Herrn

Mag Rainer Hinterleitner

BMLFUW

Stubenring 1

A-1012 Wien

 

 

 

 

 

 

 

Ihr Zeichen

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Bearbeiter/in                   

Tel

501 65

Fax

Datum

BMLFUW-LE.4.1.5/0004-I/3/2007

BP/Stg

Mag

Bernhard Horak

DW  3132

DW 3227

02.03.07

 

 

 

 

 

 


Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird im Zusammenhang mit der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Mag Hinterleitner!

 

Wir bedanken uns für die Einladung vom 6. Februar 2007, als Bundesarbeitskammer (BAK) zum Entwurf eines Bundesgesetzes mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird, Stellung zu nehmen.

 

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll insbesondere die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen umgesetzt werden. Wir stimmen mit Ihrer Auffassung überein, dass durch die oben genannte, neue Richtlinie das bisherige System der Anerkennung im wesentlichen beibehalten wird (Erläuterungen, Allgemeiner Teil, erster Absatz). Dies jedoch nur für den Fall, wenn durch ein Anerkennungsverfahren die dauerhafte Ausübung eines Berufes im Zuge der Niederlassungsfreiheit bzw der Freizügigkeit der ArbeitnehmerInnen bezweckt wird.

 

Die Bundesarbeitkammer erkennt aber darüber hinaus im Artikel 5 „Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit“ der Anerkennungsrichtlinie (2005/36/EG) eine ganz wesentliche Neuerung gegenüber dem aktuellen Anerkennungssystem. Diese Stellungnahme der Bundesarbeitskammer gilt vor allem dem Umstand, dass der vorliegende Gesetzesentwurf dieser Neuerung in keiner Weise Rechnung trägt. Entsprechende Ergänzungen sind aber unbedingt erforderlich.

Bedeutung und Verantwortung der Forstberufe

 

Die im Forstgesetz (§ 105) genannten Berufe Forstwirt, Forstassistent, Förster, Forstadjunkt und Forstwart gelten als reglementierte Berufe im Sinne der Anerkennungsrichtlinie 2005/36/EG. Es sind die Berufe, um die es im vorliegenden Gesetzesentwurf geht. Betrachtet man den Gegenstand ihrer Arbeit, können damit verbundene Verantwortung und Ansprüche nicht hoch genug veranschlagt werden: „Der Wald mit seinen Wirkungen auf den Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen ist eine wesentliche Grundlage für die ökologische, ökonomische und soziale Entwicklung Österreichs. Seine nachhaltige Bewirtschaftung, Pflege und sein Schutz sind Grundlage zur Sicherung seiner multifunktionellen Wirkungen hinsichtlich Nutzung, Schutz, Wohlfahrt und Erholung.“ (Forstgesetz § 1 Abs 1). Weiters nennt das Forstgesetz die genannten Berufe „fachlich ausgebildetes Forstpersonal, deren Bestellung nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes der Sicherung des öffentlichen Interesses an der Walderhaltung und der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes dient“ (Forstgesetz § 104 Abs 1).

 

 

Zur Bedeutung des Grundsatzes der Dienstleistungsfreiheit nach Art 5

der Anerkennungsrichtlinie

 

Das bisherige System der beruflichen Anerkennung unterscheidet nicht zwischen der dauerhaften Ausübung eines Berufes im Zuge der Niederlassungsfreiheit bzw der Freizügigkeit und der vorübergehenden Erbringung einer Dienstleistung über die Grenzen hinweg. Das bisherige System sieht in jedem Fall ein Anerkennungsverfahren zur Überprüfung der beruflichen Qualifikation durch die Behörden des Gastlandes vor.

Dem gegenüber sieht die neue Anerkennungsrichtlinie für die ErbringerInnen grenzüberschreitender Dienstleistungen kein Anerkennungsverfahren mehr vor, wenn sie im Niederlassungsstaat rechtmäßig zur Ausübung des Berufes zugelassen sind („Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit“ Art 5, Abs 1, lit a).

 

Hierbei handelt es sich unseres Erachtens um eine beachtliche Liberalisierung der bisherigen bzw aktuellen Anerkennungsgepflogenheiten, die zwei Auswirkungen zeitigen können:

1.       Auf dem „Arbeitsmarkt der reglementierten Berufe“ kommt es durch die Dienstleistungsfreiheit zu einer neuen Konkurrenzsituation: Hier die ansässigen MitbewerberInnen mit einer hohen und gesetzlich gesicherten beruflichen Qualifikation gegen die von Außen „gelegentlich“ und „vorübergehend“ hereinkommenden DienstleisterInnen mit dem Qualifikationsniveau ihres Niederlassungsstaates, das ja – im Falle einer Dienstleistungserbringung – in Zukunft nicht mehr durch die Gastlandbehörden überprüft wird. Auf längere Frist hat dies negative Effekte auf das nationale Ausbildungsniveau und damit auf das Berufsbildungssystem für reglementierte Berufe.

