Textfeld: Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst 
Ballhausplatz 2
1014 Wien

Eisenstadt, am 28.2.2007

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Tel.: 02682/600 DW 2344

Mag.a Martina Weinhandl

 

 

 

 

 

Zahl:  LAD-VD-B242-10127-4-2007

Betr: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006 geändert wird; Stellungnahme im Begutachtungsverfahren

 

Bezug: BKA-600.883/0003-V/A/8/2007         

 

 

 

Zu dem mit obbez. Schreiben übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006 geändert wird, erlaubt sich das Amt der Burgenländischen Landesregierung Folgendes mitzuteilen:

 

Der gegenständliche Entwurf enthält vorwiegend Klarstellungen oder Bereinigungen von Unstimmigkeiten sowie die Anpassung an die Rechtsprechung und ist insgesamt zu begrüßen.

 

Zu Z 8 und 9 (§ 15 Abs. 2 und § 16 Abs. 3) bzw. Z 40 und 41 (§ 183 Abs. 1 und § 184 Abs. 3):

Die Klarstellung, dass nunmehr bei wiederkehrenden Liefer- bzw. Dienstleistungsaufträgen die Berechnungsregeln wie für befristete und unbefristete Aufträge gelten, wird ausdrücklich begrüßt. Der Entfall des Begriffs „Dauerauftrag“, der oft im Zusammenhang mit dem Begriff des „unbefristeten Auftrags“ zu Missverständnissen und Auslegungsschwierigkeiten geführt hat, wird für sehr sinnvoll erachtet.

 

Zu Z 10 (§ 20 Abs. 1 letzter Satz), Z 24 (§ 129 Abs. 1 Z 1), Z 42 (§ 188 Abs. 1 letzter Satz)und Z 54 (§ 269 Abs. 1 Z 7):

Mit den Änderungen soll nunmehr klargestellt werden, dass das Unterbleiben der rechtzeitigen Antragstellung (nämlich vor Ablauf der Angebotsfrist) zum Ausscheiden des Angebotes führen soll.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass § 20 Abs. 1 (u.a.) auf zweistufige Verfahren nicht ausdrücklich Bezug nimmt. Unseres Erachtens wäre diesbezüglich ebenfalls eine klare Regelung zu treffen. So muss zum Beispiel bei einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung der nicht-österreichische Bieter erst in der zweiten Stufe, nämlich vor Ablauf der Angebotsfrist einen Antrag stellen, obwohl seine Befugnis bereits in der ersten Stufe zu prüfen ist.

 

Weiters sollte aus ho. Sicht nicht schon die fehlende Antragstellung vor Ablauf der Angebotsfrist, sondern erst das Fehlen eines Anerkennungsbescheides zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung zum Ausscheiden des Angebotes führen. Es obliegt der Verantwortung des Bieters, dafür zu sorgen, im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung über einen entsprechenden Anerkennungsbescheid zu verfügen. Sollte zu diesem Zeitpunkt kein solcher Bescheid vorliegen, ist das Angebot auszuscheiden. Die Konsequenz einer nicht rechtzeitigen Antragstellung vor Ablauf der Angebotsfrist sollte unseres Erachtens lediglich darin bestehen, dass diesem Bieter gemäß § 112 Abs. 3 kein Recht auf Ansuchen um Verlängerung der Zuschlagsfrist zukommt.

 

Zu Z 12 (§ 38 Abs. 2 Z 4):

Die Möglichkeit der Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung nach ergebnisloser Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung im Unterschwellenbereich wird als positive Neuerung erachtet.

 

Zu Z 19 (§§ 72 und 73):

Die Regelung, dass der Beweis der Zuverlässigkeit trotz des Anscheins der Unzuverlässigkeit (Freibeweis des Unternehmers bei Annahme seiner Unzuverlässigkeit) nur für bestimmte ausgewählte Tatbestände des § 68 Abs. 1 beschränkt wird, erscheint im Lichte des Sachlichkeitsgebots eher bedenklich.

Es wird daher angeregt, diese Regelung zu überdenken.

