auch die selbstständige Ausübung gefördert werden soll. Das wäre wichtig.

Ein Anliegen, das Kollege Öllinger angesprochen hat: Die Hilfe, die Pflege und Betreu­ung durch Laienhelfer, durch Nachbarn, durch Freunde, durch persönliche AssistentIn­nen muss möglich gemacht werden. Hier braucht es eine gesetzliche Regelung, und ich glaube, dass die Angst der Gewerkschaft wirklich unbegründet ist, denn es handelt sich hier um eine 1:1-Betreuung und nicht um einen neuen Berufsstand. Im Sinne eines selbstbestimmten Lebens wäre es wichtig, hier gesetzliche Änderungen zu schaffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Neubauer. Die gewünschte Redezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


15.31.45

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Ich bin fast geneigt zu sagen: Schämen Sie sich für dieses Schau­spiel, das Sie hier vollführen und das Sie in den letzten Tagen vollführt haben, und ent­schuldigen Sie sich beide bei der österreichischen Bevölkerung für dieses Vorgehen in den letzten Tagen! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben offenbar noch gar nicht erkannt, was Sie da angerichtet haben. Sie haben nicht erkannt, dass es vor den Türen dieses Hauses gärt. 2 Millionen Menschen in Ös­terreich sind 60 Jahre oder älter, und gerade diese haben sich dieses Schauspiel nicht verdient, denn sie sind es, die am meisten Bedarf an Pflege in Österreich haben, und sie haben es satt, sich diese Polemik in diesem Haus permanent anhören zu müssen, Polemik, die nur von Unsicherheit geprägt ist.


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20 000 bis 40 000 Menschen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind durch Ihr Vorgehen ebenso verunsichert, weil sie nicht wissen, ob sie legalisiert sind, ob sie legalisiert werden oder ob sie vielleicht wieder in die Illegalität getrieben werden. – Und warum das alles? Weil diese Regierung an einer ganz einfachen Angelegenheit schei­tert. Und warum scheitert sie? – Weil die Weltanschauung nie größer war als in diesen Tagen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Was? – Bundesminister Dr. Bartenstein: „Weltan­schauung“?)

Zwischen Links und Rechts in diesem Haus, zwischen Buchinger und Bartenstein kann es offenbar gar keinen Kompromiss geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es hat sich immer deutlicher gezeigt, dass diese zwei Ressorts nicht getrennt werden dürfen, sondern einfach inhaltlich zusam­mengehören. Das ist die Erkenntnis der letzten Tage. Das ist ein unwürdiges Schau­spiel, das hier den Menschen zugemutet wird, das ist unfassbar!

Wenn dann Redner hier herausgehen, um sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen, dann sage ich Ihnen: Bitte beenden Sie dieses unwürdige Schauspiel!

Auch die Medien haben davon Notiz genommen; ich darf aus der größten Tageszei­tung Österreichs von gestern zitieren. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Von heute!) Von gestern, Herr Bundesminister! Da steht Folgendes geschrieben, und das ist be­merkenswert – ich zitiere – :

„Diese Regierung ist von den Sorgen und Nöten der Bevölkerung so weit entfernt, wie kaum eine Regierung zuvor.“ – Zitatende.

Statt ins Volk hineinzuhören, verplempern Sie Ihre Zeit damit, dem Koalitionsgegen­über – „Partner“ kann man schon längst nicht mehr sagen – die Fehler für Versäumtes in die Schuhe zu schieben. Aber das musste wohl so kommen, wenn einem eine Re­gierung zugemutet wird, in der es vor präpotenten Betonschädeln und zynischen Grün­schnäbeln nur so wimmelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die Meinung der österreichischen Be­völkerung zu dieser Regierung – das ist die Wahrheit, und das müssen Sie so auch zur Kenntnis nehmen, denn für diese Meinung im Volk sind Sie selber verantwortlich! (Bei­fall bei der FPÖ. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Ich möchte Sie nur aufmerksam machen, das ist von gestern!)

Ich darf Ihnen zum Vorschlag Folgendes noch sagen: Der Rechnungshof hat in seiner Prüfung zur Pflege Folgendes festgestellt: Bei einer legalen Rundumbetreuung ist der Bedarf zirka 3 500 €. Dem steht bei der Stufe 6 ein Pflegegeld von 1 200 € gegenüber, was einen eklatanten Verlust von 1 500 € bei einer Durchschnittspension von 900 € in Österreich bedeutet. Bei der Pflegestufe 7 wäre das eine Finanzierungslücke von 1 000 € pro Monat.

Was heißt das? Zwischen 12 000 und 18 000 € bei einem derzeitigen Stand von 20 000 Personen, die die Pflegestufe 6 oder 7 in Anspruch nehmen, wäre das ein Fehlbetrag von 300 Millionen €. – Herr Bundesminister, ich frage Sie: Wo nehmen Sie dieses Geld her? Bundesminister Buchinger hat 60 bis 70 Millionen veranschlagt. Bei einem Defizit von 300 Millionen frage ich mich, wie 240 Millionen zu finanzieren sind.

Kommen Sie bitte auf den Boden der Realität zurück! Wir haben hier einen ganz kon­struktiven Vorschlag eingebracht; dieser wird wahrscheinlich im Ausschuss wie sehr viele andere Dinge auch nicht mehr aus der Lade hervorgeholt werden, obwohl Herr Minister Buchinger mir persönlich konstatiert hat, dass dieser Vorschlag sehr kreativ und gut wäre.


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Es ist das dänische Modell, das so ausschauen würde, dass man das Bruttoinlands­produkt von 1,1 Prozent auf 2,0 Prozent erhöht. Damit wären wir immer noch um 0,5 Prozent hinter den Dänen, aber Sachverständige, die das durchgerechnet haben, sagen, wir hätten dann auf 25 Jahre ein entsprechendes Pflegemodell, ohne die Men­schen in diesem Land immer wieder beunruhigen zu müssen.

Zeigen Sie Mut und setzen Sie dieses Modell um! Dann werden Sie auch unsere Un­terstützung dafür bekommen – sonst nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

15.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rudas. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.38.15

Abgeordnete Laura Rudas (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mi­nister auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Liebe Besucher auf der Galerie! Ich war ein bisschen überrascht über die objektive Darstellung vom Kollegen Öllinger, ehrlich gesagt auch ein bisschen enttäuscht. Prinzipiell gehört ja Streiten in der Politik dazu, und da, glaube ich, sollte man nicht zu sensibel sein, und dass die FPÖ daraus den Massenfight macht, liegt auf der Hand. Aber dass Sie keinen Wert darauf legen, wie man es finanziert, fand ich komisch. Das geht aus Ihrem Antrag nämlich nicht hervor.

Ich bin ja sehr dafür, dass man die Pflegestufen 3 und 4 aufnimmt. Man sollte auf steu­erliche Begünstigungen für Reiche und auf teure Steuergeschenke für die Industrie verzichten, und nicht auf die Verlängerung der Hacklerregelung oder auf die Beschäfti­gungsoffensiven für behinderte Menschen. Genau das müsste man aber tun, wenn man die Erweiterung aus dem Sozialbudget finanziert. Dass Sie die Finanzierung, also aus welchem Topf finanziert wird, nicht in den Mittelpunkt stellen und dass Sie nicht sagen, dass es ganz wesentlich ist, dass die Finanzierung aus den Bundesfinanzen geschieht, finde ich eigenartig. (Abg. Öllinger: Wie finanzieren Sie es?)

Ich bin dafür, dass die Pflegestufen 3 und 4 kommen. Ich bin dafür, dass es der Fi­nanzminister finanziert, und ich hoffe, dass Sie uns dabei unterstützen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Aus welchem Geld? Das haben wir auch!)

Prinzipiell ist es so, dass in den letzten Jahren die Thematik einfach komplett ignoriert worden ist. Dies nun einem Minister, der sich als Erster ernsthaft mit diesem Thema beschäftigt, vorzuwerfen, wirkt ein bisschen absurd. Minister Buchinger hat sich der Problematik gestellt und ein ordentliches Gesetz vorgelegt, und eigentlich sollte heute ein Freudentag sein, besonders für all jene Menschen, die davon betroffen sind.

Die letzten zwei Tage waren absolut chaotisch. Ich habe es auch nicht verstanden – aber ich bin neu in der Bundespolitik –, dass ein Minister und seine Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP weder in einem Ausschuss noch in einem Ministerrat auch nur irgendwann einmal etwas dazu sagen oder irgendeinen Einwand vorbringen und dann plötzlich über die Medien etwas vorbringen. Ich weiß nicht, ob Sie sich das unter guter Zusammenarbeit vorstellen. Ich finde es eigenartig, und ich glaube auch, dass es von den Menschen durchschaut wird, dass Sie genau ein Ziel haben, und zwar jenen Mi­nister, der am beliebtesten ist, jenen Minister, der bei den Menschen ankommt, weil er authentisch ist, weil er ehrlich ist, weil er sagt, was geht und was eben nicht geht, zu sabotieren und anzugreifen. Das zusätzlich auf eine sehr eigenartige Art und Weise, nämlich auf Kosten der Menschen, die betroffen sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Minister Buchinger ist auch neu!)

Ich glaube, dass wir lange genug Wahlkampf geführt haben, und ich glaube auch, dass man sich einfach damit abfinden muss, wenn man eine Wahl verliert. (Abg. Dr. Graf: Die SPÖ hat auch verloren!) Wenn Sie sich mit Politikern anlegen, finde ich das in Ord-


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nung, wenn Sie das aber auf Kosten der Menschen machen, nicht. Leider ist der Klub­obmann nicht mehr da, aber ich darf mir als Abgeordnete erlauben, den Verdacht zu hegen, dass das alles seinem Kopf entsprungen ist. Prinzipiell würde ich dem Kollegen Schüssel ausrichten, dass es natürlich nicht wir waren und auch nicht Minister Buchin­ger, die ihn aus dem Kanzlersessel gekickt haben, sondern das waren die Wählerinnen und Wähler. Und man kann jetzt nicht die ganze Legislaturperiode auf diese wütend sein. Wir müssen nun anfangen, konstruktiv zu arbeiten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Sagen Sie das dem Kalina!)

15.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dolin­schek zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.41.56

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Ich kann mich erinnern, es hat schon andere Zeiten gegeben, da waren nicht fünf Stühle frei zwischen zwei Ministern, sondern da ist man enger gesessen. Diese gegenseitigen Schuldzuweisungen, die jetzt entstehen zwi­schen den beiden Bundesministern, zwischen zwei Fraktionen, werden natürlich nicht zu einer Lösung führen. Es werden hier Neid und Missgunst gestreut, keiner gönnt dem anderen etwas – das ist natürlich der ganzen Pflegedebatte und der Situation um die PflegerInnen und pflegenden Angehörigen nicht dienlich.

Wir wissen, dass wir in diesem Bereich reagieren müssen. Wir wissen, dass in diesem Bereich in Zukunft mehr Geld in die Hand genommen werden wird müssen. Wir wissen um die demographische Entwicklung, und wir wissen auch um die Situation, wie viele Leute in Heimen gepflegt werden. Ohne Heime kommen wir nicht aus, aber so viele Heime werden wir nicht bauen können, um alle zu versorgen. Der größte Teil, zirka 80 Prozent, wird zu Hause von den Angehörigen, von der Nachbarschaft, von Ver­wandten gepflegt, und zum größten Teil sind diese Pflegenden Frauen.

Um das ganze Spektrum geht es, es geht nicht nur um die reine 24-Stunden-Pflege, wo natürlich auch die bereits angesprochenen Probleme behoben werden müssen, denn da liegt es ja ganz im Argen. Die Amnestie wird jetzt nicht kommen, die wird es nicht geben, aber wir müssen schließlich und endlich doch zu einer Lösung kommen, wie man mit jenen Leuten in den Pflegestufen 5 und aufwärts umgeht. Aber der große Bereich der zu Pflegenden, das sind immerhin zwei Drittel, ist in den Stufen 1 bis 3 untergebracht. Es gibt ja in diesem Bereich auch die unterschiedlichsten Pflegebedürf­tigen, wie zum Beispiel die Demenzkranken, wo das komplett unterschiedlich geregelt ist. Die sind oft in der Pflegestufe 1, und die brauchen auch eine Betreuung. Wie ist das mit den anderen, mit den Menschen mit Behinderungen, die einer Pflege bedürfen, und mit jenen Leuten, die eben in die Jahre gekommen sind und auch einer Pflege be­dürfen?

Also wir haben zumindest einmal einheitliche Sozialbetreuungsberufe geschaffen: den Altenbetreuer, den Fachbetreuer und den diplomierten Betreuer. Für die Ausbildung sind die Länder zuständig. Es ist ein Schritt gemacht worden, dass diese Betreuer dann in den Heimen arbeiten können, auch in den mobilen Diensten, die auch einen Teil abdecken, wie zum Beispiel Rotes Kreuz, Caritas, Hilfswerk, AVS und so weiter und so fort. Aber alle kommen dem nicht nach, denn der größte Teil wird zu Hause und in der Nachbarschaft gepflegt. Die Leute, die ins Alter kommen, haben halt das Bedürf­nis, in der gewohnten Umgebung ihren Lebensabend zu verbringen.

Herr Bundesminister, ich muss Ihnen schon sagen: Dieser selbstständigen Betreuung kann ich einiges abgewinnen, denn eine selbständige Betreuung wird in Zukunft unbe­dingt notwendig sein. Die Personenbetreuung ist ja heute schon möglich – Hilfsdienste


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im Haushalt zu leisten, die Wäsche zu waschen, die persönliche Betreuung, das Essen zuzubereiten, einkaufen zu gehen, also die grundlegenden Dinge zu erledigen. Dafür ist auch keine Ausbildung notwendig, aber man muss die Möglichkeit bieten, dass die Leute das auch auf selbstständiger Basis machen können. Es kann eine Person zum Teil auch zwei oder drei Personen betreuen – auf selbständiger Basis und nicht unbe­dingt als Angestellter einer Hilfsorganisation. (Beifall beim BZÖ.)

Die Hilfsorganisationen, die zwar keine Freude damit haben, verteuern das Ganze na­türlich, weil sie einen Verwaltungsapparat haben, wodurch das dann alles teurer wird und für die Leute ganz einfach nicht mehr leistbar. Leistbar ist, wenn ich jemanden von dort aus bezahle, und deswegen ist auch eine Zuwendung ab der Pflegestufe 3 not­wendig (Beifall beim BZÖ), und die anderen Bereiche sind vielleicht auch mit dem Pfle­gegeld abzudecken, was natürlich mit einschließt, dass man das Pflegegeld endlich weiter erhöht. Das ist ja auch ein Vorschlag von uns, das Pflegegeld zu erhöhen.

Die Kritik, meine Herren Bundesminister, liegt ja auf der Hand. Herr Bundesminister Buchinger, Sie haben jetzt mit den Ländern verhandelt, und ich kann mir schon vorstel­len, wenn man den Ländern Fristen setzt, ihnen aber nicht sagen kann, wie viel sie das kosten wird, dass man sich da ein blaues Auge holt, das ist natürlich klar.

Es gibt ja auch Kritik aus den eigenen Reihen. Der Soziallandesrat aus Oberösterreich, Ackerl, sagt, man hätte wenigstens in einem Bundesland ein Pilotprojekt starten und durchführen müssen – denn im Grunde weiß man gar nichts, die Kosten sind einfach nicht absehbar. Wir haben Pilotprojekte gestartet, wir haben die Betreuung zu Hause, wir haben ein Pflegescheckmodell in Kärnten, in der Steiermark ausprobiert. Die Dinge sind ja bekannt, liegen auch im Sozialministerium auf, sind herzunehmen, und darauf ist aufzubauen! (Beifall beim BZÖ.)

Wichtig ist, dass das nicht auf Kosten der Angehörigen der zu Pflegenden geht, son­dern dass endlich eine Lösung passiert! Und hier müssen Sie im Sinne der Bevölke­rung in der Regierung zusammenarbeiten. – Die Opposition ist ja jetzt bald schon kon­struktiver als die Koalitionsparteien. (Beifall beim BZÖ.)

15.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Bu­chinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


15.47.41

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Werter Herr Regierungskollege! Hohes Haus! Zuerst zum Positiven, zum uneingeschränkt Positiven – vieles andere ist ja ein bisschen differen­zierter. Uneingeschränkt positiv ist, dass das Hohe Haus sich heute – und auch schon im Sozialausschuss und in Vorberatungen – mit einem der wichtigsten sozialpolitischen Themen in diesem Land aktuell, aber auch für die nächsten Jahre umfassend und auf einem hohen Niveau auseinandersetzt. Denn das Thema Pflege und Betreuung – überwiegend für Senioren und Seniorinnen, aber auch für aufgrund von Behinderung pflege- und betreuungsbedürftige Menschen – ist die wichtigste neue soziale Frage, der wir uns als Gesellschaft gegenübersehen und deren Bedeutung in den kommen­den Jahren aufgrund der demographischen Entwicklung zunehmen wird.

Zu Recht wurde von mehreren Abgeordneten betont, dass es hier insgesamt um eine breite Palette von notwendigen Problemlösungsinstrumenten geht, um dieser Heraus­forderung auch tatsächlich gerecht werden zu können. Wir haben heute vor ein, zwei Stunden den Bereich der Unterstützung pflegender Angehöriger durch Verbesserun­gen in der freiwilligen und Selbstversicherung in der Pensionsversicherung bereits dis­kutiert. Das ist ein kleiner, aber sehr, sehr wichtiger Beitrag in dieser Entwicklung.


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Ein zweiter wichtiger Beitrag, aber nur ein Beitrag, ein Mosaiksteinchen in der ganzen notwendigen Palette ist der Bereich der 24-Stunden-Betreuung. Er ist deswegen von so großer und besonderer Bedeutung, weil das ein Feld, ein Instrument war, das bisher im Bereich der Pflege und Betreuung österreichweit nicht legal zur Verfügung steht, während es in den anderen Feldern – stationäre Betreuung, teilstationäre Betreuung, ambulante, mobile Pflege und Betreuung – Angebote gibt, die in Aufgabe und Verant­wortung der Länder und Gemeinden organisiert werden – Angebote, die auszubauen sind, quantitativ und qualitativ, auf unterschiedlichen Niveaus.

Im Bereich der stationären Betreuung sind sie quantitativ derzeit ausreichend, qualitativ auf hohem Niveau. Es gibt in vielen Bundesländern Regelungen, dass zu 90 Prozent Einbettzimmer angeboten werden – also andere Erfahrungen, als sie Kollegin Mandak hier dargebracht hat. Aber natürlich gibt es in bestimmten Ballungsräumen auch noch qualitative Notwendigkeiten.

Im Bereich der ambulanten und mobilen Betreuung ist die flächendeckende Versor­gung zu verbessern, da gibt es ganz große Unterschiede. Im Bereich der teilstatio­nären Betreuung, insbesondere Tagesbetreuungszentren, ist derzeit das Angebot fast ausschließlich auf Ballungszentren, auf Städte beschränkt – in den Ländern nicht vor­handen.

Heute diskutieren wir hier ein kleines, aber wichtiges Mosaiksteinchen der 24-Stunden-Betreuung, die – ich sagte es – bisher gar nicht legal möglich war, und das, nachdem über viele Jahre die entsprechenden Probleme über individuelle Erfahrungen, über Me­dienberichte bekannt waren. Und die neue Regierung – das ist eine große Leistung – widmet bereits im Regierungsübereinkommen nicht nur dem Kapitel Pflege inhaltlich breiten Raum, sie schaut erstmals auf diesen Bereich der 24-Stunden-Betreuung hin und versucht – und ich bin zuversichtlich, dass es hier ein gutes Ergebnis gibt –, hier eine Legalisierung qualitätsgesichert und leistbar zu erreichen.

Wenn Frau Kollegin Mandak dagegen kritisch einwendet, von diesen Regelungen, die hier und jetzt zur Beschlussfassung anstehen, im Bereich der 24-Stunden-Betreuung würden nur 95 Prozent der pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen erfasst (Abg. Mandak: 95 Prozent nicht erfasst!) – 95 Prozent nicht erfasst, also lediglich 5 Pro­zent –, so ist diese ihre Feststellung richtig. Aber sie trifft inhaltlich nicht den Kern der Sache, weil es eben nur ein kleines Segment der 24-Stunden-Betreuung ist, während­dem große andere Teile des Pflege- und Betreuungsbedarfs ja gar nicht im Bereich der 24-Stunden-Betreuung zu Hause abgewickelt werden, sondern beispielsweise in der stationären Betreuung. 70 000 Österreicher und Österreicherinnen sind in stationärer Betreuung und von dieser Thematik der 24-Stunden-Betreuung aktuell nicht berührt.

Etwa 80 Prozent der Betreuungsleistungen – Kollege Dolinschek sagte es zu Recht – werden durch pflegende Angehörige erbracht. Die haben überwiegend andere Interes­sen als die 24-Stunden-Betreuung. Da geht es darum, Tagesbetreuungszentren, Kurz­zeitpflege, Unterstützungsangebote auszubauen. Bei der 24-Stunden-Betreuung geht es im Kern darum, jenen geschätzten 5 000 bis 20 000 Familien, die jetzt die illegalen Betreuungsmodelle in Anspruch nehmen, und vielleicht auch einigen tausend mehr, die das aufgrund von moralischen Skrupeln nicht gemacht haben, ein legales Angebot zu geben – und das werden wir schaffen mit 1. Juli. Allen diesen 5 000 bis 20 000 Haus­halten wird das Angebot gemacht. Im Bereich des Hausbetreuungsgesetzes eine Le­galisierung – da bin ich bei Minister Bartenstein; die Varianten hat er dargestellt –, und für jene, die sich für eine unselbstständige Beschäftigung entscheiden – da gibt es Schätzmodelle, keine genauen Zahlen, weil es eben derzeit illegal ist, aber wir schät­zen, das werden 1 000 bis 6 000 Betreuungsfälle sein; für die haben wir, habe ich im Ressort die Verantwortung –, ein entsprechendes Fördermodell zur Verfügung zu stel­len.


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Zeitgleich werden Hausbetreuungsgesetz als arbeitsrechtliche Grundlage und Bundes­pflegegeldgesetz als förderungsrechtliche Grundlage heute hier dem Hohen Haus zur Beschlussfassung vorgelegt, und ich bin froh und dankbar, wenn es heute zu dieser Beschlussfassung kommt.

Wenn Kollege Hofer kritisch anmerkt, dass die Behindertenorganisationen in den Pro­zess der Erstellung dieses Fördermodells nicht eingebunden waren, darf ich ihm sa­gen, sie waren eingebunden in einem Ausmaß, wie das bisher sicherlich noch nicht der Fall war. Ich darf Ihnen vorlesen:

Am 5. März 2007 hatten Herr Dr. Voget, Frau Dr. Meierschitz und Herr Riha einen Ter­min bei mir. Am 7. März 2007 waren Dr. Voget, Mag. Svoboda und Herr Ladstätter zu einem informellen Gedankenaustausch im Ministerium. Am 27. März 2007 Dr. Voget, Dr. Meierschitz, Mag. Svoboda, Herr Ladstätter in einer Arbeitsgruppe mit NGOs und anderen Verbänden, auch Leistungserbringern. Am 25. April 2007 Dr. Voget, Dr. Mei­erschitz und Mag. Svoboda in der Arbeitsgruppe „Neugestaltung der Pflegevorsorge“, große Runde im Rechnungshof.

Also vier Termine innerhalb von nicht ganz zwei Monaten. Die Einbindung dieser Or­ganisationen war ab 5. März genau so groß wie die Einbindung der Länder, Städte und Gemeinden und auch der anderen Ressorts, des Finanzministeriums und des Wirt­schafts- und Arbeitsministeriums. Die haben sich eingebracht, und es war gut, dass sie sich eingebracht haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Ergebnis dieses Konsultationsprozesses in den Arbeitsgruppen wurde von mir in einen Richtlinienentwurf gegossen. Und die Tatsache, dass die Förderung in diesem Richtlinienentwurf erst ab der Pflegestufe 5 ansetzen soll, geht eben zurück auf die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe. Ich zitiere aus dem Protokoll vom 25. April der Unter­arbeitsgruppe: Grundsätzlich ging man davon aus, dass in einer ersten Phase lediglich Pflegegeldbezieher ab der Stufe 5 in ein Fördermodell einbezogen werden. – Deswe­gen in einer ersten Phase, um hier Erfahrungen in Bezug auf die Inanspruchnahme zu machen und weil natürlich die Pflegestufen 5, 6 und 7 jenen Personenkreis betreffen, der den größten Bedarf an einer 24-Stunden-Betreuung hat, denn die niedrigeren Pfle­gestufen haben auch einen stundenmäßig niedrigeren Pflege- und Betreuungsbedarf – nicht keinen! Und es war immer daran gedacht, in einer zweiten Phase nach einer Eva­luierung diese auch mit einzubeziehen.

Ich muss schon darauf verweisen: Der Vertreter des Finanzministeriums hat in dieser Arbeitsgruppe – das ist mein Hinweis – aus budgetären Gründen dafür plädiert, erst ab der Pflegestufe 6 eine Förderung wirksam werden zu lassen (Hörthört-Rufe bei der SPÖ), und ich nehme an, dass der Vertreter des Finanzministeriums in Abstimmung mit dem Ressortchef handelt. Ich verstehe budgetäre Gründe, aber sie dürfen, sie sol­len nicht im Vordergrund stehen. Das auch an die Kolleginnen und Kollegen von der Regierungsfraktion ÖVP. Sie sollen und dürfen nicht im Vordergrund stehen, wenn wir ein gutes, leistbares Fördermodell entwickeln.

Ich darf Kollegin Riener noch sagen: Ich schätze Sie, aber wenn Sie auf die Kritik des Kollegen Mazal an dem Pflegemodell hinweisen, darf ich Ihnen erwidern – schauen Sie es sich an –: Die Hauptkritik des Kollegen Mazal richtet sich nicht gegen das Förder­modell, sondern gegen die Tatsache, dass im Hausbetreuungsgesetz der Selbstständi­gentätigkeit der Pflege und Betreuung so großer Raum eingeräumt wird.

Diese Frage des Ausmaßes der Selbstständigkeit war tatsächlich etwas, wo ich mit dem Kollegen Bartenstein in vielen Runden in den Kabinetten versucht habe, einen Kompromiss zu finden. Wir haben diese Bedenken, die viele Wissenschafter und auch Praktiker geäußert haben – Selbstständigkeit wird zur Scheinselbstständigkeit, Quali­tätsgesichtspunkte können hier zu wenig berücksichtigt werden –, gemeinsam etwa


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auch über eine Verordnung zu § 69 Abs. 2 Gewerbeordnung jedenfalls minimiert und alles getan, damit diese Bedenken nicht realisiert werden können.

Dagegen richtet sich die Kritik von Mazal, und ich nehme den Kollegen Bartenstein ge­gen diese Kritik direkt in Schutz, denn ich distanziere mich nicht davon, was wir ge­meinsam erarbeitet haben. Ich stehe dahinter. Minister Bartenstein und die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP sind bis vorgestern auch hinter dem gestanden: § 21b Bun­despflegegeldgesetz, wo die Pflegestufe 5 drinnen steht, ist einstimmig im Ministerrat beschlossen worden, ist im Sozialausschuss mit unserer beider Zustimmung diskutiert worden, und zwar ohne kritische Stimme.

Im Ministerrat im April, wo dieses Paket Hausbetreuungsgesetz und Bundespflegegeld­gesetz beschlossen worden ist, habe ich bereits mitgeteilt, dass ich in der Richtlinie, die mir dann in der Kompetenz zufällt, die ich zur Umsetzung des Fördermodells er­lassen werde, aufgrund meines derzeitigen Kenntnisstandes auf die unselbstständige Tätigkeit abzielen werde. Warum? Weil die selbstständige Tätigkeit um etwa 1 000 € billiger ist, weniger Aufwand verursacht als die unselbstständige und von daher die besondere Stützung der unselbstständigen Tätigkeit – aufgrund dieser sachlichen Er­wägung, nicht aufgrund von ideologischen Vorerwägungen! – geboten erscheint.

Wir müssen ja alle ein Interesse daran haben, dass in diesem Pflege- und Betreuungs­markt der Zukunft – so steht es auch in der Koalitionsvereinbarung – auch unselbst­ständige Tätigkeit, Beschäftigung für Österreicher und Österreicherinnen perspekti­visch möglich ist. Es kann doch nicht befriedigen, wenn ausschließlich oder überwie­gend über die Dienstleistungsfreiheit Selbstständige, die nicht einmal in Österreich Kammermitglieder sind, diese Tätigkeit ausüben. Daher ein Impetus über die Förde­rung, dass die unselbstständige Tätigkeit hier auch einen entsprechenden Raum ge­stalten kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine Einigung, meine sehr geschätzten Damen und Herren Abgeordneten, im Minister­rat, dass auch selbstständige Tätigkeit gefördert werden kann oder soll, gibt es nicht. Daher habe ich den Kopf geschüttelt, als die Frau Riener das gesagt hat. Da waren Sie bei allem Respekt schlecht informiert. Minister Bartenstein hat es richtig gesagt: Es wurde dort beschlossen und auch vom Bundeskanzler und Vizekanzler zusammen­gefasst, dass diese Frage der Selbstständigkeit, auch die Frage der Amnestieregelung und der Erstreckung auf die Pflegestufen 3 und 4 mit entsprechendem Finanzierungs­konzept zwischen den Regierungsparteien noch zu verhandeln sein wird. Also Ver­handlungen, Gespräche wird es geben, wie Minister Bartenstein richtig gesagt hat. Die Gespräche werden wir beide führen, und ich kann allen Kollegen, auch dem Kollegen Neubauer, versichern, bei allen weltanschaulichen Differenzen, wenn es um Sachfra­gen geht, wenn wir uns wechselseitig mit sachlichen Argumenten überzeugen können, finden wir schon noch Spielraum, zusammenzukommen. (Abg. Dr. Graf: Leider geht es nie um Sachfragen! – Abg. Dr. Bösch: Ein einziges Chaos, Herr Minister, was Sie da haben!)

