Stenographisches Protokoll
33. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXIII. Gesetzgebungsperiode
Mittwoch, 10. Oktober 2007
33. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXIII. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 10. Oktober 2007
Dauer der Sitzung
Mittwoch, 10. Oktober 2007: 9.00 – 9.03 Uhr
12.01 – 15.44 Uhr
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Inhalt
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 10
Geschäftsbehandlung
Redezeitvereinbarung nach Beratung in der Präsidialkonferenz ................................ 11
Unterbrechung der Sitzung ............................................................................. 11, 33, 81
Antrag auf Durchführung einer geheimen Abstimmung – Ablehnung .......................... 79
Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................... 79
Mitteilung der Präsidentin Mag. Barbara Prammer betreffend Abstimmung über Antrag auf Durchführung einer geheimen Abstimmung ......................................................................................... 80
Wortmeldung des Abgeordneten Herbert Scheibner im Zusammenhang mit der namentlichen Abstimmung ......................................................................................................................................... 80
Erklärung der Präsidentin Mag. Barbara Prammer betreffend Nichtverlautbarung des Ergebnisses der namentlich durchgeführten Abstimmung ....................................................................... 81
Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen ebenfalls im Zusammenhang mit der namentlichen Abstimmung ............................................................................................. 81
Bundesregierung
Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 10
Ausschüsse
Zuweisungen .................................................................................................................. 10
Dringlicher Antrag
der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bleiberecht für Integrierte (393/A)(E) ...................................................................................................... 11
Begründung: Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................ 15
Bundesminister Günther Platter ................................................................................ 20
Debatte:
Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 25
Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 30
Dr. Wolfgang Schüssel .......................................................................................... ..... 34
Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 36
Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 39
Bundesminister Mag. Norbert Darabos ............................................................... ..... 45
Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 47
Rudolf Parnigoni ..................................................................................................... ..... 50
Dipl.-Ing. Hannes Missethon ................................................................................. ..... 53
Barbara Rosenkranz ............................................................................................... ..... 54
Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 59
Barbara Zwerschitz ................................................................................................ ..... 63
Dr. Elisabeth Hlavac ............................................................................................... ..... 68
Gabriele Tamandl ................................................................................................... ..... 69
Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 70
Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ..... 75
Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 76
Sabine Mandak ............................................................................................................. 77
Alexander Zach ....................................................................................................... ..... 78
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend humanitäre Aufenthaltsgenehmigung für Familie Zogaj – Ablehnung ..................... 28, 79
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschiebestopp für Integrierte (namentliche Abstimmung) (siehe dazu auch S. 79) – Ablehnung 29, 81
Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Legalisierung voll integrierter, langjährig in Österreich lebender unbescholtener Ausländer bei gleichzeitiger Beibehaltung des strengen Asyl- und Fremdenrechts – Ablehnung ....................... 43, 81
Entschließungsantrag der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Asyl, humanitäres Aufenthaltsrecht und Fremdenrecht – Annahme (E 39) 52, 82
Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Verschärfungen des Asylwesens – Ablehnung ................................... 57, 82
Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche und deutliche Verkürzung der Asylverfahren – Ablehnung ......................... 62, 82
Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung ......................... 65, 82
Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen
und Kollegen betreffend DNA-Tests zur Immigrationskontrolle – Ableh-
nung ......................................................................................................................... 72,
82
Entschließungsantrag der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schließung der bestehenden Erstaufnahmestellen des Bundesasylamtes und Errichtung einer neuen Erstaufnahmestelle an der Staatsgrenze – Ablehnung ........................................................................... 73, 82
Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 393/A(E) ................................ 79
Eingebracht wurden
Regierungsvorlagen ................................................................................................... 10
227: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie und Beruf Management GmbH“ geändert wird
228: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird
229: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Karenzgeldgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden
230: 11. Führerscheingesetz-Novelle
231: Strafprozessreformbegleitgesetz I
232: Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition
233: Rotkreuzgesetz – RKG
Bericht ........................................................................................................................... 11
III-95: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 2006; BM f. Wirtschaft und Arbeit
Anträge der Abgeordneten
Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bleiberecht für Integrierte (393/A)(E)
Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz BGBl. Nr. 1/1930 geändert wird (394/A)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Harmonisierung der Pensions- und Personalrechte von Bund, Ländern und Gemeinden (395/A)(E)
Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine allfällige Organhaftungsklage gegenüber BM a.D. Mag. Herbert Haupt und BM a.D. Ursula Haubner (396/A)(E)
Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz sowie das Rechnungshofgesetz geändert werden (397/A)
Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz sowie das Rechnungshofgesetz geändert werden (398/A)
Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird (399/A)
Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung von Handydiebstählen (400/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersuchung des Missbrauchs der elektronischen Gesundheitskarte („e-card“) (401/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstattung von Arzt- und Spitalskosten für Urlaubsgäste (402/A)(E)
Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend zukünftigen Schutz der Staatsgrenze (403/A)(E)
Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Verschärfungen des Asylwesens (404/A)(E)
Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Beschleunigung der Asylverfahren (405/A)(E)
Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 8 EMRK im Zusammenhang mit der Vollziehung des Fremdenpolizeigesetzes und des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (406/A)(E)
Anfragen der Abgeordneten
Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Funktion eines Agrarattachés in den USA (1536/J)
Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend ein geplantes „midlife update“ für die SAAB 105 OE Flugzeuge des österreichischen Bundesheeres (1537/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verwendung des Bundeswappens durch Ex-Vizekanzler Gorbach (1538/J)
Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Jagdpanzer Jaguar – Verwertung/Verschrottung (1539/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Vermittlungsersuchen von Ex-Vizekanzler Gorbach (1540/J)
Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Personal in den österreichischen Justizanstalten (1541/J)
Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Strafdelikte und Freitodzahlen in österreichischen Justizanstalten (1542/J)
Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Beihilfe zum unrechtmäßigen Aufenthalt (1543/J)
Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Auswirkungen der MitarbeiterInnenbeteiligung auf die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern (1544/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend finanzielle Unterstützung der 24-Stunden-Betreuung (1545/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kandidatur Österreichs für den UN-Sicherheitsrat (1546/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Kündigung des Erbschaftssteuer-Doppelbesteuerungsabkommens durch Deutschland“ (1547/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Brenner-Basistunnel (1548/J)
Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Interventionen für Michail Cherney (1549/J)
Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten diverser Initiativen und Plattformen (1550/J)
Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Ausstellung eines Dienstpasses für Mag. Martin Schlaff (1551/J)
Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ausstellung eines Dienstpasses für Mag. Martin Schlaff (1552/J)
Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Interventionen für Michail Cherney (1553/J)
Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Inanspruchnahme der mit BGBI I Nr. 168/2006 eingeführten Möglichkeit der rückwirkenden Beantragung des Kinderbetreuungsgeldes bzw. Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld (1554/J)
Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend FRONTEX (1555/J)
Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Rekruten aus dem Kleinwalsertal (1556/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Missbrauch der elektronischen Gesundheitskarte („e-card“) (1557/J)
Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asyl und Kriminalität im Burgenland (1558/J)
Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ahndung der Verletzung des „Rechtsfahrgebotes“ in Kärnten (1559/J)
Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Informationsveranstaltungen mit Univ.-Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider (1560/J)
Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität und Exekutive im Burgenland (1561/J)
Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Einsetzung von Andreas Wabl zum Klimaschutzbeauftragten (1562/J)
Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylwerber mit negativ abgeschlossenem Asylverfahren im Burgenland (1563/J)
Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend grenzüberschreitende tierärztliche Tätigkeiten und Tiergesundheitsdienst an einem Fallbeispiel aus Niederösterreich, das im Widerspruch zu Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz steht (1564/J)
Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend grenzüberschreitende tierärztliche Tätigkeiten und Tiergesundheitsdienst an einem Fallbeispiel aus Niederösterreich, das im Widerspruch zu Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz steht (1565/J)
Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend EU-Richtlinie 2003/10/EG des EP und des Rates (1566/J)
Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schubhaftzentrum und Schubhäftlinge (1567/J)
Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Aufarbeitung der Partisanen-Verbrechen in der Republik Slowenien (1568/J)
Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schließung von Postämtern im Bundesland Vorarlberg (1569/J)
Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schließung von Postämtern im Bundesland Oberösterreich (1570/J)
Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schließung von Postämtern im Bundesland Steiermark (1571/J)
Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schließung von Postämtern im Bundesland Tirol (1572/J)
Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schließung von Postämtern und Postverteilerzentren in Kärnten (1573/J)
Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schließung von Postämtern im Bundesland Salzburg (1574/J)
Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend gewaltsames Auftreten von linksradikalen Vereinen (1575/J)
Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kostenfrage zur Sondierung und Freilegung von Kriegsrelikten (1576/J)
Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend grenzüberschreitende tierärztliche Tätigkeiten und Tiergesundheitsdienst an einem Fallbeispiel aus Niederöster-
reich, das im Widerspruch zu Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz steht (1577/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend fliegende Dienstwagen (1578/J)
Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Hubschrauber-Taxis (1579/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend „Guarkernmehl in Österreich – Sevesogift im Joghurt?“ (1580/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Kriminalitätsentwicklung um Weihnachten“ (1581/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Verkehrssicherheit in Österreich – Zahlen und Fakten – sicherheits- und verkehrspolitische Maßnahmen“ (1582/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend „Rufbereitschaft für Ärzte“ (1583/J)
Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Grundversorgung von Fremden (1584/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylwerber in Tirol (1585/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsatz von Zivildienern (1586/J)
Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten Asyl- und Fremdenwesen (1587/J)
Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Einschränkungen bei der Rekruten- und Truppenausbildung aufgrund fehlender Kreditmittel (1588/J)
Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gesetzesnovelle im Glücksspielbereich (1589/J)
Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Besteuerung im Glücksspielbereich (1590/J)
Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Handbuch zum NAG (1591/J)
Walter Murauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend mangelhaften Vergleich des Verteidigungsministers mit der Eurofighter GmbH (1592/J)
Dr. Peter Sonnberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend parteipolitische Postenbesetzungen der SPÖ-Bundesminister (1593/J)
Jochen Pack, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Besuch der Papstmesse in Mariazell (1594/J)
Mag. Helmut Kukacka, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kriminalisierung des Verkehrsstrafrechts (1595/J)
Walter Murauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend weitere offene Fragen zur Detailvereinbarung mit der Eurofighter GmbH (1596/J)
Dr. Peter Sonnberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Missbrauch öffentlicher Einrichtungen durch SPÖ-Regierungsmitglieder (1597/J)
Sylvia Rinner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend dreisprachige Dienstausweise und „falsche“ Polizisten (1598/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Befreiung von der Gurtenpflicht für Kinder mit intensiven Behinderungen (1599/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Befreiung von der Gurtenpflicht für Kinder mit intensiven Behinderungen (1600/J)
Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Entwicklung des Personalstandes in der Justiz (1601/J)
Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die wissenschaftliche Kompetenz zur kritischen Befassung mit Nuklearfragen – kurz „nuklearkritische Kompetenz“ – in Österreich (1602/J)
Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die wissenschaftliche Kompetenz zur kritischen Befassung mit Nuklearfragen – kurz „nuklearkritische Kompetenz“ – in Österreich (1603/J)
Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die wissenschaftliche Kompetenz zur kritischen Befassung mit Nuklearfragen – kurz „nuklearkritische Kompetenz“ – in Österreich (1604/J)
Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Erleichterung des Universitätszugangs für bildungsferne Schichten (1605/J)
Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend sicheres Reisen und Bankkarten (1606/J)
Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend rechtsstaatliche Gefahren der Auslieferung von Österreichern an das Ausland infolge eines Europäischen Haftbefehls (1607/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Planstellen im BMI“ (1608/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive und Bewachungsgewerbe) – Gesetzliche Regelungen – Daten 2006“ (1609/J)
Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Bolfraskaserne – behauptete Schikanen bei einer Gefechtsübung (1610/J)
Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Projekt „Spielberg neu“ (1611/J)
Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierungsaktivitäten des Bundes (1612/J)
Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Fördermittel für die Obersteiermark (1613/J)
Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verkauf der Kirchner-Kaserne und Verlegung des VR 1 (1614/J)
Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anwendung § 24 Asylgesetz (1615/J)
Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheitsakademie – Grundausbildungslehrgang E1 2007 (1616/J)
DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst betreffend „Dienstgeberbeitrag für BeamtInnenpensionen“ (1617/J)
Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend gesundheitliche Risiken des Wasserpfeifenrauchens (1618/J)
Franz Morak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Fragenkatalog zur Kulturpolitik (1619/J)
Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizistinnen und Polizisten des Grenzdienstes (1620/J)
Walter Murauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend eigenartige Vorgangsweise bei der Bestellung des stellvertretenden Generalstabschefs (1621/J)
Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Übernahme der Kosten der Impfungen gegen Hepatitis A und B für Feuerwehrleute (1622/J)
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Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nichtbeachtung von Entschließungsanträgen des Nationalrates durch die Bundesregierung oder durch einzelne Mitglieder der Bundesregierung (23/JPR)
Beginn der Sitzung: 9 Uhr
Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger.
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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, ich ersuche Sie, die Plätze einzunehmen.
Ich eröffne die 33. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 6 des Geschäftsordnungsgesetzes einberufen wurde.
Die Amtlichen Protokolle der 31. und 32. Sitzung vom 27. September 2007 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.
Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Fleckl, Großruck, Öllinger, Ing. Hofer und Dipl.-Ing. Klement.
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung gebe ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt:
Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied wird durch den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger vertreten.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen: 1536/J bis 1607/J;
2. Regierungsvorlagen:
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie und Beruf Management GmbH“ geändert wird (227 d.B.),
Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (228 d.B.),
Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Karenzgeldgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (229 d.B.),
11. Führerscheingesetz-Novelle (230 d.B.),
Strafprozessreformbegleitgesetz I (231 d.B.),
Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition (232 d.B.),
Rotkreuzgesetz – RKG (233 d.B.).
B. Zuweisungen:
Zuweisungen in dieser Sitzung:
zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):
Ausschuss für Arbeit und Soziales:
Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 2006 (III-95 d.B.).
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Ankündigung eines Dringlichen Antrages
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Grüne Klub hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, den Selbständigen Antrag 393/A(E) der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bleiberecht für Integrierte dringlich zu behandeln.
Der Aufruf des Dringlichen Antrages wird um 12 Uhr erfolgen.
Redezeitvereinbarung
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz für diese Sitzung, die von 12 Uhr bis 15.15 Uhr vom ORF live übertragen wird – mit einer Unterbrechung für die Mittags-„ZiB“ von 13 Uhr bis 13.15 Uhr –, eine Redezeitvereinbarung getroffen wurde, und zwar soll die Redezeit des zuständigen Regierungsmitgliedes 20 Minuten, die eines weiteren Regierungsmitgliedes 10 Minuten nicht überschreiten.
Die Sitzung wird daher im Zusammenhang mit der Live-Übertragung von 13 Uhr bis 13.15 Uhr unterbrochen.
Bevor ich die Sitzung bis 12 Uhr unterbreche, gebe ich noch bekannt, dass um 9.30 Uhr der Rechungshofausschuss im Lokal VI seine Sitzung abhalten wird.
Die Sitzung ist unterbrochen.
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(Die Sitzung wird um 9.03 Uhr unterbrochen und um 12.01 Uhr wieder aufgenommen.)
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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.
der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bleiberecht für Integrierte (393/A)(E)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 393/A(E).
Da dieser in der Zwischenzeit allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung.
Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:
In den letzten Wochen und Monate kam es in Österreich zu Szenen, die so wohl wenige in unserem Land erwartet hatten: im Zuge von Abschiebungen wurden Familien auseinandergerissen, Kinder wurden auf dem Schulweg von der Fremdenpolizei aufgegriffen, Jugendliche drohen aus Angst vor der Abschiebung mit Selbstmord, und ganze Gemeinden, Schulklassen und Nachbarschaftsinitiativen kämpfen für ein Bleiberecht ihrer MitbürgerInnen. Die vielen tragischen Schicksale langjährig integrierter Menschen und Familien mit Kindern haben eines klar zu Tage treten lassen: Gesetzgebung und Vollzug des Fremdenrechtes in Österreich müssen dringend einer Änderung unterzogen werden.
Es ist schlimm genug, dass Österreich mit dieser Art von verweigerter Migrationspolitik wichtige Zukunftschancen verspielt. Noch wesentlich schlimmer sind allerdings die tiefgreifenden menschenrechtlichen Defizite in Österreich, die angesichts der Abschiebungen von integrierten Menschen offenkundig werden.
Der Respekt vor dem Familien- und Privatleben des Einzelnen ist unbestritten eines der höchsten Güter in der Gesellschaft. Es untersteht daher auch dem besonderen Schutz der Gesetze, insbesondere des Verfassungsrechtes. Das Grundrecht auf Privat- und Familienleben ist durch Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention umfassend und im Verfassungsrang geschützt. Die Gesetzeslage in Österreich, somit auch die Fremdenrechtsgesetzgebung hat sich innerhalb dieses Rahmens zu bewegen. Menschenrechte müssen innerhalb der Rechtsordnung wirksam umgesetzt und durchgesetzt werden können. Das betrifft sowohl den einfachen Gesetzgeber als auch die Vollziehung. Daran fehlt es dem seit 2006 gültigen Fremdenrechtspaket.
Die Erteilung humanitärer Aufenthaltsgenehmigungen, wie sie im 7. Hauptstück des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes geregelt ist, erfolgt als Ermessensentscheidung des Bundesministers für Inneres. Betroffene dürfen in Österreich nur ein formloses Ersuchen an die Landesbehörden (Bezirkshauptmannschaften) richten. Die Bezirkshauptmannschaft (BH) darf ein Ersuchen aber nicht selbst bewilligen, sondern ist lediglich befugt, es an das Innenministerium zu übermitteln. Die Kompetenz der Länder geht somit über eine „Botenstellung“ nicht hinaus. Nur dem Bundesminister für Inneres steht es zu, diesem Ersuchen zuzustimmen oder nicht. Im Falle der Zustimmung wird der BH die Erteilung einer humanitären Aufenthaltsgenehmigung aufgetragen. Die Betroffenen selbst haben nicht einmal das Recht auf die Weiterleitung ihres Ersuchens von der BH an das Innenministerium, schon gar kein Recht auf eine juristisch bekämpfbare und begründete Entscheidung über das Gesuch. Das BMI muss die Ablehnung des Gesuchs nicht einmal begründen. Viele BittstellerInnen erhalten nach den Erfahrungen aus der Praxis gar keine Nachricht über ihr Ansuchen.
Die Vollzugsbehörden brauchen die Ergebnisse der Gesuchsprüfung durch den Innenminister nicht abwarten und können sofort abschieben. Eine seriöse und verbindlich vorzunehmende Überprüfung, wieweit eine Abschiebung mit dem Menschenrecht auf Privat- und Familienleben in Konflikt käme, ist so nicht möglich.
Das Menschenrecht auf Privat- und Familienleben bleibt somit ein bloßer Gnadenakt des Ministers und wird nicht in einem rechtsstaatlichen Verfahren geklärt, auf das die Betroffenen ein Anrecht hätten. Im Vergleich dazu hat in Österreich jeder Schrebergartenbesitzer, der ein Gartenhäuschen errichten möchte, ein Antragsrecht, ein Recht auf
einen begründeten Bescheid durch die Behörde und entsprechenden Rechtsschutz, inkl. Beschwerderecht an den Verfassungsgerichtshof. Einem Ansuchen auf Bleiberecht aus Gründen des Artikel 8 MRK hat der Gesetzgeber nicht einmal ein Antragsrecht zugebilligt. Es gibt keinen Rechtszug.
Dabei war die Gesetzeslage zum humanitären Aufenthalt nicht immer derart restriktiv. Vor in Kraft treten des Fremdenrechtspakets gab es unter einer bestimmten Bedingung (wenn der Betroffene zusätzlich über einen legalen Zugang zum Arbeitsmarkt verfügt hat) die Möglichkeit, eine humanitäre Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Entsprechend höher waren die Zahlen an erteilten Genehmigungen (2003: 1575; 2004: 1327; 2005: 732). Mit in Kraft treten des Fremdenrechtspakets ab 1.1.2006 wurde das Verfahren in Sachen humanitärer Aufenthalt wieder auf einen reinen Gnadenakt zurückgesetzt. Das wurde von zahlreichen ExpertInnen im Rahmen der Gesetzeswerdung kritisiert. Die Zahl der im Jahr 2006 erteilten Genehmigungen war mit 206 dann entsprechend gering. Zahlreiche ExpertInnen und NGO-VertreterInnen haben bereits im Laufe des Jahres 2006 besorgt angemerkt, dass es in Österreich praktisch aussichtslos geworden ist, ein humanitäres Aufenthaltsrecht zu erhoffen.
Österreich koppelt sich damit auch von der internationalen Entwicklung ab. Die europäische Entwicklung geht in die Richtung, Bleiberechtsverfahren zu installieren und als wichtiges migrationspolitisches Instrumentarium zu nutzen. Bleiberechtsverfahren in Spanien, Italien, aber zuletzt vor allem in Belgien, Schweden und Deutschland sind ein deutlicher Beleg dafür. Bleiberechtskonzepte, in der Fachsprache Regularisierungen genannt, werden auch von der UNO-Generalversammlung als nützliches Instrument einer Migrationspolitik bezeichnet. Natürlich können sie nur zusammen mit einer funktionierenden Asyl- und Einwanderungspolitik bestehen. Auch der Europarat empfiehlt seinen Mitgliedsstaaten, sich mit der Durchführung von Regularisierungsprogrammen zu befassen (vorläufige Resolution des Ausschusses für Migration, Refugees and Population, „Regularisation programmes for irregular migrants“, AS/Mig (2007)05 vom 20.7.2007).
Bleiberecht dringend erforderlich
In Österreich leben mehrere tausend Menschen, die sich hier voll integriert haben, oft weit über 5 Jahre in Österreich aufhältig sind, derzeit aber keinen gültigen Aufenthaltstitel haben. Dabei handelt es sich um folgende Gruppen:
a. Menschen, deren Asylverfahren noch im Gange ist.
Laut parlamentarischer Anfragebeantwortung des Innenministers vom 20. 07.2007 gibt es derzeit in I. und II. Instanz 11802 Asylverfahren, die länger als 3 Jahre, davon 3135 Asylverfahren die länger als 5 Jahre dauern. Dazu kommen ca. 3000 Asylverfahren, die bei den Höchstgerichten (VfGH, VwGH) anhängig sind. Angemerkt sei, dass es immer noch Asylverfahren gibt, die sogar mehrere Jahrzehnte dauern. Der Bericht der Volksanwaltschaft aus dem Jahr 2006 weist sogar ein 22 Jahre dauerndes Asylverfahren aus. Diese Verfahren stammen noch aus einer Zeit vor Installierung des UBAS (vor 1998), als das Innenministerium selbst als Berufungsbehörde in Asylsachen zuständig war.
b. Menschen, deren Asylverfahren nach mehr als 5 jähriger Verfahrensdauer bereits negativ beschieden wurde.
Diese Personen sind keine AsylwerberInnen mehr. Sie sind vielfach nach einem Langzeitasylverfahren weiterhin in Österreich verblieben, weil sie völlig in die Gemeinden, in die Arbeitswelt, integriert wurden. Sie stehen aktuell mangels Aufenthaltsgrundlage vor der Abschiebung. Aus dieser Personengruppe kommen die medial bekannten und tragischen Fälle der letzten Wochen und Monate.
c. Menschen, die nicht wegen eines Asylverfahrens vor mehreren Jahren nach Österreich gekommen sind, sondern aus anderen Gründen.
Dieser erhebliche Personenkreis ist bisher noch kaum Teil der öffentlichen Debatte. Viele davon sind als EinwanderInnen legal zugewandert und haben durch eine der vielen Fallstricke der fremdenrechtlichen Bürokratie der letzten Jahrzehnte Fristen versäumt, oder neu geschaffene gesetzliche Voraussetzungen (Quotenplatz) nicht mehr erfüllt. Diese Menschen sind nach wie vor in Österreich und unsere MitbürgerInnen. Die Probleme dieser Personengruppe werden erst sichtbar, wenn mangels Aufenthaltsrecht der/die Schülerin nicht an einer Klassenreise, an einem Auslandspraktikum teilnehmen kann, oder noch gewichtiger, wenn für diese Kinder, die hier aufwachsen, mangels Aufenthaltsrecht keine Familienbeihilfen bezogen werden dürfen. Unter dieser Gruppe gibt es Menschen, die 10 und mehr Jahre in Österreich leben. Die Fremdenpolizei denkt in vielen dieser Fälle nicht einmal mehr an Abschiebung, weil ihr die Absurdität dieses Vorgehens bewusst ist. Andererseits werden an diese Familien von den zuständigen Behörden keine Aufenthaltsgenehmigungen erteilt. Die Betroffenen bleiben im rechtsfreien Raum. Sie können ihr Bleiberecht nicht beantragen bzw. durchsetzen. Auch diese Fälle müssen im Wege einer Bleiberechtsregelung saniert werden.
Österreich sieht sich also einer großen Anzahl an Akutfällen gegenüber. Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Monaten zumindest 15.000 langjährig integrierte Menschen davon betroffen sein werden, keinen legalen Aufenthaltsstatus zu haben und von Abschiebung bedroht zu sein. Allein die praktische Vernunft verrät daher, dass die Devise der Bundesregierung „Abschieben und in einigen ausgesuchten Fällen im Gnadenwege ein humanitäres Aufenthaltsrecht gewähren“ keine Lösung sein kann. Schon gar nicht ist es eine Lösung, die einer Republik, die den Menschenrechten verpflichtet ist, würdig wäre.
Die Grünen haben mit einem Initiativantrag bereits einen Vorschlag vorgelegt, der zwei Eckpunkte vorsieht:
1. Eine einmalige Bereinigung aktuell länger als 3 Jahre anhängiger Asylverfahren. Unbescholtene AsylwerberInnen, die am Asylverfahren ordnungsgemäß mitgewirkt haben, sollen auf ein Bleiberecht (humanitäre Aufenthaltsgenehmigung) umsteigen können.
2. Die Festschreibung eines Antragsrechts auf Erteilung eines Bleiberechts, damit Grundrechte, im speziellen das Grundrecht auf Privat- und Familienleben, effektiv umgesetzt werden können.
Der Grüne Vorschlag würde eine sofortige und wichtige Entlastung für die Asylbehörden einerseits bringen und andererseits Betroffenen endlich ein Instrumentarium in die Hand geben, um ihr Grundrecht auf Privat- und Familienleben geltend zu machen. Der Vorschlag ist verfahrensökonomisch ausgereift. Er ist vor allem aber eines, was Gesetz und Vollzug derzeit nicht sind: menschlich.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle zum Fremdenrechtspaket zuzuleiten, mit der
1. langjährig in Österreich integrierten Menschen ein rechtstaatliches Verfahren zur Erteilung eines humanitären Bleiberechtes eingeräumt wird.
2. LangzeitasylwerberInnen ab einer Verfahrensdauer von 3 – 5 Jahren einmalig der Umstieg auf ein Bleiberecht ermöglicht wird. Diese Regelung soll nach einmaliger Anwendung außer Kraft treten.
In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 2 GOG verlangt.
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile dem Antragsteller, Herrn Abgeordnetem Dr. Van der Bellen, zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Klubobmann.
12.01
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Darf ich fragen, ob wir die „Gnade“ der Anwesenheit des Innenministers auch haben werden? (Abg. Ing. Westenthaler: Schlimm genug, dass der Verteidigungsminister da ist!) Kann ich dazu eine Auskunft haben? – Gut, niemand ist dazu bereit, eine Auskunft zu erteilen. Die beiden Regierungsparteien sind offenbar nicht in der Lage, zu sagen, wo sich der Innenminister aufhält (Abg. Dr. Stummvoll: Im Hause!), ob er zu feig ist, hier auf der Regierungsbank zu sitzen – oder ob er gerade mit dringenden Abschiebefällen befasst ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesminister Platter betritt soeben den Sitzungssaal. – Abg. Ing. Westenthaler: Der Minister ist schon da!) – Sehr schön! Spät, aber doch!
Meine Damen und Herren, seit heute ist der allerakuteste Fall von Abschiebung vorläufig bereinigt, nämlich jener von Arigona Zogaj. Es gibt, entnehme ich den Medien, eine Vereinbarung zwischen Landeshauptmann Pühringer und Innenminister Platter, dass Arigona Zogaj vorläufig nicht abgeschoben wird, solange der Verfassungsgerichtshof in der letzten anhängigen Causa nicht entschieden hat. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist nichts Neues!) – Es wird angeblich auch nicht nach § 115 Fremdenpolizeigesetz gegen die Helfer Arigona Zogajs vorgegangen. (Ruf bei der FPÖ: Das gilt dann hoffentlich auch für alle anderen!) Und ich hoffe, dass dieses Mädchen wenigstens mit ihrer Mutter bald wieder zusammen sein kann. (Beifall bei den Grünen.)
Das ist gut, aber gelöst, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, ist damit gar nichts. Nach wie vor ist die Familie räumlich, um es so zu sagen, vollkommen getrennt. (Abg. Mag. Hauser: Sie ist ja illegal da!) Sie werden sich erinnern, dass der Vater und die zwei kleinen Kinder in den Kosovo abgeschoben wurden und dort, nach dieser Entscheidung des Innenministeriums, in den Ruinen ihres Hauses oder ihrer Wohnung zu leben haben. Nur die Mutter und eine Tochter sind hier, der Vater und die zwei kleinen Kinder, geboren 1999 und 1998, sind abgeschoben worden. – Das ist Familienpolitik von ÖVP und SPÖ?
Die Aussendung des Innenministers von heute bringt mich jedenfalls auf die Palme: Der Innenminister zeigt sich „hocherfreut“, dass Arigona Zogaj wohlbehalten an einem sicheren Ort untergebracht ist. „Die Gesundheit der jungen Frau hat oberste Priorität.“ – Na endlich, Herr Innenminister! Noch vor wenigen Tagen haben Sie das als „Erpressungsversuch“ bezeichnet, was dieses arme Kind in seiner Not getan und gesagt hat. (Beifall bei den Grünen.)
Mein Dank gilt dem Pfarrer von Ungenach, sagt der Innenminister. – Ja, unser aller Dank gilt einem Pfarrer und all jenen, die dem Mädchen vorher geholfen haben, nämlich ungeachtet der Bestimmung des § 115 Fremdenpolizeigesetz, die eine derartige
Hilfe unter strafrechtliche Sanktion stellt und mit bis zu sechs Monaten Gefängnis bedroht.
Dieser Dank des Innenministers ist gut, aber er muss auch für alle anderen Menschen in diesem Land gelten, die in dieser Not die Zivilcourage zeigen, Menschen in dieser Situation zu helfen. (Beifall bei den Grünen.)
Der Dank gilt auch allen Medien, die den Fall dieses Mädchens, dieses Vaters und der Mutter in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gebracht haben. Aber: Es ist das nicht der einzige Fall.
Ich darf Sie erinnern an den Fall Cvitić. Diese Familie lebt seit 14 Jahren in Österreich. Das Innenministerium war bereit, den drei minderjährigen Kindern eine humanitäre Aufenthaltsbewilligung zu geben, nicht aber den Eltern. Wissen Sie, was das heißt? – Das heißt, dass die Eltern keine legale Arbeitsmöglichkeit haben in diesem Land, keine Familienbeihilfe erhalten, aber es wird ihnen zugemutet, irgendwie, offenbar durch Schwarzarbeit, ihre drei minderjährigen Kinder über Wasser zu halten.
Was sagt die SPÖ dazu, wenn wir schon von der ÖVP dazu keine Meldung erhalten? (Beifall bei den Grünen.) Was sagen Sie von der SPÖ dazu, dass Leute jahrelang hier in Österreich sind, in diesem Fall 14 Jahre, und den minderjährigen Kindern eine humanitäre Aufenthaltsbewilligung gegeben wird, den Eltern aber nicht? Keine legale Arbeitsmöglichkeit, keine Familienbeihilfe oder sonstigen Sozialtransfers! – Das ist Ihrer Ansicht nach okay?
Gestern kam im Fernsehen ein Fall, der kein Asylverfahren betrifft, der Fall der Familie Tokić aus Bosnien. Diese Familie ist vor 14 Jahren im Zuge des Bosnien-Krieges nach Österreich eingereist. Herr Tokić hat als Facharbeiter gearbeitet, Frau Tokić als Apothekenhelferin. Der Sohn, im Übrigen bei der Vienna Nachwuchs-Fußballer, darf mangels Aufenthaltsrechts keine Lehre machen. Durch das Fremdenrechtspaket bleibt der Polizei gar nichts anderes übrig, als die Arbeitserlaubnis für das Ehepaar nicht zu verlängern: Beide wurden in ihrem Job gekündigt. Es besteht wegen des fehlenden Aufenthaltsrechts kein Anspruch auf Arbeitslosengeld, obwohl jahrelang eingezahlt wurde.
Das ist nach Ansicht der SPÖ, die das Fremdenrechtspaket mit beschlossen hat, in Ordnung? Das ist der Sozialstaat, von dem Sie uns erzählt haben? Das ist das, was Sie gemeint haben, wenn Sie sagen: „Weil der Mensch zählt!“? Das ist SPÖ-Politik?!
Diese Familie steht vor dem Aus. Sie wird abgeschoben, irgendwohin – nach 14 Jahren Aufenthalt in Österreich! (Abg. Murauer: In ihre Heimat! Nicht „irgendwohin“! Das stimmt nicht!)
Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, ich halte diese Politik nicht für menschlich, sondern für unmenschlich! (Beifall bei den Grünen.) An die Adresse der SPÖ gerichtet: Diese Art von Politik ist nicht sozial, sondern asozial. Und an die Adresse der ÖVP gerichtet: Diese Politik ist nicht familienfreundlich, sondern familienfeindlich und unchristlich. (Beifall bei den Grünen.)
Die Familien Zogaj, Cvitić, Tokić, das ist nur die Spitze des Eisberges. Auch wenn diese drei Familien im Land bleiben dürften, weil der Innenminister plötzlich seine Haltung ändert – was nicht zu erwarten ist, zum Schaden dieser Familien, dieser Kinder, Mütter und Väter –, auch dann hätten wir erst drei Familien ein humanitäres Aufenthaltsrecht gewährt. Das ist nur die Spitze eines Eisberges.
