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SV-GSt

Ivansits/Panhölzl

DW  2479

DW 2695

26.03.2007

 

 

 

 

 

 


Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden (Sozialrechts‑Änderungsgesetz 2007 – SRÄG 2007)

 

 

 

 

Die Bundesarbeitskammer nimmt zum vorliegenden Entwurf einer 67. ASVG-Novelle wie folgt Stellung:

 

Die im Regierungsabkommen vereinbarten und im gegenständlichen Entwurf umgesetzten Maßnahmen im Bereich der sozialen Pensionsversicherung sind wichtige Verbesserungen gegenüber den Pensionsreformen 2003 und 2004 im Sinne der Versicherten und werden als solche von der Bundesarbeitskammer begrüßt. Festzustellen ist aber auch, dass die Bundesarbeitskammer größere Erwartungen an Korrekturen hinsichtlich der Folgen der genannten Pensionsreformen in der laufenden Gesetzgebungsperiode gehegt hat. Dazu zählen die völlige Abschaffung des „doppelten Korridorabschlags“, eine abschlagsfreie „Hacklerregelung“ über das Jahr 2010 hinaus, die Berücksichtigung der Schwerarbeit bei Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit und Verbesserungen bei der Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten.

 

Freilich können Vorgaben des Regierungsprogramms nicht dem vorliegenden Entwurf einer 67. ASVG-Novelle angelastet werden. Dennoch begnügt sich die Bundesarbeitskammer in ihrer Stellungnahme nicht damit, den Entwurf bloß als Reflex des Regierungsabkommens zu sehen, sondern geht auch auf die sozialpolitischen Aspekte der geplanten Novelle ein.

 

Ausdrücklich begrüßt werden die finanzielle Entlastung für pflegende nahe Angehörige im Falle einer Selbst- oder Weiterversicherung und diverse Klarstellungen in den Schlussbestimmungen zur Anwendung von Rechtsvorschriften.

 

Folgende Punkte des Entwurfs bedürfen einer näheren Kommentierung:

 

Zu Art 1 Z 1 (§ 19a Abs 1 ASVG):

 

BezieherInnen von Kinderbetreuungsgeld sind in der Krankenversicherung teilversichert. Mit Ende des Bezuges tritt in Fällen, in denen keine Möglichkeit zur Mitversicherung in der Krankenversicherung besteht oder in denen keine die Vollversicherung begründende Beschäftigung, sondern nur eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen wird, das Problem auf, dass eine Selbstversicherung nach § 19a ASVG deshalb nicht möglich ist, weil nach § 8 Abs 1 Z 2 lit g ASVG für die ersten 48 Kalendermonate (bei Mehrlingsgeburten für die ersten 60 Monate) eine Teilpflichtversicherung in der Pensionsversicherung besteht. Dadurch sind Kinder erziehende Personen von der günstigen Möglichkeit der Selbstversicherung nach § 19a ASVG ausgeschlossen.

 

Geringfügig beschäftigten Personen, die allein wegen der Kindererziehung in der Pensionsversicherung pflichtversichert sind, soll nunmehr die Möglichkeit eröffnet werden, sich nach § 19a ASVG selbstzuversichern. Diese Maßnahme wird von der Bundesarbeitskammer unterstützt.

 

Zu Art 1 Z 2 (§ 44 Abs 1 ASVG):

 

Im Pensionskonto werden für die Kindererziehung grundsätzlich pro Kind vier Jahre als Beitragszeit berücksichtigt. Als Beitragsgrundlage gelten pro Monat € 1.350,- zwölf mal für ein Jahr. Umgerechnet auf 14 Bezüge ergibt sich für Kindererziehung eine Beitragsgrundlage von € 1.157,- (1.350,- mal 12 dividiert durch 14). Von dieser Beitragsgrundlage gebühren im Pensionskonto 1,78 % als Pensionsgutschrift. Für ein Kindererziehungsjahr erhält man damit rund € 21,- Monatspension, für vier Jahre Kindererziehung rund € 80,-.