Ich stehe der Frage der Fördernotwendigkeit selbstständiger Pflegetätigkeit skeptisch gegenüber, habe aber immer gesagt: Man kann mit mir darüber reden, vielleicht kom­men wir auch in diesem Bereich zu einem guten Modell. Aus meiner derzeitigen Sicht ist es aber nicht erforderlich.

Daher bedauere ich, dass man vom gemeinsamen Kurs, der von den Regierungspar­teien bis vorgestern eingehalten wurde, so ohne Konsultation abgeht. Es ist gescheit, wenn die Regierungsparteien in dieser Frage mit einer Zunge sprechen – sowohl zu den Betroffenen als auch zu den Ländern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Ich bin gerne bereit, diesen Weg der gemeinsamen Vorgehensweise wieder zu be­schreiten, denn – da gebe ich dem Kollegen Neubauer recht – ein Ruhmesblatt war das nicht, was in den letzten zwei Tagen an Diskussion zwischen den beiden Parteien und auch zwischen einzelnen Personen abgelaufen ist.

Die beiden Regierungsvorlagen, die ein Paket waren, hatten durchaus Kompromiss­charakter, was das Wirtschaftsministerium und das Sozialministerium betrifft. Wir wa­ren nicht immer mit jedem Detail des Hausbetreuungsgesetzes einverstanden und um­gekehrt die Kollegen nicht mit allem, was wir im Bundespflegegeldgesetz formuliert ha­ben. Aber das Wesen von Kompromissen ist, dass man die gemeinsame Berührungs­fläche findet und dann aber auch – das bitte ich zu berücksichtigen – gemeinsam dahinter steht und sich nicht zwei Tage vor der Beschlussfassung davon absentiert. Das wäre meine Bitte, mein Vorschlag. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Am ge­scheitesten, ihr geht einmal auf ein Bier miteinander!)

Wir – alle Kräfte, die heute hier im Parlament diese Beschlussfassung machen, die die­sen beiden Gesetzeswerken zustimmen – haben – das ist die wichtigste Aufgabe – ge­meinsam die Verpflichtung, die Menschen, die davon potenziell betroffen sind, zu in­formieren, sie aufzuklären und zu beraten. Mein Haus, das Sozialministerium, wird das ab nächster Woche in einer breit angelegten Informationskampagne tun, weil es wich­tig ist, dass diese gute Nachricht, die wir heute hier beschließen, die Menschen er­reicht. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Grander. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.02.24

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Ich möchte nur kurz dazu Stellung nehmen, was Kollegin Haubner ge­sagt hat: Ideelle Unterstützung unsererseits besteht sehr wohl, nur heute keine Zustim­mung, weil wir diese Finanzierung zuerst mit den Ländern besprechen müssen, um hier zuzustimmen. Die muss gesichert sein. (Abg. Mandak: Dann müssen Sie diesen Teil vom Gesetz auch mit beschließen!)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Neubauer, auch wir haben unser Ohr beim Volk, auch wir hören da sehr wohl hin. (Abg. Dr. Graf: Aber das taube Ohr!) – Ich persönlich habe von dieser ständigen Diskussion, was Bedrohung und Finanzierung betrifft, im Moment irgendwie genug, sage ich einfach einmal.

Für uns von der ÖVP stehen die Bedürfnisse der Betroffenen im Mittelpunkt. Hier braucht man ganzheitliche Ansätze, nicht punktuelle – ich glaube, da gehen wir in vielen Dingen konform.

Die Finanzierungsmodelle bieten derzeit mehr Fragen als Antworten. Es werden nur unselbständige Pflegerinnen und Pfleger gefördert, aber nicht die selbstständigen. Wir fordern, dass Betreuung und Pflege zu Hause gleich gefördert werden wie jene im Heim. Wir von der ÖVP wollen also eine Gesamtlösung für den Bereich Betreuung und Pflege.

Herr Abgeordneter Öllinger, beim Ausbau einer integrierten, vernetzten Versorgungs­struktur – von Angehörigenpflege über Mobile Dienste, teilstationäre Tages- und Nachtbetreuung, Kurzzeitpflege, Übergangspflege bis hin zur stationären Pflege – sind sowohl wir als auch Länder und Gemeinden gefordert. Da muss man Ist-Analysen durchführen und feststellen, was zu leisten ist.

Wenn ich bei uns im Westen schaue, sehe ich, dass vieles bereits möglich ist. Es soll nicht so sein, dass der Betreuung und Pflege zu Hause nur die Alternative Betreuung


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und Pflege im Heim gegenübersteht und es dazwischen wenig gibt. (Abg. Öllinger: Genau das ist das Problem!) – Das sage ich allen hier.

Ich weiß, es gibt im stationären Bereich bereits ein Überangebot an Betten, und hier braucht man Angebote – sowohl von der Politik als auch von Anbietern –, was man mit diesen Betten tun kann. Das erinnert mich daran, als wir im Bereich Akutpflege zu viele Betten hatten und überlegen mussten, wie wir diese Betten belegen. Da kann man sehr wohl Tagesbetreuung, Nachtbetreuung, Kurzzeitpflege und all diese Dinge anbie­ten.

Der Bereich Betreuung und Pflege ist sehr vielschichtig. Wir von der ÖVP sehen dies und tun hier auch etwas.

Da möchte ich mich an die Kollegen in der SPÖ wenden: Man braucht nicht nur einen Wahlkampf mit den Themen Betreuung und Pflege zu führen, wenn dann die entspre­chende Handschrift dazu fehlt. Es ist notwendig, dass die Pflege und Betreuung öffent­liche Anerkennung findet und die Absicherung für die Angehörigen gewährleistet wird. – Darum die Diskussion zum Thema Pflegestufe et cetera.

Zur Verlängerung der Amnestie: Die Übergangsphase ist notwendig, da es dazu bis jetzt keine Richtlinien und ausreichenden Fördermodelle gibt. Wir wollen eine ehrliche Übergangsphase für die Neuregelungen, daher ist in diesem Bereich eine Änderung notwendig.

Ich möchte noch kurz das Thema Care und Case Management – sprich Schnittstellen­management – ansprechen: Das Versorgungssystem ist dadurch zu ergänzen.

Weiters möchte ich das Thema Pflegeeinstufung durch Pflegepersonen ansprechen, wo nicht medizinische Diagnosen im Vordergrund stehen, sondern Pflegediagnosen, die den Pflegeaufwand berücksichtigen. Das ist ganz wichtig. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Öllinger und Mandak. – Abg. Öllinger: Da sind wir völlig dabei!)

Wie gesagt, Pflege und Betreuung finden vor Ort statt – dort, wo wir leben –, und hier müssen wir uns auch dementsprechend orientieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.06.33

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! Ich habe gehört, wie hier heute von einem Freudentag für alle Betrof­fenen gesprochen wurde, die arbeitsrechtlichen Probleme habe man durch das Haus­betreuungsgesetz in den Griff bekommen.

Ich persönlich bin einfach fassungslos, wirklich fassungslos! (Ruf bei der ÖVP: Merkt man gar nicht!)

Faktum ist, dass Sie uns nach wie vor – Sie merken es schon noch – mit diesem Haus­betreuungsgesetz vorschlagen, dass Frauen – und es werden zum überwiegenden Teil „natürlich“ Frauen sein – künftig 128 Stunden in 14 Tagen bei drei Stunden Ruhe­pause täglich arbeiten müssen und es zusätzlich möglich ist, alles, was über diese drei Stunden hinausgeht, als Arbeitsbereitschaft am Arbeitsplatz verbringen zu müssen. Und all das zu einem Mindestlohntarif, der in einigen Bundesländern unter 1 000 € brutto liegt, was weniger als 600 € netto bedeutet.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Abg. Schopf: Das ist falsch! Man zahlt keine Lohnsteuer!) – Das ist nicht falsch! Ich habe die Mindestlohntarife da,


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ich kann sie Ihnen zeigen. Ich zeige sie Ihnen nach der Rede. In drei Bundesländern ist das konkret der Fall. (Bundesminister Dr. Buchinger: Sie müssen es durch ...!)

Tatsache ist, dass uns die Damen und Herren von den Regierungsparteien noch vor einigen Monaten ein Regierungsprogramm präsentierten, in dem sie uns einen Min­destlohn von 1 000 € versprachen. – Der Mindestlohntarif sagt etwas anderes. Es ist hier zum wiederholten Male der Fall, dass Sie selbst Ihr Regierungsübereinkommen brechen. Und wenn ich sage, zum wiederholten Male, nenne ich auch Ihr Abgehen von dem Versprechen, dass ein Mindestlohn über den Generalkollektivvertrag geregelt werden sollte.

600 € netto für 21 Stunden täglicher Arbeit und Arbeitsbereitschaft, das ist menschen­verachtend! Es ist anmaßend, Menschen so etwas zuzumuten. Wir alle sind hier, um Gesetze zu machen, um Recht entstehen zu lassen. Doch was Sie hier tun, was Sie hier vorschlagen, das ist definitiv Unrecht. Sie legalisieren die Ausbeutung von Pflege­kräften. Ich behaupte, dass solche Arbeitsverhältnisse, solche Arbeitsverträge, sitten­widrig sind. (Beifall bei den Grünen.)

Wir von den Grünen, all die Organisationen und Institutionen, die Ihren Entwurf kritisch begutachtet haben – Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Arbeiterkammer, ÖGB; ich zähle sie nicht alle auf, Sie wissen es –, wir alle haben es nicht geschafft, Ihnen klarzumachen, wie schlecht Ihr Entwurf ist.

Wenn all diese Stimmen Ihnen nicht klarmachen können, wie schlecht Ihr Entwurf mit all seinen Konsequenzen ist, dann, meine Damen und Herren, schaffen es wahrschein­lich die Richter und Richterinnen: Dann müssen Richter und Richterinnen bei den si­cher zu erwartenden Arbeitsprozessen – nämlich auch speziell in dem Fall, dass sich herausstellt, dass die selbständige Tätigkeit in diesem Rahmen nicht möglich ist – das von Ihnen geschaffene Unrecht wieder zurechtrücken; denn Sie schaffen heute mit die­sem Gesetz Unrecht: Sie alle legalisieren Ausbeutung. (Abg. Binder-Maier: Sagen Sie uns Ihren Vorschlag?) – Ja! Ein 7-€-pro-Stunde-Mindestlohn-Gesetz, das wäre einmal ein Ansatz, aber das trauen Sie sich ja nicht zu.

Meine Damen und Herren von der SPÖ und auch Herr Minister Buchinger, der Sie sich selbst immer so gerne als „links“ bezeichnen: Ich habe einen kleinen Test, ein kleines Rätsel für Sie vorbereitet (Bundesminister Dr. Buchinger: Ich liebe Rätsel!) – Ich hoffe, Sie machen mit. Und zwar geht es darum, dass ich etwas zitiere und Sie vielleicht wis­sen, woher ich das habe. Ich verrate Ihnen noch ein bisschen mehr: Konkret geht es um eine formulierte Forderung an den Gesetzgeber, und diese Forderung lautet unter anderem – es gibt noch mehr – wie folgt:

Achtstündiger Maximalarbeitstag ohne Klauseln und ohne Ausnahme, Verbot von Nachtarbeit, volle Sonntagsruhe von Samstag Abend bis Montag früh.

Kann das jemand identifizieren? Nein? – Okay! Diese Forderungen, das sind Ihre Wur­zeln: Das sind die Wurzeln der Sozialdemokratie, das gehört zur Hainfelder Prinzipien-Erklärung aus dem Jahre 1889 von Victor Adler und so weiter. Achtstündiger Maximal­arbeitstag! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rädler: Alles vergessen!)

Und heute? – Heute stimmen Sie einem Gesetz zu, das weit hinter diese Forderungen, die Sie bereits vor 120 Jahren erhoben haben, zurückfällt. 128 Arbeitsstunden! (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Trunk.) – Ja, und das legitimiert eine wesentliche Verschlech­terung? – Also bitte! 128 Stunden in 14 Tagen, das ist sicher nicht links und auch nicht sozialdemokratisch!

Was um alles in der Welt tun Sie hier? Was rechtfertigt für Sie diese Koalition, wenn Sie solchen Gesetzen zustimmen? – Von der ÖVP erwarte ich mir nichts anderes, aber


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von Ihnen, von den engagierten Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern in Ihren Reihen, da würde ich mir schon erwarten, dass Sie nicht der Ausbeutung von Pflege­kräften zustimmen, denn das ist Unrecht. – Ich will das nicht akzeptieren! Ich kann und will es nicht akzeptieren! Wir von den Grünen tun das nicht.

Vielleicht haben Sie sich bemüht – ich weiß es ja nicht –, aber das, was Sie vorlegen, ist inakzeptabel, ist ungenügend. Deshalb stelle ich den Antrag, diese Vorlage gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 des Geschäftsordnungsgesetzes an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur nochmaligen Überarbeitung und Verbesserung rückzuverweisen.

Es muss einfach besser gehen, und ich bin mir sicher, im Prinzip teilen Sie meine Mei­nung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sieber. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


16.13.10

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herren Minister! Hohes Haus! Mit Rücksicht auf meine Kolleginnen und Kollegen werde ich mich sehr kurz fassen, damit sie auch noch zu Wort kommen.

Beide Gesetze – Hausbetreuungsgesetz und Bundespflegegeldgesetz – sind Grund­lagen, auf denen man aufbauen kann, sind aber ganz sicher noch nicht der Weisheit letzter Schluss – das behaupten wir auch nicht. Wir werden deswegen an diesen Ge­setzen weiter arbeiten, um sie auch im Sinne der Menschen noch zu verbessern.

Aber doch noch ein Wort an Sie, Herr Minister Buchinger: Ihre Aufgabe ist es natürlich, neben dem, was Sie an wirklich Positivem eingebracht haben, auch eine Finanzierung auf die Beine zu stellen. Und da glaube ich ganz einfach, Herr Minister, dass es wichtig wäre, dass Sie Termine wie die Landesfinanzreferententagung in Salzburg wahrneh­men, dass Sie wirklich in die Höhle des Löwen gehen und sich dort den Meinungen stellen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Lapp: Was reden Sie da?) – Es wird doch wohl nicht so sein, wie ich gehört habe: dass Sie am meisten Angst vor der Löwin in dieser Höhle gehabt haben? – Das hoffe ich doch nicht!

Gehen Sie bitte auf die Landesfinanzreferenten zu, reden Sie mit ihnen und stellen Sie hier eine Finanzierung sicher! Dann, davon bin ich überzeugt, werden wir ein gutes Modell auf den Weg bringen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Eder. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


16.14.33

Abgeordneter Dr. Sebastian Eder (ÖVP): Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Hohes Haus! 80 Prozent der zu Pflegenden in Österreich werden zu Hause betreut – ein sehr schöner, hoher Prozentsatz –, andererseits werden über 90 Prozent der zu Pflegenden der Pflegestufen 5 bis 7 in Heimen betreut. Der Grund dafür? – Es gibt keine geregelte 24-Stunden-Betreuungsmöglichkeit, und die medizi­nische Pflege von Menschen dieser Pflegestufen zu Hause ist schon sehr schwierig zu bewerkstelligen.

Meine Damen und Herren, es gibt einen arbeitsrechtlichen Notstand im Betreuungs­bereich und ein Finanzierungsproblem bei der 24-Stunden-Betreuung, aber es gibt aus meiner Sicht im Grunde keinen generellen flächendeckenden Pflegenotstand im stän­dig geschilderten Ausmaß. Dafür sorgen vor allem in den Bundesländern die Sozial-


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und Gesundheitssprengel, die allerdings – wie auch die Heime – im Schnittstellenbe­reich noch viel flexibler werden müssen.

Die Bedeutung der Mobilen Dienste wurde zum Glück auch hier von den Vorrednern angesprochen: Gerade diese Sprengel und die Mitarbeiter der Mobilen Dienste brau­chen wir besonders für Menschen der höheren Pflegestufen zusätzlich zur 24-Stunden-Betreuung für die fachpflegerische Arbeit natürlich auch in Zukunft. Die Regierung hat entsprechend dem Regierungsprogramm rasch – in fünf Monaten – zwei gesetzliche Grundlagen für diese 24-Stunden-Betreuung geschaffen, und wir sollten diesen gesetz­lichen Grundlagen zustimmen.

Das Hausbetreuungsgesetz steht und ist mit Sicherheit gut anwendbar. Eine Finanzie­rungsregelung aus dem Unterstützungsfonds ist in Aussicht, vielleicht auch für Selbst­ständige. – Für beide Bereiche wünsche ich mir als untere Grenze schon Stufe 3. Das ist sowohl fachlich als auch pflegediagnostisch gut nachzuvollziehen und leicht be­gründbar.

Meine Damen und Herren, ich bin froh darüber, dass in dieser Frage viel in Bewegung gekommen ist, und ich bin weiters froh darüber, dass seit heute auch so mancher zu­sätzliche gute Vorschlag auf dem Tisch liegt. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

16.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Lapp hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie kennen die GO-Bestimmungen: Erklären Sie in 2 Minuten zunächst den zu berichtigenden, dann den berichtigten Sachverhalt! – Bitte.

 


16.17.14

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Kollege Sieber hat vorhin gesagt, Sozialminister Buchinger soll zu den Sitzungen der Finanzlandesrefe­renten gehen.

Ich muss das tatsächlich berichtigen: Minister Buchinger wollte zu den Finanzlan­desreferenten gehen; er wurde nicht eingeladen. Und vonseiten der ÖVP-Finanzlan­desreferenten wurde gesagt, dass kein ressortfremder Minister zu diesen Sitzungen eingeladen wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

So schaut es aus mit Ihrer Wahrheit, Kollegen! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Ge­genrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Bösch: Chaos-Regie­rung!)

16.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Franz. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


16.17.58

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Minister! Ho­hes Haus! Ja, wir spüren, das Thema Pflege und Betreuung beschäftigt und erhitzt nicht nur die Gemüter unserer Politikerinnen und Politiker, sondern vor allem die Men­schen, die plötzlich vor der Tatsache stehen, dass jemand in der Familie pflegebe­dürftig geworden ist. Diese Debatte zeigt uns, dass eine Lösung zu finden sehr, sehr schwierig ist und dass es dazu vielleicht auch mehrerer Schritte bedarf.

Nun, ein erster Schritt wurde durch Minister Bartenstein und das Hausbetreuungsge­setz gesetzt, das eine legale 24-Stunden-Betreuung ermöglicht. Mit den begleitenden Änderungen in der Gewerbeordnung wurde die Möglichkeit einer bedarfsgerechten Rund-um-die-Uhr-Betreuung geschaffen. Das neue Pflegegeldgesetz hat allerdings noch Lücken bezüglich seiner Finanzierung – wir haben bereits davon gehört.


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Dass die Betreuungsproblematik sehr vielschichtig ist, das haben wir auch schon fest­gestellt – wir brauchen individuelle Lösungen. Hier möchte ich erwähnen, dass es be­reits viele solcher Lösungen gibt, vor allem im Westen: Es gibt die Krankenpflegever­eine und die Mobilen Hilfsdienste, die hier wertvolle und vor allem auch ehrenamtliche Arbeit leisten.

Ich meine, dass ohne die Arbeit der Menschen, die in diesen Organisationen bereits jetzt Pflege und Betreuung leisten, diese Arbeit in Österreich nicht finanzierbar wäre, und ich meine, dass hier auch ein Dankeschön an diese Organisationen beziehungs­weise an die Menschen, die bereits jetzt freiwillig und ehrenamtlich diese Betreuung leisten, angebracht ist.

Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, dass Gemeinden, Sozialsprengel und Länder als Schnittstelle und Träger des Netzwerks eine wesentliche Rolle spielen und hier gezielte Koordinationsaufgaben übernehmen – ein Projekt in diesem Sinne gibt es bereits im Land Vorarlberg.

Es gibt sicher noch eine Lösung: Der Bericht von Minister Bartenstein aus dem Minis­terrat stimmt hoffnungsfroh. (Beifall bei der ÖVP.)

16.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Spin­delberger zu Wort. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.20.33

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Wenn es nicht so traurig wäre, müsste ich lachen, dass sich gerade die Abgeordneten der ÖVP hier hinstellen und versuchen, sich das Federl der Über-Drüber-Sozialpartei an den Hut zu heften. Gerade deswegen, aufgrund Ihrer unsozialen Politik der letzten sieben Jahre, Herr Klubobmann Schüssel, als es so viele soziale Verschlechterungen gegeben hat, wurde ja jetzt auch im Regie­rungsprogramm vereinbart, dass wieder soziale Wärme in unser Land einkehrt. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Was mich schon wundert: Wenn man sich im Ministerrat, im Sozialausschuss einig ist darüber, die heute vorliegenden Maßnahmen zur Rund-um-die-Uhr-Betreuung gemein­sam zu beschließen, dann war das für mich klar – aber auch nur klar bis zum mon­tägigen Schauspiel des Herrn Bundesministers Bartenstein, der sich heute selbst zum Sozialexperten ernannt hat, als er uns mitgeteilt hat, was er schon wieder alles anders machen würde. (Abg. Scheibner: Wie reden Sie über Ihren Regierungspartner?) Da frage ich mich wirklich, was das ganze Schauspiel soll! Wenn Herr Minister Bartenstein will, dass die Pflegekräfte, die jetzt auch Menschen ab der Pflegestufe 3 pflegen, einen Zuschuss bekommen, dann sage ich: Warum nicht?

Herr Minister, ich glaube, wir sind da einer Meinung. Da rennen Sie bei uns offene Tü­ren ein. (Abg. Rädler: Kommen Sie spät drauf!) Aber da muss man auch so fair sein: Dann reden Sie auch einmal mit Ihrem Finanzminister, damit hier die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

So einfach wie Ihr Parteiobmann kann man es sich auch nicht machen: Heute als
der „große Retter“ dieser Gesamtpflegelösung aufzutreten und zu sagen, wenn wir
das alles beschließen, ist alles erledigt. – Da sage ich, er hat keine Ahnung und verschließt die Augen vor der Realität. Als Partner in der Regierung – und das muss ich noch einmal betonen – hätte er wissen müssen, dass Sozialminister Buchinger bereits im Februar eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, die sich mit allumfassender Pflege befasst. Und da gibt es vielseitige Aufträge: von Qualitätskriterien bei Betreuung und Pflege bis hin zur Erarbeitung auch langfristiger Finanzierungsmodelle. (Zwischen­ruf des Abg. Mag. Donnerbauer.)


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Ich habe manchmal wirklich das Gefühl, was ja traurig ist, dass es Ihnen in der ÖVP nicht darum geht, legal leistbare und qualitätsgesicherte Pflege einzuführen, sondern dass es Ihnen nur darum geht, Bundesminister Buchinger so viele Prügel vor die Füße zu werfen, wie es nur geht, was ja sogar Ihre eigenen ÖVP-Abgeordneten in heutigen Pressemeldungen bestätigen. Wenn Sie ernsthaft – wirklich ernsthaft! – darangehen würden, mit uns gemeinsam als Regierungspartner Lösungsmodelle zu erarbeiten, dann sage ich: Warum gehen Sie nicht auf die Vorschläge von Bundesminister Buchin­ger ein, der gesagt hat, bis Jahresende zahlen wir die öffentliche Förderung vom Bund? Damit bliebe genug Zeit, vorgezogene Finanzausgleichsverhandlungen mit den Ländern zu führen. Da brauchen wir keine Amnestieverlängerung.

Hören Sie endlich einmal auf, auf dem Rücken der Betroffenen diese Politik zu ma­chen! Machen Sie Politik als Koalitionspartner, besinnen Sie sich Ihrer Rolle und gie­ßen Sie nicht ständig Öl ins Feuer! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

16.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zunächst ist über den Rückverweisungsantrag, den Frau Abgeordnete Mag. Schatz zum Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Be­treuung von Personen in privaten Haushalten erlassen werden und mit dem die Ge­werbeordnung 1994 geändert wird, in 78 der Beilagen, gestellt hat, abzustimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Personen in privaten Haushalten erlassen werden und mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zurückzuverweisen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Personen in privaten Haushalten erlassen werden und mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, in 78 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird, in 116 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen zwei Abänderungs­anträge eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 149

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 2 § 21b Abs. 1 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Aus­schussberichtes abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben je einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 2 § 21b Abs. 2 Ziffer 3 eingebracht, der eine Senkung der Pflegestufe auf zumin­dest die Stufe 3 vorsieht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Min­derheit und abgelehnt.

Ich lasse sogleich über die Ziffer 2 § 21b Abs. 2 Ziffer 3 in der Fassung des Aus­schussberichtes abstimmen.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, ersuche ich um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Öl­linger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ziffer 2 § 21b Abs. 2 Ziffer 5 sowie die Ziffer 3 des Gesetzentwurfes.

Jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung erteilen, ersuche ich um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und abgelehnt.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dieser Fassung die Zustimmung ge­ben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung der Amnestie­regelung des Pflegeübergangsgesetzes bis Ende 2007.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung des Pflegegeldes.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 150

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 111 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 112 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.29.5110. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (52 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsge­setz sowie das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert werden (118 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gelangen damit zur Debatte.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Muchitsch. 4 Minuten Wunschrede­zeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.30.23

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch die geschicht­liche Entwicklung kurz in Erinnerung rufen, weil ich glaube, dass sie für diese Novelle von großer Bedeutung ist.

Die Urlaubsregelung, der Kernbereich des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsge­setzes, geht bereits auf eine kollektivvertragliche Regelung vor dem Zweiten Weltkrieg zurück. Im Jahr 1946 wurde als erstes kräftiges Zeichen der österreichischen Sozial­partnerschaft die Bauarbeiterurlaubskasse als Körperschaft öffentlichen Rechts in Selbstverwaltung der Sozialpartner eingerichtet.

1987 – ein Jahrhundertgesetz – wurde auch die Bauarbeiterabfertigung, die erste Branchenabfertigungsregelung, geschaffen. Die Verwaltung wurde innerhalb der Bau­arbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse eigenen Verwaltungsorganen übertragen.

In den neunziger Jahren wurde der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse die Verwaltung der Schlechtwetterregelung übertragen und ein eigener Sachbereich für die Winterfeiertagsregelung geschaffen.

Das Leistungsvolumen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse kann sich auch sehen lassen. Allein im Sachbereich Urlaub werden im Jahr Leistungen von über 700 Millionen € erbracht. Die Abfertigungsleistungen nach dem alten Abfertigungsrecht haben im letzten Jahr 62 Millionen € erreicht, die Leistungen nach dem Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 35 Millionen € und die Leistungen für die Winterfeiertage 32 Millionen €.


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Zusätzlich hat die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse im Jahr 2002 eine eige­ne Mitarbeitervorsorgekasse für die Ansprüche der Arbeitnehmer gegründet, und sie verwaltet eine kollektivvertragliche Schichturlaubsregelung für Bauarbeiter im Schicht­betrieb.

Seit September 2005 sind in die Urlaubsregelung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfer­tigungsgesetzes auch Arbeitnehmer, die nicht österreichische Staatsbürger sind, son­dern die nach Österreich entsandt oder überlassen werden, einbezogen. Dies ist so­zialpolitisch wichtig, aber auch sehr wichtig für einen gleichen Wettbewerb unter den Unternehmen, unter den Baubetrieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kurz zusammengefasst: Es ist die Aufgabe der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, auch für Bauarbeiter, die sicher für eine besonders sensible Branche tätig sind, eine Absicherung verschiedener sozialpoli­tischer Ansprüche sicherzustellen. Die gemeinsame Verantwortung der Sozialpartner im Baubereich und der politisch Verantwortlichen ist es dann, die Strukturen dieser Ein­richtung so zu gestalten, dass sie den zusätzlichen Aufgabenstellungen gewachsen sind.

Ich komme zu den vier Themen dieser gegenständlichen Novelle.

Erstens: die Zusammenfassung der Verwaltungsorgane. Mit der Novelle werden Ver­waltungsorgane für die Urlaubsregelung und die Abfertigungsregelung zusammenge­fasst. Damit wird eine Straffung der Strukturen erreicht.

Zweitens: die Einrichtung von Organisationseinheiten auf regionaler Ebene. Auch hier ist vorgesehen, dass nur mit einer Zweidrittelmehrheit die Landesstellen und in dem Fall der Ausschuss entscheidet, wie in Zukunft die regionale Betreuung ausschauen soll.

Drittens: die Erweiterung der Zugriffsmöglichkeiten der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfer­tigungskasse auf Daten der Sozialversicherungsträger, was auch sehr wichtig ist.

Der letzte Bereich betrifft schließlich eine befristete Neuregelung der Ausfallshaftung des Bundes für den Sachbereich Schlechtwetterentschädigung der Bauarbeiter-Ur­laubs- und Abfertigungskasse.

Mit dieser Bestimmung sollte eine ansonsten drohende Beitragserhöhung für Arbeit­nehmer und Arbeitgeber vermieden und gleichzeitig Druck auf die Sozialpartner er­zeugt werden, Maßnahmen zu setzen, die finanziellen Belastungen der Arbeitsmarkt­politik zu verringern.

Wir dürfen – und das ist auch unsere Verantwortung als gesetzliche Vertretung – die Bauarbeiter und vor allem die Betriebe des Baubereiches nicht alleine im Regen ste­hen lassen, sondern wir müssen auch zusätzliche Maßnahmen setzen, damit eine Ver­besserung der Jahresbeschäftigung beziehungsweise der Ganzjahresbeschäftigung durch die Politik geschaffen wird und so auch die Arbeitsmarktsituation im Baubereich verbessert wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach sehr emotionalen Themen, die vorher diskutiert wurden, möchte ich abschließend danke an alle Fraktionen sagen, die im Sozialausschuss die Empfehlung an den Nationalrat einstimmig beschlossen haben, und abschließen mit dem Ersuchen an den Nationalrat, auch heute der vorliegenden Novelle die Zustimmung zu erteilen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.35



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 152

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.35.32

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Nachdem Kollege Muchitsch nicht nur die Ge­schichte, sondern auch das Werden der Bauarbeiter-Urlaubskasse so überzeugend dargelegt hat, bleibt uns ja sowieso nichts anderes übrig, als dem zuzustimmen.