Ich darf Sie erinnern, dass jeden Mittwoch vor dem Innenministerium Betroffene demonstrieren, nämlich Betroffene aus sogenannten bi-nationalen Ehen (Ruf bei der ÖVP: Von den Grünen organisiert!), wo er Österreicher ist und sie Ausländerin oder umgekehrt. Diese sogenannten bi-nationalen Ehen werden seitens der Behörden nur
schikaniert, ständig sozusagen unter Kriminalitätsverdacht gehalten, ob eine Scheinehe vorliegt, ob nicht dieses oder jenes Gesetz übertreten wird. Das ist für die Betroffenen unerträglich!
Dieser Innenminister erzählt uns jede Woche, dass er zuständig ist für Sicherheit, Recht und Ordnung in diesem Land. – Für Sicherheit? Das nennen Sie „Sicherheit erzeugen“, wie mit diesen Ehen umgegangen wird, wie mit diesen Kindern, Müttern und Vätern umgegangen wird?! Das ist die größtmögliche Unsicherheit, die Sie erzeugen können! Angst und Schrecken bei den Betroffenen – und nicht nur bei diesen Menschen – erzeugt dieser Innenminister. (Beifall bei den Grünen.)
Heute, bei dieser Sitzung des Nationalrates, werden sicherlich Abgeordnete von SPÖ, ÖVP – von den anderen ganz zu schweigen – hier wieder herauskommen und den Grünen vorwerfen, dass mit diesem Antrag auf Bleiberecht die Grenzen geöffnet werden sollen. – Aber: Das ist nicht wahr! (Abg. Strache: „Nein!“ „Nein!“ „Nein!“) Das ist nicht wahr! Das ist nicht wahr! (Abg. Dr. Stummvoll: Sie wissen nicht, was Sie tun!)
Seit Wochen, Herr Kollege, liegt unser Antrag über ein sogenanntes Bleiberecht im zuständigen Ausschuss. Das Wesentliche dieses unseres Bleiberechts-Antrages ist, dass betroffene Menschen, die drei, die fünf Jahre lang in Österreich aufhältig sind, die Eröffnung eines Verfahrens beantragen können (Abg. Strache: Ein weiteres!), dass sie ein Antragsrecht haben, statt irgendeinen Wischzettel auszufüllen, der anschließend in Papierkörben entweder der Bezirkshauptmannschaft oder spätestens in den Papierkörben des Innenministeriums verschwindet. Das ist nämlich die Situation, dass derzeit die betroffenen Menschen kein Antragsrecht haben. Sie dürfen einen Brief schreiben, aber dass dieser Brief beantwortet wird, dass auch nur der Eingang bestätigt wird, geschweige denn, dass auf diesen Brief in irgendeiner Weise positiv reagiert wird, dieses Recht haben diese Menschen nicht.
Meine Damen und Herren! Was wir fordern und verlangen, ist in gewissem Sinne nicht mehr und auch nicht weniger als die Gleichstellung dieser Menschen – seien sie im Asylverfahren oder aus anderen Gründen hier – mit jedem beliebigen Schrebergartenbesitzer. Wenn dieser in seinem Schrebergarten ein Häuschen bauen möchte, dann hat er das Recht auf ein Verfahren, kann einen Antrag stellen – und die zuständigen Behörden sind verpflichtet, darauf einzugehen und entweder ja oder nein zu sagen, und zwar mit Begründung und einem Instanzenzug. Und das ist es, was wir mit unserem Antrag betreffend Bleiberecht erzielen wollen: dass ein rechtsstaatliches Verfahren eröffnet wird, mit dem endlich der Artikel 8 der Menschenrechtskonvention, nämlich das Recht auf Familienleben und auf Privatleben, auch in Österreich gewährleistet wird. (Beifall bei den Grünen.)
Das ist aber leider gegenwärtig nicht der Fall – und das ist eine Schande für diese österreichische Bundesregierung aus SPÖ und ÖVP und ebenso eine Schande für die Republik Österreich. (Abg. Mag. Hauser: Wir haben 35 000 offene Asylfälle derzeit!) Und als Abgeordneter dieses Hauses betrachte ich das auch als persönliche Schande für mich, dass wir mit solchen Gesetzen in Österreich zu leben haben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Die SPÖ wird ja heute die Möglichkeit haben, unter anderem Stellung zum Bleiberechts-Antrag zu beziehen, und Sie werden Gelegenheit haben, Stellung zu beziehen zum Antrag auf sofortigen Abschiebestopp für all diese betroffenen Familien. Hiebei geht es um Hunderte, möglicherweise um Tausende von Familien (Abg. Dr. Haimbuchner: Eben! Genau deswegen!), die in den Kosovo, nach Bosnien oder in andere unsichere Gebiete dieser Welt demnächst abgeschoben werden sollen.
Ich betrachte es als Gewissensentscheidung von jeder/jedem Abgeordneten dieses Hauses, hier zuzustimmen oder nicht zuzustimmen. Damit Sie aber dieser Gewissens-
entscheidung etwas leichter folgen können und nicht dem Druck Ihres Klubobmannes ausgesetzt sind, werden wir in diesem Zusammenhang eine geheime Abstimmung beantragen (Abg. Ing. Westenthaler: Da wird es erst spannend werden!) – und wir werden dann ja sehen, ob SPÖ und ÖVP diesem Antrag zustimmen oder ob sie ihn aus Angst vor der Zivilcourage ihrer eigenen Abgeordneten ablehnen.
Das gilt insbesondere für die SPÖ. Von der ÖVP erwarte ich mir in diesem Zusammenhang ohnehin nichts (Abg. Rädler: Wir auch nichts von Ihnen!), denn Sie von der ÖVP haben Innenminister Platter und seiner Politik über all die Monate nur die Mauer gemacht, aber Sie auch, meine Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! (Beifall bei den Grünen.)
Sie von der SPÖ schicken zwar Bundeskanzler Gusenbauer vor, der sagt: Es ist schon grauslich, was hier passiert!, aber dass es seine Bundesregierung ist, dass es sein Innenminister ist, das scheint dem Herrn Bundeskanzler Gusenbauer völlig entgangen zu sein. Ich hoffe aber, dass das dem einen oder anderen Abgeordneten von der SPÖ nicht entgangen ist.
Sie von der SPÖ schicken den oberösterreichischen Landesrat Ackerl in eine Fernsehsendung, der tatsächlich ein automatisches Bleiberecht verlangt hat – im Gegensatz zu dem, was in unserem Antrag steht. Soll sein; wir würden gerne darüber verhandeln, aber: Machen tun auch Sie von der SPÖ absolut gar nichts! (Beifall bei den Grünen.) Sie schauen tatenlos zu, wie Menschen, wie Kinder, Mütter und Väter aus unserem Land abgeschoben werden.
Ich erinnere mich an den Wahlkampf 2006: „Weil der Mensch zählt“ konnten wir auf Wahlplakaten lesen. – Welche Menschen zählen denn bei Ihnen: nur die mit österreichischer Staatsbürgerschaft – oder die anderen vielleicht auch, und zwar mit zumindest einem Minimum an Rechten auf Familienleben, auf Privatleben, darauf, dass die Familien nicht auseinandergerissen werden?
Sie, sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, tragen, wenn Sie heute wieder nichts tun, die Verantwortung für diese skandalöse Politik mit! (Abg. Mag. Kukacka: Jetzt wird ihm die Redezeit zu lang! – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Professor, wie kommen Sie über die 20 Minuten?)
Eine Reihe dieser Menschen wird in den Kosovo abgeschoben – ausgerechnet in den Kosovo! Die Außenminister der Europäischen Union, gemeinsam mit denen Russlands, der USA, der UNO et cetera, versuchen mehr oder weniger verzweifelt, eine Lösung für die sogenannte Kosovo-Frage zu erzielen. Bis jetzt ist nichts gelungen. Jeder, der – da braucht man sich gar nicht für Außenpolitik zu interessieren – nur die Überschriften in den Zeitungen überfliegt, weiß das, insbesondere Abgeordnete dieses Hauses müssen das wissen – von den Ministern ganz zu schweigen. Aber Sie schieben diese Menschen in den Kosovo ab. Und nicht nur der Innenminister der Republik Österreich, das gebe ich zu, viele Innenminister der Europäischen Union tun genau das und verschärfen dadurch noch die Situation im Kosovo. Aber dann heißt es, das sind ja „nur Wirtschaftsflüchtlinge“; es herrscht ja kein offener Krieg da unten. – Na so etwas von Scheinheiligkeit muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Sie sind echt scheinheilig, absolut scheinheilig!)
Wissen Sie, wie hoch die Arbeitslosigkeit im Kosovo ist? – Nicht 4 oder 5 Prozent wie in Österreich, nein: 50 Prozent! Was würden Sie denn tun, was würden Sie Ihren Kindern raten, wenn in Österreich eine Arbeitslosigkeit von 50 Prozent herrschen würde? Würden Sie vielleicht nicht zur Emigration raten?! Und dann tun Sie so, als wäre das überhaupt kein Problem. (Abg. Mag. Hauser: 300 000 Arbeitslose! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Wissen Sie, wie hoch die Jugendarbeitslosigkeit im
Kosovo ist? – 70 Prozent! (Abg. Scheibner: Ist das ein Asylgrund? – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist kein Asylgrund!)
Dorthin, in den Kosovo, schieben Sie die Menschen ab, aber nicht irgendwelche Menschen, sondern Kinder, die keine andere Sprache als die deutsche können – noch dazu mit einem eindeutig als Österreichisch zu definierenden Akzent! Diese Kinder sprechen kein Serbisch, sprechen kein Albanisch, sondern sprechen Österreichisch. Aber diese abschieben in den Kosovo, das tun Sie! (Beifall bei den Grünen.)
Dass die ÖVP – abgesehen von einem oder zwei Abgeordneten – nicht versteht, was sie da auch wirtschaftspolitisch anrichtet, ist bemerkenswert. (Abg. Mag. Hauser: Wir haben 300 000 Arbeitslose in Österreich!) Es ist nicht nur asozial, was Sie hier machen, sondern es ist wirtschaftspolitisch einfach blöd, es ist dumm, was Sie hier machen, weil Sie die Reputation Österreichs, was Zuwanderung betrifft, und zwar auch in Bezug auf qualifizierte Zuwanderer, auf diese Art und Weise ruinieren. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Es ist ja wahrscheinlich zu viel verlangt, dass Sie Berichte über den Kosovo lesen, aber wenn jemand von Ihnen Interesse hätte – ich gehe ja dann zu meinem Platz zurück –: Kommen Sie zu mir; ich mache mir dann eine Liste. Es gibt da beispielsweise einen sehr interessanten Artikel einer Stiftung, der European Stability Initiative, über den Kosovo, datiert vom September 2006. Wie die Situation dort ist, das können Sie sich gar nicht vorstellen – aber eiskalt wird dorthin abgeschoben! (Abg. Scheibner: Waren Sie schon dort?) – Ob ich dort war, Herr Kollege, ist völlig irrelevant! Die Kinder, die dorthin abgeschoben werden, die dort in den Ruinen leben müssen ... (Abg. Strache: Sie reden über etwas, bei dem Sie sich gar nicht auskennen! – Abg. Scheibner: Sie haben keine Ahnung, wovon Sie reden!)
Mein Gott, es ist ja geradezu sinnlos, mit den Leuten von den Freiheitlichen oder vom BZÖ zu reden (Abg. Scheibner: Das kann man eben nicht vom Professorenpult regeln!), aber an Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, appelliere ich noch einmal: Sie stehen hier an einem Scheideweg, und Sie stehen auch unter dem Risiko, Ihrer Reputation verlustig zu werden. Wir sind als Abgeordnete, wir sind als Politiker nicht nur dafür da, die Leute mit österreichischer Staatsbürgerschaft bestmöglich sozialpolitisch zu schützen, sondern wir sind auch für andere da. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und das ist auch ein Verfassungsgebot, meine Damen und Herren von der SPÖ, da in Österreich die Menschenrechtskonvention in Verfassungsrang steht. Tun wir doch etwas dafür, dass das nicht nur Papier bleibt, sondern in der Praxis tatsächlich umgesetzt wird! Das ist nämlich derzeit nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, durch diese Politik der österreichischen Bundesregierung werden nicht nur ausländische Kinder traumatisiert – ausländische Kinder, die in der Nacht von der Fremdenpolizei abgeholt werden, binnen einer halben Stunde packen sollen und dann ins Flugzeug gesetzt werden, um in ein ihnen völlig unbekanntes Land transportiert zu werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es sind auch unsere eigenen Kinder, wenn Sie so wollen, jene von Eltern mit österreichischer Staatsbürgerschaft, die in derselben Schulklasse sitzen: Gestern war ihr Freund noch neben ihnen, heute bleibt der Sitzplatz leer. Gestern war der Albin noch da, heute ist er es nicht mehr – und wie sie alle heißen, die Albonas und die anderen in den Volksschulen, in den Hauptschulen und vereinzelt auch in den Gymnasien. (Abg. Dr. Haimbuchner: Sie kennen offensichtlich die Gesetzeslage nicht!)
Was muten wir unseren Kindern zu – nicht nur denen der anderen? Glauben Sie nicht, dass es sehr schwer ist, mit solchen Zumutungen umzugehen? Ist es nicht ungeheuerlich, was wir diesen Kindern zumuten?
Eines kann ich Ihnen versprechen: Wir werden diesen Kampf für diese Kinder, für diese Mütter und Väter nicht aufgeben! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Den Kampf für die Scheinasylanten führen Sie!)
12.21
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister für Inneres Platter zu Wort gemeldet. – Herr Bundesminister, Ihre Redezeit soll ebenfalls 20 Minuten nicht übersteigen; das ist so auch vereinbart. – Bitte.
12.21
Bundesminister für Inneres Günther Platter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin sehr erfreut und glücklich darüber, dass diese junge Frau wohlbehalten in Sicherheit ist. Es geht diesem Mädchen gut. (Beifall bei der ÖVP. – Abgeordnete von den Grünen halten ein mit dem Logo der Grünen versehenes Transparent in die Höhe mit der Aufschrift: „Wie viele Kinder wollen Sie noch abschieben, Herr Innenminister?“) Ich habe gestern Abend noch mit dem Herrn Pfarrer gesprochen ...
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, einen Moment bitte! – Meine Damen und Herren von den Grünen, Sie haben Ihr Transparent hergezeigt. Ich ersuche Sie, dieses jetzt wieder einzurollen. (Abg. Dr. Pilz: Ich hoffe, er hat es gelesen! – Das Transparent wird weggeräumt.) – Danke.
Herr Bundesminister, Sie sind wieder am Wort.
Bundesminister für Inneres Günther Platter (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Ich habe gestern am Abend mit dem Herrn Pfarrer gesprochen, und er hat mir zugesichert, dass dieses Mädchen in bester Betreuung ist und dass es sich in seiner gewünschten Umgebung befindet. (Zwischenruf der Abg. Mandak.) Ich möchte diesem Herrn Pfarrer meinen herzlichen Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mandak: Rechtswidrig handelt doch dieser Pfarrer – warum bedanken Sie sich dann bei ihm?)
Außerdem hat der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich Josef Pühringer gestern in den Nachtstunden mit diesem Mädchen persönlich gesprochen und hat ebenfalls bestätigt, dass es diesem Mädchen gut geht. Und das ist heute zweifellos eine hervorragende Botschaft hier im Hohen Haus. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pilz: Das ist eine Beleidigung der Opfer, eine Verspottung der Opfer! Sie sind schuld!)
Mir ist es wichtig, dass die Gesundheit dieses Mädchens im Vordergrund steht, und daher ist es auch notwendig, dass dieses Mädchen selbst entscheiden kann, wenn sie die Öffentlichkeit über diese Situation informiert.
Ich möchte hier und heute garantieren, dass das Kind und die Mutter keine Sorge haben müssen, dass sie derzeit unfreiwillig in den Kosovo zurückkehren müssen. (Abg. Sburny: Derzeit!) Wir warten selbstverständlich die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ab. Das ist meine Garantie! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mandak: Was ist mit dem Vater und mit den Geschwistern?)
Geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mich heute auch noch etwas Persönliches sagen: Ich verstehe, dass dieser Fall bewegt, insbesondere, was die Berichterstattung in den Medien angeht. Was ich aber nicht verstehe und was völlig unangebracht ist, ist der Umstand, dass mit dem Schicksal dieses Mädchens Parteipolitik betrieben wird. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Denn genau das passiert, meine Damen und Herren! Und das ist eigentlich das Unmenschliche, was derzeit getan wird! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen.)
Geschätzte Damen und Herren! Ich bin tief betroffen über die Art dieser Diskussion, aber auch über die Gehässigkeit, mit welcher diese Diskussion von Einzelnen geführt wird. Hier wird wider besseres Wissen versucht, mit dem Schicksal von Menschen parteipolitisches Kleingeld zu wechseln. Das ist einfach unverantwortlich, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
Meine Damen und Herren, ich möchte Folgendes klarstellen: Jeden Tag werden neue Vorschläge gebracht von Parteien, von Organisationen. Das ist in Ordnung. Das ist auch gut so. Aber es hat keinen Sinn, wenn wir uns gegenseitig unsere Vorschläge immer wieder über die Medien mitteilen. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Wichtig ist, dass wir einen guten und sinnvollen Weg gehen. – Das macht keinen Sinn, das ist kein guter Weg!
Es ist darüber hinaus auch kein guter Weg, wenn Erpressungen durchgeführt werden, einerseits von den Medien, unter Umständen auch von Betroffenen. Ich lehne das zutiefst ab! Ich lasse mich in dieser Republik Österreich von niemandem erpressen und unter Druck setzen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ. – Die Abgeordneten Mag. Kogler und Dr. Moser halten jeweils eine gelbe Karte in die Höhe.)
Geschätzte Damen und Herren! Durch diesen Fall wurde unser Fremdenrecht wieder in Diskussion gebracht, das wir gemeinsam hier in diesem Hohen Haus mit einer breiten Mehrheit beschlossen haben. Ich betone: mit einer großen, breiten Mehrheit! Dieses Fremdenrechtspaket ist am 1. Jänner 2006 in Kraft getreten. Der Fall, der jetzt diskutiert wird, hat mit dem Fremdenrechtspaket überhaupt nichts zu tun, denn bereits knapp vier Jahre vorher ist diese Familie nach Österreich eingereist. (Abg. Mag. Hauser: Illegal!)
Geschätzte Damen und Herren! Was ich immer wieder bei der Diskussion feststellen muss, ist eine Vermischung von Asyl und Zuwanderung. Das ist einfach falsch! Das wird bewusst gemacht – das wurde auch hier vom Abgeordneten Van der Bellen gemacht –: ständig eine Vermischung von Asyl und Zuwanderung!
Menschen, die verfolgt werden, bekommen bei uns selbstverständlich Asyl. Aber das andere ist die Zuwanderung. Und da muss Österreich das Recht haben, selbst zu entscheiden, wer zuwandert – auch im Interesse unseres Arbeitsmarktes! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
Meine Damen und Herren, vergessen wir eines nicht: In den vergangenen 20 Jahren hat Österreich sehr, sehr viel geleistet. Rund 800 000 Menschen sind nach Österreich gekommen. Und wer glaubt, dass Österreich ausländerfeindlich ist, der richtet sich selbst mit solchen Aussagen, denn: Österreich ist ein Land, das eine unglaubliche Leistung erbracht hat, insbesondere für den Kosovo, denn sehr viele Menschen haben in unserem Land Unterstützung bekommen, als tatsächlich Krieg im Kosovo war! – Herzlichen Dank Österreich, dass das gelungen ist! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
Aber, meine Damen und Herren, Österreich kann doch, bitte, nicht alle Probleme der Welt selbst lösen! (Abg. Dr. Van der Bellen: Unsere doch! – Abg. Mandak: Das sind Familien, die seit Jahren hier leben!) Ich habe Verständnis dafür, dass Menschen aus dem Ausland, aus verschiedenen Regionen, wo es schwierig ist, lieber in Österreich leben. Wir haben einen hohen Lebensstandard. Wir haben ein gutes Gesundheitssystem. (Abg. Mag. Hauser: Aber auch genügend Armut! Das sollte man nicht vergessen!) Wir haben ein exzellentes Sozialsystem. Aber man muss verstehen, dass das kein Grund dafür sein kann, dass Asyl gewährt wird. Das ist völlig falsch! Das müssen wir den Menschen erklären, und da dürfen wir keine falschen Hoffnungen bei den Men-
schen wecken – wie das tagtäglich von manchen, insbesondere von den Grünen, gemacht wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)
Geschätzte Damen und Herren, ich möchte nun auf einige andere Punkte ganz kurz eingehen.
Erstens: zum Fremdenrechtspaket 2005. – Dafür gab es eine Zustimmung auf breiter Basis hier im Hohen Haus. Herzlichen Dank für diese Beschlussfassung damals, denn wir haben seither deutliche Verbesserungen erzielen können. Einerseits erfolgte eine klare Trennung zwischen Asyl und Zuwanderung, und zwar: Es gibt Schutz und Hilfe für jene, die diesen Schutz und diese Hilfe benötigen, aber es gibt eine ganz klare Ansage gegen Missbrauch. Kampf dem Missbrauch! Andererseits gibt es Zuwanderung nur für jene, bei welchen dies im Interesse unseres Arbeitsmarktes ist.
Zweitens: Durch dieses neue Fremdenrechtspaket ist es möglich, konsequent gegen straffällige Asylwerber vorzugehen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Gegen Kinder!)
Drittens: fairer Lastenausgleich innerhalb der Europäischen Union durch Dublin-Fälle. – Wir müssen danach trachten – und ich bemühe mich sehr darum innerhalb der Europäischen Union –, dass wir hier eine Gleichheit schaffen, dass die Lastenverteilung gerecht ist. Das ist der Weg, den wir mit diesem Fremdenrechtspaket eingeleitet haben! (Ruf bei den Grünen: Es gibt Länder mit Bleiberecht!)
Wenn wir jetzt eine Zwischenbilanz ziehen, dann müssen wir sagen, dass uns die Beschlussfassung dieses Fremdenrechtspakets recht gibt. Es geht in die Richtung, wie wir uns das vorgestellt haben: Wir hatten im ersten Jahr des Vollzugs dieses Fremdenrechtspakets bei den Asylwerbern einen Rückgang von 40,6 Prozent. Im Jahre 2005 hatten wir 22 000 Asylwerber, im Jahre 2006 hatten wir 13 350 Asylwerber, und in diesem Jahr haben wir einen weiteren Rückgang von 10 Prozent. Ich bin der Meinung, das ist gut so. Denn: Innerhalb von 20 Monaten – es ist ein junges Gesetz – können wir feststellen, dass dieses Gesetz genau in die Richtung geht, wie wir uns das vorgestellt haben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Abg. Mandak: Das hat mit dem Bleiberecht überhaupt nichts zu tun, Herr Minister!)
Geschätzte Damen und Herren, zum zweiten Punkt, zum Abbau von Rückstau bei offenen Verfahren. Ich gebe zu, wir haben einen Rückstau bei den offenen Verfahren, und es muss vehement daran gearbeitet werden, dass dieser Rückstau so rasch wie möglich abgebaut wird. (Abg. Strache: Wer ist schuld an dem Rückstau? Welche ÖVP-Minister tragen die Verantwortung dafür, Herr Minister? Wer war die letzten Jahre Innenminister? – Abg. Mandak: Wie lange warten die Menschen?)
Wir haben – und dafür bedanke ich mich bei meiner Vorgängerin – im letzten Jahr sehr viel neues Personal aufgenommen: im Bundesasylamt 54 Personen, im UBAS 82 Personen, und wir haben auch heuer zusätzlich 33 juristische Mitarbeiter aufgenommen. Das Ergebnis ist, dass wir eine Trendumkehr erreicht haben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Chaos!) Das Ergebnis ist, dass wir um 5 800 offene Verfahren weniger haben als am Ende des Jahres 2006. Deshalb herzlichen Dank für die Arbeit, die hier von den Beamtinnen und Beamten, aber auch von den Juristen geleistet wurde. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ. – Abg. Mandak: Wie viel offene Verfahren gibt es?)
Geschätzte Damen und Herren, mir ist es ein Anliegen, dass wir sehr konsequent diesen Rückstau auch weiterhin abarbeiten.
Ein wesentlicher Punkt, der im Mittelpunkt dieser Diskussion steht, sind schnellere Verfahren. Das ist wichtig und notwendig! Wir brauchen unbedingt raschere Verfahren. Wir installieren dazu einen Asylgerichtshof. (Abg. Mandak: Wann ist denn der fertig?) Wir haben innerhalb der Koalition Einigkeit darüber erzielt, dass wir einen Asylgerichtshof
installieren, damit wir eines erreichen: dass Asylverfahren spätestens innerhalb eines Jahres abgeschlossen sind. Dazu brauchen wir das notwendige Personal. Mir wurde vom Herrn Vizekanzler und vom Bundeskanzler zugesichert, dass dieses Personal zur Verfügung gestellt wird. Darüber hinaus brauchen wir das Revisionsmodell, nämlich dass der Instanzenzug in der Regel in der zweiten Instanz abgeschlossen ist, dass das Ausweisungsverfahren gleichzeitig durchgeführt wird und dass nur in ganz besonderen Problembereichen ein Höchstgericht angerufen werden kann. (Ruf bei den Grünen: Das ist falsch!)
Das ist der richtige Weg, und den gehen wir! Wir werden diese Beschlussfassung – ich lade Sie dazu ein – hier im Hohes Haus noch in diesem Herbst vornehmen, damit wir dann ab 1. Juli 2008 operativ den Asylgerichtshof zur Verfügung haben, um schnelle Verfahren im Bereich des Asyls in Österreich zu haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
Meine Damen und Herren, nun zum Punkt „humanitärer Aufenthaltstitel“. – Bei ganz besonders berücksichtigungswürdigen Gründen wird ein humanitärer Aufenthaltstitel gegeben. Dabei ist gesetzlich eindeutig und klar geregelt, dass die Landeshauptleute einen humanitären Aufenthaltstitel anregen und das Innenministerium die Zustimmung dazu erteilt. (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Im Regelfall nicht!)
Noch einmal: Das ist gesetzlich eindeutig und klar geregelt! Daher reden Sie nie mehr wieder von einem „Gnadenakt“, meine Damen und Herren von den Grünen, denn das ist Gesetz! (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Ich lasse mir von Ihnen nicht sagen, was ich reden darf!) Und ein Gesetz hat in Österreich – wenn es nach mir geht – zu gelten! Wenn es nach Ihnen geht, gilt das Gesetz nicht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
Und im Übrigen: Auch nach der alten Gesetzeslage war der humanitäre Aufenthaltstitel ähnlich geregelt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Besser geregelt!)
Ich habe mit Ländervertretern Gespräche geführt, denn ich habe festgestellt, dass in Bezug auf den humanitären Aufenthaltstitel in den Bundesländern unterschiedlich vorgegangen wurde. Deshalb haben wir über den Sommer eine bundesweit einheitliche Regelung geschaffen. Wir haben ganz klare Kriterien erarbeitet, nach welchen künftig beim humanitären Aufenthaltstitel vorgegangen wird. Wichtig ist mir, dass wir, so gut es geht, einen Gleichklang zwischen der Entscheidung des Landeshauptmannes und der Entscheidung des Innenministeriums haben. Das ist der Weg, den wir gehen!
Ich habe deshalb, meine Damen und Herren, die Landeshauptleute eingeladen, sich in den nächsten Tagen die ganz kritischen Fälle anzuschauen und dabei den Kriterienkatalog anzuwenden, und wenn sie der Meinung sind, dass ein humanitärer Aufenthaltstitel gegeben werden soll, dann soll dafür ein Ansuchen gestellt werden.
Geschätzte Damen und Herren, ich habe mit den Landeshauptleuten Einvernehmen über diese Vorgangsweise erzielt, und wir werden das konsequent so machen, wie wir das über den Sommer erarbeitet und vereinbart haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
Nun zum Verfahrensverlauf bei der Familie Zogaj. – Zum Ersten: Ich warne davor, dass dieser Fall parteipolitisch instrumentalisiert wird. Machen wir das nicht! (Beifall bei der ÖVP.)
Zum Zweiten: Wir brauchen eine nüchterne Analyse und dann die Konsequenz, das Richtige zu tun!
Was den Verfahrensverlauf betrifft, so war es folgendermaßen: Es hat Herr Zogaj im Mai 2001, als der Krieg vorbei war und die Vereinten Nationen die Verwaltung dort übernommen haben, 2 500 D-Mark bezahlt, damit er illegal nach Österreich einreisen kann. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Ein Jahr später war Herrn Zogaj bekannt, dass er kein Asyl in Österreich bekommt. Dennoch ließ Herr Zogaj vier Monate später, obwohl er das wusste, seine Frau und fünf Kinder für weitere 7 000 € von Schleppern illegal nach Österreich bringen. (Neuerliche Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Bestrafen Sie die Schlepper, aber nicht die Familie!)
Unmittelbar nach dieser illegalen Einreise der Familie wurde auch dieses Asylverfahren rechtskräftig negativ entschieden. Es war daher im November 2002 eindeutig und klar, dass diese Familie kein Asyl in Österreich bekommt – übrigens so wie viele anderen Familien aus dem Kosovo, kosovarische Familien, die großteils kein Asyl bekommen haben. (Abg. Dr. Pirklhuber: Schäbig ist das!)
Meine Damen und Herren, trotzdem sind immer wieder neue Asylanträge gestellt geworden, und zwar bis zum Jahr 2007, obwohl schon im November klar war, dass kein Asyl gewährt wurde. Es sind in dieser Zeit sieben fremdenrechtliche Verfahren durchgeführt geworden, davon drei Asylverfahren – davon zwei zum Verwaltungsgerichtshof beziehungsweise zum Verfassungsgerichtshof –, drei aufenthaltsrechtliche Verfahren und ein fremdenpolizeiliches Verfahren. Außerdem wurde zweimal ein humanitärer Aufenthaltstitel abgelehnt. Es sei auch erwähnt, es dürften, so wie in den Medien berichtet wurde, auch einige Familienmitglieder mit dem Strafrecht in Konflikt gekommen sein.
Meine Damen und Herren, so sieht der Fall Zogaj aus. Man muss die Dinge einmal nennen, wie sie sind. Das war nicht in Ordnung, und deshalb ist es auch notwendig –ich stehe auch da hinter der Behörde –, dass konsequent vorgegangen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
Meine Damen und Herren, es wird – teilweise zu Recht – kritisiert, dass die Verfahren zu lange dauern. Aber: Im Fall Zogaj haben die Verfahren nicht zu lange gedauert. Ich möchte das hier und heute klar sagen! Hier die Schuld den Behörden zu geben, wäre zweifellos der falsche Weg.
Geschätzte Damen und Herren, zum Bleiberecht: Es wird hier von den Grünen der Wunsch geäußert, dass für Legale, aber auch für Illegale ein Bleiberecht gegeben wird. (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: So weit kommen wir noch, dass Sie Legale abschieben!) Was bedeutet eigentlich ein Bleiberecht? – Ein Bleiberecht bedeutet: Kommt nach Österreich, schaut, dass ihr einige Zeit entweder legal oder illegal in Österreich seid, damit ihr letztlich ein Recht bekommt, in Österreich zu leben! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist sehr hilflos, dieser Rechtfertigungsversuch!)
Meine Damen und Herren, das ist doch, bitte, eine Einladung an alle, nach Österreich zu kommen! Denn: Die Grünen geben ihnen ein Recht, in Österreich leben zu können. – Das ist nicht im Interesse Österreichs! (Beifall bei ÖVP, FPÖ und BZÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist so in Deutschland, in der Schweiz, in Spanien, in Italien, in Holland!)
Schauen Sie sich an, wie es in Spanien und in Portugal ausschaut, die so einen Weg gegangen sind! Die bereuen das unglaublich, weil sie eine große Legalisierungswelle machen mussten. – Das wollen wir in Österreich nicht haben, geschätzte Damen und Herren!
Nun zum geforderten Abschiebungsstopp. – Herr Abgeordneter Van der Bellen, es wird doch nicht Ihr Ernst sein, dass wir keine fremdenpolizeilichen Maßnahmen mehr setzen können! Es wird doch nicht Ihr Ernst sein, dass wir nicht das tun können, was im
Gesetz steht! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Es ist doch nicht sinnvoll, dass nach so vielen Jahren Kinder abgeschoben werden!)
Daher: Ich stehe für Recht und Ordnung – Sie nicht! Und ich stehe auch dafür, dass Gesetze konsequent eingehalten und konsequent vollzogen werden! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
Deshalb abschließend folgender Appell: Führen wir gerade im Bereich des Fremdenrechtes, das eine sehr sensible Materie ist, die parteipolitische Diskussion vernünftig – und nicht auf eine solche Art und Weise, wie das in den letzten Tagen passiert ist! (Lang anhaltender Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
12.40
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.
Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Ich stelle die Uhr auf die von ihr gewünschten 9 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Nur für das Protokoll: Kein einziger Klatscher der SPÖ während der gesamten Rede des Innenministers!)
12.41
Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses, auf der Galerie und auf der Regierungsbank! Herr Innenminister, Sie stellen sich heute hier her und bedanken sich bei dem Pfarrer, der Arigona Zogaj unterstützt hat: jenem Pfarrer, dem – wie anderen Menschen auch – von Ihnen vor zwei oder drei Tagen mit einer Anzeige gedroht wurde. (Beifall bei den Grünen.)
Sie stellen sich hier her und sagen: Dem Mädchen tut es gut, dass es jetzt aufgegriffen wurde und mit Landeshauptmann Pühringer sprechen konnte. – Gut täte dem Mädchen, wenn es wüsste, dass es auf Dauer in Österreich leben kann! (Beifall bei den Grünen.)
Und Sie sprechen davon, dass Arigona jetzt in der von ihr gewünschten Umgebung ist. – Ja wo wäre sie denn, wenn es nach Ihnen gegangen wäre? – Dann wäre sie längst im Kosovo, in der Umgebung, die sie sich nicht gewünscht hat. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: In der Heimat!) – Ihre Heimat ist Österreich, das haben Sie offenbar vergessen! Und die gewünschte Umgebung von Arigona Zogaj ist ihre Familie; die hat sie nicht, nehmen Sie auch das zur Kenntnis.
