17/PET XXIII. GP

Eingebracht am 04.07.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

 

Abg.z.NR Dr. Andrea Eder-Gitschthaler                                       ÖVP Parlamentsklub

Abg.z.NR Franz Eßl                                                                         1017 Wien-Parlament

Abg.z.NR Konrad Steindl

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Im Hause

Wien, 4. Juli 07

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

In der Anlage übermitteln wir die Petition betreffend „380 KV Stromtransit-Freileitung durch
das Bundesland Salzburg" gemäß § 100 Abs. 1 Z 1 GOG mit dem Ersuchen um
geschäftsordnungsmäßige Behandlung. Wir bitten die Forderungen der einreichenden
Bürgermeister gemäß der Machbarkeit nach wirtschaftlichen und finanziellen Aspekten zu
überprüfen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler                    Franz Eßl                          Konrad Steindl

Abg.z.NR                                                      Abg.z NR                           Abg.z.NR


Ägidius Trickl, Bürgermeister der Gemeinde Koppl

KR Johann Strasser, Bürgermeister der Gemeinde Eugendorf

ÖR Johann Spatzenegger, Bürgermeister der Gemeinde Seekirchen

ÖR Matthias Leobacher, Bürgermeister der Gemeinde Obertrum

Prof. Mag. Matthias Hemetsberger, Bürgermeister der Gem. Seeham

Dr. Josef Guggenberger, Bürgermeister der Gemeinde Berndorf

OFFENER BRIEF

AN DIE SALZBURGER

NATIONALRATSABGEORDNETEN ZUR

380-KV-STROMTRANSIT-FREILEITUNG

DURCH DAS BUNDESLAND

SALZBURG

1. Wir sind

-        für die Umsetzung der EU-Deklaration und den darin
geforderten Bau einer 380-KV-Starkstromleitung durch
unsere Gemeindegebiete

-        für die Sicherung der europäischen Stromversorgung durch
eine Versechsfachung der Durchleitungsleistung gegenüber
der bestehenden 220-KV-Leitung

-        für die Schaffung derart hoher Stromkapazitäten, damit der
Verbund die Leistungskapazität des Kraftwerkes Kaprun
verdoppeln kann

-        für eine rasche Realisierung der 380-KV-Leitung, damit jetzt
auftretende Leitungsverluste im Ausmaß von 125.000
MWh/Jahr im Wert von jährlich rd. 6,5 Mio. bald vermieden
werden k
önnen.

2. Seit mehr als 10 Jahren werden weltweit hunderte Kilometer VPE-
Kabel im Höchstspannungsbereich ab 350 KV gebaut und stellen
die Funktionsfähigkeit seit Jahren unter Beweis. Die Frage nach der
technischen Machbarkeit und Funktion der Strom
übertragung im
380-KV-Bereich ist daher eindeutig mit JA zu beantworten.


3.   Dass durch den Einsatz der VPE-Kabeltechnik

-                die elektromagnetische Strahlung besser kontrollierbar und in
ihrer Wirkungsbreite wesentlich geringer ist,

-                der Landschaftsverbrauch wesentlich geringer ist,

-                eine Entrümpelung des Landschaftsbildes möglich ist,

-                wesentlich geringere Stromverluste beim Betrieb der Leitung
auftreten,

-                keine Probleme beim Vogelflug auftreten und

-                wegen der hohen Akzeptanz bei der betroffenen Bevölkerung
der Stromtransport im Höchstspannungsbereich wesentlich
rascher verwirklichbar ist, ist hinreichend bekannt.

(Zur näheren Erörterung dieser Problematik dürfen wir Ihnen ein Papier des
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit der BRD vom
September 2006 beifügen.)