 

Im geltenden Recht ist keine Valorisierung dieser Beitragsgrundlage vorgesehen. Das bedeutet, dass Kindererziehungszeiten aufgrund der Inflation an Kaufkraft und aufgrund der Lohnentwicklung laufend an Wert verlieren. Die 67. ASVG-Novelle sieht nunmehr eine Valorisierung mit der Lohnentwicklung vor.

 

Die Valorisierung der Beitragsgrundlage wird von der Bundesarbeitskammer ausdrücklich begrüßt. Die Forderung der Bundesarbeitskammer nach einer höheren (€ 1.350,- x 14) und längeren Anrechung von Kindererziehungszeiten wurden indes nicht berücksichtigt. Damit bleiben die aufgrund von Kindererziehung teilzeitbeschäftigte Frauen die großen Verliererinnen der mit der Einführung des Pensionskontos verbundenen Lebensdurchrechnung.

 

Die Bundesarbeitskammer bekräftigt ihre Forderung, die Beitragsgrundlage zumindest auf € 1.350,- 14 mal pro Jahr zu erhöhen. Kostenargumente können dieser Forderung nicht entgegengehalten werden, weil die Kosten der Kindererziehungszeiten im Pensionskonto erst langfristig entstehen, also zu einem Zeitpunkt, in dem durch die Auswirkungen der Pensionsreform 2004 bereits der erforderliche finanzielle Spielraum vorhanden sein wird.

 

Zu Art 1 Z 3 (§ 77 Abs 9 ASVG):

 

Die Bundesarbeitskammer unterstützt die Initiative der Bundesregierung, nahe Angehörige, die Pflegebedürftige mit Anspruch auf Pflegegeld der Stufen 4 bis 7 pflegen, finanziell zu entlasten, indem die Kosten der Pensionsversicherung ganz oder teilweise vom Bund getragen werden. Die im Entwurf vorgesehene Regelung setzt auf die geltenden Bestimmungen über die freiwillige Versicherung pflegender Angehöriger (vor allem die §§ 18b, 77 Abs 6) auf. Bei Begründung einer Selbst- oder Weiterversicherung wird der Dienstnehmerbeitrag entweder halbiert (Pflegegeldstufe 4) oder zur Gänze von der öffentlichen Hand übernommen (Pflegegeldstufe 5). Der (fiktive) Dienstgeberbeitrag wird schon bisher vom Bund getragen. Derzeit wird die freiwillige Versicherung kaum in Anspruch genommen, weil die Kosten relativ hoch sind.

 

Trotz der Verbesserungen erhebt sich die Frage, ob unter dem Regime auf dem Antragsprinzip beruhender freiwilliger Versicherungen nicht erhebliche Außenseiterprobleme entstehen werden. Die Bundesarbeitskammer befürchtet, dass trotz der günstigeren Bedingungen (bis hin zur Kostenfreiheit) an sich berechtigte Pflegepersonen das Weiterversicherungsrecht deshalb nicht in Anspruch nehmen werden, weil sie über die bestehenden Möglichkeiten entweder überhaupt nicht oder nicht ausreichend informiert sind. Es ist davon auszugehen, dass es sich dabei vielfach um Personen handeln wird, die sozial benachteiligt sind. Daher ist eine bessere Aufklärung des in Betracht kommenden Personenkreises unabdingbar. Das müsste durch gezielte Informationen im Zuge von Erstgesprächen mit (neuen) PflegegeldbezieherInnen und den betreuenden Angehörigen geschehen.

 

Mit Sicherheit wird dies jedoch nicht in allen Fällen gelingen. Vor diesem Hintergrund ist zu erwägen, in einem weiteren Schritt die Pflege naher Angehöriger etwa ab der Pflegegeldstufe 4 obligatorisch entweder als Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung oder als Beitragszeit auszugestalten. Letzteres hätte zur Folge, dass die Pflege durch nahe Angehörige in der Pensionsversicherung als eine der Kindererziehung gleichwertige Betreuung anerkannt wird.