2.       Die Regelung der Dienstleistungsfreiheit kann dazu missbraucht werden, ein Anerkennungsverfahren, wie es zum Zwecke der Niederlassung oder zum Ausüben einer Tätigkeit im Rahmen der Freizügigkeit notwendig ist, zu umgehen. Mit anderen Worten: Wer aufgrund mangelnder Qualifikation ein Anerkennungsverfahren meidet, kommt via „Dienstleistungsfreiheit“ ohnehin in sein Wunschland. Denn das Charakteristikum der Dienstleistungsfreiheit, nämlich das der „vorübergehenden“ und „gelegentlichen“ Ausübung kennt kein klares Zeitkriterium und bedarf im Streitfall einer „gezielten Überprüfung des Einzelfalles“. Die Wahrscheinlichkeit einer Überprüfung ist jedoch gering. Selbst wenn eine Überprüfung erfolgt, ist es für die Behörde kaum nachweisbar, dass tatsächlich eine regelmäßige Beschäftigung bzw eine Niederlassung im Inland vorliegt.

 

Die gegenständlichen Berufe werden zwar traditionell und naturgemäß eher nicht in Form der vorübergehenden Verrichtung erbracht, dies ist aber keineswegs immer der Fall und auf Grund der eben erläuterten Auswirkungen könnte eine Erbringung in der Form der Dienstleistungsfreiheit stark zunehmen. Eine entsprechende Regelung ist daher unbedingt geboten. Dazu wie folgt.

 

 

Einschränkungen des Grundsatzes der Dienstleistungsfreiheit

 

Die Anerkennungsrichtlinie sieht eine Sequenz von „Kann“-Bestimmungen vor, die es den Mitgliedstaaten eröffnen, den Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit einzuschränken. Diese Möglichkeiten sollten beim gegenständlichen Gesetzesvorhaben unbedingt aufgegriffen und vollständig genützt werden. Zu bedenken ist nämlich insbesondere die mit den Forstberufen verbundene hohe Verantwortung; weiters die für die Ausübung dieser Berufe notwendigen hohen Qualifikationen und der Umstand, dass es in diesen Berufen zunehmend auch zur Praxis gehört, Dienstleistungen zB über Werkverträge zu erbringen.

 

Konkret bietet Artikel 7 der Anerkennungsrichtlinie unter dem Titel „Vorherige Meldung bei Ortswechsel des Dienstleisters“ folgende Möglichkeiten:

 

a)       Schriftliche Meldung (Art 7 Abs 1)
Verpflichtung des Dienstleisters zur schriftlichen Meldung, wenn er erstmals eine Dienstleistung erbringt (ebenso Information über Versicherungsschutz und Berufshaftpflicht)

b)       Übermittlung von Dokumenten (Art 7 Abs 2)
Neben der Meldung müssen bestimmte Dokumente beigefügt werden: Staatsbürgerschaftsnachweis, Bescheinigung über rechtmäßige Ausübung im Niederlassungsstaat, Berufsqualifikationsnachweis. Nachweis von mindestens zwei Jahren Tätigkeit im Niederlassungsstaat. Im Sicherheitssektor: Nachweis, dass keine Vorstrafen vorliegen, wenn es der Gaststaat vorsieht.




c)       Nachprüfung der Qualifikation (Art 7 Abs 4)
Nachprüfung der Berufsqualifikation, wenn es sich um reglementierte Berufe handelt, „die die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit berühren“ (um schwerwiegende Beeinträchtigung der Gesundheit oder Sicherheit aufgrund einer mangelnden Qualifikation zu verhindern).

Bei der Meldung zu Punkt a) sollte das einschlägige Dokument der Europäischen Kommission („Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, Meldung der vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen gemäß Artikel 7 Absatz 1, Markt D/7055/2006/DE) als Richtschnur dienen. Jedenfalls sollten jedoch auch Angaben über Ort und Zeit der voraussichtlichen Dienstleistungserbringung verlangt werden. Diese Angaben sind deshalb von besonderer Bedeutung, da die bisherigen praktischen Erfahrungen bei grenzüberschreitender Erwerbstätigkeit gezeigt haben, dass eine gezielte Kontrolle nur dann möglich ist, wenn der Ort der Dienstleistung bekannt ist!

 

Zu Punkt c) merken wir an, dass laut Forstgesetz 1975 ua die professionelle Instandhaltung von Schutzwäldern, der Schutz vor Waldbrand, der Schutz vor Forstschädlingen, Baumfällungen sowie die Ausführung von Vorbeugemaßnahmen zum Schutz vor Wildbächen und Lawinen zu den Tätigkeiten der Forstberufe zählen.

Darüber hinaus birgt die Ausübung dieser Berufe eine enorme Selbstverletzungsgefahr, deren Verhinderung oder Hintanhaltung nicht nur durch technische Maßnahmen, sondern im wesentlichen auch mit hochwertiger Berufsausbildung zu erreichen ist.

Die Bundesarbeitskammer spricht sich daher ausdrücklich dafür aus, die Nachprüfung der Qualifikation bei den Forstberufen gemäß Art 7 Abs 4 der Richtlinie 2005/36/EG in den Gesetzesentwurf aufzunehmen!

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Herbert Tumpel                                                                                    Johanna Ettl

Präsident                                                                                            iV des Direktors