4.   Bekannt ist auch, dass der Einsatz der Kabeltechnik höhere Kosten
nach sich zieht - Kosten, die bei sechsfacher Leistungskapazität
gegenüber der bestehenden 220-KV-Leitung und bei all den
positiven Wirkungen für Mensch und Natur zu kalkulieren sind.
Der Betreiber des Baues der 380-KV-Stromtransitfreileitung durch
unser Bundesland - die Austrian Power Grid - ist eine 100%ige
Tochtergesellschaft der Verbund-Gesellschaft. 51 % und damit die
Aktienmehrheit des Verbundes befinden sich im Besitz der Republik
Österreich. Von drei Bundesländern werden über die
Landesenergiegesellschaften zusätzlich 21 % der Aktien gehalten,
somit befinden sich 72 % der Verbundgesellschaft in öffentlicher
Hand.

Für das Jahr 2005 weist die Verbundgesellschaft einen Gewinn von
€ 350 Mio, für das Jahr 2006 einen Gewinn von € 501,8 Mio aus.
Eine erfreuliche Situation, die durch den raschen Bau der 380-KV-
Stromtransitleitung durch Salzburg und die damit verbundene
Versechsfachung der Stromtransportkapazität sicher nicht
schlechter werden wird.

Auf Grund der Besitzstruktur und Aktienmehrheit der öffentlichen
Hand ist es - ähnlich wie in anderen europäischen Staaten in
vergleichbaren Situationen - klar, dass die Politik - in diesem Fall die
politischen Verantwortungsträger auf Bundes- und Landesebene -
gerade im Hinblick auf den Einsatz neuer und teurer Technologien
die Richtung vorzugeben hat, auch wenn dadurch kurzfristig
geringere Gewinne zu verzeichnen sind.


5.         Die unterzeichneten Bürgermeister, ausgestattet mit
entsprechenden Gemeindevertretungsbeschlüssen, richten daher
das Ersuchen an alle Salzburger Nationalratsabgeordneten, unser
Anliegen - n
ämlich den Einsatz der Kabeltechnik beim Bau der 380-
KV-Leitung durch unser Bundesland - in geeigneter Form auf
Bundesebene zu thematisieren und zu unterstützen.

6.         Wir alle tragen Verantwortung für die Zukunft unserer Gemeinden
unseres Landes, unserer Bev
ölkerung. Bereits jetzt wird das
Landschaftsbild in unseren Gemeinden durch die bestehende 220-
KV-Stromleitung ma
ßgeblich beeinträchtigt. Der Ersatz dieser
Leitung durch eine 380-KV-Leitung bietet nunmehr die historische
Chance, durch eine Verkabelung die Leitung aus dem
Landschaftsbild zu eliminieren und einen bestmöglichen
Strahlenschutz für die Bevölkerung sicherzustellen. Wir als
Verantwortungstr
äger vor Ort und Sie als Verantwortungsträger für
unser Land sollten alles unternehmen, der neuen Technik zum
Durchbruch zu helfen, damit die Gesundheit der betroffenen
Bevölkerung nicht gefährdet und das Landschaftsbild geschont wird.
Lassen wir diese historische Chance Wirklichkeit werden.

 

 Ägidus Trickl                                         Johann Strasser

Bürgermeister der Gem. Koppl                   Bürgermeister der Gemeinde

Eugendorf

ÖR Johann Spatzenegger                        ÖR Matthias Leobacher

Bürgermeister der Gem. Seekirchen              Bürgermeister der

Gem.Obertrum

Prof. Mag. Matthias Hemetsberger                 Dr. Josef Guggenberger
Bürgermeister der Gem. Seeham                   Bürgermeister der Gem.

Berndorf

28. Juni 2007


September 2006
„Netzausbau durch Freileitungen und Erdkabel"1

Siehe auch direkt unter:

http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/erdkabel.pdf#search=%22Referat%20KI%20III%20320september%20vogelkollisionen%22

Warum brauchen wir überhaupt einen Netzausbau?

