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Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG geändert wird; Begutachtung; Stellungnahme;

Geschäftszahl

Innsbruck,

Präs.II-623/522
26.02.2007

 

 

Zu GZ BKA-600.883/0003-V/A/8/2007 vom 17. Jänner 2007

 

 

Zum angeführten Gesetzentwurf wird folgende Stellungnahme abgegeben:

 

1. Allgemeines:

Die den jüngsten gemeinschaftsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Entwicklungen, insbesondere der Judikatur des VfGH, Rechnung tragenden Anpassungen und Klarstellungen werden grundsätzlich begrüßt.

Dass darüber hinaus relativ kurze Zeit nach dem In-Kraft-Treten des Bundesvergabegesetzes 2006 und der in diesem Zusammenhang erfolgten Neukodifikation des Vergaberechts in Bezug auf zahlreiche weitere Regelungen bereits wieder ein Novellierungsbedarf gesehen wird, unterstreicht freilich die – zu Lasten der Rechtssicherheit, der Effektivität seiner Anwendung und der Wirtschaftlichkeit seiner Vollziehung gehende – Komplexität und Unübersichtlichkeit dieses Rechtsbereichs und damit zusammenhängend die Notwendigkeit einer Vereinfachung im Rahmen der – zugegebenermaßen teils weit reichenden – gemeinschafts- und verfassungsrechtlichen Vorgaben.

Generell könnten Vereinfachungspotenziale vor allem dort genutzt werden, wo sowohl gemeinschafts- als auch verfassungsrechtlich ein größerer Gestaltungsspielraum für den Gesetzgeber besteht. Dies trifft im Allgemeinen für den Unterschwellenbereich und – aufgrund der Besonderheiten ihrer Erbringung – im Besonderen auf nicht prioritäre Dienstleistungen zu. Hier sollten gesetzliche Normierungen grundsätzlich nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß vorgesehen werden.

 


2. Zu einzelnen Bestimmungen:


Zu den Z. 22 und 23 (§ 118 Abs. erster Satz und Abs. 3 zweiter Satz):

Aus der Sicht der Praxis sind die vorgeschlagenen Änderungen im § 118 aufgrund der damit verbundenen Missbrauchsgefahr kritisch zu sehen. Es wird daher angeregt, diese noch einmal zu überdenken, zumal nach wie vor die überwiegende Anzahl von Vergabeverfahren nicht automationsunterstützt durchgeführt wird und sich durch die vorgeschlagenen Änderungen gegebenenfalls eröffnete Manipulationsmöglichkeiten lediglich bei einer elektronischen Angebotsübermittlung nahezu ausschließen ließen. Darüber hinaus verleiten Erleichterungen bzw. Unschärfen bei Ordnungsvorschriften erfahrungsgemäß zu einer mitunter zu lockeren Handhabung.

Die in der Z. 22 vorgesehene Möglichkeit des Hinausschiebens der Angebotsöffnung könnte insbesondere die Gefahr der Verschleppung mit sich bringen und die Geheimhaltung erschweren. Zudem dürften sich auch bei einer Lockerung der Verpflichtung, die Angebote unmittelbar nach Ablauf der Angebotsfrist zu öffnen, bei mehreren parallel laufenden Ausschreibungen zeitnahe bzw. zeitgleiche Angebotsöffnungen nicht immer verhindern lassen.

Die in der Z. 23 vorgesehene Lockerung des Verbots der Öffnung verspätet eingelangter Angebote dient den Erläuterungen zufolge allein dem Ziel, eine Verständigung gemäß § 129 Abs. 3 auch in jenen Fällen sicherzustellen, in denen die Identität des Bieters auf dem Umschlag eines Angebots nicht ersichtlich ist. Es scheint daher ausreichend, eine Durchbrechung des Öffnungsverbotes für diesen Sonderfall zu normieren. Dadurch könnte auch die erhebliche Unschärfe der Bestimmung, die die im Entwurf vorgeschlagene Einfügung des Wortes „tunlichst“ zur Folge hätte, vermieden werden.


Zu Z. 26 (§ 140 Abs. 8):

Da eine gesonderte Anfechtbarkeit der Widerrufsentscheidung im Unterschwellenbereich verfassungsrechtlich nicht geboten ist, sollte diese zur Gänze entfallen. Es wird daher angeregt, den Anwendungsbereich der betreffenden Regelungen auf den Oberschwellenbereich zu begrenzen.


Zu Z. 74 (§ 321):

Es wird angeregt, im Zuge der ohnehin vorgesehenen Anpassung der Z. 2 des Abs. 1 auch dessen Z. 3 anzupassen und dort – wie schon für die Vergabe von Aufträgen im Wege einer elektronischen Auktion oder auf Grund eines dynamischen Beschaffungssystems – auch für die Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung bei der Vergabe von Aufträgen auf Grund einer Rahmenvereinbarung die Frist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages an die verkürzte Stillhaltefrist nach § 132 Abs. 1 anzugleichen. Die in Bezug auf Rahmenvereinbarungen derzeit bestehende Diskrepanz zwischen der im § 132 Abs. 1 dritter Satz normierten Stillhaltefrist (7 Tage) und der im § 321 Abs. 1 Z. 7 normierten Frist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages (14 Tage) führt in der Praxis zu Problemen.

25 Ausfertigungen sowie eine elektronische Fassung dieser Stellungnahme werden unter einem der Parlamentsdirektion zugeleitet.


Für die Landesregierung:


Dr. Liener
Landesamtsdirektor