Wirklich befremdlich finde ich, wenn ein Innenminister sich dann hier herstellt und sagt, die Presse, die offenbar zu viel oder auch sogar kritisch über ihn Bericht erstattet hat, würde ihn erpressen. (Abg. Mag. Kukacka: Sicher! Das stimmt!) – Das ist ein strafrechtlich relevanter Vorwurf, Herr Innenminister, das sollten gerade Sie wissen und anders damit umgehen. Nehmen Sie diesen Vorwurf zurück! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Sind wir empfindlich auf einmal?!)
Und eines kann ich Ihnen auch garantieren: Sie können sich ja gerne wünschen, dass ich, andere Grüne und andere Menschen in diesem Land nicht mehr vom „Gnadenakt“ des Ministers sprechen, aber es ist nun einmal so. Wir haben ein Recht auf freie Meinungsäußerung, und ich lasse mir das von Ihnen, Herr Minister, sicher nicht verbieten! (Beifall bei den Grünen.)
Kommen wir zum Fall der Familie Zogaj, die, wenn man den medialen Berichten, den Aussagen vieler Menschen Glauben schenken kann, auch Ihnen ein Anliegen ist. (Abg. Scheibner: Wann sind die gekommen: Während des Krieges oder nachher?) Ich erin-
nere zum Beispiel daran, dass sich die oberösterreichische Landesregierung geschlossen – mit den Stimmen der ÖVP, mit den Stimmen der SPÖ – auf Initiative der Grünen dafür ausgesprochen hat (Abg. Ing. Westenthaler: Das macht es auch nicht besser!), die gesamte Familie Zogaj in Österreich aus humanitären Gründen aufzunehmen, weil ihr Menschenrecht auf Familienleben natürlich gilt.
Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend humanitäre Aufenthaltsgenehmigungen für Familie Zogaj
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Innenminister wird aufgefordert,
1. den abgeschobenen Mitgliedern der Familie Zogaj die Wiedereinreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen,
2. der gesamten Familie Zogaj umgehend von Amts wegen humanitäre Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen.
*****
(Abg. Ing. Westenthaler: Drittens: den ganzen Kosovo nach Österreich ...!)
Beweisen Sie doch einmal, ob Sie wirklich Menschlichkeit ausüben können, und beweisen insbesondere Sie, geschätzte Damen und Herren von der SPÖ, ob hinter Ihren medialen Ankündigungen irgendetwas steht! Heute ist ein Tag der Wahrheit für die SPÖ! (Beifall bei den Grünen.)
Ich darf Sie auch daran erinnern, dass inzwischen sechs Landtage in Österreich nicht nur einen Abschiebestopp gefordert haben, wie ich ihn jetzt fordere, sondern sogar ein Bleiberecht gefordert haben: eine wirklich rechtskräftige Umsetzung des Menschenrechtes auf Privat- und Familienleben in Form eines Bleiberechts. (Abg. Mag. Hauser: Also wenn es nach den Grünen geht, ... zurückführen! ... Schlepper ...!)
Ich möchte jedenfalls erreichen, dass wir bis zu einer Klärung, wie denn Ihre neuen Formulare und Kriterien in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden und welche gesetzlichen Änderungen es braucht, einen Abschiebestopp vorschlagen, damit nicht täglich neues Leid produziert wird, täglich wieder Familien abgeschoben, auseinandergerissen, vielleicht wieder Schulkinder auf dem Schulweg von der Fremdenpolizei abgefangen werden.
Daher beantragen wir, die Abgeordneten Van der Bellen, Weinzinger, Freundinnen und Freunde, einen Abschiebestopp für Integrierte.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Van der Bellen, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschiebestopp für Integrierte
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, einen Abschiebestopp für langjährig integrierte Menschen zu verfügen, bis eine einheitliche und gerechte Vorgangsweise
bei der Vergabe humanitärer Aufenthaltsgenehmigungen und allenfalls eine gesetzliche Änderung sichergestellt ist.
*****
Auch da, sehr geschätzte Damen und Herren von der SPÖ, aber auch von der ÖVP, gilt: Zeigen Sie doch, ob Sie tatsächlich menschlich sein können!
Zum Glück gibt es ja Menschen in Österreich, denen Menschlichkeit, Hilfe und Solidarität ein echter Auftrag sind. Ich freue mich, dass einige von ihnen heute hier sind, und darf sie stellvertretend für viele, die sich für Familien, die aus ihrer Mitte gerissen werden sollten, eingesetzt haben, begrüßen, mich bedanken und mich vor ihnen verbeugen; vor der Zivilcourage, die sie beweisen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Die sollen sich um die dort unten kümmern, das ist wichtiger!)
Ich begrüße Heidemarie Haider, die sich für die Familie Malokay eingesetzt hat, Sieglinde Aschauer, Margarete Aschauer und Cordula Tauber, die sich für die Familie Ganiji in Grein eingesetzt haben, und Familie Magthuber, die sich in Mariazell für die Familie Morina eingesetzt hat, stellvertretend für viele Menschen in Österreich, denen es ein echtes Anliegen ist, ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger dann zu schützen, wenn Bürokratie, menschenfeindliche Gesetzgebung über sie hinwegzufahren drohen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Hauser: Das heißt, wenn Gesetze eingehalten werden, ...?!)
Sie, Herr Minister, sagen, da könnte ja jeder kommen! (Abg. Mag. Hauser: Eine Aufforderung zum Gesetzesbruch!) – Sie haben unrecht, Herr Minister! Erstens einmal sollten Sie Anträge lesen: Es geht darum, dass Familien, die in Österreich integriert sind, die seit langen Jahren hier leben und die, ob es Ihnen passt oder nicht, ein Menschenrecht darauf haben, ihr Privat- und Familienleben in Österreich weiterführen zu können, nicht weiterhin von Ihnen abgeschoben werden. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Wo steht das?) – An die Damen und Herren von der ÖVP: Wie wäre es mit der Europäischen Menschenrechtskonvention? – Die sollten Sie sich einmal anschauen! Artikel 8, falls Sie sie noch immer nicht kennen! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)
Herr Minister, Sie haben nicht nur unrecht, Sie tun Unrecht (Abg. Amon: Nein, nein! Nein, nein!): Mit Ihrer Aktion scharf, mit Ihren fast schon panischen Abschiebeaktionen auf die Schnelle schaffen Sie wöchentlich neues Unrecht, neue Härtefälle, wo Sie dann sagen, das ist ein Einzelfall. Und wenn die Abschiebung nicht gleich gelingt, dann werden Jugendliche mit der Polizei ausgeforscht. Sie brechen Menschenrecht mit Ihrem Vorgehen, mit diesen gesetzlichen Grundlagen und vor allem mit ihrem Vollzug. (Abg. Dr. Haimbuchner: Geh bitte!)
Und dann stellen Sie sich her und sagen, Sie vertreten den Rechtsstaat?! – Das kann nicht Ihr Ernst sein! Sie vertreten Bürokratie und Sie vertreten plumpe Rechthaberei, aber nicht den Rechtsstaat! (Beifall bei den Grünen.) – Den Rechtsstaat vertreten all jene, die aus verfassungsrechtlichen, aus menschlichen Überlegungen etwas tun, oder jene, die wie auch die Grünen schon seit Langem sagen: Wir brauchen keinen Gnadenakt des Ministers, wer bleiben darf – der eine geht, die anderen gehen nicht; das brauchen wir nicht, der Feudalismus ist überwunden! –, wir brauchen ein rechtsstaatlich sauberes Verfahren, wo Betroffene einen Antrag auf Bleiberecht stellen können.
Den Rechtsstaat und die Menschenrechte vertreten jene, die Zivilcourage bewiesen haben und sie hoffentlich auch in Zukunft weiter beweisen, die jetzt schon geholfen haben (Abg. Strache: Den Rechtsstaat auszuhöhlen!) und die auch in Zukunft den MitbürgerInnen, den Schulkameradinnen und Schulkameraden, ihren Arbeitskolleginnen
und Arbeitskollegen zur Seite eilen, wenn diese von Abschiebung bedroht sind, obwohl sie seit Jahren in Österreich leben, hier aufgewachsen, hier verankert sind – all jene Menschen, die das denken, was gestern Marlene Streeruwitz bei der Kundgebung gesagt hat: Mein Gästezimmer steht frei, solange es in Österreich noch immer passieren kann, dass gegen das Menschenrecht Familien abgeschoben werden, solange wir keinen Abschiebestopp haben und vor allem solange wir kein gesetzlich verankertes, gültiges, menschenrechtlich korrektes Bleiberecht hier in diesem Parlament beschlossen haben.
Ich ersuche Sie heute, ein Zeichen für die Menschenrechte und für den Rechtsstaat zu setzen und unseren Anträgen zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)
12.49
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden soeben verlesenen Entschließungsanträge betreffend humanitäre Aufenthaltsgenehmigungen und betreffend Abschiebestopp für Integrierte sind ausreichend unterstützt, wurden ordnungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.
Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend humanitäre Aufenthaltsgenehmigungen für Familie Zogaj
eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag der Abgeordneten Alexander Van der Bellen, Brigid Weinzinger, Freundinnen und Freunde betreffend Bleiberecht für Integrierte
Der Sachverhalt und die Vorgangsweise des Innenministers in diesem Einzelfall sind hinlänglich bekannt. Es gibt einen gleichlautenden Beschluss des OÖ. Landtages, der Familie humanitäre Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen.
Der erteilte Abschiebeaufschub an Nurije und Arigona Zogaj und die Trennung von der Restfamilie ist jedenfalls kein Beitrag zur humanen Bereinigung der Angelegenheit. Ganz im Gegenteil hat sich die Situation dadurch weiter zugespitzt. Es besteht die Gefahr einer weiteren Eskalation, wenn der Innenminister nicht einlenkt und seinen Ermessensspielraum ausschöpft.
Der Innenminister hat es in der Hand, die Wiedereinreise der abgeschobenen Familienmitglieder und die Erteilung humanitärer Aufenthaltsgenehmigungen zu verfügen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Innenminister wird aufgefordert,
1. den abgeschobenen Mitgliedern der Familie Zogaj die Wiedereinreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen,
2. der gesamten Familie Zogaj umgehend von Amts wegen humanitäre Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen.
*****
Entschließungsantrag
des Abgeordneten Van der Bellen, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschiebestopp für Integrierte
eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag der Abgeordneten Alexander Van der Bellen, Brigid Weinzinger, Freundinnen und Freunde betreffend Bleiberecht für Integrierte
Die mediale Berichterstattung zu den Abschiebefällen ist bekannt. Langjährig in Österreich Integrierte sollen einer neuen Strategie des Innenministeriums zufolge gehäuft abgeschoben werden. Betroffene werden in Flüchtlingsquartieren, oder in ihren Wohnungen, oft sogar in Nacht- und Nebelaktionen, festgenommen. Kinder werden am Schulweg von Polizisten abgefangen und auf die Polizeistation verbracht. Menschen tauchen aus Verzweiflung unter. Verzweiflungstaten von Kindern aus Angst vor Abschiebung werden als Angriff auf die Ordnung und Sicherheit und als Erpressungsversuche bezeichnet. Das ist Österreich im Herbst 2007.
Unter dem Druck öffentlicher Berichterstattung werden in einem Fall Zugeständnisse wie Abschiebeaufschübe erteilt, in hunderten gleich gelagerten Fällen jedoch nicht. Die Folge ist behördliche Willkür.
Ebenfalls unter dem Druck der Ereignisse hat der Innenminister vor dem Sommer eine Lösung der Problematik mittels eines Formulars und eines Kriterienkataloges zur Beurteilung humanitärer Causen angekündigt. Bis heute ist nicht klar, wie dieser Katalog ausschaut und wie die einheitliche und sofortige Anwendung sichergestellt sein soll. Es gibt keine Einigung der Landeshauptleute darüber. Stattdessen treten täglich neue Fälle von Abschiebungen langjährig in Österreich lebender und gut integrierter Menschen und Familien auf. Diese in Serie auftretenden dramatischen Schicksale werden vom Innenministerium als „Einzelfälle“ eingestuft und bleiben bis heute menschenrechtlich unbefriedigend gelöst. Bis auf das Formular und den angekündigten Kriterienkatalog gibt es keine Maßnahmen. Es hat sich nichts an der Vorgangsweise beim Erhalt humanitärer Aufenthaltsgenehmigungen gegenüber Integrierten geändert. Nach wie vor haben die Länder keinerlei Mitspracherecht und ist völlig ungeklärt, wie Gemeinden oder die Länder in das intransparente Gnadenprozedere um den Erhalt einer humanitären Aufenthaltsbewilligung verbindlich eingebunden werden sollen.
Eines ist klar. Der Innenminister unterschätzt die Zahl der Betroffenen. Zu ca. 6000 offenen Langzeitasylverfahren kommen tausende bereits in den letzten Monaten und Jahren abgeschlossene Langzeitasylverfahren dazu. Die Betroffenen waren integriert und sind daher noch im Land. Aufgrund sinkender Asylantragszahlen, müssen jetzt ältere Asylakten vermehrt einer Erledigung zugeführt werden. Die Serie an Betroffenen wird in den nächsten Monaten unvermindert weitergehen.
Dieser großen Anzahl an Betroffenen kann man nicht mit einem veränderten „Formularwesen“ begegnen. Die zuständige Abteilung des BMI ist ohne Sofortmaßnahmen völlig überfordert, eine so große Anzahl an Sachverhalten auch nur annähernd in einem vernünftigen Zeitraum zu bearbeiten.
Laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung vom 20.7.2007 weiß der Innenminister nicht einmal, was aus den in den letzten Monaten angeblich 280 abgeschlossenen, über 10 jährigen Asylverfahren geworden ist. Er kann nicht sagen, wie vielen Personen davon Asyl gewährt wurde, und vor allem, wie viele nach der Ablehnung des Asylantrags nun ohne ein Bleiberecht vor der Abschiebung stehen.
Die fremdenpolizeilichen Vollzugsbehörden sind überfordert. Sie müssen Ausweisungen erlassen und Abschiebungen durchführen, weil das Innenministerium eine humani-
täre Aufenthaltsgenehmigung in der Regel ablehnt. Gleichzeitig sehen sich die lokalen Behörden dem erheblichen Widerstand der lokalen Bevölkerung gegenüber.
Eine Abschiebung der Betroffenen ist ein nicht wieder gut zu machender Schaden. Eine Rückkehr als ZuwanderInnen ist für Betroffene aufgrund des bestehenden Fremdenrechtspakets nicht möglich. Es gibt aktuell gemäß der Niederlassungsverordnung keine Zuwanderung zum Zweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit mit Ausnahme von Schlüsselkräften. Anderslautende Auskünfte können nur als zynisch bezeichnet werden. Wer jetzt abgeschoben wird verliert alle Rechte am Arbeitsmarkt und kann nicht nach Österreich zurück.
Tausende Menschen in Österreich sehen sich mit einer Situation konfrontiert, in der ihr Grundrecht auf Privat- und Familienleben nicht gesichert ist, in der völlige Unklarheit über ihre Chance auf einen humanitären Aufenthaltstitel besteht und auch die vollziehenden Behörden im Unklaren über Vorgangsweise und Kriterien sind. In einer solchen Situation serienweise und überhastet Abschiebungen vorzunehmen, ist menschenverachtend und der Republik Österreich nicht würdig. Ein Abschiebestopp soll sicherstellen, dass Menschen, die seit mehr als 5 Jahren in Österreich leben und hier integriert sind, eine faire Chance auf ein humanitäres Bleiberecht bekommen und Menschenrecht und Verfassungsrecht nicht gebrochen werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert,
einen Abschiebestopp für langjährig integrierte Menschen zu verfügen bis eine einheitliche und gerechte Vorgangsweise bei der Vergabe humanitärer Aufenthaltsgenehmigungen und allenfalls eine gesetzliche Änderung sichergestellt ist.
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap. 10 Minuten Redezeit, das geht sich auch ganz genau bis zur Sitzungsunterbrechung aus. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Welche der acht Linien der SPÖ vertritt er jetzt?!)
12.50
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Damit wir uns gleich eingangs richtig verstehen: Wir Sozialdemokraten sind natürlich gegen jede Art der illegalen Zuwanderung, wir Sozialdemokraten sind selbstverständlich dafür, dass jemand, wenn er straffällig geworden ist, abzuschieben ist (Abg. Strache: Aber?), und wir Sozialdemokraten sind selbstverständlich der Auffassung, dass die organisierte Kriminalität, die sich über die Grenzen bewegt, natürlich mit aller Härte des Rechtsstaates zu bekämpfen ist. Das sei hier einmal in aller Deutlichkeit festgestellt! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser. – Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)
Wir werden selbstverständlich gemeinsam an der Seite all derer, die dazu berufen sind – ob das das Innenministerium, das Justizministerium, die Exekutive ist –, daran mitwirken, auch auf internationaler Ebene, um im Interesse der österreichischen Bevölkerung eindeutig gegenüber diesen Entwicklungen Position zu beziehen. (Zwischenruf des Abg. Kainz.)
Es gibt aber auch so etwas wie das Menschenrecht (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das Menschenrecht ist nicht „so etwas“!) und es gibt auch so etwas wie ein Recht auf Asyl, wenn man verfolgt wird. – Übrigens bin auch ich der Meinung, man sollte nicht Zuwanderung und Asyl vermischen: Das sind zwei Dinge, die zu trennen sind.
Wir haben hier im Parlament, als der Beschluss gefasst wurde – als die Gesetze beschlossen wurden, die das Fremdenrecht betroffen haben, die das Asylrecht betroffen haben –, gesagt: Wir stimmen dem zu, aber unter der Bedingung, dass ein Asylgerichtshof eingerichtet wird, unter der Bedingung, dass evaluiert wird (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek) und dass natürlich dann der Vollzug nach humanen Kriterien stattzufinden hat. – Das waren damals die Bedingungen.
Und ich kann mich noch gut daran erinnern, als hier im Hause ein Fünf-Parteien-Antrag auf Einrichtung eines Asylgerichtshofes beschlossen wurde, damit die Verfahren schneller sind, im Interesse aller. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja, stimmt! – Abg. Strache: Warum gibt es ihn noch nicht?) – Wir haben damals gesagt, wir wollen auch deshalb, dass sie schneller abgewickelt werden, damit nicht auf diese Art und Weise eine stille Zuwanderung illegaler Natur unter Umständen noch mit Kriminalitätsfällen verbunden ist. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist die schlechteste Ausrede, die ich je gehört habe!) – Das haben wir alle fünf damals hier beschlossen. (Abg. Strache: Wer verhindert diesen? Die Regierung? Verhindert die Regierung die Umsetzung?)
Mein geschätzter Nachredner, der Alt-Bundeskanzler Schüssel, kann dann dazu Stellung nehmen, warum seit dem Jahr 2005 in diesem Bereich nichts passiert ist, denn in Wahrheit muss Herr Innenminister Platter das auslöffeln, was die Regierung Schüssel nicht zustande gebracht hat, nämlich die Einrichtung eines Asylgerichtshofes, damit die Verfahren schneller laufen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)
Da geht es aber nicht nur um den Asylgerichtshof, es geht auch darum, dass es eine personelle Ausstattung gibt. Es sind jetzt mehr Posten hinzugekommen, aber da sind natürlich noch weit mehr notwendig, um wirklich wirksam agieren zu können. Und auch da stellt sich die Frage, warum das eigentlich nicht passiert ist.
Ich habe mir im „Kurier“ sehr genau angesehen, wie sich die Lage hier entwickelt hat. Ich darf die offiziellen Zahlen hier noch einmal zitieren: 77 Personen warten seit zehn Jahren, 87 seit neun Jahren, 206 seit acht Jahren (Abg. Strache: Wer war damals Innenminister?), 402 seit sieben Jahren (Abg. Ing. Westenthaler: Wer war vor zehn Jahren in der Regierung?), 629 seit sechs Jahren. – Herr Klubobmann Westenthaler, Sie haben das mitzuverantworten, denn Ihre Partei, die ja jetzt nur mehr aus ein paar Persönchen besteht, hat daran mitgewirkt! Sie tragen Mitverantwortung! – Also wirklich, das ist ja völlig lächerlich, wenn Sie hier auch noch Zwischenrufe machen. Unglaublich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wer war Innenminister vor zehn Jahren?)
Ich habe vorgeschlagen, man soll sich im Innenministerium einmal ansehen, ob hier noch mehr Fälle anstehen, wo man zu einer allfälligen humanitären Entscheidung zu kommen hat. Es wäre vielleicht nicht schlecht, dass das Innenministerium dann auf diese Fälle vorbereitet ist und sich das auch genauer ansieht. (Abg. Scheibner: Wer war 1997 Innenminister?)
Jetzt sage ich Ihnen etwas: Da warten Leute bis zu zehn Jahre lang auf einen Bescheid – bis zu zehn Jahre! (Zwischenrufe bei der ÖVP) –, und da muss ich Ihnen sagen, in diesen zehn Jahren wird jemand schon integriert, beherrscht schon die Sprache, ist meistens gut vernetzt, lebt in einer Dorfgemeinschaft, die dann demonstriert, wenn er einfach abgeschoben werden soll. Ich frage Sie: Wer ist dann schuld, dass das bis zu zehn Jahre lang dauert? – Das kann ich Ihnen sagen: Das ist die finanziell und personell nicht ausreichend ausgestattete Behörde (Abg. Grillitsch: Neue An-
träge!) – Sie sind mit schuld, denn auch Sie haben das alles geschehen lassen –, und damit ist natürlich die Republik und die Gesellschaft mitverantwortlich!
Und dann, sage ich Ihnen, gibt es eben zu Recht – das ist in diesem Artikel auch nachzulesen – hunderte Fälle, wo dann humanitär entschieden wird, dass sie bleiben können. Das ist richtig so und das soll auch alles gemäß Artikel 8 der Menschenrechtskonvention so stattfinden. Es ist verwerflich, wenn nach Jahren Familien auseinandergerissen werden, das können Sie doch niemandem erklären! (Beifall bei der SPÖ.)
Gleich prophylaktisch für die nach mir sprechenden Redner rechts der Mitte sage ich, das hat mit offenen Türen nichts zu tun, das hat mit ungeregelter Zuwanderung nichts zu tun. (Abg. Ing. Westenthaler: Weiß das auch der ... ?) Wir wollen uns auch weiterhin aussuchen können, wer am Arbeitsmarkt was macht, wir wollen weiter dort geregelte Zuwanderung haben, wo das Land und die Gesellschaft es wollen, aber wir wollen, dass dort, wo es um Asyl geht, dort, wo es auch um das Hierbleiben-Dürfen geht, menschliche Kriterien eine Rolle spielen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Das heißt, ... kann in Zukunft nicht mehr herein, damit man keine Familien zerreißt!)
Herr Minister Platter, jetzt muss ich Ihnen sagen – ich habe Ihrer Rede sehr genau zugehört, wie wir alle –, wenn Sie sagen, mit dem Schicksal des Mädchens soll man keine Parteipolitik betreiben, dann muss ich Sie fragen: Haben Sie nicht auch Parteipolitik betrieben, indem Sie hier keine Milde walten ließen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) War nicht auch das ein Versuch, ein parteipolitisches Signal auszusenden? War das nicht so? – Also ich wäre vorsichtig damit, wenn Sie hier so quasi in alle anderen Richtungen des Hohen Hauses argumentieren, hier würde auf dem Rücken dieses armen Mädchens Parteipolitik betrieben, denn Sie haben vorher in hunderten Fällen sehr wohl humanitär entschieden. Warum nicht in diesem einen Fall? – Offensichtlich scheinen auch parteipolitische Kriterien dabei eine Rolle gespielt zu haben, und das, Herr Innenminister, ist inakzeptabel! (Beifall bei der SPÖ.)
Also ist das Ziel – und das haben zum Beispiel wir, auch Herr Abgeordneter Jarolim hat das vor Tagen vorgeschlagen –: Was ist, wenn man einfach ein humanitäres Visum ermöglicht? Was ist, wenn man die Familie damit zusammenführt? – Abgelehnt. Was ist, wenn man versucht, humanitär zu entscheiden, wenn sie einen neuerlichen Antrag stellen, dass sie sich niederlassen dürfen? – Abgelehnt. (Abg. Strache: Was machen wir mit den weiteren 40 000 Fällen, die nach Österreich kommen, bitte?) Also welches Kalkül ist da dahinter? – Wir verstehen das nicht, und das wurde auch zu Recht so intensiv in der Öffentlichkeit diskutiert.
Ich weiß, wenn Verfahren lange dauern, spielt oft Rechtsschutz eine Rolle, das Ausschöpfen wirklich aller rechtsstaatlichen Möglichkeiten, vielleicht sogar der Missbrauch – vielleicht sogar der Missbrauch! (Abg. Strache: Nicht „vielleicht“! Mit Sicherheit sogar Missbrauch!) Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es keinen Missbrauch gibt – wir werden ja gewählt, dafür zu sorgen, dass wir eine Rechtsordnung haben, die das verhindert, es ist aber auch die Aufgabe der vollziehenden Organe, dafür zu sorgen, dass es keinen Missbrauch gibt –, aber es ist trotzdem so, dass das Menschliche ein ganz wesentliches Element der gesamten Politik und hier auch im Speziellen in diesem Bereich der Politik sein soll. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Was soll dieses Gefasel?) Und die Stimmung in der Bevölkerung, glaube ich, gibt uns dabei recht. (Abg. Ing. Westenthaler: Wird Ihnen nicht schwindlig da draußen? Das ist ein Slalom der Sonderklasse! Unglaublich!)
Die Menschen wollen, dass Gesetze eingehalten werden – selbstverständlich! –, sie wollen, dass der Rechtsstaat respektiert wird – selbstverständlich! –, aber sie wollen auch, dass dort, wo Menschlichkeit möglich und notwendig ist (Abg. Ing. Westenthaler: Kriegst du nicht ein Schleudertrauma?!), diese bei Entscheidungen im Vollzug eine
wichtige Rolle spielt. Das, glaube ich, ist hier ein wesentliches Element. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Einmal so, einmal so!)
Wir werden daher hier im Hohen Haus natürlich einen gemeinsamen Entschließungsantrag einbringen mit einer Auflistung eines Kriterienkataloges, der wichtig ist bei der Beurteilung humanitärer Entscheidungen und in dem auch angeführt wird, dass es jetzt endlich zur Einrichtung des Asylgerichtshofes kommen soll, bei dem die Landeshauptleute miteinbezogen werden sollen, wir werden aber auch zwei Selbständige Entschließungsanträge zur Zuweisung an den Innenausschuss hier deponieren (Abg. Ing. Westenthaler: Ein Entschließungsantrag von euch selbst! Das ist ein komischer Antrag!): Einen, der sich mit all diesen genannten Familien, unter anderem mit der Familie Zogaj, auseinandersetzt (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die sind schon im Kosovo!), ihr Anliegen versteht, gegen die Familienzerreißung eintritt und die besondere Berücksichtigung des Artikels 8 der Menschenrechtskonvention im Vollzug einfordert. – Dieser soll hier im Haus Eingang finden, und er wird ein längeres Leben haben als der Antrag, sehr geehrte Grüne, den Sie heute dazu einbringen werden.
Wir werden einen zweiten Selbständigen Entschließungsantrag einbringen, in dem all unsere Grundsätze, die wir veröffentlicht, die wir hier in der Parlamentsfraktion und in der SPÖ beschlossen haben – für menschlichen Vollzug, Beschleunigung der Asylverfahren, Ausstattung bei den Personalkosten –, viel umfangreicher und detaillierter, als dies in dem gemeinsamen Entschließungsantrag der beiden Regierungsparteien der Fall ist, dargelegt sind. Damit finden sie Eingang in den Innenausschuss, sind dort jederzeit abrufbar, können behandelt, diskutiert und in Wirklichkeit dann von allen Fraktionen bearbeitet werden. – Das dazu, wie die Position der Sozialdemokraten in diesem Zusammenhang aussieht.
Resümierend gesagt: Wir wollen haben, dass die Gesetze respektiert werden. Wir wollen haben, dass dort, wo Zuwanderung erwünscht ist, diese geordnet auf der Basis der Gesetze stattfindet. Wir wollen aber auch haben, dass im Bereich der Asylverfahren human vollzogen wird – denn das waren die Bedingungen dafür, dass wir damals zugestimmt haben (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Selbstgeißelung!) –, dass endlich der Asylgerichtshof eingerichtet wird und dass der Kriterienkatalog die Grundlage für die humanitären Entscheidungen bildet. Dann, so glaube ich, geht man einen richtigen und guten Weg für dieses Land. (Beifall bei der SPÖ.)
13.00
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich unterbreche die Sitzung bis 13.15 Uhr.
Die Sitzung ist unterbrochen.
*****
(Die Sitzung wird um 13 Uhr unterbrochen und um 13.15 Uhr wieder aufgenommen.)
*****
Präsident Dr. Michael Spindelegger (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte alle Abgeordneten, sich wieder auf ihre Plätze zu begeben.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Schüssel. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Klubobmann.
13.15
Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Professor Van der Bellen hat vorige Woche anlässlich einer Demonstration – ich habe es jedenfalls im „Kurier“ so gelesen – wörtlich erklärt: „Ich schäme mich an dieser Stelle, Österreicher zu sein.“ (Abg. Ing. Westenthaler: Pfui! Widerwärtig!) – Herr Professor, ich sage Ihnen offen: Ich bin stolz, Österreicher zu sein – und das aus guten Gründen! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
Dieses Land hat seit dem Jahre 1945 2 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, und zwar immer in kritischen, in Kriegssituationen. Da ist nicht viel gefragt worden. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das Land schon, aber Sie nicht!) Wir haben 180 000 Ungarn aufgenommen (Abg. Zwerschitz: Damals!), 160 000 Tschechen und Slowaken, 30 000 Polen, als das Kriegsrecht verhängt wurde. Wir haben während des Bosnien-Krieges 90 000 Bosnier aufgenommen, 13 000 Kroaten und 5 000 Kosovo-Albaner. Die meisten, fast alle von ihnen sind wieder in ihre Heimat zurückgekehrt oder haben um Zuwanderung in Drittländer ersucht.
Ich lasse mir und unserem Heimatland nicht vorwerfen, dass es nichts getan hat! Gerade beim Kosovo ... (Abg. Sburny: Sie sind das Heimatland? – Abg. Dr. Van der Bellen: Nicht Sie allein sind Österreich!) – Unser Heimatland ist Österreich, ja, und gerade Österreich und die Europäische Union haben gerade für den Kosovo unendlich viel gemacht, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
Was hätten denn sonst die 17 000 europäischen, meist europäischen Soldaten für einen Sinn?! Unser größtes internationales Kontingent ist dort vor Ort, um Frieden und Sicherheit zu schaffen. Wir haben gemeinsam weit über 1 Milliarde € an Wirtschaftshilfe in den Kosovo hineingepumpt, damit dort eben keine Ruinen stehen bleiben, Herr Professor, sondern damit dort genauso wie bei uns nach dem Jahr 1945 wiederaufgebaut werden kann.
Ich sage Ihnen offen: Ich bin stolz, Österreicher zu sein! Ich weiß, dass dieses Land immer geholfen hat und immer offen war, wenn es um solche Notsituationen gegangen ist – und daran wird sich auch nichts ändern! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
Aber dazu gehört auch die Treffergenauigkeit. Es geht darum, dass man genau unterscheidet: Was ist Asyl, was ist Zuwanderung? Für mich, Herr Professor, ist Asyl ein heiliges Recht. Jemand, der in einer Kriegssituation fliehen muss, der mit Leib und Leben bedroht ist, von einer Diktatur, der hat natürlich das Recht, in demokratischen Ländern um Aufnahme zu bitten. Diese wird ihm auch gewährt; da gibt es rechtsstaatliche Verfahren, die, das steht außer Streit, überhaupt niemand in Frage stellt. Ich glaube aber nicht, dass man unter dem Deckmantel, Asyl zu suchen, einfach illegal zuwandern kann, und ich bitte Sie, Herr Professor, diese Unterscheidung ebenfalls vorzunehmen. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
Genau darum geht es in dem Anlassfall, den Sie heute hier richtigerweise und auch dankenswerterweise thematisieren.
Es sind natürlich viele berechtigte Argumente und auch
kritische Punkte angesprochen worden. So zum Beispiel: Die Verfahren dauern zu
lange. – Das stimmt, und ich
bin der Erste, der sagt: Dort, wo aus Schuld der Behörde ein Verfahren zu
lange dauert, muss der Innenminister gemeinsam mit den Landeshauptleuten
und Bürgermeistern darauf schauen, eine menschliche und gute
Lösung zu finden!, aber in diesem ganz konkreten Fall trifft das
überhaupt nicht zu. Da haben nämlich die Behörden in einer geradezu
atemberaubenden Geschwindigkeit entschieden. Herr Zogaj ist im
Mai 2001 – zwei Jahre nach dem Krieg – nach
Österreich gekommen, und zwar illegal, über einen Schlepper. Er hat
dafür bezahlt. Ein Jahr später hatte er bereits den negativen
Asylbescheid und war vom Bundesasylamt in Kenntnis gesetzt worden, dass er
nicht in Österreich bleiben kann. Das hat ihn überhaupt nicht daran gehindert, drei, vier Monate später die ganze Familie mit fünf Kindern, darunter sehr kleine Kinder, nachzuholen – illegal, mit einem holländischen Lkw, mit einem Schlepper.
Sie von den Grünen haben gesagt, wir sollen die Täter, die Schlepper, bestrafen. – Natürlich! Aber niemand, bitte, kommt unfreiwillig zu einem Schlepper, sondern man muss es wollen. Und wenn man weiß, dass man nicht unter dem Deckmantel, unter der Marke „Asyl“ hereinkommen kann, dann ist das, bitte, schlicht und einfach unzumutbar.