 

Diese Option hätte zudem den Vorteil, dass die vorhandenen Formen der freiwilligen Versicherung - die Selbstversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes (§ 18a ASVG), die Selbstversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger (§ 18b ASVG) und die begünstigte Weiterversicherung (§ 77 Abs 6 ASVG) – wenigstens hinsichtlich der Beitragsgrundlage gleich bewertet werden. Das ist insofern sinnvoll, als durch eine Vereinheitlichung der Beitragsgrundlage Sachverhalte mit gleicher Pflegebedürftigkeit nicht wie bisher durch die Heranziehung unterschiedlich hoher Beitragsgrundlagen eine höchst unterschiedliche pensionsrechtliche Behandlung erfahren, je nachdem, ob Pflegepersonen vor der Pflege voll oder teilweise erwerbstätig waren und welches Einkommen sie vorher bezogen haben. Diese Faktoren spielen derzeit bei der Kinderbetreuung keine Rolle. Hier gilt der Grundsatz, dass jede Kinderbetreuung in der Pensionsversicherung gleich viel „zählt“. Folgt man dieser Prämisse, ist bei der Pflege eine sachlich differenzierte Behandlung in der Pensionsversicherung letztlich nur mehr anhand der Pflegeintensität argumentierbar.

 

§ 18b sieht derzeit eine Beitragsgrundlage von 1.350,-- Euro vor, während die begünstigte Weiterversicherung nach § 77 Abs 6 ASVG auf die Beitragsgrundlage vor dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung abstellt. Das bedeutet, dass Versicherte, die zur Gänze aus der Pflichtversicherung ausscheiden und sich der Pflege naher Angehöriger widmen, bei einem höheren früheren Erwerbseinkommen im Vergleich zu Personen, die erst zu pflegen begonnen haben, relativ großzügig behandelt werden. Sie erhalten von der öffentlichen Hand eine Beitragssubvention, die im Vergleich zu einer nach § 18b ASVG versicherten Person mit gleichen oder zumindest ähnlichen Versorgungspflichten unverhältnismäßig hoch ist.

 

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ab welcher (wöchentlichen) Arbeitszeit § 18b, der auf Pflege in häuslicher Umgebung „unter erheblichen Beanspruchung der Arbeitskraft“ abstellt, ein Recht auf eine freiwillige Versicherung einräumt und die Möglichkeit eröffnet, durch Addition der freiwilligen und der Beitragsgrundlage aus der Erwerbstätigkeit zu einer günstigeren Pension zu kommen. Liegt der Schwellenwert beispielsweise unter 20 Wochenstunden, könnte eine Teilerwerbstätigkeit zu einer Kumulation, hingegen eine nur wenig über 20 Wochenstunden liegende Erwerbstätigkeit zu einem sachlich nur schwer legitimierbaren Ergebnis führen. Der Schwellenwert müsste gesetzlich geregelt oder von den Pensionsversicherungsträgern festgesetzt werden.

 

Die geplante Neuregelung kann also nicht vollständig überzeugen. Dennoch ist anzuerkennen, dass die Bundesregierung bemüht ist, die Rechtsstellung pflegender Angehöriger in der Pensionsversicherung zu verbessern. Im Ergebnis dürfte es jedoch gerechter sein, die Beitragsgrundlage für die Pflege zu vereinheitlichen und die im Entwurf in Kauf genommene Differenzierung zu beseitigen.

 

Unbefriedigend ist auch die Begrenzung der Beitragsbegünstigung mit 48 Kalendermonaten. Auch hier bestehen insofern Zweifel an der sachlichen Rechtfertigung dieser Maßnahme, als kaum nachvollziehbar ist, warum die Beitragsbegünstigung bei Langzeitpflege nicht gelten soll.

 

Alles in allem befürwortet die Bundesarbeitskammer die Gesetzwerdung der Regelung, schlägt jedoch vor, dass in weiterer Folge ein Diskussionprozess zur Optimierung der Pensionsversicherung pflegender Angehöriger in Gang gesetzt wird.

