Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006 geändert wird

GZ BKA-600.883/0003-V/A/8/2007

 

 

I. Zu den im Entwurf enthaltenen Änderungsvorschlägen

 

Der Entwurf beinhaltet vornehmlich legistisch formale Anpassungen und Klarstellungen. Die geplanten Novellierungen bedeuten daher großteils keine Veränderung für die Vergabepraxis der Bundesbeschaffung GmbH als vergebende Stelle.

 

Positiv beurteilt werden vor allem die getroffenen Klarstellungen in den §§ 2 Z 14 (Bietergemeinschaften), 20 Abs. 1 letzter Satz (Anerkennungs- oder Gleichhaltungsverfahren) sowie 140 Abs. 2 (Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung).

 

Die Bundesbeschaffung GmbH nimmt zum Entwurf der Novelle zum Bundesvergabegesetz 2006 zu einzelnen, ausgewählten Änderungsvorschlägen, wie folgt, Stellung:

 

§ 75 Abs. 5

 

§ 75 BVergG 2006 sollte Art. 48 der RL 2004/18/EG umsetzen. Die nationale Bestimmung enthält eine „abschließende“ Aufzählung der zulässigen Nachweismittel in Bezug auf die technische Eignung. Welche Nachweise der Auftraggeber fordert, liegt in seinem – lediglich durch das Sachlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsgebot determiniertem – Ermessen.

Der Novellierungs-Entwurf sieht nun einen Entfall der Z 7 und Z 8 des § 75 Abs. 5 BVergG 2006 vor. Als Nachweise der technischen Leistungsfähigkeit bei Lieferleistungen konnten bisher gemäß § 75 Abs. 5 Z 7 und Z 8 BVergG 2006 gefordert werden:

 

Nach den Erläuterungen zu der geplanten Novellierung erfasse Art. 48 Abs. 2 lit. g und h der RL 2004/18/EG nur „Dienstleistungserbringer und Unternehmer“. Nach Art. 1 Abs. 8 der RL handle es sich bei „Unternehmern“ um Personen, die die Ausführung von Bauleistungen bzw. die Errichtung eines Bauwerkes anbieten, somit nur um „Bauunternehmer“. Die Nachweismittel nach lit. g und h könnten demnach nur bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen und Bauaufträgen herangezogen werden.

 

Übersehen wird hier, dass ein „Lieferant“ insgesamt auch teilweise „Unternehmer bzw. Dienstleistungserbringer“ im Sinne der RL sein kann. Eine Leistung ist nach § 9 BVergG 2006 dann als „Dienstleistungsauftrag“ zu qualifizieren, wenn der Wert der Dienstleistungen höher ist als der Gesamtwert der Waren. Andernfalls gelten derartige Aufträge als „Lieferaufträge“. Insofern bleibt bei Einstufung der Leistung als „Lieferauftrag“ allein die gesetzliche Möglichkeit, die Nachweismittel gemäß § 75 Abs. 5 BVergG 2006 zur Eignungsprüfung heranzuziehen. Da aber der zu vergebende Lieferauftrag oft auch Service- und Wartungsverpflichtungen, etc. umfasst, muss wohl auch im Hinblick auf diese (Dienst-)Leistungsteile die Eignung durch den Bieter nachgewiesen werden können. Eine umfassende Eignungsprüfung in Bezug auf den „gesamten“ Leistungsinhalt verlangt daher nach Ansicht der BBG die Beibehaltung der in § 75 Abs. 5 Z 7 und Z 8 BVergG 2006 angeführten Nachweismittel, da sich diese in der Praxis (z.B. bei HW und SW – Beschaffung, Beschaffung technischer Geräte) als sinnvolle „Eignungskriterien“ erwiesen haben. Auch widersprechen diese Möglichkeiten auf nationaler Ebene nicht den Bestimmungen in der RL, zumal Art. 48 Abs. 2 der RL besagt, dass der Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit des „Wirtschaftsteilnehmers“ (allgemeiner Ausdruck, der Unternehmer, Lieferant und Dienstleistungserbringer umfasst) je nach Art, Menge oder Umfang der Bauleistung, der zu liefernden Erzeugnisse oder der Dienstleistungen durch unterschiedliche in der RL genannte Nachweise erbracht werden kann. Sofern die Gesamtleistung daher auch Dienstleistungsteile umfasst, sollten die technischen Ausstattung des bietenden Unternehmens sowie die Beschäftigtenzahl weiterhin geprüft werden können.