Ich sage weiters dazu: Es ist sehr schnell – drei Monate, nachdem diese Familie da war – bereits für die ganze Familie das Asyl abgelehnt worden. Und noch einen Punkt kann man sehen, der nicht unwichtig ist: Seit November 2002 ist kein Asyl in Österreich möglich gewesen, und ein Jahr später, bereits 2003, ist der Ausweisungsbescheid vorgelegen.
Jetzt können Sie dem Bezirkshauptmann von Vöcklabruck – ich kenne ihn zufällig –vorwerfen, dass er der Familie gesagt hat: Ich gebe euch einige Monate Zeit, damit ihr euch auf die Rückkehr in eure Heimat vorbereiten könnt! Das kann man ihm vorwerfen – ich tue es nicht –, aber was man nicht tun kann: nachher zu kritisieren, dass unter Ausnützung aller Möglichkeiten noch einige Monate, noch ein Jahr herausgeschunden wurde, um dann sagen zu können: langer Aufenthalt – Integration, jetzt braucht es ein Bleiberecht. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
Das, meine Damen und Herren, ist nicht fair, und das ist auch nicht gut gegenüber jenen, die zu Recht Asyl in Österreich beantragen wollen.
Zweitens haben Sie gesagt, der Minister sei schuld. – Das ist immer leicht. (Abg. Sburny: Verantwortlich!) Einen Sündenbock muss es geben, der Minister ist also schuld. – Ich darf offen fragen, auch Sie, Herr Abgeordneter Cap: Woran ist der Minister eigentlich schuld? An einem Gesetz, das wir im Jahr 2005 mit breitester Mehrheit, auch mit Ihrer Stimme, auch mit der Stimme des damaligen Klubobmannes und heutigen SPÖ-Vorsitzenden, auch mit der Stimme der Nationalratspräsidentin, die jetzt dagegen demonstriert, beschlossen haben? An dem Gesetz ist der Minister schuld, der damals übrigens gar nicht der Verhandlungsführer gewesen ist? Ist der Minister daran schuld, dass Gesetze eingehalten werden? – Meine Damen und Herren, da muss ich schon ganz offen sagen: Wenn man sich ansieht, was alles in diesen Tagen über diesen Minister gesagt wurde, dann bitte ich auch um eine gewisse Fairness und um ein Menschenrecht gegenüber dem Menschen Günther Platter. (Beifall bei der ÖVP.)
Minister Platter sei ein „Hilfssheriff der Unmenschlichkeit“, wurde gesagt. Frau Präsidentin Glawischnig, Sie haben ihn sogar mit dem Kaiser, mit dem Diktator Nero verglichen; „Daumen hinauf, Daumen hinunter“. Dieser Diktator hat in der Arena Christen verfolgen und umbringen lassen, hat Rom angezündet. – Halten Sie diesen Vergleich ernstlich für aufrecht? Meine Dame, schämen Sie sich für diesen Vergleich; das sage ich Ihnen offen! (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Rufe bei der ÖVP, in Richtung Grüne: Unerhört!)
„Abschiebeterror“, hieß es. Der Minister wurde verglichen mit dem Unmenschen Honecker in der DDR. „Grauslich“, hat der Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende gesagt. – Noch einmal meine Frage: Was ist grauslich? Ein Gesetz, das wir gemeinsam mit breitester Mehrheit beschlossen haben, ist grauslich? Ist der Vollzug eines solchen Gesetzes grauslich, das durch sechs Instanzen gegangen ist und nicht vom Minister, sondern meistens von unabhängigen Richtern entschieden wurde? Sind die grauslich? Ist der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck grauslich, weil er der Familie einige Monate Zeit gegeben und dann gesagt hat, nach Ausschöpfung aller Instanzen geht es zurück in die Heimat, und wir helfen euch dabei?
Drittens, meine Damen und Herren, wird so getan, als ob jetzt plötzlich – Sie haben es auch wieder gesagt, Frau Abgeordnete Weinzinger – eine „Aktion scharf“ eingesetzt hätte. Schauen wir uns die Fakten an! Stimmt das überhaupt? (Zwischenruf der Abg. Mag. Weinzinger.) – Nein, überhaupt nicht, Frau Abgeordnete.
Wir haben auf Grund des Fremdengesetzes und des Asylgesetzes bei den 40 000 Asylanträgen einen Rückgang auf – bis August – heute 7 600 zu verzeichnen. Die positiven Bescheide, die Anerkennungsquote sind gestiegen, von 4 Prozent auf heute 30 Prozent. Die Zahl der humanitären Entscheidungen ist nicht gesunken, sondern gestiegen: von 666 im Jahre 2005 auf bis zur Stunde 871. Die Zahl der Schubhäftlinge ist immerhin seit dem Jahr 2001 von 17 000 auf jetzt 4 600 zurückgegangen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Falsche Zahlen!)
Abschiebungen: Im Jahr 1997 – übrigens SPÖ-Innenminister; waren die auch alle grauslich? – 12 000 Abschiebungen, im Jahr 1998/99: 10 000 Abschiebungen, im Jahr 2006: 4 000 Abschiebungen, und bis zur Stunde sind es nicht einmal 2 000 Abschiebungen. (Abg. Strache: Da war die SPÖ konsequenter!)
Verdient dieser Minister daher wirklich all diese Etikette, die Sie ihm angehängt haben? – Ich glaube nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich sage Ihnen sehr offen: Der ehemalige Minister Schlögl hat vollkommen zu Recht gesagt, er stehe zu Günther Platter, dieser könnte gar nicht anders handeln. – So ist die Wirklichkeit. Dieser Minister ist auf die Verfassung beschworen, hat geschworen, dass er die Gesetze einhält – und nichts anderes macht er.
Ich sage Ihnen auch ganz offen, für uns in der Volkspartei ist klar: Wer Asyl braucht, wird es auch in Zukunft bekommen. Für denjenigen, der zuwandern will, gibt es klare Richtlinien. Wir suchen uns aus, wen wir als Saisonnier, als Schlüsselkraft, als Forscher brauchen, wie wir uns in Bezug auf EU-Arbeitskräfte verhalten.
Ich sage aus tiefer Überzeugung ein Ja zu Minister Platter, der es überhaupt nicht verdient, von Ihnen so behandelt zu werden. Tiefe Ablehnung all jenen gegenüber, die ihn dafür kritisieren, dass er ein von uns meistens gemeinsam beschlossenes Gesetz einhält!
Bundesminister Platter hat unser Vertrauen, und das werden wir auch in der Abstimmung offen, wie ich glaube, zum Ausdruck bringen. Wir schämen uns dafür überhaupt nicht, Herr Professor! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall beim BZÖ.)
13.26
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster ist Herr Klubobmann Strache zu Wort gemeldet; ebenfalls 10 Minuten Redezeit. – Herr Klubobmann, bitte. (Abg. Strache begibt sich zum Rednerpult und platziert dort eine Tafel mit der Aufschrift „Österreich ist nicht erpressbar. Abschub statt Aufschub“.)
13.26
Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Klubobmann Van der Bellen, Sie haben heute wieder einmal eine grüne Moralkeule geschwungen – in einem Punkt gebe ich Ihnen recht: Es ist selbstverständlich eine Schweinerei, dass Asylverfahren in Österreich so lange dauern. Da haben Sie recht. Aber warum, Herr Van der Bellen, dauern sie so lange? Weil Sie sich gemeinsam – und da kann ich die anderen Parteien in diesem Hohen Haus nicht ausnehmen – mit ÖVP und SPÖ gegen eine Verschärfung des Asylgesetzes, gegen eine notwendige Verschärfung aussprechen, weil Sie sich gegen eine notwendige Optimierung aussprechen und damit letztlich auch dafür Sorge tragen, dass wir bis heute keine verkürzten Verfahren möglich machen konnten. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie sind schuld daran, mit schuld daran, dass wir heute in Österreich über Jahre dauernde Verfahren haben, dass wir nach wie vor unzählige Instanzen haben, bis hin zu einem unsinnigen Neuerungsantragsrecht, bis hin zu einem Schlupfloch der Traumatisierung. Ein Missbrauch des Rechts ist in diesem Land nach wie vor gang und gäbe. Das führt zu Verschleppungen von Tausenden Asylverfahren über Jahre und gibt den Tausenden Scheinasylanten, die wir heute noch immer in Österreich haben, auch die Gelegenheit, sich den Aufenthalt in Österreich für Jahre zu erschwindeln. – Dafür sind Sie verantwortlich, und Sie wollen diese Situation weiter zuspitzen und mit Ihrer Maßnahme noch verschärfen! (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Van der Bellen, was wir brauchen, das sind Asylverfahren – das wurde heute angesprochen –, die wesentlich kürzer abgehandelt werden. Wir könnten uns auf alle Fälle vorstellen, dass es innerhalb von sechs bis zwölf Monaten möglich sein muss, in zwei Instanzen einen endgültig rechtskräftigen Bescheid herbeizuführen. Entweder gibt es dann einen Grund für die Gewährung von Asyl oder der Asylwerber ist dessen überführt, dass er Missbrauch und Scheinasylantentum gelebt hat. In diesem Fall hat er abgewiesen und auch abgeschoben zu werden. (Beifall bei der FPÖ.)
Was wir nicht brauchen, ist letztlich das, was Sie wollen, nämlich ein Bleiberecht für alle Scheinasylanten, für alle, die uns beschwindeln, für alle, die unter falschen Angaben zu uns kommen und sich dann jahrelang durchschwindeln. Nach drei, vier, fünf Jahren Durchschwindeln in Österreich wollen Sie diesen Menschen ein Bleiberecht auf Dauer geben.
Warum haben wir auch in diesem Bereich solche Fehlentwicklungen? Weil wir feststellen müssen, dass wir ein Asylrecht haben, das Missbrauch bis heute zulässt, weil wir feststellen müssen, dass gerade im Bereich der Grundversorgung und der Betreuung von Asylwerbern in Österreich sogenannte NGOs, aber auch die Caritas natürlich auch viel Geld erhalten. Bis zu 350 Millionen € pro Jahr kostet uns dieser Bereich, und manche dieser Institutionen haben gar kein Interesse daran, ehrliche und wirklich verfolgte Asylwerber von den unehrlichen zu trennen, weil nämlich diese NGO-Maschinerie und diese NGO-Industrie in der Zwischenzeit ein Geschäft damit macht. Das ist zu verurteilen. (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Van der Bellen, in den letzten Tagen und Wochen haben wir eine Inszenierung erlebt, wo linkslinke Gutmenschen wie Sie, welche unser Asylgesetz für jeden Asylmissbrauch und für Scheinasylanten in Zukunft überhaupt öffnen wollen (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: „... linke Gutmenschen“ – wir fühlen uns geehrt!) – da können Sie noch so sehr hereinrufen, das ist die Realität! –, versucht haben, den Österreichern Sand in die Augen zu streuen, ohne ihnen den wahren Sachverhalt darzulegen.
Sie agieren mit Einzelfällen und sagen, das sind weiße Asyl-Lämmchen. Wenn man sich das aber genauer anschaut, dann kommt man bei genauerer Betrachtung drauf, es handelt sich nicht um Asyl-Lämmchen, als die die Grünen sie darstellen, sondern um schwarze Schafe, die Scheinasylanten sind und die Missbrauch betrieben haben. Das ist die Realität! (Beifall bei der FPÖ.)
Da darf und kann der Staat nicht nachgeben! Der Staat darf nicht erpressbar werden! Und auch im Fall Zogaj darf sich der Staat nicht erpressen lassen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Von wem? Von acht- oder neunjährigen Kindern?) Das wäre ein Präzedenzfall und würde zwangsläufig zu dem führen, was Sie wollen, nämlich zu einem Asyl-Massen-Chaos in Österreich. (Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen.)
Das wäre genau das, was Sie, Herr Van der Bellen, und die Grünen in Wirklichkeit wahrscheinlich vorhaben. – Aber denken wir das doch zu Ende und argumentieren wir nicht wie Sie nur mit Anlassfällen – das ist unredlich, was Sie machen! –: Was würden
Sie mit einem Bleiberecht für Asylmissbraucher, welche sich fünf bis sechs Jahre lang mit Falschangaben, quasi mit Betrug hier durchschwindeln, dann erzielen? – Dass jeder Schwindler am Ende recht bekommt und natürlich auch andere Schwindler aus allen Herrgottsländern gerufen würden und sagen würden: In Österreich brauchen wir uns nur drei, vier, fünf Jahre durchzuschwindeln, und am Ende haben wir alle Rechte! – Da wäre plötzlich Recht nicht mehr Recht, und Unrecht würde zu Recht werden.
Das ist das, was Sie offensichtlich wollen. Das würde
so weit gehen, wie wir es heute ja erleben, nämlich dass manche Asylwerber
angeben, als Nigerianer zu uns zu kommen, um Asyl zu beantragen, dann
drei, vier, fünf Jahre durch alle Instanzen durchmarschieren, wie wir
es ja heute vorfinden, und dem Steuerzahler viel Geld kosten – um
dann am Ende bei oder vor der letzten Ablehnung zu sagen: Entschuldigung,
ich komme eigentlich doch aus Liberia oder aus Ghana!, und einen
Neuerungsantrag zu stellen, und das ganze „Papierln“ geht von vorne
los. – Das sind heute genau
diese Pflanzereien, die die Österreicher erleben müssen! (Beifall
bei der FPÖ sowie des Abg. Mag. Darmann.)
Herr Van der Bellen, das ist eine Fehlentwicklung, da gebe ich Ihnen recht. Und dafür sind auch ÖVP und SPÖ verantwortlich, denn sie haben die Gesetze so beantragt und so beschlossen, dass diese Fehlentwicklungen heute in Österreich zu Tausenden stattfinden können. Das müssen wir abstellen, und dazu braucht es eine Verbesserung und Verschärfung des Asylrechtes! Das ist notwendig! (Beifall bei der FPÖ.)
Ein Bleiberecht für jeden, der Asylmissbrauch betreibt, ist einfach eines Rechtsstaates nicht würdig – und Recht muss eben Recht bleiben! Dass Sie von den Grünen damit generell ein Problem haben, das verwundert nicht sonderlich. Sie haben mit dem Rechtsstaat oftmals ein Problem.
Herr Professor Van der Bellen, Sie sind zwar Professor, aber das heißt noch lange nicht, dass Sie die Menschen und die Österreicher und deren Wünsche auch wirklich verstehen. Ich habe den größten Respekt vor Ihrem Alter und Ihrer Erfahrung, aber Sie sind auch der lebendige Beweis dafür, dass man deshalb nicht gescheiter werden muss. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) Und ich sage: Gott behüte Österreich davor, dass Sie einmal Regierungsverantwortung in diesem Land bekommen! (Beifall bei der FPÖ.)
Gott behüte Österreich davor! – Österreich darf sich nicht erpressen lassen! Österreich darf nicht zu dem werden, was Sie aus Österreich machen wollen, nämlich ein Land mit einer Tür-auf-Politik für jeden, der zu uns kommen will, bei der jeder zugelassen wird und wo eine Massenzuwanderung, die wir heute schon vorfinden, mit 50 000 Menschen pro Jahr, noch weiter zugespitzt und erhöht wird.
Der nächste Bürger kommt vielleicht daher und sagt: Ich habe einen Steuerbescheid bekommen, und den zahle ich nicht, denn das ist ja wirklich unglaublich, dass ich eine Steuernachzahlung zu leisten habe!, droht vielleicht, sich etwas anzutun – und dann kommen Sie mit einer falsch verstandenen Menschlichkeit daher und sagen: Lassen wir ihm die Steuerschuld nach! – Bitte, so kann doch ein Rechtsstaat nicht funktionieren! (Abg. Dr. Pirklhuber: ...! Sie haben keine Ahnung!) Natürlich kann und darf der Staat sich nicht erpressen lassen. Da würden wir in Chaos und Anarchie geführt werden!
Wahrscheinlich wollen Sie das für Österreich herbeiführen, Herr Van der Bellen. Und ich sage Ihnen ganz eindeutig: Sie fordern ein Bleiberecht für Menschen, gleichgültig, ob diese legal oder illegal zu uns gekommen sind, gleichgültig, ob ein Asylgrund vorliegt oder nicht. Und genau das ist es: Sie sprechen von Menschenfeindlichkeit und Menschenverachtung, leben aber umgekehrt eine Österreich-Feindlichkeit und eine Rechtsverachtung in diesem Land (Beifall bei der FPÖ), wo Sie sehr scheinheilig den
Rechtsstaat verachten, wo Sie Einzelfälle hernehmen
wie den Fall Zogaj, wo illegale Einreisen stattgefunden haben, wo die Familie
Zogaj sich 7 000 € für Schlepperbanden leisten
konnte. – Da ist man ein schwerreicher Mensch im Kosovo, wenn man
sich 7 000 € für Schlepperbanden leisten
kann! – Und da gibt es strafrechtliche Verfolgung, wo drei
Familienmitglieder, der Vater und zwei Söhne, angezeigt worden sind, wo
ein Sohn verurteilt wurde wegen Tätlichkeit gegen einen Polizisten, sprich
Gewalttätigkeit! Da sprechen Sie von Integration?! – Das
ist ja ein Hohn für alle Österreicher
und für alle wirklich integrierten Zuwanderer in Österreich! (Beifall
bei der FPÖ sowie des Abg. Mag. Darmann.)
Zum Abschluss: Familienzusammenführung ja – dort, wo die Familie herkommt, im Kosovo! Und bitte zerreißen Sie eine Familie nicht, sorgen Sie dafür, dass auch die Familie, der Vater, die Eltern Verantwortung für ihre Kinder haben und nicht hergehen können und verantwortungslos Gesetze brechen und dann keine Verantwortung für die Kinder übernehmen. (Beifall bei der FPÖ.)
Allein im Jahre 2006 gab es in Österreich 13 295 Asylwerber, die mit dem Strafgesetz in Konflikt gekommen sind. Das sind keine Lämmchen, sondern schwarze Schafe. Zuhauf, zu Tausenden gibt es die in Österreich! Das muss uns beschäftigen: wie wir das abstellen. Und wenn Sie dann hergehen und hier alles anders darstellen und heute sogar einen Misstrauensantrag gegen Minister Platter einbringen – wo er ausnahmsweise einmal wirklich das Gesetz umgesetzt hat! (Heiterkeit bei der FPÖ) –, dann ist das überhaupt absurd. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich meine, es hätte schon Charme, auch einen Misstrauensantrag gegen Minister Platter zu diskutieren – aber wenn, dann deshalb, weil bei 5 000 Asylwerbern in Österreich rechtskräftig festgestellt wurde, dass sie Asylschwindler sind und bis heute nicht abgeschoben worden sind und der Minister untätig geblieben ist. (Beifall bei der FPÖ.) – Das wäre ein Grund, darüber zu diskutieren, aber mit Sicherheit nicht der von Ihnen vorgebrachte.
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Klubobmann, Redezeit! Den Schlusssatz, bitte!
Abgeordneter Heinz-Christian Strache (fortsetzend): Danke, dass Sie mich zum Schlusssatz führen. (Heiterkeit.) – Nun, ich habe mir gedacht, mir wurde das Mikrofon schon abgedreht.
Genau das ist auch der Punkt, warum wir Freiheitlichen sagen: Tauschen wir unverantwortliche Politiker in Österreich aus, bevor diese die österreichische Bevölkerung austauschen! (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)
13.36
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Ing. Westenthaler zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.
13.37
Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Zum letzten Satz meines Vorredners füge ich hinzu: Copyright Jörg Haider, 1994. – Das wollte ich nur dazusagen. (Abg. Strache: Es war nicht alles schlecht, was er gesagt hat!) Ja, es war ja auch gut. (Abg. Strache: Er hat ja manchmal auch recht gehabt!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer mir bei der ganzen Debatte heute ein bisschen zu ungeschoren davonkommt, das sind die Sozialdemokraten. Die sitzen alle da, lammfromm, mit ernstem Blick nach dieser Klausur: zwei Tage lang weggesperrt irgendwo in einem Kammerl, und sie haben sich nicht einigen können auf eine Linie. Jeden Tag etwas Neues: Einmal kommt die Frau Prammer daher und will das Gesetz
ändern, dann kommt wieder ein anderer daher, der Herr Kalina, und sagt, eine Gesetzesänderung brauchen wir nicht. Dann kommt heute der Herr Buchinger daher, der will ein generelles Bleiberecht: Brauchen wir nicht!, dann der Herr Ackerl, der auch ein generelles Bleiberecht will. Und heute kommt mit treuherzigem Augenaufschlag der Klubobmann Cap daher und sagt: Wir haben ja dem Fremdengesetz im Jahr 2005 nur unter Bedingungen zugestimmt!
Aha, das ist mir neu, dass man heutzutage Gesetzen unter Bedingungen zustimmt. Also: Man stimmt einmal zu – und dann schaut doch, ob es Bedingungen gibt!
Herr Kollege Cap, ich werde Ihr Gedächtnis ein bisschen auffrischen. Zitat Josef Cap, 2. Juli 2005, zum Gesetz:
„Das Asylpaket ist ein ausgezeichnetes Gesetz, das Asylmissbrauch abstellt und die menschenrechtlichen Grundsätze wahrt.“ (Beifall beim BZÖ.)
Bravo, Herr Klubobmann Cap! Deswegen stehen wir auch zu diesem Gesetz, das auch unsere Handschrift trägt, weil wir es mitbeschlossen und mitentwickelt haben. Und deswegen stehen wir auch zu diesem Innenminister, der dieses Gesetz auch umsetzt, und werden Ihren billigen Polemik-Antrag von Misstrauensantrag nicht unterstützen, sondern sind froh, dass dieses Gesetz, das wir gemeinsam entwickelt und beschlossen haben und das erstmals in Österreich auch tatsächlich eine gute Zuwanderungspolitik verwirklicht, auch umgesetzt wird, nämlich: weniger Asylanträge, weniger Zuwanderung, weniger Staatsbürgerschaften – das ist doch ein erfolgreiches Gesetz! Es gehört umgesetzt, und daher gibt es keinen Misstrauensantrag, sondern Unterstützung für einen Minister, der so ein Gesetz auch umsetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Jetzt zu den Grünen. Unglaublich, was die Grünen hier alles so aufführen: Billiger Aktionismus, Sondersitzung. Ganz interessant: Sie zählen Beispiele von Familien auf, die Sie unterstützen – und so manches Beispiel wird nicht mehr aufgezählt, Frau Kollegin Weinzinger und Herr Kollege Van der Bellen. Was war denn heute etwa mit dem Beispiel der Familie Torosian aus Hohenberg? Warum haben Sie diese heute nicht mehr als Beispiel genannt? – Ich sage Ihnen, warum Sie sie nicht mehr genannt haben: weil das jemand ist, der – und das haben wir aufgedeckt – bereits rechtskräftig verurteilt ist wegen mehrfachen Diebstahls in einer organisierten Bande von internationalen Kriminellen!
15.4.: Diebstahl in Baden; 11.9.: Diebstahl in Sankt Pölten und so weiter und so fort. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brigid Weinziger. – Abg. Strache: Das sind die schwarzen Schafe!) Das ist eine georgische Familie, für die Sie sich wochen- und monatelang eingesetzt haben, und dann sind wir draufgekommen, dass das in Wirklichkeit Kriminelle sind. Und siehe da: Heute hört man nichts mehr davon! – Das ist Ihr wahres politisches Kalkül: dass Sie sich sofort verabschieden. Die Frau Nationalratspräsidentin Glawischnig war noch in Hohenberg und hat vor Ort für den Verbleib dieser Familie demonstriert, für einen Verbleib von Kriminellen – und das lehnen wir ab! Die gehören nämlich abgeschoben, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Aber es geht weiter: Herr Van der Bellen stellt sich auf den Minoritenplatz und sagt dort, er schäme sich für Österreich! (Abg. Strache: Österreich schämt sich für Van der Bellen!) – Herr Klubobmann Van der Bellen, Sie schämen sich für Österreich? (Abg. Strache: Österreich schämt sich für Van der Bellen, wahrscheinlich!) – Ganz einfach: Für Sie brauchen wir nicht einmal ein eigenes Flugzeug. Sie verdienen als Klubobmann so viel, Sie können sich das One-Way-Ticket leisten. Gehen Sie woanders hin – vielleicht in den Kosovo, wo Sie noch nicht waren! Wenn Sie Österreich zum Genieren finden und wenn Sie dieses Land und diese Menschen nicht mehr wollen, dann verlas-
sen Sie es ganz einfach! (Abg. Dr. Van der Bellen: Das würde Ihnen so passen!) Das wäre eigentlich die Lösung, die Sie wählen können. Dann brauchen Sie sich auch nicht mehr zu genieren! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Van der Bellen: Soll ich vielleicht eine Reichsfluchtsteuer auch noch zahlen an Sie?)
Die Frau Dritte Präsidentin Glawischnig kommt daher und vergleicht einen Minister, der Gesetze umsetzt, mit den blutrünstigen Gladiatorenspielen in der Zeit des Kaisers Nero: „Daumen rauf, Daumen runter“. Die Frau Weinzinger hat es heute auch vom Rednerpult aus gemacht. Wissen Sie, was das alles bedeutet, was Sie da aufführen? Wissen Sie, was „Daumen runter“ war? – Rübe ab! Das war bei den Gladiatorenkämpfen Kopfabschlagen und Umbringen! Und das vergleichen Sie mit einem Innenminister, der ein Gesetz umsetzt?! – Das ist schäbig und niederträchtig, und Sie sollten sich dafür entschuldigen, Frau Kollegin Glawischnig! Das brauchen wir hier nicht! (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)
Und jetzt eine besondere Ausformung: Da gibt es die Frau Abgeordnete Petrovic im Burgenland – jetzt kommt es! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die ist in Niederösterreich!) –, die sich gestern zur Demonstration hingestellt und Folgendes bekannt hat: „Ja, ich gehöre zu denen, die mithelfen, Menschen zu verstecken, weil ich nicht anders kann!“
Wissen Sie, was das ist? – Das ist ein klassischer Fall von § 115 Fremdenpolizeigesetz: Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt. – Wenn der, den sie versteckt, auch noch eine Straftat begangen hat, sind wir schon beim § 299 StGB: Begünstigung eines Straftäters. Da ist das Strafausmaß noch viel höher. Und ich sage Ihnen etwas: Wir haben heute deshalb bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige eingebracht, weil das nicht sein kann, dass eine gewählte Mandatarin dieses Landes zu einem Gesetzesbruch aufruft, diesen auch vorlebt und damit eigentlich das schlechteste Beispiel für gesetzestreue Menschen in diesem Land ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)
Und dann kommt der Herr Van der Bellen und Ihre ganze Gruppe, und wissen Sie, als was Sie sich hier betätigen? – Sie machen das Geschäft – symbolisch – einer politischen Schlepperbande im Hohen Haus – das sind Sie in Wirklichkeit! –, die die Menschen hereinholen will. Und Ihr Ziel, der dritte Punkt Ihres Antrages fehlt noch: Machen wir den Kosovo zum zehnten Bundesland Österreichs! – Das wäre vielleicht die Lösung. Das wäre endgültig eine Lösung: Holen wir sie alle herein! Alle herein – das ist Ihr Ziel –, koste es, was es wolle! Das ist eigentlich Ihr Ziel.
Und Mitleid wird geheischt! Alle haben so viel Mitleid! – Jetzt sage ich Ihnen einmal, was Mitleid bedeutet: Wer hat eigentlich Mitleid mit dem 24-jährigen Au-pair-Mädchen und der 40-jährigen Hilfsarbeiterin, die in Oberösterreich von zwei tschetschenischen Asylwerbern vergewaltigt worden sind? Wer hat eigentlich Mitleid mit den österreichischen Haushalten in der Steiermark, in Niederösterreich und Oberösterreich, die von einer 20-köpfigen Bande von Asylwerbern in den letzten Monaten ausgeraubt worden sind und um ihr Hab und Gut gebracht worden sind? Wer hat eigentlich Mitleid mit einem 19-jährigen Mädchen aus Baden, das von einem afghanischen Asylwerber vergewaltigt und geschlagen worden ist? Wer hat Mitleid mit den Opfern jener fünfköpfigen Asylwerberbande aus Moldawien, die 30 Einbrüche in einer Woche zustande gebracht hat? Wer hat mit diesen Österreicherinnen und Österreichern Mitleid, Frau Kollegin Weinzinger? Wo ist da Ihre Demonstration? Wo ist da Ihr Aufschrei?
Ich sage Ihnen, wir haben Mitleid, und wir werden künftig die Österreicherinnen und Österreicher beschützen, damit das nicht mehr so vorkommt, wie Sie das wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen. (Beifall beim BZÖ.)
Daher haben wir auch einen entsprechenden Entschließungsantrag ausgearbeitet, weil wir der Meinung sind, man muss sich in so einer Debatte auch den Problemen stellen, man muss auch Lösungen auf den Tisch legen. Und wir sind nicht dafür, dass man auf der einen Seite sagt: Alle abschieben!, und auf der anderen Seite sagt: Alle hereinlassen!, sondern es muss auch etwas dazwischen geben, nämlich für jene, die nicht straffällig sind, für jene, die sich integrieren wollen, für jene, die aufgrund von Behördenverzug und nicht aufgrund gefinkelter Anwälte hier sind. Für diese jawohl, für diese schon!
Es muss auch Folgendes geschehen: Es muss die Bevölkerung, das Umfeld der hier Lebenden – in der Schule, die Gemeinde – auch mit einbezogen werden, wenn es darum geht, zu fragen, ob so eine Familie – die in solchen Einzelfällen durchaus auch ein Härtefall sein kann – entsprechend integriert ist. Und sie muss sich auch verpflichten, gegenüber dem Staat ihre Pflichten einzuhalten.
Das sind unsere sechs Punkte. Wir sind die einzige Partei, die einen Sechs-Punkte-Katalog vorgelegt hat. Ich würde mir das an Ihrer Stelle genau anschauen, denn ich glaube, es sind vernünftige Forderungen, Herr Innenminister, die auch einfließen können, denn eines gefällt mir schon auch nicht: dass einfach eine Person oder ein Ministerium allein entscheidet. Es sollte hier bessere Richtlinien geben. Wir wollen Ihnen da ein Instrument in die Hand geben, haben diese sechs Punkte in einen Entschließungsantrag verpackt, und ich bringe diesen hiermit ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Kollegin und Kollegen betreffend Legalisierung voll integrierter, langjährig in Österreich lebender unbescholtener Ausländer bei gleichzeitiger Beibehaltung des strengen Asyl- und Fremdenrechts
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzesvorschlag zu übermitteln, der ohne Lockerung der strengen asyl- und fremdenrechtlichen Regelungen für einzelne Härtefälle nach Ermessen eine Aufenthalts- beziehungsweise Niederlassungsbewilligung ermöglicht,“ (Abg. Strache: Jetzt seid ihr doch für das Bleiberecht?!) „wenn nach einer strengen zentralen Einzelfallprüfung eine vollständige und vorbildliche langjährige Integration gemäß den oben angeführten Kriterien gegeben ist.“ (Abg. Strache: Ein BZÖ-Bleiberechtsantrag! – Ihr macht ja genau das Gegenteil ...!)
*****
Das ist verantwortungsvoll! Das ist eine Einzelfallprüfung – keine Gesetzesänderung (Abg. Strache: Das ist ein BZÖ-Bleiberechtsantrag!): Strenges Gesetz, strenges Asylrecht, keine neue Zuwanderung! Aber wir müssen auch darauf schauen, dass wir bei den Härtefällen diejenigen erwischen, die wir hier haben wollen, und nicht jene, die im Land bleiben, so wie das bei Ihnen bei der generellen Bleiberechtsforderung der Fall wäre. Denn dann würden wir alle, die sich nicht an Gesetze halten, alle, die sich nicht integrieren wollen, und alle, die wir hier nicht haben wollen, auch im Land behalten. Und diese Differenzierung, die machen wir als verantwortungsvolle Partei! Wir schreien nicht: Alle raus!, aber wir wollen auch nicht die Falschen herinnen lassen.
Das ist eine verantwortungsvolle Politik, und ich bin davon überzeugt, dass, wenn dieser Antrag durchgesetzt und umgesetzt werden würde, nicht 4 000 Familien im Land bleiben würden, sondern wesentlich weniger. Caritas-Direktor Küberl hat einmal gesagt, es handelt sich um 100 bis 200, die tatsächlich integriert sind, die kein Verbre-
chen begangen haben und die auch entsprechend bereit sind, für das Gemeinwohl in diesem Land etwas zu leisten. Jawohl, da sind wir dafür – aber wir wollen keine Neuzuwanderung, wir wollen keine Verbrecher und keine Nicht-Integrationswilligen, wie Sie das wollen, im Land haben. Da sind wir strikt für die Einhaltung der Gesetze, strikt auch gegen den Misstrauensantrag, den wir auch nicht unterstützen werden. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
13.46
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der soeben von Herrn Klubobmann Westenthaler eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Kollegin und Kollegen
eingebracht im Zuge der dringlichen Debatte zu dem dringlichen Antrag „Bleiberecht für Integrierte“ (393/A(E))
betreffend Legalisierung voll integrierter, langjährig in Österreich lebender unbescholtener Ausländer bei gleichzeitiger Beibehaltung des strengen Asyl- und Fremdenrechts
Immer wieder gelangen Fälle an die Öffentlichkeit, in denen österreichische Bürger Ausländer, die eigentlich abgeschoben werden müssten, bei ihren Bemühungen um ein Bleiberecht tatkräftig unterstützen, weil sie kein Verständnis dafür haben, dass die an sich notwendige Härte der Gesetze auch für Ausländer ausnahmslos angewendet wird, die seit vielen Jahren in Österreich leben und hier voll integriert sind: Asylwerber finden während der (nicht von ihnen mutwillig herbeigeführten) überlangen Verfahrensdauer in Österreich eine neue Heimat, lernen rasch und gut Deutsch, wachsen voll in das gesellschaftliche Leben hinein und werden von ihren österreichischen Nachbarn als Freunde betrachtet. Als Kinder eingereiste oder schon seit Jahren in Österreich lebende Ausländer absolvieren hier erfolgreich ihre Schulausbildung, arbeiten legal, sind gesetzestreu und haben sich voll integriert, werden aber aufgrund eines geringfügigen Vergehens zu Illegalen und sollen Österreich verlassen, obwohl sie zu ihrem Herkunftsland kaum oder gar keine Beziehungen mehr haben. In diesen – wenigen – Härtefällen zeigt die Bevölkerung durch ihr Eintreten für die Betroffenen, dass hier nicht die vom Innenminister angekündigte sture Exekution des geltenden Rechts, sondern ein Honorieren der eigenständigen Integrationsleistung gefragt ist und Abschiebungen auf kein Verständnis stoßen.