Wir stimmen dem mit Freude zu, Herr Bundesminister, und zwar auch aus einer kleinen Schadenfreude heraus. In der Vergangenheit – ich kann mich noch erinnern und habe auch das im Ausschuss gesagt – hatten wir eine Debatte, die wir Grüne nicht befürwortet haben, die von den Regierungsparteien, auch von Ihrer Partei – ich weiß nicht, ob von Ihnen persönlich –, aber auch von der SPÖ immer wechselseitig, fast so wie die Pflegedebatte, geführt wurde. Da hat es einmal geheißen, Branchen, in denen es saisonale Schwankungen gibt, sollten wegen dieser Saisonanfälligkeit und Häu­figkeit mit höheren Beiträgen belastet werden. Wir waren dagegen, und ich halte das auch nach wie vor für keine sinnvolle Regelung. Jetzt wird einem Betrieb oder einer Branche, die in ganz anderer Weise, nämlich bei Schlechtwetter, von saisonalen Schwankungen betroffen wird, sozusagen durch die Allgemeinheit ein Ersatz, wenn auch befristet, geleistet.

Ja, Herr Kollege Muchitsch, wir können schon damit leben, dass das jetzt für diese drei Jahre der Fall ist. Für uns ist es nur eigentlich der Punkt, dass man darüber nach­denkt – und ich glaube, da finden wir uns ja sogar –, dass man nicht Betriebe bezie­hungsweise Branchen, in denen es diese saisonalen Schwankungen gibt, mit besonde­ren Arbeitslosenversicherungsbeiträgen belegt.

Jetzt können Sie sagen, das eine hat mit dem anderen nicht viel zu tun. Ich sehe diesen Zusammenhang sehr wohl, aber das ist nicht unser eigentlicher Punkt. Wir haben nämlich noch ein Anliegen. Da wird vielleicht Kollege Kickl von der FPÖ auf­heulen und sagen, da sehen wir es, das ist wieder ein Beweis, Ausländer, Arbeits­migranten werden jetzt auch noch an die sozialen Töpfe der Bauarbeiter herangelas­sen.

Entschuldigung, das war jetzt eine Unterstellung, aber der Punkt ist einfach der: Wir haben im Baubereich sehr viele Arbeitsmigranten und ‑migrantinnen – Migranten hauptsächlich, also eher in männlicher Form – als Beschäftigte, und da gibt es eine Institution, die Bauarbeiter-Urlaubskasse, in deren Verwaltungskörpern die Migranten und Migrantinnen nichts zu reden haben, obwohl es um ihre Beiträge und auch um ihre Leistungen geht. Denn selbstverständlich zahlen die ein, es werden für sie die Beiträge bezahlt, sie erhalten auch die Leistungen, aber mitsprechen ist für sie nicht erlaubt in diesen Gremien.

Deshalb bringen wir den folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (52 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz sowie das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsge­setz 1957 geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Arbeit und Soziales, wird wie folgt geändert:


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Artikel 1 Ziffer 6 lautet:

6. § 14 Abs. 4, zweiter Satz lautet:

„Entsendet werden können Personen, die das 19. Lebensjahr vollendet haben und ab­gesehen vom Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft und des Wahlalters von der Wählbarkeit in den Nationalrat nicht ausgeschlossen sind.“

*****

Alle Beschäftigten sollen auch in den De-facto-Selbstverwaltungsorganen vertreten sein.

Geben Sie sich einen Ruck, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da geht es nicht um eine Debatte um Wahlrecht, Staatsbürgerschaft et cetera, sondern da geht es darum, dass die Leute einfach dort mitbestimmen können sollen, wo sie auch Beiträge leisten und Leistungen erhalten sollen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Öllinger eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unter­stützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (52 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz sowie das Bauarbeiter-Schlechtwet­terentschädigungsgesetz 1957 geändert werden (118 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (52 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz sowie das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsge­setz 1957 geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Arbeit und Soziales (118 d.B.), wird wie folgt geändert:

Artikel 1 Ziffer 6 lautet:

6. § 14 Abs. 4, zweiter Satz lautet:

„Entsendet werden können Personen, die das 19. Lebensjahr vollendet haben und ab­gesehen vom Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft und des Wahlalters von der Wählbarkeit in den Nationalrat nicht ausgeschlossen sind.“

Begründung

Die Beschränkung der in die Verwaltungskörper der Urlaubs- und Abfertigungskasse entsendbaren Personen auf österreichische Staatsangehörige entspricht nicht der Realität des Bausektors und stellt einen unzulässigen Ausschluss eines großen Teils der in diesem Sektor beschäftigten Menschen dar. Die gewählte Formulierung ent-


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spricht jener des § 21 Arbeiterkammergesetz, in dem das passive Wahlrecht zu den Arbeiterkammern geregelt ist.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Kickl. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Öllinger: Jetzt bin ich neugierig!)

 


16.40.00

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Vorredner, Sie haben mich mit Ihrem Abänderungsantrag nicht zum Aufheulen gebracht – das wird Ihnen nicht gelingen, das ist Ihnen auch in der vorherigen Debatte nicht gelungen –, aber es wird Sie nicht überraschen, dass das natürlich nicht unsere Zustimmung findet, weil es dem, was wir in Wahrheit wollen, diametral entgegengesetzt ist. Ich werde dann später auch noch darauf eingehen.

Sie haben ja nur einen Teil der besonderen Situation, was den Baubereich und was Migranten betrifft, hervorgehoben, nämlich die Beschäftigung. Sie haben wohlweislich den Pfusch, der natürlich auch in diesen Bereich gehört und dort eine ganz massive Rolle spielt, unter den Tisch fallen lassen. Aber das ist ohnehin nichts Überraschendes. (Abg. Öllinger: Die kriegen aber kein Geld aus diesem Bereich!)

Meine Damen und Herren, ich bin auch dankbar für den ausführlichen historischen Ex­kurs, was die Geschichte der Strukturen, die es heute auch mit diesem Gesetz zu re­formieren gilt, betrifft. Das ist natürlich auch ein Exkurs in die parteipolitisch motivierte Versorgungsstruktur, das muss man auch wissen, aber selbstverständlich ist die Frei­heitliche Partei dort mit dabei, wo es um den Abbau von Überschneidungen und sinn­losen Doppelgleisigkeiten im Bereich der Organisation und der Verwaltung geht. Das ist längst überfällig. Selbstverständlich unterstützen wir Maßnahmen zur Effizienzstei­gerung im Bereich der Leistungsabwicklung, selbstverständlich wollen wir einen besse­ren Service für die Endverbraucher, und selbstverständlich ist es auch ein Vorteil, wenn uns etwas gelingt, wo wir uns unterm Strich Kosten ersparen.

Wir wissen ja aus allen Diskussionen, die heute schon geführt wurden, dass das Geld in allen Bereichen knapp ist. Wenn wir irgendwo etwas einsparen können, warum soll­ten wir da nicht dabei sein. Man muss sich dann nur vorher überlegen, was man sinn­vollerweise mit den Mitteln macht, die man einsparen könnte.

Wir haben heute auch viel über die Belastungen geredet, und eine der Gruppen, die auch Entlastung verdienen würde, das sind gerade die Bauarbeiter. Da könnten wir uns etwa vorstellen, dass es zu einer Rücknahme der Versteuerung der Trennungszu­lage kommt. Das wäre etwas, womit den Bauarbeitern massiv geholfen wäre.

Aber dieses Gesetz hat auch einen zweiten wichtigen Teil, der für uns fast der wesent­lichere ist – ich habe das schon angesprochen –, es beinhaltet nämlich in einem be­stimmten Bereich auch Maßnahmen, die helfen, den Sozialbetrug zu bekämpfen. Das ist ein ganz wichtiger Teil. Es geht ganz konkret um die Schwarzarbeit, wo man ansetzt durch verbesserte Überprüfungsmöglichkeiten, durch eine verbesserte Zusammenar­beit mit den Krankenversicherungsträgern. Ich glaube, dass uns die Bekämpfung der Schwarzarbeit tatsächlich ein großes Anliegen sein muss und dass wir in diesem Feld überhaupt noch viel härter und konsequenter gegen die schwarzen Schafe am Bau vorgehen müssen.

Wenn ich „schwarze Schafe am Bau“ sage, dann meine ich zum einen selbstverständ­lich diejenigen, die als Schwarzarbeiter dort aktiv sind (Abg. Riepl: Die Auftraggeber


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sind diejenigen, die man erwischen muss!), ich meine aber selbstverständlich auch – da gebe ich Ihnen Recht – die Unternehmer, die diese Nachfrage überhaupt erst mög­lich machen. Das ist ja überhaupt gar keine Frage. (Beifall bei der FPÖ.)

Hier härter hineinzugehen, das ist etwas, was wir sowohl den ehrlichen Unternehmern als auch den Bauarbeitern, die sich nicht mit dem Pfusch durchschlagen, schuldig sind. Der Pfusch am Bau blüht. Da muss man sich nur einmal die Zahlen anschauen, die nicht von uns, sondern von der Baubranche selbst kommen. 40 Prozent des gesamten Schwarzvolumens, das es in Österreich gibt – das sind immerhin 8 Milliarden € –, ver­lieren wir durch den Pfusch am Bau. Das sind ja keine kleinen Summen. Und ange­sichts dessen, was wir heute schon alles diskutiert haben, müsste man sich einmal fra­gen, was man mit dem Geld nicht alles Sinnvolles machen könnte.

Ich meine – und da stehe ich auch überhaupt nicht an, das zu sagen, weil es vorhin geheißen hat, wir finden nichts Gutes an dem, was bisher beschlossen worden ist –, dass etwa die Anmeldepflicht vor dem ersten Tag, die wir ja heute auch beschlossen haben, ein wichtiger Schritt ist im Bereich der Bekämpfung der Schwarzarbeit, gar keine Frage, aber ich sage Ihnen, es braucht in diesem Bereich noch mehr. Es braucht etwa eine personelle Aufstockung und eine organisatorische Verselbständigung der exekutiven Finanzbehörden, die diese Kontrolltätigkeit durchführen. Da hat uns Bun­desminister Grasser mit seinen Hin- und Herschiebereien und Umstrukturierungen eine ziemliche Baustelle hinterlassen.

Ich sage noch etwas, was wir brauchen – und da wundert es mich schon, dass das etwas ist, was wir heute nicht mit beschlossen haben, etwas, wo Sie sich vielleicht nicht so sehr eingebracht oder durchgesetzt haben, wie es eigentlich von der Sozialde­mokratie zu erwarten gewesen wäre –, nämlich so etwas wie eine Haftung für den Generalunternehmer. Denn es kann nicht so sein, dass man sich mit einem undurch­schaubaren System von Sub-Sub-Sub-Sub-Unternehmen letzten Endes sozusagen vor den gesetzlichen Verpflichtungen drückt und insgesamt einen enormen Schaden her­beiführt. Das ist etwas, was wir nicht haben wollen. Wir wollen hier eine Letztverant­wortung bei demjenigen haben, der als Generalunternehmer tätig ist. Der soll dafür auch haften, dann wird er mehr darauf achten, mit wem er in diesem Bereich zusam­menarbeitet. (Abg. Öllinger: Das kommt, habe ich gehört!) Da wird man dem Miss­brauch Tür und Tor schließen.

Und ich sage Ihnen, was noch notwendig ist: dass man die schwarzen Schafe, die man schon einmal erwischt hat, auch ausschließt von der Bewerbung bei öffentlichen Auf­trägen. (Abg. Öllinger: Das ist eine grüne Forderung!) Dann wird auch ein Anreiz weni­ger da sein, Sozialmissbrauch gezielt zu betreiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Deswegen stimmen wir diesem Gesetz auch zu, weil wir im Grunde genommen allem zustimmen, was den Sozialmissbrauch eindämmt und bekämpft. (Beifall bei der FPÖ.)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haubner. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.45.34

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es kurz und bündig machen: Wir vom BZÖ werden dieser Regierungsvorlage unsere Zustim­mung geben, und zwar aus drei ganz wesentlichen Gründen:

Einerseits kommt es zur Zusammenlegung von Verwaltungsorganen. Hier wird also ein Apparat abgebaut, letztendlich bleiben aber die Beiräte bestehen, die vor allem auch auf regionaler Ebene in ihren Organisationseinheiten mitwirken und arbeiten können.


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Ich denke, alles, was zur Verwaltungsvereinfachung, zur Kosteneinsparung führt, ist absolut positiv zu bewerten.

Der zweite Grund: Die erweiterte Zugriffsberechtigung der BUAK auf die Krankenversi­cherungsträger ist auch zu begrüßen, denn es wird dadurch eine effektive Kontrolle der legal Beschäftigten oder im Zweifelsfall der illegal Beschäftigten ermöglicht. Ich denke, wichtig ist es, dass die datenschutzrechtliche Zulässigkeit gewährleistet ist, aber es ist letztendlich eine sehr sinnvolle und rasche Kontrollmöglichkeit und auch eine Ergän­zung dessen, was wir heute im Rahmen des Sozialrechts-Änderungsgesetzes be­schlossen haben, nämlich die Schwarzarbeit mehr und effizienter zu kontrollieren.

Der dritte Punkt ist, dass es zu einer Übergangsregelung zur Finanzierung des Sach­bereiches Schlechtwetterregelung kommt. Das ist auch etwas, was letztendlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Baugewerbe zugute kommt, weil dadurch einer­seits die Lohnnebenkosten nicht so stark belastet werden und andererseits auch Kün­digungen im Baubereich vermieden werden.

Es ist dies ein Gesetz, dem wir voll und ganz unsere Zustimmung geben können. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

16.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schopf zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.47.43

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte zu Beginn kurz auf den Vorschlag und konkret auf den Antrag der Grünen eingehen, den Kollege Öllinger gestellt hat. Ich denke, dass diese Anregung wichtig und notwendig ist, dass auch ausländische Kolle­ginnen und Kollegen die Möglichkeit haben, in die unterschiedlichsten Organe bestellt zu werden. Ich meine und schlage vor, dass wir dieses Problem bei der nächsten No­vellierung berücksichtigen, und hoffe, dass wir auch diesbezüglich einen Kompromiss finden werden.

Meine Damen und Herren, ich möchte aber, da inhaltlich schon vieles gesagt worden ist, die Gelegenheit nützen, auf die generelle Bedeutung und Wichtigkeit der Bauarbei­ter-Urlaubs- und Abfertigungskasse hinzuweisen. Die Gründung der Bauarbeiterur­laubskasse ist ja bekanntlich unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1946 beschlossen worden und dann auch erfolgt. Ab dem Jahr 1987 ist auch der Abferti­gungsbereich involviert worden, sodass es zur Bezeichnung Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse gekommen ist.

Es ist wichtig, meine Damen und Herren, darauf hinzuweisen, dass aufgrund dieser Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse die Kolleginnen und Kollegen am Bau die Möglichkeit haben, einen gerechten und verdienten Urlaub anzutreten und auch in den Genuss einer Abfertigung zu kommen.

Man hat in dieser Branche die Möglichkeit, bereits nach einer Tätigkeit von 47 Wochen einen Urlaub von fünf Wochen zu absolvieren, und nach einer Beschäftigungsdauer – darauf möchte ich nochmals hinweisen, weil es sehr wichtig ist, dass die Möglichkeit besteht, dass mehrere oder alle Dienstverhältnisse bei den unterschiedlichsten Arbeit­gebern zusammengerechnet werden – von insgesamt 1 150 Wochen existiert auch ein Urlaubsanspruch von sechs Wochen.

Ein mir persönlich sehr wichtiger Punkt in dieser Novellierung ist jener, dass die Bau­arbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse in Zukunft die Möglichkeit hat, arbeitneh­merbezogene Daten von den jeweiligen Sozialversicherungsträgern, konkret von der Gebietskrankenkasse, abzufragen. Dieses Thema ist insofern wichtig, als ich denke,


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mit diesem Beitrag leisten wir doch einiges, was die Bekämpfung von Illegalität, von Schwarzunternehmertum betrifft. Es kommt leider immer wieder vor, dass Arbeitgeber Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zwar bei der zuständigen Sozialversicherung an­melden, dass aber diese Meldung bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse nicht erfolgt und somit keine Urlaubsbeiträge und keine Abfertigungsbeiträge in diese Kasse geleistet werden, was zur Folge hat, dass bei der Auflösung von Dienstverhält­nissen, bei Ansprüchen aus dieser rechtlichen Regelung dann eine Reihe von Schwie­rigkeiten auftreten.

Daher denke ich, es ist eine wichtige Novellierung, und ich hoffe, dass es hier einen einstimmigen Beschluss gibt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 118 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 6 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hierfür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Aus­schussberichtes abstimmen.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hierfür eintreten, ersuche ich um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf stimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig be­schlossen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16.52.5611. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvor­lage (92 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, das Österreichische ForschungsförderungsgesellschaftmbH-Errichtungsgesetz, das Garantiegesetz 1977 und das Forschungs- und Technologieförderungsge­setz geändert werden (Forschungs- und Wirtschaftsförderungsrechtsnovel­le 2007) (107 d.B.)

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 158

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 8 Minuten Wunschrede­zeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.53.24

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Man könnte sagen, es gibt Schlimmeres als diese Novellierungen, aber es kann nicht Wunsch der Opposition sein, eine Regie­rung nur deshalb zu loben, weil nichts Schlimmeres passiert. Diese ganzen Novellie­rungen, über die jetzt abgestimmt werden soll, sind letztlich Folge der Regierungsver­handlungen und von geänderten Bundesministeriengesetzen.

Warum? – Sie sehen, im Vordergrund dieser Novellierung stehen Beschickungen von Aufsichtsräten, und ich werde Ihnen dann noch erzählen können, wie kompliziert, wie eigenartig das Ganze ist.

Alle Fachleute und ExpertInnen – der Rat für Forschung und Technologieentwicklung, der Wissenschaftsrat, die Rektorenkonferenz und viele mehr – haben wie wir kritisiert, dass statt einer Bündelung der Forschungsinteressen in einem Ressort oder vielleicht in zwei – man ist realistisch – eigentlich das Gegenteil passiert ist. Es sind jetzt vier Ressorts geworden, allenfalls vielleicht sogar noch fünf, wenn man die Gelder des Landwirtschaftsministeriums, die für Forschung zur Verfügung stehen, dazurechnet.

Wenn ich dann im Parlament oder im Ausschuss höre, dass Wissenschaftssprecher der Regierungsparteien, insbesondere der ÖVP, sagen, das stimmt nicht, das ist alles so super, wenn ich von Bundesminister Faymann höre, die vier Ministerien verstehen einander dermaßen glänzend, sie haben sich so gern, dass man meint, sie gehen schon händchenhaltend durch den Volksgarten spazieren, dann ist das seltsam. Ich würde mir schon erwarten, dass auch eine Wissenschaftssprecherin der ÖVP nicht mehr als bis zu Ziffer 4 oder 5 addieren kann, und dann wird sie zugeben müssen, es ist ärger als vorher, und es wird von allen Leuten kritisiert.

Wenn man jetzt den Text dieser Novellen liest, dann, muss ich sagen, ist das selbst für Kundige wie ein Labyrinth, undurchsichtig, höchst seltsam, ein Irrgarten, also fast wie in einer griechischen Tragödie. Es ist kaum lesbar, und das sollte schon zu denken geben. (Abg. Öllinger: Aber die griechischen Tragödien waren klar!)

Wenn man jetzt sieht, dass diese vier Ressorts von Bundesminister Hahn über Fay­mann, Bartenstein und das Finanzressort natürlich rittern und kämpfen um ihre Bud­gets, natürlich rittern und kämpfen um Zuständigkeiten, dann kann das ja für einen Normalbürger nicht einsichtig sein, warum das besser gehen sollte als vorher.

Da ich sowohl im Wissenschaftsausschuss als auch im Forschungsausschuss sitze, sehe ich das ja am eigenen Leib. Man weiß schon nicht mehr, welcher Rat wo auftritt zum Erklären, um Befragungen offen gegenüberzustehen oder zur Verfügung zu ste­hen.

Der Forschungs- und Technologiebericht kommt jetzt in den Forschungsausschuss. Natürlich ist da auch ungeheuer viel über Universitäten und Grundlagenforschung drin­nen, aber er ist nicht im Wissenschaftsausschuss. Mir schwant – und da wäre ich so­gar Verteidiger von Bundesminister Hahn –, dass diese Agenden des ehemaligen Wis­senschaftsressorts mit den Unis ausgedünnt worden sind. Und diese Eifersüchteleien, das gegenseitige Beobachten, das Rittern um Geld fördern natürlich eine Einigung


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ganz im alten und, ich sage, auch etwas üblen Proporzdenken. Hier glaubt man jetzt alles sozusagen ausdealen zu müssen und ausgedealt zu haben.

Der Wunsch nach Kontrolle wird natürlich dann sehr aufregend, weil jeder den anderen beobachtet, wer besser abschneidet, wer besser in der Öffentlichkeit dasteht. Da geht es angewandte gegen Grundlagenforschung, Universitäten gegen wirtschaftsnahe For­schung, also all das, was sich ForscherInnen und Antragsteller nicht wünschen kön­nen, was sich auch die Mitglieder des Forschungsfonds, die Mitglieder der Forschungs­förderungsgesellschaft nicht wünschen können.

Wenn ich da lese, dass Aufsichtsräte unternehmerische Fähigkeiten haben müssen, und wiederum nicht von ihren Fähigkeiten in der Forschung und in der Wissenschaft gesprochen oder geschrieben wird, dann wird einem da schon etwas wunderlich zu Mute.

Und wenn ich dann wieder höre, dass diese Aufsichtsräte oder ‑innen, wenn Sie so wollen, ihre Gehälter selbst festlegen, dann muss ich sagen, das haben wir bei den Uniräten auch schon erlebt. Das ist ganz eigenartig, wenn Aufsichtsräte ihre Gehälter selbst bestimmen. Wenn sie das nach Stundenlohn machen und ich kann dann kontrol­lieren, wie viele Stunden sie ihre Aufsichtsratfunktion wahrnehmen, lasse ich ja mit mir noch darüber reden, aber ob die sich einmal im Monat bei einem Kaffee treffen oder einmal halbjährlich, das kann ich nicht kontrollieren. Dafür gibt es keinen Aufsichtsrat.

Wenn man jetzt beim Austria Wirtschaftsservice schaut, dann sieht man, es teilen sich Bartenstein, Faymann und Molterer letztlich die Agenden. In der Forschungsförde­rungsgesellschaft sind das BMVIT und Bartenstein drinnen. BMVIT einerseits, also Faymann, und Bartenstein bestellen jeweils drei Aufsichtsratmitglieder, wobei dann noch im Gesetzestext steht, die Bestellung des Aufsichtsrates erfolgt in Analogie und in der Vorsitzführung spiegelverkehrt zum Austria Wirtschaftsservice.

Ich meine, „spiegelverkehrt“ in einem Gesetz ist ein poetischer, Aufmerksamkeit erre­gender Ausdruck, aber wie skurril ist das, wenn man jetzt auch noch Pattsituationen durch spiegelverkehrt herstellt, vielleicht auch noch oben und unten wie bei den alten Diavorführungen. Man sieht dann auch alles verkehrt, und es ist sicher nicht das Richtige, was man sich in der Forschung wünscht.

Wenn man dann noch sieht, dass einerseits Bundesminister Hahn eine Person nennen kann, die dann vom Bartenstein aus seinen Dreien nominiert werden muss, und der Finanzminister einen nennen kann, den Faymann ernennen muss, dann wird es letzt­lich völlig skurril. Ich glaube fast, dass das international kaum mehr Beispiele hat.

Wenn ich mir dann noch Rahmenprogramme der EU und andere EU-Forschungsagen­den und Forschungsförderungsbudgets anschaue, dann frage ich mich: Wer von den Vieren vertritt sozusagen die Vogelperspektive? Wer verhandelt das im Ressort?

Wenn ich dann noch höre, dass alle außer dem Bundesminister Hahn ein Mitsprache­recht haben und bei Mehrjahresplänen mitdenken, mitgestalten und mitbeobachten dürfen, so halte ich das für eine eklatante Schwächung.

Schaut man sich an, wie dieses Ressort der Universitäten und der Wissenschaft in der FFG vertreten ist, dann wird es überhaupt traurig. Man sollte nämlich nicht in die Mei­nung verfallen, die Forschungsförderungsgesellschaft, angewandte, wirtschaftsnahe Forschung sei etwas, das mit Universität nichts zu tun hat. Natürlich findet an den Uni­versitäten angewandte Forschung statt, und die sollte dort auch durch den entspre­chenden Minister vertreten sein.

Ich komme zum Schluss: Ich habe nichts dagegen, wenn Ministerien oder die Repub­lik in Wahrnehmung ihrer Verantwortung und auch ihrer Finanzierungsmöglichkeiten


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Aufsichtsräte bestellen, aber es soll nicht so kraus sein, und es sollen sich nicht vier Ministerien drei Mal spiegelverkehrt die Macht teilen, und das zulasten von Forschung und Wissenschaft. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bauer zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.01.24

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Herren Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Zuerst einmal zu meinem Vorredner Dr. Grünewald. Es ist nach einer Regierungsumbildung selbstverständlich, dass man die entsprechenden Zuständigkeiten und Eigentümervertretungsbefugnisse neu regelt. – Das wird mit diesem Gesetz getan. (Präsident Dr. Spindelegger über­nimmt den Vorsitz.)

Ich befürchte, dass auch eine Zeit der Eingewöhnung notwendig ist. Das mag schon etwas negativ erscheinen, aber spiegelverkehrt, Herr Professor, heißt nicht, dass man alles verkehrt sieht, sondern gemeint ist nur, spiegelverkehrt, was die Kompetenzen betrifft. Daher gehe ich einmal vom Positiven aus, dass ausschließlich die Kompetenz­bezogenheit gegeben ist und nicht das, was Sie, Herr Professor Grünewald, angedeu­tet haben.

Zweitens hätte ich mir auch noch einige Ergänzungen gewünscht, denn es ist einfach wichtig, dass wir in diesem Wirtschafts- und Forschungsbereich Grundlagen schaffen, die eine erfolgreiche Zukunft sicherstellen können. Da meine ich, dass zum Beispiel auch die Betriebsansiedelung, ABA, in diesen AWS-Bereich hineingehört, weil Be­triebsansiedelungen ein wesentlicher Bestandteil einer künftigen Konzeption der In­dustriepolitik sind.

Ich könnte mir ebenso gut vorstellen, die Entwicklungsbank, über die eine Diskussion gelaufen ist, im Rahmen des AWS anzusiedeln. – Auch das sei angesprochen. Das ist auch ein wichtiges Instrument, das nun, glaube ich, in anderen Ressorts weiterverhan­delt wird.

Letztlich sollte auch darüber nachgedacht werden, wie der ERP-Fonds, der ja nach wie vor eine wichtige Funktion hat, verstärkt und noch gezielter eingesetzt werden kann.

Alles in allem glaube ich allerdings, dass wir mit diesem Gesetz eine gute Grundlage dafür schaffen, ein erfreuliches Wirtschaftsklima zu unterstützen, und damit auch jene Strukturreformen erreichen, die einerseits eine verstärkte Überleitung von Forschung und Entwicklung in Produkte gewährleisten sollen und andererseits auch helfen, struk­turelle Defizite unserer Wirtschaft abzubauen.

Ich bin davon überzeugt – das habe ich schon einmal erwähnt –, dass wir technolo­gisch gesehen durchaus strukturelle Defizite haben, die wir dringend überwinden müs­sen. Die Wettbewerbsposition der Zukunft hängt nämlich von der Technologieintensität ab und nicht, wie manche meinen, von den Lohnkosten und anderen Faktoren. – Das sind zwar bestimmende Größen, aber die wesentliche Größe ist die Frage, ob es uns gelingt, Produkte mit entsprechenden Technologieinhalten zu produzieren, die dann wettbewerbsfähig sind, oder ob wir uns in dem breiten Bereich der Konkurrenten be­finden, wo man weniger Erträge erzielen kann.

Das ist die Aufgabe, und ich glaube, dass deren Bewältigung durch ein engagiertes Management und engagierte Mitarbeiter sowie Aufsichtsräte gelingen kann. Daher stimmen wir dieser Vorlage gerne zu, in der Hoffnung, dass bestimmte Reibungen, die


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aus dieser Konstruktion entstehen könnten, im Interesse der Wirtschaft nicht eintre­ten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.05


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grad­auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

 


17.05.30

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Sehr geehrte Her­ren Minister! Ich stehe noch immer etwas unter dem Einfluss des Runden Tisches vom Montag. – Das gehört zwar nicht unbedingt zu diesem Thema, aber es war kaum aus­zuhalten, wie sich da zwei Minister, die in derselben Regierung sitzen, begegnet sind. (Abg. Parnigoni: Freundlichst! Was war da so schlimm?) – Das Schlimme daran ist, dass das hier in diesem Hohen Haus in dieser Form weitergeht. Das haben wir heute erlebt. Ich bin wirklich gespannt, wie lange dieser Spuk andauern wird.

Zur vorliegenden Forschungs- und Wirtschaftsförderungsrechtsnovelle Folgendes: Es geht nicht um Inhalte, die verändert werden, sondern es geht um die Anpassung auf­grund der Bundesministeriengesetznovelle, wo eine Kompetenzumschichtung vorge­nommen werden muss.

Das alles wäre nicht so schlimm und auch nachvollziehbar – da möchte ich Herrn Dr. Grünewald zur Gänze recht geben –, würde mit dieser Gesetzesnovelle nicht diese unsägliche Aufteilung auf bis zu vier oder fünf Ministerien eingeführt.

Ich orte, so wie auch er, das Aufleben der rot-schwarzen Proporzvorgänge. Die älteren unter uns erinnern sich ganz genau daran, was in der großen Koalition von damals alles verbockt wurde, wie man sich belauert hat, wie nichts weitergegangen ist und wie alles doppelt und teurer gewesen ist. Ich befürchte, dass die derzeitige Regierung wie­der auf diesem Pfad wandelt. – Die Anzeichen dafür sind jedenfalls da.