 

Zu Z 22 (§ 118 Abs. 1):

Es ist für die Auftraggeber sicherlich ein Vorteil, wenn der Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht immer unmittelbar nach Ablauf der Angebotsfrist sein muss. Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass die geplante Neuregelung ein erhöhtes Missbrauchspotential in sich birgt, da es in der Sphäre des Auftraggebers liegt, die Angebotsöffnung auch nicht unmittelbar nach Ablauf der Angebotsfrist festzusetzen.

Aus ho. Sicht sollte die Angebotsöffnung „nicht unmittelbar nach Ende der Angebotsfrist“ lediglich eine in begründeten Fällen zulässige Ausnahme darstellen.

 

Zu Z 25 (§ 140 Abs. 2):

Hinsichtlich der neuen Bestimmung des § 140 Abs. 2 ist festzuhalten, dass eine Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung bei Einladung zur Angebotslegung in einem zweistufigen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung nicht zu erfolgen hat, sondern eine Verständigung der Bieter genügt.

Nach ho. Sicht sollte dies aber auch für den Fall gelten, dass die Bewerbungsfrist bereits abgelaufen ist und die interessierten Unternehmer Teilnahmeanträge abgegeben haben. Auch hier wäre unseres Erachtens der Entfall der Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung vorzusehen.

 

Nach ho. Ansicht sollte generell nach Ablauf der Bewerbungsfrist keine Pflicht zur Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung bestehen, da ein Unternehmer, der keinen Teilnahmeantrag abgegeben und somit kein Interesse am Vergabeverfahren bekundet hat, die Widerrufsentscheidung auch nicht anfechten können sollte.

Des Weiteren stellt sich hier die Frage, warum dem Auftraggeber in § 140 Abs. 2 dritter Satz die Wahl zwischen Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung und individueller Mitteilung eingeräumt werden soll. Unseres Erachtens ist der Fall des Widerrufs nach Ende der Bewerbungsfrist mit jenem nach Ablauf der Angebotsfrist vergleichbar (vgl Erläuterungen bei 25). In beiden Fällen hat nicht ein uneingeschränkter Kreis an Unternehmern unter Umständen Interesse an der Überprüfung der Widerrufsentscheidung, sondern nur jene Unternehmer, die ihr Interesse durch einen Teilnahmeantrag oder ein Angebot bekundet haben.

 

Auch könnte sich hier für den Bewerber das Problem der Versäumnis der Anfechtungsfrist stellen.  Von der individuellen Mitteilung erfährt man in der Regel früher als von einer Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung (zB im Supplement S des Amtsblattes der Europäischen Gemeinschaften und der Wiener Zeitung).

 

Unseres Erachtens sollte daher die Regelung für einen Widerruf nach Ablauf der Bewerbungsfrist jener für den Widerruf nach Ablauf der Angebotsfrist entsprechen.

 

Zu Z 26 (§ 140 Abs. 6 bis 10) bzw. Z 57 (§ 279 Abs. 6 bis 10):

Im § 140 Abs. 6 sollte es aus ho. Sicht „im“ (anstatt: zum) widerrufenen Verfahren eingelangte Angebote“ lauten, da es Angebote betrifft, die in einem Vergabeverfahren eingelangt sind. Werden Angebote nicht fristgerecht abgegeben, dürfen diese gemäß § 118 Abs. 3 ohnehin nicht geöffnet werden.

 

Nach diesen Bestimmungen kann der Auftraggeber im Unterschwellenbereich – ohne Bekanntmachung oder Mitteilung einer bekämpfbaren Widerrufsentscheidung und ohne Einhalten einer Stillhaltfrist – gleich das Vergabeverfahren durch den erklärten Widerruf beenden.

Dies ist aus der Sicht des Auftraggebers als Verfahrensvereinfachung zu bewerten, die auch mit den Vorschriften des Europäischen Gemeinschaftsrechts in Einklang steht.

 

Zur Neuregelung des § 140 Abs. 8, nämlich dass im Unterschwellenbereich der Auftraggeber im Internet die Widerrufserklärung bekannt zu machen hat, ist festzustellen, dass nach den bisherigen Bestimmungen (vgl.  § 140 Abs. 7) eine Bekanntmachung im Internet genügt. Dies sollte auch in der Neuformulierung des § 140 Abs. 8 so belassen werden.

