9/PET XXIII. GP

Eingebracht am 20.03.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

Theresia Haidlmayr
Abgeordnete zum Nationalrat

An die

Präsidentin des Nationalrates

Maga Barbara Prammer
Im Hause

20.März 2007

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Die unterfertigte Abgeordnete überreicht im Sinne des § 100 Abs.1 Ziffer 1 GOG des
Nationalrates eine

PETITION

betreffend
"Anerkennung von Taubblindheit als eigenständige Behinderung"

mit der Bitte um weitere geschäftsordnungsgemäße Behandlung

Theresia Haidlmayr
Abg. zum Nationalrat


PETITION

Im April 2004 wurde Taubblindheit als eigenständige Behinderung vom Europäischen Parlament anerkannt (Written Declaration 1/2004)

Die Anerkennung der Taubblindheit bzw. der Hör- und Sehbehinderung als eigene Form von Behinderung ist auf europäischer Ebene bereits wirksam, nicht jedoch in Österreich.

Innerhalb der EU leben 150.000 taubblinde Menschen, in Österreich geht man von einer Auftretenshäufigkeit von bis zu 1.440 taubblinden Menschen aus.

In der beiliegenden Erklärung des Europäischen Parlaments sowie des Infoblattes wird definiert, was Taubblindheit bedeutet und es wird gefordert, taubblinden Menschen das Recht zu ermöglichen, am demokratischen Leben teilzunehmen, eine Ausbildung zu erlangen, zu arbeiten und eine auf ihre Anforderungen angepasste Betreuung zu erhalten. Weiters sollen sie - wie alle anderen Menschen - ein Recht auf lebenslanges Lernen haben.

Taubblindheit muß endlich auch in Österreich als eigene Behinderungsform anerkannt werden.


INFOBLATT zur Anerkennung von Taubblindheit

Die wichtigsten Argumente und Forderungen:

Ø      Taubblinde Menschen stellen eine der am meisten ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen in der Europäischen Union dar, denen grundlegende Rechte versagt werden. Eine offizielle Anerkennung als eine eigenständige Behinderung ist unabdingbar, um den Rahmen für eine den Bedürfnissen entsprechende Hilfeleistung zu schaffen. Nur eine offizielle Anerkennung dieser Behinderung kann gewährleisten, dass die Bedürfnisse taubblinder Menschen auch in weiteren politischen Entscheidungsprozessen Berücksichtigung finden.

Ø      Taubblindheit ist eine eigenständige Behinderung und muss als solche anerkannt werden. Die Auswirkungen, die mit der doppelten Sinnesschädigung einhergehen, sind so schwerwiegend, dass eine adäquate, auf die spezifischen Bedürfnisse zugeschnittene Unterstützung der Betroffenen unabdingbar ist. Probleme, die insbesondere in den Bereichen Kommunikation, Mobilität und Zugang zu Informationen auftreten, müssen durch eine professionelle Unterstützung kompensiert werden.

Ø      In jenen Ländern, in denen die Rechte taubblinder Menschen gesetzlich festgelegt sind, werden die Kosten der Dolmetschleistungen von offizieller Seite übernommen, wie es etwa in den meisten skandinavischen Ländern als auch in den Niederlanden der Fall ist. In Österreich gibt es dieses Angebot nach wie vor nicht.

Ø      Dolmetschdienste sollten nicht nur am Arbeitsplatz oder bei offiziellen Terminen, sondern auch in Alltagssituationen angeboten werden.

Ø      Identität. Taubblinde Menschen gehören weder zur Gruppe der Sehbehinderten, noch zur Gruppe der Hörbehinderten. Eine eindeutige Begriffsführung ist unabdingbar, um inhaltliche Missverständnisse zu vermeiden.

Was wir brauchen:

Ø      Ein spezifisches Programm, um taubblinde Menschen diagnostizieren zu können. Ein solches Verfahren ist elementar, um die Anzahl der taubblinden Personen in den einzelnen Ländern zu ermitteln. Nur auf diesem Wege kann von offizieller Seite aus eine adäquate und bedürfnisorientierte Unterstützung gewährleistet werden.

Ø      Das Recht auf die richtige Unterstützung, um einer Arbeit nachgehen zu können; es muss sichergestellt werden, dass taubblinde Menschen das Recht auf spezielle Hilfen zugesprochen wird. Arbeit ist für taubblinde Menschen von größter Bedeutung. Sie ist eine Möglichkeit, um aus der Isolation auszubrechen, soziale Beziehungen aufzubauen und mehr Unabhängigkeit zu erlangen.