Jüngste Beispiele hierfür sind die medial stark begleiteten Fälle der flüchtigen 15-jährigen Arigona Zogaj aus Frankenburg, der unbescholtenen Familie Milici aus der steirischen Gemeinde Peggau und der Familie Zeqaj aus dem niederösterreichischen Wieselburg mit ihrem ebenfalls flüchtigen 17-jährigen Sohn Denis.
Das BZÖ hat diese Problematik frühzeitig erkannt und versucht mittels eines entsprechenden Entschließungsantrages im Mai dieses Jahres zu lösen. Der Lösungsansatz wurde allerdings durch die anderen im Parlament vertretenen Parteien teilweise wider besseres Wissen vereitelt.
Durch eine Honorierung herausragender Integrationsleistungen können künftig derartige Härtefälle vermieden werden ohne den Zweck des Fremdenrechts auszuhöhlen oder einen zusätzlichen Zuwanderungsanreiz zu geben. Angesichts einer vom Verfassungsgerichtshof angedrohten Legalisierung zehntausender Asylwerber nur aufgrund
überlanger Verfahren könnte damit auch signalisiert werden, dass eine Verfahrensverschleppung nicht honoriert wird.
Die Antragsteller halten es auch weiterhin für wünschenswert, die wenigen Härtefälle durch eine gesetzliche Einzelfallprüfung aufzufangen. Diese Prüfung ermöglicht – ohne einen Rechtsanspruch zu gewähren – nach folgenden Kriterien die Legalisierung des Aufenthalts bzw. die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für in Österreich voll integrierte Ausländern:
1. Der ausländische Staatsbürger hält sich bereits seit mehr als fünf Jahren durchgehend in Österreich auf, wobei die lange Aufenthaltsdauer durch Behördenverzug verursacht ist.
2. Er und gegebenenfalls seine Familienangehörigen beherrschen die deutsche Sprache.
3. Er verdient – wenn er arbeiten darf – den Lebensunterhalt für sich und seine allenfalls in Österreich lebenden Familienangehörigen mit legaler Arbeit bzw. hat das (negativ abgeschlossene) Asylverfahren nicht mutwillig in Anspruch genommen oder verzögert.
4. Er ist unbescholten und es liegen bei keiner Behörde Hinweise darauf vor, dass das familiäre Zusammenleben nicht den in Österreich herrschenden Normen entspricht.
5. Er kommt seinen Verpflichtungen gegenüber dem Staat z.B. im Bereich der Steuerpflicht, der Beitragspflicht zur Sozialversicherung, der Schulpflicht etc. grundsätzlich ordnungsgemäß nach.
6. Die Wohnsitzgemeinde erteilt ihre Einwilligung und bestätigt gegebenenfalls gemeinsam mit der Schule bzw. dem Arbeitgeber die volle Integration in dem Sinne, dass der Betreffende nicht Teil einer Parallelgesellschaft ist, sondern z.B. durch Mitarbeit und Mitgliedschaft in gemeinnützigen Vereinen, in denen überwiegend Österreicher Mitglied sind, praktisch bewiesen hat, dass er auch gewillt ist, sich am gesellschaftlichen Leben voll zu beteiligen, dass er die gemeinsamen Werte der österreichischen Gesellschaft und die österreichische Rechtsordnung kennt, diese vorbehaltlos akzeptiert, und auch gewillt ist, diese Haltung seinen Familienangehörigen weiterzugeben.
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang erneut nachstehenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzesvorschlag zu übermitteln, der ohne Lockerung der strengen asyl- und fremdenrechtlichen Regelungen für einzelne Härtefälle nach Ermessen eine Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung ermöglicht, wenn nach einer strengen zentralen Einzelfallprüfung eine vollständige und vorbildliche langjährige Integration gemäß den oben angeführten Kriterien gegeben ist.“
*****
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Mag. Darabos zu Wort gemeldet. Die Redezeit stelle ich auf 10 Minuten ein. – Herr Bundesminister, Sie sind am Wort. (Abg. Mag. Brigid Weinzinger – in Richtung Bundesminister Mag. Darabos –: Menschliches Fremdenrechtspaket, oder
wie war das? – Abg. Scheibner: Wieso ist der Innenminister „grauslich“? Kann mir das wer erklären, Herr Bundesminister?)
13.47
Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich glaube, dass die Debatte in den letzten Minuten, würde ich einmal sagen, an Emotionalität zugenommen hat, und ich würde für eine Versachlichung der Debatte plädieren. (Abg. Scheibner: Da sind Sie gerade der Richtige!) Wenn ich auf der einen Seite vom Klubobmann der Grünen höre, dass es eigentlich auch darum gehen soll, Wirtschaftsflüchtlinge in Österreich aufzunehmen, so ist das nicht unsere Position. Wenn ich auf der anderen Seite vom Klubobmann des BZÖ höre, dass alle Asylwerber offensichtlich Kriminelle seien, so ist das auch nicht unsere Position. (Ruf: ... nicht gesagt!) Und das bestärkt mich darin, dass unsere Position die richtige ist, nämlich Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit zu vermitteln – und das ist eigentlich die zentrale Frage in der Asylpolitik. (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist aus meiner Sicht keine Frage: Das Schicksal von gut integrierten Asylwerbern, die abgeschoben worden sind oder abgeschoben werden sollen, bewegt die Menschen in unserem Land. Es bewegt die öffentliche Meinung, und es bewegt folgerichtig auch die Politik. Durch die öffentliche Diskussion, dadurch, dass ehemals anonyme Asylwerber quasi ein Gesicht bekommen, wird klar, dass hinter jedem Fall, hinter jedem Akt auch persönliche Schicksale stehen. Ich selbst komme aus einer Region, aus dem Burgenland, wo nach dem Krieg in Ex-Jugoslawien innerhalb kürzester Zeit Hunderte Familien problemlos integriert werden konnten, vorwiegend Kroaten aus Kroatien, aber auch bosnische Kroaten. Diese Integration hat bestens funktioniert, weil es auch die Möglichkeit zu dieser Integration gegeben hat.
Ich möchte schon die Frage stellen – denn das war ja offensichtlich der Sinn dieser heutigen Debatte –: Warum bewegt der Fall Zogaj, der ja nur einer der Anlassfälle für die heutige Debatte sein sollte, die Öffentlichkeit? – Ich sage es ganz offen: Nicht, aus meiner Sicht, weil die Menschen in diesem Land einen völligen Wegfall gesetzlicher Kriterien für die Einleitung von Asylverfahren und die Gewährung von Asyl in Österreich wollen (Abg. Strache: 60 Prozent wollen eine Verschärfung!), nicht, weil die große Mehrheit der Menschen in unserem Land ungezügelte und unkontrollierte und von jeglichen gesetzlichen Schranken befreite Zuwanderung haben möchte, und auch nicht, weil man ein uneingeschränktes Bleiberecht befürwortet.
Der Fall Zogaj und einige ähnliche Fälle bewegen deshalb, weil offensichtlich in diesen Fällen ein Maß an Integration erreicht wurde, aufgrund dessen die Menschen in unserem Land die Abschiebung als ungerecht, ja auch als unmenschlich empfinden.
Da liegt der Kern der Problematik – Frau Kollegin, nicht beim Fremdenrecht! (Zwischenruf der Abg. Mag. Brigid Weinzinger.) – Ich komme darauf zu sprechen. Da liegt der Kern der Problematik, nicht beim Fremdenrecht 2005! Das wissen Sie besser als ich. Das ist etwas, was ich Ihnen vorwerfe: Sie haben uns öfters Linkspopulismus vorgeworfen – das ist eine populistische Forderung! (Zwischenruf der Abg. Mag. Brigid Weinzinger.) Sie wissen ganz genau, dass das Fremdenrecht 2005 mit dem Fall Zogaj nichts zu tun hat! (Abg. Brosz: Dem kann man viel vorwerfen, aber „links“ sicher nicht!)
In einem hochentwickelten Staat wie Österreich muss es möglich sein und ist es aus meiner Sicht geradezu zwingend, dass diese Rechtsstaatlichkeit mit Menschlichkeit verbunden wird. Auf die Politik bezogen heißt das aus meiner Sicht nicht mehr und nicht weniger, als dass wir klare Rahmenbedingungen für den Erhalt von Asyl in Österreich und einen humanen und menschlichen Vollzug brauchen. Das heißt für mich aber
auch ganz klar: kein Abgehen von gesetzlich normierten, klar nachvollziehbaren Kriterien für Asyl, aber auch Zuwanderung.
Bevor ich noch einmal zum Kern des Problems zurückkehre, lassen Sie mich mit dieser Legende aufräumen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Das Fremdenrecht 2005 hat aus meiner Sicht sogar eine Verbesserung im Bereich des Bleiberechts herbeigeführt, weil es klarere Kriterien vorgibt – der Innenminister hat es schon angesprochen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Genauso ahnungslos wie der Innenminister!) Es gibt über die Landeshauptleute die Möglichkeit, zum Innenminister vorzudringen und ein humanitäres Bleiberecht zu erwirken.
Ich sage in diesem Kreis offen: Die sozialdemokratische Regierungsfraktion hat im Rahmen der Regierungsverhandlungen auch angeboten, den Landeshauptleuten diesbezüglich noch mehr Mitspracherechte zukommen zu lassen. Zum damaligen Zeitpunkt haben die Landeshauptleute dieses Ansinnen (Abg. Parnigoni: Abgelehnt!), diese Ausweitung ihrer Kompetenzen abgelehnt.
Es ist so, dass der Fall Zogaj erst dadurch sozusagen diese Prominenz erhalten hat, dass man diese Asylwerber über Jahre – das ist kein Vorwurf an die Politik im Allgemeinen, aber doch an die politische Praxis in den letzten Jahren – im Ungewissen gelassen hat, was ihre Asylansuchen betrifft. (Abg. Rosenkranz: Das ist ja falsch! Das stimmt ja gar nicht! – Abg. Scheibner: Sie haben Ihrem Minister nicht zugehört!) Aus meiner Sicht liegt hier der Schlüssel zur Problemlösung: rasche, sehr rasche Asylverfahren schaffen Sicherheit – Sicherheit für die Betroffenen, Sicherheit aber auch für den Staat. (Abg. Dr. Bösch: Er hat nicht zugehört bei der Debatte vorher! Sind Sie überhaupt in der gleichen Regierung? – Das stimmt ja nicht, was er sagt!)
Vereinfacht ausgedrückt: Jeder, der in Österreich um Asyl ansucht, muss innerhalb kürzester Zeit wissen, Herr Kollege, ob er dieses Asyl beanspruchen kann oder nicht. Wenn er es beanspruchen kann, dann soll er hier auch integriert werden. Wenn er es nicht beanspruchen kann, dann soll er relativ rasch wissen, dass er das Land wieder verlassen muss. Das hat nichts mit Unmenschlichkeit zu tun, sondern mit einem klaren, auch politischen Auftrag, was die Abwicklung von Asylverfahren in Österreich betrifft. (Beifall bei der SPÖ.) Bekommt er Asyl, ist er herzlich willkommen. Bekommt er es nicht, weiß er, dass er rasch das Land verlassen muss.
Deswegen – das möchte ich heute schon noch einmal in Erinnerung rufen! – haben wir als sozialdemokratische Fraktion in diesem Haus, als ich noch Abgeordneter war, aber auch dann, als ich Minister wurde, die Schaffung eines Asylgerichtshofes verlangt. Wir haben uns vor über zweieinhalb Jahren darauf verständigt, diesen Asylgerichtshof zu schaffen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist schon sehr lange her! Vieles weitergegangen!)
Das mag technisch klingen, Frau Abgeordnete Glawischnig, aber der Asylgerichtshof bringt aus meiner Sicht Sicherheit, eine klare und rasche Abwicklung der Verfahren, und zwar in einem Ausmaß, wo die Leute eben innerhalb kurzer Zeit wissen, ob sie bleiben können oder nicht. Deswegen muss dieser Asylgerichtshof auch raschest verwirklicht werden. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Was heißt denn „rasch“? Weitere zweieinhalb Jahre warten?)
Ich habe das mit der leider viel zu früh verstorbenen Ministerin Prokop verhandelt, und es ist politisch eigentlich außer Streit gestanden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Hauser.) Ich habe das in den Regierungsverhandlungen auch mit meinem Amtsvorgänger in der Funktion des Verteidigungsministers, Günther Platter, ausverhandelt, und es steht jetzt auch politisch außer Streit.
Wir müssen das rasch umsetzen, denn dieser „Rucksack“ von 30 000, 40 000 Verfahren führt eben dazu, dass sich Menschen integrieren und dass die Integration dann als
Grundlage für eine Diskussion herhalten muss, die wir heute haben. (Abg. Mag. Hauser: Aber das Asyl wurde ja abgelehnt!) Und das ist nicht gut: weder für die Rechtsstaatlichkeit des Staates Österreich noch für das menschliche Antlitz unseres Staates noch für die Betroffenen.
Ganz einfach – es mag trivial klingen –: Asylgerichtshof heißt Rechtssicherheit, heißt rasche Verfahren, heißt Durchziehen der Verfahren und heißt auch klare Asylgesetzgebungen, die dann für die Betroffenen zu gelten haben – mit allen Konsequenzen, positiv oder negativ.
Ich möchte Ihnen schon auch Folgendes vor Augen führen, weil die Diskussion in den letzten Tagen sehr emotional geführt wurde – ich verstehe das; wenn es um Einzelfälle geht, wenn sich ein Mädchen versteckt, wenn ein Mädchen mit Selbstmord droht, dann ist klar, dass die Emotionen hochgehen und dass sich die öffentliche Meinung auch dieses Falles annimmt –: Es gab in Österreich eine Anerkennungsquote bei den Asylsuchenden von über 20 Prozent. Im rot-grünen Deutschland – ich sage das bewusst, Herr Kollege Van der Bellen – gab es im gleichen Zeitraum eine Anerkennungsquote von 1,8 Prozent! (Ruf bei der ÖVP: Schau!) In Tschechien gibt es eine Anerkennungsquote von 2 Prozent. In unserem Nachbarstaat Slowakei gibt es eine Anerkennungsquote von 0,9 Prozent. Das sind Fakten. (Abg. Strache: Das ist leider viel zu hoch!) Ich bewerte diese Fakten nicht, ich möchte nur sagen: Österreich hat kein unmenschliches Antlitz, sondern ist im Asylbereich europaweit durchaus eine führende Nation.
Wenn man sich die Frage des humanitären Aufenthaltes noch genauer anschaut, dann sieht man, dass der heute von den Regierungsparteien eingebrachte Entschließungsantrag richtig ist. Es ist richtig, den humanitären Aufenthalt an gewisse Kriterien zu knüpfen, wie beispielsweise Opfer eines bewaffneten Konfliktes in seinem Heimatstaat zu sein, Opfer von Gewalt in der Familie zu sein, sonstige besondere berücksichtigungswürdige Gründe, wie insbesondere der Grad der Integration – und das ist genau dieser Fall Zogaj – und bestehende familiäre Bindungen laut § 8 der Menschenrechtskonvention.
Ich glaube, wenn wir das umsetzen, dann sind wir einen Schritt weiter und dann kann das, was wir als Sozialdemokraten wollen, auch umgesetzt werden, nämlich Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit zu verbinden. (Beifall bei der SPÖ.)
13.57
Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.
13.57
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren im Nationalrat! Ich möchte zuerst einen Satz zur Sicherheitssituation im Kosovo sagen. (Abg. Ing. Westenthaler: „Daumen rauf, Daumen runter!“ – Abg. Mag. Kukacka: Entschuldigung! Entschuldigen Sie sich!) Es gab im Juni eine geplante Reise des Landesverteidigungsausschusses, in dem alle Parteien vertreten sind, denke ich. Diese Reise wurde aus Sicherheitsgründen im Juni 2007 abgesagt. Das heißt, für österreichische Parlamentarier zu unsicher, für Volksschulkinder im Alter von acht und neun Jahren absolut sicher! Bravo! Bravo, Kollegen vom BZÖ und von der FPÖ! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)
Herr Klubobmann Schüssel, ich greife jetzt auf einen Kommentator zurück, der diese Woche Folgendes geschrieben hat:
„Am 27. Mai 2003 hielt der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Wiener Stephansdom“ vor einem internationalen kirchlichen Kongress „eine Rede, in der er
sich zu einer ‚Politik in christlicher Verantwortung‘ bekannte. Das Recht auf Leben, auf Familie und Ehe sei in der heutigen Welt bedroht.“
Und weiters: „Daher sei das ‚Sich-Einmischen der Christen gefordert‘.“ (Abg. Dr. Stummvoll: Ja!) – Ja, ja. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)
Eine aktive Christin war gestern bei der Demonstration der Grünen anwesend, nämlich die Präsidentin der Katholischen Aktion, Luitgard Derschmidt, die sagte: „Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“ – Ich glaube, es ist Ihnen höchst unangenehm, dass es in Oberösterreich nicht Ute Bock war, die Arigona versteckt hat, sondern dass es ein kirchlicher Mann war, dass es ein Pfarrer war. (Abg. Strache: Ihr regiert ja dort mit der ÖVP! Tretet ihr jetzt aus der Koalition aus? – Abg. Dr. Graf: Warum hat der Anschober nichts unternommen?)
Ich denke, das beschreibt genau Ihr Dilemma, Herr Klubobmann Schüssel. Es ist für Sie überhaupt keine Überlegung wert, ob es auch eine gesellschaftliche Verantwortung – nämlich von unserer Gesellschaft! – für acht- und neunjährige Kinder gibt, die sechs Jahre ihres Lebens hier verbracht haben. Es gibt eine gesellschaftliche Verantwortung für diese Kinder, gerade für Christen! Deswegen hat sie auch ein Pfarrer unterstützt.
Ich frage Sie, Herr Innenminister, noch einmal: Was wäre gewesen, wäre es Ute Bock gewesen, die Arigona versteckt hat? Würden Sie dann auch sagen, § 115 Fremdenpolizeigesetz gilt nicht? Das ist ein Offizialdelikt! Sie haben diesen Pfarrer genauso zu bestrafen, wie Sie Ute Bock bestraft hätten. Wie steht es denn jetzt mit Ihrer christlichen Einstellung? Was ist denn tatsächlich dieses Fremdenpolizeigesetz wert, wenn Sie es so anlassbezogen – und im Übrigen auch nicht gesetzeskonform – jetzt auf einmal auslegen?
Das beschreibt genau Ihr Dilemma, nämlich eine christliche Orientierung vorzuschützen, im Einzelfall aber extrem hartherzig, unchristlich vorzugehen und dann plötzlich vor dem Problem zu stehen, dass die Katholische Kirche und wesentliche Teile der Katholischen Kirche in Österreich – Geistliche und viele Menschen, die christlich orientiert sind – genau diese Politik zu 100 Prozent ablehnen und sich christlich verhalten – und nicht so wie der Innenminister. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Es gibt leider auch genügend Christen, die ...!)
Noch einmal zurück zu den Zahlen: Sie haben auch davon gesprochen, dass die Zahl derer, denen humanitärer Aufenthalt gewährt wurde, größer geworden ist. Diese Zahlen kann ich nur in die Esoterik verweisen, diese 800 Fälle von diesem Jahr. Ich beziehe mich auf die offizielle Statistik des Bundesministeriums für Inneres: Es waren im Jahr 2003 1 575 Fälle, es waren im Jahr 2006 206 Fälle, und es sind heuer ungefähr 250 Fälle. Die Zahl 800 ist entweder frei erfunden, oder Sie rechnen die Verlängerungen mit hinein. Bleiben wir bitte am Boden der Statistik des Innenministeriums! (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)
Jetzt zur SPÖ: Geschätzter Herr Klubobmann Cap, Sie versuchen irgendwie eine Gratwanderung, indem Sie einerseits nicht einmal eine kleine Einfallstür für die FPÖ und das BZÖ offen lassen – Kriminelle lehnen wir ab und so weiter, das waren Ihren ersten Sätze. Menschlichkeit kam erst danach!
Sie sagen jetzt, nach zweieinhalb Jahren: Unsere Bedingung für die Zustimmung zu diesem Fremdenrechtspaket ... – Übrigens hat Norbert Darabos damals gesagt: „Wir verabschieden hier gemeinsam ein Paket, das einen humanen und fairen Umgang mit Asylwerbern vorsieht.“ – Damals gab es Dutzende kritische Stimmen von Juristen/Juristinnen, von den NGOs, die sagten, das werde Härtefälle am laufenden Band produ-
zieren! Und so war es auch! (Abg. Strache hält eine Tafel in die Höhe mit der Aufschrift: „Österreich ist nicht erpressbar. Abschub statt Aufschub“.)
Sie sagen heute: Der Asylgerichtshof wird alles retten. – Eine kleine Anmerkung erlauben Sie mir schon: Das war im Jahr 2005! Wenn Ihnen das wirklich wichtig gewesen wäre, wenn Sie wirklich das als das Projekt gesehen hätten, das man braucht, um den Umgang mit Asylwerbern menschlich zu machen, das Ganze schnell und rasch zu machen, dann frage ich Sie, wieso es bis zum heutigen Tag nicht einmal das Tüpfelchen auf dem i gibt, nicht einmal einen einzigen Beistrich zur Errichtung dieses Gesetzes. Ich weiß, die ÖVP ist immer an allem schuld! Aber glauben Sie mir: Irgendwann einmal müssen Sie auch Verantwortung für das übernehmen, was Sie in der Regierung tun – irgendwann einmal! (Beifall bei den Grünen.)
Die Verfassungs-Arbeitsgruppe tagt seit Monaten, hat schon ein Paket ins Parlament geschickt, wir haben schon eine Verfassungsreform beschlossen, das zweite Paket ist fertig, aber vom Asylgerichtshof gibt es bis zum heutige Tag gar nichts, absolut gar nichts! Und bei dem Klima, das Sie in der Koalition haben, garantiere ich Ihnen, dass Sie fähig sind, jahrelang darüber zu streiten, wie die Richter ernannt werden, wo dieser angesiedelt wird und so fort. Da fallen Ihnen sicher noch Dutzende Punkte ein, wo sich die Koalition wieder nicht einigen kann. (Abg. Strache: So wie die Grünen im Oberösterreichischen Landtag mit der ÖVP gemeinsam! – Abg. Dr. Pilz: Parteibuch!)
Jetzt noch einmal zu Ihnen, Herr Innenminister Platter. Sie brüsten sich ja so mit dem Rückgang der Asylentscheidungen und so weiter. (Abg. Dr. Stummvoll: Entschuldigung! Entschuldigung für „Nero“!) Etwas muss ich Ihnen schon noch vor Augen halten – bleiben wir ein bisschen auf dem Boden der Tatsachen! (Abg. Dr. Stummvoll: Der Nero war’s!) –: Der Rechungshofbericht aus dem Jahre 2007. (Abg. Dr. Schüssel: Nero!)
„Bis zur Gebarungsüberprüfung verfügte das BMI über keine – das gesamte Asyl- und Fremdenwesen umfassende – Analyse und Problemsicht, was durch die Vielzahl beteiligter Organisationseinheiten“, „die mangelnde Verlässlichkeit vorhandener Daten sowie die nur in Einzelfällen stattfindende Darstellung von Entwicklungszyklen bedingt war.“ Dadurch ist für die Betroffenen des Verwaltungshandelns und auch für die Beteiligten nicht klar, welche Auswirkungen ihr Handeln hat. – Das schreibt der Rechnungshof im Jahre 2007. Das ist eine vernichtende Bilanz Ihrer Arbeit! (Abg. Dr. Stummvoll: Was ist mit Nero? Erklären Sie uns den Zusammenhang zwischen Platter und Nero!)
Wenn Sie jetzt behaupten, dass die Verfahren beschleunigt wurden, dann muss ich Ihnen sagen: Nichts wurde beschleunigt! Seit dem Fremdenrechtspaket haben wir im Wesentlichen nicht mehr abgearbeitet als vor dem Fremdenrechtspaket. Das heißt, die Verfahren sind überhaupt nicht schneller geworden, Herr Innenminister Platter! (Abg. Dr. Stummvoll: Entschuldigung bezüglich Nero!) Ich frage Sie: Was haben Sie denn eigentlich geleistet als Innenminister, wenn Sie gesagt haben, es ist uns allen so wichtig, schneller und fairer abzuwickeln? – Nichts ist schneller geworden. Wenn wir mit dem Tempo weitermachen, dann sind die 30 000 Asylansuchenden, die jetzt den „Rucksack“ darstellen, noch weitere 10 Jahre lang in Österreich, dann sind mittlerweile Familien 20 Jahre lang in Österreich. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.) Wollen Sie die dann auch abschieben, oder was? (Abg. Dr. Schüssel: Sie haben noch 20 Sekunden Zeit, um sich von der Aussage betreffend Nero zu distanzieren! – Abg. Dr. Stummvoll: Distanzieren Sie sich!)
Herr Innenminister, daher bringe ich den Entschließungsantrag ein:
Der Nationalrat wolle beschließen, Ihnen das Vertrauen zu versagen. (Beifall bei den Grünen.)
Wissen Sie, was ich geschmacklos finde? – Dass Sie Details aus dem Familienleben der betroffenen Familien auf der Homepage des Innenministeriums veröffentlichen. (Abg. Strache: Illegale! Straftäter!) Wissen Sie, wie Sie das veröffentlichen? – Ich bitte Sie alle einmal, sich das anzuschauen! Ich meine, da kann man gleich Urlaubsprospekte anschauen. Da sieht man: Falldarstellung der gesamten Familie, ohne Einverständnis dargestellt, dahinter wunderschöne Villen. Wie ein Urlaubsprospekt sieht das aus! Und das hat angeblich der österreichische Verbindungsbeamte im Kosovo gemacht. Wofür wird der bezahlt? – Für Fotosafaris im Kosovo! Herr Innenminister, das ist wirklich geschmacklos. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Frau Präsidentin! Der Antrag ist falsch eingebracht!)
14.04
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Kollegin Glawischnig-Piesczek, Sie haben den Entschließungsantrag nicht ordnungsgemäß eingebracht. (Rufe bei BZÖ, FPÖ und ÖVP: Oje, oje! – Abg. Ing. Westenthaler: Man muss schon wissen, wie man einen Antrag einbringt!) Ich ersuche Sie, ihn auch im Wortlaut genau einzubringen.
Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Parnigoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.
14.05
Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Ich darf Frau Präsidentin Glawischnig darauf hinweisen, dass diese Reise in den Kosovo, mit der sie die Unsicherheit im Kosovo begründet hat, lediglich verschoben worden ist und am 22./23. Oktober stattfinden wird. Welche Unsicherheit soll es dort geben, liebe Frau Präsidentin? – Das möchte ich einmal klarstellen. (Beifall bei der SPÖ.)
Für Sie wiederhole ich gerne unsere Position: Wir sind gegen illegale Einwanderung. Wir sind für geordnete Zuwanderung. Wir sind für die Bekämpfung der Kriminalität, und wir sind auch dafür, dass Straftäter abgeschoben werden. Wir sind gegen eine generelle Amnestie, und wir sind auch gegen ein generelles Bleiberecht. Wir halten das nicht für geeignet, die Probleme zu lösen. Wir glauben, dass die Entscheidung im Einzelfall zu treffen ist.
Wenn wir heute hier Einzelschicksale diskutieren, die uns alle bewegen – gar keine Frage! –, dann müssen wir, wie schon oft gesagt wurde, auch darauf hinweisen, wie das entstanden ist. Ganz einfach dadurch, dass wir über viele Jahre zu wenig Personal in der ersten und zweiten Instanz im Bereich der Asylverfahren gehabt haben und dass daher der „Rucksack“ angewachsen ist.
Ich begrüße es daher sehr, dass der Bundeskanzler nunmehr das Versprechen von Liese Prokop einlöst und dafür sorgt, dass der einstimmige Beschluss des Nationalrates vom 7.7.2005 umgesetzt wird, nämlich diesen Asylgerichtshof mit einer entsprechenden Ausstattung in der ersten Hälfte des Jahres 2008 in Aktivität zu versetzen, damit wir zu dieser gewünschten und notwendigen Beschleunigung der Asylverfahren kommen, um einerseits diesen „Rucksack“ abzubauen und andererseits die Unsicherheit der Betroffenen abzulegen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte auch zum Thema „humanitärer Aufenthalt“ etwas sagen. Natürlich haben wir aufgrund dieser langen Verfahren nunmehr eine Reihe von Asylwerbern, die sich integriert haben, die lange hier sind. Da müssen wir einzelfallbezogene Lösungen finden.
Wenn Bundesminister Ernst Strasser, von dem man mir nicht nachsagen kann, dass er mein besonderer Freund war, den ich immer für einen Hardliner gehalten habe, im Jahr 2003 bereits 1 575 Akte des humanitären Aufenthalts gesetzt hat, dann bitte, Herr Bundesminister Platter, kann es ja keine Frage sein, wenn wir jetzt etwa 3 000 Fälle
von Asylverfahren haben, die länger als fünf Jahre dauern, dass man diese 3 000 Fälle nicht im Rahmen des humanitären Aufenthaltes relativ rasch, ohne besondere Probleme erledigen kann! Wenn Strasser 1 600 Fälle in beinahe einem Jahr geschafft hat, dann geht das sicher auch, wenn Sie sich da besonders anstrengen. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist ein „kleiner“ Unterschied!) Unter Berücksichtigung des Kriterienkataloges kann man das sehr rasch abarbeiten. 77 Fälle dauern länger als zehn Jahre: Ich glaube, das sind Dinge, die man nicht so im Raum stehen lassen kann.
Wir, der Nationalrat, wollen Sie dabei unterstützen, Herr Bundesminister. Ich bringe daher folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Parnigoni, Dipl.-Ing. Missethon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Asyl, humanitäres Aufenthaltsrecht und Fremdenrecht
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Nationalrat begrüßt die Erarbeitung eines Kriterienkatalogs für die Gewährung eines humanitären Aufenthaltsrechts sowie die Einbindung von Ländern und Gemeinden in die Entscheidungsfindung. Bei diesen Überlegungen geht der Nationalrat davon aus, dass rasche Entscheidungen in Asylangelegenheiten dazu beitragen können, Härtefälle von Vorneherein zu vermeiden.
In diesem Sinn wird der Bundesminister für Inneres zunächst ersucht, im Sinne der Beratungen der Landeshauptleutekonferenz vom 4. Oktober 2007 so rasch wie möglich im Einvernehmen mit den Landeshauptleuten die auf Grund langjährigen Aufenthalts oder eines besonders hohen Integrationsgrades möglichen humanitären Problemfälle festzustellen und mit Hilfe des gemeinsam erarbeiteten Kriterienkatalogs einer Prüfung zu unterziehen.
Die Bundesregierung wird ferner ersucht, für die weitere rasche und präzise Erledigung von offenen Asylverfahren ein Asylgericht ehest möglich, jedoch spätestens bis zum Juli 2008, zu installieren und personell und materiell entsprechend auszustatten, um eine Beschleunigung der Verfahren und einen Abbau der Rückstände möglichst bis Ende der laufenden Gesetzgebungsperiode sicher zu stellen.
*****
Eine Anmerkung noch zu diesem Kriterienkatalog: Den Sozialdemokraten ist dabei besonders wichtig, dass auf die Familiensituation, insbesondere auf die Kinder, die eine österreichische Schule besuchen, auf die Sprachkenntnisse, insbesondere Kenntnisse der deutschen Sprache, auf die Kenntnisse und die Akzeptanz der österreichischen und europäischen Werte, auf die beruflichen Aussichten, auf die Vernetzung innerhalb der österreichischen Gesellschaft und natürlich auch auf die strafrechtliche Unauffälligkeit Bedacht genommen wird.
Ich denke, dass wir, wenn wir diesen Entschließungsantrag beschließen, einen Beitrag dazu leisten, dass die Verfahren schneller über die Bühne gehen und damit diese Unmenschlichkeit nicht eine derartige Dimension bekommen kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
14.10
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Parnigoni, Dipl.-Ing. Missethon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Asyl, humanitäres Aufenthaltsrecht und Fremdenrecht
Österreich verfolgt in seiner Fremdenpolitik ein klares Ziel: Die strikte Trennung von Asyl und Zuwanderung. Alle, die Schutz vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention brauchen, bekommen selbstverständlich Hilfe und Unterstützung in Österreich. Weiters steht außer Frage, dass Zuwanderung nur im geregelten Rahmen auf Grundlage unserer Gesetze stattfinden kann. Für sensible Fälle bietet das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz mit dem humanitären Aufenthalt Lösungsmöglichkeiten.
Für die Gewährung humanitären Aufenthalts hat der Bundesminister für Inneres gemeinsam mit den Bundesländern einen Kriterienkatalog erstellt. Dieser auf der Basis des geltenden Rechts erstellte Katalog regelt die Voraussetzungen für die Gewährung eines humanitären Aufenthalts und legt folgende Kriterien fest:
Opfer eines bewaffneten Konflikts in einem Heimatstaat (Massenflucht)
Zeuge oder Opfer von Menschenhandel oder Ausbeutung
Opfer von Gewalt in der Familie
Krankheiten, die auf Dauer nicht im Ausland behandelt werden können
Sonstige besonders berücksichtigungswürdige Gründe, wie insbesondere der Grad der Integration und bestehende familiäre Bindungen (Artikel 8 MRK)
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Antrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Nationalrat begrüßt die Erarbeitung eines Kriterienkatalogs für die Gewährung eines humanitären Aufenthaltsrechts sowie die Einbindung von Ländern und Gemeinden in die Entscheidungsfindung. Bei diesen Überlegungen geht der Nationalrat davon aus, dass rasche Entscheidungen in Asylangelegenheiten dazu beitragen können, Härtefälle von Vorneherein zu vermeiden.