Die Steuerzahler und die Bevölkerung müssen dafür herhalten, sie müssen einerseits zahlen, andererseits bekommen sie nicht die Leistung, die die Regierung erbringen sollte.

Zur Gesetzesnovelle selbst: Ich komme aus der Wirtschaft und kann einfach nicht ver­stehen, wie das funktionieren soll, wenn mehrere Minister für ein und dieselbe Sache verantwortlich sein sollen. Es funktioniert in der Wirtschaft auch nicht, wenn man zwei, drei verschiedene Vorstandsdirektoren für eine Aufgabe verantwortlich macht. Das kann nicht funktionieren. Da blockiert man sich gegenseitig, da bringt man nichts weiter, meistens versteht man sich nicht. Wenn Erfolg da ist, haben ihn alle, und wenn Misserfolg da ist, will keiner daran schuld sein. So wird es wahrscheinlich auch bei die­ser Gesetzesnovelle hinsichtlich der unterschiedlichen Ministerien ausgehen.

Beim Austria Wirtschaftsservice-Gesetz gibt es auch eine positive Seite. Die Anzahl der Aufsichtsräte wurde von zwölf auf zehn reduziert. – Daran sieht man, dass ver­sucht wurde, zwei Aufsichtsräte einzusparen. Negativ ist aber, dass der Proporz in der Postenbesetzung eklatant ist. Aufsichtsräte, Aufsichtsrat-Stellvertreter und die Ge­schäftsführung sind im Proporz eingesetzt worden.

Was uns stört, wo wir doch sehr stark die KMUs, die kleinen und mittleren Unterneh­men, vertreten, ist, dass im Aufsichtsrat kein wirklicher Vertreter dieser KMUs sitzt. Wir würden vorschlagen, den österreichischen Gewerbeverein mit einem Vertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden.

Der Sündenfall schlechthin ist jedoch im Bereich der Forschungsförderungs-GmbH passiert. – Sie wissen, dass unsere langjährige Forderung die Bündelung in einem Mi­nisterium war, was die Forschungsagenden betrifft, und ich glaube, da sind wir nicht allein. Ich erinnere mich daran, dass auch Herr Abgeordneter Broukal von der SPÖ in


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die gleiche Richtung agiert hat. (Abg. Öllinger: Ja, damals noch! Abg. Strache: Das ist wie beim Bundeskanzler!) Jetzt kann er sich wahrscheinlich nicht mehr daran erin­nern. Er hat einfach folgen müssen.

Beim Garantiegesetz 1977 sind auch zwei Ministerien eingesetzt, aber die finanzielle Verantwortung, was die Schadensfälle und die Absicherung betrifft, bleibt weiterhin beim Finanzministerium. Die Gefahr ist sehr groß, dass das Geld Sieger über die För­derungsmaßnahmen wird.

Ich darf etwas länger sprechen, weil ich auch die Redezeit des Herrn Abgeordneten Graf bekommen habe.

Was bei der Technologieförderung auffällt – das hat auch Herr Grünewald schon gesagt –, ist, dass der Aufsichtsrat über seine Gagen selbst bestimmt. – Das ist total eigenartig und deutet wieder auf die Proporztendenzen in dieser Regierung hin. Das kann nur teuer werden.

Einige Anmerkungen sozusagen in eigener Sache, was Linz und Oberösterreich be­trifft: Ich war vor kurzem bei einer TMG-Veranstaltung in Linz. – Die TMG ist eine Ge­sellschaft, die sich mit der Ansiedlung und Förderung von Betrieben und Universitäten beschäftigt. Dort habe ich sehr massiv gehört, dass die Linzer Universität mehr Geld braucht.

Sie werden sagen, selbstverständlich, Geld brauchen alle, alle wollen mehr. Wir sind natürlich in Linz, was die Universität betrifft, von der Industrie getrieben, denn man kann schon darauf hinweisen, dass 27 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleis­tung in Oberösterreich erfolgen – bei einem Bevölkerungsanteil von 17 Prozent!

Ich weise auch darauf hin, dass zum Beispiel die Firma Borealis, weil es da eine sehr gute Zusammenarbeit und Vereinbarung mit der technisch-naturwissenschaftlichen Fa­kultät der Universität Linz gegeben hat, ihr Forschungszentrum in Linz angesiedelt hat. – Das ist sehr bemerkenswert.

Darum möchte ich eine Initiative der oberösterreichischen Abgeordneten aller Parteien ins Leben rufen, wo wir versuchen, über die Regierung für die Linzer Universität mehr Geld zu bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bitte meine Kollegen aus Oberösterreich, Herrn Mitterlehner, Herrn Gartlehner und so weiter, mich dabei zu unterstützen. Ich komme auf Sie zu.

Um noch einmal über die Proporzzeiten zu reden: Die Bevölkerung möchte sicher kei­nen Rückfall in die Proporzzeiten, denn der Proporz verhindert Weiterentwicklung und verursacht hohe Kosten. Ein Großteil der heutigen Staatsschulden in der Höhe von – ich erinnere noch einmal daran! – 190 Milliarden €, wofür wir Zinsen von 9 Milliarden € im Jahr zahlen, stammt aus dieser unsäglichen Zeit der SP/VP-Proporzwirtschaft. Wird mit diesem Proporz einmal begonnen, macht er vor nichts halt und findet seine Auswir­kungen vom Bund beginnend über die Länder bis hin zu allen staatsnahen Einrichtun­gen und Betrieben. Auch angesichts dieser Bedrohung lehnen wir Freiheitlichen den vorliegenden Gesetzentwurf ab. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.14


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mit­terlehner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Strache  in Rich­tung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Mitterlehner –: Der Proporzvertre­ter! Abg. Dr. Haimbuchner: Jetzt kommt die geballte Wirtschaftskompetenz!)

 


17.14.21

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem kann ich Kollegem


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Gradauer beipflichten: Es ist sehr positiv, wenn die Universität Linz weitere Mittel be­kommt. Es gibt ja schon eine entsprechende Initiative. Wenn man auch diese unter­stützt, wunderbar. Woher das zusätzliche Geld allerdings kommen soll, hat er uns noch nicht angedeutet, aber ich bin gespannt. – Es wird sicher Vorschläge geben.

Was mich ein bisschen wundert, ist, dass diese Auseinandersetzung so geführt wird, als ginge es jetzt nur um den Proporz, als würde da etwas Neues verteilt. – Das ist ein Irrtum. Auch das Wirtschaftsbild, das Kollege Gradauer da angesprochen hat, hat eigentlich einen kleinen Fehler, und zwar: Es geht ja nicht um den operativen Teil, dass wir da jetzt mehrere Vorstandsdirektoren in den jeweiligen Einrichtungen bestimmen, sondern es geht um die Wahrnehmung der Eigentümerrechte, der Gesellschafter­rechte.

Wenn sich die Regierung als Koalitionsregierung zusammensetzt, dann entspricht diese Wahrnehmung natürlich der jeweiligen Zusammensetzung. Was wir mit dieser – grob gesagt – Forschungs- und Wirtschaftsförderungsrechtsnovelle machen, ist nichts anderes, als die einschlägigen Gesetze in einer Weise umsetzen, um das nachzuvoll­ziehen. Daher sehe ich dabei eigentlich überhaupt nichts Problematisches. Es werden auch nicht mehr Posten oder sonst etwas geschaffen, sondern Rechte wahrgenom­men.

Auf der anderen Seite nutzt man die Gelegenheit. Ich muss schon dazusagen, eigent­lich ist das nicht spektakulär, eigentlich ist das nach innen gerichtet, innenorganisato­risch ausgerichtet, produktionsorientiert und nicht wirklich revolutionär.

Was aus meiner Sicht schon etwas besser ist, ist, dass man auch die Kompetenzen teilweise erweitert hat, wie beispielsweise beim AWS, dass man sich des Bundesre­chenzentrums bedienen darf und andere Klärungen. – Das ist an sich ebenfalls nichts Schlechtes.

Was aber jetzt der springende Punkt und die wirkliche Frage dabei ist, wo es eigentlich überhaupt nicht um die Kontrollrechte geht – da hat sich ja nichts geändert –, sondern um die Zusammensetzung des Aufsichtsrates: Sind die AWS-Ausrichtung und die FFG grundsätzlich richtig? – Das ist doch die zentrale Frage! Ist sie kundenorientiert? Ist sie unbürokratisch? Sind wir nahe am Projekt?

Wenn wir uns das anschauen, muss ich sagen, ja. Wir sind auf dem Weg in Richtung der 3-prozentigen Forschungs- und Entwicklungsquote relativ weit vorangeschritten – 2,5 Prozent –, und es ist nicht entscheidend, ob ein Vertreter des Gewerbevereins im Aufsichtsrat des AWS sitzt, sondern entscheidend ist, wie viele Klein- und Mittelbe­triebe beispielsweise beim 7. Rahmenprogramm beteiligt sind. (Demonstrativer Beifall des Abg. Peter Haubner.) Da sind wir unter anderem auch mit dem AWS – das ist jetzt im Rahmen der FFG – dabei, um Mittel für Klein- und Mittelbetriebe zu lukrieren, und das ist an sich positiv.

Es ist daher meines Erachtens überhaupt keine Aufregung notwendig, sondern es ist, wenn ich es mir insgesamt anschaue, die Grundausrichtung, die Zielsetzung beider beziehungsweise aller genannten Einrichtungen komplett richtig. – Alles andere ist eigentlich ganz normal. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Schalle zu Wort gemeldet. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; Gesamtredezeit der Frak­tion: 10 Minuten. – Bitte.

 


17.17.42

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über das Bundes-


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gesetz reden, mit dem das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, das Österreichische For­schungsförderungsgesellschaftmbH-Errichtungsgesetz, das Garantiegesetz 1977 und das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert werden, dann muss ich unweigerlich auf das Jahr 2002 zu sprechen kommen.

In der vorletzten Legislaturperiode wurde unter unserem Mitwirken ein Gesetz geschaf­fen, das durch eine Verschmelzung der bisher voneinander unabhängigen Einzelför­dereinrichtungen wesentliche Vorteile geschaffen hat. Durch diese Neuorganisation konnten beträchtliche Synergieeffekte in der Verwaltung erzielt und Kosten eingespart werden, unter anderem durch die Zusammenführung der einzelnen Buchhaltungs- und Informationsabteilungen.

Auch seitens der Unternehmen konnten durch die Schaffung dieser neuen Einrichtung wesentliche Erleichterungen und Verbesserungen durch die Reduktion auf eine Anlauf­stelle und eben durch eine Bündelung von Kompetenzen erreicht werden. Vorher gab es einen Förderungsdschungel, jetzt gibt es ein One-Stop-Shop-Prinzip.

Leider Gottes machen Sie das alles wieder rückgängig. Sehr geehrte Damen und Her­ren! In den vorliegenden Regierungsvorlagen sind Dinge zu lesen, bei denen jemand, der aus dem Bereich der Wirtschaft kommt, nur den Kopf schütteln kann.

Zehn Mitglieder, aus denen der Aufsichtsrat künftig bestehen soll, sind meiner Meinung nach noch immer zu viel. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit entsendet einen Vorsitzenden und zwei Mitglieder, der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie entsendet den stellvertretenden Vorsitzenden sowie zwei weitere Mitglie­der, und – das ist für mich völlig unverständlich, aber wenigstens positiv – die Bundes­minister haben bei der Ausübung ihrer Entsendungsrechte darauf zu achten, dass jeweils zumindest eines der entsandten Mitglieder über unternehmerische Fähigkeiten oder Erfahrung verfügen sollte. (Beifall beim BZÖ.)

Es würde mich schon interessieren, welche Qualifikationen die anderen Mitglieder mit­bringen sollen und was genau Sie unter unternehmerischer Erfahrung verstehen. Da werden also dem rot-schwarzen Postenschacher nicht nur alle bestehenden Türen ge­öffnet, sondern zusätzlich neue geschaffen.

Wenn Sie so weitermachen, meine Damen und Herren der Bundesregierung, dann verursachen Sie nicht nur einen zu hohen Verwaltungsaufwand in diesem Bereich, sondern fördern die Bürokratie im Lande ganz erheblich. Sie werden das Ziel, wirkliche Einsparungen im Verwaltungsbereich vorzunehmen, nie erreichen.

Diese Änderungen führen nicht zu den von uns geforderten Vereinheitlichungen der österreichischen Forschungs- und Förderungslandschaft, sondern weiten im Gegenteil die Kompetenzzersplitterung aus, die unter unserer Regierungsbeteiligung großteils beseitigt wurde. Wir können dieser Novelle aus diesem Grund leider nicht zustim­men. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.21


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.21.16

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Kollege Hahn! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Abgeordneter Schalle davon sprach, dass seit dem Jahr 2002 erfolgreich daran gearbeitet wurde, den Förderungsdschungel zu lichten, dachte ich schon, dass sein und mein Redebei­trag kongruent sein könnten. – Das ist aber nicht der Fall, denn Sie haben dann un­verständlicherweise gemeint, dass zwar eine Verringerung von zwölf Aufsichtsräten auf


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zehn positiv sei, meinten aber, dass auch zehn zu viel seien. Das war aber schon seit 2002 so – einmal zwölf, einmal zehn.

Hand aufs Herz: Wenn Herr Abgeordneter Gradauer meint, mehrere Aufsichtsräte aus mehreren Ressorts seien völlig wirtschaftswidrig, weil das zu einer Kompetenzzersplit­terung führe – so nach dem Motto mehrere Geschäftsführer oder Vorstände für eine Aufgabe –, dann ist auch das absolut nicht nachvollziehbar. Selbstverständlich können Aufsichtsräte zum Beispiel auch gemäß den Eigentümerstrukturen eines Unterneh­mens abgebildet werden. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass die exzellenten Geschäftsführer von FFG und AWS dann jeweils ihre Aufgabenbereiche haben. Da hat der Herr Kollege Dinge vermischt, die nicht zusammengehören.

Ich sehe auch überhaupt kein Problem darin, dass Aufsichtsräte ihre Aufwandsent­schädigungen selbst bestimmen. Wer soll es denn sonst machen? Herr Kollege Hahn oder ich? – Das soll in die Eigenverantwortung der Aufsichtsräte gehen respektive dort bleiben.

Es ist auch völlig klar, wie Kollege Mitterlehner schon gesagt hat, dass wir die neue Kompetenzverteilung in der Bundesregierung jetzt auch in der Zuständigkeit für diese drei Gesellschaften abbilden. Das ist jetzt aus meiner Sicht sogar ein Stück übersichtli­cher als in der Vergangenheit.

Es ist auch wichtig, dass das Finanzressort entsprechend vertreten ist. Herr Kollege! Ich weiß nicht, wo das Umweltressort vertreten sein sollte. So wichtig das auch ist, ich sehe das BMVIT, das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, uns und das Finanzressort.

Ganz entscheidend ist aber, dass schließlich die letzten Jahre bewiesen haben, dass AWS und FFG hervorragende Arbeit im Dienste der Wirtschaft leisten. Da geht es um anwendungsnahe Forschung, da geht es um Wirtschaftsförderung, da geht es auch um unternehmerische Verantwortung und Erfahrung zumindest eines Teiles der Aufsichts­ratsmitglieder und dass dort die Bündelung der Kräfte erfolgt.

Das, was über Jahre und Jahrzehnte in verschiedenen Ressorts zersplittert war, wird in diesen Gesellschaften zusammengeführt. Zum Teil ist der One-Stop-Shop verwirklicht. Dass jetzt die Aufsichtsräte die Zuständigkeiten der Ressorts abbilden ist absolut nor­mal und nachvollziehbar. So gesehen meine ich auch im Namen des BMVIT, dessen Vertreter heute leider offensichtlich nicht zur Regierungsbank finden konnte, dass das eine gute Sache ist. (Abg. Scheibner: Findet das Parlament nicht! Herr Minister! Wir können einen Herbeiholungsbeschluss fassen, wenn Sie wollen!)

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Faymann und seiner Staatssekretärin in den beiden Gesellschaften, für die wir gemeinsam zuständig sind, nämlich FFG und AWS. (Beifall bei der ÖVP.)

17.24


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.24.38

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrte Herren Bundesminister! Geschätzter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich natürlich auch an die Zeit erinnern, wo ich die Forderung er­hoben oder den Wunsch geäußert habe, die gesamten Forschungskompetenzen doch in einem Ministerium zusammenzuführen, aber ich bin eines Besseren belehrt worden.

In den letzten fünf, sechs Jahren, wo es de facto eine ÖVP-Alleinregierung gegeben hat, ist das ja auch nicht gelungen. Daher ist es klar, dass es zu Veränderungen in die-


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ser Struktur auf Aufsichtsratsebene und auf Ministerialebene kommt, wenn zwei gleich starke politische Partner am Gestalten sind.

Die Herrschaften arbeiten ja in der Vergangenheit, in der Zukunft und in der Tagesar­beit immer wieder miteinander. Manchmal ist es sogar eine Befruchtung und ein ge­wisser Wettbewerb zwischen den Sektionen oder zwischen den Ministerialbereichen, der nicht immer nur negativ zu sehen ist.

Ich glaube, man muss den Damen und Herren einfach sagen, dass es erstens eine wichtige Aufgabe und eine wichtige Funktion mit großer Verantwortung ist, in den nächsten Jahren die Forschungs- und Förderungspolitik zu gestalten. Ich bin sehr opti­mistisch, dass es doch gut funktionieren wird, weil es erstens ein kreativer, ein innova­tiver Bereich ist, in dem man an sich gerne arbeitet, und zweitens ein Bereich, in dem die parteipolitische Schiene eher in den Hintergrund gedrängt werden kann. – Es ist leichter, sie in den Hintergrund zu stellen, weil der Bereich einfach eher von den In­teressen getragen ist, die man mitbringt – ob das der Universitätsbereich ist, der sich natürlich sehr stark für die Universitäten ins Zeug werfen wird, der Infrastrukturbereich, der natürlich die Infrastruktur-Forschungsförderungen ansprechen will oder natürlich das Wirtschaftsministerium mit den wirtschaftsbezogenen Forschungsförderungen.

Ich glaube, in Summe werden wir das in den nächsten eineinhalb Jahren sehen, und ich hoffe, dass es gut funktionieren wird. Ich bin sehr optimistisch, dass es unter den gegebenen politischen Verhältnissen eine gute Lösung ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.26


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Bucher. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. Restredezeit der Frak­tion: 7 Minuten. – Bitte.

 


17.27.13

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben noch in der Regierungszeit sehr viel für die Forschung getan. Ich erinnere nur an den Forschungsförderungsfonds, den wir eingerichtet haben, damit wir den Lissabon-Zielen gerecht werden und uns langsam, aber behutsam an die 3-Prozent-Grenze herantasten, die wir uns vorgenom­men haben. Wir erreichen mittlerweile etwas mehr als 2,5 Prozent des BIP.

Wenn man sich den Forschungsbericht ansieht, sieht man, dass wir aber auch einige Korrekturen vorzunehmen haben, nämlich hinsichtlich der Vergabe der Forschungsgel­der. Wenn man sich das anschaut, wird man gleich draufkommen, dass der überwie­gende Teil in die universitäre Forschung geht, hin zu den staatsnahen Institutionen und Instituten, dass aber der Anteil der Wirtschaft für Forschung relativ gering ist und die FFG meines Erachtens über viel zu komplizierte Instrumente verfügt, um die Wirtschaft auch mit den entsprechenden Mitteln auszustatten, damit die Wirtschaft auch etwas von diesen Forschungsgeldern hat.

Bewegt man sich zu den Betrieben, vor allem zu den Mittelstandsbetrieben, die auch gute Ideen haben, die kreativ sind, die auch selbst Forschung betreiben wollen, dann wird ihnen die Forschung viel zu kompliziert und viel zu schwer gemacht. Der Zugang zu Forschungsmitteln wirft viel zu viele Hürden auf.

Das heißt, wir sollten auch einmal kreativ darüber nachdenken, wie es uns gelingen kann, die mittelständische Wirtschaft stärker in die Forschung einzubinden, ihnen die Gelder, die wir an und für sich freigeschaufelt haben, leichter zur Verfügung zu stellen, das komplizierte System der Überwachung etwas zu lockern und damit natürlich auch zu bewerkstelligen, dass die mittelständische Wirtschaft schneller wächst, dass sie


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auch mehr Mitarbeiter beschäftigen kann und dass sie im einen oder anderen Fall, was ihre Forschungsideen betrifft, schneller zu Geld kommt und damit auch schneller Um­sätze akquirieren kann.

Herr Bundesminister, das wäre unser Ansatz: einmal darüber nachzudenken, wie wir für die Wirtschaft auf unkomplizierte Art und Weise noch effizienter mehr Forschungs­gelder zur Verfügung stellen können und vielleicht auch die Informationspolitik für die Wirtschaft verstärken können. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.29


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maier. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.30.05

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Hinsichtlich meiner Redezeit hatte ich mir vorgenommen, eher 8 Mi­nuten zu diesem Thema zu reden, und habe es jetzt auf 2 Minuten zurückgenommen. Ich habe darüber auch eine sehr intensive Diskussion mit Kollegem Mitterlehner und auch mit Kollegem Haubner geführt, würde diese Diskussion gerne zusammenfassen und möchte somit gleich zum Schluss meiner Ausführungen kommen.

Das geht in die Richtung, dass meiner Ansicht nach eine solche Organisation, wie es eben das AWS ist, an sich verglichen werden sollte zwischen den Leistungen des letz­ten Jahres und den Leistungen zu dem Zeitpunkt, bevor es gegründet wurde. Das ha­ben wir gemeinsam erarbeitet. Wenn ich Kollegen Haubner anschaue: Er wird dann noch zur wichtigen Zielgruppe der KMUs Stellung nehmen.

Ich glaube, wenn wir es nicht gegründet hätten, müssten wir es heute neu erfinden; das ist sicherlich das, wo wir uns gemeinsam finden werden. Insofern bin ich froh dar­über, dass es hier eine gesamte Förderleistung von über 1,3 Milliarden € gibt. Das soll­te weiterhin so bleiben, und dazu wünsche ich auch alles Gute! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

17.31


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.31.00

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Gleich anschließend an die 1,3 Milliarden €: Das ist eine gute Gesamt-Förderleistung. Es gibt da insgesamt 6 200 Förderungszusagen; das ist beachtlich. Ich glaube, dass es nicht auf die Anzahl der Aufsichtsräte ankommt – ob es dort zehn oder zwölf sind –, sondern auf den Erfolg, denn nichts ist erfolgreicher als der Erfolg. Mit 6 200 Förderzusagen ist ein beträchtlicher Impuls für die Wirtschaft voll­zogen. Ich glaube, diese Institution ist eine gute Institution. Der größte Teil dieser Kre­dite wird 605 Millionen betragen; 409 Millionen für Haftungen und 286 Millionen an Zu­schüssen.

Ich glaube, dass man bei dieser großen Förderkulisse auch auf eines aufpassen muss – dazu gibt es mehrere Anregungen –: Man soll darüber nachdenken, ob diese Förderungen immer mit den österreichischen Gesetzen und den österreichischen Ar­beitsrichtlinien konform gehen. Es geht darum, dass diese genau eingehalten werden, damit Unternehmen sich nicht ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass diese Regelung positiv zu bewerten ist. Dies ist ein wichtiges Instrument für die Forschung und deren Überleitung. Es ist ein wesentlicher Inhalt der österreichischen Wirtschaftspolitik. Wir sind überzeugt davon, dass dieses Instrument ein gutes Instrument ist.


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Ob jetzt eine Entwicklungsbank beim AWS oder bei der Kontrollbank angesiedelt wer­den soll, das wird derzeit im Finanzministerium und, ich glaube (in Richtung Bundes­minister Dr. Hahn), in Ihrem Ministerium geprüft. Das heißt, das ist auch ein guter Teil, daher sind wir froh darüber, dass heute diese Novelle beschlossen wird. – Danke viel­mals. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.33


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fürn­trath. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.33.32

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Bei der Forschungs- und Wirtschaftsförderungs­rechtsnovelle möchte ich im Besonderen auf den Artikel II eingehen, also auf die Ände­rung des ForschungsförderungsgesellschaftmbH-Errichtungsgesetzes.

Die Zuständigkeiten wurden ja schon erwähnt. Aber das aus meiner Sicht Wichtigste, das bei dieser Gesetzesänderung beschlossen wird, ist nicht die Zuständigkeit, son­dern in erster Linie die Zusammensetzung des Aufsichtsrates. Das Wichtigste ist im Artikel II Punkt 3 § 6 Abs. 2 geregelt; da steht:

„Die Bundesminister“ – also in dem Fall der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft und der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie – „haben bei der Aus­übung ihrer Entsendungsrechte darauf zu achten, dass jeweils zumindest eines der zu entsendenden Mitglieder über unternehmerische Erfahrung verfügt.“

Es wurde ja schon angesprochen – aus meiner Sicht ist das wirklich sehr, sehr wich­tig – und auch ganz klar gesagt, was unternehmerische Tätigkeit ist. Darunter versteht man eine mehrjährige hauptberufliche Tätigkeit in leitender Funktion, zum Beispiel Un­ternehmer, Gesellschafter, Vorstandsmitglied, Geschäftsführer, Prokurist mit Verant­wortung für Forschung und Entwicklung oder zum Beispiel Forschungsfinanzierung oder Forschungskoordination.

Warum ist nun dieser Absatz für mich so wichtig? – Weil sich diese Bundesregierung zu mehr Forschungsförderung bekennt, weil Forschung immer im Zusammenhang mit Wirtschaft steht und stehen muss und weil diese Bundesregierung zukunftsorientiert und effizient den Forschungs- und Technologiestandort Österreich attraktiv gestalten möchte.

Das bedeutet: Stärkung des Wirtschaftsstandortes, Sicherung und Schaffung von Ar­beitsplätzen und eine ausdrückliche Bezugnahme auf die internationale Tätigkeit der FFG. Und dies unter anderem durch die Tätigkeit des Bereiches Europäische und in­ternationale Programme im Zusammenhang mit dem Forschungsprogramm der Euro­päischen Kommission, vor allem aber durch die verstärkte internationale Vernetzung im Forschungsbereich mit der Teilnahme am European Research Area Network for Exchange of Technology der Europäischen Kommission.

Ich wünsche allen Forscherinnen und Forschern alles, alles Gute und viel Erfolg! Das gilt natürlich auch für alle Unternehmerinnen und Unternehmer. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.35


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kirch­gatterer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.35.58

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Nach dem Demokratiepaket gestern und dem


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Sozialpaket vorhin geht es in diesem Punkt um Wirtschaftspolitik. Wirtschaftsförderung und Forschungsförderung sind ein wichtiger Teil der aktiven Wirtschaftspolitik der Bun­desregierung, deren Ziel die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Betriebe, ein hohes Beschäftigungsniveau – in Richtung Vollbeschäftigung – und die Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit ist.

Das vor kurzem beschlossene Bundesministeriengesetz zieht nun Kompetenzverände­rungen nach sich. Wesentlich erscheint mir, geschätzte Damen und Herren, dass da­von starke Impulse – 1,3 Milliarden € und auch die hohe Zahl der Anträge sind schon erwähnt worden –, eine erfrischende Motivation für Kreativität und Innovation in unse­rem Land ausgehen. Für mich wichtig ist auch, dass der Zugang für die Klein- und Mit­telbetriebe erleichtert wird. Ich habe die Signale der neu zuständigen Mitglieder der Bundesregierung in diesem Bereich besonders erfreut vernommen.

Die kritischen Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt, die sehr sachlich und konstruktiv waren, habe ich ebenfalls vernommen. Diese gilt es auch in künftige Bera­tungen mit einzubeziehen.

Zum Schluss kommend: Von der Schaffenskraft, vom Ideenreichtum und vom For­schungsgeist vieler Österreicherinnen und Österreicher, vieler Menschen in unserem Land bin ich überzeugt. Ich glaube, wir haben auch die richtigen Voraussetzungen, um für die Zukunft viel zu erreichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.38


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ober­nosterer. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.38.20

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Über die Forschungs- und Wirtschaftsförderungsrechtsnovel­le 2007 wurde heute, glaube ich, genug diskutiert, und sie wurde auch kritisiert. Etwas möchte ich aber klar dazu sagen: Ein großer Erfolg war die grundlegende Neugestal­tung der Forschungs-, Technologie- und Innovationsförderung seit dem Jahre 2000! (Abg. Öllinger: Oh!)

Faktum ist, dass noch nie so viel Geld für Forschung und Entwicklung ausgegeben wurde wie jetzt: insgesamt 6,83 Milliarden €. (Abg. Öllinger: Wofür?) Faktum ist auch, dass es seit dem Jahr 1998 eine Steigerung von 101 Prozent gegeben hat. Faktum ist außerdem, dass die Wirtschaft und die öffentliche Hand sehr gut zusammenarbeiten, wenn man bedenkt, dass die Wirtschaft – im In- und Ausland – zirka 62 Prozent der Mittel für Forschung und Entwicklung aufbringt und dass die öffentliche Hand 37,4 Pro­zent ausgibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat sich in den letzten Jahren zu einem Forschungs- und Entwicklungsland gemausert. Wir sind international an vorderster Front – und darauf können wir stolz sein. Das ist der Sinn von Forschung und Entwicklung! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.39


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mikesch zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.40.01

Abgeordnete Adolfine Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bei der Forschungs- und Wirtschaftsförderungsrechtsnovelle 2007 geht es in erster Linie darum, die neuen Zuständigkeitsverteilungen des Bundes an der


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AWS, die sich aus der Bundesministeriengesetz-Novelle ergeben, umzusetzen. Ich möchte die Gelegenheit auch dazu nützen, um ganz einfach hervorzuheben, was die Leistungen der AWS für unsere Wirtschaft, für unsere Unternehmungen bedeuten.