Die deutschen Stromnetze müssen für die Herausforderungen der Zukunft ausgebaut werden.
Es wird immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt und in die Netze eingespeist,
die schon jetzt an ihre Übertragungsgrenzen gelangt sind. Die dena-Netzstudie hat gezeigt,
dass das deutsche Höchstspannungsübertragungsnetz bis zum Jahr 2015 um 850 km erweitert
werden muss. Hinzu kommt der europaweit wachsende Handel mit Strom, der in immer größeren
Mengen über die bestehenden Engpässe an den Grenzen geleitet werden muss. Schließlich
müssen die Netze aber auch an die Veränderungen im deutschen Kraftwerkpark angepasst
werden. Denn in den kommenden Jahren und Jahrzehnten muss ein großer Teil der
deutschen Kraftwerke erneuert werden. Was passiert, wenn der Netzausbau nicht schnell genug
durchgeführt wird, zeigt die Erfahrung in einzelnen Regionen Deutschlands: Hier werden
bereits heute bestimmte erneuerbare Energien nicht weiter ausgebaut, weil die Netze den
Strom nicht mehr aufnehmen können. Davon wäre auch der zukünftige Ausbau der Offshore-
Windenergie betroffen. Es müssen daher zügig weitere Kapazitäten im Netz geschaffen werden.
Denn nur so kann Deutschland seine Ziele im Klimaschutz erreichen und seine
Importabhängigkeit

von anderen Energieträgern verringern. Außerdem würden erhöhte Handelskapazitäten
in Deutschland und mit dem benachbarten Ausland zu einer Angleichung der Strompreise
führen. Durch günstigeren Strom, z. B. aus Skandinavien, könnten die Strompreise sogar
sinken. Um kurz- bis mittelfristig die Netzkapazitäten zu vergrößern, sollte auch der Netzbetrieb
optimiert und die noch bestehenden Effizienzpotenziale der Netze genutzt werden2.
Wie sollen die Netze ausgebaut werden?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, neue Stromleitungen zu bauen. Am bekanntesten sind
Freileitungen; daneben sind allerdings auch Erdkabel oder gasisolierte Leitungen (GIL) technisch
machbar, die - im Gegensatz zu den Freileitungen - unterirdisch verlegt werden. Bisher
ist der Netzausbau in Deutschland auf der Hoch- und Höchstspannungsebene3 weitgehend
durch Freileitungen erfolgt, und auch in Zukunft werden wir für die Integration der erneuerbaren
Energien in hohem Maße auf Freileitungen angewiesen sein. Allerdings wird der Netzausbau
in der Nähe von Wohnsiedlungen und ökologisch wertvollen Bereichen in der Öffentlichkeit,
speziell bei der lokal betroffenen Bevölkerung sowie den Umwelt- und Naturschutz-

1 Erstellt durch das Referat KI III3 -Wasserkraft, Windenergie und Netzintegration der Erneuerbaren Energien

2 Die Anwendung bereits heute verfügbarer Techniken, wie z. B. die temperaturgesteuerte Auslastung von Freileitungen
verspricht eine nennenswerte Systemoptimierung aus volkswirtschaftlicher Sicht im Vergleich zum

Status Quo. Zu den Optimierungsmöglichkeiten im Bereich Netzbetrieb zur Integration der Windenergie hat das
BMU eine Potenzialstudie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse Anfang 2007 vorliegen werden.

3 Hochspannungsebene (bis 110 kV): Verteilungsnetze, die den Strom regional transportieren und verteilen.
Höchstspannungsebene (über 110 kV): Transportnetze, die den Strom überregional transportieren.


verbänden, kontrovers diskutiert. Denn durch die Errichtung von Freileitungen werden negative
Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die Natur, das Landschaftsbild und den
Denkmalschutz befürchtet. Deshalb dauert die Genehmigung von Freileitungen oftmals bis zu
zehn Jahre, mitunter auch länger. Dies ist für den dringend benötigten Netzausbau zu langsam;
Die langen Hanungszeiträume drohen daher mittelfristig die Energieversorgungssicherheit
und den Wettbewerb zu beeinträchtigen. Deshalb sollte der Netzausbau wesentlich beschleunigt
werden, indem in besonders sensiblen Gebieten, d. h. unmittelbarer Nähe zu Wohnsiedlungen
und. in Vogelschutzgebieten, Erdkabel verlegt werden können. Die Genehmigungsdauer von
Erdkabeln ist um mehrere Jahre kürzer als die von Freileitungen:

Wenn Erdkabel so ein wichtiges Thema sind, hat dann auch die Europäische Kommission
eine Meinung hierzu?