 

Zu Art 1 Z 4 bis 6 (§ 79a Abs 2, § 108e Abs 9 Z 4, § 108e Abs 9 Z 5 ASVG):

 

Nach § 108e Abs 9 Z 3 ASVG hat die Kommission zur langfristigen Pensionssicherung erstmals im Jahr 2007 einen Bericht über die langfristige Entwicklung und Finanzierbarkeit der gesetzlichen Pensionsversicherung zu erstatten.

 

Nach den Z 4 und 5 dieser Bestimmung sind von der Kommission Abweichungen der im Bericht angenommenen Lebenserwartung von der in Anlage 12 zum ASVG festgeschriebenen Referenzlebenserwartung (für den Zeitraum bis 2050) bzw Abweichungen der im Bericht angenommenen wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung von den in Anlage 13 zum ASVG festgeschriebenen wirtschaftlichen und demographischen Annahmen zu ermitteln sowie Vorschläge zu erstatten, wie bei einer relevanten Erhöhung der Lebenserwartung bzw bei einer Änderung der wirtschaftlichen und demographischen Annahmen der finanzielle Mehraufwand auf die so genannten Nachhaltigkeitsfaktoren (Beitragssatz, Kontoprozentsatz, Anfallsalter, Pensions­anpassung und Bundesbeitrag) aufgeteilt werden kann.

 

Der Bericht der Kommission bildet die Grundlage für den nach § 79a Abs 2 ASVG der Bundesregierung vorzulegenden Bericht über die langfristige Finanzierung der Pensionsversicherung.

 

Demgegenüber statuiert das Regierungsprogramm, dass die bestehende Regelung in Richtung einer Pensionsautomatik mit Wirksamwerdung ab 2010 abzuändern ist. Danach sollen Veränderungen der Lebenserwartung automatisch zur Aktivierung der Nachhaltigkeitsfaktoren führen.

 

Die erstmalige Ermittlung von Abweichungen bzw Erstattung von Vorschlägen nach § 108e Abs 9 Z 4 und 5 ASVG - ebenso wie die daran anknüpfende Berichtspflicht gegenüber der Bundesregierung nach § 79a ASVG – wird auf das Jahr 2010 verschoben.

 

Die Bundesarbeitskammer spricht sich gegen den im Regierungsprogramm enthaltenen „Automatismus“ aus. Vielmehr sollte stets auch geprüft werden, ob eine höhere Lebenserwartung unter Berücksichtigung anderer Faktoren (Produktivität, Lohnsteigerung, Erwerbsquoten) überhaupt zu einem Mehraufwand führt. Sollte nämlich beispielsweise das Produktivitätswachstum die Auswirkungen einer höheren Lebenserwartung überkompensieren, wäre der „Automatismus“ kontraindiziert. Zweitens muss eine sinnvolle Aufteilung des Mehraufwandes auf die genannten fünf Parameter vor allem auch auf deren unterschiedliche zeitliche Wirkungsweise Bedacht nehmen, was aber ohne politische Gestaltungsmöglichkeit nicht machbar ist.

 

Ein „Automatismus“ im Sinne einer gesetzlichen Formel, anhand welcher festgelegt wird, ob und in welchem Ausmaß das Pensionsalter, der Beitragssatz etc steigen sollen, ist abzulehnen. Es ist Aufgabe der Politik, darüber zu entscheiden, wie im Pensionssystem auf veränderte Rahmenbedingungen reagiert wird, wobei das Konzept des „leistungsdefinierten Pensionskontos“ politischen Eingriffen in bereits erworbene Rechte grundsätzlich entgegensteht.

 

Zu Art 1 Z 7 und Z 16 (§ 607 Abs 7, § 631 Abs 3 ASVG, § 607 Abs 14a ASVG):

 

Die Schutzbestimmung des § 607 Abs 7 ASVG soll nach dem Entwurf auch dann zur Anwendung kommen, wenn anstelle einer vorzeitigen Alterspension eine Regelalterspension in Anspruch genommen wird. Gleiches soll gemäß § 607 Abs 14 auch bei der Schwerarbeitspension gelten. Damit wird bezogen auf § 607 Abs 7 und 14 ASVG dem Grundsatz Rechnung getragen, dass ein Pensionsaufschub nicht zu einer niedrigeren Leistung bzw zum Wegfall der Leistung führen darf.