In diesem Sinn wird der Bundesminister für Inneres zunächst ersucht, im Sinne der Beratungen der Landeshauptleutekonferenz vom 4. Oktober 2007 so rasch wie möglich im Einvernehmen mit den Landeshauptleuten die auf Grund langjährigen Aufenthalts oder eines besonders hohen Integrationsgrades möglichen humanitären Problemfälle festzustellen und mit Hilfe des gemeinsam erarbeiteten Kriterienkatalogs einer Prüfung zu unterziehen.
Die Bundesregierung wird ferner ersucht, für die weitere rasche und präzise Erledigung von offenen Asylverfahren ein Asylgericht ehest möglich, jedoch spätestens bis zum Juli 2008, zu installieren und personell und materiell entsprechend auszustatten, um eine Beschleunigung der Verfahren und einen Abbau der Rückstände möglichst bis Ende der laufenden Gesetzgebungsperiode sicher zu stellen.
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. 8 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.
14.10
Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Meine Herren Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf einleitend sagen, weil interessanterweise die Rede von Wolfgang Schüssel im Fernsehen nicht übertragen wurde – oder nur die Hälfte übertragen wurde –, ich hoffe doch, dass bei ÖVP-Politikern nicht das Bild ausgeschaltet wird. (Rufe bei der ÖVP: Rot-Funk!) Ich halte das nur eingangs fest. Ich hoffe, dass das nach den Ereignissen am Sonntag, wo uns auch nicht gestattet wurde, einen Stellvertreter für Günther Platter zu schicken, nicht System wird im ORF. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Wir haben ja gesagt: weg mit den Zwangsgebühren!)
Kollege Van der Bellen ist leider nicht im Saal, aber ich denke, er hat ein Bild über den Kosovo gezeichnet, das sich der Kosovo eigentlich nicht verdient. Es ist in den letzten Jahren dort gemeinsam mit der Europäischen Union – da hat sich die Republik sehr eingebracht – sehr, sehr viel geschehen. Es sind 100 000 Häuser neu gebaut worden, es sind viele Infrastrukturen neu aufgebaut worden.
Das, was Kollege Van der Bellen gesagt hat, stört mich deshalb ein bisschen, weil ich meine, dass wir nach dem Krieg wahrscheinlich in einer ähnlichen Situation waren. Meine Elterngeneration aber ist zurückgekommen und nicht davongelaufen. Und ich erwarte von den Kosovaren, die keine Asylgründe haben, dass sie zurückgehen und ihr Land mit unserer Hilfe aufbauen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Dass das durchaus funktionieren kann, zeigt dieses Bild (der Redner hält ein Foto in die Höhe, auf dem ein mehrstöckiges Haus zu sehen ist): ein wunderschönes Haus, dreistöckig – es gehört dem Bruder des Vaters der Familie Zogaj und steht im Moment leer. Ich denke, das Haus schaut nicht so aus, als wäre es abbruchgefährdet. Es ist ein ganz neues Haus.
Das ist möglich im Kosovo, wenn die Menschen zurückgehen. Es ist Wiederaufbau im Kosovo möglich, und man braucht dort die Hände und die hellen Köpfe der Kosovaren, damit gemeinsam mit uns dieses Land, das für Europa ein sehr wichtiges Land ist, wieder neu entsteht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)
Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte festhalten, dass ich sehr froh darüber bin, dass das Mädchen wieder da ist. Das ist die gute Nachricht des Tages. Ich danke auch dem Innenminister, dass er sich in den letzten Tagen auch nicht beeindrucken hat lassen, sondern dass er sehr genau geschaut hat, dass er hier eine klare Linie vorgegeben hat, und dass er natürlich diese Gesetze, die wir hier beschlossen haben, umsetzt. Das ist Auftrag dieses Hauses, geschätzte Damen und Herren! Auftrag dieses Hauses! (Beifall bei der ÖVP.)
Was der Herr Minister in dieser emotionalen Debatte – ob das jetzt die linke Hetze ist, geschätzte Damen und Herren der Grünen, oder die Hetze auf der anderen Seite, die bringen uns nicht weiter in diesen Fragen – braucht, sind ein kühler Kopf, eine klare Vorstellung von dem, was zu tun ist, und dass er einen menschlichen Weg geht! (Abg. Strache: Ein bisschen rückgratlos herumschwimmen, Herr Missethon!)
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, zum Bleiberecht. Wenn wir Tor und Tür öffnen wollen für die Schlepperbanden, dann machen wir das Bleiberecht! – Ich möchte das aber nicht, sage ich ganz offen dazu. (Beifall bei der ÖVP.)
Jene Länder, die die Asylgesetze nicht nachjustiert haben, sind heute Zielland für die internationale Schlepper-Kriminalität. Schauen Sie sich an, wie sich Schweden entwi-
ckelt! Wir haben hier mit einer Kriminalität zu tun, mit Schlepperbanden, geschätzte Damen und Herren, die ihr Radar sehr klar auslegen und schauen, wo es die weichsten Gesetze gibt, und dort wird die Kundschaft hingebracht. Darum ist für uns ganz klar: Das Fremdenrechtspaket und das Asylpaket werden keinen Millimeter aufgeschnürt! Hier gibt es eine ganz klare Position der ÖVP.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn immer so ein bisschen der Vorwurf mitschwingt, die Österreicher seien besonders unmenschlich, darf ich schon sagen ... (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Nicht die Österreicher, die Regierung! – Rufe bei den Grünen: Die Regierung!)
Es ist interessant, dass Sie sich gerade jetzt aufregen, wenn ich das sage! Wenn Sie diesen Vorwurf formulieren, geschätzte Damen und Herren, dann sage ich Ihnen: Wir haben im Jahr 2003 an die 30 000 Asylansuchen in diesem Land gehabt. Die USA mit 300 Millionen Einwohnern haben 50 000 Asylansuchen gehabt. Den Österreicherinnen und Österreichern vorzuwerfen, dass sie unmenschlich sind, das halte ich wirklich für unverfroren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Wir haben dem ÖVP-Minister zum Vorwurf gemacht, dass es so viele sind, während es in den USA so wenige sind! Wir haben viel zu viele bei uns!)
Jetzt zum Vorwurf des Christlichen. – Herr Minister Darabos, ich glaube nicht, dass es in Wirklichkeit unmenschlich ist ... (Bundesminister Mag. Darabos: ... die langen Asylverfahren!) Ja, auch die langen Asylverfahren. Aber was aus meiner Sicht wirklich unmenschlich ist – ich habe das auch gestern schon gesagt –, das ist, dass man den Menschen nicht reinen Wein einschenkt. Das ist das Unmenschliche, so wie das jetzt bei uns abläuft.
Es muss klargestellt werden, und es wird klargestellt: Wenn jemand um Asyl ansucht, wird ihm vorher schon gesagt, dass es, wenn dieser Asylbescheid negativ ist, retour in die Heimat geht. Ich glaube, mit dieser Offenheit und Klarheit muss man das auch artikulieren. Man sollte hier die Menschen nicht täuschen, denn sonst werden Enttäuschungen folgen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Fragen Sie einmal den Landeshauptmann von Oberösterreich!)
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Für uns ist die Linie klar: Ein Ja zum Fremdenrechts- und Asylpaket, ein Ja zum Asylgerichtshof, ein Ja zum Kriterienkatalog von Innenminister Günther Platter und ein Ja zur Vorgehensweise von Bundesminister Platter. (Beifall bei der ÖVP.)
14.18
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz zu Wort. 7 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.
14.18
Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wir heute hier erleben, ist der Höhepunkt einer seit dem Frühsommer geführten Kampagne, wo, aufgehängt auf Einzelfällen, ein Bleiberecht für jene, die nicht Asyl bekommen haben, erzwungen werden soll.
Eine Journalistin im ORF hat sich im Fall der Familie Zogaj zu dem Bild des Vergleichs David gegen Goliath verstiegen. Das ist ja überhaupt nicht der Fall! Etwas ganz anderes ist in Wirklichkeit hier zu bemerken: Politiker, vor allem eine politische Partei, interessierte Anwälte, sogenannte NGOs, können sich voll auf den Transport und die Rückendeckung durch den größten Medienkonzern in Österreich, den ORF, verlassen, um hier ein politisches Ziel zu erreichen, das wir als Freiheitliche, weil es verheerend für Österreich wäre, absolut ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)
Heute haben wir einen neuen Höhepunkt. Herr Innenminister, in diese Lage hätten Sie nicht kommen müssen! Und Sie, meine Damen und Herren von den großen Parteien, SPÖ, aber vor allem auch von der ÖVP, hätten unser Land nicht in diese Lage bringen dürfen! (Beifall bei der FPÖ.)
Das wäre auch leicht möglich gewesen: zum Ersten, indem Sie den massenhaften Zuzug vor allem der letzten sieben Jahre – unter der Regierung Schüssel sind ja 300 000 Leute neu ins Land gekommen – nicht zugelassen hätten, und zum Zweiten, wenn Sie das, was Sie alle hier am Rednerpult sagen, dass Sie nämlich Asyl und Zuwanderung trennen, ernst nehmen würden.
Was heißt das? – Asyl ist Schutz auf Zeit. Es ist davon auszugehen, dass auch jene, die diesen Schutz auf Zeit bekommen – so steht es übrigens auch in der Genfer Konvention –, wenn der Schutz nicht mehr vonnöten ist, wenn Fluchtgründe entfallen sind, wieder zurückgehen. Schauen Sie sich die Gesetze an: Da läuft ja alles auf einen dauerhaften Aufenthalt hinaus! Und solange das so ist – deswegen wollen wir auch eine neuerliche Änderung des Fremdenrechtspakets (Beifall bei der FPÖ) –, wird das ein Anreizfaktor sein für all jene, die so nicht zuwandern können, unter diesem Titel zuzuwandern.
Es ist ja auch so: 2005 eine Einwanderungsquote von 7 000 Leuten, tatsächlich zugewandert – vor allem unter dem Titel Asyl – sind 50 000 Leute! Daran sieht man es ja. (Abg. Strache: Und nur 8 000 arbeiten hier!)
Das, was Sie hier machen, ist nicht schlüssig, und darum sind Sie jetzt auch in dieser schlimmen Lage.
Wie sieht dieser Fall aus? – Es ist schon geschildert worden: Der Vater kam unter Zahlung eines Schlepperlohns 2001 illegal über die Grenze. Eineinhalb Jahre später war das erste Verfahren in zweiter Instanz abgeschlossen. Man möchte meinen – es ist ihm bis dahin nichts vorzuwerfen; er hat eben versucht, hier einzuwandern, aber es hat nicht funktioniert –, er geht. Das war nicht der Fall, sondern dann haben sich sehr geschickte Anwälte eingeschalten, die jetzt im ORF minutenlang ihre Meinungen darlegen können, und es ist zu einem zweiten Asylantrag gekommen, mit neuen Argumenten. Es wurde wieder abgelehnt – das ist ja schon beschrieben worden –, und so ging es die nächsten fünf Jahre dahin.
Deswegen ist vehement zurückzuweisen, dass es sich hier um ein Versagen der Beamten und so weiter handelt. Es ist eine politisch gewollte, motivierte und auch geschäftlich gewollte Verschleppung der Verfahren, die bewirkt, dass die Leute so lange im Land bleiben, bis Sie dann sagen können: Jetzt sind sie so lange da, jetzt können sie eigentlich hier bleiben! – Wir lehnen das ab! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
Zum Kosovo: Seit 1999 steht dort die KFOR – übrigens mit Beteiligung österreichischer Blauhelme –, seit 1999 verwaltet die UNO in Zusammenarbeit mit der EU in einer Übergangsverwaltung dieses Gebiet. Dort ist es sicher! Viele haben dort einen Wiederaufbau getätigt. Und was Wiederaufbau heißt, das wissen gerade unsere älteren Österreicher, die mit ihren Händen den Schutt weggeräumt haben! (Beifall bei der FPÖ.)
Es hat uns nicht ein gütiges Schicksal dieses schöne Land beschert, sondern es waren unsere Vorfahren, es waren die Generationen vor uns, die uns dieses Land in diesem wunderbaren Zustand übergeben haben! Und das sollten wir jetzt nicht verspielen. (Beifall bei der FPÖ.)
Wer hat Interesse an dieser Debatte und an diesem Bleiberecht? – Sie (in Richtung Grüne) aus politischen Gründen. Sie kennen die Begriffe „Nation“, „Staat“ und „Staatsbürger“ einfach gar nicht mehr. Für Sie sind alle, die es irgendwo gibt, hier willkommen, und das ist Ihre ideologische Überzeugung. Sie machen es deswegen.
Aber es gibt auch ganz klare harte geschäftliche Interessen. Dieser Anwalt Blum, der sich hier so deutlich präsentieren kann, ist Mitglied im sogenannten „Netzwerk Asylanwalt“. Dieses besteht aus zehn im Fremden- und im Asylrecht spezialisierten AnwältInnen aus ganz Österreich und der Koordinationsstelle der österreichischen Caritaszentrale in Wien.
Ziel dieser Organisation ist es, AsylwerberInnen in schwierigen Einzelfällen anwaltliche Vertretung zu ermöglichen und Grundsatzentscheidungen für einen großen Kreis von Betroffenen herzustellen. – Genau das ist es! Das ist der Einzelfall, und hinauslaufen soll es auf ein allgemeines Bleiberecht und vor allem dann auf eine vielfältige, zahlreiche anwaltliche Vertretung durch diese Leute, die hier tätig sind, um auch ein gutes Geschäft in dieser Frage zu machen.
Wir sind der Meinung, dass man das einmal ganz klar sagen und darstellen muss, welche Gelder in diese Organisationen fließen und zu welchem Zwecke sie verwendet werden.
Zu den Richtlinien, Herr Minister, was das humanitäre Bleiberecht angeht: Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Da sind Sie bereits auf der schiefen Ebene! Willkür ist bereits durch die Verfahren ausgeschlossen. Härte soll vermieden werden. Richtlinien sind eine Verrechtlichung, und wer sie erfüllt, der hat sozusagen auch das Recht, hier zu bleiben. Das kann nicht funktionieren!
Wir sind absolut überzeugt davon, dass es zu einer neuerlichen Änderung im Fremdenrechtspaket kommen muss, dass die Verfahren wirklich kürzer werden müssen und dass wirklich klar zwischen Asyl und Zuwanderung unterschieden werden muss.
Ich bringe daher folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich einen Entwurf zum Asylgesetz 2005, welche die Punkte Verfahrensverkürzung“, Neuerungsverbot, keine Verfahrenseröffnung bei Asylanträgen aus sicheren Herkunftsstaaten ...
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Sie müssen das zur Gänze verlesen, sonst ist der Antrag nicht ordnungsgemäß eingebracht.
Abgeordnete Barbara Rosenkranz (fortsetzend): Genügt es nicht, ihn in den Eckpunkten zu erläutern?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nein, nicht in den Eckpunkten! Zur Gänze.
Abgeordnete Barbara Rosenkranz (fortsetzend):
„Verfahrensverkürzung, das Verfahren der einzigen Administrativinstanz darf die Dauer von maximal drei Monaten nicht überschreiten, als Beschwerdemöglichkeit und zur Entlastung des VwGH ist ein Asylgerichtshof einzurichten der ebenfalls binnen drei Monaten entscheiden muss,
Festschreiben eines strikten Neuerungsverbotes,
keine Verfahrenseröffnung bei Asylanträgen von Personen aus sicheren Herkunftsstaaten,
Verfahrenseinstellung beim Versuch des Erschleichens der Asyleigenschaft durch den Asylwerber,
Verfahrenseinstellung bei Täuschungen der Behörden über die Identität des Antragstellers durch den Asylwerber,
Verfahrenseinstellung bei selbstverschuldeter Nichtvorlage von Reise- oder Ausweisdokumenten durch den Asylwerber,
Verfahrenseinstellung bei straffällig gewordenen Asylwerbern,
Sofortige Ausweisung bei allen Verfahrenseinstellungen, und
Verwahrung bei Abschiebungshindernissen bis zur Ausweisung
beinhaltet, zuzuleiten.“
*****
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Das von Ihnen mit einer gewaltigen Kampagne – die aber, davon bin ich überzeugt, von den Österreichern mittlerweile durchschaut wird – zu erzwingen versuchte Bleiberecht widerspricht ganz entscheidenden Punkten.
Es widerspricht dem Asylgedanken, der ganz klar als Schutz auf Zeit ausgelegt ist. So steht es auch in der Genfer Konvention. Herr Minister! Wir könnten von Amts wegen prüfen, ob Asyl zu verlängern ist und ob der Fluchtgrund noch aufrecht ist.
Dieses Bleiberecht führt den Rechtsstaat ad absurdum. Der, der es versucht, aber abgelehnt wird und geht, der wäre der Dumme. Wer sich mit Hilfe gefinkelter Anwälte, die wir bezahlen, möglichst lange im Land hält, der bekommt Recht.
Und zum Dritten, Herr Bundesminister, wäre das auch die eklatante und ganz deutliche Vermischung von Asyl und Zuwanderung und bedeutet eigentlich nichts anderes als einen Rechtsanspruch auf Einwanderung.
Ich kann Ihnen nur sagen: Denken Sie daran, unseren Antrag genau zu nehmen, denn der nimmt hier eine klare Trennung vor. Es zahlt sich aus, Sie werden sonst auf dieser schiefen Ebene, auf der Sie sich in diesen Fragen bereits befinden, weil Sie das nicht korrekt durchdenken, verloren sein. Unsere Unterstützung bei einem vernünftigen Gebrauch des Asylrechts werden Sie haben – für eine Einwanderung statt Asylrecht sind wir nicht zu bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)
14.27
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag, der soeben eingebracht wurde, ist ausreichend unterstützt, wurde auch ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Strache, Rosenkranz und anderer Abgeordneter betreffend notwendiger Verschärfungen des Asylwesens; eingebracht im Zuge der Debatte zum Thema der Sondersitzung „Bleiberecht jetzt - Schluss mit den unmenschlichen Abschiebungen“ in der 33. Sitzung des Nationalrates am 10. Oktober 2007
Während in den Jahren 2002 und 2003 der
jährliche Wanderungssaldo (Zuwanderung minus Abwanderung) bei rund 36.000
Personen lag, stieg die Netto-Zuwanderung
in den letzten Jahren auf jeweils knapp über 50.000 Personen. Für
2005 zeigt die
aus den Daten des Zentralen Melderegisters erstellte Wanderungsstatistik
insgesamt 119.083 Zuzüge aus dem Ausland und 68.828 Wegzüge ins
Ausland, also ein Zuwan-
derungsplus von 50.255 Personen. Dies entspricht etwa einer Stadt wie St. Pölten. Zielgerichtet auf den österreichischen Arbeitsmarkt wandern hievon nur 1000 bis maximal 5000 Personen zu.
Mit 3. September 2007 gab es 456.021 aufrechte Aufenthaltstitel von Drittstaatsangehörigen, welche sich in 18.974 Aufenthaltsbewilligungen, 86.267 Niederlassungsbewilligungen, 61.710 Familienangehörige, 141.994 Daueraufenthalte und 147.076 ehemalige Niederlassungsnachweise gliedern.
Mit dem Stand vom 31.8.2007 gab es 34.995 offene Asylverfahren. In Österreich wurden von Jänner bis Juni 2007 5.695 Asylanträge gestellt, in Deutschland waren im es im selben Zeitraum 8.465. In Österreich kommt im genannten Zeitraum 1 Asylwerber auf 622 Österreicher, in Deutschland 1 Asylwerber auf 3.946 deutsche Staatsbürger.
Von Jänner bis Juli 2007 wurden 4753 Zurückweisungen, 1353 Ausweisungen, 2738 Aufenthaltsverbote, 390 Rückkehrverbote, 955 Zurückschiebungen, 1738 Ausreiseverpflichtungen (inkl. Freiwilliger Ausreisen) und 1790 Abschiebungen an fremdenpolizeilichen Maßnahmen vollzogen.
Die Zuwanderungszahlen herausgegeben von der Statistik Austria und die Statistiken des Asyl- und Fremdenwesens des Bundesministeriums für Inneres machen ersichtlich, dass es sich hier um einen Bereich handelt, der einer intensiveren Zuwendung der Regierung bedarf.
Die momentan geführten Debatten, unter Instrumentalisierung von Kindern und der Einsatz aufgebauschter Medienkampagnen betreffend Asylwerber und humanitäres Bleiberecht, spiegeln die Problematik im Asylrecht wider.
Wie auch der Bund sozialdemokratischer Akademiker, Intellektueller und Künstler in seinem rechtspolitischen Forderungskatalog zum Asyl- und Fremdenrecht darlegt, sind die überlange Verfahrensdauer und die daraus resultierenden aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen das Problem an sich: „Durch die lange Verfahrensdauer liegt in solchen Fällen jedoch oftmals keine Verfolgungsgefahr und damit kein Anspruch auf Asylgewährung mehr vor.“ Ergo wurde zwar kein Asyl gewährt, gleichzeitig aber der Schutz auf Zeit im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention aber erfüllt. Selbst auf Asylberechtigte wird, so wie es die Genfer Flüchtlingskonvention vorsieht, dieses Abkommen nicht mehr angewendet, wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtlinge anerkannt worden sind, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen können, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.
Schon am Montag, den 09. Juli 2007 konnte man von Andreas Unterberger, Wiener Zeitung, lesen:
„Kaum ist das Parlament auf Urlaub, macht sich
schon das erste Sommerthema breit: Kritiker sagen, das österreichische
Fremdenrecht entspreche nicht der Europäi-
schen Menschenrechtskonvention. Sie haben damit wahrscheinlich Recht. Die
beiden Rechtsinstrumente vertragen sich bei rein juristischer Analyse nicht gut
miteinander.
Zugleich aber ist ihre Kritik weltfremd und blauäugig. Denn konsequent umgesetzt führt sie zu einem Grundrecht für sechs Milliarden Erdenbewohner auf Zuzug nach Österreich. Gewiss: Die neoliberale Globalisierung hat für einen weltweiten Rückgang der Armut gesorgt, sodass "nur" noch rund eine Milliarde an einer Übersiedlung interessiert ist. Die sie auch mit allen Mitteln versuchen. Sie müssen, sobald sie über Österreichs Grenze geschlüpft sind, nur eine der folgenden Strategien befolgen: Erstens könnten sie ihre Asyl-Verfahren durch ständig wechselnde Stories solange verzögern, bis schlussendlich eine Abschiebung als unmenschlich gilt. Zweitens könnten sie hier ein Kind zeugen. Drittens könnten sie sich gegen jeden Abschiebeversuch lautstark und tatkräftig wehren.
Die Schöpfer der hochentwickelten Menschenrechts-Architektur und des nach dem NS-Schrecken bewusst großzügigen Asylrechts hatten einst vieles nicht im Sinn gehabt: Sie wollten mit dem Schutz des Privat- und Familienlebens keine Hintertür zur beliebigen Immigration öffnen. Sie wollten schon gar nicht die Massen aus verarmenden Drittweltländern anlocken. Sie wollten auch nicht die schmierigen Geschäfte von Schleppern honorieren. Und sie haben keineswegs daran gedacht, dass ausgerechnet Österreich das Asylrecht großzügiger ausbauen würde als fast alle anderen Länder der Welt – was bis zur Verschärfung des Fremdenrechts ja nachweislich der Fall gewesen ist (wobei Österreich übrigens immer noch zur großzügigen Hälfte Europas zählt).
Die Handlungsoptionen sind begrenzt: Entweder öffnet sich Österreich wieder für fast unkontrollierten Zuzug. Oder es wird sich der Tatsache bewusst, dass sich der Rest der Welt beim Zuzug von Ausländern weniger an humanitären Idealen als am eigenen Nutzen orientiert. Einen Kompromiss dazwischen gibt es nur in der Rhetorik von politischen, juristischen und journalistischen Gutmenschen.“
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich einen Entwurf zum Asylgesetz 2005, welcher die Punkte
Verfahrensverkürzung, das Verfahren der einzigen Administrativinstanz darf die Dauer von maximal drei Monaten nicht überschreiten, als Beschwerdemöglichkeit und zur Entlastung des VwGH ist ein Asylgerichtshof einzurichten der ebenfalls binnen drei Monaten entscheiden muss,
Festschreiben eines strikten Neuerungsverbotes,
keine Verfahrenseröffnung bei Asylanträgen von Personen aus sicheren Herkunftsstaaten,
Verfahrenseinstellung beim Versuch des Erschleichens der Asyleigenschaft durch den Asylwerber,
Verfahrenseinstellung bei Täuschungen der Behörden über die Identität des Antragstellers durch den Asylwerber,
Verfahrenseinstellung bei selbstverschuldeter Nichtvorlage von Reise- oder Ausweisdokumenten durch den Asylwerber,
Verfahrenseinstellung bei straffällig gewordenen Asylwerbern,
Sofortige Ausweisung bei allen Verfahrenseinstellungen, und
Verwahrung bei Abschiebungshindernissen bis zur Ausweisung
beinhaltet, zuzuleiten.“
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.
14.27
Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren von der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Wie so oft kann man sich auch heute bei
den Initiatoren dieser Sondersitzung nur ganz herzlich bedanken, nämlich bei den Grünen. Die wissen schon, warum, denn die grüne Führungsmannschaft hat sich schon verabschiedet. Kollege Van der Bellen versteckt sich in der hinteren Reihe. Alle anderen sind schon weg.
Dieser missglückte Versuch, hier einen Misstrauensantrag einzubringen, das schärfste Instrument der Kontrolle, ist ja symbolhaft für diese missglückte Sondersitzung und den missglückten Dringlichen Antrag. Und deshalb danke, meine Damen und Herren von den Grünen, danke für diese Sondersitzung, weil Sie damit mitgeholfen haben – beispielhaft für eine Politikkampagne, aber beispiellos, wenn es darum geht, verantwortungsvolle Politik in Österreich zu machen –, eine Medienkampagne zu entzaubern, die Ihnen vielleicht nützen hätte können, aber die dem Recht hier in Österreich und die den Fragen des Asyls auch ganz diametral entgegengestanden ist. (Beifall beim BZÖ.)
Was hier aufgeführt worden ist, durch Medieninszenierung, durch Polit-Agitation, das findet wohl kaum ein Beispiel in den letzten Jahren.
Meine Damen und Herren! Aber heute ... (Abg. Zwerschitz: O ja!) Sind Sie dann jene Abgeordnete, die den Misstrauensantrag einbringen darf? Sie wissen: Vorlesen. Den ganzen Text vorlesen. Damit Sie das dann wissen, wenn Sie anscheinend schon sonst nicht sehr viel wissen in dieser Frage, wie Herr Kollege Van der Bellen ja zugegeben hat: Von der Situation im Kosovo weiß er nichts, denn er war ja noch nie dort. Und es interessiert ihn auch nicht, und auch Sie von den Grünen interessiert das nicht! (Abg. Zwerschitz: Das hat er genau nicht gesagt!)
Ja, lesen Sie es, bitte! Bitte lesen Sie es sich vor, bevor Sie da jetzt Zwischenrufe machen, damit es dann auch wirklich funktioniert mit dem Misstrauensantrag!
Genau das ist ja das Entlarvende. Was können Sie? (Abg. Dr. Van der Bellen – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Das kennen Sie sicher?!) – Herr Professor, wir sind hier nicht an der Universität! Mit Vorlesungen werden Sie keine Probleme lösen. (Beifall beim BZÖ.) Sie werden nicht die Probleme im Kosovo lösen, und Sie werden die Probleme nicht in Österreich lösen. Aber das wollen Sie ja ohnehin nicht. Sie dümpeln hier politisch irgendwo herum und versuchen, mit solchen emotional aufgebauten Kampagnen Stimmung für Sie zu machen.
Gestern: eine Demonstration. Herr Kollege Van der Bellen, wem haben Sie mit dieser Demonstration geholfen? – Da weiß ich nicht, wem. Das hat wahrscheinlich eine Menge Geld gekostet; Sie haben keinem Kosovo-Flüchtling geholfen, keinem Asylanten hier in Österreich, niemandem! Sie wollen nur sich selbst helfen. Aber ich sage Ihnen ganz einfach: Das ist der falsche Weg. Sie sollten endlich einmal für die Österreicher Politik machen, sinnvolle Politik, und hier nicht nur linke Agitation mit irgendwelchen Sozialutopien vertreten. (Beifall beim BZÖ.)
Was ist die Praxis im Kosovo, Herr Kollege Van der Bellen? – Wenn Sie es mir schon nicht glauben, und ich sage Ihnen, ich war mehr als zehn Mal im Kosovo, auch in sehr sensiblen und heiklen Situationen, aber wenn Sie es mir nicht glauben, dann vielleicht der Ordensschwester Johanna Schwab, die heute sehr bewegend in der „Kronen Zeitung“ in einem offenen Brief an Arigona diese aufgefordert hat, gebeten hat, sie möge in den Kosovo kommen. Das sind auch kosovarische Kinder, die lächeln, weil sie eine Zukunft in ihrer Heimat, in ihrem Land sehen.
Das ist unsere Verantwortung, meine Damen und Herren, dass wir den Menschen und den Kindern, die in Problemregionen wohnen, eine Zukunft in ihrer eigenen Heimat geben und sie nicht dazu einladen und auffordern, Tausende Euro an Schlepper zu zahlen, um hierher nach Österreich zu kommen, wo sie keine Zukunft haben können. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.) Das ist unsere Aufgabe, meine Damen und Herren von den Grünen und den Sozialdemokraten – aber da hört man von Ihnen nichts!
Da ist Österreich jedoch vorbildlich, etwa das österreichische Bundesheer, das dort mithilft – das ist kein UNO-Einsatz, sondern es ist ein NATO-geführter Einsatz im Kosovo; das auch nur der Vollständigkeit halber, die „böse“ NATO schafft dort wirklich Sicherheit und Frieden –, dass wir den Menschen Wiederaufbauhilfe geben. Im Großen und Ganzen ist das auch gelungen, es sind die Häuser wiederaufgebaut worden.
Meine Damen und Herren, wenn wir heute erfahren, wie denn das zugegangen ist mit dieser Familie Zogaj – ich habe auch geglaubt, dass das Kriegsflüchtlinge waren –, da sage ich Ihnen: Selbstverständlich haben wir jenen, die vor dem Krieg geflüchtet sind, ob das Bosnier gewesen sind, ob das Kroaten gewesen sind, ob das Kosovaren gewesen sind, hier in Österreich nach Möglichkeit Aufnahme gegeben – für die Dauer des Krieges! Aber es war klar, dass sie danach wieder in ihre Heimat zurückgehen, um mit unserer, mit internationaler Hilfe ihre Heimat wiederaufzubauen.
Aber in dieser Familie waren das ja gar keine Kriegsflüchtlinge! Sie ist nach Ende dieser sensiblen Situationen über Schlepperorganisationen illegal nach Österreich eingereist, aber das interessiert Sie offensichtlich überhaupt nicht. Ich sage Ihnen, 10 000 € hat diese Familie an die Schlepper gezahlt – an die Mafia! Das ist Mafia, das sind kriminelle Organisationen! 10 000 € – mit diesen 10 000 € hätte diese Familie nicht nur ihr Haus im Kosovo aufbauen können, sondern auch noch eine ordentliche Existenz gründen können. (Beifall beim BZÖ.)
Meine Damen und Herren, das, was Sie wollen, ein Bleiberecht für alle, die eben schon einige Zeit hier sind, ist eine Einladung an alle, genau diese Tausende Euro an kriminelle Schlepperorganisationen zu verschwenden, anstatt das Geld in der eigenen Heimat zum Wiederaufbau einzusetzen! Unverantwortlich ist das, was Sie hier machen! (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)
Ich sage Ihnen: genauso unverantwortlich wie jene Organisationen hier in Österreich, die die illegal eingereisten Scheinasylanten noch darin beraten, wie sie die Verfahren verschleppen können! Ich sage Ihnen, jede Unterstützung für jemanden, der wirklich politisch verfolgt ist ... (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Der Rechtsstaat ... kosten!) – Ja, das ist Rechtsstaat, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei den Grünen.) Das ist Rechtsstaat, dass hier jemand Aufenthalt hat, der nach den Gesetzen handelt und der auch wirklich politisch oder rassisch oder religiös verfolgt ist – aber nicht jemand, der dieses Asylrecht missbraucht, um seine eigene wirtschaftliche Position zu verbessern. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brigid Weinzinger.) Das ist Rechtsstaat, meine Damen und Herren von den Grünen! (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)
Diese Organisationen sind auch mit schuld daran, dass diese Verfahren so lange dauern. Herr Kollege Cap, Sie haben danach gefragt; übrigens gab es 1997 keinen BZÖ-Innenminister, kein BZÖ-Regierungsmitglied, das war das Asylrecht, das Sie zu verantworten hatten (Abg. Strache: Aber da hat man abgeschoben als SPÖ-Innenminister!), als man mit Kettenanträgen immer wieder neue Argumente einbringen konnte, und zwar – ich sage es noch einmal – gut beraten durch Flüchtlingsorganisationen (Abg. Strache: Die SPÖ-Innenminister haben abgeschoben, die waren konsequenter!), die, wenn es notwendig ist, auch noch Meldezettel zur Verfügung stellen für Leute, die in diesen Unterkünften gar nicht aufhältig sind, nur um zu verschleiern, dass diese Menschen ganz einfach keinen Asylgrund vorweisen können.
Da werden immer wieder neue Gründe vorgebracht, und dann dauern diese Verfahren so lange – oder sie haben so lange gedauert, denn wir haben damals gehandelt, die damalige Regierung Schüssel/Gorbach! Waren das noch Zeiten, Herr Innenminister? – Da haben Sie auch noch entsprechende Unterstützung gehabt, nicht dieses eisige Schweigen, das wir jetzt von der linken Seite hier haben. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir haben dieses Gesetz verabschiedet, das dafür gesorgt hat, dass hier um 40 Prozent weniger Asylanträge eingebracht werden, weil die Schlepperorganisationen – und kein Flüchtling schafft es allein, bis hierher nach Österreich zu kommen – sehen, dass es ganz einfach sinnlos ist, die Flüchtlinge nach Österreich zu bringen, weil die Gesetze jetzt effizienter sind.