Ja.   ha   einem   Hintergrundpapier  vom   Dezember  2003   empfiehlt   die  Kommission   den

Mitgliedstaaten,

Studien zu erstellen, an welchen sensiblen Stellen mit dem Bau von Erdkabeln

die Versorgungssicherheit verbessert werden könnte. Außerdem sollten die Engpässe zwischen

den Ländern durch den Bau von Erdkabeln möglichst schnell behoben werden. Dieser

entscheidende Netzausbau verzögere sich nämlich wegen naturschutzrechtlicher Widerstände

gegen Freileitungen. Die Kommission führt weiter aus, dass die Mehrkosten für Erdkabel

durch den verstärkten Stromhandel ausgeglichen würden.4

Sind Erdkabel teurer als Freileitungen?

Nicht unbedingt. Neben den reinen Investitionskosten5, die für die Beschaffung und Verlegung
der Erdkabel anfallen, müssen auch die Betriebskosten über die gesamte Lebensdauer
betrachtet werden. Diese sind im Allgemeinen bei Erdkabeln aufgrund niedrigerer Verluste
und geringerem Wartungsaufwand geringer als bei Freileitungen. Unter Berücksichtigung beider
Kostenarten erhält man die Gesamtkostenfaktoren, die letztlich ausschlaggebend für einen
wirtschaftlichen   Vergleich   sein   müssen.   Die   Gesamtkosten   von   Erdkabeln   für   die Hochspannungsebene mit 110 kV und die Höchstspannungsebene mit 220 kV liegen nicht wesentlich   über denen von Freileitungen. Bei geeigneter technischer Konzeption ließen sich auch kostengünstigere Erdkabel mit Aluminiumleitern statt teuren Kupferleitern oder aber Erdkabel mit einem geringeren Leiterquerschnitt verwenden. Dadurch könnten die Gesamtkosten weiter denen  von  Freileitungen  angeglichen  werden  ohne  die  Versorgungssicherheit  zu gefährden. Trotz der derzeit immer noch deutlich höher liegenden Investitionskosten von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene mit 380 kV, ergibt sich hier unter Berücksichtigung der Gesamtkosten, dass Erdkabel das zwei- bis höchstens sechsfache von Freileitungen kosten würden. Die hierdurch entstehenden Mehrkosten für die Verbraucher würden durch einen verstärkten Stromhandel verringert werden. Würde man Erdkabel in der Hochspannungsebene

4http://ec.europa.eu/energy/electricity/publications/doc/undergrounding.pdf

5Investitionskosten sind alle Ausgaben, die zum Zeitpunkt der Errichtung einer Freileitung oder eines Erdkabels
anfallen, z. B. durch die Anschaffung der Masten, Leiterseile oder Kabel und durch die Bauarbeiten vor Ort.
Betriebskosten

sind die während des Betriebs einer Freileitung oder eines Erdkabels anfallenden Kosten, z. B.

durch die Freihaltung der Trassen von Bäumen oder tiefwurzelndem Gewächs und durch die Stromverluste

durch die Erwärmung der Leiterseile oder Erdkabel. Die Gesamtkosten setzen sich aus der Summe der

Investitionskosten

und den auf den Stichtag der Errichtung abgezinsten Betriebskosten zusammen.


mit 110 kV zur reinen Abfuhr von Windenergie und anderen erneuerbaren Energien - ohne
die Versorgungssicherheit zu gefährden - nicht als Doppel- sondern als Einfach-Kabel-
Systeme6 verlegen, könnten sie sogar heute schön geringfügig preiswerter sein als Freileitungen.
Langfristig ist auch bei Verlegung von Doppel-Systemen davon auszugehen, dass sich
die Gesamtkostenfaktoren weiter angleichen. Die Europäische Kommission erwartet aufgrund
erhöhter Nachfrage nach Erdkabeln, dass die Kabelpreise in Zukunft drastisch fallen werden.