Im Jahre 2006 wurden rund 65 Prozent aller Förderungszusagen an Kleinstunterneh­men mit bis zu neun Mitarbeitern getätigt. Weitere 20 Prozent wurden an kleine Unter­nehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern vergeben. Insgesamt betrafen 93 Prozent aller För­derzusagen das Segment der Klein- und Mittelbetriebe. Wenn wir uns veranschauli­chen, dass 99,7 Prozent der gewerblichen Wirtschaft Klein- und Mittelbetriebe sind, dann trifft hier der Schwerpunkt der Förderung der AWS genau die Basis, den Träger der heimischen Wirtschaft. Mit einer Gesamt-Förderleistung von über 1,3 Milliarden € und 6 218 Förderzusagen wurde im Jahr 2006 ein Förderrekord erreicht.

Es werden mit sehr vielen Zuschüssen Investitionen, Innovationen und Modernisierun­gen durchgeführt. Der Förderungszugang erfolgt gewöhnlich über den Weg der finan­zierenden Hausbank. Für sie ist es natürlich sehr wichtig, engen Kontakt mit den Unter­nehmerinnen und Unternehmern zu halten. Ich möchte mich heute bei all den Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern in den Banken bedanken, die unsere Klein- und Mittelbetrie­be intensiv dabei unterstützen, diese Förderanträge auszufüllen und damit auch positiv umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dieser Politik verfolgen wir das Ziel, die Rahmenbedingungen für die österreichi­sche Wirtschaft weiter zu verbessern, vor allem aber auch nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung in den benachteiligten Regionen und in den alten Industriegebieten zu sichern und damit für unsere Nächsten den Arbeitsplatz zu schaffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.42


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haub­ner. 1 Minute freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


17.42.18

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich kann hier nahtlos an die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Maier anschließen, mit dem ich mich ja, wie er schon erwähnt hat, in dieser Beziehung be­raten habe. AWS und Forschungsförderungsfonds sind sehr wichtig für die Klein- und Mittelbetriebe.

Kollege Mitterlehner hat es praktisch auf den Punkt gebracht: Wichtig ist, dass die Unternehmer spüren, dass das unbürokratisch ist und dass es super funktioniert. Das ist der Fall. Die Struktur dahinter ist für die Klein- und Mittelbetriebe von nicht so großer Bedeutung. Es ist wichtig, dass die Fördergelder an den richtigen Ort und zu den rich­tigen Unternehmen kommen.

Ich glaube, die Arbeit dieser Unternehmer im Sinne der Forschung und Entwicklung ist eine ganz wichtige für den Wirtschaftsstandort Österreich. Wir freuen uns darüber, dass das auch in Zukunft so sein wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.43


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Dr. Hahn zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.43.00

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte mit meiner Anwesenheit bei diesem Tagesordnungspunkt eigentlich auch zum Ausdruck bringen, dass der ganze


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Forschungsförderungsbereich einer ist, der eine Querschnittmaterie ist. Wenn es natür­lich notwendig ist, die Zuständigkeiten sehr präzise festzulegen, so ist es andererseits auch wesentlich, dass die verschiedenen Bereiche eng miteinander kooperieren. Das findet auch statt.

AWS, FFG und FWF sind auch sehr wichtige Abwicklungsagenturen für die Universitä­ten beziehungsweise die universitäre Forschung. Die Gelder, die hier vergeben wer­den, nehmen sukzessive zu, und dies wird dann auch in der einen oder anderen Auf­sichtsratszusammensetzung seinen Niederschlag finden. Auch da kann ich Sie beruhi­gen, dass die Verzahnung funktionieren wird.

Im Übrigen möchte ich mich auch ganz ausdrücklich bei den Mitarbeitern der diversen Agenturen für die sehr gute – auch im Sinne der europäischen Kooperation – Abwick­lung bedanken.

Kollege Obernosterer hat es ja schon angesprochen – auch als Replik auf Abgeordne­ten Bucher –, und ich halte es auch für wichtig, festzuhalten, dass heute schon 62 Pro­zent der gesamten F&E-Aufwendungen aus dem Wirtschaftsbereich und 38 Prozent aus dem öffentlichen Bereich kommen. Das europäische Ziel ist eine Zwei-Drittel-/Ein-Drittel-Regelung. Ich darf daran erinnern, dass wir vor 15 bis 20 Jahren noch bei fifty-fifty waren, also 50 Prozent Wirtschaft, 50 Prozent öffentlicher Anteil.

Daher denke ich, dass die Entwicklung eine sehr, sehr gute ist und tatsächlich dazu führen wird, dass Österreich im Forschungsbereich vom Imitator zum Innovator wird. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.45


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung. Ich darf alle Damen und Herren bitten, wieder Platz zu nehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 107 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

17.46.0212. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvor­lage (91 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeitenkoordinationsgesetz ge­ändert wird (108 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 172

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Gradauer vor. 5 Minuten freiwil­lige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.46.22

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Es werden keine 5 Minuten sein, keine Sorge. Es wird kür­zer sein.

In dieser Frage sind die Bundesländer Salzburg und Kärnten, die mit ihrer Stellungnah­me das Gesetz abgelehnt haben, aufgetreten. Die Landeshauptleutekonferenz hat sich in der Tagung vom 10. Mai 2006 mit der Frage der Bundesstaatsreform befasst und klargestellt, dass sie außerhalb der Bundesstaatsreform auch keiner Änderung zu Las­ten der Bundesländer zustimmen wird.

Außerdem glaube ich, dass das Drüberfahren des Bundes in dieser Gesetzesänderung von den Ländern nicht akzeptiert wird. Gesetzesänderungen, die so heikel wie diese sind, sollten im Konsens mit den Bundesländern gelöst werden. Es geht um die Sicher­heit am Bau.

Ich glaube, dass die Länder in regionalen Fragen dem Bürger immer näher sind als die Bundesbehörden. So soll es letztlich auch bleiben. Deshalb lehnen wir Freiheitliche diesen reparierten Gesetzentwurf, bei dem die Kompetenz vom Land zum Bund gehen soll, ab. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.47


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.47.46

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann der Argumentation des Kollegen Gradauer in dem Fall nicht ganz folgen. Ich glaube, dass bei dieser Geset­zesänderung, die aufgrund eines Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses vom Septem­ber 2006 notwendig ist, dieses Gesetz zwar verfassungsrechtlich geändert wird, jedoch materiell an dem Gesetz überhaupt nichts gemacht wird.

Es geht lediglich um die kompetenzrechtlichen Bestimmungen, und hier ist es meines Erachtens vernünftig, wenn das ein Bundesgesetz ist. Denn würden wir das anders lösen, dann müssten neun Landesgesetze erlassen werden, was mit wesentlich mehr Administration, mit wesentlich höheren Kosten für die Bevölkerung verbunden wäre. Ich glaube, dass man damit den richtigen Weg gewählt hat, diese Gesetzesreparatur dahin gehend zu machen, dass das Bundeskompetenz bleibt; im Rahmen der Bundes­kompetenz ist es nur notwendig, heute diese Novelle zu machen. Es ist damit keinerlei andere Gesetzesnotwendigkeit in den neun Bundesländern gegeben.

Aber zum Zweiten möchte ich auch anmerken, dass wir gerade beim Bauarbeitenkoor­dinationsgesetz durchaus auch inhaltlich noch etwas hätten tun können oder vielleicht in Zukunft noch tun sollten. Es ist nämlich so, dass die Baustellenkoordination und Pla­nungskoordination sehr häufig von Personen durchgeführt wird, die mit dem Arbeitneh­merInnenschutz eher weniger zu tun haben.

Daher wäre es vielleicht vernünftig, wenn solche Baustellenkoordinatoren oder Pla­nungskoordinatoren auch ein Mindestmaß an Ausbildung im Bereich der Arbeitnehme­rInnenschutzmaßnahmen hätten. So wäre es vielleicht ganz gut, wenn man obligato­risch vorschreiben könnte, dass die Personen, die diese Baudurchführungen machen, auch das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz beherrschen und zumindest so viele Dinge


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 173

wissen, dass wir möglichst wenige Unfälle am Bau haben. Das Ganze sollte präventiv geschehen.

Ich möchte das nur ergänzend dazu sagen, weil ich glaube, dass man da noch einmal aktiv werden sollte, nämlich zum Schutz der Bauarbeiter. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.50


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.50.24

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Die Her­ren Bundesminister! Hohes Haus! 1999 wurde in diesem Haus das Bauarbeitenkoordi­nationsgesetz beschlossen. Es wurde damit eine EU-Richtlinie umgesetzt, die Mindest­vorschriften über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz für Arbeitnehmer auf Bau­stellen enthält.

Es wurde davon ausgegangen – und das war ein Irrtum –, dass es sich dabei um Ar­beitnehmerschutzmaterien handelt. Normadressat dieses Gesetzes ist nämlich der Bauherr. Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass es nicht zulässig ist, einem Bauherrn durch Bundesgesetz Pflichten aufzuerlegen.

Würden wir heute nicht diese Kompetenz durch Verfassungsgesetz und den aufge­hobenen § 4 Abs. 1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz beschließen, müssten neun Lan­desgesetze mit ähnlichem Inhalt beschlossen werden und zusätzlich auch noch die Vollziehung durch Landesverwaltungsbehörden erfolgen. Diese Aufgaben werden ja derzeit von den Arbeitsinspektionen in unmittelbarer Bundesverwaltung eigentlich recht erfolgreich durchgeführt.

Daher ersuche ich um Zustimmung zu diesem verfassungsrechtlichen Gesetzesbe­schluss. (Beifall bei der ÖVP.)

17.51


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schalle. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten; Restredezeit der Fraktion: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.51.45

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bauarbeitenkoordinationsge­setz ist eine sehr sinnvolle Sache und ist eigentlich eine Mindestvorschrift. Es ist unbe­dingt notwendig, dass es auf einer großen Baustelle einen Baukoordinator gibt, der die Arbeiten koordiniert. Das ist, glaube ich, sowohl von der Arbeitnehmerseite als auch von der Unternehmerseite her einfach notwendig und sinnvoll. Es ist ganz besonders aus Sicherheitsgründen unbedingt notwendig.

Sowohl die EU-Richtlinie 92/57/EWG als auch das Bauarbeitenkoordinationsgesetz ha­ben das Ziel, Sicherheit und Gesundheitsschutz der auf den Baustellen beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen durch Koordinationspflichten für Bauherren so­wie Projektleiter und Projektleiterinnen zu verbessern und das in diesem Wirtschaftsbe­reich für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen besonders hohe Unfallrisiko herabzu­setzen.

Deswegen ist es auch für jedermann nachvollziehbar, dass es im Parlament behandelt wurde und in einem Bundesgesetz geregelt ist, das jedoch der Verfassungsgerichtshof mangels Kompetenz des Bundesgesetzgebers per 1. Juli aufgehoben hat. Wenn wir dieses Gesetz heute nicht ändern, müssten wir wieder – wie schon mein Vorredner ge-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 174

sagt hat – über eine 15a-Vereinbarung eine eigene Verordnung erlassen. Das wäre si­cher nicht sinnvoll.

Bei der Gelegenheit möchte ich noch anmerken, dass es auch sinnvoll wäre, dass wir endlich einmal in allen neun Bundesländern eine einheitliche Bauordnung hätten. Das wäre ein ganz großes Anliegen von uns.

Wir werden diesem Antrag zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

17.53



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 175

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mayer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Kollege Mayer ist nicht anwesend.

Damit kommt Herr Abgeordneter Steindl zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung. – Bitte.

 


17.54.06

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Mein Kollege Peter Sonnberger und meine Vorredner haben alles Wesentliche zum Bauarbeitenkoordinationsgesetz ausgeführt. Wie gesagt, der Verfassungsge­richtshof hat am 29. September 2006 das gegenständliche Gesetz aufgehoben. Dar­aus resultierend, war eine Novellierung notwendig. Die Alternative wäre gewesen, ge­mäß Artikel 15a in den Ländern neun gleiche Landesgesetzvarianten zu schaffen. Ich glaube, das ist nicht sinnvoll.

Hier geht es also um eine von der EU übertragene Bundeskompetenz. Ich bin der Mei­nung – wie auch ein Teil meiner Vorredner –, dass wir hier schon danach trachten soll­ten, dass wir endlich zu neun gleichen Bauordnungen kommen, beispielsweise zu neun gleichen Kesselverordnungen. Hier wäre einzufordern, dass der Konvent seine Arbeit wieder aufnimmt. Denn letztlich ist eine effiziente und wettbewerbsfähige Volks­wirtschaft auch ganz maßgeblich abhängig von einer effizienten und wettbewerbsfähi­gen Verwaltung. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.55


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Glaser. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.55.46

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zur Substanz des Gesetzes, glaube ich, ist das Wesentliche gesagt. Weil heute aber schon über Finanzausgleich und Ländereinbindung gespro­chen wurde, möchte ich in diesem Zusammenhang etwas in Bezug auf die Wohnbau­angelegenheiten einbringen.

Wenn über Finanzausgleich und Wohnbauförderung verhandelt wird, dann ist es si­cherlich auch notwendig – wie schon von vielen von uns gefordert wurde –, bei der Sanierung von Altgebäuden den Aspekt der Wärmedämmung entsprechend einzubrin­gen. Wir könnten, wenn wir diesen Bereich entsprechend dotieren und ausbauen, eini­ges erreichen.

Zum einen wäre dies – das ist das Wichtigste – eine Verminderung des CO2-Aussto­ßes. Als Zweites wäre es wesentlich, dass wir zusätzliche Arbeitsplätze schaffen könn­ten. Drittens könnten wir damit zur Belebung der Ortskerne beitragen; das ist in vie­lerlei Hinsicht wichtig. Überdies könnten wir gleichzeitig gegen die Vergeudung von Bauland im Umfeld der Orte und der Städte etwas tun.

Ich glaube, dass das ein wesentlicher Beitrag im Rahmen der Finanzausgleichsver­handlungen sein könnte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.57


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hörl. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.57.17

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Die Herren Bun­desminister! Hohes Haus! Es wurde zu diesem Gesetz heute im Wesentlichen schon alles gesagt. Arbeitnehmerschutz ist mir als Unternehmer sehr wichtig. Ich weiß – da ich nicht nur im Büro arbeite –, dass es gerade auf Baustellen immer wieder zu sehr gefährlichen Situationen kommt, die im Übrigen in allen Bundesländern gleich sind. Deshalb bin ich der Meinung, dass es richtig ist, dass wir das nun auf nationaler Ebene regeln und damit verhindern, dass der Arbeitnehmerschutz auf neun verschiedene Spielwiesen aufgeteilt wird.

Ich bin Föderalist, und als Bürgermeister weiß ich natürlich, dass die Bevölkerung un­seres Landes unterschiedliche Bedürfnisse hat. Ich bin froh darüber, dass man mit der Bauordnung und mit den Raumordnungsgesetzen auf die unterschiedlichen Bedürf­nisse der Bevölkerung eingehen kann. Diese werden von diesem Gesetz heute nicht tangiert, und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP.)

17.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.58.17

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es geht ja, wie die Vorredner schon angedeutet haben, gar nicht so sehr um den Mate­rienkern des Gesetzes, sondern um den Vorgang, dass der Verfassungsgerichtshof etwas aufgehoben hat und die Reparatur jetzt auf mehrere Weisen möglich gewesen wäre. Aber wir haben uns selbst im Ausschuss davon überzeugen lassen – im Übrigen: auch das kommt vor –, um Himmels willen nicht neun verschiedene Länderregelungen vorzunehmen!

Es ist gelungen, das abzuwehren. Ich nehme das nur zum Anlass, um darauf hinzuwei­sen, dass es viele Parallelfälle gäbe, in denen es auch nützlich wäre, wenn der Bund entsprechend aufträte. Das endet ganz zum Schluss bei den gescheiterten Konvents­verhandlungen.

Ich beziehe mich auch auf die Erfahrungen in den Regierungsverhandlungen; einige Herren stehen ja hier. Es war die ÖVP – die jetzt über etwas anderes zu tuscheln
hat –, die uns bei den letzten Regierungsverhandlungen ausgerichtet hat: Na ja, es ist so, wenn wir uns jetzt parteiübergreifend unterhalten, ist es ja relativ leicht – wohlge­merkt, zwischen Grünen und ÖVP –, zu einem Konsens zu kommen. Aber wenn es einmal um Bundesländer gegen Bund geht – Zitat nunmehriger Vizekanzler Molterer –: Wenn das einmal eintritt, dann ist es Simmering gegen Kapfenberg!

Sehen Sie, diese Flurbereinigung sollten Sie in der ÖVP einmal machen! Es wird hier immer noch viel zu viel Plunder an unproduktivem Föderalismus hochgehalten. Nichts gegen regionale Entscheidungen dort (Zwischenruf des Abg. Rädler), wo es genau passt; das ist ja der Sinn des Subsidiaritätsprinzips, das Sie in Ihrem Parteiprogramm haben. Aber wenn Sie das so übertreiben, dann landen Sie dort, wo Sie zu Hause sind: in der Polit-Folklore, die ökonomisch ineffizient ist und die Verwaltungsreform, die Sie uns dauernd erklären, blockiert; es geht nichts weiter!

Deshalb ist es eigentlich an der ÖVP – nach wie vor spreche ich für das Protokoll; aber trotzdem wichtig –, hier einmal in den eigenen Reihen eine entsprechende Diskussion zu führen, denn solange wir uns hier in Zweidrittelmehrheit-Materien bewegen und die Einsicht bei der Bevölkerung gerade noch nicht so weit ist, dass es sehr vernünftig


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 176

wäre, dass diese eigentlich reformunfreudige Partei mandatsmäßig wieder unter die Drittelschwelle gedrängt wird, wird es die unaufgearbeitete Sachlage in der ÖVP sein, die alle Reformen verhindert. Das ist wesentlich – für das Protokoll; die ÖVP wird das nachlesen müssen! (Beifall bei den Grünen.)

18.01


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die vorläufig letzte Wortmeldung in dieser De­batte liegt von Herrn Abgeordnetem Mayer vor. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte.

 


18.01.12

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich zu Bedeutung und Inhalt des Bauarbeitenkoordi­nationsgesetzes das meiste gesagt. Ich habe ein bisschen nachgelesen, was im Jahr 1999 die Begründung dafür war, dass man dieses Gesetz eingeführt hat. Es ist auch interessant zu sehen, wenn man in der Statistik der Allgemeinen Unfallversiche­rungsanstalt blättert, dass tatsächlich insgesamt die Arbeitsunfälle auf durchschnittlich 120 000 zurückgegangen sind, also um 10 000 in diesen acht Jahren, der überwiegen­de Teil auf den Baustellen, für die eigentlich diese Einrichtung auch geschaffen wurde.

Auch der Durchschnitt an tödlichen Arbeitsunfällen ist von 150 auf 140 im Jahr zurück­gegangen, das ist immer noch zu viel, aber der Rückgang findet sich ebenfalls im We­sentlichen im Bau- und Baunebengewerbe.

Als Hauptunfallursachen wurden angegeben: sicherheitswidrige Zustände, sicherheits­widriges Verhalten und höhere Gewalt.

Meine Damen und Herren, ich habe persönlich miterlebt, was es heißen kann, wenn es auf Baustellen zu Unfällen kommt und die geforderten Sicherheitsvorkehrungen nicht beachtet werden. Das kann bis zum Ruin eines Kleinunternehmers führen.

Ich weiß schon, dass die heutige Änderung des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes le­diglich dazu dient, eine Gesetzesreparatur durchzuführen, nachdem der Verfassungs­gerichtshof das Gesetz mangels Kompetenz aufgehoben hat, dennoch möchte ich sagen und anregen, dass mittlerweile auch eine weitergehende, eine inhaltliche Novel­lierung dieses Gesetzes notwendig wäre. Unser Hauptredner hat bereits darauf hinge­wiesen, dass man unter anderem zum Beispiel eine Mindestausbildung auf dem Gebiet des Arbeitnehmerschutzes für Planungs- und Baustellenkoordination obligatorisch vor­schreiben möge.

Abschließend: Ich meine, wir tun überhaupt gut daran, in Zukunft bei sämtlichen Ge­setzen, auch wenn sie nur formale Änderungen brauchen, gleichzeitig im Ausschuss mit zu beraten, ob und in welchem Umfang jeweils auch inhaltliche Novellierungen not­wendig sind oder sinnvoll wären. Dies würde zu einer noch besseren Effizienz unserer Arbeit in den Ausschüssen beitragen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.03


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 91 der Beilagen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 177

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wieder die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

18.04.5313. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (75 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (132 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Broukal. 4 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.05.18

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt wird einstimmig beschlossen werden. Wir sind alle sehr froh darüber, dass die Stipendien der Studierenden, die Studienför­derung nach sieben Jahren, in denen sie nicht an die Geldentwertung angepasst wur­de, nun um 12 Prozent angehoben wird. Ich beeile mich hinzuzufügen, dass die Geld­entwertung in dieser Zeit aber mehr betragen hat, etwa 15 bis 16 Prozent, sodass man nicht von einer vollen Wiederherstellung des damals angedachten Kaufwertes reden kann. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Ja, Gertrude (in Richtung der Abg. Dr. Brinek), das ist völlig eindeutig, Verbraucher­preisindex 1996 Jänner 2000 103,6, Dezember 2006 118,7, 16 Prozent Geldentwer­tung, simpel und einfach, 12 Prozent Anpassung, also zwei Drittel der Geldentwertung haben wir eingeholt, aber es soll ja nächstes Jahr eine zweite Tranche geben, und ich bin froher Hoffnung, dass es dann gelingen möge, wirklich wieder jene Wertverhältnis­se herzustellen, die die Studienförderung zuletzt unter Bundesminister Caspar Einem hatte. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Bitte? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Räd­ler. – Abg. Dr. Fekter: Broukal wollte sie abschaffen! – Weitere Zwischenrufe.) Die Sti­pendien wollte ich abschaffen? (Abg. Dr. Fekter: Nicht die Stipendien!) Da gibt es aber ganz eigene Geschichtserzählungen in der ÖVP. Wenn Sie mir dann eine Quelle dafür nennen, bin ich sehr froh. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Die Studiengebühren? – Die, ja, aber ich rede jetzt von der Studienförderung, den so­genannten Stipendien. Willkommen in der Realität, Herr Kollege! Heute wohl schon zu


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 178

lange in der Kantine gesessen, vermute ich einmal. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Bitte, manche Zwischenrufe haben tatsächlich ein Niveau, dass man nicht wirklich ernst darauf antworten kann. (Abg. Scheibner: Das ist euer Koali­tionspartner!) – Das ist mein Koalitionspartner. Ehrlich gestanden, er wurde mir ausge­sucht, ich habe ihn mir nicht ausgesucht. Schauen Sie, so hat jeder seine Erzählungen.

Im nächsten Jahr, was uns nach wie vor ... (Abg. Dr. Stummvoll: Klagen sind beim Herrn Bundespräsidenten zu deponieren!) – Irgendwie sind Sie jetzt auf einmal so auf­geregt. – Ich habe noch zwei Minuten, und die werde ich nützen.

Also: Wir haben nur zwei Drittel der Geldentwertung aufgeholt, es bleibt im nächsten Jahr noch etwas zu tun. Der Herr Bundesminister hat ja auch eine zweite Tranche ver­sprochen, und damit bin ich, glaube ich, wieder auf der Koalitionsschiene, die Sie so sehr bei mir einmahnen.

Meine Aufgabe wird es sein, darauf zu schauen, dass es auch wirklich so weit kommt. Und Ihre Aufgabe könnte es sein, bei Ihrem Finanzminister dafür zu sorgen, dass der Herr Wissenschaftsminister nächstes Jahr das Geld bekommt, um die Studienbeihilfen tatsächlich komplett an die Geldentwertung anzupassen.

Was wir im nächsten Jahr auch noch machen werden – da gibt es ja auch schon eine Zusage des Ministers, das tun zu wollen –, ist, bei den Anspruchsvoraussetzungen ebenfalls in die Breite zu gehen und einem größeren Prozentsatz der Studierenden als derzeit den Einstieg in das Studienbeihilfensystem zu ermöglichen.

Alles in allem eine erste Etappe. Wir stimmen gerne zu und hoffen, dass wir gemein­sam im nächsten Jahr noch eines drauflegen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.08


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Ebenfalls 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.08.43

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Ich darf einige Dinge klarstellen. Kollege Broukal, es ging bei der Steigerung des Verbraucherpreisindex um 15 Prozentpunkte, genau aber 12,8 Prozent. (Abg. Dr. Fekter – in Richtung des Abg. Broukal –: Rechnen lernen!) Die auszuzahlende Stu­dienbeihilfe wird auch um 12 Prozent angehoben, insofern ist meine Rechnung und die des Ministers die richtige.

Anmerken möchte ich auch noch etwas zu dem Zwischenruf meines Kollegen. Es ging schon ums Sparen und um großzügiges Umgehen mit Geld. Zu Beginn deines Eintritts ins politische Leben kam der Vorschlag, aus dem ORF wüsstest du, 10 bis irgendwas an Prozenten könne man ruhig einsparen, da merkt man überhaupt nichts davon. Viel­leicht war das die Assoziation vom Kollegen Rädler, aber das wollen wir jetzt nicht dis­kutieren. (Abg. Mag. Donnerbauer: Von dieser Meinung will er auch nichts mehr wis­sen!)

Die Erhöhung um 12 Prozent ist daher richtig. Ich erinnere auch daran, dass bisher schon das Studienförderungsgesetz 1992 verbessert wurde, nämlich um den Umstand, dass zwischen 2000 und 2006 die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von 34 000 auf 48 000 gesteigert werden konnte. Auch ein schöner Erfolg, aber für die Studieren­den kann man nie genug tun; diesbezüglich bin ich wahrscheinlich mit der Mehrzahl der hier Anwesenden eines Sinnes.

Wozu denn überhaupt Studienförderung? Was soll damit erreicht werden? Und in wel­chen Höhen bewegen wir uns? Wenn ich mit Personen in meinem Wahlkreis spreche,


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dann sehe ich, es gibt so gar keine Vorstellung, was das Höchststipendium, die Höchststudienförderung sein kann.

Die Höchststudienbeihilfe beträgt – unbeschadet eines Erhöhungszuschlages – mo­natlich 424 € beziehungsweise fast 5 100 € jährlich. Die Höchststudienbeihilfe beträgt unter besonderen Umständen sogar noch mehr, nämlich 7 272 € im Jahr oder 606 € im Monat. Für welche Personen? – Für Vollwaisen, für verheiratete Studierende, für Stu­dierende, die zur Pflege und Erziehung mindestens eines Kindes gesetzlich verpflichtet sind, für Studierende, die nicht am Wohnort wohnen können, sowie für sogenannte Selbsterhalterstudierende. 7 272 plus etwa 7 000 €, die man steuerfrei dazuverdienen kann, wenn man Studienbeihilfenbezieher ist, und Familienbeihilfenbezieher insgesamt auch noch mehr als 7 000. Jetzt rechnen Sie zusammen, ob man mit diesem Geld – steuerfrei! –, wenn man etwa genauso viel oder mehr dazuverdienen kann, wie man an Studienförderung bekommt, ein studentisches Leben führen kann!

Ich glaube, damit ist ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Studierendenförderung ge­tan, ein wichtiger Schritt zur Hebung der Akademikerquote, ein wichtiger Schritt zu einem raschen Studienabschluss, in Vorschau auf die Weiterentwicklung der strukturel­len Bedingungen zur Erreichung der Studienförderung, einschließlich der Dinge, die wir uns im Zusammenhang etwa mit Leistungsstipendien anschauen können.

Kollege Sonnberger und ich haben in den letzten Monaten viele Zuschriften bekom­men, wo das Leistungsstipendium, die Leistungsstipendienregelung gegenwärtig gede­ckelt und assoziiert ist zur Studienförderung als Prozentanteil. Es gibt so viele tüchtige Studierende, die damit nicht in den Genuss kommen könnten. Das gehört dann auch in die Strukturverbesserung.

Meine Damen und Herren, mit dieser Maßnahme, 12 Prozent Steigerung, wollen wir jungen Menschen eine weitere Chancenerweiterung geben, erstens etwa von dem unattraktiven Platz im internationalen Vergleich, dass Österreich zu den Ländern mit den längsten Studienzeiten gehört, wegzukommen, aber auch individuell jedem jungen Mann, jeder jungen Frau die Chance geben, rasch zu einem Arbeitsplatz zu kommen, rasch eine Wissenschafterkarriere einzuschlagen und damit rasch zu einem persönlich und individuell erfolgreichen Leben zu kommen. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

18.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abge­ordnetem Dr. Grünewald vor. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.13.03

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Kollegin Brinek, was soll ich nach so vielen wichtigen Schritten eigentlich noch sagen? (Abg. Dr. Brinek: Bravo, können Sie sa­gen!) Bei so vielen „Meilensteinen“ – das schaut ja schon aus wie ein archäologisches Ausgrabungsfeld in Rom (Abg. Dr. Brinek: Da fahre ich am Sonntag hin!), so viele Meilensteine haben Sie gesetzt.

Bleiben wir bei der Realität: Warum stimmen wir jetzt über das ab? – Weil man schlichtweg auf die Pädagogischen Hochschulen vergessen hat. (Abg. Dr. Brinek: Nein!) Das ist ein bisschen seltsam, denn die sind ja schon länger beschlossen worden und nicht gerade vorgestern. (Abg. Dr. Brinek: Kollege Auer sagt das noch!)

Wir werden dem natürlich zustimmen, denn jede Erhöhung der Studienbeihilfen ist etwas Positives, aber trotzdem muss man sagen, ganz wird die Inflationsrate seit 1999 nicht abgedeckt. Daher würden wir, da Studieren ja kein billiger Sport ist, wirklich nicht, eine jährliche Indexanpassung vorschlagen.


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Es gibt auch noch andere Diskussionspunkte, die man für die Zukunft vormerken könn­te, zum Beispiel die Vergabe von Studienabschlussförderungen oder Stipendien bei Master-Studien, die vermehrte Errichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen für Kin­der Studierender, denn die Betreuung kostet auch Geld. (Zwischenruf der Abg. Dr. Bri­nek.)

Ich darf zuerst einmal sagen, was ich mir denke, denn was du dir denkst, weiß ich ja ohnehin. (Abg. Dr. Brinek: Du hast keine Ahnung, was ich alles weiß!) Na schon.