 

Diesem Grundsatz sollte jedoch eine allgemeinere Geltung verschafft werden. So kommt es beispielsweise auch bei der Hacklerregelung für Frauen dazu, dass ein Pensionsaufschub zu einer niedrigeren Leistung führt, weil der Prozentsatz gemäß der Rechtslage 2004 mit 80 % begrenzt ist, wenn nicht mehr als 45 Versicherungsjahre vorliegen (was bei Frauen, die die Hacklerregelung in Anspruch nehmen, regelmäßig der Fall ist). Dies führt dazu, dass ein Pensionsaufschub um ein Jahr am Prozentsatz nichts mehr ändert, es bleibt also bei 80 %. Auf der anderen Seite wird jedoch der Zeitraum zur Bildung der Bemessungsgrundlage um ein Jahr ausgedehnt, was zu einer niedrigeren Leistung führt. Die Pensionsversicherungsanstalt hat zuletzt bei einem Pensionsaufschub um ein Jahr eine um € 30,- niedrigere Leistung berechnet.

 

Da der Gesetzgeber aus verständlichen Gründen nicht auf jede potenzielle Konstellation, in der ein Pensionsaufschub zu einer niedrigeren Leistung führt, gesondert reagieren kann, sollte in genereller Weise sichergestellt werden, dass bei einem Pensionsaufschub zumindest jene Leistung gebührt, die im Zeitpunkt der erstmaligen Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gebührt hätte.

 

Zu Art 1 Z 8 bis 11 und 13 bis 15 ASVG:

 

Das Regierungsprogramm führt zum Thema Pensionen aus, dass der abschlagsfreie Pensionsantritt mit 55/60 Jahren im Rahmen der so genannten „Hacklerregelung“ bis 2010 verlängert werden soll, um für jene Versicherte, die lange Zeit hindurch Beiträge ins gesetzliche Pensionssystem eingezahlt haben, eine Verbesserung im Übergangsrecht zu erreichen.

 

In Umsetzung der Vorgaben des Regierungsprogrammes sieht der Entwurf vor, § 607 Abs 12 ASVG dahingehend zu ändern, dass die Abschlagsfreiheit der Hacklerregelung bis zum 31. Dezember 2010 gewahrt bleibt (derzeit nur bis zum 31. Dezember 2007).

 

Darüber hinaus wird auch die Auslaufregelung des § 617 Abs 13 ASVG dahingehend modifiziert, dass die stufenweise Anhebung des Anfallsalters für HacklerInnen erst ab dem Jahr 2011 Platz greift und bis dahin der abschlagsfreie Pensionsantritt mit 55/60 ermöglicht wird. Abschlagsfrei mit Vollendung des 60. (Männer) bzw 55. Lebensjahres (Frauen) in Pension gehen können demnach auch noch Männer, die im zweiten Halbjahr 1950, und Frauen, die im zweiten Halbjahr 1955 geboren sind. Die Jahrgangsregelungen nach den §§ 607 Abs 12 und 14 sowie 617 Abs 13 ASVG samt Parallelrecht werden entsprechend angepasst.

 

Die Bundesarbeitskammer bemängelt, dass die abschlagsfreie „Hacklerregelung“ zwar für einige Jahre verlängert wird, aber noch keine dauerhafte Lösung für einen abschlagsfreien vorzeitigen Zugang für Langzeitversicherte gefunden wurde. Ebenso wenig wurde das Grunddefizit dieser Pensionsart behoben, das darin besteht, dass die „Hacklerregelung“ den eigentlichen „HacklerInnen“ oft nicht oder deutlich später offen steht, da Zeiten der Arbeitslosigkeit oder entgeltfortzahlungsfreier Krankenstände nicht angerechnet werden. Eine zumindest teilweise Anrechnung auch solcher Zeiten, die ja von den Versicherten nicht freiwillig gewählt wurden, erscheint weiterhin angebracht.