Würden die Stromkosten durch den Bau von Erdkabeln steigen? Wenn ja, wie stark?

Um den Netzausbau zu beschleunigen, genügt es, wenn bei den wichtigsten Neubautrassen
der Höchstspannungsebene nur in den besonders sensiblen Streckenabschnitten Erdkabel verlegt
würden. Bei den von der dena-Netzstudie identifizierten Trassen, deren Gesamtlänge auf
850 km berechnet wurde, werden die Streckenabschnitte in den besonders sensiblen Gebieten
auf insgesamt etwa zehn Prozent geschätzt. Würden tatsächlich in diesem Umfang Erdkabel
verlegt, würden die höheren Investitionskosten für einen 3-Personen-Durchschnittshaushalt
nur zu einer Mehrbelastung von einem bis höchstens sechs Cent pro Monat führen. Dieser
Kostensteigerung, stünden   Vorteile    gegenüber, . die    sich    aus    der   zu    erwartender
Ausbaubeschleunigung von mehreren Jahren für das Gesamtprojekt erzielen ließen.

Wenn es eine Beschränkung für die Erdkabel gibt, an welchen Stellen würden diese
Trassen dann verlaufen und würde die Diskussion darüber nicht die Genehmigungs und
Gerichtsverfahren weiter verlängern?

Der Netzausbau durch Erdkabel sollte sich auf besonders sensible Bereiche konzentrieren, also
auf die Bereiche in unmittelbarer Nähe zu Wohnsiedlungen und in Vogelschutzgebieten.
Denn Erdkabel haben im Gegensatz zu Freileitungen keine Auswirkungen auf den Vogelflug.
Durch eine klare Beschränkung auf diese Gebietstypen können Behörden die Anträge für
Neubauten wesentlich einfacher und schneller bearbeiten und genehmigen als bei Freileitungen.
Insbesondere können die Behörden (und ggf. auch die Gerichte) wesentlich schneller über
Einwände entscheiden, wenn Freileitungen nur noch außerhalb von besonders sensiblen
Gebieten gebaut würden. Eine solche klare Benennung der besonders sensiblen Gebiete würde
auch die bereits heute in vielen Kommunen geführten Diskussionen darüber, wo der Bau
eines Erdkabels als Alternative sinnvoll ist, wesentlich erleichtern und dadurch beschleunigen.
Eine Verzögerung durch eine öffentliche Diskussion über Erdkabel ist nicht zu erwarten.

Sind Vogelkollisionen an Freileitungen überhaupt ein Problem, so dass man als Alternative
über Erdkabel nachdenken muss?

Ja. Zwar lassen sich keine allgemeinen Aussagen und Zahlen über das Vogelschlagrisiko

angeben;

dass Freileitungen für Vögel unschädlich seien, ist aber unzutreffend. Ergebnisse einzelner

wissenschaftlicher Fallstudien lassen gebiets- und artabhängige Kollisionsrisiken erkennen,

eine pauschale Übertragung der Ergebnisse auf andere Gebiete oder Arten ist allerdings

nicht möglich. Die Aussagen müssen immer aufgrund bestimmter, vorkommender Arten

und entsprechender Lebensräume differenziert betrachtet werden. Die Zulässigkeit einer

6 Ein Einfach-Kabel-System besteht aus nur einem Drehstrom-Erdkabel, ein Doppel-Kabel-System dagegen aus
zwei parallel verlegten Drehstrom-Erdkabeln.


