REPUBLIK ÖSTERREICH

BUNDESKANZLERAMT

 

Geschäftszahl:

BKA-600.135/0001-V/A/8/2007

An die

Parlamentsdirektion

Parlament

1017 Wien

Sachbearbeiter:

Mag Josef BAUER

Pers. e-mail:

josef.bauer@bka.gv.at

Telefon:

01/53115/2219

Ihr Zeichen
vom:

 

Antwortschreiben bitte unter Anführung der Geschäftszahl an:

v@bka.gv.at

 

 

 

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz geändert wird; Begutachtung; Stellungnahme

 

 

 

In der Anlage übermittelt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 seine Stellungnahme zum oben angeführten Gesetzesentwurf.

 

28. Februar 2007

Für den Bundeskanzler:

i.V. Harald DOSSI

 

 

Elektronisch gefertigt


 

 

REPUBLIK ÖSTERREICH

BUNDESKANZLERAMT

 

Geschäftszahl:

BKA-600.135/0001-V/A/8/2007

An das

Bundesministerium für Finanzen

Abteilung I/5

 

Mit E-Mail: e-recht@bmf.gv.at

Sachbearbeiter:

Mag Josef BAUER

Dr. Rosi POSNIK

Pers. e-mail:

josef.bauer@bka.gv.at

rosi.posnik@bka.gv.at

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01/53115/2219 bzw. 2836

Ihr Zeichen
vom:

BMF-070101/0002-I/5/2007
05.02.2007

Antwortschreiben bitte unter Anführung der Geschäftszahl an:

v@bka.gv.at

 

 

 

BetrifftEntwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz geändert wird;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nimmt zum Entwurf wie folgt Stellung:

Zu § 10a: Beauftragung der Bundesrechenzentrum GmbH:

Eine solche „Beauftragung“ ist als (mittelbare) Einräumung eines ausschließlichen Rechts im Sinne des Art. 86 EG anzusehen. Nach Art. 86 Abs. 1 EG dürfen mit der Gewährung von ausschließlichen Rechten an Unternehmen keine dem EG-Vertrag, insb. den Art. 12 und 81 bis 89 widersprechenden Maßnahmen getroffen oder beibehalten werden. Eine derartige Übertragung bedarf demnach einer Rechtfertigung durch ein öffentliches Interesse und muss verhältnismäßig ausgestaltet sein.[1] Es wäre daher näher darzutun, welches öffentliche Interesse durch eine Betrauung der BRZ GmbH mit IT-Leistungen für die AWS gefördert wird und dass dies zur Zielerreichung geeignet und erforderlich ist, sowie das die Implementierung des ausschließlichen Rechts das gelindeste zum Ziel führende Mittel darstellt. Zudem muss das ausschließliche Recht im Detail gesetzlich festgelegt werden.[2]

 

Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts eng auszulegen sind und derartige exklusive Leistungsbeziehungen vom EuGH nur ausnahmsweise toleriert werden (vgl. etwa für den Vergabebereich Rs C-385/02, Kommission/Italien).

 

Ergänzend wird angemerkt, dass auch die Gegenleistung für die Leistungserbringung durch Inhaber des ausschließlichen Rechts angemessen sein muss, da ansonsten eine unzulässige Beihilfe im Sinne des Art. 87 EG vorliegen könnte.

 

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst vermag weder aufgrund der recht knapp gehaltenen und (inhaltlich) unzutreffenden Materialien zum Begutachtungsentwurf („Im Einklang mit der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes und dem Bundesvergabegesetz 2006 wird der Bundesrechenzentrum GmbH ein ausschließliches Recht für die Erbringung von IT-Leistungen gegenüber der AWS eingeräumt, die zur Vereinheitlichung und Vereinfachung der Ablauforganisation der Gesellschaft erforderlich sind.“) noch aufgrund sonstiger ihm zur Verfügung stehender Materialien beurteilen, ob die geplante Regelung des § 10a im Lichte der vergaberechtlichen Regelungen (BVergG 2006, Vergaberichtlinie 2004/18/EG, EG-Vertrag) oder der Judikatur des EuGH gerechtfertigt werden könnte. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die legistische Zuständigkeit betreffend vergaberechtliche Regelungen im Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst angesiedelt ist.[3]

 

Die Ausnahme für „in-house“-Vergaben (§ 10 Z 7 BVergG 2006) kann im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen, weil weder die AWS die BRZ GmbH beherrscht noch die BRZ GmbH ihre Leistungen im Wesentlichen für die AWS erbringt.[4]

 

Sonstige Anmerkungen in formaler Hinsicht:

Zur Novellierungsanordnung 8 ist aufgefallen, dass die Paragrafenbezeichnung im Rechtstext „§ 10a.“ lauten müsste.

Die Novellierungsanordnung 9 könnte sprachlich etwas präziser z.B. lauten: „Der bisherige Text des § 13 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgender Abs. 2 wird angefügt:“[5] Weiters wird angeregt, den Entfall des § 4 Abs. 1 zweiter Satz nicht in der In-Kraft-Tretens-Bestimmung, sondern in einer eigenen Außer-Kraft-Tretens-Anordnung in § 13 Abs. 2 zu erwähnen (z.B.: „[treten mit …in Kraft]; zugleich tritt § 4 Abs. 1 zweiter Satz außer Kraft.

Zum Vorblatt ist aufgefallen, dass im Interesse der Einheitlichkeit die Aussage zu den „Alternativen“ schlicht auf „Keine“ beschränkt werden sollte.

 

Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

28. Februar 2007

Für den Bundeskanzler:

i.V. Harald DOSSI

 

 

Elektronisch gefertigt

 



[1] Vgl etwa Grill in Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU-/EG-Vertrag, Artikel 86 Rz 7; ausführlicher etwa von Burchard in Schwarze (Hrsg.), EU Kommentar, Art 86.

[2] Näher dazu Fruhmann in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2002, § 6 Rz 94ff.

[3] Vgl. dazu auch das Rundschreiben GZ BKA-600.883/0023-V/A/8/2004, abrufbar unter: http://www.bka.gv.at/2004/8/12/Regelungen%20im%20Gesetzes-%20und%20Verordnungsrang.pdf.

[4] Siehe auch Fruhmann in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 6 Rz 141ff.

[5] Vgl. das Layout-Muster auf www.bundeskanzleramt.at/legistik.