Es gibt aber selbstverständlich einen Rucksack, und den muss man abbauen. Wir haben immer die Einrichtung des Asylgerichtshofes verlangt. Dies ist leider bis jetzt nicht gelungen; nun höre ich, es ist ohnehin geplant. Wir werden Ihnen ein bisschen Hilfestellung geben, nämlich damit, folgenden Antrag einzubringen – ich muss diesen leider auch verlesen, so besagt es die Geschäftsordnung (Abg. Strache: Ganz schlecht formuliert, der Antrag! Ganz unpräzise formuliert!) –:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche und deutliche Verkürzung der Asylverfahren
„Der Nationalrat wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat bis 15. November 2007 – unabhängig von einer allfälligen Verfassungsreform – Gesetzesentwürfe zur Schaffung eines Bundesasylgerichts als II. Instanz in Asylsachen und zur Straffung der Asylverfahren auf eine Gesamtdauer von maximal einem Jahr zu übermitteln, um eine durch den Verfassungsgerichtshof drohende undifferenzierte Legalisierung von Asylwerbern wegen langer Verfahrensdauer jedenfalls zu vermeiden.“
*****
Meine Damen und Herren! Ja, Asyl für alle, die es wirklich brauchen. Aber ein klares Nein für alle, die das Asylrecht missbrauchen!
Meine Damen und Herren, ich bin sehr froh darüber, dass meine Großeltern nach dem Krieg in einer sehr, sehr schwierigen Zeit nicht nach Amerika, nach Kanada, nach Australien ausgewandert sind, sondern die Mühe auf sich genommen haben – ich profitiere davon, ich bin sehr dankbar –, dass ich als Enkel dieser Generation heute in einem blühenden Österreich meine Zukunft gestalten kann. Dieselben Möglichkeiten müssen wir der Generation – ob das im Kosovo, in Bosnien, in Kroatien oder sonst wo in Europa an Krisenschauplätzen ist – auch geben, mit unserer Unterstützung. Aber wir dürfen hier keine falschen Hoffnungen schaffen, keine illegale Einwanderung unterstützen aus falsch verstandener Ideologie, aus Sozialromantik oder linker Utopie. Das ist abzulehnen! Das schafft Unfrieden, das schafft in Wirklichkeit nur Probleme für die Zukunft.
Herr Bundesminister, wir unterstützen Sie! Dieser Misstrauensantrag, der noch gar nicht eingebracht worden ist, ist widersinnig. Wir verlangen eine klare Umsetzung der Gesetze: Recht vor Unrecht! (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)
14.37
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und ausreichend unterstützt, er steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Kollegin und Kollegen, eingebracht im Zuge der dringlichen Debatte zu dem dringlichen Antrag „Bleiberecht für Integrierte“ (393/A(E)), betreffend rasche und deutliche Verkürzung der Asylverfahren
Der Nationalrat hat schon im Juli 2005 einstimmig die Bundesregierung mit der raschen Schaffung eines Bundesasylgerichts beauftragt, um eine deutliche Beschleunigung der derzeit bis zu mehr als zehn Jahren verzögerbaren Asylverfahren zu erreichen.
Der Bundesminister für Inneres hat im Innenausschuss am 20. März 2007 bzw. im Unterausschuss des Budgetausschusses am 16. April 2007 mitgeteilt, beim Unabhängigen Bundesasylsenat hielten sich Neuzugang und Rückstau die Waage. Seit Mitte 2006 würden insgesamt gerade einmal mehr Verfahren abgeschlossen als neu anfallen.
In der Beantwortung einer schriftlichen Budget-Anfrage des BZÖ teilte der Bundesminister für Inneres mit, dass derzeit (bei einem jährlichen Neuanfall von ca. 13.000 Anträgen pro Jahr) 38.607 Asylverfahren laufen. Die Zahl überlanger Asylverfahren ist dramatisch: 423 laufen schon mehr als neun Jahre, 15.466 drei bis neun Jahre, 13.146 zwischen einem und drei Jahren und nur 8.572 ein Jahr.
Der Bundesminister für Inneres hat im Nationalrat trotzdem angekündigt, mit der Schaffung des Bundesasylgerichts auf die angekündigte große Verfassungsreform warten zu wollen. In Anbetracht des Verlaufs der Verfassungsreformdebatte in den letzten Jahrzehnten und der Ergebnislosigkeit des Österreich-Konvents und des ihm folgenden besonderen Ausschusses lässt das keine rasche Erledigung dieses Vorhabens erwarten.
Erst die zweifelhafte Androhung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, jahrelang in Österreich aufhältigen Asylwerbern jedenfalls (und zwar unabhängig davon, ob der Asylwerber selbst das Verfahren verschleppt hat!) ein Bleiberecht zugestehen zu wollen, hat den Innenminister nun zu der Ankündigung veranlasst, dass künftig ein Asylverfahren durch die Schaffung des Asylgerichtshof ab kommendem Jahr nicht länger als ein Jahr dauern werde. Ob diese Ankündigung eingehalten werden wird ist angesichts der im Nationalrat gemachten Äußerungen des Innenministers mehr als fraglich.
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher auch in Anbetracht der jüngsten, medial aufbereiteten Fälle der flüchtigen 15-jährigen Arigona Zogaj aus Frankenburg, der unbescholtenen Familie Milici aus der steirischen Gemeinde Peggau und der Familie Zeqajs aus niederösterreichischen Wieselburg mit ihrem ebenfalls flüchtigen 17-jährigen Sohn Denis, erneut nachstehenden Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat bis 15. November 2007 – unabhängig von einer allfälligen Verfassungsreform – Gesetzesentwürfe zur Schaffung eines Bundesasylgerichts als II. Instanz in Asylsachen und zur Straffung der Asylverfahren auf eine Gesamtdauer von maximal einem Jahr zu übermitteln, um eine durch den Verfassungsgerichtshof drohende undifferenzierte Legalisierung von Asylwerbern wegen langer Verfahrensdauer jedenfalls zu vermeiden.“
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Zwerschitz. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; Restredezeit für die Grünen: 10 Minuten. – Bitte.
14.37
Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseher, die Sie so interessiert gekommen sind! Ich bringe gleich am Anfang den Misstrauensantrag ein. Ich kann die Kollegin Glawischnig gut verstehen; es ist hier schon
so viel Irrsinniges gesagt worden. (Zwischenrufe bei ÖVP, FPÖ und BZÖ.) So viele Fakten sind verdreht worden, man kommt kaum dazu, wenn man alles entgegnen will (Abg. Strache: Aber von der grünen Fraktion!), was wichtig ist, so etwas zu machen. (Beifall bei den Grünen.)
„Der Nationalrat wolle beschließen: ‚Dem Bundesminister für Inneres wird im Sinne des Art. 74 B-VG das Vertrauen versagt.‘“
Womit diese Pflichtübung erledigt ist. (Beifall bei den Grünen.) Jetzt möchte ich gerne begründen, warum ich der Meinung bin, dass es genau diesen Misstrauensantrag braucht.
In der Steiermark hatten wir in den letzten Monaten genau drei Fälle, die durch die Medien gegangen sind. Das war einerseits die Familie Sharifi – interessanterweise hat sich gerade das BZÖ dann auch für erfolgreich erklärt, obwohl Sie nie etwas dafür getan haben, aber Fadenscheinigkeit hat ja in Österreich Hochkultur (Abg. Ing. Westenthaler: Das sind keine Kriminellen!) –, der Fall Milici und der Fall Morina. Sharifi hat das Verfahren geschafft, Morina hat das humanitäre Bleiberecht bekommen, Milici wurde abgeschoben. Alles Familien mit Kindern, alles Familien, wo Kinder, die hier leben, die hier integriert sind, die hier viele Freunde gefunden haben, die hier in die Schule gehen, die hier in die Kindergärten gehen, einfach bedroht werden. (Abg. Strache: Die Eltern haben Verantwortung für ihre Kinder, nicht der Staat ...!)
Die Eltern haben Verantwortung, aber der Staat auch. Manchmal frage ich mich, ob vielleicht das der Grund ist, warum wir die Kinderrechtskonvention noch immer nicht im Verfassungsrang haben. (Beifall bei den Grünen.) Da würde nämlich drinstehen, dass nicht nur die Eltern Verantwortung haben, sondern auch der Staat. Wenn sich Abgeordnete regelmäßig zu Wahlkämpfen mit Kindern hinstellen, dann sollten sie sich vielleicht einmal überlegen, dass diese nicht nur Fotomotive sind, sondern Menschen mit Rechten! Und dafür haben wir uns einzusetzen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Ein Mörder wird auch von seinen Kindern getrennt! Ein Mörder kann auch nicht bei seinen Kindern bleiben!)
Wenn Minister Darabos sagt, dass diese Fälle die Menschen bewegen, dann kann ich ihm nur zustimmen. Es tut mir nur sehr leid, dass sie die Großparteien noch nicht bewegt haben. Denn diese haben noch nicht eingesehen – im Gegensatz zu vielen Tausenden in Österreich –, wie unfair unsere Gesetze momentan sind und wie schrecklich wir momentan mit Menschen in Österreich umgehen.
Ich danke allen, die sich hier eingesetzt haben: seien das Nachbarn, MitschülerInnen, LehrerInnen, Leute, die Unterschriften gesammelt haben. Es werden immer mehr, und ich glaube nicht, dass in Zukunft die Großparteien auskommen werden und auf ihrem Fremdenrecht, wie es momentan ist, werden beharren können – es sei denn durch bodenlose Ignoranz! (Abg. Strache: Sie regieren mit der ÖVP in Oberösterreich! Dann seien Sie konsequent und treten Sie aus! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Zum Thema Kosovo: Die UN warnt ab 11. Dezember vor Gewaltausbrüchen. (Abg. Strache: Wenn es um Posten geht, bleiben Sie an Bord in Oberösterreich!) So weit zur Sicherheit im Kosovo und so weit dazu, dass es ein gelobtes Land wäre. (Abg. Strache: Da bleiben Sie an Bord, wenn es um Posten geht!)
Es geht aber nicht nur um Kinder, es geht auch um alleinstehende Männer. Das ist mir ganz wichtig, es hier zu sagen. (Abg. Strache: ... keine Konsequenz, wenn Anschober mit der ÖVP stimmt!) Sich mit Kinderschicksalen zu schmücken ist natürlich eine einfache Variante. Für ein Mädchen, das erklärt, dass es sich umbringen wird, aufzustehen und zu sagen, dem wird ausnahmsweise das humanitäre Aufenthaltsrecht genehmigt, das ist einfach. Es gibt aber auch alleinstehende Männer, es gibt auch Frauen, es gibt
viele Menschen, die dieses Bleiberecht verdient haben und die es notwendigerweise brauchen würden. (Beifall bei den Grünen.)
Wenn Sie es den Grünen schon nicht glauben, dann wäre vielleicht eine gute Idee der Herr Präsident Küberl. (Abg. Dr. Graf: Ist er auch ein Grüner? – Weitere Zwischenrufe.) Dann gibt es auch eine Ana Martincevic, die von einem humanitären Skandal spricht – ÖGB Oberösterreich. Es sind auch die Kinderfreunde, die dafür eintreten. Es ist nicht so, dass es nur ein paar versprengte Grüne wären, sondern es gibt zahlreiche Menschen, die dieses Bleiberecht für notwendig erachten. (Beifall bei den Grünen.)
Die SPÖ-Abgeordneten können einem in einer derartigen Situation richtig leid tun. Ich weiß zum Beispiel vom Herrn Abgeordneten Dobnigg, dass er sich lange Zeit für die Familie Sharifi eingesetzt hat. Einzelne sind ehrlich bemüht und haben auch in Pressekonferenzen gesagt, sie wollen das Bleiberecht, das macht Sinn. Aber anscheinend haben sie sich in ihrer großen Partei nicht durchsetzen können. (Abg. Dr. Graf: Die kosovarische Mafia ist auch für das Bleiberecht in Österreich!) Ich hoffe trotzdem, dass sich diese vielleicht noch durchsetzen und die anderen überzeugen können. Anscheinend geht es mehr um WählerInnenstimmen als um Menschenschicksale; das finde ich für eine SPÖ beschämend. (Beifall bei den Grünen.)
Ganz zum Schluss noch: Wir haben das in Österreich schon einmal gehabt, dass in frühen Morgenstunden Menschen abgeholt werden. Wir haben das schon einmal gehabt, dass sich Kinder fürchten und an den Müttern festhalten, wenn sie von der Polizei plötzlich die Häuser umstellt sehen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Der Vergleich ist ...!)
Wir haben das schon einmal gehabt, dass behauptet wurde, man kann Gesetze nicht ändern, und deswegen müssen wir sie unbedingt vollziehen. Und wir haben es auch schon einmal gehabt, dass einzelne Personen sich hinstellen und behaupten, sie wissen ganz genau, wie die Spielregeln sind, und jeder, der einen Millimeter abweicht, hat nicht das Recht, hier zu bleiben.
Wir brauchen das nicht mehr! Wir brauchen keine Willkürakte. Wir brauchen endlich ein Recht auf faire Verfahren und auf Menschlichkeit in diesem Land. (Beifall bei den Grünen.)
14.43
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag betreffend Versagen des Vertrauens ist nunmehr ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Van der Bellen, Glawischnig-Piesczek, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres, eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag der Abgeordneten Van der Bellen, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bleiberecht für Integrierte
Innenminister Platter hat in der Asyl- und Migrationspolitik versagt. Das unterscheidet ihn nicht von seinen VorgängerInnen. Was ihn aber unterscheidet, ist die neue Qualität an Inkompetenz und Ignoranz, mit der er in den letzten Monaten in der Frage des Umganges mit langjährig integrierten Menschen agiert.
Innenminister Platter hat es zu verantworten, dass in der Abwicklung der Erteilung humanitärer Aufenthaltsgenehmigungen chaotische Zustände im Vollzug herrschen und sich bei von Abschiebung betroffenen Familien und Kindern Angst und Schrecken breit machen.
6000 Asylverfahren dauern mit heutigem Datum länger als 5 Jahre. Entgegen den vollmundigen Ankündigungen des Innenministers dauern Asylverfahren in Österreich so lang wie eh und je. Der geringe Abbau des Rucksackes offener Asylverfahren beim Unabhängigen Bundesasylsenat von 29.752 Asylverfahren per 1.1.2007 auf 27.609 per 1.9.2007 ist angesichts eines starken Rückganges bei Neuanträgen mehr als mager ausgefallen. Nur ein Tropfen auf dem heißen Stein war die Personalaufstockung beim UBAS, weil sie viel zu spät erfolgt ist. Dies hat der Rechnungshof in seinem Prüfbericht vom Februar 2007 festgehalten. Der Rechnungshof hat vernichtende Kritik am Innenministerium in Sachen Personalmanagement geübt. Viel zu spät habe man die Problematik der langen Asylverfahren und den Personalengpass erkannt. Der Rechnungshof strich besonders mangelnde Analyse und Problemsicht beim Innenministerium auf dem Gebiet des Asyl- und Fremdenwesens heraus.
Die EUROSTAT – Statistik über Asylerledigungen zeigt sogar, dass im Jahr 2006 3095 Asylakten in Österreich weniger erledigt wurden als noch im Jahr 2005. Das am 1.1.2006 in Kraft getretene Fremdenrechtspaket hat somit nicht einmal einen Beschleunigungseffekt gebracht.
Da hilft die Vertröstung auf den als „Allheilmittel“ immer wieder angekündigten Asylgerichtshof, der irgendwann im Laufe 2008 seine Tätigkeit aufnehmen soll und für den entgegen der Entschließung des NR vom Juli 2005 (!) keinerlei Vorarbeiten geleistet wurden, gar nichts.
Seit Jahresbeginn 2007 gibt es wöchentlich Berichte über Schubhaft, Abschiebung von in Österreich völlig integrierten Menschen. Bis zum Frühsommer hat sich Innenminister Platter diesem Strukturproblem völlig versagt. Er wurde nicht müde, seine Theorie von Einzelfällen zu vertreten, die man sich genau ansehen müsse. In lapidaren Stehsätzen verwies er stolz auf Rückgänge bei Asyl und Einwanderung. Mehr Facetten hat die Plattersche Migrationspolitik nicht zu bieten.
Erst deutliche Kritik des Menschenrechtsbeirates am Innenminister in Fragen des Umgangs mit Integrierten vom Juli 2007 hat den Innenminister aufhorchen lassen. Die Empfehlungen des Beirates waren zusammengefasst eindeutig:
Vollziehung und Legistik im Fremdenrechtsbereich sollte das Grundrecht auf Privat- und Familienleben stärker berücksichtigen. Wie die Mehrheit der sonstigen Empfehlungen des Menschenrechtsbeirates fand auch diese Empfehlung bei Minister Platter keinen Umsetzungswillen.
Innenminister Platter war lediglich bereit, ein Formular zur Vereinheitlichung der Prüfung humanitärer Fälle anzukündigen. Die Ausfertigung des Formulars dauerte den ganzen Sommer über und wurde als „großer Wurf“ präsentiert. Das Formular ist nichts weiter als die geringfügige Modifikation eines bereits bestehenden Formulars. Ländern, Gemeinden und BürgermeisterInnen wurden Mitspracherechte bei der Vergabe humanitärer Aufenthaltsberechtigungen zuvor suggeriert, die sich in der Realität, sprich im Fremdenrechtspaket, nicht wiederfinden. Nach wie vor darf ohne Zustimmung des Innenministers keine einzige humanitäre Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden. Ein ebenfalls angekündigter Kriterienkatalog ist bis heute für Interessierte nicht einsehbar.
Wenn der Druck der Medien und der Öffentlichkeit im Einzelfall zu groß wird, werden bestenfalls Teillösungen angeboten. Das führt verglichen mit hunderten gleichgelagerten Fällen zu Willkür und Unberechenbarkeit behördlichen Einschreitens. Gleichzeitig
hat Innenminister Platter der Abschiebethematik noch eins draufgesetzt. Medienberichten zufolge verfolgt das Innenministerium nun die Strategie, Massenabschiebungen in den Kosovo zu starten.
Vom Innenminister in Bedrängnis angebotene Teillösungen verstoßen häufig ihrerseits gegen die europäische Menschenrechtskonvention. So im Fall der medial bekannten 5-köpfigen Familie Cvitic. Die Familie lebt seit 14 Jahren in Österreich ohne Aufenthaltsbewilligung. Hier war das Innenministerium lediglich bereit, den 3 minderjährigen Kindern humanitäre Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen. Beide Elternteile gingen leer aus. Damit besteht keine legale Arbeitsmöglichkeit der Eltern und kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Besondere Brutalität und Zynismus kennzeichnet das Vorgehen des Innenministers im Fall der Familie Zogaj. Der psychisch schwer mitgenommenen Mutter von Arigona wird ein Abschiebeaufschub bis zum Erhalt einer VfGH – Entscheidung zugebilligt. Gleichzeitig soll sie für diesen Zeitraum, der je nach Verfahrensdauer bis zu 2 Jahre erfassen kann, von Ihrer Restfamilie getrennt leben. Insbesondere von 2 kleinen Kindern im Alter von 7 und 8 Jahren. Indem der Innenminister das aus Verzweiflung erfolgte Untertauchen der 15 jährigen Arigona Zogaj als Erpressungsversuch bezeichnet, setzt er auf Eskalation statt Beruhigung in diesem sensiblen Konflikt. Innenminister Platter ist offenkundig auch menschlich seinem Amt nicht gewachsen.
Bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen zum Thema Bleiberecht gibt sich der Innenminister persönlich verärgert und extrem uninformiert (XIII GPNR 331/J; 2360/AB-BR/2007). Einer parlamentarischen Anfragebeantwortung ist zu entnehmen, dass er nicht erklären kann, was er unter einem „generellen Bleiberecht“ versteht. Aus seiner Sicht könne das nicht Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage sein. Innenminister Platter lässt verlauten, dass er keine Ahnung hat, was mit 280 in den letzten Monaten erledigten, über 10 Jahre dauernden Asylverfahren, passiert ist. Wie viele dieser Personen kein Asyl erhalten haben und damit vor einer Abschiebung stehen. Innenminister Platter hat nicht einmal Informationen darüber, wie viele Ersuchen auf humanitären Aufenthalt insgesamt anhängig sind. Er führt keine Aufzeichnungen über die Zahl an erteilten Abschiebeaufschüben. Kurz und gut, die Uninformiertheit hat beängstigende Dimensionen angenommen.
Innenminister Platter verweigert stur und unbelehrbar und gegen die Ansicht namhafter ExpertInnen und Institutionen Änderungen am Fremdenrechtspaket. Selbst der Präsident des Verfassungsgerichtshofs hat dem Innenminister Änderungen am Fremdenrechtspaket nahegelegt. Platter will im Gegenzug lediglich evaluieren und das frühestens 2009!
All das lässt nur den Schluss zu, dass der Innenminister gar nicht daran denkt, sachgerechte Lösungen beim humanitären Bleiberecht in der jetzt gebotenen Raschheit vorzuschlagen. Er steht mit den Menschenrechten regelrecht auf Kriegsfuß. Er fügt durch die von ihm zu verantwortende Abschiebeexzesse der Republik einen schweren Schaden zu.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Dem Bundesminister für Inneres wird im Sinne des Art. 74 B-VG das Vertrauen versagt.“
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. 4 Minuten gewünschte Redezeit; Restredezeit der Fraktion: 10 Minuten. – Bitte.
14.43
Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nach diesem sehr emotionellen Redebeitrag hier doch entschieden eines klarstellen: Das Gesetz ist das eine; die Abschiebungen, die zum Teil erfolgt sind, zum Teil angedroht sind, sind etwas anderes. Eine vernünftige und humane Lösung ist auch auf der Grundlage des geltenden Gesetzes möglich. Ich glaube, dass es wichtig ist, dies festzuhalten.
Herr Bundesminister, ich muss allerdings leider sagen, dass diese Nacht-und-Nebel-Aktion in Oberösterreich ganz sicherlich die Probleme nicht gelöst hat, sondern eher zur Vergrößerung der Probleme beigetragen hat. Sie sagen, Sie dürfen sich nicht erpressen lassen, der Staat darf sich nicht erpressen lassen. Ich gebe Ihnen grundsätzlich recht, natürlich soll sich der Staat nicht erpressen lassen. Aber Sie müssen doch sehen, dass es sich hier um die Worte einer verzweifelten Jugendlichen gehandelt hat, die mit Selbstmord gedroht hat – und ich glaube, dass sie das auch gemeint hat –, und hier gilt es einfach, eine menschliche Lösung zu finden. Hier hart zu bleiben ist sicher kein Zeichen von Stärke.
Ich denke, die Reaktionen der Österreicherinnen und Österreicher zeigen im Großen und Ganzen doch auf, wie die Politik gestaltet werden soll. Natürlich müssen Gesetze eingehalten werden, und natürlich sollen auch keine falschen Signale ausgesendet werden. Asyl ist das eine, Zuwanderung etwas anderes; ich denke, dass man das nicht vermischen darf. Aber andererseits ist es aufgrund des Gesetzes durchaus möglich, humanitären Aufenthalt zu gewähren. Wer gut integriert ist und schon lange hier ist, soll auch bleiben können.
Wir sind nicht für ein allgemeines Bleiberecht, denn das wäre wahrscheinlich wirklich ein falsches Signal, und die Erfahrungen in anderen Ländern sind nicht gerade gut. Aber wir sind dafür, dass sorgfältig in Einzelprüfungen vorgegangen wird. Man muss sich schon vorstellen, wenn es immerhin 77 Verfahren gibt, die schon länger als zehn Jahre laufen, und 34 000 offene Verfahren vorliegen, was das für die einzelnen Menschen bedeutet, was das vor allem für die Kinder bedeutet, die unter Umständen hier in Österreich geboren worden sind, die Sprache ihrer alten Heimat gar nicht erlernt haben und dann eigentlich in eine fremde Welt zurückgeschickt werden sollen. Da denke ich, es muss in einer humanen und vernünftigen Weise vorgegangen werden.
Noch ein paar Worte zum Asylgerichtshof: Er war ein Teil der Vereinbarungen von 2005, und es ist damals vereinbart worden, dass 2005, also noch im selben Jahr, der Gerichtshof eingerichtet wird. Das ist leider bis jetzt nicht geschehen. Auf Druck des Bundeskanzlers wird es jetzt geschehen, ich bin darüber sehr froh.
Wir haben auch einen Selbstständigen Entschließungsantrag eingebracht, mit dem einige Vorschläge gemacht werden, wie das Verfahren verbessert werden kann, wie die Arbeit auch der ersten Instanz, die in diesem Zusammenhang sehr, sehr wichtig ist, erleichtert werden kann. Wir haben auch Vorschläge gemacht, dass integrierte Personen, die fünf oder unter Umständen auch sieben Jahre hier leben und sich nichts zuschulden kommen ließen, den humanitären Aufenthalt bekommen.
Wir wollten Ihnen die Unterstützung durch eine Kommission anbieten; ich glaube, dass das eine gute Sache wäre. Allerdings liegt die Verantwortung letztlich bei Ihnen, Herr Bundesminister. Wenn Sie eine humane und gesetzeskonforme Politik machen, dann werden Sie sicher unsere Unterstützung haben. (Beifall bei der SPÖ.)
14.47
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl. 7 Minuten gewünschte Redezeit; Restredezeit der Fraktion: 8 Minuten. – Bitte.
14.48
Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ja, fast hauptsächlich ÖVP-Regierungsmitglieder (Rufe bei der ÖVP: Nur!), jetzt nur mehr ÖVP-Regierungsmitglieder. Das ist natürlich ein Zeichen dafür, wie sehr sich unser Koalitionspartner mit dieser Materie beschäftigt. Es ist aber natürlich auch ein Zeichen dafür, wie dieser Dringliche Antrag – dieser Misstrauensantrag, aber selbstverständlich auch dieser Antrag auf Bleiberecht – gesehen wird.
Ich denke, dass Sie (in Richtung Grüne) heute so viel verdreht haben, gerade in dieser Sache, wenn man nämlich bedenkt, dass in der ersten Instanz der Herr Zogaj, der ja durch Schlepperbanden gekommen ist und dafür auch noch Geld bezahlt hat, innerhalb von zwölf Monaten die erste Ablehnung gefunden hat und dann trotzdem noch seine Familie nachgeholt hat. Da muss ich sagen: Wenn wir hier von der Verantwortung des Staates sprechen, dann sollten wir auch einmal von der Verantwortung eines Familienvaters seinen Kindern und seiner Familie gegenüber sprechen! (Beifall bei ÖVP, FPÖ und BZÖ.)
Und er wusste es! Die gesamten Verfahren waren binnen 21 Monaten abgeschlossen; er wusste, dass er kein Bleiberecht hat. Ich finde, sich heute herzustellen und ein generelles Bleiberecht zu fordern, obwohl man weiß, dass der Vater dieser Familie so gewissenlos gehandelt hat, obwohl man weiß, dass er mit dem Strafgesetz in Berührung gekommen ist, das ist nicht in Ordnung! Das ist auch von Ihnen nicht in Ordnung, die Sie hier sitzen. Die Gesetze müssen von uns nicht nur beschlossen werden, sondern wir müssen auch dafür einstehen, dass die Gesetze vollzogen werden. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Van der Bellen.)
Es ist natürlich überhaupt kein Wunder, dass Sie noch immer auf der Oppositionsbank sitzen, wenn ich denke, dass Sie einen Misstrauensantrag einbringen gegen den Innenminister, der Gesetze vollzieht, die wir 2005 mit mehr als einer Zweidrittelmehrheit beschlossen haben, dass Sie sich herstellen und sagen: Weil der Innenminister die Gesetze vollzieht, sprechen wir ihm das Misstrauen aus.
Da kann man, bitte, überhaupt nicht zustimmen! Unsere Fraktion wird es sowieso nicht tun, und unser Koalitionspartner sicherlich auch nicht. (Abg. Scheibner: Da bin ich mir nicht so sicher!) Aber jeder normal denkende Mensch wird sich hier denken: Das gibt es doch nicht – wenn Gesetze gemacht sind, wenn Gesetze beschlossen sind, dann müssen sie auch eingehalten werden! Das ist ganz klar, und da müssen auch Sie zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Nun zum Kosovo und zu diesen Schreckensbotschaften, die uns Herr Klubobmann Van der Bellen heute überbracht hat: Es ist heute ein Leserbrief in der Zeitung, ein offener Brief von Schwester Johanna Schwab, die auch an Arigona appelliert hat. Ich möchte dazu sagen, es wird niemand rückgeführt, ohne dass das Innenministerium schaut, was die Familie in ihrer Heimat vorfindet. (Abg. Strache: Die Familie nicht zerreißen!) Es ist die Heimat der Familie, das lässt sich nicht wegleugnen. Das lässt sich auch durch Ihr politisches Kleingeld, das Sie damit schlagen wollen, nicht wegleugnen, dass die Familie Zogaj ihre Heimat nach wie vor im Kosovo hat.
Es war nämlich auch eine Verantwortungslosigkeit des Vaters und der Eltern, dass sie es den Kindern – obwohl sie eigentlich schon nach 21 Monaten wussten, dass sie wieder zurückkehren müssen und dass sie kein Bleiberecht haben – so lange vorgegaukelt haben und dass sich diese Kinder so lange bei uns in das Gesellschaftsleben, in
das Schulleben und so weiter eingewöhnt haben. (Abg. Dr. Pirklhuber: Integriert haben!)
Da muss man auch die Anwälte und Organisationen ansprechen, die diese Asylverfahren verschleppen oder den Betroffenen das Geld aus der Tasche ziehen und den Betroffenen ganz einfach unter Vorspiegelung falscher Tatsachen falsche Hoffnungen machen. Da muss man sagen, diese Organisationen sollten vielleicht auch einmal das Geld in diesen Wiederaufbau in der alten Heimat investieren. Es gibt dort Schulen, und es gibt auch Ausbildungsmöglichkeiten.
Jeder, der sich jetzt herstellt und sagt, wir wollen, dass die hierbleiben, wir wollen das allgemeine Bleiberecht: Dann sollten diese Organisationen einmal auch in den ursprünglichen Heimatländern dieses Geld, das sie in andere Zwecke investieren – oder beispielsweise auch Sie in Demonstrationen (Abg. Dr. Van der Bellen: Wo ist der Unterschied zur FPÖ bei Ihnen?) –, in den Wiederaufbau investieren! Die Republik Österreich tut das, und die Europäische Union tut das auch. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen: Wo ist der Unterschied zur FPÖ?)
Der Unterschied zur FPÖ besteht ganz klar: Wir sagen, wir schauen jeden Fall an. Wir sagen, für uns gibt es kein generelles Bleiberecht ohne Wenn und Aber, weil das nämlich richtig ist. (Abg. Dr. Van der Bellen: Aber wo ist da der Unterschied?) Weil das nämlich richtig ist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)
Nein, weil es richtig ist; ich habe es Ihnen vorhin schon gesagt: Der Herr Zogaj hat, bitte, gegen das Gesetz verstoßen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Deswegen schieben Sie die Kinder ab?) Jetzt zu sagen, die Familie und die Kinder sind so arm, das ist, bitte, überhaupt keine Begründung! (Abg. Dr. Van der Bellen: Wo ist der Unterschied zur FPÖ?) Wollen Sie denn die Familie auseinanderreißen? Wollen Sie die Kinder hier haben, den straffälligen Vater dort, oder vielleicht die straffälligen Brüder auch hier haben? (Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist reine FPÖ-Politik!)
Ich verstehe Sie daher wirklich nicht. (Abg. Strache: Die Grünen wollen die Familie zerreißen!) Und ich glaube, dass Ihre Politik nur dazu dient, auf die Straße zu gehen, alle hereinzuholen und überhaupt keinen Unterschied mehr zu machen (Abg. Dr. Van der Bellen: Wo ist der Unterschied zur FPÖ? Außer Unterstellungen haben Sie nichts vorzubringen, gar nichts!): Ist jemand wirklich asylberechtigt? Braucht jemand unsere Hilfe? Wird jemand verfolgt? (Abg. Dr. Van der Bellen: Nur Unterstellungen!) Oder wollen wir nur alle hereinholen, damit wir irgendwann einmal Wählerstimmen bekommen, weil wir unsere linken Ansichten verwirklichen wollen? – Bitte, dann geben Sie das doch endlich einmal zu! (Beifall bei der ÖVP.)
Wie gesagt, es gibt Möglichkeiten, die Familien, die zurückgeführt werden, im Kosovo zu unterstützen. Diese Investitionen werden auch gemacht. Es gibt die Möglichkeit, und vielleicht sollten wir uns in diese Richtung mehr anstrengen, um nicht nur demonstrieren zu gehen und uns für Österreich zu schämen. (Beifall bei der ÖVP.)
14.54
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lutz Weinzinger. 7 Minuten Gesamtrestredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.
14.55
Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Herrschaften auf der Regierungsbank! Wir behandeln heute einen Dringlichen Antrag der Abgeordneten Van der Bellen, Weinzinger, Freundinnen und Freunde. Ich möchte betonen, dass mit Weinzinger hier die charmante Frau Brigid Weinzinger und nicht Lutz Weinzinger aus Oberösterreich gemeint ist. Darauf lege ich besonderen Wert! (Beifall bei der FPÖ.)
Aber ich kann nicht nur mit Dringlichen Anträgen dienen, die wir behandeln, sondern ich möchte auch folgende zwei Entschließungsanträge vorbringen.
Entschließungsantrag
„der Abgeordneten Strache, Rosenkranz, Vilimsky und weiterer Abgeordneter“ – darunter befinde ich mich – „betreffend DNA-Tests zur Immigrationskontrolle
Der Nationalrat wolle beschließen:
‚Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage für den Einsatz der DNA-Analyse als Grundlage für einen Verwandtschaftsnachweis beim Familiennachzug zur Immigrationskontrolle zuzuleiten.‘“
*****
Ich glaube, der Antrag spricht für sich, und Sie wissen, was damit gemeint ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Der zweite Antrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Rosenkranz, Dr. Haimbuchner, Mayerhofer und weiterer Abgeordneter betreffend Schließung der bestehenden Erstaufnahmestellen des Bundesasylamtes und Errichtung einer neuen Erstaufnahmestelle an der Staatsgrenze
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, die bestehenden Erstaufnahmestellen ,Ost‘ und ,West‘ des Bundesasylamtes in Traiskirchen/Niederösterreich und Thalham/Oberösterreich sofort zu schließen und durch eine neue Erstaufnahmestelle an der Staatsgrenze Österreichs fernab von österreichischen Wohngebieten zu ersetzen.“
*****
(Beifall bei der FPÖ.)