 

Gerade im Pensionssystem sind klare und verlässliche Regelungen für den Pensionszugang und die Pensionshöhe wichtig. Es genügt nicht, die Betroffenen auf die nächsten Nationalratswahlen zu verweisen. Die Bundesarbeitskammer fordert daher eine dauerhafte Lösung für Langzeitversicherte, die einen fairen Pensionszugang gewährleistet.

 

Eine Grundlage dafür könnte in der Schwerarbeitsregelung gesehen werden. Für die Schwerarbeitspension sind 45 Versicherungsjahre erforderlich, dazu kommt Schwerarbeit, die in den letzten 20 Jahren für mindestens 10 Jahre geleistet worden ist. Für die „Hacklerregelung“ sind 45 Beitragsjahre notwendig. Es ist allgemein bekannt, dass ArbeiterInnen aufgrund von Krankenständen und phasenweiser Arbeitslosigkeit diese 45 Beitragsjahre oft nicht erwerben können. ArbeiterInnen könnten aber, sofern sie 45 Versicherungsjahre erreichen und die sonstigen Voraussetzungen erfüllen, in die Schwerarbeitspension gehen. Allerdings müssten die für Schwerarbeitspensionen vorgesehenen Abschläge sofort abgeschafft werden, um nicht Versicherte, die lange und schwer gearbeitet („gehackelt“) haben, in den nächsten Jahren gegenüber „HacklerInnen“ zu benachteiligen. Der Begriff der Schwerarbeit dürfte so weit gefasst sein, dass mit einer größeren Zahl an Schwerarbeitspensionen zu rechnen ist.

 

Die Bundesarbeitskammer fordert daher, die Schwerarbeitspension zu einer „echten“ Hacklerreglung auszubauen, diese abschlagsfrei zu gestalten und auch (regelmäßige) Nachtarbeit und Akkordarbeit in die Schwerarbeit einzubeziehen.

 

Zu Art 4 Z 2 und 4 (§§ 15 Abs 4 und 20 Abs 2 APG):

 

Laut Regierungsabkommen soll der „doppelte Abschlag“ bei der Inanspruchnahme einer Korridorpension im Übergangsrecht (§§ 15 Abs 4 und 16 Abs 4 APG) in der Weise abgemildert werden, dass es im Ergebnis zu einer Halbierung des bisherigen Abschlages (im „Altrecht“) kommt.

 

Demgemäß sieht der Entwurf vor, dass der „ungedeckelte“ „Korridor-Abschlag“ von 0,35 % auf 0,175 % pro Monat des Pensionsantritts vor Erreichung des (auslaufenden) Frühpensionsalters gesenkt wird. Damit wird eine Abmilderung jener hohen Verluste, die Angehörige bestimmter Jahrgänge nach geltender Rechtslage bei einem Pensionsantritt mit 62 Jahren zu gewärtigen haben, erreicht. Im Zusammenhang mit der Halbierung des Abschlags wird durch eine Übergangsbestimmung sichergestellt, dass bereits zuerkannte Korridorpensionen von Amts wegen neu zu bemessen sind.

 

Die Halbierung der Korridorabschläge von 4,2 % auf 2,1 % stellt ohne Zweifel eine bedeutende Verbesserung dar. Bleibt der Arbeitsmarkt für die Älteren weiterhin so angespannt, muss jedoch für die Zukunft, wenn die Korridorabschläge in Folge der schrittweisen Anhebung des Pensionsalters für die vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer immer schmerzlicher spürbar werden, eine weitere Reduktion der Korridorabschläge kommen. „Doppelte Korridorabschläge“ sind versicherungsmathematisch unbegründete „Strafabschläge“ und für Menschen, die mit 62 Jahren zum Teil mit 47 Versicherungsjahren in Pension gehen (müssen), unzumutbar.

 

 

 

 

Herbert Tumpel                                                               Christoph Klein

Präsident                                                                       iV des Direktors