Freileitung hängt daher jeweils von einer konkreten Betrachtung im Einzelfall ab, insbesondere

unter der Berücksichtigung der Ergebnisse einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Als

Brennpunkte gelten vor allem Durchzugs- und Rastgebiete mit großen Vogelzahlen. Solche

Problemgebiete sind z. B. die küstennahen Niederungen, Feuchtgebiete und Gewässer sowie

ihre    "Einflugschneisen".    Im    Allgemeinen    ist    das    Kollisionsrisiko    auch    von    den

Witterungsbedingungen

abhängig. Starker Wind oder schlechte Sicht kann Vögel zu niedrigeren Flughöhen

zwingen   und   auch   Zugstaus   durch   schlechtes   Wetter   können   zu   vorübergehenden

Massenansammlungen

mit erhöhten Unfallrisiken führen. Freileitungen weisen dagegen in normalen

mitteleuropäischen     Kulturlandschaften     ohne     besondere     Attraktivität     für     größere

Vogelansammlungen

weit weniger Vogelverluste auf.

Ist es technisch möglich, Erdkabel und Freileitungen problemlos miteinander zu
verbinden?

Ja. Technisch ist diese so genannte „Zwischenverkabelung" kein Problem. Das wird auch von

Netzbetreibern bestätigt: Der Mehraufwand und die Mehrkosten für den Übergang zwischen

Erdkabel und Freileitung sind marginal im Vergleich zum Freileitungsbau. Der Grund für den

notwendigen Mehraufwand sind Überspannungen, vor denen das Kabel besonders geschützt

werden muss. Diese treten z. B. bei Blitzeinschlägen in Freileitungen oder anderen Netzfehlern

auf. Abhilfe schaffen hier spezielle Überspannungsableiter an den Kabelendmasten. Erdkabel

mit   einer   Länge   über   10   km   sind   selbstsichernd   und   bedürfen   keines   gesonderten

Überspannungsschutzes.

Übrigens: Spezielle Endmasten sind auch am Ende von Freileitungen zum Anschluss an das

Umspannwerk notwendig.

Können Erdkabel aus technischer Sicht problemlos in das Netz integriert werden?

Durch den geringeren Widerstand eines Erdkabels fließt hierüber mehr Strom als über eine
parallel verlaufende Freileitung. In den sehr seltenen Fällen, in denen das Erdkabel aufgrund
eines Fehlers ausfallen sollte, könnte es dadurch zur Überlastung und Beschädigung der
Freileitung kommen. Durch vertretbaren technischen Aufwand und geschickte Konzeption lässt
sich dies aber verhindern. Denn auch Erdkabel müssen zur Wahrung der Versorgungssicherheit
in doppelter Ausführung verlegt werden. Das unbeschädigte Erdkabel kann den Strom
aufnehmen und die Versorgung kurzfristig aufrechterhalten. Würde das Kabel vorwiegend zur
Übertragung von Strom aus Windenergie benutzt, bliebe genügend Zeit, die betroffenen
Windenergieanlagen abzuschalten. Des Weiteren können diese Erdkabel-Doppelsysteme auch
den Strom von ausgefallenen umliegenden Freileitungen über einige Tage aufnehmen.

Was passiert, wenn ein Erdkabel doch mal defekt sein sollte? Ist eine Reparatur dann
nicht sehr aufwändig?

Dieses Argument wird oft im Zusammenhang mit einer angeblich geringeren Versorgungssicherheit von Erdkabeln genannt. Tatsache ist, dass Störungen bei Erdkabeln im ländlichen Raum und bei heutiger Qualität wesentlich seltener auftreten als bei Freileitungen. Denn Freileitungen sind grundsätzlich wetterbedingten Einwirkungen ausgesetzt.