Man könnte auch schauen oder nachfragen, wie die sehr positiven Erasmus-Stipen­dien, die ja immer mehr beansprucht werden, so unterstützt werden können, dass sie nicht nur vorwiegend von einkommensstärkeren Familien und deren Kindern genützt werden können, denn leben kann man im Ausland von diesen Stipendien de facto nicht wirklich. Da sollte man etwas tun!

Man könnte auch versuchen, die Mobilität der Studierenden innerhalb Österreichs zu erhöhen, was bei an manchen Standorten überfrachteten Studien ja Sinn machen könnte, wenn Studierende an weniger frequentierte Standorte ausweichen. Man könnte überlegen, studentisches Wohnen anders zu fördern.

Was aber wirklich ein Ärgernis ist: Der ehemalige Bundeskanzler Schüssel hat immer wieder behauptet, in Österreich bekämen 40 Prozent aller Studierenden Studienbeihil­fen. – Das ist nackter Unfug! Ich weiß nicht, was man oder was er da alles dazugerech­net hat. Wenn man die Zahl der Studierenden und die vergebenen Beihilfen in der Sta­tistik des Ministeriums anschaut, kommt man auf nicht ganz 17 Prozent aller Studie­renden. Rechnet man die Familienbeihilfe dazu, was Schüssel sicher getan hat, kommt man unter Zudrücken beider Augen auf knapp über 20 Prozent. Und da muss man sagen, EU-weit liegen diese Raten zwischen 50 und bis zu 86 Prozent, wie in Groß­britannien. Zur Ehrenrettung Österreichs muss man allerdings sagen, dass die Höhe der Stipendien bei uns etwas besser ist als im EU-Schnitt.

Ein großes Ärgernis ist, dass Teilzeit-Studierende die vollen Studienbeiträge zahlen müssen, obwohl sie an Leistungen weniger konsumieren als jene, die voll studieren – das hat natürlich auch damit etwas zu tun, denn da geht gleich alles verloren –, und dass Nicht-EU-Inländer die doppelten Studiengebühren zahlen, mit Ausnahme von Studierenden aus den ärmsten Ländern der Dritten Welt. Ich habe mir angeschaut, wie viele von dort hier studieren, wie viele aus der Mongolei und den drei, vier anderen ärmsten Ländern der Welt in Österreich studieren. – Das sind kaum 200 Leute. Da könnte man schon einmal mit dem Außenministerium reden, dass Studierende aus die­sen Staaten im Rahmen der Entwicklungspolitik im Hinblick auf unsere ohnehin pein­lichen Beiträge finanziell unterstützt werden, sodass man ihnen das Studieren in Öster­reich ermöglicht.

Frau Bundesministerin Gehrer hat ja immer gesagt: Wenn der Wind hinaus auf die raue See bläst, nur mutig sein! – Aber da war man nicht mutig. Es kommt mir so vor, als dümple man auf einer Luftmatratze in einem Froschteich, wenn es um Ausländer und deren Unterstützung geht. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haimbuchner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.17.52

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Werte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetz beab­sichtigt die Bundesregierung nunmehr, die seit dem Jahr 2000 nicht valorisierten Stu­dienbeihilfen zu erhöhen. Selbstverständlich wird die freiheitliche Fraktion diesem Bun-


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desgesetz zustimmen, denn jeder Euro, den ein Student mehr erhält, ist gut – keine Frage.

Auf der anderen Seite sollte man sich nicht täuschen lassen, auch nicht von diesen 12 Prozent. Es ergeben sich hier aus freiheitlicher Sicht mehrere Kritikpunkte.

Erstens muss die Familienbeihilfe bei den Studierenden im Alter zwischen 18 und 26 beziehungsweise 27 Jahren quasi als Verdienst bei der Berechnung der Studienbei­hilfe in Abzug gebracht werden, dann bleiben letztendlich wieder nur 6 Prozent übrig.

Des Weiteren möchte ich darauf aufmerksam machen, dass auch der Kinderzuschlag zur Studienbeihilfe gleich bleibt, und zwar bei 70 €, unabhängig davon, wie viele Kinder der Studierende hat. Ich glaube, dass das in einer Gesellschaft, die kinderfreundlich sein und die Familien fördern sollte, auch nicht gerecht ist. Also diese wesentlichen Kri­tikpunkte hat man durch die neue gesetzliche Regelung überhaupt nicht einer Lösung zugeführt.

Frau Kollegin Brinek! Ich muss Ihnen schon sagen, wenn Sie meinen, durch dieses Gesetz, durch diese 12-prozentige beziehungsweise für die meisten eigentlich nur 6-prozentige Erhöhung würden wir eine höhere Akademikerquote in Österreich haben, würde die Studiendauer verkürzt werden, lache ich! Sie wissen ganz genau, das ist so, als würden Sie erzählen, diese 12-prozentige Erhöhung wäre ein Meilenstein dafür, dass ein Student ein Millionär wird.

Seien Sie mir nicht böse, aber wenn Sie eine höhere Akademikerquote haben wollen, dann gehen Sie an die Universitäten und tragen Sie dafür Sorge, dass jeder auch einen Studienplatz erhält, dass man auch einen Platz in den Lehrveranstaltungen erhält, und tragen Sie vor allem dafür Sorge, dass man auch bei den Prüfungen mehr Möglichkeiten dahin gehend erhält, dass man öfter Prüfungen machen kann.

Nicht, dass man sie öfter wiederholen kann, sondern dass man die Möglichkeit be­kommt, die Prüfungen nicht nur zu fixen Terminen abzulegen, sondern dass es einfach leichter wird, auch mit Professoren Vereinbarungen zu treffen. Wenn man die Prüfun­gen machen will, dann soll man sie machen. Das wäre eine Herausforderung. Aber mit dieser lächerlichen Erhöhung werden Sie wirklich nicht die Akademikerquote in Öster­reich erhöhen, seien Sie mir bitte nicht böse.

Das Weitere, Herr Kollege Broukal, ich vermisse die Forderung nach Einführung einer Wertsicherungsklausel. Ich darf Sie an eine Debatte erinnern, die im Jahr 2003 im Na­tionalrat, hier im Hohen Haus, stattgefunden hat, in der Sie das noch gefordert haben, in der Sie gesagt haben, das müsste man eigentlich nicht einmal begründen. Da gebe ich Ihnen Recht, aber bitte: Wieso haben Sie sich dann nicht durchsetzen können? Ha­ben Sie sich nicht eingebracht? – Da ist schon wieder, leider Gottes – ich muss das im­mer wiederholen –, ein bisschen eine Umfallermethode bei der SPÖ dabei. (Zwischen­ruf des Abg. Rädler.) Seien Sie mir bitte nicht böse!

Aber im Großen und Ganzen kann ich nur sagen, es wird vielerlei anderer Regelungen bedürfen, um wirklich etwas für die Studierenden zu tun – selbstverständlich auch der Abschaffung der Studiengebühren. Abschaffung der Studiengebühren – wir haben na­mentlich abgestimmt, Sie waren dagegen. Leider Gottes, Herr Kollege Broukal, aber so ist das halt einmal. Da braucht man sich dann nicht zu wundern, wenn der VSStÖ die Wahlen verliert und der Ring Freiheitlicher Studenten bei einer geringen Wahlbeteili­gung um 50 Prozent mehr Stimmen erhält. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Wissen Sie, da brauchen Sie sich nicht zu wundern.

Selbstverständlich werden wir dem Gesetz zustimmen, das ist keine Diskussion, das habe ich bereits erwähnt. Nur ist es so, dass hier keine soziale Treffsicherheit gegeben ist. In Wirklichkeit sind diese 12 Prozent eine Augenauswischerei, denn Studenten, die


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auf diese Studienbeihilfe angewiesen sind, werden auch in Zukunft einer Nebenbe­schäftigung nachgehen müssen. Das heißt, sie werden nicht mehr Zeit haben, um sich dem Studium zu widmen. Das heißt, sie müssen nach wie vor natürlich eine Nebenbe­schäftigung haben, damit sie ihren Aufwand entsprechend abdecken können.

Natürlich, wenn der Student mehr bekommt, stimmen wir zu. Aber ein großer Wurf ist das nicht, und das sagen immerhin auch die Vertreter der Studierendenorganisationen von ÖVP und SPÖ. Insofern machen Sie sich bitte darüber Gedanken – das ist kein Wurf! Sie haben noch ein paar Jahre Zeit, um einmal beweisen zu können, was Sie in der Universitätspolitik wirklich bewirken können. Bis dato haben Sie nämlich gar nichts bewirkt. (Beifall bei der FPÖ.)

18.22


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Darmann. Redezeitbeschränkung: 2 Minuten; das ist gleichzeitig die Restredezeit der Fraktion. – Bitte.

 


18.22.59

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Nichts für ungut, dass ich es etwas kürzer mache. Ich kann vorwegnehmen: Das BZÖ wird dieses Bundesgesetz voll und ganz unterstützen. Es geht um die Erhöhung der Studienbeihilfen um 12 Prozent. Keine Frage, da gehen wir mit.

Ich kann auch Kollegin Brinek insoweit unterstützen, als sie sagt, für Studierende kann man nie genug tun. Keine Frage, deswegen haben wir aber auch immer in diesem Zu­sammenhang gefordert, dass es in den nächsten Jahren einen Automatismus für dies­bezügliche Erhöhungen geben sollte. Diese Forderungen wurden leider nicht berück­sichtigt.

In diesem Zusammenhang darf ich auch noch ganz kurz dem Bundesministerium sehr wohl danken, dass durch die Motivstudie an den Medizin-Unis zur Safe-guard-Rege­lung endlich ein Unterboden in unserer Diskussion mit der Kommission geschaffen wurde. Eine voraussichtliche Rückkehrquote von 81 Prozent der deutschen Studieren­den oder deutschen Absolventen an den österreichischen Medizin-Unis spricht nämlich ein deutliches Wort. Ich glaube, wir haben jetzt ein Argument, ein wichtiges, bekom­men, um die österreichischen Interessen für eine langfristige Ärztesicherung zu unter­stützen und zu untermauern. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

18.24


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Bundesminister Dr. Hahn. – Bitte.

 


18.24.13

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Herr Prä­sident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal vielen Dank, dass alle Fraktionen dieser Initiative zustimmen werden – mit unterschiedlichen Tonalitäten. Das war auch nicht anders zu erwarten. Nur gestatten Sie mir an die Adresse all jener, die gemeint haben, es sei keine beachtliche, bis zu einer lächerlichen Erhöhung: Wir reden hier von einer Mehrleistung im kommenden Jahr von 16 Millionen €. Also was immer hier als lächerlich einzustufen ist, das möge man für sich selbst definieren. (Abg. Dr. Haim­buchner: Das Gesamtbudget! Dividieren Sie es durch die Studierenden!) – 16 Millio­nen € mehr würde ich nicht als einen lächerlichen Betrag einstufen. Wir werden mit der für nächstes Jahr in Aussicht genommenen qualitativen Ausweitung der Stipendien um noch einmal 9 Millionen insgesamt einen Betrag von zusätzlichen 25 Millionen € zu den jetzt schon bestehenden Aufwendungen im Stipendienbereich tätigen, sodass wir dann


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im Jahr 2009, im Vollausbau, auf über 200 Millionen € für Stipendien in Österreich kommen werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Vom Kollegen Grünewald, glaube ich, wurde Erasmus angesprochen. – Wir haben hier in diesem Jahr sogar eine Steigerung um 20 Prozent für die Stipendien, und es gibt auch für Österreicherinnen und Österreicher, die ins Ausland gehen, entsprechend ergänzende Stipendien, falls sie von der Einkommensseite bedürftig sind. Ich weiß schon, nicht alles lässt sich zu 100 Prozent finanzieren, aber Erasmus plus Stipen­dienprogramm sollten es tatsächlich vielen Österreicherinnen und Österreichern er­möglichen, im Ausland zu studieren. Wenn ich mir die Zuwachsraten in diesem Bereich anschaue, dann, muss ich sagen, kann man durchaus zufrieden sein.

Es können immer noch mehr sein. Ich sage ganz offen: Ich habe für 2020 das gesamt­europäische Ziel, dass jeder Studierende innerhalb der Europäischen Union zumindest ein Semester während seines Studiums im Ausland studiert haben soll. Das ist eine Vision, an der wir in ganz Europa arbeiten sollten, und dazu ist es natürlich auch not­wendig, national die entsprechenden Mittel bereitzustellen. Ich denke, dass wir da in Österreich schon jetzt einen guten Beitrag dazu leisten. – Vielen herzlichen Dank noch­mals für Ihre Unterstützung bei dieser Vorlage. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)

18.26


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet. Ich mache Sie auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam: 2 Minuten höchste Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.27.01

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Brinek hat be­hauptet, der Verbraucherpreisindex 2000 sei seit dem Jahr 2000 um 12 Prozent gestie­gen. – Das ist unwahr!

Wahr ist vielmehr: Der Verbraucherpreisindex 2000 betrug im Jänner 2000, wie sein Name sagt, 100, er stand im April 2007, also vor zwei Monaten, bei 114,2 und wird (Abg. Dr. Brinek: Ich habe hier den Jänner als Berechnungsgrundlage!) – ja, aber die Stipendienerhöhung ist nächsten Jänner, nicht vorher; Entschuldigung, bitte unterbre­chen Sie mich nicht –, wenn die monatlichen Steigerungen von 0,4 Prozentpunkten so weitergehen wie bisher, am Jahresende etwa bei 115 Prozent liegen, sodass eine tat­sächlich werterhaltende Anpassung der Studienförderungsgelder 15 Prozent hätte be­tragen müssen. Wenn Sie es mir nicht glauben, glauben Sie es der Statistik Austria. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Ich glaube es, aber ich habe die Berechnungs­grundlage von Jänner 2007!)

18.27


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Rädler: Was ist die Konsequenz für die SPÖ, Herr Broukal? – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

 


18.28.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glocken­zeichen.) Herr Kollege Broukal, Sie können noch so viele Statistiken strapazieren, bei den Verbraucherpreisindizes gibt es mehrere, vielleicht haben Sie gerade wieder den falschen verwendet. (Zwischenruf des Abg. Broukal.) Wir bleiben bei den 12,8 Pro­zent, die Stipendien wurden um 12 Prozent angehoben, daher liegen wir hier ganz rich­tig. (Beifall bei der ÖVP.)


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Sie haben auch gemeint, der Herr Bundesminister braucht mehr Geld für sein Ressort. Das ist ganz richtig, aber er hat auch stark dafür gekämpft. Das Budget für sein Ressort ist seit 1991 noch nie so stark angehoben worden wie diesmal. Da denken wir an die Infrastruktur, da denken wir an die Lehrenden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Broukal), da denken wir an das Lehrangebot, aber wir denken auch, Herr Brou­kal, an die Studierenden. Gerade deswegen ist das ein großartiger Erfolg. Das zeigen uns auch die Zahlen der Studierenden, die ständig gestiegen sind, trotz der Einführung der Studiengebühren. Auch hier darf ich an die Adresse der Opposition gerichtet sa­gen, dass die Studiengebühren keine besondere Belastung sind, denn über die Stu­dienförderung bekommen ja diejenigen, die Studienbeihilfe erhalten, die Studiengebüh­ren wieder retour. Damit sind zum Beispiel bei den Fachhochschulen an die 50 Prozent der Studenten von den Studiengebühren befreit. Das ist auch eine beeindruckende Zahl.

Ich darf aber auch noch dazu sagen, dass diese Anhebung um mehr als oder in etwa 40 Prozent der Stipendienbezieher selbstverständlich alle Unis betrifft, alle Kunstunis, alle Fachhochschulen und natürlich auch die Pädagogischen Hochschulen, die hier mit dabei sind.

Noch kurz zur FPÖ, die meint, diese 12 Prozent wären eine lächerliche Anhebung. – Ich glaube, da hat der Herr Bundesminister sehr beeindruckend dargelegt, um welche Summen es hier geht.

Natürlich sind wir ganz stark dahinter, dass wir diese Budgets auch ständig erhöhen. Aber die Akademikerquote ist auch im Steigen, und daher sind wir hier ganz sicher auf dem richtigen Weg. Die ÖVP mit Bundesminister Hahn hat hier sicherlich wieder eini­ges vorgelegt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.30


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.30.37

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ja, die 12 Prozent sind eine Steigerung, und deshalb gehen wir auch alle mit. Wir bedanken uns, dass Sie den Studenten höhere Stipendien zukom­men lassen, aber real ist das keine Erhöhung – das ist uns doch allen klar –, und zwar unabhängig davon, ob die Inflation 15 Prozent oder 12,8 Prozent ausmacht. 12 Prozent sind in jedem Fall weniger, und daher ist das unterm Strich eine Verringerung der Stipendien. Wenn mein Kollege Kurt Grünewald darauf hingewiesen hat, dass wir eine jährliche Anpassung wollen, dann hat das einen einfachen Grund: Stellen Sie sich vor, jemand hat die letzten fünf Jahre lang studiert und ist jetzt fertig, so hat dieser nicht nur die normale Inflation, sondern ist auch überhaupt nicht in den Genuss dieser Anpas­sung gekommen. Das heißt, er hat überhaupt 6 Prozent weniger. Das würde durch eine jährliche Anpassung natürlich ausgeglichen werden. Das wäre ja nichts anderes als eine Anpassung an die reale Kaufkraft. – Also das ist überhaupt keine Erhöhung der Stipendien, sondern nur eine Anpassung – und die wollten wir damit sichern.

Darüber hinaus haben wir im Ausschuss darauf hingewiesen, dass es noch andere Schwächen bei der Stipendienregelung im Studienförderungsgesetz gibt, und zwar: Wenn beispielsweise Eltern unselbständig erwerbstätig sind – deren Einkommen ist ja die Grundlage für die Berechnung der Höhe der Stipendien –, dann wird als Bewer­tungsgrundlage immer das Einkommen im Jahr davor schlagend, und wenn es zu einer spontanen Verringerung dieses Einkommens kommt, aus welchen Gründen auch im­mer, dann muss die Studierende/der Studierende zum Beispiel arbeiten gehen. Wenn sie/er aber arbeiten geht, dann passiert Folgendes: Das schlägt sich auf die Bewer-


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tungsgrundlage nieder, und es kommt dann tatsächlich erstens zu einer Erhöhung der Studienzeit und zweitens zur Verringerung der Höhe der Stipendien. – Das ist eine Ungerechtigkeit, die begradigt gehört.

Ein anderes Beispiel – wir haben einige aufgezählt –: Wenn eine Studentin/ein Student in Seekirchen wohnt, 20 Kilometer von Salzburg entfernt, dann erhält sie/er ein höhe­res Stipendium, weil sie/er nicht zu Hause wohnt, weil sie/er einen anderen Wohnort hat. Eine Studentin/ein Student, die/der in Henndorf wohnt, auch 20 Kilometer von Salzburg entfernt, kommt nicht in diese Begünstigung, weil das nämlich taxativ aufge­listet ist. Nicht die Entfernung von Salzburg ist maßgebend, sondern es gibt eine taxa­tive Auflistung. Wenn ein Ort nicht auf der Liste ist – Pech für die Studentin/den Stu­denten. – So kann es ja wohl nicht sein. (Abg. Dr. Brinek: Das kann man vielleicht verbessern!)

Wir haben auf einige dieser Ungerechtigkeiten hingewiesen und uns im Ausschuss darauf geeinigt, diese Schlampigkeiten zu begradigen. Ich hoffe, dass erstens diese Schlampigkeiten und zweitens auch die Schlampigkeit im Zusammenhang mit dem Preisindex bis zur nächsten Novellierung begradigt werden können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.33


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Eisenschenk. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.33.46

Abgeordneter Mag. Peter Eisenschenk (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Trotz der kontroversiellen Debattenbeiträge dürfte eines unbe­stritten sein: dass die Studienförderung ein wichtiges Element in der Universitätspolitik ist, um sozial schwache und leistungsorientierte Studenten zu fördern.

Das österreichische Förderungssystem ist durchdacht und vorbildlich in der Positionie­rung von Chancengleichheit. (Abg. Öllinger: Nein, bitte! Wollen Sie uns am Ende noch provozieren?) Das mache ich sehr gerne. Sie können auch gerne einen Blick nach England werfen, wo der Gebührensatz bei bis zu 4 400 € liegt und eine Beihilfe kaum ermöglicht wird. In Österreich hingegen kann sich jeder ein Studium leisten, der studie­ren möchte. (Abg. Öllinger: Bitte!)

Jedes noch so gut entwickelte System hat so seine Schlupfwinkel – wir lernen daraus und werden es im Herbst Änderungen unterziehen, um leistungsorientierten jungen Menschen den Weg ins Studium freizulegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist in meinen Augen Vorreiter, wenn es darum geht, in die Ausbildung der Hochschüler zu investieren. (Abg. Öllinger: Nein!) Diese Investition ist ein Bonus, der durch das erworbene Wissen wieder an die Gesellschaft zurückfließt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.35


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Vorläufig letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Pack. Eine Minute Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.35.20

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter, Sie haben bereits in Ihrem Statement erwähnt – die Vorredner haben es auch ge­sagt –, das Studienbeihilfensystem in Österreich wurde in den letzten sechs Jahren gut ausgebaut. Wir erinnern uns, jeder dritte Studierende an einer Fachhochschule und jeder fünfte Studierende an einer Universität bekommt eine Studienförderung.


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Zusammenfassend kann man sagen: Mit dieser Novelle werden die Studienbeihilfen signifikant angehoben, und wir wollen in einem zweiten Teil auch den Bezieherkreis ausweiten. Es soll wirklich allen Studierenden zugute kommen, vor allem auch jenen, die bereits heute anspruchsberechtigt sind, in besonderem Maße sollen aber natürlich Studierende mit sozial schwächerem Hintergrund von der Erhöhung profitieren.

Ganz besonders erwähnen möchte ich noch, dass Sie, Herr Bundesminister, im Aus­schuss angekündigt haben, dass wir uns wirklich intensiv damit auseinandersetzen werden, wenn es darum geht, den Bezieherkreis auszuweiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.36


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter Broukal hat sich ein zweites Mal zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.36.48

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Es ist mein letzter Versuche, hier so etwas wie zahlenmäßige Wahrheiten einzubringen. – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer hat ge­meint, es könne sich ja – obwohl Frau Kollegin Brinek deutlich vom Verbraucherpreis­index 2000 gesprochen hat – auch um den Verbraucherpreisindex 1996 handeln. Ich nenne Ihnen gerne die Zahlen: Jänner 2000: 103,6 Prozent, April 2007: 120,2 Prozent, Steigerung: 16 Prozent; das wäre noch ungünstiger. Nehmen wir aber den Verbrau­cherpreisindex 2000, wie Kollegin Brinek gemeint hat, dann macht die Steigerung bis zum April 2007 14,2 Prozent und bis Jahresende, wenn dann die Stipendienerhöhung in Kraft tritt, sicher 15 Prozent aus. Darauf können wir wetten. (Beifall bei der SPÖ.)

18.37


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 75 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenso einstimmig angenommen.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

18.38.3014. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (76 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsge­setz 1998 geändert wird (131 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.


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Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Hauser. 5 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.38.51

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Von den Prozentsätzen wieder zurück zu den Fakten (Ruf bei der FPÖ: Zur Real­politik!), zur Realpolitik – möglicherweise, wobei es real schon einen Unterschied macht, ob man bei den Studiengebühren eine Erhöhung in Höhe von 12,6 Prozent oder von 15 Prozent hat. Das muss man schon feststellen. Es wäre natürlich jedem Studenten eine Erhöhung um 15 Prozent wesentlich lieber, das sind sicherlich auch reale Fakten. Da muss ich mich schon auf die Seite der Studenten stellen, aber 12,6 Prozent sind natürlich wesentlich besser als nichts. Das ist vollkommen klar.

Zurück zu diesem Hochschülerschaftsgesetz. Ich darf beginnen mit einem Zitat aus einem Schreiben der Österreichischen Hochschülerschaft, gerichtet an den Herrn Mi­nister. In diesem Schreiben stellt die Österreichische Hochschülerschaft Folgendes fest – ich zitiere –:

Sowohl aus juristischer als auch praktischer Sicht scheint der vorliegende Entwurf sehr geeignet, das HSG 1998 an die Erfordernisse der Hochschulwerdung der Pädagogi­schen Akademien anzupassen. – Zitatende.

Das war’s dann schon. Für uns als Freiheitliche Partei natürlich auch zu wenig, denn wir hätten uns mit der Novelle wesentlich mehr erwartet, vor allem mehr direkte Demo­kratie. Da finden wir uns vor allem in der Österreichischen Hochschülerschaft wieder, die in diesem Schreiben weiters festhält – ich zitiere –-:

Dennoch bedauert die Österreichische Hochschülerschaft, dass vorliegender Entwurf nicht zum Anlass genommen wurde, dringend nötige Reparaturen am Hochschüler­schaftsgesetz 1998 durchzuführen. So findet sich zum Beispiel die Wiedereinführung der Direktwahl sämtlicher Ebenen im vorliegenden Text nicht wieder. Die Österrei­chische Hochschülerschaft empfiehlt daher nachdrücklich, diese dringenden Reformen rasch in Angriff zu nehmen. – Zitatende.

Das, sehr geehrter Herr Minister, ist genau auch unser Standpunkt. Auch wir sind der Meinung, dass mehr Demokratie, mehr direkte Demokratie, mehr Beteiligung der Stu­denten absolut notwendig wären. Deswegen haben wir bereits am 7. März einen Ent­schließungsantrag eingebracht, der eben eine Novelle des Hochschülerschaftsgeset­zes genau in dieser Richtung, dass zukünftig wesentlich mehr das geheime, das glei­che, das unmittelbare und das direkte Wahlrecht in sämtlichen Vertretungskörpern zu berücksichtigen ist, angeregt hat.

Wir von der Freiheitlichen Partei sehen überhaupt nicht ein, dass, wenn schon eine ÖH-Bundesvertretung eingerichtet wird, diese Bundesvertretung nicht von den Studen­ten direkt in geheimer Wahl zu wählen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Was spricht denn wirklich dagegen, bei der Hochschülerschaftswahl einen zweiten Stimmzettel beizulegen, dass man einmal die Vertretung auf der jeweiligen Universität und eben mit dem zweiten Stimmzettel – so wie das früher auch der Fall gewesen ist – das zentrale Parlament wählen kann? (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Cap.) Das ist doch mehr als notwendig, zumal auch die Beteiligung an den Wahlen laufend zu­rückgeht und jetzt schon wieder einen historischen Tiefstand erreicht hat. Das müsste doch für uns alle, für jeden Politiker ein massives Alarmsignal sein, dass die studen­tische Beteiligung nicht wahrgenommen wird, möglicherweise auch deswegen nicht wahrgenommen wird, weil eben zu wenig direkte Demokratie gesprochen wird. – Des­halb können wir dieser Vorlage nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Auch würden wir es als sehr richtig erachten, dass wieder Hörerversammlungen an den Universitäten möglich sind, dass zum Beispiel 10 Prozent der Studenten – so wie es auch früher war – eine Hörerversammlung einberufen können, wo dann die Pro­bleme der jeweiligen Universität, natürlich gemeinsam, auszudiskutieren sind. Ein 10-prozentiges Quorum zusammenzubringen ist so einfach nicht, aber wenn das gelingt, muss das doch möglich sein. Auch das ist durch diese Novelle überhaupt nicht sicher­gestellt. Im Zuge solch einer Hörerversammlung könnte man die Studenten auch mit­entscheiden lassen, was man zum Beispiel mit den Studiengebühren tut, für welche Investitionen zum Beispiel die Gebühren einzusetzen sind.

Unterm Strich – da das rote Licht hier beim Rednerpult schon wieder leuchtet – ist es für uns als Freiheitliche Partei schon wichtig, dass der freie Zugang zum Studium ge­währleistet wird. Wir lehnen es einfach ab, dass zum Beispiel Quoten wie beim Medi­zinstudium eingeführt werden (Beifall bei der FPÖ), weil es aus unserer Sicht einfach ungerecht ist, dass unsere Studenten nicht die Möglichkeit haben, das Medizinstudium an ihrer Wunschuniversität wie zum Beispiel in Innsbruck zu absolvieren. Ich habe selbst vor zwei Jahren als Professor in Lienz einer Schülerin die Maturaprüfung abge­nommen, die gerne Medizin studiert hätte, auch gute Noten erreicht hat, aber leider nicht in Innsbruck untergekommen ist und auf eine andere Universität ausweichen musste. Das war wirklich eine Katastrophe.

Wir wollen – abschließend – einfach mehr Geld für die Universitäten, mehr direkte Mit­bestimmung und vor allem auch gewährleistet wissen, dass ein Studium auf einer Universität auch in einem für das Studium normalen Zeitraum abgeschlossen werden kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Da das alles durch diese Novelle nicht gewährleistet ist, stimmen wir dieser nicht zu. (Beifall bei der FPÖ.)

18.44


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mayer zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.44.32

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Ich habe mir bei der Vorbereitung zur heutigen Debatte und auch schon für den Ausschuss überlegt: Was könnte man tun, um tatsächlich die­sem Etikettenschwindel, der ja derzeit passiert – man muss das so offen sagen –, ent­gegenzuwirken? Auch wenn man die Dinge diskutiert, der Übergang von den Päda­gogischen Akademien zu den Pädagogischen Hochschulen ist leider nichts anderes als das Austauschen der Türschilder. Man muss es darauf reduzieren, weil im Bereich der Lehre und Forschung keine zusätzlichen Aktivitäten da sind und fast alle Pädagogi­schen Akademien bei der Umstellung ihre Probleme haben. Wir werden mindestens noch zwei Jahre brauchen, bis wir die Bologna-Ziele erreicht haben, die man eigentlich überhaupt nur annähernd erreichen kann.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, da wir einen neuen Minister haben – trotz ÖVP-Bremsklötzen, die da mit eingebaut sind, wie wir heute schon gehört haben –, ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir mit einem neuen Wissenschaftsminister endlich die Zeit der zwanziger Jahre – bald 100 Jahre zurückliegend – überwinden können. Da­mals wurde folgendermaßen begründet, warum man nicht will, dass zum Beispiel die Pädagogen eine gemeinsame Ausbildung haben – ich darf kurz zitieren –:

Die Notwendigkeit einer hochschulmäßigen Ausbildung der Volksschullehrer wurde be­stritten, da nur die Mittelschule ihre Schüler zum kritischen Denken zu erziehen hätte, die anderen Schulen jedoch den Schülern positives Wissen in gut fasslicher Form bei-


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zubringen hätten und deren Lehrer daher ihr Wissen ebenfalls im Wesentlichen in posi­tiver Form erhalten müssten, nicht in kritisch wissenschaftlicher. – Zitatende.

