REPUBLIK ÖSTERREICH

BUNDESKANZLERAMT

 

Geschäftszahl:

BKA-601.374/0001-V/A/5/2007

An die

Parlamentsdirektion

Parlament

1017 Wien

Sachbearbeiter:

Herr MMag Dr Patrick SEGALLA

Pers. e-mail:

patrick.segalla@bka.gv.at

Telefon:

01/53115/2353

Ihr Zeichen
vom:

 

Antwortschreiben bitte unter Anführung der Geschäftszahl an:

v@bka.gv.at

 

 

 

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gerichtsgebührengesetz und das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962 geändert werden;

Modul für das Budgetbegleitgesetz 2007

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

 

In der Anlage übermittelt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 seine Stellungnahme zum oben angeführten Gesetzesentwurf.

 

28. Februar 2007

Für den Bundeskanzler:

i.V. Harald DOSSI

 

 

Elektronisch gefertigt


 

 

REPUBLIK ÖSTERREICH

BUNDESKANZLERAMT

 

Geschäftszahl:

BKA-601.374/0001-V/A/5/2007

An das

Bundesministerium für Justiz

 

per E-Mail:

kzl.b@bmj.gv.at

 

 

Sachbearbeiter:

Herr MMag Dr Patrick SEGALLA

Pers. e-mail:

patrick.segalla@bka.gv.at

Telefon:

01/53115/2353

Ihr Zeichen
vom:

BMJ-B18.003/0002-I/7/2007
16.02.2007

Antwortschreiben bitte unter Anführung der Geschäftszahl an:

v@bka.gv.at

 

 

 

BetrifftEntwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gerichtsgebührengesetz und das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962 geändert werden;

Modul für das Budgetbegleitgesetz 2007

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL ...“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „RZ .. des EU-Addendums“),

zugänglich sind.

Der gegenständliche Gesetzesentwurf soll, wie aus dem Versendungsschreiben hervorgeht, Teil des Budgetbegleitgesetzes 2007 werden und im Rahmen dessen als Regierungsvorlage dem Nationalrat zur Behandlung übermittelt werden. Dazu wird allgemein auf das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes‑Verfassungsdienst vom 26. Jänner 2007, BKA‑603.722/0001‑V/2/2007, – betreffend Vorbereitung eines Budgetbegleitgesetzes 2007, Vorgangsweise – verwiesen.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf:

Zu Z 3 (§ 10 Abs. 2) sowie zu Z 5 (§ 13 Abs. 2) des Artikels „X1“- Änderung des Gerichtsgebührengesetzes:

Der Entwurf sieht vor, dass Befreiungstatbestände bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenpflicht bekannt zu geben sind (d.h. bei Eingabe, bei Aufnahme des Protokolls oder bei Vornahme sonstiger Amtshandlungen). Damit soll ausweislich der Erläuterungen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entgegen getreten werden, der es als zulässig ansieht, Befreiungstatbestände auch noch im Vorschreibungsverfahren geltend zu machen.

Gegen den Vorschlag bestehen grundsätzlich keine Einwände aus verfassungsrechtlicher Sicht. Als problematisch könnte die Regelung allerdings in jenen Fällen angesehen werden, in denen ein Gebührenanspruch entsteht, ohne dass dem ein Antrag oder eine sonstige Handlung des Gebührenpflichtigen zu Grunde liegt: Es wäre wohl als unsachlich anzusehen, dass eine Präklusion eintritt, bevor der Gebührenpflichtige noch die Gelegenheit hatte, dem entgegenzuwirken (weil der Gebührenanspruch ohne sein Zutun eingetreten ist). Soweit aus Normtext und Erläuterungen erkennbar, dürften der vorgeschlagenen Regelung keine derartigen Sachverhalte zu Grunde liegen; es wird jedoch angeregt, diesen Aspekt gegebenenfalls zu berücksichtigen.

Zu Z 14 (Art. VI Z 28) des Artikels „X1“- Änderung des Gerichtsgebührengesetzes:

Es wird darauf hingewiesen, dass das Regel/Ausnahme-Verhältnis auch nach Beseitigung der meisten Befreiungstatbestände von den Gerichtsgebühren dem im Gleichheitssatz gem Art. 7 B-VG enthaltenen allgemeinen Sachlichkeitsprinzip entsprechen muss.

Es wird auch angeregt, statt der vorgesehenen materiellen Derogation im Sinne der Rechtsicherheit die entfallenden Befreiungstatbestände ausdrücklich zu benennen (formelle Derogation; siehe LRL 44). Zumindest wäre es zweckmäßig, eine Aufzählung dieser Tatbestände in die Erläuterungen aufzunehmen.

Zu Z 2 (§ 6 Abs. 1) des Artikels „X2“- Änderung des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962:

Aus den Erläuterungen geht zwar hervor, dass eine Einhebung des Zusatzbetrages dann nicht in Betracht kommt, wenn der Einziehungsversuch aus beim Gericht liegenden Gründen fehlschlägt. Wenn dies nicht der Fall ist, kann aber nicht allgemein davon ausgegangen werden, dass die Gründe beim Zahlungspflichtigen zu suchen sind; so könnte die Ursache für das Fehlschlagen der Einziehung auch bei der Bank liegen. In einem derartigen Fall erschiene es aber unsachlich, den Zahlungspflichtigen mit einer Zusatzgebühr zu belasten.

Zu Z 14 (Art. VI Z 27) des Artikels „X1“

Die In-Kraft-Tretens- und Übergangsbestimmungen sollten im Interesse einer weitestgehenden Kodifizierung in der Stammvorschrift (am Ende des Gesetzes) durch die Einfügung eines Paragraphen geregelt werden.

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf seine Rundschreiben vom 13. November 1998, GZ 600.824/8-V/2/98 ‑ betreffend Vorblatt und Erläuterungen zu Regierungsvorlagen; Aufnahme eines Hinweises auf Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens ‑ und vom 19. Februar 1999, GZ 600.824/0-V/2/99, – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen ‑ hin, in denen insbesondere um die Aufnahme bestimmter zusätzlicher Hinweise in das Vorblatt und den Allgemeinen Teil der Erläuterungen ersucht wurde.

1. Zum Vorblatt:

Nach dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 19. Februar 1999, GZ 600.824/0-V/2/99 ‑ betreffend: Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen – wäre ein Vorblatt zu erstellen, welches Ausführungen zu

·        den finanziellen Auswirkungen;

·        den Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich;

·        möglichen Alternativen;

·        der EU-Konformität;

·        sowie allfälligen Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens

enthält. Ein solches Vorblatt liegt dem gegenständlichen Gesetzesentwurf nicht bei.

2. Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wäre auch anzugeben, worauf sich die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der vorgeschlagenen Neuregelungen gründet (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94).

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche detaillierte Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.

Auf die finanziellen Folgen einer Missachtung von Verpflichtungen nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebiets­körperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, muss hingewiesen werden.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

28. Februar 2007

Für den Bundeskanzler:

i.V. Harald DOSSI

 

 

Elektronisch gefertigt