Das klingt hart, meine Damen und Herren, es ist aber eine Folge der Realität. Ich brauche Ihnen nicht zu schildern, was in Thalham los ist, und ich brauche Ihnen nicht zu schildern, was in Traiskirchen los ist. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich brauche Ihnen nicht zu schildern, wie die Bevölkerung – unsere Bevölkerung! – dort zutiefst gefährdet ist, wie sie sich irritiert fühlt, wie sie sich verunsichert fühlt. Das brauche ich Ihnen nicht zu erzählen, denn Sie lesen es fast täglich in den Zeitungen.
Meine Damen und Herren, da ist natürlich – wie heute schon einige Male gesagt wurde – in den letzten Jahren viel versäumt worden, und es ist eine Fehlentwicklung eingetreten. Es kann doch nicht sein, dass wir sehenden Auges zulassen, dass zu uns Menschen und Menschen und immer wieder Menschen kommen, die vorgeben, sie wären zu Hause verfolgt, obwohl wir alle wissen, dass sie nicht verfolgt werden – nur in Ausnahmefällen!
Das Asylrecht ist ein hohes Recht, es ist ein Recht, das nicht missbraucht werden darf. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist das Recht jener Menschen, die in ihrer Heimat aufgrund ihrer Rasse, aufgrund ihrer Religion, aufgrund ihrer politischen Anschauung verfolgt
werden und Gefahr an Leib, Leben und Freiheit haben. Diese haben selbstverständlich das Recht, ihr Heimatland zu verlassen und im nächsten sicheren Land Zuflucht zu erwarten. Das ist internationales Recht, und zu dem stehen wir, gar keine Frage!
Aber hören wir nicht, dass rund um Österreich lauter sichere Länder sind? Wie kommt dann, bitte, ein Asylwerber, ein echter Asylwerber, überhaupt hierher? Wie kommt er hierher? – Er geht ja schon durch ein sicheres Land. Wer also hierher kommt, hat nicht die lauteren Absichten, die hier zeitweise verbreitet werden. Und wir haben ja heute genug von dieser ominösen Familie gehört, wie sie hergekommen ist.
Jetzt frage ich Sie noch etwas: Haben Sie eigentlich schon überlegt, wenn Sie sagen: Wenn sie schon hier sind, dann sollen sie hier bleiben, und selbstverständlich müssen wir ihnen menschlich entgegenkommen und alle Möglichkeiten schaffen, was denn mit jenen ist, denen es in ihrer Heimat auch schlecht geht, die dort offensichtlich auch keine ausreichende Perspektive sehen? Was ist denn mit jenen, die nicht ausreichend kriminelle Energie aufbringen, um mittels Schlepper in unser Land zu kommen? Was ist mit denen?
Die vergessen wir! Wir denken nur an diejenigen, die es bis zu uns geschafft haben. Die anderen vergessen wir, anstatt dass wir mithelfen im internationalen Konzert, um ihnen ihr Los zu verbessern, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern.
Meine Damen und Herren, es wurde hier auch sehr viel gesprochen vom Leid, das hier von unseren Behörden produziert wird – aber niemand hat davon gesprochen, dass das Leid im gegebenen Fall von diesem Familienvater produziert wurde, der sich zuerst von der Familie abgesetzt und dann auf illegalem Weg die Familie hereingeholt hat. Und nun jammern wir alle, weil diese Familie auseinandergerissen wurde, weil sich zwei Personen der Familie der Rückführung entzogen haben.
Asyl ja für den, der es wirklich braucht! Asyl ja für den, dem wir dadurch helfen können, dass er sein Leben und seine Freiheit bewahrt! Asyl nein für jene, die sich hier bessere Lebensbedingungen schaffen wollen! Asyl nein für jene, die es über illegale Wege betreiben! Es kann doch nicht sein, dass für solche Menschen dann demonstriert wird und noch dazu demonstriert wird, wie wir wissen, von der zweitwichtigsten politischen Person in unserem Lande, von der Präsidentin unseres Nationalrates! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren, wir müssen hier umdenken, alle, ganz egal, von welcher Fraktion wir sind, denn zuerst die Heimat, zuerst unsere eigenen Mitbürger, dann die anderen, soweit wir es können und soweit wir es schaffen – aber keine Hilfe für Asylmissbrauch! (Beifall bei der FPÖ.)
15.02
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden verlesenen Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt, wurden auch ordnungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.
Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Strache, Rosenkranz, Vilimsky und weiterer Abgeordneter betreffend DNA-Tests zur Immigrationskontrolle
eingebracht im Zuge der Debatte zum Thema der Sondersitzung „Bleiberecht jetzt - Schluss mit den unmenschlichen Abschiebungen“ in der 33. Sitzung des Nationalrates am 10. Oktober 2007
Die Erfolgsquote der Anwendung der DNA-Analyse ist seit der Einführung international unbestritten hoch und wäre aus heutiger Sicht nicht mehr weg zu denken.
Das bekannteste Anwendungsgebiet der DNA-Analyse ist wohl die Verbrechensaufklärung und damit verbunden die Feststellung der Identität einer Person, doch das generelle Einsatzgebiet ist um einiges weiter und vielschichtiger. So kommt die DNA-Analyse speziell im medizinischen Bereich bei der Feststellung von Krankheiten und deren Ursachen große Bedeutung zu. Aber auch bei der Ermittlung von Verwandtschaftsverhältnissen nimmt der DNA-Test einen hohen Stellenwert ein.
Gerade die Überprüfung von Verwandtschaftsverhältnissen mittels DNA-Analyse sollte im Asyl- und Fremdenwesen in Zukunft Eingang finden. Der Familiennachzug, seit jeher ein großes Problem der österreichischen Fremdenpolitik, bietet ein perfektes Gelände zur Anwendung der DNA-Tests. Im Asyl- und Fremdenwesen wird leider von manchen fremden Antragstellern gelogen und betrogen. Die Papiere werden vernichtet, das Alter ändert sich, die Namen ebenso und die Herkunftsländer wechseln nach Bedarf. Genauso sind die Probleme auch mit den Familien.
Einige ausländische Familien wurden schon nach Österreich geholt, die Meisten davon mit vielen Kindern gesegnet. Oftmals stellte sich heraus, dass einige der Kinder nicht die Eigenen waren, sondern aus anderen Familien stammten.
In Frankreich wurde seit geraumer Zeit über den Einsatz von DNA-Tests als Verwandtschaftsnachweis zur Immigrationskontrolle diskutiert. Nun hat der französische Senat den DNA-Tests als Nachweis der biologischen Verwandtschaft zugestimmt. Der Grund für diese Regelungen war laut der Tageszeitung „Die Presse“ vom 5. Oktober 2007, „dass die praktisch inexistenten oder unzuverlässigen Zivilstandsregister mancher afrikanischer Herkunftsländer von Zuwanderern nicht genügten.“
Selbst der ORF hat diese Idee, nachziehende Angehörige von Einwanderern deren biologische Abstammung bezweifelt wird, per DNA-Test belegen zu lassen, in der Pressestunde vom 23. September 2007aufgegriffen.
Aus den genannten Gründen muss die DNA-Analyse in Zukunft eine generelle Voraussetzung für den Familiennachzug werden und somit für die nach Österreich wollenden Familienangehörigen verpflichtend sein. Die Kosten für den DNA-Test trägt natürlich der nachziehende Fremde.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage für den Einsatz der DNA-Analyse als Grundlage für einen Verwandtschaftsnachweis beim Familiennachzug zur Immigrationskontrolle zuzuleiten.“
*****
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Weinzinger, Strache, Rosenkranz und weiterer Abgeordneter betreffend Schließung der bestehenden Erstaufnahmestellen des Bundesasylamtes und Errichtung einer neuen Erstaufnahmestelle an der Staatsgrenze
eingebracht im Zuge der Debatte zum Thema der Sondersitzung „Bleiberecht jetzt - Schluss mit den unmenschlichen Abschiebungen“ in der 33. Sitzung des Nationalrates am 10. Oktober 2007
Seit 1. Mai 2004 werden Flüchtlinge in Österreich in einer der beiden Erstaufnahmestellen – Thalham in Oberösterreich und im niederösterreichischen Traiskirchen – untergebracht. Dort warten sie auf die Zulassung zum Asylverfahren.
Seit vielen Jahren befindet sich schon in der Gemeinde St. Georgen eine Betreuungsstelle des Bundesministeriums für Inneres. Aber erst mit der Einrichtung der Erstaufnahmestelle „West“ in Thalham begannen die Probleme für die Bevölkerung. Die Sicherheitsberichte der Bundesregierung der letzten Jahre weisen eine hohe und teilweise immer noch steigende Kriminalitätsrate im Bereich der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck auf. Speziell im näheren Umfeld der Erstaufnahmestelle in der Gemeinde St. Georgen im Attergau mehren sich Einbrüche und Diebstähle. Selbst der oberösterreichische Sicherheitsdirektor Alois Lißl bestätigt die bestehende Problematik gegenüber den Medien: „Die Kriminalität ist konstant erhöht.“ Als Beispiel sei hier das Sanatorium „Rupp“ in St. Georgen angeführt, welches seit dem Jahr 2004 immer öfter mit Diebstählen und Sachbeschädigungen zu kämpfen hat. Der Verwalter des Sanatoriums bringt nicht mehr allzu viel Verständnis für die Situation auf: "Am Ende des Tages werden wir einen Stellenabbau oder einen Standortwechsel überlegen". Selbst eine Straßenschlacht zwischen Ausländern und einheimischen Jugendlichen durften die Anrainer schon erleben. Schlägereien oder randalierende Ausländer in der Erstaufnahmestelle sind keine Seltenheit mehr im Einsatzalltag der Polizei. Alles in allem kein Aushängeschild für die Ferienregion im Attergau.
In der Erstaufnahmestelle „Ost“ des Bundesasylamtes in Traiskirchen, Niederösterreich, stehen die Dinge nicht besser. Zwar verlagert sich ein Gutteil der Kriminalität, auf Grund der Nähe zu einer Großstadt, nach Wien, dennoch sind die oben, im Zusammenhang mit der Erstaufnahmestelle Thalham, angeführten Unannehmlichkeiten und Komplikationen auch hier für die Anrainer Tatsache.
Die Idee zur Schließung und Verlegung der Erstaufnahmestellen fand in der Bevölkerung starken Widerhall. Das Ziel die Absiedelung der Erstaufnahmestellen wird schon seit längerem, auch gegen die Widerstände der ehemaligen Bundesminister für Inneres wie Strasser und Prokop, verfolgt. Politiker aller Couleurs und Fraktionen dieser Region wie auch des Landes Oberösterreich konnten, nicht zuletzt auf Grund der unerträglichen Lage und des dadurch entstandenen Drucks der betroffenen Bevölkerung, die bestehende Problematik nicht mehr negieren. Eine Lösung im Sinne der Betroffenen kann nur durch eine Verlegung der Erstaufnahmestellen in den grenznahen Bereich, fernab von österreichischen Wohngebieten, sein.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, die bestehenden Erstaufnahmestellen „Ost“ und „West“ des Bundesasylamtes in Traiskirchen/Niederösterreich und Thalham/Oberösterreich sofort zu schließen und durch eine neue Erstaufnahmestelle an der Staatsgrenze Österreichs fernab von österreichischen Wohngebieten zu ersetzen.“
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten; Restredezeit der Fraktion: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
15.02
Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist schon ein starkes Stück, mit welcher medialen Inszenierung uns die grüne Fraktion heute mit dieser Sondersitzung beglückt, um dann, wenn es schon einmal läuft, den Großteil und wirklich den Großteil – ich glaube, sogar 95 Prozent; Sie haben also nicht einmal Ihre Wähler mit hineingepackt –, 95 Prozent der österreichischen Bevölkerung mit einer linken Hetze, mit einem linken Aktionismus und mit leeren Phrasen zu belästigen. Das ist wirklich eine Ungeheuerlichkeit. (Beifall beim BZÖ.)
Herr Klubobmann Van der Bellen, Sie haben in Ihrem ersten Redebeitrag gesagt, es sei sinnlos mit dem BZÖ und der FPÖ über diese Thematik zu reden. Ich weiß nicht, was bei den Gesprächen mit der FPÖ herausgekommen wäre, aber ich sage Ihnen: Bei uns vom BZÖ hätten Sie ganz klar gesehen, dass man mit uns nicht nur reden kann, sondern auch handeln. Ich sage Ihnen nun, wie wir das in Kärnten gemacht haben. (Zwischenrufe bei den Grünen.) – Hören Sie mir bitte einmal zu, denn das tut Ihnen vielleicht gut, wenn Sie schon im Vorfeld nicht das Gespräch mit uns suchen.
In Kärnten – um das einmal herunterzureduzieren auf „böse“ und „gute“ Asylwerber, nämlich die, die Asyl missbrauchen, und solche, die Asyl wirklich zu Recht in Anspruch genommen haben – hat Herr Landeshauptmann Dr. Haider Folgendes getan: Tschetschenische Asylbanden, die straffällig geworden sind, sind innerhalb von 13 Stunden aus dem Bundesland Kärnten ausgewiesen worden. Und dieses Recht, das er in Anspruch genommen hat, ist eines, das jeder Landeshauptmann in dieser Republik hat. Er hat darauf zurückgegriffen und hat sofort gehandelt. (Beifall beim BZÖ.)
Auf der anderen Seite hat er jenen versucht zu helfen, die zu Recht bei uns im Land waren: Asylwerber aus dem Kosovo, denen schlussendlich das Land Kärnten angeboten hat, eine Wiederaufbauhilfe in Anspruch zu nehmen. Und was soll ich Ihnen sagen? Die Kosovaren haben das angenommen. Das Land Kärnten hat sie finanziell unterstützt, beim Wiederaufbau geholfen, und der Großteil der Kosovaren ist nach dem Konflikt zurück in den Kosovo gekehrt. – Das ist handeln und nicht nur reden! (Beifall beim BZÖ.)
Wenn ich schon bei den leeren Worthülsen der Grünen bin: Im Antrag der Grünen heißt es wie folgt: „Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle zum Fremdenrechtspaket zuzuleiten, mit der“ – und jetzt kommt Punkt 2 Ihres Antrages – „... LangzeitasylwerberInnen ab einer Verfahrensdauer von 3–5 Jahren einmalig der Umstieg auf ein Bleiberecht ermöglicht wird.“ Und jetzt kommt es: „Diese Regelung soll nach einmaliger Anwendung außer Kraft treten.“ (Abg. Ing. Westenthaler: Völliger Schwachsinn!)
Wie meinen Sie denn das? Vielleicht kann jemand von Ihnen hier herauskommen, um dem Nationalrat und auch der Republik, allen Zuhörern und Zusehern das zu erklären: Sie machen eine Sondersitzung zum Thema Bleiberecht und beantragen hier ein Gesetz, das nur einmal Anwendung findet!?
Bitte, überlegen Sie sich, wie Sie etwas formulieren, bevor Sie uns damit belästigen! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)
Der nächste Punkt, der sehr interessant ist und den ich hier auch erwähnen möchte: Klubobmann Cap von der SPÖ, der gerade nicht zu sehen ist, sagte vorhin: Wir wollen, dass menschliche Kriterien eine Rolle spielen! – Dazu muss ich sagen, Kriterien wollen
wir auch, Kriterien haben wir festgelegt, Kriterien haben wir eingebracht, nachdem hinsichtlich des Zugangs gesetzlich normiert vorgegangen werden soll. Ob diese menschlich sind, das wird immer relativ subjektiv sein, aber etwas ist klar: Am Ende einer Entscheidung muss diese korrekt gefallen und nachvollziehbar sein.
Aber das Interessante an dieser Aussage des Klubobmannes Cap war, er hat von einem Kriterienkatalog gesprochen und von keiner Generalamnestie. Und was ereilt uns in einer APA-Aussendung von 14.36 Uhr des heutigen Tages? – „SP-Landesrat Ackerl will Generalamnestie in Realität umsetzen.“
Ich stelle hier schon die Frage: Wie geht es zu in der SPÖ? Was will die SPÖ? In welche Richtung wandert sie? Hier stehen die Vertreter der SPÖ auf, bis hin zum Verteidigungsminister, zu Herrn Klubobmann Cap, und sagen: Keine Generalamnestie! Und Landesrat Ackerl sagt in seiner neuesten Aussendung – das heißt, er hat Sie alle damit überholt –, er wird eine Generalamnestie umsetzen. Also das ist wirklich nicht glaubwürdig.
Zu guter Letzt, da meine Redezeit zu Ende geht, bleibt mir nur festzuhalten, dass das BZÖ sicherlich nicht für ein generelles Bleiberecht zu gewinnen ist, sicherlich nicht für eine Generalamnestie zu haben ist, die alle in Bausch und Bogen mit einschließt, egal, ob jemand ein illegaler Asylwerber in unserem Land ist oder bereits straffällig geworden ist. Mit uns wird es das nicht geben! Mit uns wird es nur eines geben: eine strenge zentrale Einzelfallprüfung und die raschestmögliche Umsetzung des zu schaffenden neuen Asylgerichtshofes. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)
15.07
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 4 Minuten gewünschte Redezeit; Restredezeit der Fraktion: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Jarolim –: Also wie ist das jetzt mit der Generalamnestie?)
15.07
Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Minister! Ich glaube, wenn man die beiden letzten Debattenbeiträge gehört hat, wird erkennbar, wie bedauerlich eigentlich die gegenständliche Situation (Abg. Ing. Westenthaler: In der SPÖ ist!) nicht nur in der Sache selbst ist, sondern auch, welche klimatische Änderung sich dadurch im Land ergibt. Ich bedauere das sehr, Herr Bundesminister, und ich denke, dass wir hier wirklich aufgefordert sind, rasch eine Lösung dieses, wie Sie heute selbst sagten, humanitären Falles zu finden. Ich glaube – und das sei uns wirklich allen ins Stammbuch geschrieben –, mit demonstrativer Herzlosigkeit kann man keine Politik machen, das ist, meine Damen und Herren, so denke ich, offenkundig. (Abg. Strache: Ein Herz für Gesetzesbrecher, die SPÖ! Das war schon unter Broda so!)
Ich frage mich weiters, Herr Bundesminister Platter – und ich glaube, auch das sollte man nicht außer Acht lassen –, warum wir eigentlich in diese Situation gekommen sind. Und, Herr Klubobmann Schüssel, ich hätte mir schon erwartet, dass Sie hier zu Ihrer Verantwortung als seinerzeitiger Bundeskanzler stehen und uns erklären, warum die Einrichtung eines Bundesasylgerichtshofes, die wir 2005 alle miteinander hier beschlossen haben, bis heute nicht passiert ist und warum 77 Personen zehn Jahre lang, 87 Personen neun Jahre lang und 206 Personen acht Jahre lang hier ihr Verfahren haben. (Abg. Strache: Habt ihr die letzten neun Monate geschlafen in der Regierung?) Ich denke mir, dass das inakzeptabel ist, und es sollte uns ein gemeinsames Anliegen sein, diese Situation jedenfalls zu verbessern.
Meine Damen und Herren! Wenn davon gesprochen wird, dass wir hier ein humanitäres Bleiberecht zur Anwendung bringen wollen – auch unter Minister Strasser wurde 1 500 Mal im Jahr 2003 davon Gebrauch gemacht; Sie, Herr Innenminister Platter, haben das bis jetzt 800 Mal getan –, und wenn es darum geht, wann dieses humanitäre Bleiberecht angewendet werden soll, was ein Kriterium dafür ist, dann muss man sehen, dass die Bevölkerung, die in dieser Ortschaft wohl die bestmögliche Beurteilung darüber abgeben kann, eindeutig gezeigt hat, dass es sich hiebei um eine Integration im besten Sinne des Wortes handelt, und das kann man nicht einfach ignorieren. Wenn es hier eine Integration gibt und die Bevölkerung und letztlich auch der Landeshauptmann von Oberösterreich das kundgetan haben, dann darf ich wirklich darum ersuchen, dass wir in diesem Sinne vorgehen. Es gibt ja auch bereits die entsprechenden Modelle – die werden ja nicht zum ersten Mal angewendet –, die zeigen, wie dieser Einzelfall geklärt werden kann.
Meine Damen und Herren! Diese Erklärungen über die Straffälligkeit habe ich bis dato nirgendwo real nachvollziehen können, und ich möchte wirklich davor warnen, Erklärungen hier in den Raum zu stellen, die nur weiter die Gerüchteküche brodeln lassen.
Eines vielleicht auch noch, weil hier so der Unterton durchgekommen ist, die Familie hätte mehr oder weniger, indem sie 10 000 € an Schlepper bezahlt hat, die Mafia unterstützt: Meine Damen und Herren, wenn ich als arme Familie 10 000 € bezahle (Abg. Strache: Da ist man im Kosovo ein reicher Bürger, ein wirklich reicher Bürger!), wenn ich mein Haus, wie wir es heute gesehen haben, verlasse, dann – bitte, nehmen Sie das doch zur Kenntnis! – muss die Not ja besonders groß sein, dass ich mich trotzdem ins Ausland absetze. (Abg. Strache: Hunderttausende Österreicher haben keine 10 000 €!)
Also ich würde vorschlagen, hier nicht herzlos zu sein. Wir wollen keine Verbrecher im Land, das wissen Sie. Unser Konzept ist, Asyl zu gewähren, aber auch humanes Bleiberecht. Sein Herz anzuwenden, sein Herz sprechen zu lassen in der Politik, das ist kein Ausschließungsgrund, sondern das ist eigentlich im Rechtsstaat die Ergänzung zum rechtlichen Reglungswerk. Das liegt hier vor, Herr Bundesminister. Wir können hier eine Lösung finden, die tatsächlich von Menschlichkeit getragen ist. Machen wir das gemeinsam! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
15.11
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mandak. Gesamtrestredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
15.11
Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte Ihnen gerne ein SMS vorlesen, das ich gerade von zwei jungen Frauen bekommen habe:
Da kann man einfach nur kotzen. Wir wünschen niemandem die Flucht, aber einigen würde es gut tun, einmal verfolgt zu werden und nach ihren eigenen Vorschlägen behandelt zu werden. Unglaublich, dass so etwas in unserer heutigen Zeit noch gemacht wird und gedacht wird. Herzlichen Dank fürs Erheben der Stimme. (Ruf bei der ÖVP: Absender: Van der Bellen!)
Gerade Sie, Herr Kollege Westenthaler, oder gerade Sie, Herr Kollege Lutz, sollten sich diese Zeilen gut merken, denke ich. (Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ.)
Wir haben am Anfang der Sitzung heute Herrn Minister Platter gehört, und da ist etwas passiert, wo ich mir gedacht habe, ich höre nicht recht: Herr Minister Platter hat sich allen Ernstes bedankt bei dem Priester, der die Jugendliche bei sich versteckt gehalten hat. Das ist interessant. (Ruf bei der ÖVP: Das ist die Unwahrheit! – Abg. Scheibner:
Da hat sie recht, das war übertrieben! – Abg. Strache: Das ist ja gar nicht richtig! Das ist eine Unterstellung, die gar nicht stimmt! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Wir danken dem Priester, weil er Zivilcourage bewiesen und der Jugendlichen Asyl gewährt hat. – Herr Minister! Sie haben sich aber bei einem Mann bedankt, der aus Ihrer Sicht das Recht gebrochen hat, der ein Recht gebrochen hat nach dem Asylgesetz und nach dem Fremdenrechtspaket, das Sie selbst als Minister in der letzten Legislaturperiode im Ministerrat mit beschlossen haben. (Beifall bei den Grünen.)
Dieser Mann hat Beihilfe zum unrechtmäßigen Aufenthalt geleistet. (Abg. Mag. Donnerbauer: Irrtum! Irrtum!) Das ist ein Straftatbestand, den Sie mit bis zu sechs Monaten Freiheitsentzug ahnden. Und bei genau dem Mann haben Sie sich heute bedankt. Allein das zeigt, wie widersprüchlich, unklar und indiskutabel Ihre Politik ist. (Beifall bei den Grünen.)
Interessant war dann zu sehen, dass Sie keine Miene verzogen haben, als sich Kollegin Brigid Weinzinger bei Helferinnen und Helfern bedankt hat, die hier waren und die andere Familien unterstützen. Nach welchem Maß messen Sie? Verhalten Sie sich deshalb so, weil es sich hier um einen Vertreter der Kirche handelt und Sie es nicht wagen, sich mit der Kirche anzulegen? Oder deshalb, weil dieser eine Fall besonders in den Medien vorgekommen ist und Sie sich denken, die anderen sind mir eigentlich egal, denn in Wirklichkeit ist es mir egal? Oder ist es deshalb, weil Sie sich nur ein bisschen gescheut haben, hier irgendwie Beifall zu spenden? – Dann erwarte ich mir von Ihnen, dass natürlich auch alle anderen Helferinnen und Helfer, die Menschen sozusagen Asyl gewähren, sie unterstützen, ihnen Zimmer geben, in den genau gleichen Genuss dieser Nichtstrafverfolgung kommen, wie das im Fall dieses Priesters geschieht. (Beifall bei den Grünen.)
In sechs Landtagen in Österreich wurden Anträge auf ein Bleiberecht für langjährig integrierte Menschen beschlossen. Wir haben hier heute einen Antrag auf Abschiebestopp für ebenfalls langjährig integrierte Menschen eingebracht. Wir wollten dazu eine geheime Abstimmung. Die Klubobleute von SPÖ und ÖVP haben schon angekündigt, das wird es sicher nicht geben; Sie können das leider verhindern. Wir hätten das gerne gemacht, weil wir wissen, dass etliche der Abgeordneten eigentlich gerne anders entschieden hätten. Leider trauen Ihnen die Klubobleute nicht zu, eigenständig abzustimmen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)
Wir werden deshalb jetzt eine namentliche Abstimmung verlangen und ersuchen Sie, trotzdem so zu stimmen, wie Sie eigentlich wollten, und wir werden nachher genau schauen, wer wie abstimmt und welche Ländervertreter welches Verhalten in den Bundesländern gezeigt haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
15.16
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Zach. 1 Minute Gesamtrestredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.
15.16
Abgeordneter Alexander Zach (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Innenminister! Der Bogen ist überspannt: Ich spreche Ihnen hier mit heutigem Tag mein Misstrauen aus. (Beifall bei den Grünen. – Ironische Heiterkeit bei ÖVP, FPÖ und BZÖ.)
Ich kann Ihnen das ganz klar begründen: Ihr Grundrechtsbewusstsein ist inakzeptabel, und Sie haben das durch mehrmalige Vorfälle unter Beweis gestellt. Stichwort: Präventivhaft – klar menschenrechtswidrig.
Punkt 2: Ihr überzogener Versuch einer Telefon- und Internetüberwachung – Stichwort: „Regierungstrojaner“.
Und jetzt das Asylthema. – Das hat einfach das Fass zum Überlaufen gebracht.
Ich nehme die Kritik, die von den Grünen auch an der SPÖ geübt wurde, durchaus ernst. Ich bin auch jemand, der immer gesagt hat, das Fremdenrechtspaket ist aus meiner Sicht inakzeptabel. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Aber, Herr Innenminister, die Form, wie Sie sich heute hier durch Ihre beiden Advokaten Strache und Westenthaler verteidigen haben lassen, lässt auf nichts Gutes schließen. Und ich sage Ihnen, damit haben Sie den Versuch unternommen, Schwarz-Blau-Orange wiederzubeleben. Ich bin froh, dass diese dunklen Zeiten vorbei sind, Sie anscheinend nicht. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Strache: Der neue grüne Shootingstar! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP, FPÖ und BZÖ.)
15.18
Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
PräsidentinMeine Damen und Herren, ich darf Sie zunächst ersuchen, sich auf Ihre jeweiligen Plätze zu begeben, bevor wir zu den Abstimmungen kommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 393/A(E) der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bleiberecht für Integrierte.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend humanitäre Aufenthaltsgenehmigungen für Familie Zogaj.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und abgelehnt.
Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschiebestopp für Integrierte.
Es liegt ein Antrag von 20 Abgeordneten auf Durchführung einer geheimen Abstimmung über diesen Entschließungsantrag vor.
Eine geheime Abstimmung ist durchzuführen, wenn dies der Nationalrat beschließt.
Ich lasse daher über den gegenständlichen Antrag abstimmen, und ich bitte jene Damen und Herren, die für die Durchführung einer geheimen Abstimmung sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.
Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.
Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.
Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des/der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.
Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.
Ich ersuche jene Abgeordneten, die für diesen Entschließungsantrag stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.
Ich bitte nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Wimmer, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Dr. Brinek wird ihn später dabei ablösen. (Rufe bei der ÖVP: Antrag! – Abg. Dr. Schüssel: Sie müssen sagen, worüber abgestimmt wird!)
Meine Damen und Herren, Sie waren wenig aufmerksam. (Abg. Scheibner: Nein, nein! – Abg. Steibl: Sie haben falsch vorgelesen! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ.)
Es ist dies der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschiebestopp für Integrierte.
Nur zur Erinnerung: Nachdem der Antrag auf geheime Abstimmung abgelehnt wurde, haben die Grünen einen Antrag auf namentliche Abstimmung eingebracht, über welchen natürlich die Abstimmung durchzuführen und der zur Kenntnis zu nehmen ist.
Daher lasse ich jetzt über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschiebestopp für Integrierte abstimmen. – Das gesamte Procedere ist von mir bereits verlesen worden.
Ich ersuche nun den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Wimmer, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Dr. Brinek wird ihn später dabei ablösen.
(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Wimmer und Dr. Brinek werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich die Sitzung zur Auszählung der Stimmen unterbreche ... (Abg. Ing. Westenthaler: Frau Präsidentin, es liegt eine Wortmeldung vor!)
Bevor ich dem Herrn Abgeordneten Scheibner, der sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat, das Wort erteile, möchte ich gleich eines zum Procedere sagen: Definitiv hätte meines Erachtens – das war jetzt sehr, sehr zügig, das ging Schlag auf Schlag – über den Antrag auf geheime Abstimmung gar nicht abgestimmt werden dürfen. Das war tatsächlich mein Fehler; das gebe ich zu.
Ich erteile nun Herrn Abgeordnetem Scheibner zur Geschäftsordnung das Wort.
15.30
Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Wir haben jetzt diskutiert, und ich muss sagen: Meiner Ansicht nach ist diese Abstimmung geschäftsordnungswidrig, denn es gibt, wie Sie wissen, eine Konkurrenz zwischen geheimer Abstimmung und namentlicher Abstimmung. Wenn eine namentliche Abstimmung beantragt ist, dann hat diese den Vorzug – und dann ist aber über eine geheime nicht mehr abzustimmen.
Meiner Information nach ist aber der Antrag auf namentliche Abstimmung erst zu dem Zeitpunkt eingebracht worden, zu dem bereits über die geheime Abstimmung abgestimmt wurde. Und wie Sie wissen, ist es nicht möglich, im Abstimmungsvorgang neue Anträge einzubringen.
Ich ersuche also um ein geschäftsordnungsgemäßes Vorgehen. Diese Abstimmung ist meiner Information und meinem Wissen nach nicht geschäftsordnungskonform. (Beifall beim BZÖ.)
15.30
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich lasse Ihnen gerne im Laufe der nächsten Tage eine schriftliche Stellungnahme zukommen, was genau ein Abstimmungsvorgang laut Geschäftsordnung ist. Wir werden darüber auch in der Präsidiale noch reden; wir haben ohnedies morgen eine Präsidiale.
Ich unterbreche nun die Sitzung und lasse die Stimmen auszählen.
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(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenauszählung vor. – Die Sitzung wird um 15.31 Uhr unterbrochen und um 15.39 Uhr wieder aufgenommen.)
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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.
Nachdem es größere Unstimmigkeiten bezüglich der Vorgangsweise und meiner Entscheidung bezüglich des Zulassens einer namentlichen Abstimmung gab, haben wir hier in einer Stehpräsidiale beraten, und ich darf sagen: Ich möchte auf alle Fälle sichergehen, dass es keine falsche Abstimmung gab – und aus diesem Grund werde ich nun das Ergebnis der namentlich durchgeführten Abstimmung nicht verlautbaren.
Ich lasse daher über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Van der Bellen, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschiebestopp für Integrierte durch Erheben von den Sitzen abstimmen.
Wer diesem Antrag die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist somit abgelehnt. (Abg. Dr. Van der Bellen: Zur Geschäftsbehandlung!)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Legalisierung voll integrierter, langjährig in Österreich lebender, unbescholtener Ausländer bei gleichzeitiger Beibehaltung des strengen Asyl- und Fremdenrechtes.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.
Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. – Bitte.
15.40
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Fürs Protokoll: Ich respektiere Ihre Entscheidung, aber ich halte sie für nicht richtig. Die Abstimmung war vollkommen korrekt: zuerst die geheime und dann die namentliche. Ich sehe überhaupt nicht ein, was da geschäftsordnungswidrig gewesen sein könnte.
15.41
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen, da es unterschiedliche Auffassungen gab, wollte ich die sichere Variante wählen und bin deswegen auch genau so vorgegangen. (Zwischenruf der Abg. Sburny.)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Parnigoni, Dipl.-Ing. Missethon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Asylrecht, humanitäres Aufenthaltsrecht und Fremdenrecht.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist somit angenommen. (E 39.)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Verschärfungen des Asylwesens.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche und deutliche Verkürzung der Asylverfahren.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.
Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend DNA-Tests zur Immigrationskontrolle.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schließung der bestehenden Erstaufnahmestelle des Bundesasylamtes und Errichtung einer neuen Erstaufnahmestelle an der Staatsgrenze.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 393/A bis 406/A eingebracht wurden.
Ferner sind die Anfragen 1608/J bis 1622/J eingelangt.
Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates eingebracht worden.
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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 15.44 Uhr, das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung, ein.
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 15.44 Uhr
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