Im Extremfall kann es, wie im November 2005 im Münsterland geschehen, zu mehrtägigen Unterbrechungen der Stromversorgung kommen. Diese sind dagegen bei Erdkabeln nahezu ausgeschlossen. Zwar besteht ein Vorteil von Freileitungen darin, dass die meisten Netzfehler automatisch durch die Schutzeinrichtungen behoben werden können. Mit einer Verlegung von Erdkabeln in Leerrohren kann aber die Zugänglichkeit der Fehlerstelle verbessert und, wenn doch mal ein Fehler aufträte, die Reparaturzeit erheblich verkürzt werden.

Ist die Nutzungsdauer von Freileitungen nicht viel länger als die von Erdkabeln?

Ja und Nein. In der Hochspannungsebene können nach derzeitigem Erfahrungsstand Erdkabel
30-40 Jahre lang genutzt werden. Für die Höchstspannungsebene liegen aufgrund mangelnder
praktischer Erfahrungen keine belastbaren Angaben zur Nutzungsdauer von Erdkabeln vor.
Bei Freileitungen wird die Nutzungsdauer mit 80 Jahren angegeben. Dies ist jedoch keine
Gewähr dafür, dass Freileitungen tatsächlich solange halten, das haben die Ereignisse im
Münsterland im Winter 2005 gezeigt. Außerdem wird hierbei häufig nicht bedacht, dass nach
der Hälfte der Zeit, also nach 40 Jahren, ein Auswechseln der stromführenden Leiterseile
erforderlich sein kann, also ebenfalls neue Kosten anfallen. Falls sich, wie im Falle der Masten
des Netzbetreibers RWE aus Thomas-Stahl im Münsterland, nachträglich eine zu geringe
Bruchsicherheit herausstellt, müssen sogar ganze Freileitungsmasten ausgetauscht werden.

Gibt es schon ausreichende Erfahrungen mit dem Einsatz von Erdkabeln?

Ja. Erdkabel in der Hochspannungsebene entsprechen dem Stand der Technik und können
serienmäßig hergestellt werden. In Griechenland z. B. plant der staatliche Netzbetreiber zurzeit
in den Regionen Evia und Peloponnes den Bau von insgesamt 46 km Erdkabel in der 150
kVEbene, um zukünftig verstärkt Windstrom ins Netz aufnehmen zu können. Aber auch in der
Höchstspannungsebene wurden bereits mehrere Projekte realisiert. Die zwei prominentesten
davon sind ein 22 km langes 400 kV Erdkabel in Kopenhagen/Dänemark und die 40 km lange
500 kV Shin Keiyo Toyosu Line in Tokio/Japan. Aber auch in Berlin wurden bereits rund
16 km 380 kV-Kabel verlegt. Die hier häufige Verlegung in Tunneln ist nur in städtischen
Gebieten  notwendig  und  verursacht  zusätzliche  Kosten.   In  ländlichen  Gebieten  ist  die
kostengünstigere Verlegung ohne Tunnel möglich.

Bisher werden Erdkabel also vorwiegend in Städten eingesetzt. Sind die
elektromagnetischen Emissionen von Erdkabeln denn nicht größer als die von
Freileitungen?

Nein, ganz im Gegenteil: Das elektrische Feld bleibt bei Erdkabeln auf den Raum zwischen
Hin- und Rückleiter, also auf den unmittelbaren Bereich des Kabelsystems begrenzt. Bei
Freileitungen treten dagegen zwischen den Leiterseilen und zwischen Leiterseilen und Erdboden
elektrische Felder auf. Auch das magnetische Feld nimmt bei Erdkabeln wesentlich schneller
mit der Entfernung zum Kabel ab. Sowohl Freileitungen als auch Erdkabel halten jedoch die
Grenzwerte der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ein,
unterhalb   derer   gesundheitliche   Auswirkungen   für   die   Bevölkerung   nach   aktuellem wissenschaftlichen  Kenntnisstand  nicht  zu  erwarten   sind.   Nach  derzeitigem  technischen Kenntnisstand ist bei  Erdkabeln eine kostenneutrale Weiterentwicklung zu erwarten, bei der in Zukunft elektromagnetische Emissionen weiter reduziert werden können.