Vor fast 100 Jahren wurde also ähnlich argumentiert, wie man das heute noch ver­sucht.

Herr Minister, ich nehme an, dass Sie wissen, was man in Europa derzeit bildungs­mäßig tut, wie rasant die Entwicklung ist. Ich habe selbst vor einigen Jahren eine Bildungsenquete unter anderem mit dem Tiroler Professor Gerwald Wallnöfer initiiert, der in Südtirol einer jener war, die den Weg verfolgt haben, die Kindergärtnerinnen auf Hochschulniveau zu bringen, und habe erlebt, wie ein Run der Kindergarten-Pädago­ginnen auf diese Universität, auf diese Weiterbildungsmöglichkeit stattfand, weil sie gemerkt haben: Wir brauchen dieses Wissen – wie ein Schwamm haben sie es auf­genommen –, um den Kindern tatsächlich helfen zu können.

Daher ist es ganz, ganz wichtig, dass wir endlich diesen Schritt machen. Denken wir etwas über den Tellerrand, vielleicht auch über das Wahljahr 2010 hinaus, wie wir diese Ausbildung zum Wohle unserer Kinder tatsächlich verbessern können, dass es eine gemeinsame Ausbildung an einer Pädagogischen Hochschule für alle, die in die­sem Bereich tätig sind, gibt. Besonders im Kindergartenwesen ist der Nachholbedarf am stärksten.

Ich weiß schon, Bremsklötze gibt es hier fraktionsübergreifend, weil natürlich eine bes­sere Ausbildung für die Kindergärtnerinnen auch höhere Ausgaben bedeutet, weil man die Leute bezahlen muss. Aber wenn man sieht, welches Potential in einer verbesser­ten Frühpädagogik liegt, dann, glaube ich, müsste man alle Hebel in Bewegung setzen, um das umzusetzen. Ich erwarte mir von einem Wissenschaftsminister der Zukunft, dass er damit beginnt, die Weichen für eine gemeinsame Ausbildung aller Pädagogen und Pädagoginnen zu stellen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter Mag. Darmann spricht 1 Mi­nute. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.48.05

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Hohes Haus! Ich mache es kurz: Das BZÖ kann die Maßnahmen zur Förderung der derzeitigen Interessenvertretung nicht unterstützen, da die landesweit geringe Wahlbeteiligung bei der ÖH wirklich gezeigt hat, dass sich die Zwangsmitgliedschaft in diesem Konstrukt überholt hat. Wir wollen neue Wege gehen.

Wir fordern die Einrichtung eines Studienmentors vor Ort. Details folgen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

18.48


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Karl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.48.37

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Re­gierungsmitglieder! Zuerst möchte ich auf die letzten Ausführungen von Herrn Broukal Bezug nehmen: Wenn Sie die Erläuterungen zur Gesetzesvorlage gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass Frau Kollegin Brinek von der Inflation laut Verbraucherpreisin­dex mit Stand vom Jänner 2007 gesprochen hat. Der betrug nämlich 12,8 Prozent.

Es wurde in der vorangegangenen Debatte bereits von Meilensteinen im Bereich der Wissenschaft gesprochen. Als einen solchen Meilenstein sehe ich auch die Einführung der Pädagogischen Hochschulen, die mit 1. Oktober 2007 an die Stelle der Pädagogi-


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schen Akademien, der Berufspädagogischen Akademien und der Pädagogischen Insti­tute treten.

Warum sage ich, dass das ein Meilenstein ist? – Dies kommt etwa darin zum Aus­druck, dass die Pädagogischen Hochschulen wissenschaftlich fundierte berufsfeldbe­zogene Bildungsangebote zu erstellen und anzubieten haben. Diese Betonung der Wissenschaftlichkeit bedeutet eine klare Aufwertung der künftig eben an Hochschulen erfolgenden pädagogischen Aus-, Fort- und Weiterbildung. Dies sollte man auch so be­rücksichtigen.

Von meinem Vorredner Mayer wurde auch erwähnt, dass die Pädagogischen Hoch­schulen nur einen Austausch der Türschilder bedeuten. Als Mitglied des Hochschulra­tes der Pädagogischen Hochschule Steiermark habe ich es hautnah miterlebt, was in dieser Gründungsphase passiert ist, und ich kann Ihnen versichern: Es ist hier nicht um einen bloßen Austausch der Türschilder gegangen (Beifall bei der ÖVP), sondern das war wirklich eine großartige Reform.

An dieser Stelle möchte ich, stellvertretend für alle Gründungsorgane, dem Gründungs­rektor und den Vizegründungsrektorinnen der Pädagogischen Hochschule Steiermark sehr herzlich für die großartige Arbeit, die sie geleistet haben, danken. Sie haben wirk­lich Großartiges geleistet, und dies soll man nicht dauernd schlechtzumachen versu­chen. (Beifall bei der ÖVP.)

Neben dem Hochschulrat und dem Rektorat ist als weiteres Organ der Pädagogischen Hochschulen auch die Studienkommission zu erwähnen. Ihr kommt vor allem die Auf­gabe zu, die Curricula und die Prüfungsordnung zu erlassen. Drei ihrer zwölf Mitglieder werden von den Studierenden entsandt.

Damit die Mitwirkung der Studierenden in dieser Studienkommission und bei allen an­deren Aufgaben sichergestellt ist, ist es einfach unerlässlich, der vorliegenden Reform des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes zuzustimmen. Es sollten da­her auch die anderen Parteien überdenken, ob es sinnvoll ist, hier zu sagen: Wir stim­men nicht zu!

Abschließend sei auch noch auf die in der Regierungsvorlage vorgesehene Regelung hingewiesen, wonach nur jene Studierenden an den Pädagogischen Hochschulen der ÖH angehören, die zu Studien zugelassen sind, deren Curricula mindestens 30 ECTS-Anrechnungspunkte umfassen. Diese Regelung ist notwendig, da auch die bisherigen Pädagogischen Institute, die ja nur kurzzeitige Fortbildung anbieten, in den Pädagogi­schen Hochschulen aufgehen.

Dass die Studierenden, die bloß solche kurzzeitigen Fortbildungslehrgänge besuchen, nicht der ÖH angehören, fügt sich voll in die Konzeption des Hochschulgesetzes. So sieht etwa § 42 Abs. 1 des Hochschulgesetzes vor, dass für Fortbildungslehrgänge mit weniger als 30 ECTS-Credits durch die Studienkommission keine Curricula zu verord­nen sind. Es ist daher gerechtfertigt, dass die Studierenden, die ausschließlich solche Fortbildungslehrgänge besuchen, nicht in der Studienkommission vertreten sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.52


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.52.40

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal ein paar Worte zu der Aussage meiner Vorrednerin, die Einführung der Pädagogischen Hochschulen sei ein „Meilenstein“ im Bereich der Wissenschaft. – Es dürfte Ihnen,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 191

Frau Abgeordnete Karl, entgangen sein, dass die österreichischen Pädagogischen Hochschulen neben jenen in Luxemburg die einzigen Ausbildungsstätten in der EU sind, die PflichtschullehrerInnen undergraduate, das heißt, nur mit Bakkalaureat ab­schließen lassen. Das ist wirklich einzigartig, aber kein Ruhmesblatt, muss ich sagen.

Es dürfte Ihnen auch entgangen sein, dass es keine demokratischen Instrumente, außer der Studienkommission, an den Pädagogischen Hochschulen gibt, sondern nur einen Uni-Rat, der zu 50 Prozent vom jeweiligen Ressortminister oder von der jeweili­gen Ressortministerin und zu 50 Prozent von der Landesregierung besetzt wird. Diese politischen Besetzungen sind auch ein Novum bei Freiheit von Lehre und Forschung.

Es dürfte Ihnen außerdem entgangen sein, dass keine Berufungsverfahren adäquat zu Universitäten existieren. Das heißt: Wissenschaftliche Leistungen, Leistungen in For­schung spielen bei dortigen Besetzungen und bei Berufungen keine Rolle. Also, was da so großartig ist, sollten Sie mir vielleicht noch einmal ausführlich erklären! Ich finde, nichts. (Beifall bei den Grünen.)

Zur Kollegin Hakl darf ich sagen: Ich weiß, dass die AG bei den Wahlen gewonnen hat. Noch gibt es aber sozusagen keine neue Regierung der ÖH. Ich darf Ihnen oder dir noch etwas dazusagen: Ich habe ein Mail von den Vorsitzenden der AG, wo diese mir klargemacht beziehungsweise geschrieben haben, dass sie immer für die Direktwahl der Bundesvertretung waren, dass sie immer für das passive Wahlrecht für Aus­länderInnen waren. Aber davon merke ich bei der ÖVP jetzt nichts. Aber wir werden trotzdem zustimmen, weil wir den Pädagogischen Akademien – ein berechtigter Freud’scher Versprecher –, weil wir den Pädagogischen Hochschulen die ÖH nicht vor­enthalten wollen, möchten aber schon noch bei einer baldigen Novellierung die Mög­lichkeit der Direktwahl der Bundesvertretung diskutiert haben.

Das kommt mir so vor, als würde ein Landtag gewählt, und der Landtag entsendet dann aus dem Kreis seiner Abgeordneten die Nationalräte. So ähnlich läuft das bei der ÖH. Ich finde das im Prinzip grotesk und wahnsinnig feig.

Ich wünsche mir eine politische ÖH und keine SkriptenverkäuferInnen – „politisch“ heißt jetzt weder links noch rechts noch Mitte, sondern einfach aktiv am politischen Leben teilzunehmen. Nur lokal Skripten zu drucken oder zu eruieren, welcher Profes­sor „lieb“ oder „böse“ ist, das ist keine Politik, denn Studierende wissen sehr wohl, dass die essentiellen Entscheidungen für sie in Wien und im Parlament gefällt werden, daher muss es auch so sein.

Ich würde auch den Herrn Bundesminister bitten, an den Fachhochschulen, wo Stu­dierende, aber auch LehrerInnen und Forscher an den Fachhochschulen überhaupt nicht im Organisationsplan aufscheinen, kein Instrumentarium haben, wo im Prinzip der Geldgeber oder der Manager über alles bestimmt, auch Sorge dafür zu tragen, dass Studierende ÖH-gemäß vertreten werden können, und zwar allbaldigst. – Danke. (Bei­fall bei den Grünen.)

18.56


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.56.19

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kollegin Karl, das, was Sie uns jetzt über die Pädagogischen Hochschulen zu erzählen versucht haben, zeigt, dass Sie da noch einige Nachhilfestunden nehmen müssten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Nicht so überheblich!)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 192

Tatsache ist einmal klar und deutlich: Das, was hier mit diesem Gesetz passiert ist, was die Vorgängerregierung gemacht hat ... (Abg. Dr. Stummvoll: Bitte, nicht so über­heblich!) – Herr Abgeordneter, ich bin nicht überheblich!

Das, was diese Regierung gemacht hat, ist, eine Pädagogische Akademie nicht zu einer Universität zu machen. Alle anderen Hochschulen wurden zu Universitäten er­klärt. (Abg. Dr. Brinek: Das war ja keine Hochschule!) Die Pädagogische Akademie wurde zu einer Pädagogischen Hochschule erklärt, mit all den Einschränkungen; das haben wir heute schon gehört, ich will das alles nicht mehr erklären.

Tatsache ist, die Pädagogische Hochschule ist keine Universität. (Abg. Dr. Brinek: Eh klar! Das hat auch keiner gesagt, weil sie keine ist!) Und damit müssen wir nun einmal leben. (Abg. Dr. Brinek: Nein!) Das müssen auch Sie, liebe Frau Abgeordnete, zur Kenntnis nehmen.

Wir müssen auch damit leben, dass Pflichtschullehrer Ihrer Auffassung nach Lehrer zweiter Kategorie sind. Sie wollen nicht Pflichtschullehrer haben, die eine universitäre Ausbildung haben. Das haben Sie verhindert. Und daher haben wir eben dieses Ge­setz. Das wundert mich eigentlich bei einem Gewerkschafter, der dort drüben sitzt, bei einer Pflichtschulgewerkschaft. (Abg. Neugebauer: Aber geh, Herr Landesschulin­spektor! – Abg. Donabauer: Das ist eine sehr unpassende Bemerkung!) Nein! Diese Vorgängerregierung hat das verhindert.

Die SPÖ-dominierte Partei hat nie diesen Vorschlag so gewollt. Die SPÖ wollte die gleiche Ausbildung für alle Lehrer, nämlich die universitäre. Und die SPÖ will das auch heute noch. Es wurde von Ihnen verhindert. Wir haben kein wirklich zielführendes Ge­setz in diesem Bereich.

Alles, was wir im Moment beschließen, ist ein Fortschritt. Aber wir haben ein riesiges Problem in der Lehrerfortbildung; das wurde heute bereits angedeutet. Auch weiterhin wird das so sein. Und meine letzte Frage: Warum keine Ausbildung auf der Universi­tät? (Beifall bei der SPÖ.)

18.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Ebenfalls 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.59.06

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Vorerst einmal möchte ich – und, lieber Kurt Grünewald, ich danke dir, ich hätte es sonst vielleicht vergessen – auch von dieser Stelle aus unser aller Gratulation und Dank all jenen Studenten entbieten, die sich in der Vergangenheit in der Uni-Politik, in der Studentenvertretung engagiert haben. Und meine ganz besondere Gratulation an die Vertreter der AG, die die letzten Hochschülerschaftswahlen so erfolgreich geschla­gen beziehungsweise gewonnen haben. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Lieber Kurt Grünewald, lass mich das auch sagen: Die Studenten, die die Vertreter wählen, dürfen sich selber wünschen und wählen, was sie wollen. Auch wenn du es dir nicht wünschst, haben sie eine sehr politisch agierende GRAS und linke Führung der Studentenvertretung ganz offensichtlich doch abgewählt und diejenigen gewählt, die sich ganz ausdrücklich den eigentlichen und wesentlichen Interessen im täglichen Leben der Studenten widmen, nämlich die AG. Die AG kümmert sich darum, welche Studienbedingungen unsere Studierenden an ihren Universitäten vorfinden, ist dort, wo etwas immer noch nicht optimal ist, und bietet zum Teil auch Service für Skripten und vieles mehr. Lieber Kurt Grünewald, dort wählst ja nicht du, sondern die Studenten. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt wieder den Vorsitz.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 193

Ich möchte trotzdem noch einmal wiederholen, dass die Studentenvertretung, wie wir sie neu zusammengesetzt haben, Anleihe nimmt bei anderen Interessenvertretungen. Sie ist nicht zu vergleichen oder zu verwechseln mit beispielsweise Wahlen eines Par­laments. Da liegen diejenigen, die das heute angezogen haben, völlig falsch. Ich erin­nere da an die Zusammensetzung und Entsendung in der Arbeiterkammer, in der Wirt­schaftskammer, wo Listen kandidieren und dann in die Bundesvertretung entsenden. Ich glaube, niemand zweifelt daran, dass hier exzellente Arbeit geleistet wird. Diese Analogie ist gut und richtig – und ich freue mich, dass in Zukunft auch auf den Pädago­gischen Akademien die Studenten entsprechend vertreten sein werden.

Was mir auch wichtig ist, ist Folgendes: Ich möchte die Pflichtschullehrer heute einmal in Schutz nehmen. Heute ist ja mehrfach so getan worden, als ob die Pflichtschullehrer an den bisherigen PÄDAKs und an den künftigen Pädagogischen Hochschulen eine schlechte Ausbildung bekommen würden. Aus meiner Sicht – und ich denke doch, dass einige von Ihnen mir da zustimmen werden – ist das Gegenteil der Fall.

Wir haben an den Pädagogischen Akademien bereits jetzt und an den Pädagogischen Hochschulen in Zukunft mit dem eben ganz, ganz besonderen Fokus auf den pädago­gischen Anteil der Ausbildung eine unglaublich kindgerechte, didaktisch und wissen­schaftlich ausgesprochen hochwertige Ausbildung, mit der sehr, sehr viele universitäre Ausbildungen in anderen Ländern bei Weitem nicht mithalten können. In Tirol haben beispielsweise 70 Prozent der Maturanten vorher die Hauptschule besucht. Und diese hervorragende Qualität der Volksschul- und Hauptschullehrer in unserem Land werden wir auch in Zukunft noch weiter ausbauen und jedenfalls sichern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.02


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.02.14

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Die heutige Diskussion zeigt sicher eines: Es gibt wenig, worüber wir nicht streiten können. Aber, um es kurz zu machen: Es sind natürlich Punkte offen, Kollege Grünewald und Kollegen von den Freiheitlichen und vom BZÖ! Aber auch die, die in dieser Novelle nicht drinnen sind, stehen nach wie vor auf der Agenda, wie etwa ÖH bei den Fachhochschulen, passives Wahlrecht für ausländische Studierende und Direktwahl der Bundesvertretungen. All das sind nach wie vor Zielsetzungen, die einer weiteren Novelle vorbehalten sind, an der wir arbeiten.

Der zweite Punkt: Es gibt eine rechtzeitige Anpassung hier in diesem Gesetz an das, was im Herbst kommt. Die Pädagogischen Hochschulen heißen so, sie brauchen da­her auch eine hochschulische Vertretung. Sie entsprechen nicht den Kriterien von uni­versitären Einrichtungen, und zwar in vielen Bereichen nicht. Das hat sich ja auch für diejenigen, die das beschlossen haben, bei der Zuteilung der Pädagogischen Hoch­schulen an die Ministerien gerächt, denn sie waren ja auch in früheren Bildungsminis­terien in der Schulabteilung drinnen. Das ist uns durchaus bewusst. Aber wir haben uns vorgenommen, das zu ändern, gemeinsam an einer Novelle zu arbeiten, die diese Kriterien dann erfüllen wird. Es ist dann auch die Übertragung ressortmäßig vorzuneh­men. Das ist ein Projekt, das auch noch kommt.

Im Übrigen denke ich, dass wir uns einem nicht anschließen können: das ist die Posi­tion, die hier vom Kollegen Hauser vertreten wurde, der meinte, dass wir überhaupt keine Interessenvertretung der Studierenden überregional oder über die Universitäten


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 194

hinausgehend brauchen, sondern nur mehr regionale Dinge. Da unterscheiden wir uns sehr deutlich. Wir sind der Meinung, dass wir diese Einrichtung brauchen.

Zur Diskussion über das vorhergehende Thema mit Verbraucherpreisindex und so wei­ter möchte ich sagen: Das wäre eine eigene Thematik. Aber Tatsache ist, dass wir bei den Schülerbeihilfen, die ungefähr in demselben Zeitraum nicht erhöht worden sind, eine Erhöhung von 15 Prozent gehabt haben, weil diese dem tatsächlichen Verbrau­cherpreis angepasst worden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

19.04


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Hahn. Ihre Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister! (Abg. Scheibner: Jetzt haben Sie ihn aufgeweckt! Das war doch nicht notwendig!)

 


19.04.55

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Keine Sor­ge! – Ich wollte mich eigentlich nur für die engagierte Debatte zu den Pädagogischen Hochschulen bedanken. Das zeigt, welches Potential in diesem Bereich vorhanden ist. Die Zuständigkeit dafür ist noch nicht in meinem Ressort. Da gibt es noch Entwick­lungsmöglichkeiten sonder Zahl.

Mir ist es wichtig, eines festzustellen: Keiner hier im Haus ist glücklich über die Wahl­beteiligung bei den Hochschülerschaftswahlen. Allerdings wäre es falsch, zu sagen, es wäre die niedrigste Beteiligung gewesen. In Wirklichkeit war es die viertniedrigste Be­teiligung. Das soll uns nicht glücklich machen, aber es hat schon schlechtere Wahlbe­teiligungsergebnisse gegeben, und zwar 1997, 1999 und 2001.

Ich denke, dass wir zum Beispiel mit Möglichkeiten des E-Votings, das wir beim nächs­ten Mal, so hoffe ich, im Zusammenwirken mit der Hochschülerschaft einsetzen kön­nen, gerade im Bereich der Studierenden doch wieder den Trend nachhaltig umdrehen können, nämlich, dass sich mehr an den Hochschülerschaftswahlen beteiligen.

In diesem Sinne darf ich noch einmal an Sie appellieren, diesem Gesetz ihre Zustim­mung zu geben, weil es dabei insbesondere darum geht, dass jene, die im Rahmen der Weiterbildung die Pädagogischen Hochschulen ab Herbst besuchen werden, näm­lich Lehrerinnen und Lehrer, von der Studiengebühr dann befreit werden, wenn sie das im Sinne einer Weiterbildung machen und nicht mehr als 30 ECTS-Punkte im Semes­ter für ihre Weiterbildung beantragen und verbrauchen, sodass es, glaube ich, auch ein Akt der Gerechtigkeit ist, das sicherzustellen.

Abschließend darf ich noch einmal all jene, die ursprünglich geplant haben, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen, bitten, doch über ihren Schatten zu springen und dieser Gesetzesvorlage ihre Zustimmung zu geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.06


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet ist dazu niemand mehr. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 76 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 195

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

19.07.3215. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (48 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Straf­sachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG) geändert wird (EU-JZG-ÄndG 2007) (135 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich bitte den ersten Redner ans Rednerpult. Das ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 3 Minuten. – Bitte.

 


19.08.07

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich würde Sie ersuchen, Frau Präsidentin, die Redezeit auf 2 Mi­nuten einzustellen, weil ich diese mit Kollegin Ablinger aufgeteilt habe; daher muss ich mich kurz fassen.

Bei der vorliegenden Gesetzesmaterie geht es um die Umsetzung eines Ratsbe­schlusses, der zum Gegenstand hat, in Europa eine Harmonisierung der Geldstrafen, die von einem Gericht, von einer Behörde, von einer Staatsanwaltschaft verhängt wer­den, durchzuführen. Wir alle wissen, dass ein gemeinsames Europa, ein gemeinsamer Rechtsstaat natürlich auch der Harmonisierung im Bereich der Justiz und auch der Durchsetzung der Entscheidungen bedarf.

Es hat schon eine breite Diskussion im Bereich Verwaltungsrecht gegeben, wie etwa über die Geldstrafeneinhebung wegen überhöhter Geschwindigkeit im Straßenverkehr. Heute geht es um gerichtliche Entscheidungen, staatsanwaltschaftliche Entscheidun­gen, die anerkannt werden sollen. Eines der zentralen Themen ist: Wo soll ein Staat nicht gezwungen werden, Entscheidungen eines anderen anzuerkennen? – Da geht es insbesondere um die Frage: Wo gibt es innerhalb der Rechtsnormen derartige Unter­schiede, dass es nicht zumutbar ist?

Der Ratsbeschluss sieht auch entsprechende Ausnahmen vor – und diese wurden auch eingearbeitet. Zum Beispiel: Geldstrafen bis zu 70 € werden nicht vollzogen. Oder: Wenn der Täter in einem Land zum Zeitpunkt der Tatbegehung nach dem Recht dieses Landes verurteilt wird, dann stellt sich die Frage: Wo soll dieses Urteil vollzogen werden? Also wenn jemand in Frankreich eine Straftat begeht und dort verurteilt wird, so soll dieses Urteil in Österreich vollzogen werden. Wenn er aber nach österreichi­schem Recht noch nicht strafmündig ist, so wird das Urteil nicht vollzogen. Wenn es eine Amnestie oder eine Begnadigung in einem anderen Staat gibt, dann wird das Urteil ebenfalls nicht vollzogen. Letztlich wird auch bei Abwesenheitsurteilen, die nicht anfechtbar sind, das Urteil nicht vollzogen. Dazu kommen noch Verurteilungen, Strafen wegen Geschlechts, Rasse, Religion, ethnischer Zugehörigkeit, Staatsangehörigkeit.

Meine Damen und Herren! Wir sind auf dem Weg, in einem gemeinsamen Europa auch eine effektive Rechtsanwendung und Durchsetzung von Normen zu gestalten. Das ist ein Schritt dazu. Es ist kein spektakulärer Schritt. Es ist, meine ich, eher eine


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Selbstverständlichkeit. Nichtsdestoweniger ist es notwendig, dass wir sie hier umset­zen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.10


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Sie haben sich 5 Minuten Redezeit vorgenommen, aber ich denke, es wird eine längere Rede werden. – Bitte.

 


19.10.57

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Bundesministerin! Kollege Jarolim hat angeführt, dass die derzeitige Novel­le sozusagen die innerstaatliche Voraussetzung dafür ist, dass wir ausländische Voll­streckungstitel anerkennen. Es werden noch Redner nach mir kommen, die inhaltlich ein bisschen mehr sagen werden. – Ich möchte mich heute von Ihnen verabschieden.

Vor 17 Jahren habe ich meine erste Rede hier gehalten, und zwar zum Firmenbuchge­setz – auch ein Justizthema. Dass wir schon 17 Jahre das Firmenbuch haben ist eine tolle Sache. Wir sind da in der elektronischen Daten-Zurverfügungstellung vorbildlich. Das war damals noch unter Minister Foregger.

Dann habe ich die Fronten gewechselt: Ich bin von der Abgeordnetenbank auf die Regierungsbank gekommen, habe dort mit dem Minister Michalek zusammenarbeiten können.

Dann bin ich von der Regierungsbank wieder in die Abgeordnetenreihen zurückge­kehrt – und habe einen Bundesminister Krüger kommen und gehen gesehen.

Als Justizsprecherin der ÖVP habe ich dann einen Bundesminister Böhmdorfer über­lebt. (Ruf bei der FPÖ: Hahaha!)

Dann habe ich eine Bundesministerin Gastinger unterstützen dürfen.

Und dann habe ich mich auf die Bundesministerin Maria Berger gefreut, da diese Zu­sammenarbeit etwas Spannendes hatte, weil wir beide gemeinsam in die Schule ge­gangen sind.

Ich habe fünf Koalitionspakete mitgestaltet und war auch bei deren Umsetzung dabei. Gerade was die Justizpolitik betrifft, haben wir in dem Zeitraum von 1990 – seit 1995 bin ich Justizsprecherin der ÖVP – bis jetzt justizpolitische Meilensteine gesetzt. Gleich ein erster war, in meiner ersten Justizausschusssitzung, ein neues Namensrecht – für die ÖVP damals eine ziemlich liberale Angelegenheit. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Das heißt, da war von der „Law-and-Order-Fekter“ noch überhaupt nichts zu spüren.

Anschließend sind aber gleich Lauschangriff und Rasterfahndung gekommen. Wie be­hutsam wir mit diesem sensiblen Thema umgegangen sind, zeigt, dass wir damals einen Menschenrechtsbeauftragten installiert haben, wohingegen die Deutschen ein ähnliches Gesetz nicht zustande gebracht haben und sogar zwei Minister daran gescheitert sind. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir haben anschließend die Diversion eingeführt, trotz Widerstand in den eigenen Rei­hen. Täter-Opfer-Ausgleich ist mit Sicherheit kein Law-and-Order-Gesetz, sondern ein sehr humanes Gesetz, das eigentlich auf die Zukunft gerichtet ist und das Opfer in den Vordergrund stellt.

Stolz bin ich darauf, dass es uns gelungen ist, die gemeinsame Obsorge für Schei­dungseltern zu schaffen. Es ist das ein Erfolgskonzept, das auch von 80 Prozent der Scheidungseltern in Anspruch genommen wird.


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Die Großreform, die ich zu meiner Studienzeit, also Jahrzehnte zurück, schon gelernt habe, die aber nie umgesetzt worden ist, ist uns auch gelungen, nämlich die Strafpro­zessordnung auf neue Beine zu stellen.

Wirklich ein Anliegen war mir das Patientenverfügungsgesetz. Das ist immerhin ein Gesetz, wo sich Menschen dafür entscheiden, ihr Leben zu verkürzen. Daher halte ich nichts davon, wenn das ein Flächenbrand wird oder wenn Dritte Menschen dazu drän­gen, dass sie eine Patientenverfügung unterschreiben sollen.

Mit der Menschenwürde ähnlich behutsam umgegangen sind wir beim Heimaufent­haltsgesetz – trotz Widerstand der Länder und der Heimbetreiber.

Weiters haben wir ein strenges Suchtmittelgesetz gemacht, aber das Prinzip „Therapie statt Strafe“ dabei nicht fallen lassen.

Ein echtes Erfolgsgesetz, meine sehr verehrten Damen, ist das neue Nachbarschafts­recht. Bisher gab es 70 Fälle bei der Volksanwaltschaft pro Woche, jetzt, im heurigen Halbjahr, gibt es nur mehr fünf Fälle. Das Gesetz hat gewirkt und eigentlich mehr Frie­den unter den Nachbarn gebracht. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Vor 17 Jahren habe ich schon einmal die Fronten hier in diesem Haus gewechselt. Jetzt wechsle ich sie wieder. Wahrscheinlich sitze ich dann wieder auf demselben Stuhl, auf dem ich als Staatssekretärin gesessen bin.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedan­ke mich bei euch allen für die Zusammenarbeit. Speziell die Atmosphäre im Justizaus­schuss ist eine legendäre. Dafür muss ich mich bedanken, denn die sachliche Arbeit, die gute Atmosphäre, die dort herrscht, hat eine konstruktive Zusammenarbeit erlaubt. Die meisten Gesetze beschließen wir dort einstimmig.