 

§ 118 Abs. 1

 

Der Entwurf sieht vor, dass die Angebote beim offenen und nicht offenen Verfahren am festgesetzten Ort und zur festgesetzten Zeit – sofern nicht ausdrücklich anders vorgesehen ist, unmittelbar nach Ablauf der Angebotsfrist – zu öffnen sind…

Nach den Erläuterungen zur beabsichtigten Novellierung soll dem Auftraggeber die Möglichkeit eingeräumt werden, die Angebotsöffnung auch nicht unmittelbar nach Ablauf der Angebotsfrist festzusetzen, damit bei mehreren parallel laufenden Ausschreibungen alle Bieter an allen Angebotsöffnungen teilnehmen können.

 

Die offenbar maßgebliche Voraussetzung zur Möglichkeit des Abweichens vom Erfordernis der „Unmittelbarkeit“, nämlich, dass mehrere Ausschreibungen parallel laufen, ist zum einen nicht im Gesetzestext, sondern lediglich in den Materialien wieder zu finden. Klarer und verständlicher wäre daher, „Abweichungsmöglichkeiten“ im Gesetz beispielhaft  bzw. demonstrativ anzuführen.

 

Zum anderen erachtet die BBG auch die Erklärung in den Erläuterungen als zu ungenau und regt daher zumindest in den Materialien nähere Beispielfälle für mögliche Abweichungen vom Unmittelbarkeitserfordernis an, um eine tatsächliche Relevanz für die Praxis besser erkennen zu können.

 

Der AG kann von parallel laufenden gleichartigen Ausschreibungen regelmäßig nur dann Kenntnis haben, wenn er selbst mehrere Vergabeverfahren zugleich einleitet, oder andere AG oder Bieter ihn von laufenden Vergabeverfahren informieren. Selbst wenn die BBG in verschiedenen Beschaffungsgruppen Bekanntmachungen zur gleichen Zeit veröffentlicht und die Fristen daher parallel laufen, so handelt es sich meist um unterschiedliche Leistungsgegenstände und folglich um unterschiedliche Bieterkreise.

 

Es ist weiters nicht nachvollziehbar, warum die unmittelbar nach Ablauf der Angebotsfrist stattfindende Angebotsöffnung ein Hindernis für den Bieter darstellen könnte, zumal vor allem auch in der Praxis die Angebote ohnehin knapp vor Ablauf der Angebotsfrist persönlich durch die Bieter eingereicht werden.

 

Die BBG weist darauf hin, dass sich gerade in der Bestimmung über die Angebotsöffnung der Grundsatz des „Transparenzgebotes“ eindeutig manifestiert. Unter Bedachtnahme auf die Einhaltung des Wettbewerbsprinzips und im Hinblick auf weitest mögliche Vermeidung von Korruptionsgefahren, sollte diese Bestimmung nicht unnötig aufgeweicht werden. Möglichen Gefahren des Austausches oder Hinzufügens von Angebotsunterlagen nach Ablauf der Angebotsfrist, aber u. U. vor tatsächlicher Angebotsöffnung sollte entgegengewirkt werden.

 

II. Allgemeine Anregungen zum BVergG 2006 an den Gesetzgeber

 

Zu § 83 – Subunternehmerleistungen

 

Nach § 83 dritter Satz ist die Weitergabe von Teilen der Leistung nur insoweit zulässig, als der Subunternehmer die für die Ausführung seines Teiles erforderliche Befugnis, technische, finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie die berufliche Zuverlässigkeit gemäß den §§ 72 und 73 besitzt.

 

In den Materialien zu dieser Bestimmung wird festgehalten, dass die Zulässigkeitsregel betreffend die Weitergabe von Teilen der Leistung hinsichtlich der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nur dann gilt, wenn der Unternehmer den/die Subunternehmer zur Darlegung seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit benötigt.

 

Diese Einschränkung geht aus dem Gesetzestext aber nicht hervor. Danach ist der Einsatz von Subunternehmern inter alia nur dann zulässig, wenn der Subunternehmer über die für die Ausführung seines Leistungsteiles erforderliche finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt. Nach den Materialien muss der Subunternehmer den Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit indes nur dann erbringen, wenn der Bieter diese zum Nachweis seiner eigenen finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit benötigt (Substitution).

 

In diesem Punkt sollte im Gesetz eine Klarstellung erfolgen.

 

Zu § 98 Abs. 7 und Abs. 8 – Technische Spezifikationen

 

Nach § 98 Abs. 7 sind Verweise in technischen Spezifikationen auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht neutral beschrieben werden kann. Solche Verweise sind ausnahmslos mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen.

 

§ 98 Abs. 8 fordert, dass die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der Gleichwertigkeit in der Beschreibung der Leistung anzugeben sind.

 

Die Forderung des Abs. 8 scheint im Verhältnis zu Abs. 7 wenig durchdacht. Ist der Auftraggeber in der Lage Gleichwertigkeitskriterien für ein „Leitprodukt“ anzugeben, dann kann er die Leistung von vornherein neutral beschreiben.