Ø      Das Recht auf Beschulung. Lehrer die taubblinde Kinder unterrichten, brauchen spezielle Schulungen.


Ø      Das Recht auf Kommunikation. Taubblinde Menschen sind ohne Kommunikationspartner völlig isoliert. Sie brauchen Eins-zu-Eins Betreuung.

Ø      Dolmetschdienste: offizielle Ausbildungsmöglichkeiten für Dolmetschdienste für taubblinde Menschen - und Kostenübernahme der Dolmetschdienste. Es gibt einen Mangel bzw. gibt es keine Ausbildungsmöglichkeiten für Assistenten und Dolmetscher. Stellen ehrenamtliche Helfer, Freunde oder Familienangehörige die einzige Hilfe dar, führt dies zu Abhängigkeitsverhältnissen, die die persönlichen Beziehungen stark belasten können.

Ø       Das Recht auf geschultes medizinisches Personal. Wir benötigen Ärzte, die über spezielle Ausbildungen verfügen und taubblinde Menschen als Gesamtperson wahrnehmen.

Ein Vorbild: das System in Dänemark hat eine Vorbildfunktion. Hier ist Taubblindheit offiziell anerkannt. Darüber hinaus existiert ein Programm, um taubblinde Menschen diagnostizieren und statistisch erfassen zu können. Qualifizierende Ausbildungsmöglichkeiten für Dolmetscher und Assistenten stellen sicher, dass den Bedürfnissen der Betroffenen genügend Rechnung getragen wird, wobei die Unterstützungsleistungen speziell auf das Alter der taubblinden Personen zugeschnitten sind.


EUROPÄISCHES PARLAMENT


12. Januar 2004                                                                                                                    1/2004

SCHRIFTLICHE ERKLÄRUNG

zur Aufnahme in das Register

eingereicht gemäß Artikel 51 der Geschäftsordnung

von Richard Howitt, Mario Mantovani, Elizabeth Lynne, Patricia McKenna,

und Ilda Figueiredo

zu den Rechten von Hör- und Sehbehinderten (Taubblinden) Verfallsfrist: 12. April 2004

DC\518881DE.doc                                                                                                            PE 340.817

DE                                                                                                             DE


1/2004

Schriftliche Erklärung zu den Rechten von Hör- und Sehbehinderten (Taubblinden)

 

Das Europäische Parlament,

-          gestützt auf Artikel 51 seiner Geschäftsordnung,

-          unter Hinweis auf Artikel 13 des Vertrags über die Europäische Union und den Grundsatz der Menschenwürde,

A.   in der Erwägung, dass Taubblindheit eine ausgeprägte Behinderung in Form einer Kombination von Seh- und Hörbehinderungen ist, was zu Schwierigkeiten beim Zugang zur Information, Kommunikation und Mobilität führt,

B.   in der Erwägung, dass es in der Europäischen Union ca. 150 000 Hör- und Sehbehinderte gibt,

C.   in der Erwägung, dass einige dieser Menschen völlig taubblind sind, die meisten von ihnen jedoch noch über eingeschränkte Fähigkeiten zum Gebrauch eines oder beider Sinne verfügen,

D.   in der Erwägung, dass Hör- und Sehbehinderte auf Grund der Ausgeprägtheit ihrer Behinderung spezielle Unterstützung durch Menschen mit Fachkenntnissen benötigen,

1.              fordert die Organe der EU sowie die Mitgliedstaaten auf, die Rechte der Hör- und Sehbehinderten anzuerkennen und ihnen Geltung zu verschaffen;

2.              erklärt, dass Hör- und Sehbehinderte dieselben Rechte wie alle EU-Bürger haben sollten und diesen Rechten durch entsprechende Gesetze in jedem Mitgliedstaaten Geltung verschafft werden sollte, die folgendes beinhalten sollten:

-     das Recht auf Teilnahme am demokratischen Leben der Europäischen Union,

das Recht auf Arbeit und Zugang zur Ausbildung mit entsprechenden Beleuchtungs-, Kontrast- und Anpassungsmöglichkeiten,

-         das Recht auf eine Gesundheits- und Sozialbetreuung, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht,

-         das Recht auf lebenslanges Lernen,

gegebenenfalls Eins-zu-Eins-Unterstützung in Form von Kommunikator- Begleitperson, Dolmetscher und/oder Betreuer für Hör- und Sehbehinderte,

3.    beauftragt seinen Präsidenten, diese Erklärung der Kommission und dem Rat sowie den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

PE 340.817                                                           2/2                                              DC\518881DE.doc

DE