Ich bedanke mich aber auch bei der Parlamentsdirektion, Frau Präsidentin, und zwar sind mir hier im großen Haus Dinge im Kleinen gelungen. Ich habe nämlich hier nach­haltig gewirkt, um kleine Dinge durchzusetzen, wozu ich oft jahrelang gebraucht habe. So habe ich mindestens fünf Jahre lang gebraucht, bis ich erreicht habe, dass wir Wasser in den Couloirs bekommen konnten. Das ist immer am Widerstand der Parla­mentsdirektion gescheitert, wo man gemeint hat, Wasser für uns Abgeordnete zum Trinken könnte man nur durch den Bau einer Wasserleitung beschaffen. Ich habe da­her der Parlamentsdirektion ein Prospekt einer oberösterreichischen Firma zukommen lassen, was uns dann im ganzen Haus Wassercontainer sozusagen beschert hat. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Weiters habe ich über zehn Jahre lang gebraucht, um zu erreichen, dass auf Anträgen, die die Abgeordnete Fekter einbringt, nicht „und Genossen“ draufsteht. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.) Das war etwas, was in der großen Koalition leider nicht änderbar war, sondern erst mit der kleinen Koalition möglich war, sodass das jetzt „Kolleginnen und Kollegen“ draufsteht.

Dass wir in dem Raucherzimmer einen Kaffee- und Getränkeautomaten haben, werden die Nichtraucher unter Ihnen noch gar nicht entdeckt haben. Aber auch das ist auf eine Anregung von mir zurückzuführen.

Ich erwähne diese kleinen Dinge deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil daraus erkennbar ist, dass ich nachdrücklich und konsequent auch an den kleinen Dingen bleibe. Und das wird mich auch bei meiner neuen Aufgabe begleiten. Ich werde mich auch in Zukunft insbesondere den kleinen Anliegen widmen, denn für die jeweils Betroffenen haben kleine Anliegen oft sehr große Wirkung. – Danke. (Allgemeiner, bei der ÖVP stehend dargebrachter Beifall.)

19.18



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 198

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete Dr. Fekter, ich wünsche Ihnen von dieser Stelle aus als Präsidentin des Nationalrates viel Erfolg und alles Gute! Ich kann dazu nur sagen: Hätten wir früher Parlamentspräsidentinnen und mehr Volksanwältinnen gehabt, wer weiß, was da schon alles weitergegangen wäre! Ich möchte Ihnen auch deswegen alles Gute wünschen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir sind ja fast Nachbarinnen; das wissen wahrscheinlich viele nicht. Ihr Heimatort und mein Heimatort liegen exakt 11 Kilometer voneinander entfernt.

Sie sind am 5. November 1990 als Abgeordnete in das Parlament gekommen, worauf Sie schon hingewiesen haben, und haben hier im Parlament viel Erfahrung gesammelt und eine nachhaltige Spur gezogen. Ich bin überzeugt davon, dass Sie wieder, dieses Mal als Vertretungsorgan des österreichischen Nationalrates, des österreichischen Parlaments, eine hervorragende Arbeit leisten.

Alles Gute – vor allen Dingen im Interesse der Bevölkerung Österreichs! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Dr. Fekter erhebt sich von ihrem Platz und dankt mit einer Verbeugung.)

Als Nächste zu Wort gelangt auch eine Abgeordnete, die am 5. November 1990 das erste Mal hier in diesem Hohen Haus saß, und zwar Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


19.20.22

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Dobar vecer! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Ja, am 5. November 1990 bin ich hier eingezogen, und das ist heute meine 586. Rede, die ich hier im Nationalrat halte. (Heiterkeit. – Abg. Gahr: Bravo! Fleißig!) Das hat die Literaturdokumentation für mich ausgehoben.

Ich habe jetzt nicht ausgerechnet, wenn ich eine Durchschnittsredezeit von 8 Minuten annehme (Zwischenrufe bei den Grünen), wie viel das ist. Es wäre eine ganz schön lange Zeit. Aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es hat sich alles geändert – unter anderem auch dank Maria Fekter, weil sie sich sehr dafür eingesetzt hat, dass die Redezeiten beschränkt werden. Als ich seinerzeit gekommen bin, Maria, und du auch, da gab es unbeschränkte Redezeiten. Da konnte man pro Debatte 20 Minuten reden, da hat es Marathonreden gegeben; es wurde nächtelang durchdiskutiert. Dank der Beharrlichkeit der großen Fraktionen ist das jetzt nicht mehr so.

Jetzt hätte ich aber heute, geschätzte Damen und Herren, 20 Minuten, denn die hat mit der Grüne Klub geschenkt. 8 Minuten waren vorgesehen, und die restlichen 12 Minu­ten haben sich heute alle sozusagen vom „Redemund“ abgespart. Aber ich mache Ihnen allen und auch den Freundinnen und Freunden der Grünen ein Geschenk und werde die sicherlich nicht verbrauchen. (Beifall bei der ÖVP.) Aber die 8 Minuten ste­hen mir zu.

Ich möchte mich als Allererstes für das Vertrauen bedanken, das mir eine sehr große Mehrheit, eine übergroße Mehrheit des Nationalrates gestern geschenkt hat für die neue Funktion, in die ich wechseln werde, denn, so wie Maria Fekter bereits gesagt hat, ich werde das Parlament ja nicht verlassen, sondern, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich bin jetzt ein Mitglied eines Hilfsorgans des Parlaments, nämlich der Volksanwaltschaft. Und insofern ist es keine Abschiedsrede im Parlament, sondern es ist die letzte Rede von diesem Pult aus.

Ich denke an dieses Vertrauen, das mir damals geschenkt wurde, vor allem 1990, als die Grünen den Mut hatten, eine junge Frau, die damals schon als „goschert“ bekannt war, um das so salopp zu sagen, eine Kroatin, was nicht üblich war hier im National­rat – ich war die erste Kroatin, die im Nationalrat vertreten war –, in den Nationalrat zu nehmen. Dank gebührt den Grünen deshalb, weil sie es ja nicht immer leicht mit mir


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hatten. Ich war nicht immer einfach und habe es auch den anderen nicht immer einfach gemacht. Das gilt jetzt nicht nur für meine Fraktion, das gilt für die Kolleginnen und Kollegen in der Vergangenheit und in der Gegenwart auch.

Ich würde resümierend über die letzten 16½ Jahre sagen: Ich habe Sie alle gefordert. Ich habe die Portiere gefordert, denn ich habe unglaublich viele Besucher gehabt, die gekommen sind und gesagt haben: Wir wollen zur Frau Stoisits!, die eine Visitenkarte hatten mit dem Namen und gesagt haben: Wir wollen zu ihr!

Jetzt gibt es keine Portiere mehr, nur mehr einen Zentraleingang, aber wenn ich an den Herrn  Pötscher und an den Herrn Schmidt denke: Die haben mich sehr unter­stützt.

Ich habe die Hausarbeiter gefordert, denn ich habe als Einzige immer noch Vollholz­möbel, und die müssen geputzt und gepflegt werden. – Ich hoffe, mein Nachfolger wird es weiter tun.

Ich habe die Drucker gefordert, denn ich habe ja 826 parlamentarische Anfragen eingebracht, die vervielfältigt werden mussten, sowie zahlreiche Gesetzesanträge und Entschließungsanträge.

Ich habe aber auch die Telefonistinnen gefordert, weil ich so oft angerufen habe: Ich weiß die Klappe nicht, bitte verbinden Sie mich!

Ich habe die MitarbeiterInnen aller Dienste des Nationalrates sicher sehr gefordert, und ich glaube, heute sagen zu können, am meisten gefordert habe ich das Stenogra­phische Protokoll. Denn die Stenographen haben aus dem, was ich hier sage, Reden gemacht, die man im Stenographischen Protokoll nachlesen kann – und das klingt alles wirklich gut, wenn man es liest. (Heiterkeit.)

Ich möchte mich jetzt bei allen wirklich ganz, ganz herzlich bedanken, bei allen, die ich jetzt aufgezählt habe aus den einzelnen Bereichen des Parlaments – und auch bei allen, die ich nicht aufgezählt habe. Ich habe im Laufe dieser Jahre sehr, sehr viele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlamentsdirektion insgesamt kennengelernt, vom Parlamentsdirektor, wenn man so will, abwärts bis hin zum Herrn Rudi, zur Frau Silvia und zum Ali in der Cafeteria, die mich stets wirklich gut bedient haben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich habe versucht, Beiträge zu leisten, und es erfüllt mich in einigen Bereichen wirklich auch mit Stolz, dass es mir gelungen ist, auch sichtbare Beiträge zu leisten, die sich dann in Gesetzesanträgen und Initiativen niedergeschlagen haben: Beiträge gegen das Verdrängen und gegen das kollektive Wegschauen in Bezug auf die Aufarbeitung der jüngeren österreichischen Geschichte; für Restitution von geraubtem Vermögen und Kunstwerken; für Gesten der Wiedergutmachung von erlittenem Unrecht an Opfern des Nationalsozialismus; für Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure; für einen huma­nen Strafvollzug. – Ich erinnere nur an 1993, an die große Strafvollzugsgesetz-Novelle. Ursprung dafür war ein Initiativantrag, den Stoisits im Namen der Grünen Fraktion ein­gebracht hat.

Ich habe einen Beitrag geleistet für das Sichtbarmachen der kulturellen und der sprachlichen Vielfalt dieses Landes – das Bekenntnis der Republik dazu ist ganz aus­drücklich in einem Artikel unserer Bundesverfassung festgelegt. Ich habe versucht, Beiträge auch für Instrumente zu leisten, um sich gegen Rassismus, Xenophobie und homophobe Diskriminierung durchzusetzen.

Ich habe in diesen Jahren viel gelernt und vor allem viel dazugelernt – dazugelernt von allen, denn ich habe Freunde und Freundinnen fürs Leben, ich würde sagen, in fast allen Fraktionen gewonnen. Und dafür bin ich allen sehr dankbar.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 200

Ich bin natürlich den Frauen, den Kolleginnen viel öfter begegnet, denn 1990 war noch alles getrennt. Da hatten die Grünen einen eigenen Eingang mit einem eigenen Portier, es war die Stimmung eine ganz andere; Maria Fekter wird sich erinnern. Damals war es vielfach so, dass der einzige Ort, wo man Kolleginnen der anderen Fraktionen so­zusagen außerhalb eines Ausschusses begegnen konnte, das Damenklo war. Alles andere war separiert und getrennt.

Das hat sich sehr maßgeblich verändert. Die Kollegialität, die Solidarität untereinander ist meines Erachtens gestiegen – jetzt immer aus dem Blickwinkel einer Abgeordneten der Grünen gesehen. Und ich freue mich sehr, Frau Präsidentin, dass Sie – darüber freue ich mich wirklich sehr! – jetzt extra Platz genommen haben auf dem Präsidium, weil Maria Fekter und ich unsere letzten Reden von diesem Platz aus halten. So inter­pretiere ich es, denn eigentlich wäre ja rein vom „Radl“ her Eva Glawischnig jetzt dran. Es erfüllt mich mit ganz besonderer Freude, dass ich meine Abschiedsrede unter dem Vorsitz einer Präsidentin, nämlich des ersten weiblichen Präsidenten des österreichi­schen Nationalrates, halten darf, und fast wäre es auch so gewesen: der ersten grünen Präsidentin dieses Landes.

Ich möchte mich für die Kollegialität und für die Solidarität bedanken. Ganz am Anfang wurde ich einmal gefragt: Was ist Ihr Motto in der Politik? Sie kennen das alle. Ich habe mir gedacht: Was heißt „Motto“? Ich komme in die Politik, um etwas zu verändern. Aber es sind die Gesetzmäßigkeiten auch der Medienwelt, dass man ein Motto braucht. Ich habe mir gedacht, ein Motto reicht für mich nicht, ich brauche zwei. Und das erste Motto war und ist immer noch: Einsprachigkeit ist heilbar! Und das zweite Motto ist: Wer kämpft, der kann verlieren – aber wer nicht kämpft, der hat verloren! Und diesem Motto werde ich in meiner neuen Funktion auch treu bleiben.

Ich hoffe auf die Unterstützung von Ihnen allen für die Volksanwaltschaft, denn die Volksanwaltschaft vertritt genauso wie das Hohe Haus die Bewohner und Bewohnerin­nen dieses Landes.

Lipa hvala! Dovidjenja! (Anhaltender Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

19.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete Mag. Stoisits, lassen Sie mich vielleicht damit beginnen: Sie haben einen wichtigen Hinweis gegeben auf das Geschäftsordnungskomitee. Es gibt ja nur einen Querverweis, was die Rede­zeit der Volksanwälte auf der Regierungsbank betrifft. Das heißt, hier gelten doch weit­gehend die Möglichkeiten von Regierungsmitgliedern, und der Hinweis jetzt hat durch­aus dazu angeregt, darüber nachzudenken, wie wir das in Zukunft halten werden.

Aber Spaß beiseite. Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen auch alles Gute und viel Erfolg! Ich denke, zwei Frauen als Volksanwältinnen sind ein sehr, sehr wichtiges, gu­tes Signal. Es ist, wie Sie beide gesagt haben, auch Frau Dr. Fekter, sehr, sehr oft so, dass gerade Frauen diejenigen sind, die die Dienste der Volksanwaltschaft am aller­notwendigsten brauchen. Wir werden uns bald wieder hier in diesem Hause sehen, und ich wünsche mir im Namen von uns allen, den Abgeordneten mit Ihnen, eine gute Kooperation, ein gutes Zusammenwirken im Dienste der Menschen in Österreich! Alles Gute! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Haimbuchner. 3 Minuten Wunsch­redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.32.00

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Werte Damen und Herren! Es fällt mir jetzt natürlich etwas schwer,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 201

hier noch einige sachliche Sätze zum Bundesgesetz über die justizielle Zusammen­arbeit in Strafsachen zu verlieren. Ich werde es trotzdem versuchen.

Die Freiheitlichen werden diesem Bundesgesetz zustimmen. Es ist sicherlich sinnvoll, dass hier die Entscheidungen in einem zusammenwachsenden Europa vollstreckt wer­den können.

Es wird auch eine gewisse Ungleichheit im Verwaltungsstrafbereich, vor allem im Be­reich der Verkehrsdelikte, beseitigt. Es kann einfach nicht sein, dass Ausländer, die zu schnell durch Österreich fahren, unter Umständen nicht bestraft werden können. Inso­fern müssen wir diese Problematik natürlich lösen, und dieses Gesetz ist dafür auch ideal.

Andererseits ist es natürlich auch wichtig, dass der Rechtsschutz der Betroffenen auch wirklich gewahrt wird. Es gibt ja bereits einen Entwurf zu einem EU-Verwaltungsstraf­vollstreckungsgesetz, der im Jänner 2007 der allgemeinen Begutachtung unterzogen wurde, und ich hoffe, dass hier alle Maßnahmen gesetzt werden, damit auch der Schutz der Betroffenen wirklich gewahrt wird.

Ich nehme noch einmal auf die Regierungsvorlage Bezug: Meines Erachtens sieht vor allem der § 53a der Regierungsvorlage in elf Ziffern vor, welche Unzulässigkeiten der Vollstreckung gegeben sind, und insofern bin ich ganz optimistisch, dass es hier nicht zu großen Problemen kommen wird. Auf der anderen Seite glaube ich, dass man die­ses Gesetz mit Argusaugen beachten sollte. Man sollte sich die Vorgehensweise in der Praxis genau ansehen und kontrollieren, ob die Umsetzung auch tatsächlich funktio­niert.

Vor allem wird mich in Zukunft auch interessieren, wie in den Nachbarländern oder in den anderen Mitgliedstaaten dieses Gesetz gehandhabt wird, weil es ja letztendlich auch eine gemeinschaftsrechtliche Vorgabe ist. Es kann doch nicht sein, dass wir aus­ländische Entscheidungen in Österreich sehr ordentlich zu Lasten der Betroffenen um­setzen, aber dass Entscheidungen gegenüber anderen EU-Bürgern, die in Österreich getroffen werden, dann in diesen Staaten nicht herzhaft gehandhabt werden. Insofern glaube ich auch, dass das ordentlich überprüft werden muss.

Abschließend nehme ich noch Bezug auf die zwei Kolleginnen, die heute das Hohe Haus in Richtung Volksanwaltschaft verlassen. Ich wünsche beiden sowohl beruflich als auch privat alles Gute, und ich wünsche ihnen sehr viel Energie für ihre neue Funk­tion. Was Kollegin Fekter angeht, weiß ich aus dem Eurofighter-Ausschuss, dass sehr viel Energie vorhanden ist, und ich bin sehr optimistisch, dass Frau Kollegin Fekter – Frau Kollegin Stoisits ist nicht mehr hier – natürlich auch mit diesem Einsatz die Bürger vertreten wird. Bitte nehmen Sie diese Funktion sehr ernst, denn die Bürger in Öster­reich haben sehr, sehr viel Vertrauen in die Institution der Volksanwaltschaft! – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

19.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Mag. Darmann. Das BZÖ hat noch 1 Minute Restredezeit. – Bitte.

 


19.35.39

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Danke schön, damit bin ich bis jetzt zu­rechtgekommen.

Hohes Haus! Ich darf es kurz machen: Wir werden der Novellierung des Bundesgeset­zes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen zustimmen. Über die Eckpunkte wurde schon einiges gesagt, wenn auch nicht allzu ausführlich.


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Ich möchte aber meine Restredezeit, die sehr kurz ist, dafür verwenden, Ihnen, Kolle­gin Dr. Fekter, herzlich für Ihre Vorsitzführung im Justizausschuss zu danken. Ich bin erst seit kurzem dabei, aber ich habe schon Ihr Streben nach konsensualen Lösungen schätzen und kennen gelernt und auch Ihre Fairness gegenüber Fraktionen, die nicht unbedingt durch mehrere Mandatare im Ausschuss vertreten sind. Danke vielmals!

Auch Kollegin Stoisits – sie ist leider jetzt nicht da – möchte ich meine besten Wünsche für die Zukunft aussprechen. Vielleicht kann man es ihr dann ausrichten oder sie kann es nachlesen. Ich habe in Korea ihre Liebe zum und ihre Freude am Dialog kennen­gelernt – und in den Ausschüssen ihre Freude am Monolog. Es war mit ihr wirklich sehr interessant. – Danke vielmals! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.36



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 203

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Köfer. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.37.09

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Justizminis­terin! Ich habe mit meiner heutigen dritten Rede leider noch nicht die Möglichkeit ge­habt, dieses Haus belasten zu dürfen; wird schon noch kommen.

Das Thema wurde im Ausschuss breit diskutiert, es wurde breiter Konsens erzielt, denn die allmähliche Aufhebung der Grenzkontrollen in der EU hat die Bewegungsfrei­heit der europäischen Bürger einerseits natürlich erheblich erleichtert, aber anderer­seits ermöglicht dieser auf den ersten Blick wesentliche Vorteil auch verbrecherischen Organisationen und Wirtschaftsabenteurern ein länderübergreifendes Agieren. Und damit das verhindert wird, wurden wir hier tätig.

Worum geht es dabei? – Zum einen geht es um die gegenseitige Anerkennung von Gerichtsurteilen. Diese kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn es zwischen den Mitgliedstaaten ein gewisses Maß an Vertrauen gibt. Um die Einhaltung dieser stren­gen Standards, den Schutz des individuellen Rechts durch die nationalen Rechtssys­teme auch zu gewährleisten, hat die Kommission bereits im Jahr 2003 ein entspre­chendes Grünbuch über die Verfahrensgarantien im Strafverfahren für Verdächtige und auch für Angeklagte im gesamten europäischen Raum veröffentlicht.

Zum anderen geht es aber auch noch um die Verbesserung der Mechanismen der Zu­sammenarbeit im Justizbereich. Diese Zusammenarbeit sollte auf vermögensrechtliche Anordnungen und Geldsanktionen ausgeweitet werden.

Somit hat man mit einem Schlag zwei Rahmenbeschlüsse des EU-Rates umgesetzt.

Diese Regelung ist sicherlich auch ein wichtiger Schritt für die gemeinsame Zukunft der Europäischen Union, aber viele weitere werden folgen müssen, um diesen positiven Ansatz nicht auf halbem Weg stehen zu lassen. Und wenn man das Tempo der Frau Justizministerin Berger in den letzten Monaten kennengelernt hat, weiß man auch, dass sie diese Schritte sehr konsequent verfolgen wird.

Ich darf an dieser Stelle namens der Fraktion der Sozialdemokraten Frau Kollegin Fek­ter und Frau Kollegin Stoisits alles Gute in ihrer neuen Profession wünschen, aber als Bürgermeister einer Stadt fürchte ich mich schon vor der Ankündigung von Frau Kolle­gin Fekter, dass sie auch jedes noch so kleine Anliegen konsequent verfolgen wird. Das ist für uns Bürgermeister nicht immer sehr einfach.

Jedenfalls: alles, alles Gute! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Donnerbauer. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.39.34

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute das Gesetz über die EU-Justizzusammenarbeit. Das erlaubt mir, etwas vom Hauptthema abzuschweifen, weil Justizzusammenarbeit ist auch das Thema des Jus­tizausschusses in den letzten Jahren gewesen. Ich darf daher meine Worte der Gratu­lation und dem Dank widmen:

Ich möchte dir gratulieren, liebe Terezija Stoisits, zu deiner Ernennung zur Volksanwäl­tin! Du hast in deiner Abschiedsrede selbst betont, du hast uns Geduld abverlangt – das kann ich bestätigen –, aber du hast uns auch manche neue Einsicht auf viele Pro­bleme verschafft, und ich wünsche dir natürlich auch namens meiner Fraktion alles Gute in deiner neuen Aufgabe! (Beifall bei der ÖVP und den Grünen.)

Ich möchte aber natürlich namens meiner Fraktion vor allem dir danke sagen und gra­tulieren, liebe Maria Fekter; und ich glaube, auch als dein Stellvertreter in den letzten Jahren im Justizausschuss darf ich das namens des gesamten Justizausschusses tun! Du warst uns in deinen 13 Jahren als Justizsprecherin der Österreichischen Volkspar­tei und in deinen, glaube ich, mehr als zehn Jahren als Vorsitzende des Justizaus­schusses wirklich Vorbild im wörtlichsten Sinn. Du hast uns geleitet und geführt, auch durch manch schwierige Situation. Du hast selbst gesagt, du hast einige Minister völlig unbeschadet, wie wir uns heute auch überzeugen konnten, überstanden. Und du hast, glaube ich, auch viel bewirkt für die Justiz, für die Justizzusammenarbeit in Österreich.

Ich danke dir für diese Arbeit! Du warst beharrlich, wenn es notwendig war, und du hast auch die Geduld aufgebracht, wenn es möglich war, hier auch einen gemeinsa­men Weg zu finden. Dafür herzlichen Dank!

Ich gratuliere dir natürlich zu deiner Ernennung zur Volksanwältin und wünsche dir im Namen von uns allen alles Gute in dieser Funktion in den nächsten sechs Jahren. Ich glaube, ich kann für uns alle sagen, in Zukunft aber umso mehr für die Bürgerinnen und Bürger: Wie gut, dass es Maria gibt! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

19.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ablinger. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.41.52

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Frau Abgeord­nete Fekter, ich habe gar nicht gewusst, dass ich es eigentlich Ihnen verdanke, dass ich verheiratet bin. Ich hätte nämlich nicht geheiratet, hätte es damals das neue Na­mensrecht nicht gegeben. Es ist interessant, dass mich das quasi mit Ihnen verbindet.

Ich schließe dem aber an: Es verbindet mich insofern etwas auch mit der „Resi“ Stoi­sits, als wir seinerzeit nämlich gemeinsam – und das war gar nicht so einfach – gegen Lauschangriff und Rasterfahndung gestimmt haben. Insofern also eine kontroversielle Verbundenheit.

Ich wünsche Ihnen beiden alles Gute für die künftige Arbeit und möchte mit dem schlie­ßen, was Erwin Niederwieser bei der letzten Debatte gesagt hat: Es gibt nichts, wor­über wir nicht streiten könnten. – Das ist eine Vorlage, worüber wir nicht streiten, weil wir uns einig sind, dass die Zukunft Europas auch darin liegt, Rechtssicherheit zu schaffen, dass die Zukunft Europas auch darin liegt, Zusammenarbeit auf ordentlichen Grundlagen zu haben.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 204

Daher stimmen wir dieser Vorlage gerne zu, und ich glaube, damit gehen wir einen weiteren Schritt, auch wenn wir noch nicht angekommen sind bei einem gemeinsamen Europa. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Franz. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.43.11

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Nun werden wir also die Forderung der EU nach justizieller Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der EU umsetzen und schaffen dadurch die innerstaatlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, durch die Geld­strafen und Geldbußen angeordnet werden können.

Ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, den beiden scheidenden Mitgliedern Maria Theresia Fekter und Terezija Stoisits für die gute Mitarbeit im Justizausschuss zu dan­ken. Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei dir, Maria Fekter, für deine sehr kompetente und sehr sachliche Vorsitzführung und auch für deine herzerfrischende Art! Ich wünsche euch beiden alles Gute für die neue Tätigkeit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.44.10

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz über die justizielle Zusammenarbeit ist sehr wichtig für uns, um handeln zu können, um einen geschlossenen europäischen Raum zu haben. Ich möchte nur ganz kurz, weil einer meiner Vorredner darauf eingegangen ist, noch einmal sagen, dass die Verkehrssachen nicht inkludiert sind in dieser Zusammenarbeit, dass das extra ausgearbeitet wird.

Im Übrigen bitte ich Sie, diesem Gesetz zuzustimmen, weil wir es brauchen, weil es wichtig ist, und ich darf den beiden Kolleginnen Terezija Stoisits und Fekter ganz herz­lich gratulieren und ihnen alles Gute für die Zukunft wünschen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

19.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Hakl ist die nächste Rednerin. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.45.50

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nister! Liebe Maria Theresia! Liebe Terezija! Es ist schon oft gesagt worden, ihr werdet uns beide fehlen, insbesondere eure ab und zu recht kontroversen Debatten und das gleichzeitig sehr konstruktive Klima im Justizausschuss.

Folgendes dazu: Ich appelliere an sämtliche Ausschussvorsitzenden, und ich meine das sehr ernst, es so zu halten wie unsere Frau Abgeordnete Fekter, nämlich zum einen bei der Terminplanung jeweils mehr als ein Semester im Voraus die Termine mit den einzelnen Sprechern der Fraktionen zu koordinieren – da geht nämlich dann auch etwas weiter –, die anstehenden Themen aber auch entsprechend vorzubesprechen, auch jeweils mit der Opposition.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 205

Ein Appell an die Frau Bundesminister, auch dem Nachfolger unserer lieben Kollegin Fekter und allen KollegInnen in Zukunft so aufmerksam zuzuhören, wie es Ihre Vor­gängerinnen und Vorgänger jeweils gezwungen waren zu tun.

In diesem Sinne wünsche ich auch dem Heribert (in Richtung des Abg. Mag. Donner­bauer) ein sehr positives Wirken in der Zukunft und freue mich darauf, dass wir die Arbeit im Justizausschuss in Deinem Sinne fortsetzen werden, liebe Maria Theresia Fekter. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

19.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin Dr. Berger hat sich zu Wort gemeldet. Ich kann mir ungefähr vorstellen, weswegen. – Bitte, Frau Bundesmi­nisterin.

 


19.46.26

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich mich schon auch bei allen Kolleginnen und Kollegen im Justizausschuss, die sich mit dem Tagesordnungspunkt, den wir jetzt behandeln, beschäftigt haben, durchaus auch sehr lebhaft beschäftigt haben, obwohl es eine sehr sperrige Angelegenheit ist, sehr, sehr herzlich bedanken.

Mein Redebeitrag gilt aber selbstverständlich auch der Tatsache, dass ich heute nicht nur zwei liebe Freundinnen aus der Justizpolitik verliere – ich muss mich ja selbst fra­gen, ob das vielleicht auch etwas mit mir zu tun hat (Heiterkeit), dass ausgerechnet ihr jetzt den Justizausschuss verlasst, aber ich denke, dass ihr beide – Maria Fekter natür­lich als Vorsitzende des Ausschusses in besonderem Maße – für das doch sehr tolle Klima im Ausschuss, für die guten Fortschritte, die es in der Justizpolitik, wenn auch mit einigen Unterbrechungen, aber doch immer wieder gegeben hat, wesentlich mitver­antwortlich wart.

Maria Fekter hat es ja selbst erwähnt: Wir sind gemeinsam in die Schule gegangen. Das war nicht nur irgendeine Schule, das war eine sehr strenge Klosterschule. Viel­leicht erklärt das auch das strenge Regime, das Frau Dr. Fekter manchmal im Aus­schuss geführt hat, aber ich meine, der Sache war es immer sehr dienlich.

Ich weiß, dass beide ihr Interesse für die Justiz auch in die neue Funktion in der Volks­anwaltschaft mitnehmen werden. In welchem Ausmaß es hier auch in Zukunft Verän­derungen gibt, werden wir noch Gelegenheit haben zu debattieren, aber damit ist auf jeden Fall die Zusammenarbeit auch in der Zukunft gesichert.

Ich freue mich schon auf die gute Zusammenarbeit auch mit Herrn Mag. Donnerbauer als Nachfolger im Vorsitz des Justizausschusses und hoffe, dass trotz dieser ein­schneidenden personellen Änderungen die gute Zusammenarbeit und die sehr hohe Produktivität dieses Ausschusses auch weiterhin gewährleistet ist. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

19.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 135 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 206

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wieder ein­stimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.49.2116. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Klagenfurt (17 Hv 78/06 f) um Zustimmung zur behördlichen Verfol­gung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (145 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort ist niemand gemeldet.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 145 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes Klagenfurt um Zustimmung zur be­hördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatkläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer besteht; daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Klaus Hu­bert Auer nicht zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

19.50.4717. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (095 Hv 40/07 h) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Vilimsky (146 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort ist niemand gemeldet.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 146 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Vilimsky wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatkläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Vilimsky besteht; daher wird einer behörd­lichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Vilimsky nicht zuge­stimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 207

19.51.57Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 240/A bis 258/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 920/J bis 948/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.52 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.52.33Schluss der Sitzung: 19.52 Uhr

 

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1017 Wien