 

 

Zu Z 71 (§ 318), Z 83 ( Entfall des § 349 Abs. 3) und Z 95 (Entfall des Anhangs XIX):

Zu § 318 Abs. 1 Z 5 ist festzuhalten, dass die Formulierung „im selben Vergabeverfahren“ missverständlich ist.  Es wird in dieser Bestimmung auf Feststellungsanträge Bezug genommen, welche nach Beendigung des Vergabeverfahrens durch Zuschlag oder Widerruf eingebracht werden können.  Ein Antrag „im selben Vergabeverfahren“ ist damit gar nicht mehr möglich.  Offensichtlich ist mit dieser Formulierung ein „neues Vergabeverfahren über den gleichen Auftragsgegenstand“ gemeint. Unseres Erachtens sollte daher in § 318 Abs. 1 Z 5 dieselbe Formulierung wie in § 140 Abs. 6 (…“neues Vergabeverfahren über den gleichen Auftragsgegenstand…“) verwendet werden.

 

Die vorgeschlagene Gebührenregelung trägt den Grundgedanken der Rechtsprechung des VfGH (G 154/05 ua.), welche die geltende Rechtslage für verfassungswidrig befunden hat, möglicherweise nicht ausreichend Rechnung:

Eine Gebühr für eine einstweilige Verfügung von 50 % der Gebühr für den Hauptantrag könnte noch immer etwas zu hoch erscheinen, da die einstweilige Verfügung lediglich Bedeutung als Mittel zu dem Zweck hat, den Rechtsschutz (Hauptantrag) auch effektiv zu gestalten und zudem der Aufwand in Verbindung mit der einstweiligen Verfügung keinesfalls 50 % des Hauptverfahrens bedeutet (eher max. 20 %). Gleiches gilt mutatis mutandis für 50 %-Gebühr im Falle einer rechtzeitigen (vor Entstehen eines größeren Verfahrensaufwandes erfolgten) Zurückziehung. Unter dem Gesichtspunkt des Aufwands sollte hier aber auf die Anberaumung (oder eine kurze Frist nach Anberaumung) der Verhandlung abgestellt werden.

 

Die Regelung im § 318 Abs. 1 Z 7, dass entrichtete Mehrbeträge vom Bundesvergabeamt zurückzuerstatten sind, sollte aus ho. Sicht generell festgelegt werden.

 

Regierungsprogramm für die XXIII. GP:

Im Regierungsprogramm für die XXIII. GP findet sich in dem Kapitel Wirtschaft/Standort/Arbeit eine Ankündigung, dass die Bundesregierung durch Setzung von Maßnahmen unter anderem das Ziel verfolgen will, die Anwendung von PPP-Modellen durch entsprechende Anpassung relevanter Bestimmungen für Ausschreibungen zu erleichtern.

Diesbezügliche Umsetzungsschritte werden in dem vorliegenden Begutachtungsentwurf vermisst.

 

Im Übrigen wird darauf aufmerksam gemacht, dass in dem vorliegenden Gesetzesentwurf oftmals der Ausdruck „bzw.“ wieder findet, der gemäß RL 26 der Legistischen Richtlinien 1990 des Bundeskanzleramts soweit wie möglich vermieden werden sollte.

Auch die Zitierung von EU-Richtlinien entspricht nicht den Vorschriften aus dem EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien (vgl. RL 55).

 

 

Eine Ausfertigung dieser Stellungnahme ergeht an die e-mail Adresse „begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at“.

 

Mit freundlichen Grüßen!

 

 

Für die Landesregierung:

Im Auftrag des Landesamtsdirektors:

Dr.in Handl-Thaller


Zl.u.Betr.w.v.                                                                        Eisenstadt, am 28.2.2007

 

 

1.    Präsidium des Nationalrates, Dr. Karl Renner-Ring 3, 1017 Wien

2.    Präsidium des Bundesrates, Dr. Karl Renner-Ring 3, 1017 Wien

3.    Allen Ämtern der Landesregierungen (z.H. der Herren Landesamtsdirektoren)

4.    Der Verbindungsstelle der Bundesländer beim Amt der NÖ. Landesregierung, Schenkenstraße 4, 1014 Wien

 

zur gefälligen Kenntnis.

 

 

Für die Landesregierung:

Im Auftrag des Landesamtsdirektors:

Dr.in Handl-Thaller