Gibt es ökologische Nachteile beim Erdkabel?

Diese Frage ist noch nicht abschließend geklärt. Die Temperatur der Kabeloberfläche liegt
z. B. bei einem 380 kV-Kabel, je nach Betriebsart, bei 40-55°C, fallt aber mit zunehmendem
seitlichen Abstand zum Kabel schnell und direkt über dem Kabel besonders schnell ab.
Beispielsweise beträgt die Erhöhung der Bodentemperatur ab einem seitlichen Abstand zu den
Kabeln von 3 m weniger als 5°C. Bei Abständen von etwa 5 m und mehr kann keine thermische
Beeinflussung mehr festgestellt werden. Werden die Kabel dauernd im Bereich ihrer
maximalen   Strombelastbarkeit  betrieben,   so   kann   eine   partielle   Bodenaustrocknung   im
unmittelbaren Nahbereich der Kabel auftreten. Man vermeidet diese, indem zur Erhöhung der
Kabelbelastbarkeit   besondere   Rückfüllmaterialien   im   Kabelgraben    eingesetzt   werden
(korngestufte Sande oder Magerbeton). Welche Umweltauswirkungen mit der Erwärmung des
Erdbodens verbunden sind, müsste noch weiter erforscht werden.

Wenn Erdkabel für die Gesundheit so unschädlich sind, warum darf dann der Bereich
über ihnen nicht bebaut werden?

Damit das Erdkabel jederzeit zugänglich bleibt. Außerdem muss dieser Bereich auch von tief
wurzelndem Bewuchs freigehalten werden, damit das Kabel nicht beschädigt wird. Aber auch
unter dem viel breiteren Bereich unter Freileitungen finden regelmäßig Kontrollen durch die
Netzbetreiber statt. So muss z. B. sichergestellt werden, dass Bäume unter der Leitung nicht
zu weit in den Sicherheitsbereich um die Leiterseile hineinragen. Sonst steigt die Gefahr von
Kurzschlüssen. Auf diese Weise wurde z. B. auch der große „Blackout" im Nordosten der
USA im Herbst 2003 verursacht. Ferner ist auch eine Bebauung unter Freileitungen nicht erlaubt.
Der wesentliche Unterschied ist, dass die Trassen für 380 kV-Freileitungen mit ca.
70 m 5-7mal so breit sein müssen wie die eines herkömmlichen Erdkabel-Systems. Damit haben
Freileitungen nicht nur eine lineare Landschaft zerschneidende, sondern eine als flächenhaft
zu bezeichnende umweltrelevante Wirkung.

So schön dies auch alles klingt: Man hört, dass die Netze aber selbst im besten Falle
nicht durch Erdkabel ausgebaut werden können, weil es langjährige Lieferzeiten und
mittlerweile sogar Lieferschwierigkeiten für Kabel gebe. Das kann doch den gesamten
Netzausbau verhindern!

So dramatisch ist das nicht. Es stimmt zwar, dass derzeit die Nachfrage nach Kabeln, vor allem
wegen der Netzanbindung der großen Windparks auf dem Meer und der zunehmend verstärkten
Verkabelung von Netzausbaumaßnahmen im Verteilnetz, sehr groß ist. Lieferzeiten
von einem oder zwei Jahren sind keine Seltenheit. Da die Genehmigungsverfahren jedoch
mindestens    genauso    lange    dauern,    kommt    es    zu    keiner    zeitlichen    Verzögerung. Lieferschwierigkeiten wären hingegen allenfalls dann zu erwarten, wenn alle Neubautrassen gleichzeitig in voller Länge als Erdkabel gebaut würden. Das wird jedoch nicht der Fall sein. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass in einem funktionierenden Markt kurz- bis mittelfristig die Produktionskapazitäten an die steigende Nachfrage angepasst werden. Dadurch werden dann außerdem die Kosten der Kabelherstellung gesenkt.